EINMAL ANKOMMEN. -...

Post on 17-Sep-2018

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VON ROBERT GERNER

SCHWABACH — Auf den großenBuchmessen in Leipzig und Frankfurtwird man sein Werk vergeblichsuchen. Für die großen Preise des Lite-raturbetriebs kommt er eher nicht inFrage. Und doch hat Christian Duhretwas geschaffen, das, wenn man derFachpresse glaubt, das Zeug zumStandardwerk hat. Der 44-Jährigehat „Grafcet“, die grafische Veran-schaulichung von steuerungstechni-

schen Vorgängen in einer komplexenAnlage, so aufgearbeitet, dass Berufs-schüler und Ausbilder gut damit klarkommen. Er habe „Schweres leichterklärt“, wird in der Fachzeitschrift„Welt der Fertigung“ gelobt. DasLehrbuch sei ein „absolutes Muss“.

Christian Duhr ist kein Schriftstel-ler. Der Schwabacher ist seit vielen

Jahren Berufsschullehrer in Ansbach.Als vor mehr als zehn Jahren der neueLehrberuf „Elektroniker für Automa-tisierungstechnik“ kreiert wurde, gabes zwar eine Menge Schüler, aber fürden fachlichen Unterricht keineBücher. „Das hat mich geärgert“, sagter. Seine Kollegen und er hätten sichjahrelang „durchgewurstelt“. Allesdas, was auf dem Markt war, war lautDuhr „nicht besonders geeignet fürdie Schule“.

Auch Mechatroniker gefordertDoch „Grafcet“ wird immer wichti-

ger. Inzwischen müssen diese Normnicht mehr nur die Elektroniker fürAutomatisierungstechnik beherr-schen. „Grafcet“ ist inzwischen auchTeil der IHK-Abschlussprüfungen fürdie viel größere Gruppe der Mechatro-niker geworden.

Auf die Idee, selbst ein Grafcet-Lehrbuch zu schreiben, kam Christi-an Duhr erst relativ spät. Am Anfangstand eine Fortbildung, die er für mit-telfränkische Kolleginnen und Kolle-gen zu diesem Thema hielt. „Da habeich seitenweise Skripte geschrieben“,erinnert er sich. Die Fortbildung kamgut an, und aus dem Skript entstandin einjähriger Arbeit das Grafcet-Arbeitsbuch. Duhr fand mit dem Euro-pa-Lehrmittel-Verlag einen Partner,der das 160-Seiten-Werk auf denMarkt brachte. Das war im Frühjahr2015. Die erste Auflage ist schon sogut wie ausverkauft.

Zum SelbststudiumWas Duhrs Buch unter den vielen

anderen Lehrbüchern heraushebt, isteine einfache Sprache, die den Schü-ler mit vielen Beispielen durch die 160Seiten führt. „Ein Buch zum Selbststu-dium“ sei das, meint der Autor. EinBuch ist für ihn nur dann gut, „wennman zu dessen Verständnis keinAbitur benötigt. Komplizierte Büchergibt es mehr als genug.“ Ähnlichklingt sein – mathematisch nicht ganzexaktes – Motto für seinen Unterricht:„Die kürzeste Verbindung zwischenzwei Punkten ist nicht die Gerade, esist die Einfachheit.“

Inzwischen fährt der Lehrer undBuchautor zweigleisig. Mithilfe seines

eigenen Buches unterrichtet er seineBerufsschüler. Aber er bietet auf die-ser Grundlage auch Schulungen fürdie Ausbilder in den Betrieben an. Bis-lang haben regionale Firmen wie dieNiehoff-Gruppe oder der Fleischverar-beiter Kupfer ihre Leute in DuhrsSchulungen geschickt. Der Schwaba-cher ist mittlerweile aber auch mitden ganz Großen der Branche wie

Bosch und Siemens in Kontakt getre-ten. Seine beiden nächsten Schulun-gen im November in Schwabach undAnsbach sind bereits ausgebucht.

Binnen weniger Jahre hat sich derstudierte Elektrotechniker undPhysiker als einer der bedeutendstenExperten im deutschsprachigen Raumauf dem Spezialgebiet „Grafcet“ profi-liert. Er gehört zu den drei Lehrern,

welche die bundesweit gültigenAbschlussprüfungen der Elektronikerfür Automatisierungstechnik verfas-sen. Ab Januar 2016 wurde er zur„Prüfungsaufgaben- und Lehrmittel-entwicklungsstelle“ (PAL) der IHK-Region Stuttgart berufen. Das schafftman auch, ohne auf den großen Buch-messen in Leipzig oder Frankfurt ver-treten zu sein.

