Post on 21-Jun-2019
Dr. Norbert Utzig
Epilepsien im Kindes- und Jugendalter
Jeder Mensch kann einen Krampfanfall bekommen, aber nur wenige haben eine Epilepsie!
Epileptischer Anfall:
Folge einer abnormen Erregungsentstehung und –ausbreitung im
Gehirn, entweder auf eine Hirnregion beschränkt (partielle Anfälle)
oder generalisiert (generalisierte Anfälle)
Paroxysmale Änderung der Motorik, der Sensorik, der vegetativen
Funktionen oder des Verhaltens aufgrund abnormer neuronaler
Erregungsmuster des ZNS.
Pathogenese epileptischer Aktivität:
Abnorm synchrone Entladungen von größeren Nervenzellverbänden.
Entladung ab ca. 10 000 Zellen im EEG sichtbar, erzeugt bestimmte
Graphoelemente wie Spikes, Spike-Waves, Sharp-Waves. Kann subklinisch
bleiben, d.h. nach außen symptomlos (bei 2-4% aller Kinder im EEG zu
finden). Bei Ausbreitung Entstehung eines klinisch sichtbaren Anfalls.
Epilepsie
EEG ohne Anfälle ist keine Epilepsie.
EEG im Intervall muss nicht verändert sein. Bei Anfallsleiden Intervall-EEG
in ca. 50 % auffällig, Schlafentzugs-EEG ca. 70 %, Langzeit-EEG ca. 90 %.
Epilepsie
Definition:
Der Begriff „Epilepsie“ beschreibt das wiederholte Auftreten (nicht febriler)
zerebraler Anfälle.
Neu: Einmaliger Anfall + für diese Anfallsform epilepsietypisches EEG
• veränderte Struktur
• lokale Reizung
• Verlust hemmender Nervenzellen
• Fehlverschaltung
• veränderte Ionenkanäle
(Channelopathies)
• veränderte Erregungseigenschaften
(Stoffwechselstörungen)
als Grunderkrankung
idiopathisch - „genetisch“
als Symptom
symptomatisch
Epilepsien
Elektroden-Schemata
EEG
EEG: Reifung
2,5 Monate 10 Monate
6 Jahre
Ab Schulalter okzipitaler
Alpha-Rythmus
Sharp-Wave Fokus links temporal M.G.m.10J, sek. gen. ton. GM,
generalisierte irreguläre Spike-Waves J.S.w 13J, Fotoepilepsie
3/s Spike-Waves, Absencen J.B.w 11J
Anfallssymptome
Abhängig von der Lokalisation im Gehirn:
- Motorische oder sensible Phänomene in der Zentralregion
- Szenische Handlungen oder Stereotypien bei Befall des Schläfenlappens.
- Hypermotorik oder affektive Störungen bei Frontallappenanfällen.
- Optische Erscheinungen wenn Okzipitalregion betroffen.
- Bei Generalisation Bewusstseinsverlust.
Kumulative Inzidenz von Krampfanfällen und Epilepsie
bis zum Alter von 20 Jahren
Neugeborenenkrämpfe 0,1 %33 % > spätere Epilepsie
Akute symptomatische (afebrile) Anfälle 0,5 %10 % > spätere Epilepsie
Fieberkrämpfe 2 – 4 %3 – 5 % > spätere Epilepsie
Einzelne unprovozierte Anfälle 0,2 – 0,5 %
----------------------------------------------------------------------
Epilepsie 0,5 – 1 %Davon hatten:
0,3 % NG-Krämpfe
5 – 10 % akute symptomatische Anfälle
10 – 15 % Fieberkrämpfe
Bei genetischer Disposition: ca. 5 %
Ursachen der Epilepsien bei Kindern unter 15 Jahren
Idiopathisch/kryptogen 67,5 %
Kongenital 19,9 %
Trauma 4,7 %
Infektion 4 %
Neoplasien 1,8 %
Vaskulär 1,4 %
Degenerativ 0,7 %
Ursachen der Epilepsien bei Kindern unter 15 Jahren
Idiopathisch/kryptogen 67,5 %
Kongenital 19,9 %
Trauma 4,7 %
Infektion 4 %
Neoplasien 1,8 %
Vaskulär 1,4 %
Degenerativ 0,7 %
Ursachen der Epilepsien bei Kindern unter 15 Jahren
Idiopathisch/kryptogen 67,5 %
Kongenital 19,9 %
Trauma 4,7 %
Infektion 4 %
Neoplasien 1,8 %
Vaskulär 1,4 %
Degenerativ 0,7 %
Ursachen der Epilepsien bei Kindern unter 15 Jahren
Ursachen der Epilepsien bei Kindern unter 15 Jahren
Grundlage der genetischen / idiopathischen Epilepsien
sind oft Ionenkanalveränderungen
Ionenkanäle und Epilepsie
Anfallsformen
Klassifikation
· Fokale Anfälle
· Primär generalisierte Anfälle
· Generalisierte Anfälle fokaler und multifokaler Genese
Klassifikation
· Fokale Anfälle
· Primär generalisierte Anfälle
· Generalisierte Anfälle fokaler und multifokaler Genese
· Konvulsive Anfälle
· Nichtkonvulsive Anfälle
Fokale Anfälle
• Fokale Anfälle mit elementarer Symptomatik
n motorische Herdanfälle
n posturale und versive Anfälle
n inhibitorische Anfälle
n sensible Herdanfälle
n sensorische Herdanfälle
• Fokale Anfälle mit komplexer Symptomatik
n paroxysmale Bewußtseinstrübung mit allmählichem Anfang und Ende
n Aura (80%); Prodromi
n Lokalisation häufig Temporallappen und limbisches System
• Begleitsymptome:
Vegetativ (Brady/Tachkardie, Schwitzen, Blässe, Mydriasis),
Einnässen/Einkoten
Primär generalisierte Anfälle
• Primär generalisierte tonisch-klonische Anfälle
• Primär generalisierte tonische Anfälle
• Atonisch-astatische Anfälle
• Myoklonische Anfälle
• Myoklonisch-astatische Anfälle
• Absencen
Generalisierte Anfälle fokaler und multifokaler Genese
• tonisch-klonische Anfälle, teilweise fokal eingeleitet
• tonische Anfälle , teilweise fokal eingeleitet
• (Myoklonisch-) atonisch-astatische Anfälle
• Tonisch-astatische Anfälle
- Lennox-Gastaut-Syndrom
• Myoklonische Anfälle
- „Blitz-(BNS-)Krämpfe“ bei WEST-Syndrom
• Atypische Absencen
Semiologie häufiger Anfallsformen:
Große Anfälle: tonisch, klonisch, tonisch-klonisch, myoklonisch,
mit Bewußtseinsverlust, oft Nachschlaf.
