Post on 23-Apr-2019
Im Auftrag des
Protokoll zum Beteili-gungsforum „Armut be-
gegnen – gemeinsam handeln“
Betzdorf 05.10.2017
2 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
Protokoll wurde erstellt durch:
Organisationsberatungsinstitut Thüringen – ORBIT e. V.
Arvid-Harnack-Straße 1
07743 Jena
www.orbit-jena.de
Telefon: ( + 49) 03641 / 636 99 16
Fax: ( + 49) 03641 / 636 99 17
Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie
Bauhofstraße 9
55116 Mainz
https://msagd.rlp.de
www.armut-begegnen.rlp.de
Telefon: ( + 49) 06131 / 162027
am 05.10.2017 in Betzdorf
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I N H A L T
Inhalt ............................................................................................................................ 3
1 Ablauf .................................................................................................................... 4
2 Begrüßung ............................................................................................................ 5
3 Input ...................................................................................................................... 7
4 Ergebnisse der Thementische ............................................................................... 8
4.1 Individuelle Ebene .......................................................................................... 8
4.2 Strukturelle Ebene ....................................................................................... 12
4.3 Perspektive Beteiligungsprozess .................................................................. 16
4 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
1 A B L A U F
ab 10.00 Uhr Anmeldung und Begrüßungskaffee
10.15 Uhr
Grußworte
Sabine Bätzing-Lichtenthäler Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz
Michael Lieber Landrat des Landkreises Altenkirchen
Bernd Brato Bürgermeister der Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain
10.45 Uhr
Einführung
Ines Morgenstern ORBIT e.V. (wissenschaftliche Begleitung)
10.50 Uhr
Impuls: Projekt „Perspektivenbüro“
Eberhard Köhler, Jenny Weber und Marion Bülow Caritasverband Rhein-Wied-Sieg e.V.
11.15 Uhr Diskussion an drei Thementischen in drei Runden Moderation: ORBIT e.V.
13.30 Uhr Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
Ines Morgenstern ORBIT e.V.
13.45 Uhr Dialoge und Ausklang
am 05.10.2017 in Betzdorf
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2 B E G R Ü ß U N G
Mit Beginn des Jahres 2017 hat das Ministe-
rium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und De-
mografie einen landesweiten Beteiligungs-
prozess zur Bekämpfung von Armut und sozi-
aler Ausgrenzung gestartet. Das Anliegen von
Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler ist es,
gemeinsam mit den relevanten Akteuren vor
Ort, aber auch mit den Menschen in prekären
Lebenslagen selbst, konkrete Handlungsan-
sätze zu erörtern und zu initiieren, um die Si-
tuation von sozial benachteiligten Menschen,
wie Erwerbslosen, Geringverdienern, Alleiner-
ziehenden, Familien mit mehreren Kindern,
Wohnungslosen, überschuldeten Menschen,
etc. spürbar zu verbessern.
In der ersten Jahreshälfte führten Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler und Herr
Staatssekretär David Langner persönliche Gespräche mit betroffenen Menschen, um
deren Probleme, Sichtweisen und Lösungsansätze zu erfahren. Diese Praxisbesuche
vor Ort waren der erste Schritt des mehrjährigen Beteiligungsprozesses „Armut begeg-
nen – gemeinsam handeln“, welcher als Besuchs- und Veranstaltungsreihe konzipiert
ist. Von September 2017 bis Februar 2018 finden Beteiligungsforen in unterschiedlichen
Teilen von Rheinland-Pfalz statt. Anschließend möchten wir Kommunen finden, die ab
2018 gemeinsam mit uns Beteiligungsworkshops durchführen. Ziel der Workshops ist
es, konkrete und bedarfsspezifische Maßnahmen - sowohl auf kommunaler Ebene als
auch auf Landesebene - zu erörtern.
Das Organisationsberatungsinstitut Thüringen aus Jena – ORBIT e.V. unterstützt im
Auftrag des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie den Pro-
zess, bereitet insbesondere die Veranstaltungen vor, moderiert und dokumentiert die
Ergebnisse.
Die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses sollen im Anschluss in einen landesweiten
Aktionsplan gegen Armut einfließen. Dieser kann zum Beispiel best-practice-Beispiele
oder Ideen für Angebote, Strukturen und konkrete Veränderungen beinhalten, aber
auch der Positionierung in bundespolitisch relevanten Aspekten dienen.
