Entwicklungspsychologie für Lehrer Das Bindungskonzept und seine Bedeutung für die Entwicklung.

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Entwicklungspsychologie für Lehrer

Das Bindungskonzept

und seine Bedeutung für die Entwicklung

Inhalt der Veranstaltung

Das Bindungskonzept Theoretische Ansätze Bindungsqualität Bindungsentwicklung Bedeutung der Bindungsqualität für die

kindliche Entwicklung

Literaturhinweise

Grossmann, Klaus E.: Bindungstheorie: Modell und Entwicklungspsychologische Forschung.

In: KELLER, Heidi (Hrsg.) 1989: Handbuch der Kleinkindforschung. Berlin Heidelberg: Springer Verlag. Kap. 1.2.

Sander, Elisabeth: Skript-Auszug

Das Bindungskonzept

Bindung (attachment):

Begriff im weiteren Sinne: Enge und dauerhafte Beziehung zwischen

zwei Menschen

Begriff im engeren Sinne: Die sich im Laufe des ersten Lebensjahres

herausbildende Beziehung eines Kindes zu seiner Mutter (primäre Bezugsperson)

Das Bindungskonzept

Bindung (attachment):

Besondere Beziehung eines Kleinkindes

zu seinen Eltern / ständigen

Betreuungspersonen.

(nach Grossmann)

Das Bindungskonzept

Theoretische Ansätze:

  Psychoanalytischer Ansatz Mutter als erstes "Liebesobjekt" Steht im Zusammenhang mit der

Befriedigung elementarer Bedürfnisse Z.B. Nahrungsaufnahme

Das Bindungskonzept

Lerntheoretischer Ansatz Mutter als diskriminativer Verstärker und

Modell

Ethologischer Ansatz Ethologie = vergleichende

Verhaltensforschung

Das Bindungskonzept

Bedeutender Vertreter des ethologischen AnsatzesJohn Bowlby

Das Bindungskonzept

Annahmen Bowlbys: Menschliche Lebewesen mit artspezifischen

Verhaltenssystemen ausgestattet Diese dienen der Sicherung des Überlebens Hierzu zählt auch das Bindungsverhalten des

Menschen

Das Bindungskonzept

Verhalten auf Seiten des Säuglings / Kleinkindes:

Verhaltensformen (Lächeln, Weinen, Nachlaufen) auf die Herstellung der Nähe zur Pflegeperson gerichtet

Verhalten auf Seiten der Bezugspersonen: Pflegeverhalten

Das Bindungskonzept

Bindungs- und Pflegeverhalten

  

Erkundungsverhalten des Kindes & Verhaltensweisen der Pflegepersonen zur Förderung des Erkundungsverhaltens(Antithese)

Weiterentwicklung des Bindungskonzepts durch Mary Ainsworth

Das Bindungskonzept

Das Bindungskonzept

Ainsworth integrierte Bowlbys Antithesen in ein System

Zusammenspiel zwischen Bindung & Exploration

Neue Erkenntnis: Nicht die Quantität des Bindungsverhaltens,

sondern Qualität von Bedeutung

= Qualitative Unterschiede der Bindung

Das Bindungskonzept

Diagnose der Bindungsqualität: „Fremde – Situation – Tests“ (Ainsworth) Durchführung des Tests ab 1 ½ Jahren Vorraussetzung für die Operationalisierung der

Bindungsqualität

= Erwartungen des Kindes an Bindungsperson als Sicherheitsbasis & Trostspender muss beobachtbar sein

Das Bindungskonzept

Durchführung der Diagnose in einem „fremden, attraktiven Spielraum“

Begegnung mit einer fremden Person Zweimalige Trennung von der Bindungsperson

zunehmende Verunsicherung des Kindes

Bindungsverhalten wird erfassbar

Bindungsqualität

Unterscheidung der Bindung hinsichtlich ihrer Qualität:

Sichere Bindung Unsicher – vermeidende Bindung Unsicher – ambivalente Bindung

Bindungsqualität

Sichere Bindung: Mutter sichere Basis für Erkundungen Kind sucht Nähe der Mutter Kinder weinen weniger Kinder reagieren auf Körperkontakt mit der

Mutter mit mehr positiven als negativen Reaktionen

Bindung hoher Qualität = Voraussetzung für exploratives Verhalten

Bindungsqualität

Unsicher vermeidend: Kinder zeigen keine deutlichen

Trennungsreaktionen Kinder ziehen sich zurück Vermeidung der Nähe der Mutter

= Angst vor Zurückweisung & Enttäuschung

Bindungsqualität

Unsicher-ambivalent: Kind erlebt Bezugsperson als nicht berechenbar Mutter reagiert auf Signale mal zugewandt, mal

abweisend Hemmung des Erkundungsverhaltens Kind ängstlich Ständiges schwanken zwischen sicherer &

unsicher Bindung

Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung

Vorbindungsphase: Kind regiert auf Pflegeperson & andere

Personen gleichermaßen (1. Lebenswoche) Kind unterscheidet zwischen vertrauten &

weniger vertrauten Personen Kind sucht aktiv die Nähe der Pflegeperson

Voraussetzung: Objekt- & Personenpermanenz

Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung

Phase der zielkorrigierten Partnerschaft: Entwicklung zielkorrigierter

Verhaltensweisen

Berücksichtigung der vermuteten Handlungen der Mutter in eigene Handlungsentwürfe

Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung

Phase der zielkorrigierten Partnerschaft:

(3. Lebensjahr) Kind lernt sich in die Rolle seiner Mutter zu

versetzen Lernt ihre Gefühle, Motive & Handlungen zu

verstehen

Kompetenz, Ziele und Handlungen der Mutter zu beeinflussen

Ursachen unterschiedlicher Bindungsqualität

Verhaltensweisen der Pflegeperson(en) bestimmen entscheidend die Bindungsqualität

Mütter bindungssicherer Kinder

feinfühliger, kooperativer, verfügbarer für das Kind

Akzeptieren das Kind mehr

Ursachen unterschiedlicher Bindungsqualität

Sensitive Responsivität

der Mutter gegenüber den Signalen des Kindes

Schlüsselvariable einer sicheren versus ängstlichen Bindung

Bedürfnisse & Befindlichkeiten der Interaktionspartner als Ausgangsgrößen eines "Wechselspiels

Ursachen unterschiedlicher Bindungsqualität

Aufgabe des Kindes: Signalisieren eigener Befindlichkeit &

Bedürfnisse & Reaktion auf mütterliches Verhalten

Aufgabe der Mutter/Bezugsperson(en): Bedürfnisse des Kindes erkennen (Sensitivität) Angemessen reagieren (Responsivität)

Ursachen unterschiedlicher Bindungsqualität

Kennzeichen angemessener Responsivität: Kontingenz: Reaktion der Mutter auf Signal des Kindes in

einem zeitlichen Zusammenhang

um vom Kind als reaktiv auf eigenes Verhalten erkannt zu werden

Ursachen unterschiedlicher Bindungsqualität

Kennzeichen angemessener Responsivität Konsistenz: Bestimmtes elterliches Verhalten folgt auf

bestimmtes Kindverhalten

Vorraussetzung zur Ausbildung spezifischer Erwartungen & Strukturierung einer gewissen Vorhersagbarkeit

Ursachen unterschiedlicher Bindungsqualität

Kennzeichen angemessener Responsivität

Kontinuität: Kontingenz-Konsistenz-Verknüpfungen

müssen über einen genügend langen Zeitraum auftreten

Lernen ermöglichen

Ursachen unterschiedlicher Bindungsqualität

Kennzeichen angemessener Responsivität

Angemessenheit: Verhaltensweisen der Eltern entsprechen

dem momentanen Zustand & Entwicklungsstand des Kindes

Ursachen unterschiedlicher Bindungsqualität

Innere Arbeitsmodelle (inner working model): Kinder entwickeln nach Bowlby

unterschiedliche mentale Repräsentationen: Von sich selbst, von anderen Von den Beziehungen zwischen anderen &

sich selbst Aufbau von Beziehungen orientiert sich an

diesem Arbeitsmodell

Bedeutung für die kindliche Entwicklung

Günstige Merkmalsklassen:  Möglichkeit, eine Bindung an eine

Bezugsperson zu entwickeln Gegenseitiges Vergnügen an der Interaktion &

minimale Restriktion und Bestrafung Stimulierende & responsive physikalische

Umgebung Freiheit, zur Exploration der Umgebung Sicherung eines vorhersagbaren Tagesablaufs

Bedeutung der Bindung für die kognitive Entwicklung

Mütterliche Responsivität schafft Vorraussetzungen für Mutter-Kind-Bindung

Bindungsqualität bestimmt, wie sicher sich das Kind fühlt

Sichere Basis bedeutend für Exploration der Umgebung

Ausmaß explorativer Tätigkeiten in engem Zusammenhang mit der kognitiven Entwicklung

Bedeutung für die kindliche Entwicklung

Positive Eltern-Kind-Interaktionen

Basis für eine effektive Lebensbewältigung

= Notwendig zur Erreichung intellektueller und sozial-emotionaler Kompetenz

Bedeutung für die kindliche Entwicklung

Unsichere Bindung determiniert die Entwicklung eines Kindes nicht vollständig negativ

Ausgleich negativer Kindheitserfahrungen durch spätere positive Einflüsse möglich

Individuelle Persönlichkeit (Temperament, Konstitution & Eigensteuerung) bedeutsam für die Verarbeitung von Erziehungseinflüssen