Absencen: meist Schulalter (Pyknolepsie), ausgestanzte Bewußtseinspausen,
wenige Sekunden. Gute Prognose. Teils Kombination mit großen Anfällen.
Myoklonische Anfälle: einschießende Muskelkontraktionen.
Astatische Anfälle: plötzlicher Tonusverlust
Einfach fokale (Jackson) Anfälle: motorisch, sensibel, sensorisch.
Komplexfokale Anfälle: szenische Handlungen, Stereotypien,
Bewußtsein teilweise erhalten, Dämmerzustände.
Frontallappenanfälle: stark affektiv, Hypertotorik.
Verteilung der AnfallsformenKinder 4 Wochen – 15 Jahre
Generalisiert 67,5 %
Tonisch-klonisch 22 %
Tonisch 1,1 %
Typische Absence 15,5 %
Atypische Absence 2,6 %
Atonisch 1,6 %
Myoklonisch 8,5 %
Fokal 55,1 %
Einfach fokal 9 %
Komplex fokal 26,1 %
Fokal mit sek. General. 29,2 %
Unbestimmbar fokal oder generalisiert 2,9 %
Starren, unsicherer Beginn 1,5 %
Tonisch-klonisch, unsicherer Beginn 2 %
Verteilung der AnfallsformenKinder 4 Wochen – 15 Jahre
Generalisiert 67,5 %
Tonisch-klonisch 22 %
Tonisch 1,1 %
Typische Absence 15,5 %
Atypische Absence 2,6 %
Atonisch 1,6 %
Myoklonisch 8,5 %
Fokal 55,1 %
Einfach fokal 9 %
Komplex fokal 26,1 %
Fokal mit sek. General. 29,2 %
Unbestimmbar fokal oder generalisiert 2,9 %
Starren, unsicherer Beginn 1,5 %
Tonisch-klonisch, unsicherer Beginn 2 %
Oder doch kein Anfall?
> Immer auch an nichtepileptische Phänomene denken!
Erkrankungen mit nichtepileptischen anfallsähnlichen Symptomen
· Synkopen
(reflektorisch, kardiogen)
· Affektive/psychische Störungen
Hysterie, Affektkrämpfe, Simulation, Hyperventilation, Narkolepsie
· Bewegungsstörungen
Jactatio capitis, Tic’s, Tremor u.a. Dyskinesien, Einschlafmyoklonien,
paroxysmale Choreoathetose, Hyperekplexie
· Vaskuläre Affektionen
Migraine accompagnee, TIA
· Nächtliche Episoden (Parasomnien)
Angstträume, Pavor nocturnus, Somnambulismus, Enuresis nocturna
Epilepsiesyndrome bei Kindern
Epilepsiesyndrome bei Kindern
Idiopathisch oder symptomatisch ?
Fokal oder generalisiert ?
Trias:Typisches AlterTypische Anfälle
Typische EEG-Muster
Idiopathische Epilepsien
Idiopathische Epilepsien
Um 5. LT Benigne neonatale Anfälle (Benigne infantile NG-Krämpfe; BINC)
0 – 6 Wo Benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe (BNFS)
3 – 20 Mon Benigne infantile Partialepilepsie (Watanabe)
3 – 9 Mon Schwere myoklonische Epilepsie des Kindesalters (SMEI, Dravet)
0,5 – 3 J Benigne infantile myoklonische Epilepsie
1 – 5 J Myoklonisch-astatische Epilepsie (Doose)
Kleinkindalter Generalisierte Epilepsie mit Fieberkrämpfen (GEFS+)
0,5 – 5 J Frühkindliche Grand mal-Epilepsie (FKGM, evtl. altern. Hemi-GM)
2 – 13 J Benigne Partialepilepsien des Rolandischen Formenkreises
2 – 4 J Frühkindliche Absencenepilepsie (myoklonische Absencen)
5 – 8 J Kindliche Absencen (Pyknolepsie)
Ab 10 J Epilepsie mit primär tonisch-klon. Anfällen (Aufwach Grand mal)
Ab 12 J Juvenile Absencen
Ab 12 J Juvenile Myoklonusepilepsie (Impulsiv petit mal; Janz)
2 Mon – 52 J Familiäre fokale Epilepsien (z.B. ADNFL)
Idiopathische Epilepsien
Um 5. LT Benigne neonatale Anfälle (Benigne infantile NG-Krämpfe; BINC)
0 – 6 Wo Benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe (BNFS)
3 – 20 Mon Benigne infantile Partialepilepsie (Watanabe)
3 – 9 Mon Schwere myoklonische Epilepsie des Kindesalters (SMEI, Dravet)
0,5 – 3 J Benigne infantile myoklonische Epilepsie
1 – 5 J Myoklonisch-astatische Epilepsie (Doose)
Kleinkindalter Generalisierte Epilepsie mit Fieberkrämpfen (GEFS+)
0,5 – 5 J Frühkindliche Grand mal-Epilepsie (FKGM, evtl. altern. Hemi-GM)
2 – 13 J Benigne Partialepilepsien des Rolandischen Formenkreises
2 – 4 J Frühkindliche Absencenepilepsie (myoklonische Absencen)
5 – 8 J Kindliche Absencen (Pyknolepsie)
Ab 10 J Epilepsie mit primär tonisch-klon. Anfällen (Aufwach Grand mal)
Ab 12 J Juvenile Absencen
Ab 12 J Juvenile Myoklonusepilepsie (Impulsiv petit mal; Janz)
2 Mon – 52 J Familiäre fokale Epilepsien (z.B. ADNFL)
Trias: Typisches AlterTypische Anfälle
Typische EEG-Muster
Idiopathische Epilepsien
Um 5. LT Benigne neonatale Anfälle (Benigne infantile NG-Krämpfe; BINC)
0 – 6 Wo Benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe (BNFS)
3 – 20 Mon Benigne infantile Partialepilepsie (Watanabe)
3 – 9 Mon Schwere myoklonische Epilepsie des Kindesalters (SMEI, Dravet)
0,5 – 3 J Benigne infantile myoklonische Epilepsie
1 – 5 J Myoklonisch-astatische Epilepsie (Doose)
Kleinkindalter Generalisierte Epilepsie mit Fieberkrämpfen (GEFS+)
0,5 – 5 J Frühkindliche Grand mal-Epilepsie (FKGM, evtl. altern. Hemi-GM)
