Post on 24-Aug-2019
Zuwanderergemeinden auf dem
Gebiet der Evangelischen Kirche von
Kurhessen‐Waldeck
„… nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern
Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen“
(Eph 2,19)
Ein Votum der Kammer für Mission und
Ökumene der Evangelischen Kirche von
Kurhessen‐Waldeck
1
Inhalt
Vorwort ................................................................................................ 2
1. Einleitung .......................................................................................... 4
2. Bestandsaufnahme ........................................................................... 6
2.1. Erläuterung der Arbeitsweise ..................................................... 6
2.2 Verzeichnis Gemeinden anderer Sprache und Herkunft auf dem
Gebiet der Evangelischen Kirche von Kurhessen‐Waldeck ........ 7
2.3. Übersicht über die Situation in der Evangelischen Kirche in
Hessen und Nassau ..................................................................... 8
3. Herausforderungen für die Zukunft ............................................... 10
3.1. Kontakt, Austausch und Gemeinschaft vor Ort, d.h. in den
Gemeinden stärken .................................................................. 11
3.2. Vernetzungen fördern und Formen von organisierter
übergemeindlicher Zusammenarbeit ausbauen ...................... 16
3.3. Organisationsformen weiterentwickeln ................................... 17
4. Abschließende Empfehlungen ........................................................ 19
5. Aktuelle Texte zu diesem Thema .................................................... 21
2
Vorwort
Deutschland entwickelt sich zu einem Einwanderungsland mit einer
multikulturellen Bevölkerung. Gründe dafür sind die Globalisierung
sowie die weltweit zunehmenden Migrationsbewegungen und
Flüchtlingsströme.
Die evangelischen Landeskirchen stehen dieser Entwicklung positiv
gegenüber – aber bisher wird das im konkreten Handeln eher wenig
sichtbar. Darum nimmt die vorliegende Handreichung einen beson‐
deren Aspekt auf und vertieft ihn: Unter den Migranten und Migran‐
tinnen sowie den Flüchtlingen befinden sich viele Christinnen und
Christen. Diese finden jedoch nur selten den Weg in die deutschen
evangelischen Kirchengemeinden, sondern schließen sich in der Regel
zu eigenen Migrationsgemeinden zusammen. Im Bereich der Evange‐
lischen Kirche von Kurhessen‐Waldeck ist ihre Zahl noch überschau‐
bar, aber sie wächst. Über das Verhältnis dieser Gemeinden zu den
Kirchengemeinden der Landeskirche war bisher nur wenig bekannt.
Der Rat der Landeskirche hat deshalb die Kammer für Mission und
Ökumene beauftragt, eine Erhebung durchzuführen, die Auskunft
darüber gibt, welche „Gemeinden anderer Sprache und Herkunft“ es
in Kurhessen‐Waldeck gibt und wie sich die Beziehungen zwischen
diesen Gemeinden und unseren Kirchengemeinden gestalten. Aus
dieser Erhebung entwickelt die Kammer Vorschläge zur gegenseitigen
Annäherung. Daraus ist auf Wunsch des Rates diese Handreichung
entstanden. Sie formuliert ein klares Ziel. Es geht darum „zusammen
mit den christlichen Migranten und Migrantinnen Kirche zu sein“.
Der Text enthält eine theologische Einführung zum grenzüberschrei‐
tendem Charakter des Evangeliums von Jesus Christus, beschreibt
sodann die Ergebnisse der Erhebung und gibt Anregungen und Emp‐
3
fehlungen, wie die jeweiligen Gemeinden ihre in Christus gegebene
Gemeinschaft im Glauben spirituell und strukturell vertiefen und
ausbauen können.
Der Rat der Landeskirche hat die vorliegende Handreichung in seiner
Sitzung am 13. Juli 2015 verabschiedet und seiner Veröffentlichung
zugestimmt.
Ich danke der Kammer für Mission und Ökumene unter dem Vorsitz
von Dekan Dr. Hofmann sowie dem Kammerausschuss „Gemeinden
anderer Sprache und Herkunft“ und seiner Vorsitzenden, Pfarrerin
Sieglinde Repp‐Jost, für die Erarbeitung dieser Handreichung.
Ich wünsche mir sehr, dass der Text viele Leserinnen und Leser fin‐
det, damit wir als Christinnen und Christen aus allen Kulturen mitei‐
nander erfahren können, dass wir gemeinsamen „Mitbürger der Hei‐
ligen und Gottes Hausgenossen“ sind.
Kassel, im Juli 2015
Martin Hein
Bischof
4
1. Einleitung
Auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche von Kurhessen‐Waldeck
wird Gott nicht nur in Deutsch, sondern auch in anderen Sprachen
und von Menschen unterschiedlicher Herkunft gelobt.
Die meisten unserer Gemeindeglieder bekommen davon wenig mit,
denn die Zuwanderer‐gemeinden konzentrieren sich im Wesentli‐
chen auf die vier urbanen Zentren: Kassel, Fulda, Marburg und Ha‐
nau. Kontakte zu Ortsgemeinden bestehen nur vereinzelt.