Der Erfolg des Vorhabens hängt ganz wesentlich von der Unterstützung der Kommu-
nen, Jobcenter und der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit sowie weiterer
6 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
wichtiger sozialer Akteure im Land, wie die der Kirchen, Nichtregierungsorganisatio-
nen, Gewerkschaften, Wohnungswirtschaft, etc. ab. Der komplexen Problematik Ar-
mut kann nur durch ein gemeinsames, koordiniertes und zielgerichtetes Handeln be-
gegnet werden. Daher möchte wir alle Interessierten und Engagierten ganz herzlich bit-
ten, den landesweiten Beteiligungsprozess „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
zu unterstützen.
Darüber hinaus wird der Prozess von einem Beirat begleitet, der der Unterstützung und
Beratung dient. In diesem Gremium sind neben anderen Ressorts der Landesregierung
auch Vertreterinnen oder Vertreter unserer externen Partner, wie der LIGA, der Lan-
desarmutskonferenz, der Kirchen, der Kommunalen Spitzenverbände, des DGB, der
Regionaldirektion, der Landesvereinigung der Unternehmensverbände und der Woh-
nungswirtschaft vertreten.
Wer Interesse hat, sich in den Prozess einzubringen und kreativ an der Entwicklung von
Maßnahmen und Strukturen zur Armutsbekämpfung mitzuwirken, zum Beispiel im
Rahmen einer der geplanten Veranstaltungen, kann sich gern initiativ melden, zum Bei-
spiel über das Kontaktformular auf der Internetseite www.armut-begegnen.rlp.de oder
direkt an ORBIT e.V. unter der E-Mail-Adresse armut-begegnen@orbit-jena.de.
Abbildung 1 Teilnehmende des Beteiligungsforums in Betzdorf
am 05.10.2017 in Betzdorf
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3 I N P U T
Der Caritasverband Rhein-Wied-Sieg e.V. vertreten durch Eberhard Köhler, Jenny We-
ber und Marion Bülow, stellte das Praxisprojekt „Perspektivenbüro“ vor. Ziel des Büros
ist es, jungen Menschen Unterstützung in schwierigen Lebenssituation anzubieten. Die
Hilfen erstrecken sich
dabei über Themen wie
Arbeitslosigkeit, Schul-
den und Wohnungslo-
sigkeit bis hin zu
Suchterkrankungen und
tiefen Lebenskrisen.
Über eine Zuweisung
des zuständigen Jobcen-
ters kommen die Teil-
nehmenden in das Per-
spektivenbüro, in dem
die Mitarbeiter/innen
gemeinsam mit den Kli-
enten an einer Verbesserung der persönlichen Lebenssituation arbeiten. Zentrales Ziel
der Maßnahme ist die Integration in den Arbeitsmarkt.
Abbildung 2 Vorstellung des Praxisbeispiels „Perspektivenbüro“
8 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
4 E R G E B N I S S E D E R T H E M E N T I S C H E
4.1 Individuelle Ebene
Welche Bedürfnisse und Bedarfe der von Armut Betroffenen gilt es in den Fokus zu
nehmen?
Mobilität
Wie kommen junge Menschen ohne Auto zu ihrem Arbeits- oder Ausbildungs-
platz?
Wie kommen Schüler/innen zu ihrem Praktikumsplatz?
Initiative „Bürgerbus“ sei gut und solle hervorheben/gestärkt werden
Finanzielle Situation
„Aufstocken“ bei Vollzeitbeschäftigung: Mindestlohn sei offenbar nicht in der
Lage, Armut zu vermeiden.
ALG II-Regelsatz reichten nicht aus, um Bedarfe von in der BG lebenden Kin-
dern adäquat zu befriedigen.
Extreme Gegensätze zwischen Armut und Reichtum erschwerten Umvertei-
lung.
