Nachhaltig Spenden sammeln – Fundraising in der Schweiz · • Institutionen im Kultur-,...

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Nachhaltig Spenden sammeln – Fundraising in der Schweiz

Arbeitstagung vahs 11.1.2016 Andreas Cueni/Roger Tinner

Agenda

•  Fundraising als nachhaltiges Spendensammeln •  Ein Blick auf den Markt •  Ein Blick auf Spenderinnen und Spender •  Ein Blick auf die Nonprofit-Organisationen •  Ein Blick auf FundraiserInnen •  Trends im Fundraising •  Fazit

Fundraising – fragen wir den Bund?

Englisch: fund-raising Französisch: recherche/collecte de fonds Italienisch: ricerca di fondi Deutsch: Geldbeschaffung? „Gesamtheit der

Aktivitäten zur Erlangung von Vermögenswerten aus legalen oder illegalen Quellen. Als legale Quellen gelten z.B. kommerzielle, industrielle oder karitative Aktivitäten, als illegale Handel mit Drogen, Geiselnahme oder Erpressung“?

(Termdat, 2014, Terminologie zur Finanzierung des Terrorismus)

Fragen wir den Bund später noch einmal!

Englisch: Fundraising Deutsch: Fundraising Systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten einer steuer-begünstigten Organisation, welche darauf abzielen, alle benötigten Ressourcen (Geld-, Sach-, Dienstleistungen) durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürf-nissen der Ressourcenbereitsteller (Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen, öffentliche Institutionen) zu möglichst geringen Kosten zu beschaffen.

(Termdat, 2016, https://www.termdat.bk.admin.ch - offensichtlich übernommen von Michael Urselmann: Fundraising)

Die Lehren der Angelsachsen

Geht's um Geld? Nicht als Selbstzweck, als Mittel zum Zweck, zum guten Zweck!

Sprechen wir von Ideen für eine bessere Welt. «Fundraising isn’t about asking for money. It’s

about inspiring people to believe that they can make a difference – then helping them to make it. So fundraising ist the inspiration business.»

(Ken Burnett, The ZEN of Fundraising, 2006)

Was ist eigentlich Spenden?

Eine Spende ist aus Sicht des Gebenden eine freiwillige Leistung ohne marktadäquate materielle Gegenleistung.

Einzigartige Handlung oder in unserem Luxusartikel-Markt gang und gäbe? Kleider, Parfums?

Brauchen NPO deshalb wie die Luxusindustrie intensives Marketing zum Erfolg?

Was ist der Unterschied zwischen Fundraising und Überfall? Der Täter kommt zurück!

Der Fundraiser will eine nachhaltige Partnerschaft mit den Gebenden etablieren.

Ein Blick auf den Markt

Fragen an Quellen wie •  Spendenstatistik Zewo •  gfs-Spendenmonitor (bis 2014) •  Swissfundraising-Spenden- und Imagebarometer (ab 2015, noch unveröffentlicht): Ist es hart geworden im Fundraising? Haben wir einen Verdrängungsmarkt unter NPO? Wende ich mich an UBS und Novartis? Oder findet sich für jedes Bedürfnis eine Stiftung? Sind Facebook und SMS die treibenden Kanäle?

Spendenvolumen in Mio CHF (Zewo-Spendenstatistik 2003 bis 2014)

Spendenkategorien I (Zewo-Spendenstatistik 2014)

Spendenkategorien II (Zewo-Spendenstatistik 2014)

Spendenkanäle (Zewo-Spendenstatistik 2014)

Ein Blick auf Spenderinnen und Spender

Fragen an Quellen wie •  Omnibus-Befragung Zewo •  gfs-Spendenmonitor (bis 2014) •  Swissfundraising-Spenden-/Imagebarometer Ist die Bevölkerung Weltmeister im Spenden? Welchen Budgetanteil reserviert sie dafür? Hat sie rein altruistische Motive? Welche Organisationen haben ihr Vertrauen?

