Polymedikation: Blick in eine Blackbox · Polymedikation: Blick in eine Blackbox Dr. med. Chrigel...

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Polymedikation:Blick in eine Blackbox

Dr. med. Chrigel Marti, mediX Gruppenpraxis Zürich

Dr. med. Felix Huber, mediX Gruppenpraxis Zürich

Oliver Strehle, MedSolution AG , Zürich

Jahreskongress Swiss Family Doctors Basel 25.-27.08.2011

mediX-Gruppenpraxis

• >20 ÄrztInnen verschiedener Fachrichtungen

• Elektronische Krankengeschichte:

ein Dossier/Patient !

• Management-Partner von 8 Ärztenetzen

MedSolution AG

Definition Polymedikation

Gleichzeitige (systemische!) Anwendung von 5 oder mehr Medikamenten

Nicht gezählt: topische Produkte wie Dermatologika,Rheumasalben,Augentropfen (ausser Glaukom-Tr)

Datengrundlage

Sämtliche* eingereichte Medikamentenrechnungen

aller Hausarztmodell-Patienten einer Partnerversicherung, die im Jahr 2009 in der mediX-Gruppenpraxis eingeschrieben waren

* Gruppenpraxis, Spezialisten, Spital

Ergänzt um Informationen aus Krankgengeschichte

(Diagnosen, Eingriffe etc)

3 Thesen als Einstieg

Polymedikation beruht auf

1. Polymorbiditätzwei oder mehr Krankheitszustände gleichzeitig

und/oder

2. Koordinationsdefiziten

ungenügende Koordination unter den Therapeuten

und/oder

3. therapeutische Eskalation

verkannte Nebenwirkungen/Interaktionen werden mit

zusätzlichen Medikamenten behandelt

These 1

Thema: Polymorbidität

Polymorbidität

wenn mindestens 2 der folgenden Muster vorhanden:

1. 60% Blutdruck: behandelte Hypertonie

2. 39% Gefäss-Pt: KHK, CVK, PAVK, Aneurysma …

39% Schmerz-Pt: Arthrosen, Arthritis, Osteoporose, Fibromyalgie, Metastasen

4. 25% ZNS/Psyche:Demenz, Parkinsons, Psychiatrisches, Schlafstörungen

5. 23% Diabetes mellitus:

These 2

Thema: Koordinationsdefizit

In KG oft schlecht oder gar nicht dokumentiert:

Schnittstellen:häufig Koordinationsdefizite!

In KG oft schlecht oder gar nicht dokumentiert

Schnittstellen:häufig Koordinationsdefizite !

These 3

Thema:

therapeutische Eskalation, wenn verkannte Interaktionen/Nebenwirkungen durch zusätzliche Medikamente behandelt werden

Medikationsbedingte Hospitalisationen

Hospitalisationen total: 102

Medikationsbedingt: 3 (alle polymediziert!)

1 anämisierende Magenblutung

(Aspirin/Marcoumar/Ponstan-Selbstmedikation)

2 Schwere Elektrolytentgleisungen unter Hygroton

Problem-Medikationen(PRISCUS-Liste):

potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen

Wir finden mehr Hospitalisationen bei Patienten (65+) mit Problemmedikation!

Wir finden mehr Hospitalisationen bei Patienten (65+) mit Problemmedikation!

Zusammenfassung

Allgemein:

Polymedikation ist ein Problem des Alters (1/3 der Medizierten im Alter 70+)

Zusammenfassung

These 1:

Polymorbidität ist die Hauptursache der Polymedikation

80% der Polymedizierten hatte mehr als 1 chron. Krankheit

These 2:

Koordinationsdefizite = Schnittstellenprobleme Polymedikation

20% der Substanzen wurden von praxisexternen Leistungs- erbringern eingesetzt, dem zuständigen Hausarzt teilweise schlecht oder gar nicht bekannt.

These 3:

Therapeutische Eskalation Polymedikatikon : Schwierig zu erfassen

HINWEIS: Polymedizierte mit Problem-Medikamenten (PRISCUS-Liste) werden

häufiger hospitalisiert.

Mögliche Schritte zu sinnvoller und/oder reduzierter Polymedikation

1. Chroniker 1-2x/Jahr ALLE Medi mitbringen lassen Medilisten bereinigen

2. Problem-Medikamente bei Älteren weglassen/ersetzen (siehe PRISCUS-Liste)

3. Gewichtung der Therapieziele und der Nebenwirkungen

4. Peer Review von Polymedizierten innerhalb Gruppenpraxis und/oder Qualitätszirkel

Literaturhinweis:

Stefan Neuner-Jehle:

„Zuviel des Guten – Rezepte gegen Polypharmazie“

Primary Care 2011;11: 212-215

Spotlight: Therapeutische Eskalation in der Psychiatrie?

Zwei Beispiele:

• Lamictal+Zyprexa+Remeron+Efexor+Temesta+Exelon gleichzeitig?

Problem: Demenz und Unruhe

• Lyrica+Seroquel+Seralin+Mianserin gleichzeitig?

Problem: Generalisierte Angststörung

Evidenz oder Eskalation?