Veränderungen am Arbeitsmarkt
o Arbeitsmarkt 4.0 (veränderte Anforderungen und Qualifikationen)
o Chancen vs. Risiken der Veränderungen erkennen und frühzeitig reagieren
o Beispielsweise frühzeitigere Qualifizierung wegfallender Berufsgruppen
Problem: Zuzahlung bei hohen Kosten der Unterkunft durch den Leistungs-
empfänger; bezahlbarer Wohnraum fehlt
Lebenssituation
Zugewanderte/Geflüchtete:
o Führerscheinförderung sei durch Jobcenter im Falle von Arbeitsaufnahme
möglich, problematisch sei jedoch die Sprachbarriere bei hinführenden
Kursen.
o Sprachbarriere führe zum Nichtverstehen von Verträgen und Formularen;
könne im schlimmsten Fall in Schuldenfalle münden.
o Es sei schwer, ehrenamtliche Hausaufgabenhelfer für Kinder von Geflüch-
teten zu rekrutieren.
Zusammenhang zwischen Armut und Behinderung
am 05.10.2017 in Betzdorf
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Teilhabe und Anerkennung Wie kann Menschen geholfen werden, die im Alter unter „sozialer Armut“ lei-
den?
Welche konkreten Maßnahmen können dazu beitragen, Betroffene dabei zu un-
terstützen, die prekäre Lebenslage zu überwinden?
Finanzielle Situation
Bedingungsloses Grundeinkommen
„Wer Armut verhindern möchte, muss Reichtum abschaffen.“
„Mehr Geld für Arme.“
Seien Teilnehmer/innen von Maßnahmen (beispielsweise über das Jobcenter)
auf die Versorgung durch die Tafel angewiesen, müsse sichergestellt sein, dass
die Maßnahmenträger die Teilnehmer/innen in den vorgesehenen Abholzeiten
der Tafeln freistellen.
Höheres Maß an Umverteilung erzielen
2 Perspektiven: ältere Arme Transfer und Wohlfahrt; jüngere Arme: Präven-
tion und Befähigung
Bei Einkommensarmut/geringes Arbeitnehmer-Entgelt: staatliche Bezuschus-
sung des Arbeitnehmer-Entgeltes + Sozialversicherungsbeiträge, vor allem um
Altersarmut zu vermeiden.
Abbildung 3 Diskussion am Thementisch
10 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
Fehlenden Rentenversicherungsbeiträge im Leistungsbezug seien Grund für
Altersarmut: Jobcenter müsste/könnte Rentenversicherungsbeiträge einzah-
len
Zum Zusammenhang von Armut und Krankheit:
o Spezielle Beratung für Menschen, die keine Krankenversicherung haben,
sei nötig; Ärzte und Krankenkassen müssten daran mitwirken, auch im
ländlichen Raum.
o Integrierte Beratung erstrebenswert
o Spezielle „Schlichtwohnungen“ für psychisch Kranke anbieten (Problem
im Landkreis Altenkirchen).
o Betrachtungsweise zwischen den Hilfesystemen abstimmen, um passende
Hilfsangebote im Einzelfall zu finden.
Angebots- und Unterstützungssystem 4 übergeordnete Prinzipien, die mit Blick auf von Armut Betroffene helfen
könnten bzw. im Rahmen von Hilfsangebote berücksichtigt werden sollten:
o Betreuung (Kinder, Senioren)
o Begleitung
o Bildung/Qualifizierung
o Beziehung(saufbau) (bei der allgemeinen Sozialberatung oder der Ehren-
amtsarbeiter, etc.)
Begleitung von Betroffenen zu Beratungs- und Betreuungsangeboten als spe-
zielle Dienstleistung anbieten.
EUTB = spezielle/zentrale Beratungsleistung für Menschen mit Behinderungen
in den Kommunen: vorhanden, aber Ausmaß der Nutzung eher fraglich; Be-
kanntheit steigern.
Ausbau der Allgemeinen Sozialen Dienste in den Kommunen
Aufbau von stabilen Beratungsbeziehungen
Lebenspraktische Beratung anbieten
Mobilität
Kauf von 10.000 Bahncards durch das Land RLP und Verteilen an Bedürftige,
damit Mobilität erschwinglicher wird.
Sozialticket für den ÖPNV für Bedürftige (z.B. Leistungsempfänger)
Höhere Ausgaben für Mobilität im SGB II-Regelsatz berücksichtigen
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Bildung
Prävention: Bildung müsse stärker als Vermeidungsmöglichkeit von Armut
thematisiert werden, vor allem innerhalb des Bildungssystems
Professionelle und kostenlose Hausaufgabenhilfe am Nachmittag (nicht nur
auf Ehrenamtliche abwälzen)
Senior-Expert-Service als Angebot des Landes zur Begleitung und Unterstüt-
zung von jungen Berufsabsolventen müsse stärker genutzt und bekannter wer-
den.