Anteil SpenderInnen an Bevölkerung (Zewo-Omnibus-Befragung 2014)

Haben im letzten Jahr gespendet (72 %)

Können sich vorstellen im nächsten Jahr zu spenden (9%)

Spenden gar nicht (15 %)

Keine Angaben / weiss nicht (4 %)

Spendenhöhe pro Jahr (Zewo-Omnibus-Befragung 2014) Bundesamt für Statistik: Durchschnitt 25 Franken/Monat von 5557 Franken

Durchschnitt CHF 579, Median bei CHF 200

Spenden im Lebenszyklus (gfs-Spendenmonitor 2014 gemäss Zeitschrift „Grosseltern“ 11/2014)

Gründe für Spenden Voraussetzung immer: gefragt werden! (gfs-Spendenmonitor 2014 gemäss Zeitschrift „Grosseltern“ 11/2014)

Faktoren beim Spenden (Zewo-Omnibus-Befragung 2014)

Vertrauen SpenderInnen (Zewo-Omnibus-Befragung 2014)

Die Bevölkerung im internationalen Vergleich?

World Giving Index der Charities Aid Foundation hat die Schweiz auf Platz 40 für das Jahr 2015 (2013:12). Platz 1 hat (logischerweise) Myanmar, USA, NS, CA. 3 Dimensionen: Donation Money: 32., Volunteering: 43. Helping a Stranger: Rang 6 (cafonline.org)

Was kostet Fundraising?

•  Kostenstruktur der Werke mit ZEWO-Gütesiegel: 79% für Leistungen, 13% Admin, 8% Fundraising •  Fundraising-Effizienz: 21 Rappen nötig, um einen Spendenfranken zu beschaffen (Median: Hälfte NPO schafft mehr als 5 Franken, Hälfte weniger) •  Neustart ist schwierig und kaum kostendeckend •  Organisationskapital entspricht durchschnittlich Ausgaben eines Jahres (Median bei 7 Monaten) •  Rund 500 Organisationen haben Gütesiegel; Rest! (Quelle: „Kennzahlen und Benchmarks für Hilfswerke“, ZEWO-Studie 2015, erstellt von Uni Freiburg https://www.zewo.ch/fur-hilfswerke/service/kennzahlen)

Wer ist im Fundraising tätig?

•  Keine Erstausbildung, Berufseinstieg mehrheitlich mit über 30 Jahren, für fast 80 Prozent «zufällig».

•  Eine Mehrheit mit Uni- oder FH-Abschluss. •  Rund 35 Prozent hauptsächlich im Public Fundraising

tätig, rund 20 Prozent im Stiftungsfundraising. •  60 Prozent empfinden «Stolz», wenn man sie nach

ihrem Beruf fragt, 4 Prozent «Scham». •  Fast 70 Prozent sagen, dass sie weniger Gehalt als in

vergleichbaren Funktionen ausserhalb von NPO als «Preis» für ihre sinnvolle Arbeit bezahlen.

•  Knappe Mehrheit von Frauen (Verband, Umfrage). Diplomarbeit «FundraiserIn – Berufswege und Motivation» von Roger Tinner, Geschäftsführer

Was motiviert FundraiserInnen?

(Darstellung nach Tinner, 2015)

Wo lernen Fundraiserinnen?

Sie nutzen Dienstleistungen von Swissfundraising l  Referate über Mittag zum Einstieg („Erfatreffen“) l  Tagesseminare l  Fachgruppen l  Ausbildungen an ZHAW in Winterthur (DAS) und VMI

der Uni in Fribourg (CAS) l  14täglich E-Newsletter l  Fachzeitschriften in Mitgliedschaft inbegriffen l  Bücher l  Zusammenarbeit mit Beratenden/Dienstleistern http://swissfundraising.org/de/60/Dienstleistungen.htm plus private Weiterbildungsanbieter

Trends im Fundraising

Fragen wir doch die Fundraiserinnen und Fundraiser selbst, was sie für Trends sehen: Welche Themen wünschten sich die FundraiserInnen in den letzten zwölf Monaten für Weiterbildungs-Veranstaltungen? Für welche Aufgaben wurden in den letzten zwölf Monaten (neue) Jobs auf swissfundraising.org ausgeschrieben?

Trends im Fundraising (Themen) Gleichzeitig eine Übersicht über einzelne Tätigkeiten des Fundraisings

Trends im Fundraising

1)  Markt: Immer mehr Akteure, neben klassischen NPO auch aus bisher rein öffentlich finanzierten Bereichen

2)  Fundraising: Alle wollen «nach oben» in der Spenderpyramide.

