PlanungundAuswertungklinischerund experimentellerStudien: … · 2010-10-04 ·...

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Planung und Auswertung klinischer und

experimenteller Studien:

Studienplanung

Institut für Medizininformatik, Biometrie und EpidemiologieUniversität Erlangen - Nürnberg

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Einordnung in den Ablauf

1. Studienplanung

• Konkrete Darstellung des Problems

• Formulierung der wissenschaftlichen Hypothese

• Auswahl des Studiendesigns

2. Detailplanung der Erhebung, Datenmanagement

3. Deskriptive Auswertung, statistische Tests

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Konkrete Darstellung des Problems

• FALSCH: „Kann die Versorgung von Diabetikern durchdie HbA1c-Messung verbessert werden?“

• RICHTIG: „Läßt sich durch eine vierteljährige Bestim-mung des HbA1c das Auftreten von Spätkomplikationenbei insulinpflichtigen Diabetikern verhindern?“

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• Formulierung der Hauptfrage und Formulierung von Ne-benfragen

– Reduktion des Problems auf eine Hauptfrage

– Welche Nebenfragen lassen sich zusätzlich beant-worten, wenn Studie anhand der Hauptfrage konzi-piert wird?

• Das Fehlen einer klaren Frage macht die Planung, Durch-führung und nachvollziehbare Interpretation einer Un-tersuchung schwierig bis unmöglich.

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Formulierung der wissenschaftlichen Hypothese

• Die zu untersuchende Frage muß in die Formulierungeiner Hypothese umgesetzt werden, deren Gültigkeitdann in der zu planenden Studie geprüft wird.

• Die Nullhypothese soll durch einen statistischen Testwiderlegt werden.

• Die Forschungshypothese wird als Alternativhypotheseformuliert.

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Auswahl des Studiendesigns

• Das Studiendesign wird so gewählt, daß die Hauptfragebeantwortet werden kann.

• Medizinische Studien können nach mindestens drei Kri-terien eingeteilt werden:

– Beobachtung oder Experiment

– prospektiv oder retrospektiv

– Längssschnitt oder Querschnitt

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Wichtige Studientypen

1. Fall-Kontroll-Studie

• retrospektive Beobachtungsstudie: Gesamtgruppe ist nachdem Auftreten eines Zielereignisses unterteilt und eswird rückblickend (d.h. retrospektiv) nach dem Vorlie-gen einer Exposition gefragt.

• Beispiel: Zusammenhang zwischen Rauchen und Lun-genkrebs

• gut geeignet bei seltenen Zielereignissen

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2. Kohortenstudie

• prospektive Beobachtungsstudie: Gesamtgruppe ist nachihrem Expositionsstatus unterteilt. Auf das Eintretendes Zielereignisses wird gewartet.

• Beispiel: Krebserkrankungen in der Nähe von Atom-kraftwerken

• gut geeignet bei seltenen Expositionen

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3. Randomisierte klinische Studie

• Experimentelle Studie: Durch Variation wird der Ein-fluß eines Faktors auf ein zu untersuchendes Kriteri-um bestimmt. Dazu wird die Gesamtgruppe zufällig inmehrere Gruppen eingeteilt.

• Beispiele: Wirksamkeit von Medikamenten, Vergleichzweier Therapien

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Weitere Studientypen

• Auswertung von Registerdatenbanken

• Laborexperiment

– Wiederholungssmessungen unter gleichen Bedingun-gen sind oft Teil des Versuchsplans.

– Reproduzierbarkeit läßt sich experimentell überprü-fen.

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Probleme von nicht-experimentellen bzw.nicht-randomisierten Studien

• Es lassen sich prinzipiell keine Schlußfolgerungen überkausale Zusammenhänge ziehen, weil andere Erklärungs-möglichkeiten außer der geprüften Exposition nicht aus-geschlossen werden können.

• Bei fehlender Randomisation können sich die zu ver-gleichenden Patientengruppen in für die Prognose re-levanten Merkmalen unterscheiden (Confounding).

