Laktoseintoleranz und Fruktoseunverträglichkeit 10.Mai ... · Laktoseintoleranz und...

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Laktoseintoleranz und Fruktoseunverträglichkeit

10.Mai 2012, 19.00 Uhr

Dr. rer. nat. Sabine Schütt

Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin �+49 3077001-220, info@inflammatio.de

Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

Allergie Autoimmun-erkrankung

Typ I-Allergie

PollenassoziierteKreuzallergien

Laktoseintoleranz

Typ IV-Allergie

Fruktoseintoleranz

Histaminintoleranz

Enzymdefekt Malabsorptionen

Fruktose-

malabsorption

Intoxikationen

Pankreasinsuffizienz

Zöliakie

Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

Sonstige

Pseudoallergien

Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

Allergie Autoimmun-erkrankung

Typ I-Allergie

PollenassoziierteKreuzallergien

Laktoseintoleranz

Typ IV-Allergie

Fruktoseintoleranz

Histaminintoleranz

Enzymdefekt Malabsorptionen

Fruktose-

malabsorption

Intoxikationen

Pankreasinsuffizienz

Zöliakie

Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

Sonstige

Pseudoallergien

Laktoseintoleranz=

Mangel am Milchzucker-spaltenden Enzym Laktase

Glukose Galaktose

Laktose (Milchzucker)

����Glukose Galaktose

Enzym Laktase

Laktase

DÜNNDARM

DICKDARM

����

Galaktose

Glukose

Galaktose

Glukose

keine Spaltung

keineResorption

Vergärung

Wasserstoff

CO2

(Methan)

Dickdarm-

bakterien

����

Pathomechanismus

Symptome:

Müdigkeitssymptomatik

(Hypoglykämien)

Völlegefühl

Meteorismus

krampfartige Bauchschmerzen

Diarrhoe

Osteoporosekurzkettige Fettsäuren

Formen der Laktoseintoleranz

primär=

genetisch bedingter

sekundär=

erworbene Ursachenadulter Laktasemangel

Laktasemangel durch Schädigungendes Dünndarms:

Zöliakie, Morbus Crohn

strahleninduzierte Enteritis

infektiöse Enteritis

zu geringe Kontaktzeit bei beschleunigter Darmpassage (Kurzdarmsyndrom, nach Gastrektomie)

lebenslang

weitaus häufiger!!

vorübergehend

Laktaseproduktion lässt im Verlaufe des Lebens nach

Laktasemangel ist der weltweit häufigste Enzymmangel. Ca. ¾ der Weltbevölkerung verlieren – so wie die meisten Säugetiere –nach dem Abstillen die Fähigkeit, Laktose aufzuspalten.

endodermal-intestinalerÜbergang

Laktase-Expression im Darm. modifiziert nach Born et al., 1995

Embryonal-Periode

Geburt Abstill-Phase

Postnatal-Periode

LaktaseLaktasepersistenz

primärerLaktasemangel

kongenitaler Laktasemangel(sehr seltene monogene Erkrankung)

Chromosom 2

viel Gentranskription

T -13910

LCT-Gen

Promotorregion

������������

��������

����

Chromosom 2

wenig Gentranskription

C -13910

LCT-Gen

����

Laktose-Intoleranz

��������

Laktose-Toleranz

Enattah et al., 2003: Identification of a variant associated with adult-type hypolactasia. Nature Genetics 30:233

OCT-1

OCT-1

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����

����

Die primäre Laktoseintoleranz ist mittels Gentest diagnostizierbar.

G T G T A

G T G T A

keine genetisch bedingte Laktoseintoleranz

Genotyp – 13910 T/T

��������

����

����

����

����

����

����

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����

viel Laktase

����

����

����

����

Genotyp –13910 C/C

genetische Anlage zum primären Laktasemangel

kaum Laktase

����

����

����

Genotyp –13910 T/C

G T G C A

G T G T A

G T G C A

G T G C A

Bei entsprechender klinischer Symptomatik bestätigt der Nachweis einer C/C-Homozygotie eine primäre Laktoseintoleranz.

