Land und Leute: ãIch wei§, was es hei§t, ein Sch ler zu seinÒ · 2019. 7. 17. · ben, war f r...

Post on 24-Jan-2021

0 views 0 download

Transcript of Land und Leute: ãIch wei§, was es hei§t, ein Sch ler zu seinÒ · 2019. 7. 17. · ben, war f r...

REGION 33Samstag13. JULI 2019 FN

Schülern so erfolgreich zu werden,musste er immer wieder seine eige-ne Komfortzone verlassen. Als Leh-rer anfangs zuzugeben, von etwaswie Computern keine Ahnung zu ha-ben, war für ihn kein Problem. Ernennt es die „Umkehrung des Leh-rer-Schüler-Verhältnisses“: „Ichsagte immer: Leute, erklärt es mir,damit ich es allein machen kann“.Und er meint: „Ich weiß sehr wohl,was es heißt, ein Schüler zu sein“.

Auch die Anzeigenakquise über-nahm er selbst, nennt sie eine Win-win-Situation: „Wenn ich etwas vonjemandem will, muss ich mich erstfragen, was er selbst davon hat –sonst ist es Ausbeutung“.

Das tiefergehende Fachwissenbezog der begeisterte Tennisspielerdurch seinen FT-Computerspezia-listen. „Nach meinen Besuchen beiihm war ich immer überglücklich.Ich hatte jedes Mal unglaublich vielgelernt. Meine eigenen Grenzen ha-ben sich ständig erweitert“.

Der 65-Jährige umarmt Heraus-forderungen, statt ihnen auszuwei-chen. Das liegt vielleicht an seinerKindheit: „Ich war sehr kränklich,bin nicht gewöhnt, alles so zu kön-nen wie andere. Das hat sich in einergroßen Beharrlichkeit ausgewirkt.

Wenn ich mich auf etwas konzen-triere, dann zu 100 Prozent“. Mögli-cherweise sind seine Sätze deshalbauch so geschliffen. „Ich höre sehrpräzise zu und versuche exakt zuantworten“, sagt er. An anderer Stel-le meint er: „Ich bin ein absoluterFlow-Typ. Deshalb betrachte ich diesozialen Medien als Mörder meinerKonzentration, meines Flows“.

Dass er nicht überall ankommt,weiß er ganz genau: „Ich bin umstrit-ten. Entweder liebt oder hasst manmich“. Mit beidem kann er gut le-ben. „Mein Ziel“, sagt Klaus Schenckund beginnt seine Geräte für dienächsten „Couchtipps“ aufzubau-en, „war immer, so hoch zu fliegen,dass mich die Pfeile von Neid, Miss-gunst und Bosheit nicht mehr treffenkönnen.“

Zum Nachgrübeln hat er sowieso,auch jetzt im Ruhestand, nicht vielZeit. Denn seine „Couchtipps“ inPsychologie wollen stets gepflegtsein. Mit ihnen bringt er für Schülerumsetzbar psychologische Tippsund Fragestellungen auf den Punkt.Zu jeder Sendung liegt außerdem einzweiseitiges Manuskript vor.

Anfangs verließ er dafür eine wei-tere eigene Komfortzone, heute istdas Alltag für ihn. „Du bist ganz al-lein, nur die Kamera schaut dich an.Zu Beginn stellte ich mir Leute vor.Die erste Sendung machte ich vier-mal. Heute produziere ich vier, fünfSensdungen am Stück“. Er erklärt:„Ich wähle aus, was ich interessantfinde und mir einleuchtet, und betä-tige mich nur als Wissens-Vermitt-ler, als Lautsprecher, denn ich bin jakein Psychologe“.

Ein „Powertyp“ durch und durchSich selbst beschreibt er als„Powertyp“. Er ist jemand, der mitdem Fahrrad zum Motorradgottes-dienst nach Bronnbach fährt, der fürseine Berichte über die Medenspie-len der TSV-Tennisabteilung 1000Bilder schießt und auf der Jugend-seite der FT-Abi-Plattform in „TBBaktuell“ die „Schattenkinder“ etab-liert hat: „Damit will ich engagierteKinder würdigen, die meist nur imSchatten der Sieger stehen. Diese„Schattenkinder“ sind jedoch dieBasis, aus der sich dann die Siegernach vorne kämpfen und öffentlichwahrgenommen werden“. Bücherschreibt er übrigens auch. Seine„Königs Abi-Trainer“ stecken rand-voll mit Wissen.

