Wie bei Ando - Beton.org · zirka 5 mm, normaler grauer Konus, Tadao Ando: Konferenzpavillon Vitra,...

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80 opus C 6.2005 Wie bei Ando … technologie Dr.-Ing. Diethelm Bosold, BetonMarketing Süd GmbH, Ostfildern Beim Schalen und Betonieren von Betonwänden sind Schalungsanker im Allgemeinen unvermeid- bar, um den auf die Wandschalung wirkenden Betondruck abzutragen. Die verbleibenden Anker- löcher beziehungsweise Spannstellen können bei Anforderungen an sichtbar bleibende Betonflä- chen besonders gestaltet und in das Gesamt-Ge- staltungskonzept des Bauwerks mit einbezogen werden. Im neuen Merkblatt Sichtbeton vom August 2004 des Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V. und des Bundesverband der Deutschen Zementin- dustrie sind die Ankerlöcher explizit als zu beschrei- bendes Gestaltungsmerkmal aufgeführt. Die techni- schen Belange werden in DIN 18216 „Schalungs- anker für Betonschalungen“ [12/86] geregelt. Die ge- stalterischen Möglichkeiten sind vielfältig und werden zunehmend von Architekten genutzt. Gestaltung von Ankerlöchern und Spannstellen bei Sichtbeton Konferenzpavillion Vitra in Weil von Tadao Ando 1 Photo: gls MF

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Dr.-Ing. Diethelm Bosold,BetonMarketing Süd GmbH, Ostfildern

Beim Schalen und Betonieren von Betonwändensind Schalungsanker im Allgemeinen unvermeid-bar, um den auf die Wandschalung wirkenden Betondruck abzutragen. Die verbleibenden Anker-löcher beziehungsweise Spannstellen können beiAnforderungen an sichtbar bleibende Betonflä-chen besonders gestaltet und in das Gesamt-Ge-staltungskonzept des Bauwerks mit einbezogenwerden.

Im neuen Merkblatt Sichtbeton vom August 2004 des Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V.und des Bundesverband der Deutschen Zementin-dustrie sind die Ankerlöcher explizit als zu beschrei-bendes Gestaltungsmerkmal aufgeführt. Die techni-schen Belange werden in DIN 18216 „Schalungs-

anker für Betonschalungen“ [12/86] geregelt. Die ge-stalterischen Möglichkeiten sind vielfältig und werdenzunehmend von Architekten genutzt.

Gestaltung von Ankerlöchern und Spannstellen bei Sichtbeton

Konferenzpavillion Vitra in Weil von Tadao Ando

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Einbauprinzipien bei

Schalungsankern

Es werden zwei Einbauprinzipien unterschieden. BeiPrinzip 1 (Bild 2) wird der Ankerstahl in einem Hüll-rohr geführt, um später wieder verwendet zu werden.Das Hüllrohr verbleibt im Beton. An den Enden desHüllrohres können konisch zulaufende Kunststoff-formteile aufgesetzt werden, die nach dem Ausscha-len entfernt werden. Die verbleibenden Konenlöcherwerden später mit Verschlusskonen oder Stöpselnaus Faserzement oder Kunststoff geschlossen. Ein-bauprinzip 1 ist das weit überwiegend eingesetzteSystem.

Bei Einbauprinzip 2 wird der Ankerstahl einbetoniert(Bild 3). Die aufgeschraubten Konen werden nachdem Ausschalen abgeschraubt. Die verbleibendenAnkerlöcher werden wie bei Prinzip 1 später ge-schlossen.

Materialien der Einbauteile

Als Materialien für Hüllrohre und Stöpsel kommenKunststoff und Faserzement zur Anwendung. Für dieGestaltung ist es letztlich eine Geschmacksfrage. Beigleichzeitigen Anforderungen an die Wasserundurch-lässigkeit sind Hüllrohe aus Faserzement von Vorteil,da der Verbund zwischen den beiden mineralischenBaustoffen Faserzement und Beton deutlich besserist als zwischen Kunststoff und Beton. Damit verbun-den ist eine größere Sicherheit gegen einsickerndesWasser. Auf beide Arten von Hüllrohren werden wäh-rend der Schalungsphase Kunststoffkonen unter-schiedlicher Tiefe aufgesteckt. Da diese Konen nachdem Ausschalen entfernt werden, wird hier letztlichdas Platzangebot für später einzusetzende Ver-schlusskonen vorgegeben (Bild 4).