Dem christlichen Glauben ist schon in seinen Anfängen eine globale,
Sprach‐ und Kulturgrenzen übergreifende Dynamik inne. Der aufer‐
standene Christus, von Gott „eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel
über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft …“ (Epheser 1,21), ist in
seiner Gemeinde erfahrbar gegenwärtig. Diese Gemeinde zeichnet
sich dadurch aus, dass Gott die Zäune von Feindschaft und Unfrieden
niedergerissen und die Menschen mit sich selbst und untereinander
versöhnt hat. Im Lebensraum der göttlichen Wirklichkeit sind nicht
Sprache und Herkunft die entscheidenden Kriterien, sondern das ge‐
meinsame Bürger‐ und Hausrecht (Epheser 2,19). Das Bild einer Bür‐
ger‐ und Hausgemeinschaft ist nicht nur Ausdruck einer rechtlich
verbrieften gemeinsamen Basis, sondern impliziert auch ein Mitei‐
nander durch Kontakt, Austausch und geregelte Beziehungen.
In 1. Korinther 12 geht Paulus sogar noch ein Stück weiter, indem er
von einem gemeinsamen Organismus spricht. Ohne die gegenseitige
Wahrnehmung, Achtung und Mitwirkung aller Glieder bleibt der Or‐
ganismus hinter seinen Möglichkeiten, sichtbar und wirkungsvoll als
Leib Christi zu agieren, zurück.
Die Wahrnehmung von und die Gemeinschaft mit Christen und Chris‐
tinnen anderer Sprache und Herkunft ist damit kein Adiaphoron
christlicher Lebensweise. Vielmehr zeigt sich darin, wie „die Macht
seiner Stärke bei uns wirksam“ ist (Epheser 1,19). Aus dem Rückgriff
auf diese biblische Tradition ergibt sich für die Evangelische Kirche
5
von Kurhessen‐Waldeck das Ziel, zusammen mit christlichen Migran‐
tinnen und Migranten Kirche zu sein. Dieses Ziel stellt uns jedoch vor
eine große Aufgabe. Die Gemeinden anderer Sprache und Herkunft
repräsentieren eine Vielzahl von unterschiedlichen Versionen des
Christlichen. Auch wenn diese Vielfalt auf dem Gebiet der Evangeli‐
schen Kirche von Kurhessen‐Waldeck, wie die Erhebung ergeben hat,
noch überschaubar ist, stellt sich die Situation in der Evangelischen
Kirche in Hessen und Nassau deutlich anders dar.1
Aus Sicht der Evangelischen Kirche in Deutschland fehlen bisher al‐
lerdings „Überlegungen und Strategien, wie die durch die Geschwis‐
ter aus anderen Teilen der Erde verkörperte Vielfalt christlichen Le‐
bens in Deutschland gemeinsam interpretiert und gestaltet werden
könnte.“2
Die vorliegende Handreichung gibt einen Überblick über die Gemein‐
den anderer Sprache und Herkunft auf dem Gebiet der Evangelischen
Kirche von Kurhessen‐Waldeck. Der Überblick basiert auf einer Erhe‐
bung und dem im Dezernat Ökumene, Weltmission und Entwick‐
lungsfragen geführten Verzeichnis.3 Die Erhebung kann keine Voll‐
ständigkeit beanspruchen, da die Entstehung und Entwicklung dieser
Gemeinden unterschiedlichen Prozessen der Identitätsfindung und
Integration in das gesellschaftliche Umfeld unterliegen. Manche der
Gemeinden lösen sich nach kurzer Zeit wieder auf oder es spalten
sich neue Gemeinschaften ab. Vielfach treten sie öffentlich auch gar
nicht in Erscheinung. Zu berücksichtigen ist ferner, dass es wesentlich
mehr getaufte Migranten und Migrantinnen gibt als sich in den Zu‐
wanderergemeinden zusammen finden.
1 Vgl. Kapitel 2.3.
2 Gemeinsam evangelisch! (EKD, 2014), S. 14 f.
3 Vgl. Kapitel 2.1 und 2.2.
6
Neben etablierten Zuwanderergemeinden haben wir es u.a. mit Ge‐
meindeformen zu tun, die kaum institutionalisiert sind. So ist es in
vielen Fällen schon schwierig, überhaupt einen Ansprechpartner oder
eine Ansprechpartnerin mit Namen und Adresse zu finden.
Nach einer zusammenfassenden Bestandsaufnahme der Gemeinden
anderer Sprache und Herkunft auf dem Gebiet der Evangelischen Kir‐
che von Kurhessen‐Waldeck und einer Übersicht über die Situation in
der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau beschreibt die Hand‐
reichung erkennbare Herausforderungen und gibt in einem abschlie‐
ßenden Teil Empfehlungen für das kirchliche Handeln.
2. Bestandsaufnahme
2.1. Erläuterung der Arbeitsweise
Das im Dezernat Ökumene, Weltmission und Entwicklungsfragen der
Evangelischen Kirche von Kurhessen‐Waldeck geführte Verzeichnis
über Gemeinden anderer Sprache und Herkunft wurde aktualisiert
und systematisiert. Dazu wurden alle Dekanate, Gemeindepfarrämter
und Studierendenpfarrämter angeschrieben und um Überprüfung
und Ergänzung gebeten.