Zum Schluss kommt Schencknochmals auf seine Polarisierung beiden Schülern zu sprechen. „Sympa-thie und Wertschätzung mir gegen-über stiegen proportional mit derzeitlichen Nähe zum Abitur. Ichwollte einfach, dass meine Schülerirgendwann sagen: ,Wow, beimSchenck haben wir viel gelernt!‘“

w Weitere Informationen:www.KlausSchenck.de,www.youtube.com/user/finan-cialtaime, www.schuelerzei-tung-tbb.de

hende Abiturienten aus Nordrhein-Westfalen bei ihm an: „Können Sienicht auch Kleists ,Marquise von O‘machen?“ Das schaffte Schenck aufdie Schnelle nicht, versprach aber, inden nächsten Jahren auch diePflichtlektüren der anderen Bundes-länder vor der Kamera zu interpre-tieren.

Mit Hesses „Steppenwolf“ hatteSchenck, der E-Books nicht mag,„große Probleme“: Das ist eigentlicheine Zumutung für Teenager. Fürdiese Sendung in meiner Reihe,Couch-Tipps‘ brauchte ich drei An-läufe. Ich habe sie mir richtig abge-rungen“. Schenck vermittelt hier ineiner Stunde einen inhaltlichenÜberblick mit ersten Interpretati-onsansätzen zum „Steppenwolf“,der neuen Pflichtlektüre in Baden-Württemberg.

Mit Erfolg: „Vielen Dank für IhreArbeit, Herr Schenck! Sie ist einewahre Bereicherung für einen jedenAbiturienten, eine sehr hilfreicheDarstellung des Werkes!“, schreibtein User.

Die Produktion der Schülerzei-tung, die dann in diesen virtuellenÜberflieger überging, war für alle einErlebnis, sagt er im Rückblick. Auchfür ihn selbst. Denn um mit seinen

Schule in Tauberbischofsheim, zuder das WG gehört, weilten. Im Be-reich „Deutsch als Fremdsprache“erlangte die Zeitung zudem weltwei-te Bekanntheit an Goethe-Institutenund Auslandsschulen.

Ab 2010 war die FT mit ihrenHandbüchern zu ActivInspire natio-nal führend. Damals wie heute fin-den Schüler auf der Homepage alles,wirklich alles, was sie wissen wollenund das ihnen weiterhilft – sowohlpersönlich als auch auf die Zukunftbezogen.

„So viel bieten wie es nur geht“Die „Abi-Retter“-Videos auf YouTu-be, bei denen es unter anderem umdie baden-württembergischePflichtlektüre geht, sind da nur einBeispiel von vielen. Selbst KlausSchenck ist erstaunt, wie viele Linkses auf der Homepage mittlerweilegibt: „Die Verästelung ist gigantisch.Unser Material, das wir selbst erar-beitet haben, dient nun sogar nochmehr Schülern“. An anderer Stellemeint er: „Ich wollte meinen Schü-lern für ihr Leben so viel bieten wie esnur geht.“

Die Qualität seiner Referate zurPflichtlektüre sprach sich schnell he-rum. Unter anderem fragten ange-

Land und Leute: Der pensionierte Oberstudienrat und Buchautor Klaus Schenck war mit Leib und Seele Lehrer / Auch heute noch ist er online als Wissens-Vermittler aktiv

„Ich weiß, was es heißt, ein Schüler zu sein“Schüler fürs Leben fit ma-chen will wohl jeder Leh-rer. Klaus Schenck, pen-sionierter Oberstudienrat,ging da noch – mindestens– einen Schritt weiter.

