Post on 20-Mar-2018
I b I I I I Institut für Bauforschung Aachen Rhelnlsch-Westtillsche Technische Hochschule
1 (1988)
ADHÄSIONSEIGENSCHAFTEN VON FÜR DEN OBERFLÄCHENSCHUTZ
M. Fiebrich
EINFÜHRUNG
Im Bereich der Betonbeschichtungen mit Kunstharzen beobachtet man immer wieder Ablösungen, Abblätterungen, Blasenbildungen o. ä. Schadensbilder, die mit dem Verlust oder der Verminderung der Adhäsion zwischen Beton und Kunstharzbeschichtung zusammenhängen. Die derzeitigen werkstoffwissenschaftlichen Kenntnisse der Adhäsion reichen nicht aus, um die Ursache von Schäden eindeutig zu klären und um die Anforderungen an Dberfl ächenschutzstoffe und Technologie zu formulieren, die dauerhafte technische Adhäsion garantieren. Das Hauptziel von Forschungsarbeiten zum Thema "Adhäsion" besteht darin, zur Klärung der Adhäsionsmechanismen des Verbundsystems Kunstharz/Beton beizutragen, um Adhäsionsschäden zu vermeiden.
2 ADHÄSIONSMECHANISMEN
Der Kenntnisstand über die Adhäsionsmechanismen in der Grenzfläche Kunstharz/Beton und über die sie beeinflussenden Merkmale läßt sich wie folgt zusammenfassen (Bild 1):
Betonsubstrat
Rauheit Oberflächenenergie Kontamination
+ Kunstharz
Oberflächenenergie Chem. Struktur
+ Applikation
Temperatur Luftfeuchte
I l I +~------~L------~" I
Adhäsionsmechanismen Mechanische Verzahnung Benetzung, Adsorpt ion Physikalische Bindungen Chemische Bindungen
+ Ieetr iebsbeanspruchung I
1 Technische Adhäsion Haftzugfest igk eit Blasen
Bild 1: Interaktionsschema zu den Einflußmerkmalen der technischen Adhäsion und den Adhäsionsmechanismen
Die Ursache der techni sehen Adhäsionskräfte kann erklärt werden mit:
KURZBERICHT
4
VORTRÄGE 40 Jahre ibac
KUNSTHARZEN VON BAUWERKEN
- mechani sehen Verzahnungseffekten des erhärteten Kunstharzes in den Rauhei ten des Zusch 1 ags und Zementsteins;
- grenzflächenenergetischen Zustandsgrößen des Kunstharzes und Betons (Benetzung, Adsorption);
- dem Zustandekommen von der Waa 1 'scher Bindung-en;
-der Ausbildung chemischer Bindungsreaktionen. Die Adhäsionsmechanismen ihrerseits sind das Ergebnis einer Vielzahl verknüpfter Einzelparameter aus den Betonsubstrat-, Kunstharzeigenschaften sowie Appl ikationsbedingungen. Eine ausführliche Darstellung über die Adhäsionsmechanismen und die sie beeinflussenden Merkmale findet sich in /1/.
3 EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN
Für die baupraktisch orientierte Problemstellung "Beschichtungen auf rückwärtig durchfeuchteten Betonbauteilen" wurden experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Wesentliches Teilziel war, die für die technische Adhäsion relevanten Merkmale zu quantifizieren und damit ihre Anzahl auf eine baupraktisch vertretbare Menge zu reduzieren. Bei den Untersuchungen wurden folgende Faktoren und Ausprägungen betrachtet: a) Betonuntergrund
- Festigkeitsklassen (B35, B55) - Lage des Untergrundes (horizontal/vertikal) - Untergrundvorbereitung (Wassersandstrahlen,
keine: stahlgeschalt) - Wassergehalt (trocken, wassergesättigt)
b) Beschichtungsstoff - 15 Modifikationen auf Basis von EP, PMMA, AY-
Dispersionen Nach der Filmbildung der auf die Betonuntergründe applizierten Beschichtungen, wurden die beschichteten Betonflächen 4 unterschiedlichen, in der Baupraxis auftretenden Wassereinwirkungen ausgesetzt. Nach Ablauf der 365 Tage andauernden Betriebsbeanspruchung wurden mittels Haftzugprüfung die Haftzugfestigkeit sowie die zugehörige Bruchform registriert. Unterschieden wurden 3 Hauptbruchformen: - Adhäsion zwischen Beton und Besch ichtung, - Kohäsion im Beton, - Polymerbruch der Beschichtung. Für die Auswertung der Versuchsergeb.ni sse wurden di\ Haftzugfestigkeit im Adhäsionsversagenstall (BHzl, die relativen Häufigkeiten der Bruchform Adhasionsversagen (r. H.A), sowie eine aus den beobachteten Merkmalen abgeleitete RechengröBe,den Gütewert, herangezogen. Der Gütewert ergibt si ch zu:
A GW • BHz • (100 - r. H.A).
Der Wert diente zur quantitativen Abschätzung der universellen Brauchbarkeit der untersuchten Beschichtungsstoffe.