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Aussagekraft von Studiendesigns - Erkenntnispyrami-de

1. Fallstudie2. Fälle ohne Kontrollen

3. Fälle mit Literaturkontrollen4. Auswertung von Registerdatenbanken

5. Beobachtungsstudien mit Kontrollgruppe6. Klinische Studie mit historischen Kontrollen

7. Eine randomisierte kontrollierte klinische Studie8. Mehrere randomisierte kontrollierte klinische Studien

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Aspekte der Studienplanung

• Definiton der Zielpopulation

• Fallzahlplanung

• Randomisierung

• Beobachtungsmethoden

• Studienprotokoll

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Definiton der Zielpopulation

• Mit Population (Grundgesamtheit) wird die Gruppe be-zeichnet, über die eine Aussage gemacht werden soll.

• Bestimmung der Ein- und Ausschlußkriterien

• Beispiel: Die Gruppe der Raucher und die Gruppe derNichtraucher zwischen 20 und 50 Jahren, die nicht ineiner Großstadt leben.

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Fallzahlplanung

• Güte einer statistischen Aussage hängt von der Fallzahl(Stichprobenumfang) ab.

• Zunächst wird ein klinisch relevanter Unterschied zwi-schen den zu untersuchenden Gruppen festgelegt.

• Man wählt die Fallzahl so groß, daß mit einer vorgege-benen, möglichst großen Wahrscheinlichkeit ein signifi-kanter Unterschied zwischen den Gruppen beobachtetwerden kann (wenn mindestens der klinisch relevanteUnterschied vorliegt).

• Die Fallzahl hängt von statistischen Größen (z.B. Mit-telwert, Varianz) und dem zu verwendenden Test ab.

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Randomisierung

• Einfache Randomisierung

– Jeder Patient der Gesamtgruppe wird zufällig einerBehandlungsgruppe zugeordnet

– Behandlungsgruppen können (zufällig) unterschied-lich groß sein.

– Behandlungsgruppen können sich (zufällig) bezüg-lich prognostisch wichtiger Faktoren (z.B. Geschlecht,Alter) unterscheiden.

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• Blockrandomisierung zur Sicherstellung gleichgroßerGruppen

• Stratifizierte Randomisierung zur Vermeidung derUnterschiede bzgl. prognostischer Faktoren

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Beobachtungsmethoden

• offene Studien: Die Zuordnung des Studienteilneh-mers zu einer Behandlungsgruppe ist allen bekannt.

• einfachblinde Studien: Nur dem Teilnehmer selbst istdie Zuordnung unbekannt.

• doppelblinde Studien: Dem Teilnehmer und dem Un-tersucher ist die Zuordnung unbekannt.

• dreifachblinde Studien: Auch dem auswertenden Sta-tistiker ist die Zuordnung unbekannt.

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Studienprotokoll

Jede Untersuchung benötigt ein Studienprotokoll. Darinwerden u.a. oben genannte Planungsaspekte festgehalten.Ein Studienprotokoll beinhaltet:

• Zielsetzung und Begründung des Vorhabens

• Beschreibung des Studiendesigns

• Definition der Zielpopulation

• Charakterisierung der zu vergleichenden Behandlungen

• Methodik der Auswahl von Studienpatienten

• Handhabung des Randomisationsverfahrens

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• Angaben zur Ver- und Entblindung

• Begründete Angaben zum Studienumfang

• Beschreibung der verwendeten Messverfahren

• Ermittlung, Dokumentation und Bewertung unerwünsch-ter Ereignisse

• zeitlicher Studienablauf

• Kriterien für den Abbruch der Studie

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• Verfahren zur Kontrolle der Einhaltung des Protokollsund Korrektheit der Dokumentation

• Biometrische Auswertungsmethoden für die Datenana-lyse am Ende der Studie

• Ethikkommission/Patientenaufklärung

• Quellenangaben

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Praktisches Beispiel 1

Zur Verbesserung der Prävention berufsbedingter Haut-schäden soll am Beispiel des Friseurberufes untersucht wer-den, welche Risikofaktoren Hautschäden der Hände verur-sachen. Führen Sie eine Planung der Studie anhand derfolgenden Punkte durch!