Von unserem RedaktionsmitgliedSabine Holroyd

TAUBERBISCHOFSHEIM. MitSchwung öffnet er die Wohnungstür,sein Händedruck ist fest, sein Blickhellwach. Gerade eben, erzähltKlaus Schenck, hat er seine täglichenTrainingseinheiten auf dem Tram-polin absolviert. Später soll es mitdem Rad rausgehen, und die nächstePsychologie-Sendung muss auchnoch produziert und online gestelltwerden. Wollte man Klaus Schenckund sein Wirken in einem Satz be-schreiben, würde man viel zu vieleKommata verschleißen.

Da wäre zum Beispiel sein Unter-richt. Von 2003 bis vergangenes Jahrlehrte er Deutsch, Religion und Psy-chologie am Wirtschaftsgymnasiumin Tauberbischofsheim. Er liebtediese Fächer: „Mathelehrer gehengenauso schlau aus dem Unter-richtsraum wie sie ihn betreten ha-ben. Ich verließ ihn oft als ein ande-rer, bereichert durch die Fragen derSchüler und die gemeinsame Suchenach Antworten“.

Einer seiner Schüler war TobiasHaas, heute Fernsehredakteur beiPro7 in München. „Bei KlausSchenck habe ich Kameraerfahrungund den Mut bekommen, meinenWeg zu gehen“, sagte er im FN-Ge-spräch (wir berichteten).

Klaus Schenck war es auch, derdas Fach „Psychologie“ am Gymna-sium eingeführt hat. „Zwei Stundenpro Woche wollte ich so unterrich-ten, wofür ich eigentlich Lehrer ge-worden bin. Dieses Fach sollte einzigund allein den Schülern dienen“, er-

zählt er und fährtfort: „Wir hattenSchweigepflichtvereinbart, umeinen Freiraumder persönlichenGespräche zuschaffen. Jeder

Schüler konnte zeigen, was er kann,aber dazu musste er seine Komfort-zone verlassen.

Sich vor einer Videokamera zupräsentieren, erfordert nämlichMut. Am Ende machte sie das zuneuen, selbstbewussten Menschen,die an sich glauben.“ Sätze, die Tobi-as Haas sofort unterschreiben wür-de.

Die Komfortzone zu verlassen,die eigenen Grenzen zu verschieben,das ist eines der vielen Lieblingsthe-men des Klaus Schenck, der auch Pä-dagogik-Kolumnen für den „Rheini-schen Merkur“ und „Eltern Family“geschrieben hat. Denn das verlangteer nicht nur von seinen Schülern,

sondern am allermeisten von sichselbst. Stillstand ist ein Gräuel fürihn, sowohl im sportlichen als auchim übertragenen Sinn. Offen gibt dergebürtige Heidelberger unter ande-rem zu: „Meine Welt waren stets dieBücher. Was Computer betraf, warich total unterbelichtet. Ich hab’ janicht mal gewusst, was eine Home-page ist, was sich hinter YouTubeoder Wikipedia verbirgt. Das lernteich alles von meinen Schülerzei-tungs-Redakteuren.“

Die Schülerzeitung: Die mehr-fach preisgekrönte „FinancialT(’a)ime“ (FT) hat eine Erfolgsge-schichte hingelegt, die ihresgleichensucht. Schenck rief sie im Schuljahr2003/04 zunächst als Printausgabeins Leben. 2008 folgte die FT-Home-page, zwei Jahre später die FT-Sen-dungen auf YouTube, zusätzlich istnoch seine Deutsch-Homepage in-tegriert. Dieses vollgepackte „Ge-samtpaket“ kommt bis bis heute täg-lich auf rund 2000 User.

Der gute Ruf der Schülerzeitunghallte bis nach China. Dort fand dieFT an der Elite-Schule von Shenz-hen, einer der innovativsten Städteder Welt, eine Partner-Redaktion,deren Mitarbeiter auch einmal zuBesuch an der Kaufmännischen

Klaus Schenck zu Schulzeiten. Den Unterricht verließ auch er oft bereichert – durch seine Schüler. BILD: MARA LÖFFLER

Landund Leute

ANZEIGE