Auf die Kunststoffkonen kann ein Moosgummiringaufgeklebt werden, der den Übergang zur Schalhautabdichtet und so verhindert, dass Zementleim aus-laufen kann (Bild 5). Gerade bei Sichtbeton könnenso „ausgeblutete“ Spannstellen verhindert werden.Eine maßvolle Betoniergeschwindigkeit ist hier natür-lich auch wichtig.

Kunststoffkonen mit unterschiedlicher Tiefe für tempo-rären Einsatz in der Schalung.

Kunststoffkonus ohne und mit aufgeklebtem Moos-gummi.

Einbauprinzip eines Schalungsankers miteinbetoniertem Ankerstahl.

Einbauprinzip eines Schalungsankers mit Hüllrohr

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Ausführungen in Kunststoff

Kunststoffhüllrohre werden häufig mit Kunststoff-stöpseln geschlossen. Bei entsprechenden koni-schen Vertiefungen lassen sich aber auch Faser-zementkonen einsetzen. Neben eingeschränkten

Variationsmöglichkeiten ist bei Kunst-stoffstöpseln häufig eine unsaubereAusführung zu beobachten (Bild 6).Außerdem werden die weichen Kunst-stoffstöpsel mitunter benutzt, um mitwenig Aufwand Nägel in die Wandeinzuschlagen (Bild 7), sowohl in der

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Spannstellen mit einbetonierten End-stücken, Autobahnkirche Baden-Baden

Kunststoffstopfen inHüllrohr aus Kunststoff;sichtbar ist die Stirnseitedes Hüllrohrs und einschlecht sitzender Kunst-stoffstöpsel

Kunststoffstopfen mit Nagel, Sichtbeton mit Rahmenschalung,FH Wiesbaden

Spannstelle mitKunststoffstopfen,Ø ca. 45 mm,Feuerwache Vitra,Weil am Rhein von Zaha Hadid

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Aus dem eingesetzten Beton ge-fertigte Verschlusskonen, Ökume-nische Kirche Freiburg Rieselfeld

„Klassische Ausführung“, Ø ~ 35 mm, Tiefe zirka 5 mm, normaler grauer Konus, TadaoAndo: Konferenzpavillon Vitra, Weil am Rhein

Konus in einer Wand aus Selbstverdich-tendem Beton, Ø ~ 42 mm, Tiefe zirka10 mm, Sporthalle in Leverkusen

Kunststoffhüllrohre mit einzubetonie-renden Endstücken

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Bauphase als auch in der Nutzungsphase. Allerdingsgibt es auch weithin bekannte Bauwerke, in denenmit Kunststoffartikeln befriedigende Ergebnisse er-zielt wurden (Bild 8). Weiterhin gibt es Kunststoff-Hüll-rohre mit aufgesteckten Endstücken, die einbetoniertwerden. Damit ist das Erscheinungsbild natürlich vor-gegeben (Bilder 9 und 10).

Ausführungen mit Faserzement

Die im Beton verbleibenden konischen Vertiefungenkönnen mit Faserzement-Verschlusskonen unterschied-lichster Größe verschlossen werden. Neben den vondiversen Firmen angebotenen fertigen Konen (Bild 1)können auch auf der Baustelle gefertigte Verschluss-konen eingesetzt werden (Bild 11).

Die Ankerstelle kann durch denDurchmesser des Verschlusskonus,durch die Tiefe und durch die Aus-führung variiert werden:

Mitunter werden die konischen Ver-tiefungen von Spannstellen mit ei-nem Mörtel zugespachtelt. DieseMethode hat verschiedene Nachteile.Die Farbe des Mörtels lässt sichkaum an die Farbe des umgebendenBetons angleichen. Allerdings kannein Farbunterschied natürlich auchgewollt sein.

Beim Anarbeiten des Mörtels an den umgebenden Beton ergibt sichhäufig ein unregelmäßiges Erschei-nungsbild, das als unsauberes Ar-beiten empfunden werden kann. Da-her wird diese Art des Spannstellen-verschlusses immer seltener praktiziert.

Besondere Lösungen

Mitunter lässt sich auch um die eigentliche Spann-stelle herum eine Gestaltungsmöglichkeit finden. Beider St. Canisius-Kirche in Berlin wurde mit auf dieSchalung aufgenagelten Holzteilen eine Kreuzformgeschaffen.