4 QUANTITATIVE WICHTIGKEIT DER BETON- UND BETRIEBSBEANSPRUCHUNGSFAKTÖREN FUR GUTEWERTE
Die Wichtigkeit aller betrachteten Beton- und Betri ebsbeanspruchungs faktoren für die Gütewerte läßt sich unter Vernachlässigung der Beschichtungsstoffeigenschaften quantifizieren. Hierfür werden für alle untersuchten Faktoren jeweils relative Gütewerte gebildet, die die Gütewerte der jeweiligen alternativen Ausprägung (eines Faktors) ins Verhältnis setzten. In Bild 2 finden sich die relativen Gütewerte für alle Faktoren. Die Ausprägung, auf den sich der jeweilige relative Gütewert bezieht, ist als Fußzeiger in der darunterliegenden Abszissenzeile angegeben.
rel. Gütewerfe k GW in °/o
GWass GWBlS
GWvER GWHOR
Betr iebs- l beonspruchung
GWLF2 GWLFl
GWLF4 GwlF I
Bild 2: Relative Gütewerte kGW für Beton- und Betriebsbeanspruchungsfaktoren
Im Mitte 1 g i 1t bezüg 1 i eh der quantitativen Wichtigkeit folgendes:
- Di e Faktoren "Betonfestigkeit" und "Untergrundvorbereitung" sind fur die Adhäsionseigenschaften gleichrangig und weisen im Vergleich zu den übrigen Faktoren den größten Einfluß auf. Der Faktor Betonfestigkeit repräsent iert hierbei die Poreneigenschaften des Zementsteins.
- Für den Faktor Untergrundvorbereitung bedeutet di es: Im Mittel erreichen die Gutewerte auf nicht abtragend vorbereiteten Untergründen etwa die Hälfte der Gütewerte wie auf abtragend vorbereiteten.
-Analoges gilt für die Betonfestigkeitsklasse: Di e Zementsteinporeneigenschaften eines hochfesten Betons (hier durch die Betonfestigkeitsklasse B55 repräsentiert) führt zu Gütewerten, di e im Mi ttel etwa 50 ~ jener GW betragen, die bei Poreneigenschaften eines niederfesten Betons (repräsentiert durch die Festigkeitsklasse B35) erreicht werden.
- Die Faktoren "Lage des Untergrundes" und "Betriebsbeanseruchung" weisen einen vergleichsweise vernachlassigbaren Einfluß auf di e Gütewerte (und damit Adhäsionseigenschaften) aus.
5 ANFORDERUNGEN AN BESCHICHTUNGSSTOFFE
Aus den als relevant erkannten Betonfaktoren "Betonfestigkei t", "Untergrundvorberei tung" und "Wassergehalt" ergeben sich 8 unterschiedliche Betonuntergrundkombinat ionen.
Herausgeber:
Gütewert
Bild 3 : Gütewerte für Betonuntergründe
Aus der Darstellung in Bild 3 wird deutlich, daß die Kombination "855 stahlgeschalt" im Mittel die höchsten Anforderungen an die Adhäsionsgüte von Beschichtungsstoffen stellt, während die Kombination "835 abtragend vorbereitet" im Mittel die geringsten Anforderungen an die Adhäsionsgüte stellt. Ferner zeigt sich, daß der Einfluß des "Wassergehaltes" auf die Adhäsionsgüte von der Betonfestigkeitsklasse (d. h., den damit verbundenen Poreneigenschaften) abhängig ist. Auf 855 abtragend vorbereiteten Untergründen ergibt s ich eine Reduzierung des Gütewertes um knapp 40 ~ während auf den entsprechenden 835 Untergründen der Einfluß praktisch vernachlässigbar ist.
6 SCHLUSSBEMERKUNG
Mit Hilfe statistischer Regressionsanalysen wurde die quantitative Wichtigkeit der Beschichtungsstoffbestandteile (Härterart, Art und Menge an reaktiven Verdünnern und Lösemitteln, u. a.) bezüg-1 ich der Gütewerte untersucht. Dabei ergab sich, daß die Wichtigkeit der Kunstharzbausteine di e Größenordnung der Untergrundfaktoren (Betonfestigkeit, Untergrundvorbere i tung) erreichen kann. Daher wurden erste rastversuche zur Strukturaufk 1 ärung technischer Seschi chtungsstoffe durchgeführt. Wesentlicher Bestandte i l der Experimente waren Adsorptionsversuche mit Härterbausteinen an defin i erten Zusch 1 agobe rf l ächen sowie Ha ftzugversuche mit gezielt konfektionierten Harz/Härter Systemen auf Zusch laguntergründen. Erste Zwi schenergebnisse finden sich in /2/. Die bisherigen Erkenntnisse zur Adhäsion in der Grenzfläche Kunstharz/Beton lassen es sinnvoll erscheinen, die Adhäsionsforschung gleichzeit ig auf zwei Wegen weiterzuverfolgen: - i ngenieurmäß ige, phänomenologische Untersuchun
gen (Klärung eilbedürftiger Fragestellungen aus Baupraxis),
- naturwissenschaftlieh orientierte Grund l agenuntersuchungen (Prognose von Größe und Dauerhaft igkeit der Adhäsion).
LITERATUR
/1/ Fiebrich, M.: Zur Adhäsion zwischen polymeren Bindemitteln und Beton unter besonderer Berücksichtigung von Wassereinwirkungen. Dissertat i on RWTH Aachen, 1987.
/2/ Wagener, S.: Charakter i sierung der Wechse lwi rkungen zwischen Modellsubstanzen für Beschichtungssysteme und mineralischen Substraten. Diplomarbeit RWTH Aachen, 1988.
Institut für Bauforschung Aachen Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Schinkelstraße 3, D-5100 Aachen Direktoren:
Prof. Dr.-lng. H. R. Sasse Prof. Dr.-lng. P. Schießt
Tel. (02 41) 80-5100, FAX (02 41) 80-5120 Telex 8 32 704 thac d
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