Im aktuellen Verzeichnis gelistet sind Zuwanderergemeinden aus
dem evangelischen und orthodoxen Konfessionsspektrum.4 Römisch‐
katholische Zuwanderergemeinden bleiben unberücksichtigt, weil sie
per se Teil der römisch‐katholischen Weltkirche sind.
Wesentliches Kriterium für die Aufnahme in das Verzeichnis ist die
Gottesdienstsprache (fremdsprachig oder zweisprachig).
4 Es bestehen Kontakte zwischen evangelischen Gemeinden und orthodoxen Gemeinden, z.B. in Sontra und Bebra.
7
In einem weiteren Schritt wurden die gelisteten Gemeinden anderer
Sprache und Herkunft angeschrieben und gebeten, einen Fragebogen
auszufüllen. Dieser erhob folgende Aspekte: die Gemeinde (Größe,
Entstehung, Treffpunkt usw.); Kontakte der Gemeinde zu anderen
Gemeinden sowie Mitgliedschaft in Netzwerken oder Verbänden; In‐
teresse an Veröffentlichung ihrer Gottesdienste auf der Homepage
der „Internationalen Gottesdienste“5.
Zehn der 39 angeschriebenen Gemeinden sandten einen beantworte‐
ten Fragebogen zurück. Dabei handelte es sich vorwiegend um Ge‐
meinden aus der Region Kassel, die bereits in Kontakt zum Dezernat
Ökumene, Weltmission und Entwicklungsfragen stehen.
2.2 Verzeichnis Gemeinden anderer Sprache und Herkunft auf dem
Gebiet der Evangelischen Kirche von Kurhessen‐Waldeck6
Das aktuelle Verzeichnis Gemeinden anderer Sprache und Herkunft
listet 39 Zuwanderergemeinden. 21 von ihnen sind in Kassel, fünf in
Fulda und fünf in Hanau ansässig. Darüber hinaus sind drei Gemein‐
den in Marburg, zwei in Bebra und jeweils eine in Stadtallendorf, Bad
Soden‐Salmünster und Sontra bekannt.
Von den 39 gelisteten Gemeinden anderer Sprache und Herkunft sind
15 evangelisch‐freikirchlich, 13 gehören zur orthodoxen Konfessions‐
familie und elf sind neupfingstlich geprägt.
Die meisten Zuwanderergemeinden sind mit ihren Versammlungen
Gäste in deutschen Gemeinden, davon 16 in landeskirchlichen Ge‐
meinden. Vier Gemeinden anderer Sprache und Herkunft haben Ver‐
sammlungsräume in anderen Gebäuden angemietet.
5 www.internationalergottesdienst.de.
6 Das aktuelle Verzeichnis ist im Zentrum Oekumene erhältlich: www.zentrum‐oekumene.de
8
14 Zuwanderergemeinden pflegen Kontakte im Rahmen des Interna‐
tionalen Gottesdienstes in Kassel und über den internationalen Be‐
gegnungsort Himmelsfels.
Die Angaben zu bestehenden Kontakten zu landeskirchlichen Ge‐
meinden waren sehr gering und wenig aussagekräftig.
Nach eigenen Angaben sind sechs der gelisteten Zuwanderergemein‐
den Mitglied im Bund Freier Pfingstgemeinden (BFP) und vier sind
Mitglied in der ACK Kassel.
Punktuell werden Zuwanderergemeinden finanziell unterstützt, vor
allem in Bezug auf die Zahlung von Raummieten und die Durchfüh‐
rung von Gottesdiensten oder Gemeindefesten. Darüber hinaus fi‐
nanziert die Evangelische Kirche von Kurhessen‐Waldeck die Studien‐
gebühren eines nigerianischen Pfarrers, der am Himmelsfels arbeitet
und in Hermannsburg studiert.
2.3. Übersicht über die Situation in der Evangelischen Kirche in Hes‐
sen und Nassau
Auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ist
eine hohe Anzahl an Zuwanderergemeinden beheimatet, vor allem
im Ballungsraum Rhein‐Main‐Gebiet. Laut einer Studie des Zentrums
Oekumene, die vor einigen Jahren erhoben wurde, gab es damals im
Rhein‐Main‐Gebiet rund 700 verschiedene religiöse Gemeinschaften,
darunter ca. 400 ‐ 500 christliche Gemeinschaften (zumeist Unikate
mit ca. 20 ‐ 30 Personen). Die Zuwanderergemeinden weisen ein ho‐
hes Veränderungspotential auf (Neuentstehungen, Abspaltungen,
Auflösung). Daher hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
ihre Pläne eingestellt, ein Verzeichnis von Zuwanderergemeinden zu
erstellen.
9
Seit 1999 gibt es in Frankfurt einen Internationalen Konvent („Inter‐
nationaler Konvent christlicher Gemeinden Rhein‐Main e.V.“7.) Ihm
gehören jedoch nur 26 Gemeinden anderer Sprache und Herkunft an.
Dieses überkonfessionelle Netzwerk dient den Mitgliedsgemeinden
zur Kontaktpflege. In den Arbeitsgemeinschaften christlicher Kirchen
(ACKs) sind nur wenige Zuwanderergemeinden Mitglied.