2 – 13 J Benigne Partialepilepsien des Rolandischen Formenkreises
2 – 4 J Frühkindliche Absencenepilepsie (myoklonische Absencen)
5 – 8 J Kindliche Absencen (Pyknolepsie)
Ab 10 J Epilepsie mit primär tonisch-klon. Anfällen (Aufwach Grand mal)
Ab 12 J Juvenile Absencen
Ab 12 J Juvenile Myoklonusepilepsie (Impulsiv petit mal; Janz)
2 Mon – 52 J Familiäre fokale Epilepsien (z.B. ADNFL)
Häufige EpilepsienGeneralisiert
FokalMultifokal
Idiopathische Epilepsien vorwiegend generalisiert
Um 5. LT Benigne neonatale Anfälle (Benigne infantile NG-Krämpfe; BINC)
0 – 6 Wo Benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe (BNFS)
3 – 20 Mon Benigne infantile Partialepilepsie (Watanabe)
3 – 9 Mon Schwere myoklonische Epilepsie des Kindesalters (SMEI, Dravet)
0,5 – 3 J Benigne infantile myoklonische Epilepsie
1 – 5 J Myoklonisch-astatische Epilepsie (Doose)
Kleinkindalter Generalisierte Epilepsie mit Fieberkrämpfen (GEFS+)
0,5 – 5 J Frühkindliche Grand mal-Epilepsie (FKGM, evtl. altern. Hemi-GM)
2 – 13 J Benigne Partialepilepsien des Rolandischen Formenkreises
2 – 4 J Frühkindliche Absencenepilepsie (myoklonische Absencen)
5 – 8 J Kindliche Absencen (Pyknolepsie)
Ab 10 J Epilepsie mit primär tonisch-klon. Anfällen (Aufwach Grand mal)
Ab 12 J Juvenile Absencen
Ab 12 J Juvenile Myoklonusepilepsie (Impulsiv petit mal; Janz)
2 Mon – 52 J Familiäre fokale Epilepsien (z.B. ADNFL)
Idiopathische Epilepsien vorwiegend fokal
Um 5. LT Benigne neonatale Anfälle (Benigne infantile NG-Krämpfe; BINC)
0 – 6 Wo Benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe (BNFS)
3 – 20 Mon Benigne infantile Partialepilepsie (Watanabe)
3 – 9 Mon Schwere myoklonische Epilepsie des Kindesalters (SMEI, Dravet)
0,5 – 3 J Benigne infantile myoklonische Epilepsie
1 – 5 J Myoklonisch-astatische Epilepsie (Doose)
Kleinkindalter Generalisierte Epilepsie mit Fieberkrämpfen (GEFS+)
0,5 – 5 J Frühkindliche Grand mal-Epilepsie (FKGM, evtl. altern. Hemi-GM)
2 – 13 J Benigne Partialepilepsien des Rolandischen Formenkreises
2 – 4 J Frühkindliche Absencenepilepsie (myoklonische Absencen)
5 – 8 J Kindliche Absencen (Pyknolepsie)
Ab 10 J Epilepsie mit primär tonisch-klon. Anfällen (Aufwach Grand mal)
Ab 12 J Juvenile Absencen
Ab 12 J Juvenile Myoklonusepilepsie (Impulsiv petit mal; Janz)
2 Mon – 52 J Familiäre fokale Epilepsien (z.B. ADNFL)
Symptomatische/kryptogene Epilepsien
1. LM Frühinfantile myoklonische Enzephalopathie
0 – 3 LM Frühkindliche epileptische Enzephalopathie (Otahara)
3 – 9 LM BNS-Epilepsie (Blitz-Nick-Salaam-Anfälle; West)
1 – 7 LJ Lennox-Gastaut-Syndrom
6 – 70 LJ Progressive Myoklonusepilepsien
Jedes Alter symptomatische fokale Epilepsien
Jedes Alter nicht klassifizierbare Epilepsien z.B. bei genetischen Erkrankungen
Symptomatische/kryptogene Epilepsien
1. LM Frühinfantile myoklonische Enzephalopathie
0 – 3 LM Frühkindliche epileptische Enzephalopathie (Otahara)
3 – 9 LM BNS-Epilepsie (Blitz-Nick-Salaam-Anfälle; West)
1 – 7 LJ Lennox-Gastaut-Syndrom
6 – 70 LJ Progressive Myoklonusepilepsien
Jedes Alter symptomatische fokale Epilepsien
Jedes Alter nicht klassifizierbare Epilepsien z.B. bei genetischen Erkrankungen
Häufige EpilepsienGeneralisiert
FokalMultifokal
Häufige Epilepsiesyndrome
idiopathisch
Rolandoepilepsie: “benigne” Partialepilepsie, Kleinkind bis Schulalter,
heilt nach Pubertät fast immer aus. Anfälle mit Sprachhemmung, fokalen
Symptomen Mund/Gesicht/Arm. Meist nachts, Bewußtsein erhalten.
Absencen: ausgestanzte Bewusstseinspausen, 3/s spike-waves,
bis 50% mit Grand Mal.
Aufwach-Grand Mal: meist um Aufwachen (DD sek.gen. GM oft im
Schlaf), GM ohne Herdzeichen, keine Läsion, mental meist o.B.
Juvenile myoklonische Epilepsie (Impulsiv-PM): Jugendlichenalter, Arme,
Schleudern von Gegenständen, hohe Rezidivneigung.
Fotoepilepsie: prim. Gen. GM unter FS.
Häufige Epilepsiesyndrome
altersgebunden symptomatisch
BNS - Anfälle: 4-8 Mo Beginn (Ausreifung des Gehirns), (Blitz-Nick-
Salaam) Hypsarrythmie im EEG, 70 bis 80 % org. Hirnschädigung,
schlechte Prognose. Therapie kritisch da nebenwirkungsreich
(Vigabatrin, Steroide, Valproinsäure). Oft Übergang in das
Lennox-Gastaut-Syndrom: oft Folge nach BNS, Prognose ähnlich
schlecht (myoklonisch-astat. Anfälle bis zu mehreren 100 / Tag. + große
Anfälle) oft therapierefraktär.
Temporallappenepilepsie:. Komplexfokale Anfälle, Fokus temporal,
sklerotische Veränderungen, oft therapierefraktär, bes. bei Erwachsenen.