1. Hauptfragestellung bzw. Nebenfragestellung

2. Studiendesign

3. Zielpopulation

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Lösungsmöglichkeit

• Hauptfragestellung: Beeinflußt die Art der beruflichenTätigkeit die Entwicklung von Hautschäden an denHänden?

• Nebenfragestellung:Welche Faktoren können sich zu-sätzlich zur beruflichen Tätigkeit auf die Entwicklungvon Hautschäden auswirken? (Faktoren wie z.B. Emp-findlichkeit der Haut)

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• Geeignetes Studiendesign: Kohortenstudie. Gruppevon auszubildenden Friseuren wird ab Beginn der Aus-bildung beobachtet und mit einer Kontrollgruppe vonAuszubildenden im kaufmännischen Bereich verglichen.

• Zielpopulation: Versuchseinheiten werden aufgrund desZielkriteriums „Beginn der Ausbildung“ ausgewählt. Ein-schlusskriterium kann z.B. eine bestimmte Region sein.

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Praktisches Beispiel 2

Es soll untersucht werden, ob eine unterschiedliche An-zahl von Nadeln, die zur Verkochung von Lebermetasta-sen eingesetzt werden sollen, unterschiedliche Ergebnissebezüglich der Fläche des verkochten Gewebes erzielt. Da-bei sollen drei Applikationen getestet werden, eine einfacheApplikation mit einer Nadel, eine Zweifachapplikation undeine Dreifachapplikation, bei der die Nadeln in Dreiecks-form angesetzt werden. Planen Sie die Duchführung einerStudie, die obige Frage beantworten kann, anhand folgen-der Punkte:

1. Studiendesign25

2. Durchführung der Experimente

Lösungsmöglichkeit

1. Studiendesign

• Es handelt sich eindeutig um ein Laborexperiment.

• Versuchseinheiten sind Tierorgane, z.B. Rinderlebern.

• Ein Experiment am Menschen wäre ethisch nicht ver-tretbar.

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2. Durchführung der Experimente

• genaue Planung, wie Applikationen auf Lebern verteiltwerden

• optimale Situation: pro Leber werden alle Applikations-formen durchgeführt

• falls nicht möglich, da z.B. einige Organe zu klein sind,muß überlegt werden, wie optimale Situation am bestenangenähert werde kann

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Praktisches Beispiel 3

Bei einer bestimmten Erkrankung besteht die derzeitigeTherapie in der Verabreichung einer systemischen Medika-tion. Die Dosierung erfolgt patientenabhängig. Es soll nununtersucht werden, ob die zusätzliche Verabreichung einerlokalen Medikation eine Verbesserung im Therapieverlaufbewirkt. Führen Sie eine Studienplanung durch und beach-ten Sie dabei folgende Punkte:

1. Welches Studiendesign soll angewandt werden?

2. Wie könnte die Zielpopulation festgelegt werden?

3. Welche Probleme sehen Sie bei der Beantwortung obi-ger Fragestellung?

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Lösungsmöglichkeit

• Studiendesign: klinische Studie mit zwei Gruppen

– Gruppe 1 bekommt Basistherapie (systemische Me-dikation).

– Gruppe 2 bekommt zusätzlich zur Basistherapie lo-kale Medikation.

• Zielpopulation:

– Versuchseinheiten sind erkrankte Personen.– Randomisation z.B. geschichtet nach prognostischenFaktoren

• Beobachtungsmethodik: z.B. einfachblind

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Probleme:

• Dosierung der Basistherapie ist patientenabhängig. (Nichtjeder Patient in Untersuchung bekommt gleiche Mengeder systemischen Medikation.)

• Wirkung der zusätzlichen lokalen Medikation nicht ein-deutig, da Basis nicht gleich ist.

• Grundversorgung der Patienten muss gewährleistet sein.

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Gute Literatur

Schumacher/Schulgen, Methodik klinischer Studien, Sprin-ger, 2002

Trampisch/Windeler,Medizinische Statistik, Springer, 2000

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