Tafeln könnten Auszubildende aufnehmen
„Nicht Armut kaschieren, sondern Armut beseitigen.“
Mehr Zeit und Geld, um wirklich helfen zu können (Betreuungsschlüssel)
Abbildung 4 Diskussion am Thementisch
12 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
4.2 Strukturelle Ebene
Welche Gelingensbedingungen zur Überwindung von Armut braucht es vor Ort und
im Land? Welche konkreten Maßnahmen sind in der Armutsprävention erfolgreich?
Bildung:
Vermittlung von Lebens-
kompetenzen
Vermittlung von Basics –
wie gehe ich mit Geld
um?
Umgang mit Geld bereits
in der Schule erlernen
Auch Stärkung der Sozi-
alkompetenzen und Stei-
gerung der Frustrations-
toleranz
Beispiel Baby-Bedenk-
zeit-Projekt
Gesundheit:
Es bestehe ein Zusammenhang zwischen Gesundheit bzw. Krankheit und Armut
Viele Kinder aus sozial schwachen Familien nehmen häufiger Medika-
mente
Empowerment:
Eigenmotivation stärken
Menschen durch Hilfestellung Qualifizierung ermöglichen
Wege finden, um von Armut betroffene Menschen aus der Resignation zu holen,
viele seien depressiv und verließen kaum noch ihre Wohnung.
Arbeitsmarkt:
Es braucht einen 3. oder integrativen Arbeitsmarkt
denn Arbeit stifte Sinn
vom Staat geförderte Arbeitsplätze im rechtssicheren Rahmen
Betriebe für Umschulungen gewinnen
Anreize schaffen durch die Anpassung der Umschulungssätze
Voraussetzungen schaffen, um unbürokratisch eine Ausbildung zu machen
z. B. über ein Praktikum
Kreise und Wirtschaftsförderungsgesellschaften, IHK usw. motivieren von Armut
betroffene Menschen einzustellen
Qualität in der Ausbildung und Ausbildungsbedingungen verbessern
Menschen ohne Qualifikation oder berufliche Ausbildung bräuchten eine stärkere
Betreuung auch über die Agentur für Arbeit.
Abbildung 5 Diskussion am Thementisch
am 05.10.2017 in Betzdorf
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Berufsförderungswerk
dauerhafte Begleitung von Menschen mit Behinderung
Integration von Flüchtlingen in Arbeit
Anerkennung von Bildungsabschlüssen
auch Erfahrungen nicht nur Bescheinigungen
kleinere und häufigere Deutschkurse mit sehr gut Deutsch sprechendem
Personal
Finanzierung des Führerscheins
Strukturelle Bedingungen auf Bundesebene:
strukturelle Bedingungen müssten auf Bundesebene geregelt werden
Grenzen für Zuverdienste anheben
Aufwand für die Beantragung von ESF-Mitteln reduzieren
Keine Vorschriften/Bevormundung bei der Planung von Ausgaben (z. B. Smart-
phone oder andere spezielle Güter)
Relation von Einsparungsmöglichkeiten gegenüber Neuinvestitionen berücksichti-
gen (ab wann amortisiert es sich, einen neuen Kühlschrank anzuschaffen, um Strom
zu sparen)
Anrechnung des Kinder- und Elterngeldes auf Hartz IV solle verändert werden
Rentenreform sei notwendig.
Was passiert, wenn jemand keine Krankenversicherungskarte hat?
Maßnahmen gegen Altersarmut initiieren
Kompatibilität der Sozialsysteme
laut Anmerkung rentiere es sich für manche nicht, Hartz IV zu beantra-
gen, da mit anderen
Unterstützungssyste-
men effektiv mehr
Geld vorhanden ist
Was hilft gegen rela-
tive Armut?
Geld Transfer - Um-
verteilung
sachliche Leistungen
soziale Teilhabe
feste Arbeitsverträge
genügend Stunden-
lohn
Soziale Teilhabe:
Über die Tafeln andere Inhalte vermitteln und Teilhabe ermöglichen (Beispiel: Ta-
felchor).
