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Dialektgraphien in Mundart-Ausgaben
von Asterix-Comics:
35. DGfS-Jahrestagung
AG Modellierung nichtstandardisierter Schriftlichkeit
Potsdam, 12. bis 15. Mrz 2013
Klaus Geyer, klge@sdu.dk
Systematische, kreative und
Mndlichkeitsaspekte in Interaktion
Struktur des Vortrags
1. Asterix-Comics, Mundart-Ausgaben und
Dialektbersetzung
2. Dialektgraphien und die Verschriftlichung
schriftloser Sprachen
3. Vertrautheit vs. Alteritt in Dialektgraphien
4. Kreativitt
5. Mndlichkeit
6. Zusammenfassung
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Asterix-Comics
34 Alben seit 1959, Text Ren Goscinny (bis 1977), Zeichnungen Albert Uderzo (seit 1977 auch Text)
Auflage 325 Mio. Exemplare inkl. bersetzungen in > 100 Sprachen (www.comedix.de)
geschtzt v. a. wegen hintersinnigem Humor (Gtze 2008)
Comic-Genre Funnies (Schwarz 2004)
vielfach und intensiv untersucht
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Mundart-Ausgaben von Asterix
zuerst Schwbisch 1995 Dr groe Graba (dt. Der groe Graben)
z. T. unterschiedliche bersetzer fr denselben Dialekt unterschiedliche Verschriftungsstrategien
standarddeutsche Ausgaben als Ausgangstext (vgl. z. B. die Namen der Figuren)
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Mundart-Ausgaben von Asterix
mittlerweile ca. 70 Alben in 30 Dialekten (nicht im traditionell dialektologischen Sinn) erschienen
gesamte Auflage ca. 2 Mio.
Alemannisch Badisch Berndtsch Berlinerisch Boarisch (Bairisch) Dsseldorferisch Elsssisch Frnggisch (Ostfrnkisch) Hamburgisch
Hessisch Hunsrcker Platt Krntnerisch Klsch Luxemburgisch
Mainzerisch Meefrnggisch (Mainfrnkisch) Moselfrnkisch
Mnchnerisch Ostfriesisch Plzisch (Pflzisch) Platt Ruhrdeutsch
Saarlndisch Schsisch Schwbisch Schwyzerdtsch Steirisch
Sdtirolerisch Tirolerisch Thringisch Twents Weanerisch
(Wienerisch) Westflisch
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verwendete Mundart-Ausgaben
Bairisch: Auf gehts zu de Gotn! 1. Band auf Bairisch, 1997. bersetzung Hans Well (dt.: Asterix und die Goten)
Bairisch: Asterix drendd im Oriendd. 2. Band auf Bairisch, 1998. bersetzung Wolfgang Fuchs und Sebastian
Schuhbeck (dt.: Asterix im Morgenland)
Niederdeutsch: Asterix un de Wikingers. 2. Band auf Plattdeutsch, 1997. bersetzung Hartmut Cyriacks,
Reinhard Goltz und Peter Nissen (dt.: Asterix und die
Normannen)
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Dialektbersetzung
interlingual: notorisch schwierig (Czennia 2004)
intralingual (?): v. a. bei audiovisueller Translation (Untertitelung von Dialekt-Sequenzen)
in der Regel bersetzung Dialekt Standard
Richtung Standard Dialekt ungewhnlich
komisches Potenzial von Dialekt in knstlerischer Produktion (Schrder / Stellmacher 1989)
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Dialektgraphie und Verschriftung
schriftloser Sprachen
Bei jeder Verschriftlichung einer bisher ungeschriebenen Sprache stellen sich ganz spezifische
Probleme, die auch die Mundartliteratur zu lsen
hat (Haas 1983: 1642)
vgl. Seifart 2006: Dokumentation bedrohter Sprachen, praktische Orthographie = graphematisches
System
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Dimensionen der Verschriftung
schriftloser Sprachen
2 Dimensionen (Seifart 2006):
Tiefe der Graphie (tief vs. flach)
Verwendung von Konventionen der Graphie der dominanten Sprache
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Dimensionen der Verschriftung
schriftloser Sprachen
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Parameter Advantages Disadvantages
shallow orthography
(close to pronunciation)
easier to learn for beginning readers
/writers
easier to learn for non-(fluent)
speakers
may blur graphic identity of
morphemes
more difficult to encompass
