In den sozialen Medien und schon fast im Gefängnis

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In den Sozialen Medien und schon fast im Gefängnis?

Internet-Briefing, 4. Oktober 2011

von Oliver Staffelbach

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Übersicht

� Soziale Medien und Strafrecht

� Soziale Medien und Marketing

� Persönlichkeitsverletzungen

� Arbeitnehmer in sozialen Medien

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Soziale Medien und Strafrecht (1)

Art. 67 URG 1

1 Auf Antrag der in ihren Rechten verletzten Person wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafebestraft, wer vorsätzlich und unrechtmässig:

[…]

lit. gbis ein Werk mit irgendwelchen Mitteln so zugänglich macht, dass Personen von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl dazu Zugang haben;

[…]

1 Urheberrechtsgesetz

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Soziale Medien und Strafrecht (2)

Art. 67 URG 1

[…]

2 Wer eine Tat nach Absatz 1 gewerbsm ässig begangen hat, wird von Amtes wegen verfolgt. Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Mit der Freiheitsstrafe ist eine Geldstrafe zu verbinden.

1 Urheberrechtsgesetz

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Soziale Medien und Strafrecht (3)

Art. 23 UWG 1

1 Wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Artikel 3, 4, 4a, 5 oder 6 begeht, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

2 Strafantrag stellen kann, wer nach den Artikeln 9 und 10 zur Zivilklage berechtigt ist.

1 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

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Soziale Medien und Strafrecht (4)

Art. 177 StGB 1

1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzenbestraft.

1 Schweizerisches Strafgesetzbuch

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Soziale Medien und Strafrecht (5)

Entwarnung: Die Situation ist nicht so dramatisch, wie sie teilweise dargestellt wird.

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Soziale Medien und Strafrecht (6)

Praktische Umsetzung

Tatbestand

Rechtsfolge

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Soziale Medien und Strafrecht (7)

Beispiele aus der Praxis

� Verwenden von fremden Bildern in sozialen Medien

� Versenden von Massenwerbung

� Beschimpfung (Art. 177 StGB)

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Compliance als Herausforderung

Risiko von Strafverfahren

Risiko von zivilrechtlichen Klagen

Risiko von Reputationsschäden

Unternehmenswert(M&A-Transaktionen, IPOs)

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Social Media und Marketing (1)

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Social Media und Marketing (2)

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Social Media und Marketing (3)

Bestehende Vorgaben (Übersicht)

Ausländisches Recht

Schweizer Recht

Allgemeine Geschäftsbedingungen

UWG1

(z.B. Art. 3 lit. o)

DSG2

(z.B. Art. 4)

Weitere

Bestehende Vorgaben

Weitere

URG3

1 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb2 Datenschutzgesetz3 Urheberrechtsgesetz

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Social Media und Marketing (4)

Massenwerbung (i)

� Alle Arten der automatisierten elektronischen Werbung("wer fernmeldetechnisch sendet oder solche Sendungen veranlasst")

� E-Mail an mehrere Personen (Anzahl grundsätzlich nicht relevant)

1 Art. 3 lit. o des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb

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Social Media und Marketing (5)

Massenwerbung (ii)

� Massenwerbung muss1

� nach Einwilligung des Kunden gesendet werden

� einen konkreten Absender enthalten

� einen Hinweis auf eine Ablehnungsmöglichkeit aufführen

� Sonderregel bei bestehenden Kunden

� Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen als Rechtsfolge

1 Art. 3 lit. o des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb

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Social Media und Marketing (6)

Fallbeispiele

� Direct Messages

� Posten auf Pinwänden

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Social Media und Marketing (7)

Bearbeitung von Personendaten

� Bei der Bearbeitung von Personendaten müssen insbesondere folgende Grundsätze eingehalten werden1:

� Rechtmässigkeit

� Treu und Glauben

� Transparenz

� Zweckbindung

� Verhältnismässigkeit

� Insbesondere zivilrechtliche Folgen bei Verstössen2

1 vgl. Art. 4 des Bundesgesetzes über den Datenschutz2 vgl. Art. 33 des Bundesgesetzes über den Datenschutz

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Social Media und Marketing (8)

Grundsatz der Zweckbindung

Der Grundsatz der Zweckbindung1 bedeutet:

� Personendaten dürfen nur zu dem Zweck bearbeitet werden, der

� bei der Beschaffung angegeben wurde,

� aus den Umständen ersichtlich oder

� gesetzlich vorgesehen ist.

