Hanne Shah und Thomas Weber „Trauer, Trauma, Schuld“ · © ZTK Trauma Analog zu körperlichen...

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Hanne Shah und Thomas Weber

„Trauer, Trauma, Schuld“

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Trauma

Analog zu körperlichen Traumata:

eine Verletzung der Seele, der Psyche Extrembelastungen überfordern das

Bewältigungssystem Körperliche Verletzungen sind in der Regel sichtbar Seelische Verletzungen sind unsichtbar,

d.h. aber nicht weniger wirksam, als körperliche Verletzungen!

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Objektiv: Das direkte persönliche Erleben oder Beobachten

einer Situation, die mit dem Tod oder seiner Androhung, einer schweren Verletzung, einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit oder schweren Leides der eigenen oder einer anderen Person zu tun hat. (DSM IV)

Subjektiv: Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss

intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen, bei Kindern wird auch verwirrtes oder agitiertes Verhalten beobachtet. (DSM IV)

Trauma

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Unterschied Trauer und Trauma

Trauer

Dominantes Gefühl: Traurigkeit

Erinnern schmerzhaft und gut

Bewusstes Erinnern möglich

Trennungsangst

Sehnen, Verlangen

Trauma

Dominantes Gefühl: Angst

Gefangener der Erinnerung

Erinnerung meist als Flashback

Übererregbarkeit

Sicherheitsgefühl stark beeinträchtigt

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Fachleute zeigen mögliche Wege zu einer Trauerkultur in der Schule.

Trauer ist immer im Leben dabei:

Der Hamster ist gestorben,

die Klassenarbeit ging schlecht aus,

Mutti ist verreist, der Mitschüler hat Krebs,

die Sitznachbarin wurde überfahren,

der Vater eines Klassenkameraden ist gestorben…….

Was ist Trauer?

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Trauer und Traurigkeit

• Traurigkeit ist ein Gefühl, welches in der regel linear verläuft

• Trauer ist ein Zustand, der über einen langen Zeitraum anhalten kann und in Zyklen oder Wellen verläuft

• Traurigkeit ist nur eins unter vielen Gefühlen in der Trauer

• Trauer beinhaltet viele Gefühle wie Wut, Angst, Verzweiflung.

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Tod in der Kernfamilie

Trauer um Verlust

Verschiebung des

Gleichgewichts

System Familie ist bedroht

Finanzielle Auswirkungen

Tod in der Kernfamilie

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Traurigkeit

Trauer

Tod

in

der

Kern

familie

Traurigkeit, Trauer, Tod

in der Kernfamilie

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Situative Komponenten Bewältigungsversuche, Auswirkungen Antezendente

Komponente

Objektive

Situationsfaktoren Risikofaktoren

Lebensgeschichte Traumatische

Situation

Schock

(Aufschrei) Traumatische

Reaktion Traumatischer

Prozess

Erholung

Subjektive

Bewältigungs-

möglichkeiten

Schutzfaktoren

Verlaufsmodell psychischer Traumatisierung

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Hilflosigkeit

Angst, Todesangst

Erlebnis der Todesnähe

Panik

Schock

Schmerz

keine Handlungskontrolle

Heftige affektive und körperliche Reaktionen

Ekel- und Schamempfinden

Wie reagieren Betroffene in der Situation?

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Als sei man nicht Teil des Geschehens

„automatisches“ Handeln

Veränderte Zeitwahrnehmung

Das Geschehen wird wie im Film erlebt

Als sei der eigene Körper nicht betroffen

Dissoziatives Erleben in der traumatischen Situation

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Dissoziation

Dissoziative Abwehr führt zur Auflösung der normalen

Integration von Wahrnehmung, Gefühlen und Bewusstsein

und der Erinnerung an die Vergangenheit,

sowie deren physiologischen Äquivalenten.

Traumatische Erinnerung

Fragmentierte sensorische Eindrücke und Gefühle

bei gleichzeitiger „Sprachlosigkeit“.

Dissoziation und traumatische Erinnerung

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Überflutung durch Botenstoffe,

z. B. Adrenalin, Cortisol, Endorphine

Informationsverarbeitungsblockade („unterbrochene Handlung“)

Das neuromuskuläre und kognitive Aktivationsmuster wird eingefroren

Dauerhafte Fehlregulation von Botenstoffen des zentralen und peripheren Nervensystems

Traumafolgen sind physiologisch verankert

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Situative Komponenten Bewältigungsversuche, Auswirkungen Antezendente

Komponente

Objektive

Situationsfaktoren Risikofaktoren

Lebensgeschichte Traumatische

Situation

Schock

(Aufschrei) Traumatische

Reaktion Traumatischer

Prozess

Erholung

Subjektive

Bewältigungs-

möglichkeiten

Schutzfaktoren

Verlaufsmodell psychischer Traumatisierung

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Physisch (Körper)

Kognitiv (Verstand)

Emotional (Gefühl)

Im Verhalten (Handlungen)