Wie die Steuerung einer komple-xen Maschine oder einer ganzenAnlage funktioniert, lässt sich mitvielen Worten beschreiben. Oder mit-hilfe der Grafcet-Norm grafisch(bildlich) darstellen.

„Grafcet“ stammt aus dem Franzö-sischen und ist ein Kunstwort, das

sich aus Graphe Fontionnel de Com-mande Etape Tranition zusammen-setzt. Auf deutsch: Die Darstellungder Steuerungsfunktion mit Schrit-ten und Weiterschaltbedingungen.

Das klingt ein wenig abstrakt, sollaber das Verständnis für die Abläufefördern. Und: „Grafcet“ ist in ganz

Europa gültig. Elektroniker fürAutomatisierungstechnik könnendamit also die Funktionsweise einerAbfüllanlage in Rumänien ebensoverstehen (und programmieren) wiedie einer Verpackungsanlage inNordirland oder eines Schweißrobo-ters in Deutschland. rog

„Komplizierte Bücher gibt es mehr als genug.“ Christian Duhr mag es für seine Schüler lieber einfach. Foto: oh

SCHWABACH — Das transatlanti-sche Handelsabkommen TTIP ist in(fast) aller Munde. Mit dem ebenfallsgeplanten Abkommen zum Handelmit Dienstleistungen (TiSA) hat sichbislang dagegen kaum jemandbeschäftigt. Die Schwabacher TTIP-Gruppe hat das jetzt geändert.

Schon seit eineinhalb Jahren wirdin der Schwabacher TTIP-Gruppeintensiv über das geplante Freihan-delsabkommen zwischen der Europäi-schen Union und den VereinigtenStaaten diskutiert und informiert.Nicht zuletzt haben diese Aktivitätenschon im vergangenen Jahr zu einemfraktionsübergreifenden, ablehnen-

den Beschluss im Schwabacher Stadt-rat geführt. Auch das fertig verhan-delte und derzeit von den EU-Juris-ten überprüfte CETA-Abkommenzwischen der EU und Kanada hattedie Schwabacher Aktivisten schonmehrfach auch in Veranstaltungenbeschäftigt. „Bisher fast im Verborge-nen wird aber in einer Gruppe von 23Staaten, darunter die USA undJapan sowie die EU, ein Abkommenzum Handel mit Dienstleistungen,

kurz TiSA, verhandelt“, erklärteSPD-Stadtrat Martin Sauer beimjüngsten Treffen der Gruppe.

In der Diskussion wurde ein nachAnsicht der Teilnehmer erschrecken-des Detail des TiSA-Abkommensangesprochen. Nach dem derzeitigenVerhandlungsstand wäre es den Ver-tragsstaaten nicht erlaubt, Firmendaran zu hindern, digitale Informatio-nen außer Landes zu schaffen. „Dieswäre ein dramatischer Verstoß gegen

deutsches und europäisches Daten-schutzrecht“ beklagte Sauer. Damitverbunden sei, dass US-Internetkon-zerne keine Niederlassung mehr inder EU haben müssten, um hierDienstleistungen zu erbringen. „Daswürde bedeuten, dass sie damit nichtmehr dem EU-Recht unterliegen“,machte Andrea Dornisch von derZivilcourage klar. Nach US-Rechtmüssten die Internetanbieter aberzum Beispiel der NSA ungehinderten

Zugang zu ihren Datenleitungen undihren Daten-Zentren bieten, machteSauer deutlich. Den US-Geheim-diensten sei damit durch die Hinter-tür der ungehinderte Zugang zu denDaten der europäischen Bürgerinnenund Bürger ermöglicht.

Neben diesem Thema, das alleInternetnutzer betrifft, hätte TiSAauch Auswirkungen auf Dienstlei-tungsberufe wie Anwälte, Architek-ten, Steuerberater, Ingenieurbüros,aber auch Branchen wie Verkehr,Finanzen, Bildung und Gesundheit.Man war sich in der Gruppe einig,dass es nötig sei sich in nächster Zeitauch ausführlicher mit dem Dienst-leistungsabkommen zu befassen.

„Grafcet“: Diese Norm ist europaweit gültig

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Dramatischer Verstoß gegen DatenschutzSchwabacher TTIP-Gruppe kritisierte auch das geplante TiSA-Abkommen

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Der LeichtmacherChristian Duhr will „Grafcet“ verständlich darstellen

Samstag, 7. November 2015 HST / Seite 35L O K A L E S