MEDIENWIRKUNG UND MEDIENFORSCHUNG SCHWERPUNKT: GEWALT in den MEDIEN Anke Steinhäuser M.A....

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Anke Steinhäuser M.A. Multimedia Didaktik cand.

MEDIENWIRKUNG UND MEDIENFORSCHUNG

SCHWERPUNKT: GEWALT in den MEDIEN

Anke Steinhäuser M.A. Multimedia Didaktik cand.

Seminarablauf

1. Themeneinführung mit Videoclip + anschließendes

kleines Rollenspiel + kurze Diskussionsrunde

(Alltagstheorien)

2. Begriffsbestimmung von Medien + Gewalt

3. Überblick: Wissenschaftstheorien

4. Aktuelle Forschung (Methoden, Probleme,

Vergleichbarkeit)

5. Anregungen zur Vertiefung + Worträtsel

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Werbespot Gewalt in Medien

• https://www.youtube.com/watch?v=AypgpwrDLFo

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DefinitionsversuchMedien + Gewalt

Medien• Kommunikationsmittel • Vermittlungssystem für

Informationen (Sender – Empfänger)

• Nach Weidemann Unterteilung in 5 relevante Aspekte:

- Hardware (Materialität)- Software („Programm“)- Symbolsystem (Sprache...)- Sinnesmodalität (Hören,

Sehen, Fühlen...)- Botschaft

Gewalt• Gewalt ist die realisierte

oder beabsichtigte, bewusste (nicht unbedingt geplante) Schädigung von Personen, Tieren, Pflanzen oder Sachen (Früh, 2001).

• Keine einheitliche Definition!

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Medienwirkungstheorien I

Katharsisthese

Suggestionsthese

Habitualisierungs-

/Desensibilisierungsthese

Kultivierungsthese

Excitation-Transfer-Theorie

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Medienwirkungstheorien II

Priming-Ansatz

Sozial-kognitive Lerntheorie

Skript-Theorie

General Aggression Model

Katalysator-Modell

Transfer-Modell

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Medien- und Gewaltforschung Forschungsdesign

• Experimente und Querschnittsbefragungen

• Langzeit- bzw. Längsschnittstudien

• Methoden der Hirnforschung

• Meta-Analysen

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Kritik zum Forschungsdesign

Ausschließliche Forschung im Laborkontext

Immer gleiche Fragestellungen im gleichen

Strickmuster

Künstlichkeit und Realitätsferne

Wenig Langzeituntersuchungen

Fehlende Übertragbarkeit auf Realität

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Katharsisthese

• Positive Effekte von Mediengewalt• Unschädliche Abfuhr des Aggressionstriebs

PROBLEM

Mangelhafte empirische Befunde, dennoch immer noch in Umlauf

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Suggestionsthese

• Nachahmungseffekte von Mediengewalt

• Monokausaler Ansatz -> Ansteckungsgefahr

• Werther-Effekt (Suiziduntersuchungen -> Eventuelle

Zusammenhänge durch Art der Berichterstattungen)

• School-Shooting

PROBLEM

Nur bedingt nachweisbar.

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Habitualisierungs-/ Desensibilisierungsthese

• Abstumpfungseffekt durch langfristigen Konsum

medialer Gewalt

PROBLEM

Ergebnisse: heterogen und widersprüchlich

Nachweisbarkeit zu realer Gewalt umstritten

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Kultivierungsthese

• Übernahme eines gewaltgeprägten Weltbildes durch

Gewaltmedienkonsum

• -> Kriminalitätsfurcht + Gewaltlösungen

PROBLEM

Vorstellung von passiver Übernahme obsolet

Inhalts- und Rezipientenspezifische Einflussfaktoren werden

nicht berücksichtigt

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Excitation-Transfer-Theorie

• Erregungszustände (Triebpotenzial)

PROBLEM

Kausalzusammenhang nicht eindeutig nachweisbar

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Priming-Ansatz

• Kurzfristige Mobilisierung aggressiver Kognitionen +

Feindseligkeit durch Gewaltmedien

• Vorstellung: Aufbau netzwerkartiger Hirnstrukturen

PROBLEM

Keine neurobiologische Beschreibbarkeit

Ausschließliche Laboruntersuchung

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Sozial-kognitive Lerntheorie

• Lernen durch Beobachtung:

• Positive Gewaltlösungen (Belohnung) führen zu realen

Gewalthandlungen

• Gewaltvermeidung durch Angst vor Strafe, Ausgrenzung,

Schuldgefühlen

PROBLEM

Nichtberücksichtigung der Eigenschaften des Beobachters

und seinen situativen Bedingungen

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Skript-Theorie

• Enthält Elemente von Priming-Ansatz und

Lerntheorie

• Aufbau mentaler Routinen, die zur Gewaltausübung

führen

• Aktivierung durch Schlüsselreize möglich

• Bewertung der Konsequenzen führt zu Verstärkung

oder Skriptänderung

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General Aggression Model

Universeller Ansatz Häufig angewendeter theoretischer Rahmen

Beeinflussung durch Situationsvariablen: - Kognitionen- Affekte- Erregung- Situationseinschätzung- Feedback über Verhaltensweisen- Herausbildung aggressiver Persönlichkeitsstrukturen durch