Das Interesse von Zuwanderergemeinden an einer verbindlich gere‐
gelten Gemeinschaft mit der Evangelischen Kirche in Hessen und
Nassau ist eher gering. Angefragt werden vor allem Räume und fi‐
nanzielle Unterstützung. Ein großes Interesse an ökumenischer Ver‐
netzung und der Pflege ökumenischer Nachbarschaft ist eher die
Ausnahme.
Derzeit vermieten mehr als 100 Kirchengemeinden ihre Räume an
Zuwanderergemeinden. In Frankfurt/Main sind in manchen landes‐
kirchlichen Gemeinden gleich mehrere Zuwanderergemeinden zu
Gast. Das Zentrum Oekumene berät Gemeinden, die ihre Räume an
Zuwanderergemeinden vermieten möchten.
Die finanziellen Anfragen von Zuwanderergemeinden an die Evangeli‐
sche Kirche in Hessen und Nassau werden im Zentrum Oekumene
bearbeitet. Die Landeskirche hat zwei Haushaltstitel eingerichtet, aus
denen Zuwanderergemeinden aus dem evangelischen und orthodo‐
xen Konfessionsspektrum finanziell unterstützt werden können.
Zwei Zuwanderergemeinden aus Partnerkirchen wurden in der Ver‐
gangenheit zu „Anstaltsgemeinden“ der EKHN umgewandelt.8 Dies ist
7 www.internationaler‐konvent‐frankfurt.de.
8 „Jemaat Kristus Indonesia“ (www.jki‐rhein‐main.de); „Koreanische evangelische Gemeinde im Rhein‐Main‐Gebiet“ (www.rmkg.net). Die beiden Gemeinden wurden 2001 bzw. 2004 als "Anstalts‐gemeinden" gegründet, weil dies damals in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau – neben der Parochie ‐ die einzige rechtlich mögliche Form war. „Personalgemeinden“ gab und gibt es zwar (nach 'altem Vor‐EKHN‐Recht'), aber es wurden keine Neugründungen zugelassen. Mit beiden oben
10
jedoch eine der besonderen Beziehungen zu den Zuwandererge‐
meinden bzw. ihren Heimatkirchen geschuldete Sonderregelung.
3. Herausforderungen für die Zukunft
Aus den Rückmeldungen und Recherchen ergibt sich, dass Kontakt,
Austausch und Gemeinschaft mit Gemeinden anderer Sprache und
Herkunft auf drei Ebenen erfolgt.
Die erste Ebene betrifft den Kontakt zu den Ortsgemeinden9, die
zweite Ebene Formen übergemeindlicher Zusammenarbeit10 und die
dritte Ebene die Weiterentwicklung von kirchlichen Organisations‐
formen und die Prüfung rechtlicher Grundlagen11. Für jede Ebene er‐
geben sich eigene Herausforderungen.
benannten „Anstaltsgemeinden“ wurde vereinbart, dass sie einen Kirchenvorstand haben, was bei dieser Gemeindeform eigentlich nicht vorgesehen ist. Vgl. die Kirchengemeindeordnung der Evange‐lischen Kirche in Hessen und Nassau: http://www.kirchenrecht‐ekhn.de/pdf/18742.pdf. Sie bestimmt in § 2 die Möglichkeit, neue (auch personalkirchliche) Gemeindeformen zu erproben.
9 Vgl. Kapitel 3.1.
10 Vgl. Kapitel 3.2.
11 Vgl. Kapitel 3.3.
11
3.1. Kontakt, Austausch und Gemeinschaft vor Ort, d.h. in den Ge‐
meinden stärken
A) Modell „Hausgemeinschaft“
Gemeinden anderer Sprache und Herkunft nehmen mit einer Kir‐
chengemeinde Kontakt auf, weil sie auf der Suche nach einem Raum
sind, in dem sie Gottesdienst feiern können. Landeskirchliche Ge‐
meinden gewähren Gastfreundschaft, stellen Gebäude und Einrich‐
tung zur gottesdienstlichen Nutzung zur Verfügung. Ressourcen zu
teilen gehört nach Paulus zu den zentralen Tugenden eines christli‐
chen Gemeindelebens: „Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. Übt
Gastfreundschaft.“ (Römer 12,13). Dies impliziert jedoch, dass bei der
Nutzung von kirchlichen Räumen durch Zuwanderergemeinden nicht
der ökonomische Nutzen im Vordergrund steht, sondern ein Be‐
wusstsein dafür, dass hier „Heilige“, Schwestern und Brüder in Chris‐
tus, eine geistliche Bleibe finden. Gemeinden sind dahingehend zu
ermutigen und zu unterstützen, die Begegnung und den Kontakt mit
den „anderen Christinnen und Christen“ auch im Gemeindealltag zu
suchen und sich selbst interkulturell zu öffnen. Die Gemeinde als
Kontaktebene ist von besonderer Bedeutung. Hier geht es um face‐
to‐face‐Begegnungen im Alltag, unter dem gleichen Dach, in einem
gemeinsamen Umfeld. Diese gemeinsamen Kontaktflächen bieten
niederschwellige Möglichkeiten, miteinander ins Gespräch zu kom‐
men, sich kennen zu lernen und Formen des gemeinsamen Christs‐
eins zu erproben.