various dialects in one written
form
deep orthography
(preserves graphic identity of
meaningful elements)
easier for reading in general
easier to handle for fluent readers
easier to encompass various
dialects
harder to learn for beginners
harder to learn for non-(fluent)
speakers
using conventions of the
orthography of the dominant
language
easier to learn for speakers that are
literate in dominant language
facilitates subsequent literacy in
dominant language
may have to live with
inconsistencies in the orthography
of dominant language
potentially less emblematic
using conventions different
from those of the orthography
of the dominant language
highly emblematic potential problems with technical
text (re)production
Rahmenbedingungen Dialektgraphie
in Standardvariett literate LeserInnen
keine politische Implikation; akzeptierte berdachung
Funktion knstlerischer Dialektgraphie: heitere Unterhaltung
Orientierung an der zustndige[n] Standardsprache (Haas 1983: 1642)
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Vertrautheit Alteritt von Dialektgraphien
Maas (1989: 341): 5 Kriterien
das materielle Inventar: die verwendeten Buchstaben bzw. Typen (1)
die grammatischen bzw. Textgliederungsstrukturen: Markierung der Wortgrenzen (2), Majuskelschreibung
(3), Apostroph zur Markierung des idealen
Wortbildes (4)
phonographische Zuordnung im Bereich der Vokalquantitten bzw. des Silbenschnitts (Dehnungs-
und Schrfungsschreibungen) (5)
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Exkurs: Mehrstimmigkeit
Bsp. Auf gehts zu de Gotn!
Gallier: Bairisch
Druidenfreund von Miraculix: Ostfrnkisch
Rmer: Standarddeutsch
Goten: Standarddeutsch, aber Schrifttype Frrraktur
Erzhlstimme: Bairisch
Geruschonomatopien im Bild: Standarddeutsch
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Kriterium 1: Zeicheninventar
keine ber die Standardgraphie hinausgehenden Grundzeichen, aber zustzliche Diakritika bei (bair.); (nddt.; nur fr Wikinger!)
flachere Graphien als Standarddt., ausbuchstabiert, z.B. bair. l-Vokalisierung durch : iso / oiso also, hoit di zruck halt dich zurck, fr // vor stl. Plosiv: Schdiggl Stckchen (bair.)
Digraphen fr Diphthonge: (bair.): boarisch bairisch
saliente Dialektmerkmale
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Kriterium 2: Wortgrenzen
Klitisierungen
bair. Enklise mit oder ohne Apostroph ()i ich, ()s (es) und ()n ihn und die Partikel ()n denn
auch mehrfach: bringtsn bringt (ihr) ihn )bair.)
bair. Proklise von def. Artikel (wenn, dann stets mit Apostroph) dWuidsei die Wildsue
nddt. nur selten Klitika, ton zum, vunt von dat < von dem, bit bei dat < bei dem
Einbuchstabenwrter bair. i ich, ein, an, nddt. n ein
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Kriterium 3: Majuskelschreibung
Das Kriterium der Majuskel-schreibung ist fr die Asterix-Comics wenig aussagekrftig auf Grund der verwendeten Schrifttype.
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Kriterium 3: Majuskelschreibung
Das Kriterium der Majuskel-schreibung ist fr die Asterix-Comics wenig aussagekrftig auf Grund der verwendeten Schrifttype.
Aber: in den Glossaren wie Standarddt.
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Kriterium 4: Apostroph
Kennzeichen ellipographischer Schreibung (ideales Wortbild)
meist in Verbindung mit Klitika verwendet
seltener bei Synkopierungen: eigruckt eingerckt (bair.)
bleiben meist unmarkiert: zruck zurck (bair.)
anscheinend unmotivierte Verwendungen ois alles (bair.)
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Kriterium 5: Vokallnge, Silbenschnitt
in der Standardgraphie nicht vorgesehene Doppelschreibungen fr Langvokale , ,
(nddt.) und auffllig hufiges , ,
(nddt.)
Schreibung nicht-aspirierter stl. Plosive , , (bair.) nicht nur im Silbengelenk, Schdiggl
Stckchen (bair.)
