Fremdsprachenlernen im Tandem. 1.Was bedeutet „lernen im Tandem“?

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Fremdsprachenlernen im

Tandem

1. Was bedeutet „lernen im Tandem“?

1.1. Der Begriff „Tandem“- Form des offenen Lernens.

- Kommunikation zwischen zwei unterschiedlichen Muttersprachlern.

- Ziel : beide Partner lernen gemeinsam voneinander.

- Die Kommunikations-Fähigkeit in der erlernten Zielsprache steht im Vordergrund.

1.2. Geschichte • 60er Jahre : Sprachprogramme für deutsch-

französische Beziehungen. Diese würden zusammen mit dem „Deutsch-Französischen Jugendwerk“ durchgeführt (DFJW).

• Im Jahr 1970 Gründung der „Arbeitsgruppe Angewandte Linguistik Französisch. (AALF) Kennzeichnend für Tandemarbeit war die Stützung auf vorkonzipierte Materialen, vor allem Dialoge sowie Treffen am Vormittag und Freizeitaktivitäten am Nachmittag.

• Im Jahr 1973 wurde mit Hilfe der Münchener Volkshochschule und des Anatolischen Solidaritätsvereins ein deutsch-türkischer Tandemkurs organisiert, bei dem türkische Migranten und deutsche Sozialarbeiter die Sprache des anderen lernten.

• 1979 entwickelte Jürgen Wolff die erste Tandempartner-Einzelvermittlung für Spanisch-Deutsch. Drei Jahre später entstand in Madrid ein Tandemkursprogramm. Vorgesehen war die Anwesenheit eines Lehrers im Unterricht sowie ein freies Tandem.

• In den 80 –er Jahren wurden Tandemkurse zwischen Universitäten Bochum und Oviedo (deutsch-spanisch) oder Mainz und Dijon, Berlin, Saint-Etienne.. (deutsch-französisch) angeboten.

• Zwischen 1992 und 1996 gründete das Seminar für Sprachlehrforschung an der Universität Bochum das International Tandem Network. Dieses Projekt wird von 12 Ländern unterstützt.

2. Die Prinzipien des Lernens im Tandem

2.1. Lernautonomieprinzip • Selbstgesteuertes Lernen

• Jeder Partner bestimmt was, wie, wann und wie viel er lernt, und in welchem Maß er die Hilfe seines Partners in Anspruch nimmt.

2.2.Gegenseitigkeitsprinzip • Die zeitliche Komponente :

die Hälfte der Zeit ist für eine Sprache bestimmt, die andere Hälfte, für die andere Sprache.

• Das Engagement füreinander und der eigene Nutzen : Jeder Partner muss bereit sein, seinen Partner zu unterstützen. Jeder sollte für sich selbst entscheiden, welche Fertigkeiten er verbessern möchte, (Autonomieprinzip) und wie er am besten seine Ziele erreicht.

• Gegenseitige Hilfe : Dabei muss aber beachtet werden, dass der Tandempartner kein Lehrer ist. Vom Muttersprachler sollte nicht erwartet und nicht verlangt werden, dass er die Grammatikregeln für seine Muttersprache gibt sowie Lernziele festlegt.

• Bewältigung der Hemmungen : Beide Partner stehen sich als Lernende gegenüber und haben die gleiche Ausgangssituation. Mehr Vertrauen.

3. Formen des Lernens im Tandem

• Das kursintegrierte Tandem : - Die Tandemarbeit ist Bestandteil eines Sprachkurses - Die Ziele sind durch die Kursziele vorgegeben.

• Das kursbegleitende Tandem: - Es wird ergänzend zu einem Sprachkurs angeboten. - Die Ziele sind nicht kursabhängig.

• Das freie Tandem: - Es wird durch Tandem-Anzeigen gegründet. - Es ist relativ frei in der Verfolgung der Ziele.

Regeln zu beachtenNach Helmut Brammets:

• Lernen mit und von seinem Partner • Lernen aus dem Modell des Partners• Lernen durch Korrekturen des Partners• Lernen durch Formulierungs- und

Verhaltenshilfen des Partners• Lernen aus der Lernkooperation mit dem Partner

3.1. Präsenztandem (Face-to-face-Tandem)

• Beide Partner sind gleichzeitig am selben Ort anwesend und kommunizieren miteinander.

• Aufgabentypen : – Sich kennenlernen– Interkultureller Austausch– Diskutieren/Meinung äußern– Kreativitätsübungen

• Alle Übungen sollen alltagsbezogen sein und nach Schwierigkeitsgrad aufgebaut werden Themen müssen authentisch, interessant, motivierend, vielfältig sein und Neugier wecken.

