JUNGUNTERNEHMER WIRTSCHAFT REGIONAL | SAMSTAG, 23. … · den.Doch ein gutes Netzwerk alleine...

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JUNGUNTERNEHMER WIRTSCHAFT REGIONAL | SAMSTAG, 23. JUNI 2007 5

Eine fast schon menschliche Software

Von Balzers in die Welt: Jungunternehmer Christoph Wille, Geschäftsführer von Innoforce, kann mit der Lernsoftware «Otis– der virtuelle Patient» mittlerweile internationale Erfolge feiern. Bild Daniel Ospelt

Die Firma Innoforce hat mit«Otis – der virtuelle Patient»eine Software auf den Marktgebracht, die jede erdenklicheHörschädigung simuliert. Damit können Auszubildendeüben, ohne auf «echte» Patienten angewiesen zu sein.

Von Valeska Beck

Balzers. – Das Stichwort «Audiome-trie» klingt erst einmal abstrakt.Letztlich geht es aber um nichts ande-res, als das Hörvermögen eines Men-schen zu messen. Da Hörschädigun-gen aber äusserst komplex sein kön-nen, ist für die korrekte Durchfüh-rung von Hörtests eine gute Ausbil-dung und fortwährendes Trainingwichtig. Bisher mussten hierzu Pro-banden zur Verfügung stehen.

Dieses Problem fällt mit der Lern-software «Otis – der virtuelle Patient»weg. Auszubildende können mit Otisjederzeit am Computer üben und soihre Fertigkeiten verbessern.

Früher ErfolgHinter Otis steht das Jungunterneh-men Innoforce in Balzers. Der Wegzur Firmengründung führte über denBusinessplan-Wettbewerb 2003/04 inLiechtenstein. Der Businessplan wur-de durch Christoph und Alois Wille,Christoph Ledermann und MosiMresse in Zusammenarbeit mit Tho-mas Spillmann,Audiologe am Univer-sitätsspital Zürich, erarbeitet. DasProdukt war ausgefeilt genug, dassdas junge Unternehmerteam schonwährend des Wettbewerbs ihr Unter-nehmen gründen konnten. Im No-vember 2004 fand die Otis-Softwareihren ersten Kunden.

Das Innoforce-Team besteht heuteaus Geschäftsführer Christoph Wille,drei Programmierern sowie weiterenfreien Mitarbeitern.Wer erstmals Wil-

les Büro im Parterre seines Elternhau-ses in Balzers betritt, würde kaumvermuten, dass die spartanisch mitComputer und Telefon eingerichtetenBüroräume ein Unternehmen behei-maten, das in seinem dritten Ge-schäftsjahr mit beiden Beinen fest imGeschäft steht und schon internatio-nale Erfolge feiern kann.

Zu den Kunden des Jungunterneh-mens gehören Spitäler, unter ande-rem das Universitätsspital Zürich,Oh-renärzte, Hörgeräteakustiker undHochschulen in über zehn Ländern.Die in Deutsch und Englisch erhältli-che Otis-Software ist mittlerweile sogefragt, dass sich Kunden eine Über-setzung auf Spanisch und Französischwünschen.

Operationsdaten per MausklickAuf den bisherigen Erfolgen ausruhenwill sich Wille aber nicht. Sein nächs-tes Projekt steht schon in den Startlö-chern: Eine Datenbank für Spitäler, inder beispielsweise Operationsberich-te, Skizzen oder Röntgenbilder er-fasst und ausgewertet werden kön-nen. Mit «ENTstatistics» können Da-ten nach verschiedenen Kriterien ab-gefragt werden, sodass ein Arzt z. B.den Gesundheitsstand eines Patien-ten vor und nach einer Operation ver-gleichen kann. Ein Spital kann somitbesser aus Erfahrungswerten lernen,die Abläufe verbessern und Kostensparen. «Was früher mühsam aus denAkten herausgesucht werden mussteund Tage dauerte, erfährt ein Arzt mit‹ENTstatistics› nun per Mausklick»,sagt Wille. Die Software wird bereitsim Kantonsspital Luzern eingesetzt,weitere Aufträge erwartet Wille dem-nächst.

Schlaflose Nächte gehören dazuTrotz vieler Erfolge möchte Willenicht übermütig werden und erinnertsich an seine Anfangszeit, währendder ihm so manche schlaflose Nacht

beschert war. Sein Erfolgsrezept:«Ich habe mich von Anfang an nichtgescheut, mit Spitzenleuten zusam-menzuarbeiten, sei es in der Soft-wareentwicklung oder im Marke-ting.» Auch ein Jungunternehmenbrauche sich wegen seiner Kleinheitnicht zu verstecken. Anfangs hat derjunge Geschäftsmann aber vor allemden Zeitaufwand unterschätzt, den es

für den Aufbau einer eigenen Firmabenötigte.

Alles habe etwas länger gedauert,als er ursprünglich geplant habe, soWille. Der finanzielle Aufwand – erzahlte 30 000 Franken in seine An-stalt ein – habe sich aber im Rahmengehalten. «Wenn jemand noch zuHause oder in einer Wohngemein-schaft wohnt, ist das durchaus zu ver-

kraften», sagt Wille und verweist aufdie Sonnenseiten des Unternehmer-tums: Sein eigener Chef sein und diedamit zusammenhängende Entschei-dungsfreiheit. Sein Tipp an angehen-de Jungunternehmer: «Habt Ausdau-er, macht euch auf Höhen, aber auchTiefen gefasst, und lasst euch von deranfänglichen Unsicherheit nicht irri-tieren.»