Primäre Symptome der akuten Belastungssituation

in der peritraumatischen Phase

Unmittelbare Reaktionen auf belastende Ereignisse

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Zittern

Schwitzen

Frieren/Schüttelfrost

Erschöpfung

Übelkeit

Magenbeschwerden

Erhöhte Herzfrequenz

Erhöhter Blutdruck

Unmittelbare Stressreaktionen Physisch

Brustschmerzen

Schwindel

Atemnot

Unruhe (Hypervigilanz)

und andere …

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Sprachschwierigkeiten

Gedächtnisverlust (Amnesie)

Entscheidungs-schwierigkeiten

Problemlösungs-

schwierigkeiten

Konzentrationsprobleme

Unmittelbare Stressreaktionen Kognitiv

Rechenschwierigkeiten

eingeengte Wahrnehmungsbreite

Derealisation/ Depersonalisation

und andere …

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Angst / Furcht Hilflosigkeit /

Orientierungsverlust

Gereiztheit / Aggression

Niedergeschlagenheit

Emotionale Taubheit

Unmittelbare Stressreaktionen Emotional

Interessenlosigkeit

Hoffnungslosigkeit / Verzweiflung

Zornausbrüche / Wut

Erschöpfung

Überforderungsgefühle

und andere …

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Sich zurückziehen

Appetitlosigkeit ↔ viel essen

Veränderter Konsum von Alkohol, Nikotin, Koffein, Drogen, Medikamenten („Selbstmedikation“)

Unmittelbare Stressreaktionen im Verhalten

Still sein ↔ viel reden

Nicht zur Ruhe kommen

Schnelles, zielloses Herumlaufen

und andere …

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Intrusionen: Sich aufdrängende Bilder, Sinneseindrücke, Erinnerungen, Albträume, Flashbacks

Vermeidung: Vermeiden von Gefühlen, Situationen, Aktivitäten, die mit dem Trauma assoziiert sind, Dissoziation

Übererregbarkeit: Schlafstörungen, Irritierbarkeit, Überwachsamkeit, Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit

Kernsymptomatik der PTBS

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Mögliche Langzeitfolgen von Trama bzw. traumatischer Trauer

Körperliche Erkrankungen

Anpassungsstörung/Depressionen

erhöhte Suizidalität

Posttraumatische Belastungsstörung

Suchterkrankungen

Verhaltensauffälligkeiten (Kinder/Jugendliche)

kriminelles Verhalten (Kinder/Jugendliche)

Teenager Schwangerschaften

Kürzere Lebenserwartung

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Trauer, Trauma und Schuld

Trauer Trauma

Schuld

Wenn Trauer, Trauma und Schulddenken sich überschneiden, kommt es meist zu komplizierter Trauer

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Ungeklärtes Schulddenken

Ungeklärtes Schulddenken kann zu:

Vermindertem Selbstwertgefühl, Scham und Depression

oder zu

Gedankenkarussell, Verbitterung, Hass, Selbstjustiz führen.

In sehr vielen Fällen führt ungeklärtes Schulddenken zu einer komplizierten Trauer

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Schuld

Schuld - ein Regelverstoß Schuld wird gedacht –

nicht gefühlt

Schuld ist keine feste Größe

Sie hängt von Referenzrahmen ab

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Schuld und Schuldgefühle

Irrationale

Schuldgefühle

Reale Schuld

von außen

Reale Schuld von außen,

die nicht klar zuordenbar ist

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Schuld und Schuldgefühle

„Ich weiß, dass ich keine Schuld habe,

aber ich fühle mich trotzdem schuldig.“

„Ich ertrage nicht mehr, wenn mir jeder sagt, dass ich keine Schuld habe. Ich weiß, dass ich mein Kind getötet habe. Niemand kann mir diese Schuld nehmen. Aber irgendwie

muss ich lernen, mit dieser Schuld zu leben – auch für meine Frau und meine anderen Kinder.

Ich weiß nur nicht wie.“

Aus „Trauer und Trauma“

Grundhaltung

Fürsorge

Mitgefühl

Verständnis

Keine Vorwürfe

Keine Ablehnung

Kein Genervtsein

Nicht

bedrängen

Was hilft?

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Five Essential Elements of Immediate and Mid-Term Mass Trauma Intervention: Empirical Evidence (Hobfoll, S.E. et al. 2007)

Förderung des Erlebens von Sicherheit

Förderung von Beruhigung

Förderung des Erlebens von Selbstwirksamkeit und kollektiver Wirksamkeit

Förderung von Kontakt und Anbindung

Förderung von Hoffnung

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Was Trauernde/Traumatisierte und Flüchtlinge brauchen

Eventuell

Therapie

Stabilisierung

Sicherheit

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Was Trauernde und Traumatisierte brauchen

Psychoedukation

Stabilisierung

Struktur

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Informationen für Betroffene

Psychoedukation bei Trauer und Trauma

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Die Gesellschaft

Ich brauchte lange, um zu begreifen,

dass man die anderen zum Hören befähigen muss,

bevor man wagen kann zu sprechen.

Boris Cyrulnik

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Die Gesellschaft

Die Art, wie in der Umgebung

des verletzten Menschen

gesprochen wird,

verbessert oder verschlimmert

seinen seelischen Zustand

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