Allerdings sind dabei Konflikte nicht ausgeschlossen. Zu verschieden
sind oft die kulturellen Gewohnheiten und Erwartungen. Ziel einer
gemeinsamen Nutzung kirchlicher Räume muss die Gestaltung einer
ökumenischen Hausgemeinschaft und ein gelingendes Miteinander
vor Ort sein. Dazu braucht es zum Einen Verbindlichkeiten (z.B. Nut‐
zungsvereinbarungen für Gemeinderäume), zum Anderen die Bereit‐
12
schaft, neue Formen der Kooperation im Gemeindealltag auszupro‐
bieren (z.B. gemeinsam ein Fest feiern, einen Gottesdienst gestalten,
ein diakonisches Projekt verantworten etc.) und nicht zuletzt den
Wunsch, sich interkulturell, theologisch und geistlich auf einen ge‐
meinsamen Weg zu begeben und voneinander zu lernen.
Für diesen Prozess benötigen Gemeinden Beratung, Unterstützung
und geeignete Angebote:
‐ Informationen über Gemeinden anderer Sprache und Herkunft
(Mit wem haben wir es zu tun?);
‐ eine Handreichung zur Vermietung bzw. gemeinsamen Nutzung
von kirchlichen Räumen12;
‐ ein Angebot von interkulturellen theologischen Studientagen;
‐ Seminare zum interkulturellen Lernen.
Erste Schritte können sein:
‐ gegenseitiges Kennenlernen, Begegnung und Gespräch zwi‐
schen Mitgliedern des Kirchenvorstands und Vertretern und
Vertreterinnen der Gemeinde anderer Sprache und Herkunft;
‐ Austausch über Vorstellungen von „Hausgemeinschaft“;
‐ Möglichkeiten für Formen der Kooperation im Gemeindealltag
sammeln;
‐ eine Nutzungsvereinbarung für Gemeinderäume schließen;
‐ gegenseitige Gottesdienstbesuche verabreden.
B) Modell „Sendungsgemeinschaft“
Einige Gemeinden mit neupfingstlicher Prägung aus Afrika, so z.B. die
„Divine Impact Church of God“ in Kassel, haben für ihre Gemeinde‐
veranstaltungen Räume in Industriegebäuden angemietet. Sie ver‐
stehen sich häufig als Gemeinschaft in der gemeinsamen Sendung,
12 Vgl. Kirchliche Räume miteinander teilen (EKD 2013).
13
die sowohl zum Dienst aneinander als auch zum gemeinsamen Dienst
in der Welt gesandt ist.
Hier und da findet ein Austausch von Predigern statt, d.h. ein Pastor
oder Gemeindeleiter aus der Gemeinde anderer Sprache und Her‐
kunft predigt in einem deutschen Gottesdienst und umgekehrt. Oder
ein Chor aus der Gemeinde anderer Sprache und Herkunft gestaltet
einen Gottesdienst in einer landeskirchlichen Gemeinde.
Auch andere Formen der Begegnung, des Austauschs und der Zu‐
sammenarbeit sind denkbar:
‐ gemeinsam einen Glaubenskurs durchführen;
‐ Zusammenarbeit bei einem diakonischen Projekt im Stadtteil;
‐ gemeinsam Kinderbibeltage oder Konfirmandenbegegnungen
gestalten.
Ein gemeinsames Wirken als „Sendungsgemeinschaft“ setzt gegensei‐
tiges Kennen, Respekt und Vertrauen voraus und eine gute Vorberei‐
tung. Unterschiede, z.B. in der Art Gottesdienst zu feiern, zu singen,
zu beten und die Bibel auszulegen, müssen offen thematisiert und
respektiert werden. Bei gemeinsamen Gottesdiensten sollte jeweils
die gastgebende Gemeinde den Rahmen setzen.
Erste Schritte können sein:
‐ Kirchengemeinden suchen Kontakt zu einer Gemeinde anderer
Sprache und Herkunft in ihrer Nachbarschaft;
‐ sie laden sich gegenseitig zu Gottesdiensten, Gemeindenach‐
mittagen oder Festen ein;
‐ Mitglieder der einen Gemeinde wirken mit bei Veranstaltungen
der anderen Gemeinde oder planen und verantworten eine
Veranstaltung gemeinsam;
‐ Mitglieder der Gemeinde anderer Sprache und Herkunft wer‐
den eingeladen, als ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeite‐
14
rinnen bei einem Projekt, z.B. zum interkulturellen Lernen, in
der evangelischen Kindertagesstätte, im Konfirmanden‐ oder im
Religionsunterricht mitzuwirken;
‐ Kirchengemeinden unterstützen Migrantinnen und Migranten,
sich in kirchlichen Arbeitsfeldern ehrenamtlich zu engagieren
(z.B. in den Chören, in der Nachbarschaftshilfe, in der Beglei‐
tung von Flüchtlingen etc.) und beziehen sie bei der Vergabe
von Beschäftigungsverhältnissen oder Ausbildungsplätzen mit
ein, sofern sie Mitglied der ACK sind.