� Relevante Frage: Von welchen Bearbeitungszweckendurfte und musste die betroffene Person in guten Treuen ausgehen?

1 vgl. Art. 4 Abs. 4 des Bundesgesetzes über den Datenschutz

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Social Media und Marketing (9)

Fallbeispiele

� «Gefällt mir» bei Facebook

� Freunde bei Facebook oder XING

� Followers bei Twitter

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Social Media und Marketing (10)

1 Art. 28 ff. Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB)

Verwendung von fremden Inhalten (Übersicht)

Rechtsquellen

Urheberrechtsgesetz

Markenschutzgesetz

Persönlichkeitsschutzrecht1

Weitere

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Social Media und Marketing (11)Verwendung von fremden Inhalten (Fall 1)

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Social Media und Marketing (12)

BGE 130 III 168

"[Das Obergericht hält zu Recht fest,] dass die Fotografie von Bob Marley ansprechend und interessant sei, und bezeichnet als Grund dafür die besondere Mimik und Haltung des Abgebildeten, vor allem die fliegenden Rasta-Locken und ihre an eine Skulptur gemahnenden Formen, wobei ein beso nderer Akzent durch den Schatten gesetzt werde, den eine h orizontal fliegende Locke auf das Gesicht werfe. […] Aus diesen Gründen ist die vom Kläger aufgenommene Fotografie als urheberrecht-lichgeschütztes Werk […] zu beurteilen."

Verwendung von fremden Inhalten (Fall 1)

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Social Media und Marketing (13)Verwendung von fremden Inhalten (Fall 2)

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Social Media und Marketing (14)

BGE 130 III 714

"Der Umstand, dass die Klägerin "zur richtigen Zeit am richtigen Ort" war, um Christoph Meili zusammen mit den Folianten zu fotografieren, führt nicht automatisch zum Urheberrechtsschutz für ihre Fotografie. Darin mag eine journalistisch wertvolle Leistung liegen, die jedoch als solche für die Zuerkennung urheberrechtlichen Schutzes nicht ausreicht."

Verwendung von fremden Inhalten (Fall 2)

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Persönlichkeitsverletzungen (1)

Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/digital/internet/Scheissjob-Scheissfirma-Digital-gemotzt-real-entlassen/story/13216953

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Persönlichkeitsverletzungen (2)

Persönlichkeitsverletzung

Zivilgesetzbuch

Strafgesetzbuch

Datenschutzgesetz

Weitere

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Persönlichkeitsverletzungen (3)

Behauptung

Tatsache: Falsche Tatsache

Werturteil: unnötig verletzender und

beleidigender Angriff auf Person des Betroffenen

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Persönlichkeitsverletzungen (4)

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Persönlichkeitsverletzungen (5)

Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/digital/prozess_st_gallerin_beschimpfung_facebook_1.10525438.html

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Persönlichkeitsverletzungen (6)

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Persönlichkeitsverletzungen (7)

Verwarnschreiben

Zivilrecht

Strafrecht

Klage auf Unterlassung

Klage auf Feststellung

Klage auf Schadenersatz

Klage auf Genugtuung

Möglichkeiten des Betroffenen

Weitere

Weitere

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Persönlichkeitsverletzungen (8)

Trinidad and Tobago

Schweiz

Oberstes Gericht

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Persönlichkeitsverletzungen (9)

Quelle: http://www.20min.ch/digital/dossier/facebook/story/13070397

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Persönlichkeitsverletzungen (10)

Provider als Mitverantwortlicher

� Grundsatz: kommerzielle Provider kooperieren oft

� Ausnahme: Provider mit Sitz in den USA

� Sonderfall Google: grundsätzlich ist ein vollstreckbarer Entscheid erforderlich

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Persönlichkeitsverletzungen (11)

Offensiv?

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Persönlichkeitsverletzungen (12)

Oder

defensiv?