Zahl in Klammern, Evidenzklasse modifiziert nach (20). Keine Angabe, Evidenzklasse IV
Neubauer A et al: Epilepsie im Kindes- und Jugendalter. Dtsch Arztebl 2008; 105(17): 319–28
Gelegenheitsanfälle
Gelegenheitsanfälle
Perinataler Stress
Fieber
Trauma
Metabolische Entgleisung
Drogen
etc.
Fieberkrampf
Fieberkrampf
Definition
· Epileptischer Gelegenheitsanfall des Säuglings- und Kleinkindesalters
in Verbindung mit Fieber, ohne Hinweis auf eine intrakranielle
Infektion oder andere definierte zerebrale Ursache
· Einfach/unkompliziert: kurzdauernd, generalisiert, isoliert
Alter 6 Mon. bis 5 Jahre
· Komplex/kompliziert: > 15 min, fokaler Charakter, wiederholt in einer
Fieberphase, untypisches Alter, pathologisches EEG (excl. AV)
Fieberkrampf
Epilepsierisiko
· 2 – 4,5 % unabhängig von Anzahl oder antikonvulsiver Therapie
· höher bei:
familiärer Epilepsiebelastung
komplizierter erster Fieberkrampf
vorbestehenden neurologischen Auffälligkeiten
Fieberkrampf
Wiederholungsrisiko
· 32 % für einen weiteren Anfall
· 15 % für zwei weitere Anfälle
· 7 % für drei oder mehr wiederkehrende Anfälle
Risiko am höchsten im Alter von 12 – 24 Monaten
Risiko nach 1 Anfall 2fach, nach 2 Anfällen 2,5fach erhöht
Risiko bei positiver FA I.° 2fach
Risiko bei niedrigem Fieber 2fach
Risiko für Alter < 1 Jahr oder fokale Zeichen nicht erhöht
Fieberkrampf
Diagnostik
· obligat:
Anamnese (FA, Symptomatik, Entwicklung, Vorerkrankungen,
Fieberursache),
interner und neurologischer Status (Fieberursache, Meningismus)
Fieberkrampf
Diagnostik
· fakultativ:
Labor (Infektion, Metabolik, Serologie)
LP: obligat bei Meningismus, Alter < 12 Mon., anhaltende
postkonvulsive Schläfrigkeit
fakultativ bei kompliziertem FK, Alter 12 – 18 Mon.,
antibiot. Vorbehandlung
EEG: bei Vd. Herpesenzephalitis sofort, bei kompl. FK nach
Entfieberung
cMRT: bei Vd. Enzephalitis, Hirnabszeß, Neurologie, prolongierte
fokale Anfälle, Halbseitenanfällen, febriler Status
Fieberkrampf
Therapie
· Akuttherapie (wichtig zur Prävention eines febrilen Status)
Cave: Symptomatik, Verletzungen, Aspiration
Fiebersenkung
bei Anfall > 2 – 3 min Diazepam rektal 0,5 – 0,7 mg/kg, bei Säuglingen
auch Chloralhydrat rektal 100 mg/kg
bei prolongiertem Anfall Lorazepam/Clonazepam/Diazepam oder
Phenobarbital i.v., Midazolam in Intubationsbereitschaft
Fieberkrampf
Therapie
· Prophylaxe (Dauer 1 – 2 Jahre)
Selten notwendig, Aufklärung, Notfallmedikament
Intermittierende Kurzzeitprophylaxe während Fieberphasen (max. 2 d)
Indikation: Rezidive, Alter < 1 Jahr, pos. FA, kompl.FK
Diazepam rektal 0,5 mg/kg alle 12 Stunden
Diazepam oral 0,33 mg/kg alle 8 Stunden
Langzeitprophylaxe über 1 – 2 Jahre
Indikation: streng!, erheblicher Vd. beginnende Epilepsie (rez.
mehrfach-kompliz. FK, neurol. Vorschädigung + kompliz. FK
Phenobarbital, Valproat (Carbam. + Phenytoin unwirksam)
Neugeborenenanfälle
Neugeborenenanfälle
Symptomatik
· Rhythmische kurze Myoklonien einzelner oder mehrerer Muskelgruppen
meist 3/s oder langsamer, nicht auslösbar oder unterdrückbar
· Länger andauernde Kontraktionen von Muskelgruppen
Rumpf, Augenmuskeln
· Subtile Anfälle
Schmatzen, „Schwimmen“, „Rudern“, „Radfahren“, Singultus,
RR-Anstieg, Tachykardie, Apnoe, Salivation, Hautkoloritwechsel
abnorme Bulbus- und Lidbewegungen
Neugeborenenanfälle
Diagnostik
· Labor
BZ, Ca, Na, Mg, P, BB, SBS, Laktat, CRP, IL6
Vd. Hypoxie: NSE, S100
Vd. Metabolik: Ammoniak, AS, org. Säuren, Screeningkärtchen
Vd. Entzug: Drogenscreening
Vd. Infektion: Blutkultur, Serologie, LP
· Monitoring
EKG, RR
· Weitere Untersuchungen
Sono Schädel/cMRT, EEG, Augenarzt
Neugeborenenanfälle
Therapie
· Vitalparameter, Beobachtung
· Symptomatische Therapie
Glukose 20% 1ml/kg, Kalziumglukonat 10% 1-2 ml/kg
Magnesium 0,15 mmol/kg langsam i.v.
· Vitamin B6
50-100 mg Pyridoxin i.v.
· Antikonvulsiva (möglichst < 6 Wochen)
Phenobarbital 10 (max. 40) mg/kg langsam i.v., DT 3 – 4 mg/kg 2 ED
Phenytoin 15 – 20 mg/kg KI (evtl. 2 ED, 30 min Intervall)
Lorazepam/Clonazepam/Diazepam
Vor der Therapie kommt die Diagnostik!
Vor der Therapie kommt die Diagnostik!
Was ist adäquat?
Diagnostik bei Verdacht auf ein Anfallsgeschehen
Anamnese
(genaue Schilderung, Begleitsymptome, wie oft, seit wann, Tageszeiten, Auslöser,
neurologische/mentale Einbußen, Verhaltensprobleme, Konflikte, Hirndruckzeichen)
Klinische Untersuchung
Einschätzung der Dringlichkeit:
Abwarten? (einmalig, hochwahrscheinlich nichtepileptisch)
Ambulante Diagnostik? (mehrfach, wahrscheinlich nichtepil.)