C) Modell „Herberge“
Unter den Migranten und Migrantinnen gibt es viele Einzelpersonen,
die keiner bestimmten Gemeinde anderer Sprache und Herkunft zu‐
gehören. Das liegt u.a. daran, dass sie in ihrem näheren Umfeld
schlichtweg keine passende Gemeinde mit gleichem ethnischem Zu‐
schnitt und gleicher Sprache finden oder dass sich ihr Status (Studie‐
rende, Flüchtlinge, Arbeiter und Arbeiterinnen auf Zeit) nicht in be‐
stehende Gemeindestrukturen integrieren lässt. Hinzu kommt, dass
Gemeinden anderer Sprache und Herkunft vorwiegend in Ballungs‐
gebieten und Städten anzutreffen sind, aber nicht in den ländlichen
Regionen.13
Allerdings steigt aktuell durch den Zustrom von Flüchtlingen auch in
diesen Regionen die Anzahl von Christen und Christinnen oder Men‐
schen, die sich für das Christentum interessieren. Da sie aus ganz ver‐
schiedenen Ländern (Syrien, Iran, Eritrea, Somalia etc.) mit unter‐
schiedlichen Kirchen und christlichen Gemeindeformen (z.B. Haus‐
gemeinden) kommen, stellt sich die Frage, wie sie bei uns als Chris‐
tinnen und Christen wahrgenommen und angesprochen werden kön‐
nen. Unsere Gottesdienste, die mehr das Wort als das Ritual pflegen,
13 Vgl. Kapitel 2.2.
15
können gleichwohl christlichen Flüchtlingen, die noch kaum die deut‐
sche Sprache sprechen, Gemeinschaft und geistliche Heimat bieten.
Deutsche Gemeinden können darüber hinaus für christliche Einzel‐
personen eine „Herberge“ anbieten, z.B. durch Offene Kirchen, die
zum Gebet einladen. Schon kleine Elemente wie das Anzünden einer
Kerze und ein Willkommensgruß in mehreren Sprachen können hilf‐
reich sein. Wir regen an, dass die Fachstelle für Gemeinden anderer
Sprache und Herkunft im Zentrum Oekumene in Kooperation mit
dem Referat Gemeindeentwicklung eine entsprechende Broschüre
zum Auslegen in Offenen Kirchen gestalten.
Auch eine kleine Willkommensgeste im Gottesdienst ‐ wie z.B. eine
kurze Begrüßung in englischer Sprache ‐ ist ein Zeichen der Offenheit.
Eine weitere Möglichkeit sind Gottesdienste oder Andachten mit
mehrsprachigen Elementen und einer Gestaltung, die unterschiedli‐
che kirchliche und kulturelle Traditionen widerspiegelt. Solche Got‐
tesdienste lassen sich auch an zentralen Orten im ländlichen Raum
feiern.14
Auch die Einrichtung eines Treffpunkts für Migranten und Migrantin‐
nen und Deutsche entspricht dem Charakter einer Herberge.
14 In Eschwege wurde kürzlich eine solche Form unter dem Namen „Ökumenisches Abendgebet der
Völker“ erprobt. Dieser Gottesdienst wurde von den evangelischen und katholischen Kirchengemein‐
den in Eschwege vorbereitet und richtete sich an christliche Flüchtlinge aus Äthiopien, Somalia, Erit‐
rea, Iran, Afghanistan und Syrien. Der Gottesdienst hatte die Form eines liturgischen Abendgebets
mit Elementen aus unterschiedlichen Kirchen. Er fand sehr gute Resonanz, auch unter evangelischen
und katholischen Gemeindegliedern.
16
3.2. Vernetzungen fördern und Formen von organisierter überge‐
meindlicher Zusammenarbeit ausbauen
Gemeinden anderer Sprache und Herkunft sind oft in übergeordne‐
ten Netzwerken der eigenen Konfessionsfamilie vernetzt oder kom‐
men in institutionalisierter Form mit anderen Zuwanderergemeinden
zusammen (z.B. beim Internationalen Gottesdienst, Internationalen
Neujahrsfest in Kassel, ökumenischen Neujahrsgebet auf dem Ha‐
nauer Marktplatz oder zu interkulturellen Aktionen und Veranstal‐
tungen auf dem Himmelsfels in Spangenberg). Der internationale
Austausch innerhalb der einzelnen Konfessionsfamilie ist oft wichti‐
ger als ökumenische Kontakte und Zusammenarbeit vor Ort.
Einige Gemeinden sind Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Christli‐
cher Kirchen (ACK), in der Evangelischen Allianz oder im Bund Freier
Pfingstgemeinden (BFP).
Institutionalisierte Formen von überkonfessioneller Zusammenarbeit
in Gremien und Arbeitsgemeinschaften auf regionaler Ebene sind vie‐
len Zuwanderergemeinden fremd. Oft verhindern nicht nur Organisa‐
tionsstrukturen und Arbeitsweisen, sondern auch die Statuten eine
Zusammenarbeit mit Gemeinden anderer Sprache und Herkunft. Dies
hat zur Folge, dass letztere von aktuellen ökumenischen Diskussionen
und Dialogprozessen vielfach ausgeschlossen sind.