Diagnostik bei Verdacht auf Laktoseintoleranz

Laktose-H2-Atemtest

Laktosebelastungstest

Genetischer Testeinmalige Blutabnahme

50 g Laktosegabe ⇒⇒⇒⇒pathologisch:

kein Anstieg des Blutglukosespiegels nach 30, 60, 90 und 120 min

DÜNNDARM

DICKDARM

Glukose

Galaktose

Glukose

Dickdarm-bakterien

Wasserstoff H2

����

50 g Laktosegabe ⇒⇒⇒⇒pathologisch:

messbarer Anstieg der H2-Konzentration in der Aus-Atemluft

Eine normale Funktion der Laktase in der Dünndarmmukosaliegt vor, wenn ein Blutglukose-anstieg von mehr als 25 mg/dl in einem der Werte Nr. 2 bis 5 vorliegt.

Keine Laktoseintoleranz

Laktoseintoleranzkein Blutglukoseanstieg

� weist sicher eine derzeitige Laktoseintoleranz nach

� Laktosebelastung !

� zeitaufwändig (3-4 h)

� muss nüchtern erfolgen

� Cave: Darmbesiedlung mit Methan-bildenden Bakterien(falsch negativ)

� keine Ursachenklärung

� keine Laktosebelastung

� unabhängig vom Entnahme-zeitpunkt und Begleiterkrankungen

� Unterscheidung zwischen primär und sekundär

Laktose-Belastungstest

Diagnostik bei Verdacht auf Laktoseintoleranz

Laktoseintoleranz-Gentest

Laktoseintoleranz(Klinik, positiver Belastungstest)

Gentest positiv:CC-Typ

Gentest negativ:TT-Typ

primäre Laktoseintoleranz

Lebenslange Diät

sekundäreLaktoseintoleranz

Ursachensuchenotwendig

Diät nur temporär

Bei Kindern sollte bei Verdacht auf eine Laktoseintoleranz differentialdiagnostisch auch an eine Milcheiweiß-Allergie gedacht werden.

Milcheiweiß-Allergie:Symptomatik: unspezifische Magen-Darmbeschwerden

Manifestation: bevorzugt im Kindesalter, verliert sich oft spontan

Ursache: Typ I-Allergie durch spezifische IgE-Antikörper gegen Milcheiweißproteine

Diagnostik: Nachweis spezifischer IgE-AK im Serum

GeburtC/C Abstill-Phase

Embryonal-Periode

Laktase

primärerLaktasemangel

Kind, 4 Jahre alt

Therapie bei Laktoseintoleranz

♦ Substitution von Laktase in Tablettenform oder

♦ Reduktion der Laktosezufuhr Laktosefreie Kost: 1 g Laktose/TagLaktosearme Kost: 8-10 g Laktose/Tag

♦ achten auf Zutaten wie Milchzucker/Laktose, Magermilchpulver oder Molkenpulver

♦ Milch und Milchprodukte sind u.a. Kalziumlieferanten bei Meiden von Milchprodukten ggf. Kontrolle des

Kalziumspiegels

♦ Achtung! Laktose ist als Füll- oder Trägerstoff in Medikamenten und Lebensmitteln enthalten (Laktosegehalt 0.03 – 0.5 g)

Diese Nahrungsmittel enthalten z.B. Laktose:

alle Milchsorten

Frischmilch, H-Milch

auch gekochte Milch !

Milchprodukte, Molke

Frischkäse

Magerquark

abgepackte Wurstwaren

Fertigtütensuppen

Fertigsoßen

Paniermehl

Kuchen

Speiseeis

Schokolade

Ketchup

Senf

Mayonnaise

Süßstofftabletten

Margarine

Fertiggerichte

Laktose wird Nahrungsmitteln als Trägersubstanz für Aromen oder als Emulgator zugesetzt.

Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

Allergie Autoimmun-erkrankung

Typ I-Allergie

PollenassoziierteKreuzallergien

Laktoseintoleranz

Typ IV-Allergie

Fruktoseintoleranz

Histaminintoleranz

Enzymdefekt Malabsorptionen

Fruktose-

malabsorption

Intoxikationen

Pankreasinsuffizienz

Zöliakie

Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

Sonstige

Pseudoallergien

Aldolase B

Fruktose

Fruktose-1-Phosphat

GlycerinaldehydDihydroxyaceton-phosphat

wird angehäuft

Hereditäre Fruktoseintoleranz (HFI)

hemmt die Glykolyseund Glukoneogenese

wirkt toxisch aufLeber, Niere, Dünndarm

Symptome der Hereditären Fruktoseintoleranz (HFI)

♦ Oberbauchschmerzen

♦ Übelkeit

♦ Diarrhoe

♦ Müdigkeit

♦ Hypoglykämie

♦ Hepatopathie

♦ Heißhunger

♦ Gedeihstörungen

♦ Zittern

♦ starkes Schwitzen

♦ unklare Leber- oder Nierenfunktionsstörungen

ALDOB-Gen

Chromosom 93

Molekulardiagnostik Aldolase-B-Gen

Aldolase B-Protein

A149P

6 8

N334K

4 5 7 Exon 9Exon 2

DNA

ACGTACCGCAGT

TGCATGGCGTCA

A174D

27 Punktmutationen, 2 Insertionen und 12 Deletionen sind bekannt.

Die Mutationen A149P, A174D und N334K decken ca. 85 % der HFI-Fälle ab.

Identifizierung von pathogenen Mutationen im Aldolase-B-Gen gilt als beweisend für eine HFI.

47 jähriger Mann, überwiesen zum Laktose- und Fruktose-H2-Atemtest

Anamnese:• seit Kindheit gastrointestinale Symptomatik (abdominelle Schmerzen, Meteorismus, Diarrhoen)

• schon als Kind Süßigkeiten gemieden• bisher 5mal kurz anhaltende Ohnmacht ohne Ursachenklärung

• Erhöhung GPT ++ 87 U7l (normal < 45 U/l) • Erhöhung γGT ++ 72 U/l (normal < 55 U/l)• Nierenwerte unauffällig, Blutbild unauffällig• sonographisch geringgradig erhöhte Echogenität der Leber

• durchgeführter Laktose-H2-Atemtest unauffällig

47 jähriger Mann, überwiesen zum Laktose- und Fruktose-H2-Atemtest

Fruktose-H2-Atemtest wurde 30 min nach Fruktosegabe abgebrochen!

Übelkeitstarke abdominelle SchmerzenZitternVerwirrtheitGlukose im Serum 55 mg/dl

Infusion 500 ml 5 %-Glukose

Genetische Untersuchung bestätigte eine hereditäre Fruktoseintoleranz, Patient trug die Mutation A149P homozygot.

retrospektiv: Fruktose-induzierter Leberparenchymschaden �

rasche Besserung der Leberfunktionsparameter unter Frukose-freier Diät.

Vor der Durchführung eines Fruktose-belastungstestes oder der Gabe Fruktose-haltiger Infusionen zunächst Ausschluss einer HFI mittels molekulargenetischer Untersuchung!

Fruktose

Fruktose-1-Phosphat

GlycerinaldehydDihydroxyacetonphosphat

hemmt die Glykolyseund Glukoneogenese

wirkt toxisch aufLeber, Niere, Dünndarm

Da die Symptome individuell stark ausgeprägt sind und Betroffene instinktiv „Fruktose meiden“, sind sie symptomfrei.

69-jähriger Mann

50-jähriger Mann

34-jährige Frau

Therapie bei Fruktoseintoleranz

♦Fruktose-freie Diät

♦ Sorbit-freie Diät (E420)

� wird im Stoffwechsel in Fruktose umgewandelt

♦ Saccharose-freie Diät

� Disaccharid aus Fruktose + Glukose

♦ da fruktosereiche Obst- und Gemüsesorten gemieden werden

�ggf. Vitamin-C-Zufuhr (erhöhte Infektanfälligkeit?)

♦ CAVE ! Keine Sorbit – (Fruktosehaltigen) Infusionen !♦ CAVE ! Kein Fruktosebelastungstest !