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Kreativitt
lautadquate sprachspielerisch-verfremdend verwendete Grapheme /ks/ hxde hchste
(bair.), /ts/ wennz wenns < wenn es (bair.)
bersetzung von Gerusch-
onomatopien
(Scharr!Ping!)
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Mndlichkeit
(Ellipsen, Abbrche, Herausstellungsstrukturen, Einwort-uerungen usw., vgl. Die spinnen, die Rmer.)
Elisionen, Assimilationen: vgl. Apostroph usw.
lauter nicht durch Majuskeln, sondern Schriftgre
Zeichenwiederholung fr expressive Extralnge aaaaah, auuuuuua, auaaaaa
nicht dargestellt: simultanes Sprechen, berlappung bei Sprecherwechsel
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Mndlichkeit
logographische Elemente: comictypische Emoticons, ggf. mehrsprachig / mehrstimmig:
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Zusammenfassung
Graphie in Comic-Dialektbersetzung als aufschlussreiche Facette
nicht-spontane Nicht-Standardschreibung, die spontane Mndlichkeit inszeniert
Dialektgraphie vs. Verschriftung
Kriterien von Maas 1989 anwendbar
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Literatur
Czennia, B. (2004): Dialektale und soziolektale Elemente als bersetzungsproblem. In:
Kittel, Harald et al. (Hrsg.): bersetzung: ein internationales Handbuch zur
bersetzungsforschung. 1. Halbbd. Berlin, New York, S. 505-512.
Garcs, Carmen Valero (2008): Onomatopoeia and unarticulated language in the
translation and production of comic books. In: Zanettin, Frederico (Hrsg.). Comics in
translation. Manchester: St. Jerome, S. 237-250.
Geyer, K. (im Ersch.): Dialektales Sprechen und Strategien zur Untertitelung in neueren
Spielfilmen bayerisch-sterreichischer Provenienz. In: Harnisch, R. (Hrsg.): Strmungen in
der Entwicklung der Dialekte und ihrer Erforschung. Regensburg: Edition Vulpes.
Gtze, K.H. (2008): Gallisches Lachen? Kleiner Versuch ber das Lachen von Asterix und in
Karambolage. In: Wende, W. (Hrsg.): Wie die Welt lacht: Lachkulturen im Vergleich. Wrzburg:
Knigshausen und Neumann, S. 261-281.
Haas, W. (1983): Dialekt als Sprache literarischer Werke. In: Besch, W. et al. (Hrsg.):
Dialektologie: ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. 2. Halbbd. Berlin,
New York: de Gruyter, S. 1637-1651.
Gottlieb, H. (2012): Multidimensional translation. In: Schjoldager, A. / Gottlieb H. / Klitgrd,
I. : Understanding translation. rhus: Academica, S. 39-65.
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Literatur
Jakobson, R. (1971 [1959]) : On linguistic aspects of translation. In: Jakobson, Roman:
Selected writings. 2. Aufl. Bd. 2: Word and language. The Hague, Paris, S. 261-266.
Maas, U. (1989): Orthographische Alteritt. ber literarische Mundartgraphien. In:
Heimann, S. et al. (Hrsg.): Soziokulturelle Kontexte der Sprach- und Literaturentwicklung.
Festschrift fr Rudolf Groe zum 65. Geburtstag. Stuttgart: Heinz, S. 339-359.
Schwarz, A. (2004): Sprachwissenschaftliche Aspekte der bersetzung von Comics. In:
Kittel, H.et al. (Hrsg.): bersetzung: Ein Internationales Handbuch Zur bersetzungsfor-
schung. Bd. 1. Berlin, New York: de Gruyter, S. 676-683.
Schrder, M. /Stellmacher, D. (1989) : Das Verhltnis von Humor und Dialekt: ein
Problem der Sprachbewertung. In: Zeitschrift fr Dialektologie und Linguistik 56, S. 171-
181.
Seifart, F. (2006): Orthography development. In: Gippert, J. / Himmelmann, N. / Mosel, U.
(Hrsg.): Essentials of language documentation. Berlin, New York: Mouton de Gruyter. S.
275-299
Zanettin, F. (Hrsg.) (2008): Comics in translation. Manchester: St. Jerome.
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