Hier gilt es, gezielt auf Gemeinden zuzugehen und sie zur Zusammen‐
arbeit zu ermutigen.
Allerdings wird die Zusammenarbeit oft auch durch ein sehr biblizisti‐
sches Bibelverständnis, unterschiedliche Bewertungen von ethischen
Fragen (z.B. Homosexualität), gelebten Methoden der Mission und
Evangelisation oder Spannungen zwischen verschiedenen Ethnien er‐
schwert.
Es ist deshalb notwendig zu prüfen, „mit welchen Gemeinden ande‐
rer Sprache und Herkunft bzw. deren Heimatkirchen theologische Er‐
klärungen erarbeitet und entsprechende Vereinbarungen über Kan‐
17
zel‐ und Abendmahlsgemeinschaft sowie Anerkennung der Ämter ge‐
troffen werden können.“15
Als internationaler Begegnungsort und ökumenische Gemeinschaft
pflegt der Himmelsfels nicht nur zu Gemeinden anderer Sprache und
Herkunft auf dem Gebiet von Kurhessen‐Waldeck Kontakt, sondern
auch zu solchen aus dem gesamten Bundesgebiet. Zu Gemeinden or‐
thodoxer Prägung bestehen jedoch keine Verbindungen.
Als „dritter Ort“ ist der Himmelsfels sowohl ein interkulturelles Pro‐
bierfeld für die Begegnung in unterschiedlichen Arbeitsfeldern (z.B.
Jugendarbeit, Diakonie, Mission und Evangelisation) als auch ein Ka‐
talysator für theologischen und geistlichen Austausch.
In Verbindung mit dem Predigerseminar in Hofgeismar, dem Zentrum
Oekumene, den internationalen Missionswerken und Stellen der Er‐
wachsenenbildung könnte dieser Ort noch stärker als Impulsgeber für
interkulturelles theologisches Lernen dienen.
Vom Dezernat für Ökumene, Weltmission und Entwicklungsfragen
wurde eine Gesprächsrunde mit Vertreterinnen und Vertretern der
Landeskirche und des Himmelsfels einberufen, die darüber berät, wie
die Kooperation zwischen Landeskirche und Himmelsfels inhaltlich
und strukturell intensiviert werden kann.
3.3. Organisationsformen weiterentwickeln
Kirche existiert nicht nur in Parochialgemeinden. In einigen Landes‐
kirchen gibt es auch die Rechtsform von Anstalts‐ oder Personalge‐
meinden. In Ländern, in denen christliche Kirchen nicht öffentlich in
Erscheinung treten dürfen, formieren sie sich in Hausgemeinden. Die
Sozialgestalten von Kirche sind unterschiedlich. Sie haben sich an den
15 Gemeinsam evangelisch! (EKD 2014), S. 40.
18
jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen orientiert und weiterent‐
wickelt.
Für das Miteinander von Landeskirche und Gemeinden anderer Spra‐
che und Herkunft bedeutet dies, dass nach Möglichkeiten gesucht
werden sollte, die wachsende geistliche Gemeinschaft auch struktu‐
rell zu fördern.
Nicht alle Zuwanderergemeinden sind an einer geregelten Gemein‐
schaft mit einer Landeskirche interessiert. Für die Gemeinden jedoch,
die eine größere Nähe zur Landeskirche suchen und dafür auch eine
stärkere strukturelle Anbindung anstreben, sollten passende Formen
geprüft werden.
Eine Möglichkeit ist, dass eine Gemeinde anderer Sprache und Her‐
kunft, die mit einer landeskirchlichen Gemeinde eine Hausgemein‐
schaft bildet, eine „Gemeindegruppe“ wird. Im Bereich der Evangeli‐
schen Studierendengemeinden existieren bereits solche Gruppen, die
sich aus bestimmten Ethnien zusammensetzen und ihre Gottesdiens‐
te in einer gemeinsamen Sprache feiern. Soweit nach dem kirchlichen
Mitgliedschaftsrecht die Mitglieder von Gemeinden anderer Sprache
und Herkunft unserer Landeskirche als Mitglieder angehören, können
sie sich in Kirchenvorstände, Kreissynoden und andere Organe und
Gremien in unserer Landeskirche wählen lassen. Bei hinreichend gro‐
ßer Zahl können sie als personaler Seelsorgebereich (Art. 10 Grund‐
ordnung) einer unserer Kirchengemeinden zugeordnet und von die‐
ser betreut werden. Für die Errichtung einer eigenen Personalge‐
meinde fehlt allerdings derzeit in unserer Landeskirche die kirchen‐
gesetzliche Grundlage.
In größeren Orten wie Kassel oder Hanau wäre zu prüfen, ob die Lan‐
deskirche an der Entwicklung einer englischsprachigen „Internationa‐
len Gemeinde“ mitwirken könnte, die sich an fremdsprachige getauf‐
19
te Christen und Christinnen verschiedener Konfessionen richtet. Ein
solches Projekt gibt es bereits in einigen Großstädten.
4. Abschließende Empfehlungen
Migrantinnen und Migranten als Schwestern und Brüder wahrzu‐
nehmen und zu integrieren, ist nicht nur eine Aufgabe von einzelnen
Christen, Christinnen und Gemeinden, sondern auch eine Aufgabe
der Landeskirche.
