Fatigue nach demyelinisierenden Neuropathien wie GBS und CIDP · Fatigue nach demyelinisierenden...

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Stefan Hägele-Link

Neurologische Klinik

Kantonsspital St. Gallen

Fatigue nach demyelinisierenden

Neuropathien wie GBS und CIDP

Neurologie

Zentralnervensystem

Gehirn und RückenmarkPeripheres Nerven-

system und

Muskulatur

Definition Polyneuropathie

Generalisierte Erkrankung des

peripheren Nervensystems (PNS)

PNS:

Motorische, sensible, autonome

Nerven mit Ihren Schwannzellen,

ganglionären Satellitenzellen, Peri- und

Epineurium, Blut- und Lymphgefässe

Dyck, Mendell, Neundörfer

Aus Mumenthaler, Thieme, 2003

Aus: Neundörfer, Thieme 2007

Neurophysiologische

Diagnostik (I)

Ruhepotentialumkehr:

Physiologisch (Synapse etc)

Experimentell (Neurographie)

Pathologisch

(Hofmann-Tinel)

Erregungsleitung

Neurophysiologische

Diagnostik (II)

Einteilung der NervenfasernFaser-

typ

Funktion Durchmesser

(μm)

Leitgeschwin-

digkeit (m/s)

Aα Muskelspindel- und

Sehnenorganafferenzen,

Skelettmuskel-efferenz

15 70-120

Aβ Hautafferenzen (Tastsinn) 8 30-70

Aγ Muskelspindel-efferenz 5 15-30

Aδ Hautafferenz (Kältesinn und

„schneller Schmerz“) präganglionäre

sympathische und

parasympathische cholinerge

Funktion

3 12-30

B Sympathisch präganglionär 3 3-15

C Hautafferenz ( warme und

nozizeptive Stimuli „langsamer

Schmerz“)

Postganglionäre autonome Funktion

1 0.5-2

Benninghaus, Silbernagel Despopoulos

Neurophysiologische

Diagnostik (III)

Neurophysiologische

Diagnostik (IV)

Axonale Schädigung:

Amplitude MSAP/SNAP

EMG: Zeichen einer akuten, subakuten oder

chronischen axonalen Läsion

Demyelinisierende Schädigung:

Distal Latenz verlängert

NLG vermindert

F-Wellen verzögert

Beschwerden

Sensible Reiz- und Ausfallserscheinungen (Kribbeln, Ameisenlaufen, Wärme- und Kälteparästhesien,

Stechen, Elektrisieren, Pelzigkeits- und Taubheitsgefühl,

Gefühl des Eingeschnürtseins, Schwellungsgefühle,

unangenehmer Druck, wie auf Watte gehen, Gangunsicherheit

insbesondere bei Dunkelheit, Temperaturempfinden,

schmerzlose Wunden)

Motorische Reiz- und Ausfallserscheinungen (Muskelzucken, -krämpfe, -schwäche, -atrophie)

Autonome Ausfallserscheinungen (Parasympathisch, sympathisch noradrenerg, sympathisch

cholinerg)

Anamnese I

Eigenanamnese: Grunderkrankung?

(Diabetes, Nierenerkrankung, Kollagenose,

maligne Erkrankung, Operationen,

Medikamente, Drogen, Toxine, Alkohol)

Systemanamnese: Autonome Strg.?

(Synkopen, Schwitzen, Blasen-

Mastdarmstörungen, erektile Dysfunktion,

Gelenkschmerzen, Hautveränderungen)

Familienanamnese

Anamnese II

Sportliche Fähigkeit als Kind? Probleme

beim Schuhkauf? (hereditäre PNP?)

Häufiges Stolpern (distale Schwäche?)

Schwierigkeiten beim Aufstehen (Sessel,

Hocke, Treppe, proximale Schwäche?)

Verlauf, Dauer

< 4 Wochen:

akut (z.B. Guillain-Barré-Syndrom)

4-8 Wochen:

subakut (z.B. chronisch inflammatorische

demyelinisierende PNP)

> 8 Wochen:

chronisch (z.B. hereditäre motorische und

sensible PNP)

Neurologischer Befund

Reflexe: Abgeschwächt, ausgefallen

Motorisch: Schlaffe, atrophe Paresen

Sensibilitätsstörungen: Socken-, strumpf-,

handschuhförmig, Pallhyp-, Graphhyp-

Thermhypästhesie, Hypalgesie, Lagesinn

Beteiligung der Hirnnerven:

VII (GBS, CIDP, Sarkoidose, Borreliose)

IX und X (GBS, Diphtherie)

Augenmuskelnerven

(Diabetes, Miller Fisher)

Finometer (Finapress®)

Finometer: Hämodynamisches Beat-to-beat Monitoring

Differentialdiagnose der PNP

Neuropathie assoziiert mit einer

internistischen Erkrankung

Immunvermittelte und infektiöse

Neuropathie

Toxische Neuropathie

Neuropathie durch Mangelerkrankung

Hereditäre Neuropathie

Mechanische Nervenschäden

Häufigkeitsverteilung der Ursachen

bei 1195 Patienten mit PNP (in %)

Nach Engelhardt 1994

Guillain-Barré Syndrom

Akute, monophasische, periphere Neuropathie

Erhöhte Mortalität und Morbidität

Akute, demyelinisierende Polyradikuloneuropathie

(USA, Europa 90-95%)

Akute motorische axonale bzw. sensorische

Neuropathie (30-40% China, Japan, Südamerika)