Verlängerter Arm für Entwicklungsabteilungen

Machen Software greifbar: Andreas Bollinger (links) und Daniel Gillman, Geschäftsleitungsmitglieder der Solve GmbH. Bild Elma Velagic

Die Solve GmbH ist ein Unter-nehmen, das nach sieben Ge-schäftsjahren den Kinderschu-hen entwachsen ist. Die trotz-dem noch junge Firma bietetDienstleistungen im Elektronik-und Softwarebereich an – vonder Idee bis zum Produkt.

Von Valeska Beck

Buchs. – «Eine Kombination ausKönnen und Glück» – so beschreibtSolve-Geschäftsführer Daniel Gill-mann einen der Gründe, die dasBuchser Unternehmen zum Erfolg ge-führt haben. Gegründet im Jahr 2000von drei jungen Ingenieuren, beschäf-tigt Solve heute 15 Mitarbeiter imBuchser Industriegebiet – Tendenzsteigend.

Der Tätigkeitsbereich ist breit, dieDienstleistungen lassen sich nicht aneinem einzelnen Produkt aufhängen.«Wir unterstützen Firmen bei der Ent-wicklung im Hard- und Softwarebe-reich mit unseren Ressourcen und un-serem Wissen», erklärt Gillmann diefür einen Laien schwer verständlicheWelt des «Engineerings», «dabei sindwir sozusagen eine erweiterte Ent-wicklungsabteilung für Kunden, diekeine eigenen Entwickler haben oderdie frischen Wind in ihr Unternehmenbringen wollen.»

Vom Kaffee zum UnternehmertumSolve kann als klassisches «Spin off»-Unternehmen bezeichnet werden.Die drei Firmengründer Daniel Gill-mann, Andreas Bollinger und PatrikNeff arbeiteten nach ihrem Studiuman der Interstaatlichen Hochschulefür Technik in Buchs (NTB) bereits ge-meinsam an diversen Projekten fürden Technologietransfer der Hoch-

schule.Aus «Sprüchen beim Kaffee»,so Gillmann, wuchs die Idee, nachdrei Jahren am NTB den Schritt in dieSelbstständigkeit zu wagen und sichvon der Hochschule zu lösen.

Der Weg zur Firmengründung warwohl koordiniert. Um die vielen Ide-en in den Köpfen der Firmengründerin eine strukturierte Form zu bringen,schrieben sie einen Businessplan.«Wir wollten alles richtig machen undhaben deshalb gut und detailliert ge-

plant», sagt Gillmann. Das Startkapi-tal – 120 000 Franken wurden inves-tiert – setzte sich aus Einlagen der Fir-mengründer und einem Bankkreditzusammen.

«Grosser Zahltag ist eine Illusion»In seinen sieben Jahren als Unterneh-mer ist Gillmann auf keine Hürdengestossen, die nicht zu überwindengewesen wären. In den ersten Jahrenseien es aber – wie bei jedem Jung-

unternehmen – vor allem die Finan-zen gewesen, die ihm einiges Kopfzer-brechen bereitet hätten. «Am Anfangist man stark von der Liquidität desUnternehmens abhängig», so Gill-mann, «für uns Firmengründer lagennur Minimallöhne drin. Der Traumvom grossen Zahltag als Selbstständi-ger von Beginn an ist eine Illusion.»

Schwierig sei anfangs auch gewe-sen, die Dienstleistungen zu verkau-fen. Die ersten Solve-Kunden konn-

ten schliesslich durch Beziehungen zuanderen Unternehmern, die die Fir-mengründer kannten, gewonnen wer-den. Doch ein gutes Netzwerk alleinegenügt laut Gillmann noch langenicht: «Ein Jungunternehmer mussdie Kontakte, die er hat, auch profes-sionell bearbeiten.»

Gutes Umfeld für HightechInzwischen kann die Solve GmbHUnternehmen aus der Schweiz,Liechtenstein, Österreich und Süd-deutschland zu ihren Kunden zählen.Eine Expansion in weitere Märkte istaber nicht geplant. «Wir wollen nichtsforcieren», sagt Gillmann. Der Marktseines Unternehmens definiere sichdurch die Nähe zum Kunden, deshalbwürde z. B. eine Erweiterung nachNorddeutschland wenig Sinn ma-chen.Ausserdem sei das Umfeld in derRegion, in der viele Hightech-Unter-nehmen wie die Solve-Kunden Infi-con oder Elpro angesiedelt seien, sehrgut – trotz des grossen Wettbewerbsunter den Engineering-Anbietern.

Andersdenkende im TeamZu den Höhepunkten in seiner Unter-nehmerkarriere zählt Gillmann «denersten Kunden und den ersten neuenMitarbeiter». Bis 2010 plant er, dieMitarbeiterzahl auf 20 zu erhöhen.Sein Ziel für Solve: «Wir wollen einnamhaftes Büro werden und bei denGrossen mitspielen.»

Gillmanns Empfehlung für ange-hende Jungunternehmer: Ein Grün-derteam sollte sich womöglich ausganz verschiedenen Charakteren zu-sammensetzen: «Ein Andersdenken-der stellt diejenigen Fragen, auf diedie restlichen Teammitglieder viel-leicht nie gekommen wären – undzwar bevor sie der Kunde stellenkann.»