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Persönlichkeitsverletzungen (13)

Häufigste Irrtümer von Betroffenen

� Die Einleitung einer Klage vor einem Schweizer Gericht löst meine Probleme immer

� Ich kann meine Schadenersatzansprüche mit wenig finanziellem Aufwand erfolgreich einklagen

� Meine Gerichts- und Anwaltskosten werden mir immer zurückerstattet

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Persönlichkeitsverletzungen (14)

Konkretes Vorgehen

� Fakten ermitteln

� Rechtliche Einschätzung

� Abmahn-Phase

� Prozess-Phase

� Online Reputation Management

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Arbeitnehmer in sozialen Medien (1)

Quelle: http://www.blick.ch/news/schweiz/bern/bund-sperrt-facebook-127870

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Arbeitnehmer in sozialen Medien (2)

Risiken des Arbeitgebers

� Schädigung der Reputation des Arbeitgebers

� Haftungsrisiken

� Verschwendung von Arbeitszeit

� Verletzung von Geschäftsgeheimnissen

� Viren, Würmer, trojanische Pferde etc.

� Beanspruchung von Speicherkapazität

� Weitere

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Arbeitnehmer in sozialen Medien (3)

Chancen des Arbeitgebers

� Informationsquelle

� Teilweise Branchenüblichkeit

� Promotion von Produkten und Dienstleistungen

� Dialog mit Kunden, Geschäftspartnern und Meinungsmachern

� Weitere

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Arbeitnehmer in sozialen Medien (4)

Präventiv

Repressiv

Social Media Richtlinien

Schulungen / Kontrollen

Minimierung von Risiken

Verwarnung

Kündigung

Zivilrechtliches Vorgehen

Strafrechtliches Vorgehen

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Social Media Richtlinien (1)

Social Media Richtlinien:

• Freiheiten aufzeigen

• Schranken setzen

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Social Media Richtlinien (2)

Sensibilisieren

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Social Media Richtlinien (3)

Aufklären

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Social Media Richtlinien (4)

Vorgaben machen

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Social Media Richtlinien (5)

Beispiele und Checkliste

� Beispiele: Daimler1, SAP2, SRF Schweizer Radio und Fernsehen3

� Checkliste: Checkliste für Social Media Richtlinien4

1 http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1895106_Social_Media_Leitfaden_Final.pdf2 http://www.sapweb20.com/blog/2009/07/sap-social-media-guidelines-2009/3 http://medienwoche.ch/beta/wp-content/uploads/2011/02/Social-Media_Leitlinien_Mitarbeitende_v1.3.pdf4 http://www.computerworld.ch/fileadmin/downloads/Checkliste-Social-Media.pdf

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Überwachung der Arbeitnehmer

Quelle: http://www.faz.net/artikel/C30563/internet-das-buero-als-big-brother-container-30254398.html

49

Quelle: http://www.20min.ch/finance/news/story/15534737

Haftung des Arbeitgebers (1)

50

Haftung des Arbeitgebers (2)

Art. 55 Abs. 1 OR 1

Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer […] in Ausübung ihrer dienstlichen ode r geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.

1 Schweizerisches Obligationenrecht (OR)

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Haftung des Arbeitgebers (3)

Grundsätze zu Art. 55 Abs. 1 OR

� Eine Haftung ist möglich, wenn der Arbeitnehmer seine Kompetenzen überschreitet

� Eine Haftung ist möglich, wenn der Arbeitnehmer eine Aufgabe in irrtümlicher Annahme besorgt, er sei damit beauftragt

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Praktische Tipps (1)

Schwei zer i sches Ur heber r echt sgeset z

Ausl ändi sches Recht

Schwei zer i sches

Obl i gat i onenr echt

Al l gemei ne

Geschäf t sbedi ngungen

von Facebook

St aat sver t r äge

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Praktische Tipps (2)

� Bei einer vernünftigen Nutzung von sozialen Medien gibt es rechtliche Aspekte, die viel bedeutsamer sind als das Strafrecht

� Vorschriften über Massenwerbung beachten

� Vorsicht bei der Bearbeitung von Daten über Kunden oder potentielle Kunden

� Bei Verwendung von fremden Inhalten in der Regel Einverständnis der Berechtigten einfordern

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Praktische Tipps (3)

� Überlegtes Vorgehen bei Persönlichkeitsverletzungen

� Umgang der Arbeitnehmer mit sozialen Medien klar festzulegen

� Überwachung der Arbeitnehmer ist nur beschränkt zulässig

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Bilderverzeichnis

© jwisser

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© Nicholas_T

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© fPat © fPat

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Oliver Staffelbach, LL.M.Wenger & Vieli AGDufourstrasse 56, Postfach 1285, CH-8034 ZürichT +41 (0)58 958 58 58, www.wengervieli.ch