Spezialsprechstunde? (unklar, Vordiagnostik erfolgt)
Krankenhauseinweisung? (sehr anfallsverdächtig, neurol.auffällig)
Ambulante Diagnostik
insbesondere bei Vd. auf nichtepileptische Phänomene:
Ambulante Diagnostik
insbesondere bei Vd. auf nichtepileptische Phänomene:
· Synkopen
· Affektive/psychische Störungen
· Bewegungsstörungen
· Vaskuläre Affektionen
· Nächtliche Episoden (Parasomnien)
Ambulante Diagnostik
insbesondere bei Vd. auf nichtepileptische Phänomene:
· Synkopen
EEG, EKG, Augenarzt, BE
· Affektive/psychische Störungen
EEG, BE, Schädelsonographie, Psychologe, Psychiater, Elternvideo
· Bewegungsstörungen
EEG, Augenarzt, BE, Elternvideo, cMRT, Psychologe, Psychiater
· Vaskuläre Affektionen
EEG, Augenarzt, BE, cMRT
· Nächtliche Episoden (Parasomnien)
EEG, BE, Urinstatus, Nierensonographie
Ambulante Diagnostik
- EEG
- EKG
- Augenarzt (STP, Fundus, Gesichtsfeld, Refraktion)
- BE: BB, Serum-Routine, TSH
- Urinstatus, Nierensonographie
- Schädelsonographie
- cMRT
- Psychologe, Psychiater
- Elternbeobachtung, Dokumentation, Video (Handy), Auslöser?
Spezialsprechstunden
- Kinderneurologische Sprechstunden
(Anfall, Neuromuskuläre Erkrankungen, Entwicklungsneurologie)
- Kinderkardiologe (Echo, Holter-EKZ, LZ-RR, Ergometrie, Schellong)
- Nierensprechstunde
- Pulmologische Sprechstunde
Krankenhauseinweisung
➢ Akute anfallsverdächtige Symptome
➢ Stationär notwendige Diagnostik (z.B. Nachtuntersuchungen)
➢ Therapieneueinstellungen
CAVE:
- Neugeborene und Säuglinge im 1. Lebenshalbjahr
(Gefahr tonischer Anfälle)
- Säuglinge und Kleinkinder bis 18. Lebensmonat
(insbesondere bei fieberhaften Erkrankungen)
- Mehrere epilepsieverdächtige Ereignisse
- Akute persistierende neurologische Auffälligkeiten
Erweiterte Diagnostik
- EEG, Schlafentzugs-EEG, Langzeit-Video-Telemetrie,
Polygraphie, Polysomnographie
- BE, LP, Serologien, Mikrobiologie, cMRT, Genetik, Stoffwechsel,
Muskel-PE
- Erweiterte Neurophysiologie
- Kinderkardiologie, Langzeit-RR/-EKG, Lungenfunktion
- Erweiterte HNO-Untersuchungen (Vestibularisprüfung etc.)
- Psychometrische Verfahren u.a. psychologische Diagnostik
- Erweiterte augenärztliche Untersuchungen- etc.
Behandlung von Anfällen und Epilepsien bei Kindern
Akuter Krampfanfall
Was tun?
Sofortmaßnahmen bei Krampfanfall
· Kind aus Gefahrenzone bringen
· Lockerung der Kleidung
· Seitenlagerung
· Vermeidung von Verletzungen
· Beobachtung des Anfalles (Notiz Notarztprotokoll!)
· bei Anfallsdauer > 2 min oder Zyanose: Antikonvulsiva
Sofortmaßnahmen bei Krampfanfall
falsch:
· fixieren
· Kiefer auseinanderklemmen
· initial Herzmassage oder Mund-zu-Mund-Beatmung
· Versuch starker Weckreize (Schlagen, kaltes Wasser)
Antiepileptische Notfalltherapie
· Diazepam 0,5 mg/kg rektal, cave Atemdepression
Säuglinge > 4 Monate 5 mg
Kleinkind > 15 kg 10 mg Faustan Rektiole
Schulkind 10 – 20 mg
Erwachsene 20 – 30 mg
· oder Midazolam 0,3 mg/kg buccal, cave Atemdepression
Säuglinge > 3 Monate 2,5 mg
Kleinkind 1-5 Jahre 5 mg Buccolam
Schulkind 5-10 Jahre 7,5 mg
10-18 J./Erwachsene 10 mg
· oder Lorazepam 0,05-0,1 mg/kg buccal Tavor
· oder Clonazepam 0,01-0,05 mg/kg oral Rivotril
Anfallsgeschehen persistierend?
Krankenhaus
zur weiteren Therapie des Status epilepticus!
Status epilepticus
Definitionen Status epilepticus
Früher (drohender) Status epilepticus nach 5 - 10 min
· Zustand mit kontinuierlichen generalisierten konvulsiven Anfällen für
mindestens 5 min Dauer, oder kontinuierliche elektroenzephalografische
Anfallsaktivität bei einem bewusstseinsgetrübten Patienten, oder 2 generalisiert
tonisch-klonische Anfälle, zwischen denen der Patient das Bewusstsein nicht
wiedererlangt.
Definitionen Status epilepticus
Etablierter Status epilepticus nach (10-) 30 min
· Zustand mit kontinuierlichen generalisierten konvulsiven Anfällen für
mindestens 30 min Dauer, oder kontinuierliche elektroenzephalografische
Anfallsaktivität bei einem bewusstseinsgetrübten Patienten, oder mehrere
generalisiert tonisch-klonische Anfälle, zwischen denen der Patient das
Bewusstsein über mehr als 30 min nicht wiedererlangt.
Definitionen Status epilepticus
Refraktärer Status epilepticus nach (30-) 60 min
· Fortbestehen von konvulsiven Anfällen mit oder ohne abnehmender Aktivität,
oder Koma mit fortdauernder elektroenzephalografischer Anfallsaktivität, nach der
initialen Verabreichung von Benzodiazepinen und Phenytoin oder Valproat (=
Versagen der Therapien der 1. und 2. Stufe).
Definitionen Status epilepticus
Superrefraktärer Status epilepticus nach > 24 h
· Fortbestehen konvulsiver oder elektroenzephalografischer Anfallsaktivität trotz
intravenöser Anästhetikatherapie für mehr als 24 Stunden.