Abbildung 6 Diskussion am Thementisch
14 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
Ehrenamt:
Möglichkeiten für von Armut Betroffene schaffen, um sich zu engagieren.
Ehrenamtliche, die mit von Armut Betroffenen arbeiten, als Schnittstelle zu weite-
ren Hilfsangeboten nutzen.
Bündelung der Angebotsstruktur:
viele Modellprojekte ähnlichen Charakters vorhanden Jungle
gute Beispiele:
o Juwel- durch das MSAGD und aus Mitteln des ESF gefördertes Projekt zur Bera-
tung und Integration Jugendlicher unter anderem durch eine psychologische
Betreuung, Projektträger ist GFBI Reckmann und Sorger GbR
Beispiel zur Vernetzung der Angebotsstruktur aus der Flüchtlingshilfe:
o Zusammenarbeit des öffentlichen Trägers und der freien Träger im Rahmen ei-
nes Runden Tisches mit dem Ziel Doppelstrukturen abzubauen, in der Ver-
bandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain
o alle Akteure des Kreises oder der Kommune setzen sich zusammen, Vernetzung
der vorhandenen Angebote
o Arbeit einer Ehrenamtskoordination im Bereich Übergangsgestaltung Aus-
weitung des Prinzips auch auf andere Bereiche?
sozialpädagogische Begleitung:
langfristige sozialpädagogische Begleitung ermöglichen
Zielgruppe minderjährige Geflüchtete schwer erreichbar
o aufsuchende Sozialarbeit notwendig
präventive Unterstützung für Kinder und Jugendliche über passende Freizeitange-
bote
Beratungsangebote im Sinne des Case-Managements für Betroffene
den Menschen auf Augenhöhe begegnen und sie dort auffangen wo sie gerade sind
o Respekt gegenüber Betroffenen
o sie haben ein Recht und bekommen keine Almosen
notwendige Angebote/Leistungen:
Sprachförderung
Verhütungsmittel zur Verfügung stellen (bislang zum Teil über Fonds getragen)
Landes- und Bundesstiftungsanträge sollten erhalten bleiben
Menschen in das Mehrgenerationenhaus zu bekommen, sei sehr schwierig, noch
keine Lösung gefunden
Wohnen:
sind die Angebote der Wohnungslosenhilfe allen, insbesondere die Betroffenen, be-
kannt?
Unterstützung für Obdachlose notwendig
unterschiedliche Meinungen zu bezahlbarem Wohnraum auf dem Land
o laut Untersuchung ausreichend vorhanden
o laut Einschätzung fehlt vor allem kleiner und bezahlbarer Wohnraum
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o meist sind Zuzahlungen über die erstatteten Kosten der Unterkunft hinaus not-
wendig
Mobilität:
Mobilität der Betroffenen herstellen
o Fahrdienste werden zum Teil organisiert, dafür gäbe es Zuschüsse
o Bürgerbus-Modelle vorhanden
Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs oder anders organisieren
o Sozialtickets
o Vergünstigungen durch einen Sozialpass
o kleinere Busse bereitstellen zur Auslastung
16 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
4.3 Perspektive Beteiligungsprozess
Wie kann dieser Beteiligungsprozess zur Unterstützung der Armutsbekämpfung
vor Ort beitragen?
Bedarfe und Angebote in Übereinstimmung bringen und bekannt machen
Viele von Armut Betroffene scheinen die Unterstützungsangebote nicht zu ken-
nen.
Senior Expert Service (Senior Experts unterstützen Jugendliche in der Ausbil-
dungsphase) sei z.B. ein gutes Projekt, aber wenig bekannt.
Menschen, die Angebote vorhalten, sollten sich als Botschafter verstehen.
Ehrenamtliche wenden sich zu wenig an die Presse; sie könnten stärker Anzei-
genblätter nutzen, die sich über Artikel freuen.
WeKISS könnte als Plattform mehr genutzt werden (https://wekiss.selbsthilfe-
rlp.de/ )
Angebote für Jugendliche könnten besser direkt in den Schulen bekannt gemacht
werden.
Für jugendliche Flüchtlinge sei die deutsche Sprache und das komplexe Ausbil-
dungssystem die größte Hürde. Ihre Fähigkeiten, die im dualen Ausbildungssys-
tem untergehen, könnten durch reduzierte, modulare Ausbildungen genutzt
werden.