Desensibilisierungsprozesse

PROBLEMVerlust der Präzisierung aufgrund breiter Anwendbarkeit

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Katalysator-Modell

• Entwickelt von Christopher J. Fergusen: • situationale und motivationale Katalysatoren• Antisoziales Aggressionsverhalten aufgrund:• Genetik, Impulskontrollmangel, familiäre Einflüsse,

Gewalterfahrungen, aggressionsauslösende Umweltfaktoren (Stress)

ERGEBNIS

Mediale Gewalt löst kein Gewaltverhalten aus, kann aber die Ausgestaltung der Gewaltanwendung beeinflussen

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Transfer-Modell

• Wurde im Hinblick auf Computerspiele entwickelt:• Übertragung von Reizeindrücken (Computer -> Realität)• Normalerweise Verhinderung durch Rahmenkompetenz

des Rezipienten• Ergebnis (überwiegend qualitative Studien):• Zusammenhänge zwischen Kontextfaktoren (Umfeld,

Person, Gewalteigenschaften von Medien) -> unterschiedliche Wirkungspotenziale

PROBLEMBislang wenig untersucht

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Gefährdung bestimmter Subgruppen

1. Geringes Familieneinkommen

2. Niedriger Schulabschluss der Eltern

3. Niedrige Verbalintelligenz

4. Psychiatrische Auffälligkeiten

5. Elterliche Vernachlässigung

6. Gewalt in der Nachbarschaft

7. Erfahrene Gewalt in der Schule

8. Aggressionen in Peers

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Forschungsergebnisse A. Einflussgrößen

Mangelnde

Selbstbeherrschung

Werteklima in der

Freundesgruppe

Soziale Lage der

Familie

Familiäre Gewalt

Körperlicher

Missbrauch

Vernachlässigung

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B. Personenvariablen

Männlich

Aggressive Disposition

Hoher Risiko- und Erregungsbedarf (Sensation-

Seeking)

Soziales Umfeld (Familie, Freundeskreis) mit

hohem Mediengewaltkonsum + ausgeprägten

Gewaltverhalten

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C. Inhaltliche Faktoren

Darstellung von Gewalt als gerechtfertigt

Gewaltausübung durch attraktive Personen mit

Identifikationspotential

Belohnung von Gewaltverhalten bzw. Ausbleiben

von Bestrafung

Ausblenden der Opferperspektive

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Medienpädagogische Interventionsstrategien

• Restriktive Maßnahmen (Aber Vorsicht: Verbote = Forbidden-Fruit-Effekt!)

• Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten

• Freizeitbeschäftigung

• Co-Viewing (mit Kommentieren!)

• Kommunikative Auseinandersetzung

• Anleitung zum kritischen Bewusstsein

• Perspektivenübernahme (Gewaltopfer)

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Fazit

Einigkeit herrscht in der Uneinigkeit!

Der kleinste gemeinsame Konsens könnte folgendermaßen lauten:

Mediengewalt kann einen Einfluss auf die Aggression des Rezipienten haben, wobei es sich hierbei allerdings nur um einen Faktor in einem komplexen Geflecht von Ursachen handelt!

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Literatur

• www.ard.de/home/ard/Machen_Medien_gewalttaetig_/76046/index.html

• Aufenanger, Stefan (2005), Macht Fernsehen wirklich „dick, dumm, krank

und traurig“? Unveröffentlichtes Manuskript, URL:

www.mediaculture-online.de

• Bonfanelli, Heinz (2004): Neue Perspektiven: Kognitive Medieneffekte

aus: Medienwirkungsforschung I. Grundlagen. 3. Auflage, Konstanz: UVK

Verlagsgesellschaft mbH.

• Früh, Werner; Wünsch, Carsten (2005): Wirkung, aus Hüther, Jürgen;

Schorb, Bernd (Hrsg.) (2005): Grundbegriffe der Medienpädagogik,

München: Kopäd Verlag.

• Hüther, Jürgen; Schorb, Bernd (Hrsg.) (2005): Grundbegriffe der

Medienpädagogik, München: Kopaed Verlag.

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Literatur

• Kunczik. Michael; Zipfel, Astrid (2010): Bericht für das

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,

edien und Gewalt, Befunde der Forschung 2004-2009.

• Lukesch, Helmut (2002): Ergebnisse der Mediengewaltforschung:

Überblick und Probleme. Vortrag auf dem Kongress „Mediengewalt.

Handeln statt Resignieren!“ in der LMU München (27.07.2002).

• Schweiger, Wolfgang (Hrsg.) (2013): Handbuch

Medienwirkungsforschung. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

• Tenorth, H.-E.; Tippelt, R. (2007): Beltz Lexikon Pädagogik,

Weinheim und Basel: Beltz Verlag.

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Kritische Reflexion – Mein Fazit I

(Angebliche) 5000 Studien finden keinen Konsens Mängel im Forschungsdesign (Realitätsferne,

fragliche Methoden usw.) sowie fragliche Ergebnisse durch Meta-Studien-Analysen unterschiedlicher Untersuchungsdesigns

Wenig konkrete und differenzierte Untersuchungsergebnisse

Es bleiben viele Fragen bleiben offen

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Kritische Reflexion – Mein Fazit II

• Familie ist wichtiger als Medieneinflüsse!

• Nachweislicher Medieneinfluss bei

problematischen Familienverhältnissen

• Kinder aus intakten Familien wenig gefährdet

• Alltagstheorien müssen unbedingt anhand von

Wissenschaftstheorien überprüft und öffentlich

kommuniziert werden