Status epilepticus
Formen
· Konvulsiv generalisierter SE
· Konvulsiv fokaler SE
· Nicht-konvulsiver SE
· Psychomotorischer SE
· Neonataler SE
· Bioelektrischer SE (ESES; CSWS)
Status epilepticus
Vorgehen
Therapeutisches Vorgehen bei Status epilepticus
· Stufe 1
Sicherung kardiorespiratorischer Funktionen
ggf. Sauerstoffgabe, Reanimation
Lagerung, Schutz, kein Mundkeil
· Stufe 2
Notfallantikonvulsiva, Monitoring, i.v.-Zugang,
Glukose 20% bei VD Hypoglykämie, O2 bei Hypoxämie
· Stufe 3
Suche nach Ätiologie, ggf. Korrektur unphysiologischer Zustände
· Stufe 4
Intensivstation, EEG-Monitoring, Hirndruckmonitoring, antikonvuls. DT
Status epilepticus
Antikonvulsive Therapie
Antikonvulsive Therapie bei Status epilepticus
Erste Anfallsminuten zu Hause/Klinik/Praxis
· Diazepam 0,5 mg/kg rektal, cave Atemdepression
Säuglinge > 4 Monate 5 mg
Kleinkind > 15 kg 10 mg Faustan Rectiole
Schulkind 10 – 20 mg
Erwachsene 20 – 30 mg
· oder Midazolam 0,3 mg/kg buccal, cave Atemdepression
Säuglinge > 3 Monate 2,5 mg
Kleinkind 1-5 Jahre 5 mg Buccolam
Schulkind 5-10 Jahre 7,5 mg
10-18 J./Erwachsene 10 mg
· oder Lorazepam 0,05-0,1 mg/kg buccal Tavor
· oder Clonazepam 0,01-0,05 mg/kg oral Rivotril
Antikonvulsive Therapie bei Status epilepticus
Frühphase (0 – 30 min), Klinik
· Clonazepam i.v. Kompl.: Atemdepression
Kinder 0,01 – 0,05 mg/kg
Erwachsene 0,01 – 0,03 mg/kg (bis 4x), 2 mg/min
· Diazepam i.v. stärkere Atemdepression und kürzere
0,25 mg/kg Wirksamkeit als Lorazepam/Clonazepam
· Lorazepam i.v. Kompl.: Atemdepression
0,1 mg/kg (evtl. nach 10 min wiederholen)
· Phenobarbital i.v. Kompl.: Atemdepression
5 - 10 mg/kg
· bei Kindern < 2 Jahren: Pyridoxin i.v.
50 - 100 mg
Antikonvulsive Therapie bei Status epilepticus
Etablierter Status epilepticus (30 – 60 min), Klinik
· Phenytoin i.v. Kompl.: Arrhythmie (Monitoring!), RR-Abfall
15 - 20 mg/kg in 30 min, 25 mg/min, separat i.v.
· Phenobarbital i.v. Kompl.: RR-Abfall v.a. nach Benzodiazepinen
5 – 20 mg/kg, < 25 mg/min
· Valproat i.v.
10 mg/kg (max. 6 mg/kg/min), dann kontinuierlich 20-40 mg/kg/d
Schnellsättigung: 20-40 mg/kg (max. 6 mg/kg/min)
Antikonvulsive Therapie bei Status epilepticus
Refraktärer Status epilepticus, > 60 min, Intensivstation
· Midazolam Dauerinfusion Kompl.: Atemdepression
0,15 – 0,2 mg/kg Bolus
Infusion: 1 µg/kg/min, alle 15 min steigern auf 5 µg/kg/min
· oder Thiopental i.v. multiple NW, v.a. Atmung, Kreislauf
2 – 4 mg/kg Bolus, evtl. wiederholen
Infusion: 3 – 5 (8) mg/kg/h > EEG-Monitoring!
· oder Propofol i.v. Atmung, Kreislauf
1 – 2 mg/kg Bolus
Infusion: 1 – 4 mg/kg/h > EEG-Monitoring!
· oder Lidocain i.v. RR, Arrhythmie, Anfallsprovokation
1,5 - 2 mg/kg Bolus, (< 50 mg/min)
Infusion: 3 – 5 mg/kg/h
Antikonvulsive Therapie bei Status epilepticus
Superrefraktärer Status epilepticus, > 24 h
· Alternative Therapieoptionen abhängig vom klinischen Bild
(Steroide, ketogene Diät, Hypothermie, Liquordrainage etc.)
Antikonvulsive Therapie bei Status epilepticus
· Absencenstatus oder myoklonischer Status: Valproat i.v.
unterschiedliche Sättigungschemata, EEG-Monitoring!
Status epilepticus
Diagnostik
Diagnostik bei Status epilepticus
· Anamnese, klinisch-neurologische Untersuchung
FA, Entwicklung, Traumen, Infektionen, Vorerkrankungen, Medik.
· BE
BZ, BB, BGA, Elyte, Mg, TA, CK, NH3, Krea, HST, AED-Spiegel, BK
Metabolik (Screeningkärtchen etc.)
· LP (Cave Einklemmung: Funduskopie, CT/MRT)
ZZ, Glukose, Eiweiß, Laktat, Erreger
· Plasma-, Liquor-, Urinasservate
bei VD Vergiftung, Drogen
· EEG
zur Akutversorgung z.T. verzichtbar, DD psychogen, Petit mal-Status
· EEG-Monitoring
bei intubierten/relaxierten Patienten und bei refraktärem Status
· Bildgebung
MRT, CT (Blutung, Entzündung, Trauma, Tumor, ggf. vor LP)
Behandlung von Epilepsien
Allgemeine Behandlungsmöglichkeiten
• Medikamente
Auswirkungen: Blutbildung, Gerinnung, Aufmerksamkeit,
Kognition, Anfälle, Compliance, Interaktionen,
Schwangerschaft, Beruf, Fahrerlaubnis
• Nichtmedikamentöse Behandlung
Schlaf-Wach-Rhythmus, Alkohol, Sonnenbrille, Fernsehen,
Computer
• Vermeidung von Gefahrensituationen
Schwimmen, Absturzgefahren, Helm im Straßenverkehr,
sozialmedizinische Beratung zu Schule, Sport, Führerschein
Berufsberatung
Allgemeine Behandlungsmöglichkeiten
• Ketogene Diät
insbesondere bei zellulären Atmungskettendefekten und
Glukosetransporterdefekten
• Epilepsiechirurgie
Fokus in EEG, MRT, SPECT, PET
Läsionektomie in nicht-eloquentem Areal bei Therapieresistenz
Leitungsunterbrechend Kallosotomie oder subpiale Transsektionen
• Vagusnervstimuation
bei Therapieresistenz, wenn keine Läsionektomie sinnvoll
Medikamentöse Epilepsietherapie
Muss medikamentös behandelt werden ?