Integrationskurse und Deutschkurse gingen oft am Bedarf vorbei; Dinge des täg-
lichen Lebens (Einkaufen, Bahnticket kaufen) würden nicht vermittelt.
Insgesamt gebe es eher zu viele als zu wenig Angebote; es könnten mehr Über-
blicksdarstellungen und Wegweiser erstellt werden.
Abbildung 7 Diskussion am Thementisch
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Unterstützungskultur ausbauen
Es erweise sich oft als schwierig, Betroffene aus ihrer Lethargie zu holen. Manche
Akteure (Jobcenter) schreckten sogar eher ab; in den Jobcentern fehle ein Bera-
tungsangebot und Rechnerarbeitsplätze. Hier könnte ein Beirat von ALG-II-Be-
ziehern installiert werden, um die Interessen der Betroffenen zu vertreten.
Gegenbeispiel: Internationale Fahrradwerkstatt biete die Möglichkeit, unkompli-
ziert aktiv zu werden und in Kontakt zu kommen.
Nötig sei eine grundlegende Beratung, in der Menschen als Menschen angenom-
men werden.
Vom Projektcharakter zu dauerhaften Strukturen
Der Projektcharakter vieler Initiativen und Förderkonzepte erschwere den Auf-
bau dauerhafter Netzwerke: Akteure kämen und gingen, Ansprechpartner
wechselten die Förderlogik solle geändert werden. Gutes Beispiel sei der
Haushaltstitel des Kreises Altenkirchen, aus dem seit Jahren verlässlich Projekte
gefördert würden.
Ehrliches Monitoring im Bereich Armut.
Gute Projekte versanden: Beispiel „Familienbegleiter“. Dort habe eine professi-
onelle Begleitung der Begleiter/innen gefehlt, so dass die ehrenamtlich Aktiven
in für sie selbst belastenden Situationen keine Unterstützung erhielten (psycho-
sozial durch Supervision, Ansprechpartner in juristischen Fragen usw.). Solche
guten Ideen müssten konsequent etabliert und weiterverfolgt werden.
Beteiligung ernst nehmen
Der Beteiligungs-
prozess trifft auf
Zustimmung, aber
auch auf Skepsis.
Es solle vermieden
werden, dass –
wie in anderen
Prozessen erlebt –
die anfängliche
Energie und Be-
reitschaft zum En-
gagement ver-
pufft, weil keine
Wirksamkeit der
Beteiligung erlebt wird.
Abbildung 8 Diskussion am Thementisch
18 Protokoll zum Beteiligungsforum „Armut begegnen – gemeinsam handeln“
Es müsse unbedingt eine Rückmeldung erfolgen, was mit den Ideen im Beteili-
gungsprozess weiter geschieht, welche Initiativen verfolgt und welche Ergeb-
nisse erreicht werden. Die Wirksamkeit des eigenen Handelns im Beteiligungs-
prozess müsse sichtbar werden.
Bei der Vorbereitung der weiteren Prozessschritte können die Betroffenen stär-
ker eingebunden werden. Denkbar wäre
o die Einrichtung eines Betroffenenparlaments,
o die vorbereitende Diskussion der Prozessschritte mit den Betroffenen in den
beteiligten Einrichtungen,
o die explizite Einladung von Betroffenen,
o das Sammeln von Fragen der Betroffenen vorab.
Eine Ausweitung des Beteiligungsprozesses durch zusätzliche Akteure sei wün-
schenswert: IHK, Handwerkskammern, Arbeitskreis Schule-Wirtschaft.
Vorhandene Kultur der Zusammenarbeit wertschätzen
Das Leitmotiv des Beteiligungsprozesse „Armut begegnen – gemeinsam han-
deln“ sehen viele Teilnehmende im Raum Altenkirchen/Westerwald schon recht
gut verwirklicht. Vor Ort herrscht eine Kultur der Zusammenarbeit, von der man
sich wünsche, dass sie auch überregional gewürdigt wird.
In der Region Altenkirchen/Westerwald leisten AWO, Caritas, Diakonie und Ehrenamt-
liche nach Einschätzung der Teilnehmenden in diesem Sinne hervorragende Arbeit, als
„Ausputzer der Nation“. Oft sei die Caritas die zentrale Anlaufstelle für Betroffene, an
die auch von anderen (z.B. AWO) verwiesen werde.