3)  Fundraising: Professionalisierung und Spezialisierung nehmen zu.

4)  Fundraising: Neue Kanäle dominieren Diskussion, traditionelle Kanäle bringen die Mittel.

5)  SpenderInnen: Teilhabe statt nur Teilen.

1) Markt: Immer mehr Akteure

•  Internationale NPO, die neu in die Schweiz kommen. Bringen Know-how mit, wie sie sich entwickeln wollen. Ist Greenpeace Schweiz einheimisch oder Migrantin? •  Bisher selbst «spendende» Förderstiftungen, die nun selbst finanzielle Mittel akquirieren. •  Institutionen im Kultur-, Gesundheits- und Bildungsbereich, wie Unis, Spitäler, weitere Forschungsinstitute – und jetzt auch die Kirchen? Bemühen sich neu oder intensiver um „Drittmittel“ •  SpenderInnen, die zu Einmann/Einfrau-NPO werden, z.B. um Flüchtlingen direkt zu helfen oder dem Dorf, das sie im Feriendomizil entdeckt haben

2) Fundraising: Alle wollen «nach oben»

(Darstellung nach Neukirchen)

3) Fundraising: Professionalisierung

•  Die Professionalisierung/Spezialisierung nimmt insbesondere bei grösseren NPO zu, weil dadurch Markt besser abgeschöpft werden kann.

•  Aus- und Weiterbildungsmarkt, aber auch Verband entwickelt sich parallel dazu schneller.

•  Bessere (wissenschaftliche) Grundlagen führen zu spezifischer Ansprache von Zielgruppen und Einsatz eines eigentlichen Fundraising-Mix.

•  Kleinere NPO fühlen sich zunehmend überfordert mit Management von Kanälen/Zielgruppen etc.

•  Strategische und operationelle Führung fordert Fundraising-Verantwortliche, will Zahlen sehen

4) Fundraising: Neue Kanäle, aber...

•  Seit Jahren boomen Weiterbildungen und Dienstleister für neue Kanäle wie Online-Fundraising, der Return lässt auf sich warten: Spendermarkt scheint ziemlich träge (vgl. Zewo-Statistik).

•  Die neuen Möglichkeiten werden seit der Verbreitung von Mail und Internet Ende 1990er besprochen

•  In der Schweiz ist Directmailing nach wie vor der «Königsweg», um zu Spenden zu kommen.

•  Intensive Kooperation zwischen Organisationen, Stiftungen und grosszügigen Privaten (manchmal eine Firma) beginnen mit der Schaffung von personellen Kapazitäten auf der Nonprofit-Seite

5) SpenderInnen: Teilhabe statt Teilen (I)

•  Ken Burnetts Zitat bringt es auf den Punkt: SpenderInnen wollen heute an Projekten, Massnahmen, Visionen teilhaben, also selbst Teil davon werden (insbesondere bei Stiftungen und Legaten, immer mehr aber auch bei Einzelspenden).

•  Dafür stehen z.B. Crowdfunding-Plattformen und –Projekte, die für kleinste Spenden «Teilhabe» zusagen.

•  Das «Ideal» dieser Teilhabe ist das eigene Hilfswerk, das eigene Projekt, das in ein paar Minuten auf einer Plattform erfasst ist und weltweit sichtbar wird (virtuelle Mikro-NPO wie Mikro-Unternehmen, vgl. die neue, virtuelle «Do-it-yourself-Philosophie)

5) SpenderInnen: Teilhabe statt Teilen (II)

Lebensende (Digital Absents) Lebensmitte (Digital Immigrants) Jugend (Digital Natives)

Fazit

•  Es gibt gute und schlechte Nachrichten. •  Der Markt entwickelt sich, bei Privatspenden und Stiftungen. •  Technische Entwicklungen hier nicht wichtigster Faktor. •  Klassische (Schweizer) NPO sind weiterhin marktdominant,

sehen sich aber vor Herausforderungen: internationale NPO, Wissenschafts-Institute, selbst operative SpenderInnen.

•  Spenderinnen und Spendern können sie nur dann «Teilhabe» bieten, wenn sie starke Marken sind/werden, überzeugende «Narrative» haben und ihre Wirkung dokumentieren können.

•  Das kostet Arbeit und Fachwissen. •  Aller Anfang kann schwer sein.