Rolle des Lehrers:• Er plant und steuert den Kurs• Entscheidet über

– Themen für verschiedene Lerngruppen– Lernziele– Lernmaterial– Aufgabenstellung– Sprachenwahl– Zeitvorgabe

• Steht als Berater zur Verfügung

3.2. E-Tandem (Medial vermitteltes Tandem)

• Wenn zwei Partner miteinander auf Distanz über ein elektronisches Medium kommunizieren.

• Entwicklung neuer Kommunikationstechnologien:Whiteboards, Instant Messenger-Programme, Videokonferenzen, Telefonieren mit Skype

• Wandel von Schriftlichkeit zu Mündlichkeit.

• Dabei ist die Hilfe des Internets wesentlich. Die Partner können sich gegenseitig ihre Seminararbeiten, Handouts und sonstige Schreibaufgaben per mail schicken und korrigieren. Es ist von großem Vorteil verschiedene Medien zu kombinieren damit man schriftliche und mündliche Kompetenzen verbessern kann.

• Hier entfällt die Rolle des Lehrers.

4. Die Möglichkeiten der Realisierung

Beispiel • Projekt “Deutsch-französische ABC-Bücher”

• Ecole l’ Auditoire in Chartres de Bretagne (Bretagne) in Frankreich, internationale Grundschule Pierre Trudeau in Barleben (Sachsen-Anhalt) in Deutschland

• Die Kinder haben in kleinen deutsch-französischen Gruppen ein deutsch-französisches ABC-Buch erarbeitet, das sie sich dann gegenseitig vorgestellt haben und als Erinnerung an den Austausch behalten haben.

• In der ersten Phase haben sich die Kinder gegenseitig Briefe oder Mails geschrieben. Außerdem hat es 6 Treffen in Videokonferenzen gegeben, so dass die Schüler sich auch individuell vor der eigenen Klassenfahrt kennen lernen konnten. Sie haben nicht nur die Zielsprache erlernt, sondern haben auch das bessere Ausdrücken in der Muttersprache durch Erklären und Erzählen geübt.

• Vor Ort haben sie gemeinsam ein deutsch-französisches ABC-Buch erarbeitet. Die Wörter zum jeweiligen Buchstaben sollten auf französisch, deutsch und fradeutsch (Mischung aus den beiden Wörtern) im Buch (Wort und Bild) erscheinen. Die Titelbuchstaben von jeder Seite sind in jedem Buch gleich. Es sind Photos von den Kindern, die mit ihrem Körper die Buchstaben gebildet haben (Akrogymnastik).

• Die letzte Phase hat darin bestanden, das Projekt einzuschätzen. Die Schüler haben dargestellt, was sie gelernt haben, verstanden und empfunden.

Allgemeine Lernzielen• Sprachliche Kompetenzen

(auf deutsch und französisch): - Erlernen von verbalen und nonverbalen

Sprachmitteln zur Kommunikation - Erleben von Möglichkeit, selbst als

„Sprachmittler“ oder „Lehrer“ tätig zu werden - Motivation mit einem Gleichaltrigen zu

kommunizieren, was auch eine positive Auswirkung nach der Klassenfahrt auf die Einstellung zum Fremdsprachenunterricht hat

• Literatur : ABC-Bücher schreiben, Tagebuch führen, neue Kinderbücher kennen lernen

• Interkulturell: - Wahrnehmung von kulturellen

Unterschieden - Erweiterung der Toleranzfähigkeiten der

Kinder - Erlernen von Möglichkeiten des

Umgangs mit diesen Unterschieden (Integration der Partnerklasse, deutlich reden, Hilfe beim Verständnis)

Weitere Aktivitäten

• Vorstellung der Schüler – Wer ist wer ? Du bist …. – Wo sitzt du? (Videokonferenz)

• Was machen die Kinder am Mittwoch ? (mail)• Vorstellung seiner Familie in Form eines

Kinderbuches (Post)• Weihnachtspostkarte / Weihnachtsgeschenk • Weihnachtsfeier (Film)

Quellen• http://www.slf.ruhr-uni-bochum.de/• http://www.tandemcity.info/general/de_geschichte.htm• http://www.tele-tandem.net/de/praxis/projektbeispiele/• Brammerts, Helmut / Little, Davir (Hrsg.): Leitfaden für das

Sprachlernen im Tandem über das Internet. Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer. Bochum, 1996.

• Schmelter, Lars: Selbstgesteuertes und potenziell expansives Fremdsprachenlernen im Tandem. Tübingen, Narr, 2004.

• Holstein, Silke, Oomen-Welke, Ingelore: Sprachen-Tandem für Paare, Kurse, Schulklassen. Freiburg im Breisgau, Fillibach, 2006.

• Tassinari, Maria Giovanna: Autonomes Fremdsprachenlernen Komponenten, Kompetenzen, Strategien. Frankfurt am Main [u.a.], Lang, 2010.