Miller Fisher Syndrom:

Ophtalmoplegie, Areflexie, Ataxie

0,4-4,0 neue Fälle/100000

Vorausgehende Infektion in 60% der Fälle, häufig

Campylobacter jejuni

Guillain-Barré Syndrom

Eine Autoimmunerkrankung

Lehmann et al

Lancet Infect Dis 2010

Guillain-Barre syndrome after exposure to

influenza virus

Lehmann et. al., Lancet Infect. Dis 2010

Übersichtsarbeit GBS nach Infektion oder Impfung

mit Influenza Viren

1976: US national Immunisation programmeagainst

swine-origin influenza: Gestoppt wegen GBS Fällen

Sonst in epidemiologischen Studien kein Hinweis

auf GBS nach Impfung bzw. mit extrem niederen

Häufigkeiten (<1/1 Mio geimpften)

Aber: Infektion mit Influenza Viren als relevanter

„Trigger“ für GBS

Achtung: Evtl. GBS abhängig vom Sutyp des Virus

Therapie GBS

Intravenöse Immunglobuline (IVIG) und

Plasmapherese sind in der Behandlung des akuten

GBS gleichwertig und besser als Plazebo

Beide kombiniert sind nicht besser als jedes allein.

Kortikosteroide haben beim GBS keinen Effekt

Kardiales Monitoring, Kontrollen der Vitalkapazität

und die Möglichkeiten der intensivmedizinischen

Behandlung sind erforderlich, um potenziell fatale

Komplikationen zu verhindern

Chronisch-inflamatorisch demyelinisierende

Polyneuropathie (CIDP)

Ätiologie und Immunologie ungeklärt

Ebenfalls eine Autoimmunerkrankung

Demyelinisierung durch zelluläre und

humorale Immunantwort

Axonverlust als Folge der

Demyelinisierung?

Häufigkeit: 1/100000 (?)

Männer >Frauen

Ältere Menschen>als jüngere Menschen

Chronisch-inflamatorisch demyelinisierende

Polyneuropathie (CIDP)

Symetrisch, motorisch betonte,

Polyradikuloneuropathie

Distale und/oder proximale Muskelschwäche

Verminderte oder fehlende Reflexe

Parästhesien und sensible Defizite

Monophasisch oder chronisch

fortschreitend (80%)

Schubweise remitierend (15-20%)

Problem: Häufig atypische Verläufe

CIDP mit Begleiterkrankungen

Diagnose CIDP

DD bei jedem Patient mit >2 Monate

progredient oder schubweisem Verlauf,

symetrischer odr asymetrischer PNP

Elektrophysiologische Kriterien

90% zeigen ein erhöhtes Liquoreiweis

MRI: KM Anreicherunganreicherung

Nervenbiopsie mit Demyelnisierungszeichen

Besserung durch Immunotherapie

Abgrenzung vom GBS

Therapie CIDP

Akut:

IVIG, Kortikosteroide und Plasmapherese

MADSAM: IVIG >Kortikosteroide

Eperimentell: Andere Immunsupressiva

Langzeitbehandlung:

Kortikoide (Nebenwirkungen?)

IVIG (ICE-Studie 2008)

Merkies et al Neurology 1999

Merkies et al Neurology 1999

Fatigue z.B. bei MS

75% der MS Patienten

Parkinson und Rheumatoide Arthritis

Gesunde: 20%Männer, 25% Frauen geben an

„anhaltend erschöpft“ zu sein

Fatigue persistiert auch nach adäquatem

Schlaf oder Erholungsphasen

Nimmt am Nachmittag zu

Bei MS: In allen Stadien der Erkrankung,

keine Korrelation mit Alter, Geschlecht,

Krankheitsdauer, Behinderung, MRI

Fatigue in immune mediated

Polyneuropathies

Merkies et al Neurology 1999

Gutes Outcome bei GBS und CIDP in ¾ der Fälle

bezüglich der körperlichen Funktion

Dennoch im Verlauf eingeschränkt

Fatigue wird als häufigstes Problem geschildert

113 Patienten mit GBS, CIDP oder PNP bei MGUS

gegen 113 Kontrollpatienten

Alle Patienten: 80% schwere Fatigue ohne

Beziehung zu Kraft, Sensibilität, Dauer, Fatigue als

Hauptproblem

Patienten mit normaler Kraft und Sensibilität: >80%

berichten Fatigue

80 Patienten mit GBS

FSS im Mittel >5 Punkte

Doppleblind, Placebokontrolliert, Crossover

Keine signifikante Verbesserung der Fatigue

20 Patienten mit schwerer Fatigue

(16 Patienten mit guter Erholung nach GBS, 4 Patienten mit stabiler

CIDP)

FSS, Depressions- und Ängstlichkeitsscalen

12 Wochen Fahrradtraining, unter Kontrolle,

3x/Woche

20% Reduktion der Fatigue

Verbesserung von Lebensqualität und

Funktionalität

Depression und Ängstlichkeit verbessert

Neurology 2004

Prospektive Kohortenstudie

156 Patienten mit GBS, davon 18 mit Miller

Fishersyndrom

36%: Schmerzen 2 Wochen vor der Schwäche

66%: Schmerzen in der akuten Phase

38%: Schmerzen noch nach 1 Jahr

Korrelation Schmerz und körperliche Behinderung

nur in forgeschrittenen Stadien

Schluss: Schmerz ist ein häufiges und

beeinträchtigendes Symptom bei GBS

Neurology Oktober 2010