Für die Beratung und Begleitung der Arbeit mit Gemeinden anderer
Sprache und Herkunft ist das Zentrum Oekumene zuständig. Der kon‐
krete Kontakt muss jedoch vor Ort aufgebaut und gepflegt werden.
Dazu bedarf es Personen, die sich für diese Art von Ökumene interes‐
sieren und begeistern.
Für Gemeinden, die Kontakt zu einer Zuwanderergemeinde suchen
oder diesen Kontakt bereits hergestellt haben, sollen Workshops zum
interkulturellen Lernen und zu Themen des theologischen und geistli‐
chen Austauschs angeboten werden. Die Workshops können vom
Predigerseminar, dem Zentrum Oekumene und den international
strukturierten Missionswerken entwickelt und durchgeführt werden
und z.B. an einem „dritten Ort“, wie dem Himmelsfels, stattfinden.16
16 Aktuell gibt es bereits einen jährlich im Frühjahr stattfindenden Interkulturellen Studientag Theo‐
logie, den der Himmelsfels gemeinsam mit dem Dezernat Ökumene, Weltmission und Entwicklungs‐
fragen der Evangelischen Kirche von Kurhessen‐Waldeck veranstaltet und an dem Theologen und
Theologinnen sowie Verantwortliche aus der Gemeindearbeit aus deutschen und aus Zuwanderer‐
Kontexten zusammen an aktuellen Themen arbeiten und Erfahrungen austauschen. In Zusammenar‐
beit mit der Vereinten Evangelischen Mission finden ferner regelmäßige „Bibel‐Camps“ für junge
Erwachsene statt, in denen die Bibel interkulturell gelesen wird. In dem aktuellen Flyer der Stiftung
Himmelsfels werden als weitere Angebote für Gemeinden und Kirchenkreise genannt: Konfi‐Camps,
20
Damit eine Gemeinde weiß, welche Formen von Gemeinschaft mit
einer Zuwanderergemeinde möglich sind (gemeinsames Abendmahl,
Kanzeltausch, Anerkennung der Ämter etc.) oder auch nicht, ist es
notwendig, sich ein Bild von deren theologischer Ausrichtung und
Gemeindepraxis machen zu können. Dazu bedarf es bestimmter In‐
formationen und beratender Unterstützung, die im Zentrum Oeku‐
mene abzurufen sind.
Die Landeskirche sollte bei Bedarf die rechtlichen Voraussetzungen
prüfen, um neue Modelle für Zusammenarbeit und Gemeindeformen
zu ermöglichen.
Kirche und Diakonie sind wichtige Arbeitgeber mit einem hohen Be‐
darf an qualifiziertem Personal. Daher sollten Wege gesucht werden,
wie Mitglieder aus Gemeinden anderer Sprache und Herkunft in Kir‐
che und Diakonie arbeiten können.
Auch in den Bereichen Verkündigung und Bildung sollten Zuwander‐
ergemeinden stärker in den Blick genommen werden, indem man
Migranten und Migrantinnen Zugänge zu theologischen Fortbil‐
dungsangeboten ermöglicht.
Die Landeskirche kann mithelfen, dass Gemeinden anderer Sprache
und Herkunft sich für die kirchliche Landschaft in Deutschland und
theologische Diskussionen öffnen, z.B. durch die Vermittlung von
‐ Kursen „Kirche im interkulturellen Kontext“;
‐ Angeboten der Missionsakademie in Hamburg;
One Spirit‐Camp, Ferienfreizeiten, Internationale Jugendcamps, Konzertangebote und Seminare und
Workshops, z.B. zum Thema „Interkulturelle Gemeinde“. Vgl. auch: www.himmelsfels.de.
21
‐ Studiengängen der Fachhochschule für Interkulturelle Theologie
Hermannsburg.
Wir empfehlen ferner, dass die Landeskirche jährlich alle landeskirch‐
lichen Gemeinden und Gemeinden anderer Sprache und Herkunft,
die in irgendeiner Form zusammenarbeiten, zu einem Erfahrungsaus‐
tausch einlädt.
5. Aktuelle Texte zu diesem Thema
Gemeinsam evangelisch! Erfahrungen, theologische Orientierungen
und Perspektiven für die Arbeit mit Gemeinden anderer Sprache und
Herkunft, hg. v. Evangelische Kirche in Deutschland, Hannover, Okto‐
ber 2014 (http://www.ekd.de/download/ekd_texte_119.pdf).
Kirchliche Räume miteinander teilen. Handreichung für Kirchenge‐
meinden zur Vermietung und zum Verkauf von kirchlichen Gebäuden
an Gemeinden anderer Sprache und Herkunft, hg. v. Evangelische
Kirche in Deutschland, Hannover, Juli 2013 (http://www.ekd.de/EKD‐
Texte/89057.html).
Wenn kirchliche Gebäude zum Verkauf anstehen. Kriterien für eine
Entscheidung. Herausgegeben vom Zentrum Oekumene der Evangeli‐
schen Kirche in Hessen und Nassau, 2010, www.zentrum‐
oekumene.de
1. Auflage
Juli 2015