.... da fruktosereiche Obst- und Gemüsesorten gemieden werden ggf. Vitamin-C-Zufuhr

Therapie bei Fruktoseintoleranz

♦ morgendliche Schwäche und Schläfrigkeit trotz ausreichend Schlaf

♦ deutliches Vitamin-C-Defizit

Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

Allergie Autoimmun-erkrankung

Typ I-Allergie

PollenassoziierteKreuzallergien

Laktoseintoleranz

Typ IV-Allergie

Fruktoseintoleranz

Histaminintoleranz

Enzymdefekt Malabsorptionen

Fruktose-

malabsorption

Intoxikationen

Pankreasinsuffizienz

Zöliakie

Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

Sonstige

Pseudoallergien

Darmschleimhaut

Fruktose

GLUT5 GLUT2

Dünndarm Blut

Fruktose (Fruchtzucker) wird nicht oder nicht in ausreichenden Mengen resorbiert

Ursache:Störung der Fruktoseresorption in den Dünndarmzellen (Enterozyten) �GLUT-5-Defekt

Fruktosemalabsorption

Folge:im Dickdarm wird Fruktose von Darm-bakterien unter anderem zu Kohlendioxid und Wasserstoff verstoffwechselt

Glukose

Galaktose

Mannose

Fruktose

Xylose

GLUT1 GLUT2 GLUT3 GLUT4 GLUT5

+

+

+

-

-

+

+

+

+

-

+

+

+

-

+

+

?

?

?

?

-

?

?

+

?

Substratspezifität

Symptome der Fruktosemalabsorption

♦ Oberbauchschmerzen

♦ Übelkeit

♦ Blähungen

♦ Diarrhoe

♦ Fettstühle

♦ Völlegefühl

♦ Müdigkeit

♦ niedriger Serum-Tryptophanspiegel, Depressionen

♦ Zink – und Folsäuremangel

♦ verstärktes Sodbrennen

Dickdarm-

bakterien

Wasserstoff

Fruktose

H2-Atemtest zum Nachweis einer Fruktosemalabsorption

Vor der Durchführung einer Fruktosebelastung muss eine hereditäre Fruktoseintoleranz (HFI)

sicher ausgeschlossen werden !!!

25 g Fruktosegabe

(Kinder 1g/kg Körpergewicht)

→→→→ Messung des H2-Gehaltes in der Atemluft alle 10 min für 3 h

pathologisch: Anstieg von 20 ppm gegenüber Leerwert

H2

H2

H2

H2

H2

H2

Nikotingenuss oder schlechte Mundhygiene erhöhen Nüchternwert

Patient muss 12 h nüchtern sein

3-4 Stunden Untersuchungsdauer

nicht nach Antibiotikatherapie, nach Koloskopieoder bei Diarrhoe durchführen

Gefahr eines akutes Leber- und Nierenversagens und eines Hypoglykämischen Schocks bei unerkannter hereditären Fruktoseintoleranz

H2-Atemtest zum Nachweis einer Fruktosemalabsorption

H2

H2

H2

H2

H2

Achtung !! ca. 10 % der Bevölkerung sind non-producer (kein Anstieg im H2-Atemtest) ���� ggf. Laktulose-Belastungstest

Therapie bei Fruktoseunverträglichkeit

♦ Fruktose-arme Diät

♦ Sorbit-arme Diät (E420)

� aufgrund struktureller Ähnlichkeit zu Fruktose bindet und blockiert Sorbit an GLUT5-Tranporter

� wird im Stoffwechsel in Fruktose umgewandelt

♦ anfänglich auch Reduktion anderer nicht resorbierbarer Oligo-saccharide (Stachyose, Verbascose, Inulin)

♦ da fruktosereiche Obst- und Gemüsesorten gemieden werden �ggf. Vitamin-C-Zufuhr (erhöhte Infektanfälligkeit?)

♦ gezielter Einsatz von Traubenzucker (Glukose)

Fruktosemalabsorption

Anhäufung von Fruktose im Dünndarm

Fruktose – Tryptophan-Komplex

als essentielle Aminosäure wird Tryptophanim Dünndarm resorbiert

Tryptophanmangel

Serotoninmangel

verminderte Tryptophanresorption

Patienten mit Fruktosemalabsorption haben eine deutlich erhöhte Depressionsneigung.

Varea et al. (2005), J Ped Gastroent Nutr 40(5): 561

Mastzellen – Bedeutung für die Immunabwehr beim Gesunden sowie ihre Rolle bei Allergien, Urtikaria und

chronischen Entzündungen

16. Mai 2012, 15.00 Uhr

Dr. Volker von Baehr

Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin �+49 3077001-220, info@inflammatio.de