Pro:
Gefährdung durch Anfälle
Erschwerte Kognition durch Anfälle
Bahnung weiterer Anfälle durch Anfälle (Kindling-Phänomen)
Soziale Integration (Schule, Berufsfindung, Führerschein)
Funktionelle Störung der Hirnfunktion bei schlechtem EEG
(z.B. Schlaf-EEG bei manchen Rolando-Epilepsien)
Contra:
Gelegenheitsanfälle und provozierte Anfälle
Fieberkrämpfe
Oligoepilepsien (<1 Anfall/Jahr)
Entwicklung der medikamentösen Epilepsietherapie
1857 Brom
Entwicklung der medikamentösen Epilepsietherapie
1857 Brom
1912 Phenobarbital
1938 Phenytoin
1951 Ethosuximid
1963 Valproinsäure
1963 Carbamazepin
Entwicklung der medikamentösen Epilepsietherapie
1857 Brom
1912 Phenobarbital
1938 Phenytoin
1951 Ethosuximid
1963 Valproinsäure
1963 Carbamazepin
1991 Vigabatrin
1993 Lamotrigin
1996 Felbamat
1996 Gabapentin
1997 Tiagabin
1998 Topiramat
2001 Levetiracetam
2004 Pregabalin
2006 Zonisamid
2007 Rufinamid
2008 Lacosamid
2008 Stiripentol
2012 Perampanel
Entwicklung der medikamentösen Epilepsietherapie
Nebenwirkungen alter und neuer Antiepileptika
Brom
Barbiturate
Phenytoin
Carbamazepin
Valproat
Ethosuximid
Vigabatrin
Lamotrigin
Felbamat
Gabapentin
Tiagabin
Oxcarbazepin
Topiramat
Levetiracetam
Pregabalin
Zonisamid
Rufinamid
Toxizität Sed./Kogn. Verhalten Hautver. Gastroint. Gewicht Enzymind.
+ + +
+ + +
+ + + +
+ + + +
+ +
+ +
+ +
+
+
++
+ -
+
+ -+
++
18 / 6
14 / 11
Einsatz der neuen Antiepileptika
• Vigabatrin: BNS-Epilepsie, kortikale Dysplasien
• Lamotrigin: breites Spektrum, wenig Nebenwirkungen, lange Aufdosierung
• Topiramat: fiebergetriggerte Anfälle, keine Toxizität, niedrig dosiert kaum NW
• Levetiracetam: Grand mal, Myoklonusepilepsien, keine Interaktion
• Zonisamid: Absencen, fokale Anfälle
• Rufinamid: Sturzanfälle bei Lennox-Gastaut-Syndrom
• Wesentliche Bereicherung der Epilepsietherapie
• Lücken in Zulassung
• Höhere Therapiekosten
• Alte Antiepileptika trotz höherer NW oft unverzichtbar (Valproat)
• Trotz mehrfacher Mißerfolge Anfallsfreiheit möglich
Dauer einer medikamentösen Langzeittherapie
- Dauer 3 Jahre, bei Neugeborenenanfällen kurze Therapiedauer
(abhängig von Anfällen und EEG-Befunden)
- Absetzen über 1 Jahr
- wenn initial sehr schlecht beherrschbar Therapie 5 Jahre
Medikamentöse Epilepsietherapie im Idealfall
Anfallfreiheit für 3 Jahre
Diagnose Epilepsie anfallsfrei
Medikamentöse Langzeittherapie
Zunächst immer Monotherapie.
Für jeden Anfallstyp mehrere Präparate verfügbar, Präferenz resultiert
aus Verhältnis Wirkung / Nebenwirkung / Gefährlichkeit.
1. Med. ca. 70% Erfolg, Wechsel wenn ausdosiert (Blutspiegel, NW) und
nicht ausreichend wirksam oder Unverträglichkeit (Symptome,
Laborwerte).
Kombinationstherapie nur wenn mit Monotherapie kein Erfolg.
Kontrollen von EEG und Laborwerten anfangs enger (je nach Med. 0,5
bis 4 Wochen) dann alle 4-6 Mo. Ca. 70% aller Kinder mit Epilepsie
werden dauerhaft anfallsfrei auch nach Absetzen der Medikamente.
Fieberkrämpfe: nur in Ausnahmen Dauertherapie. Prophylaxe mit
Antipyretika, Benzodiazepinen. Coupierung mit DZP rektal oder
Midazolam buccal.
Medikamentöse Langzeittherapie
Wichtige „alte“ Antiepileptika
Oxcarbazepin: 1. Wahl bei fokalen Anfällen, Probleme Exanthem,
Sedierung, Interaktion.
Valproinsäure: 1. Wahl primär gen. Anfälle, auch fokal gut wirksam.
Probleme Lebertoxizität (v.a.< 2J) und Teratogenität.
Phenobarbital: nur noch bei Säuglingen und zur Notfallbehandlung.
Probleme Sedierung, Kognition, Verhalten, Enzyminduktion.
Ethosuximid: gut wirksam bei Absencen und astatischen Anfällen
Medikamentöse Langzeittherapie
Wichtige „neue“ Antiepileptika
Lamotrigin (beste Kognition, Alternative zu VPA)
Levetiracetam (keine Interaktion, gute Kognition)
Lacosamid (gute Kognition)
Topiramat (fiebergetriggerte Anfälle, Migräneprophylaxe)
Na
ClK
Ca
Na
Cl
Ca
PB, PHT, CBZ, VPA, LTG, LCM
VPA, BZD, BR
ESM, ZNS, TPM, LTG
Wirkungsmechanismus wichtiger Antiepileptika
K
0
-90mV
Na
Cl
Na-Kanäle GABA Glut-Rez. Carboanh. Ca-Kanäle SV2A
Benzodiaz. + +
CBZ/OXC +
ESM T-Typ
FBM NMDA
GPT +
LEV +
LTG + L-Typ
PB + + nNMDA
PHT +
ST +
TIA +
TPM + + nNMDA + L-Typ
VIG +
VPA + + T-Typ
ZNS + + +
RFM +
LCM +
Wirkungsweise der Antiepileptika
"Problematische" Antiepileptika
Valproinsäure: toxische Leberschädigung 1:50000,
Säuglinge bis 1:500, hohe Teratogenität
Felbamat: aplastische Anämie 1:4000, Letalität 30%,
toxische Leberschädigung 1:30000
Phenytoin: Kleinhirnschädigung bei zu hoher Dosierung,
nichtlineare Kinetik
Fokus im EEG
Fokus im MRT
OP Med.