Mitunter werden die Spannstellen nicht betont, son-dern „versteckt“. In der schwarz eingefärbten undgeschliffenen Fassade des Liechtensteiner Kunstmu-seums (Bild 17) sind Ankerstellen nicht sofort zu erkennen. Sie wurden mit ebenfalls eingefärbtem

Konus oberflächen-bündig mit Schatten-fuge, Ø 62 mm, Hausder Baustoff-Industrie,Ostfildern

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St. Canisius-Kirche Berlin

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Mörtel geschlossen und mit der Fassade mit ge-schliffen. Manchmal werden allerdings auch Spann-stellen angedeutet, wo gar keine vorhanden sind. Ineinem Studio des ZDF ist mit Kunststoff ein Beton-design nachempfunden worden. Die Spannstellenwurden offensichtlich als so wichtig erachtet, dasssie vorbildlich nachempfunden wurden.

Gestaltungsworkshop

Bei einem Workshop mit Studierenden der FH Mainz,Fachbereich Architektur, war die Aufgabe, in einePrüfwürfelform mit 200 mm Kantenlänge eine Spann-stelle einzusetzen, auszubetonieren und nach demAusschalen die Spannstelle zu gestalten. Dabei be-stand zusätzlich die Möglichkeit mit weißem bezie-hungsweise farbigem Beton zu arbeiten. Für die Ar-beiten standen das Labor und Materialien desUnternehmens Dyckerhoff sowie Materialien der Firma Max Frank (Spezialartikel für den Stahlbetonbau)zur Verfügung. Die Aufgabe verfolgte mehrere Ziele:

❚ praktische Übung im Umgang mit Frischbeton

❚ Herstellen von weißen / farbigen Betonen

❚ die vielfältigen Möglichkeiten der Gestaltung vonSchalungsankern beziehungsweise von derenspäter sichtbaren Ankerlöchern

KunstmuseumLichtenstein,keine sichtbarenSpannstellen

Studio im ZDF mit Betonoptik und angedeutetenSpannstellen

Vorbereitung der Schalung mit Stromzuführung für einen beleuchteten Schalungsanker

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❚ die Einbeziehung der Schalungsanker in das architektonische Gesamtkonzept

Ohne die Unterstützung der Industrie wäre dieserWorkshop nicht möglich gewesen. Der Dank gilt demUnternehmen Dyckerhoff-Weiss für die Benutzung

der Laborräume, des Werkzeuges und Bereitstellungder Betonmischungen unter fachkundiger Anleitungsowie der Firma Max Frank, Spezialartikel für denStahlbetonbau, für die Bereitstellung der Ankermate-rialien.

Zusammenfassung

Die Möglichkeiten, ein Sichtbetonbauwerk mit Farb-gebung des Betons, Textur der Schalhaut oder Glie-derung der Schalelemente zu gestalten sind vielfältig.Ein weiteres kleines aber durchaus interessantes undvielseitiges Detail ist die Gestaltung der sichtbar blei-benden Spannstellen der Schalungsanker. Dabei müs-sen bereits in der Planungsphase das Ankerprinzip,die einzusetzenden Materialien und die gestalterischeAusführung festgelegt werden. Da die Ausführungvon Sichtbeton im Allgemeinen Erprobungsflächenbeinhaltet, können bereits an dieser Stelle beispiel-hafte Ausführungen der Spannstellen probiert werden.

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Information

Weißer Beton mit Dyckerhoff-Weiss und beleuchteterAnkerstelle mit blau eingefärbter Plexiglasscheibe,zugehörig zu Bild 19. Entwurf: Claas Hinrichs, DeniseHoffmann, Alexander Mehlmann, Barbara Schmitz,Roland Schützeneder.

Faserzement-Konus mit Metall-Intarsie, Ø 38 mm.Entwurf: Christine Dinter, Christian Ludwig,Karen Pinnow, Marita Rühl.

Ankerloch mit eingearbeitetem Kaleidoskop für einenKindergarten. Entwurf: Kati Altmann, Eva Arras, TobiasKlapper, Simone Müller, Sonia Wareing, Anne-ChristineWinkler.

Eingelassene schwarze Marmor-Kugel.Entwurf: Diethelm Bosold

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www.maxfrank.de Schalungsanker, Prinzipien, Ausführung, Konenwww.dyckerhoff-weiss.de Informationen über Weiß-Zement, Betonwerksteinwww.peri.de Schalungssystemewww.beton.org Beton-Portalwww.betonmarketing.de Informationen über Veranstaltungen rund um Beton

Photos: Diethelm Bosold DB (12), Max Frank MF (4), Peri (2), gls (1), Jochim Jo (5)