EEG generalisiert
MRT oB oder multifokal
Fokus eloquentes ArealFokus nichteloquentes Areal
Fokus SPECT / PET
Therapierefraktäre Epilepsie
kein Fokus SPECT / PET
Operative Epilepsietherapie - pro und kontra
Epilepsie-Chirurgie
Läsionektomie bei Therapieresistenz und fokaler Entstehung in
nicht-eloquentem Areal. Leitungsunterbrechend Kallosotomie,
subpiale Transsektionen. N. Vagus-Stimulation.
Vagusnervstimulation
Vagusnervstimulation
N. Vagus - Stimulation
• wenn läsionelle Epilepsiechirurgie nicht
möglich
• in ca. 50% der Patienten Reduktion der
Anfallsfrequenz um mehr als 50%
• kein intrakranieller Eingriff erforderlich
• keine invasive Vordiagnostik
• Batterielebensdauer ca. 6-11 Jahre
• Kosten für Implantat ca. 10000 EUR
VNS - Implantation
Postoperatives Management:
Stimulator postoperativ inaktiv geschaltet
Analgesie, evtl. lokale Anästhesie intraoperativ
(temporär Heiserkeit möglich)
Aufenthaltsdauer patienten- und situationsabhängig ca. 5 Tage
Stimulationsbeginn individuell und abhängig von Nebenwirkungen
(2tägig bis 2wöchentlich)
VNS - Implantation
Programmierung:
VNS - Implantation
Einstellungen:
Reizstromstärke 0,25 mA
Signalfrequenz 30 Hz
Impulsdauer 500 µs
Reizdauer 30 s
Pausenzeit 5 min
Steigerung der Reizstromstärke bis auf 2 mA möglich
VNS - Implantation
Einstellungen für „rapid cycle“:
Reizstromstärke 0,75 mA
Signalfrequenz 20 Hz
Impulsdauer 250 µs
Reizdauer 7 s
Pausenzeit 30 s
vor rapid cycle: 30s on, 3min off
(evtl. f = 20 statt 30/s wenn sonst nicht toleriert)
VNS - Implantation
Einstellungen für Magnetbenutzung:
Reizstromstärke 0,25 mA höher als Dauereinstellung
Reizdauer 30 – 60 s
VNS - Implantation
Einsatzmöglichkeiten des Magneten:
Bei Anfällen mit Aura Vermeidung eines Anfalls
Unterbrechung bzw. Verkürzung von Anfall oder Anfallsserie
(evtl. Benutzung durch Begleitperson)
Bei Platzierung über dem Stimulator temporäres
Ausschalten möglich
VNS - Implantation
Patientenkit:
Informationsbroschüren (Epilepsie, Depression)
Magnet mit Gürtelclip
Magnet mit Armband
Notfallkarte
(Patientendaten, Arzt, Cyberonics)
Graphic taken from the patient’s manual.
VNS - Implantation
Cave!
cMRT: Gefahr insbesondere durch Erhitzen der
spiralförmigen Reizelektroden > Schädigung des N. Vagus!
> MRT möglich mit besonderer Spulenanordnung
VNS - Implantation
Röntgen - Thorax
Nebenwirkungen der VNS im Kindesalter
36
64
13
42
10
4
00
5
10
15
20
25
30
35
40P
roze
nt
der
Pati
ente
n%
Heiserkeit Husten Parästhesie
nach 3 Monaten
nach 12 Monaten
Nach 18 Monaten
AG Neuropaed VNS
AU – CH - D
0
10
20
30
40
50
60
70
Pro
zen
t %
besser Keine
Veränderung
schlechter Keine Angaben
nach 3 Mon (N=100)
nach 6 Mon (N=84)
nach 12 Mon (N=62)
nach 18 Mon (N=31)
nach 24 Mon (N=17)
Vigilanz-Veränderungen
im Verlauf der VNS-Therapie
AG Neuropaed VNS
AU – CH - D
VNS im Kindes-und Jugendalter
Ergebnisse der Anfallsverbesserung
33
39
49
35
55
0
10
20
30
40
50
60
Anfallsreduktion 50% und mehr
3 Mon (38/115)
6 Mon (37/95)
12 Mon (37/76)
18 Mon (15/43)
24 Mon (18/33)
AG Neuropaed VNS
AU – CH - D
Epilepsie - Betreuung
Epilepsie - Betreuung
• Ambulante Vorstellungen in einer Neuropädiatrischen Sprechstunde
i.d.R. aller 6 Monate
BE abhängig vom Medikament in zunehmenden Abständen
(Talspiegel z.B. für VPA, ESX, OXC)
EEG-Kontrollen teilweise vor Ort bei weiter Anreise falls möglich
Testpsychologische Verlaufsuntersuchungen
(z.B. bei Rolando-Epilepsien vorrangiges Therapiekriterium)
Beratung zu KiTa, Schule, Sport, Führerschein, Beruf
• Langzeit-/Schlafableitungen auf der Kinderneurologischen Station
in großen Abständen z.B. bei Rolando, insbesondere bei ESES
• Medikamentenumstellungen, i.d.R. stationär
insbesondere bei kleinen Kindern, neuen Epilepsien mit noch
unbekannter Dynamik, unklarer Ätiologie, Reservemedikation, off label use
• Beendigung der antikonvulsiven Therapie
ambulant ausschleichend über Wochen bis Monate zu Hause
nach Absetzen sowie nach 1 Jahr EEG-Kontrollen
Literatur
(1) Aksu F: Neuropädiatrie; UNI-MED Verlag, 2011
(2) AWMF: Leitlinien Neuropädiatrie + Neurologie; http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF
(3) Besser R, Gross-Selbeck G: Epilepsiesyndrome - Therapiestrategien; Thieme, 2003
(4) Heinen F et al.: Neuropharmakotherapie und klin. Systematik; Kohlhammer 2012
(5) Korinthenberg R, Panteliadis CP, Hagel C: Neuropädiatrie; Urban & Fischer, 2009
(6) Schmidt D, Elger CE: Praktische Epilepsiebehandlung; Thieme 2005
(7) Siemes H, Bourgeois BFD: Anfälle u. Epilepsien bei Kindern und Jugendlichen; Thieme 2001
(8) Trinka E: Klinik + Therapie des konvulsiven Status epilept.; Klin Neurophys 2012; 43 144-150