Post on 03-Jan-2016
description
1
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Präsentation zur Fachtagung der Caritas Berlin am 18. Juni 2008
Dr. phil. habil. Karl-Otto Richter (UCEF)
Wie viel Selbstbestimmung verträgt Pflege?
Aus Ergebnissen eines Benchmark-Projektes zwischen 13 Einrichtungen in MV
2006 – 2007
2
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Impressum
Die vorliegende Präsentation darf durch Interessenten nicht verändert werden. Ihreöffentliche Nutzung ist – bei Angabe der Quelle - gestattet.
Der Autor übernimmt keine Verantwortung für die von anderen Nutzern jeweilspräsentierten Inhalte, deren Interpretation und den Zusammenhang, in den die Inhaltegestellt werden.
Rostock, 18.06.2008
Dr. Karl-Otto Richter
UCEF Markt- und Sozialforschung GmbHAugustenstr. 48aD-18055 Rostock
Fon +49-381-45 91 104Fax +49-381-49 02 855
mail@ucef.de
www.ucef.de
3
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Technischer Hinweis
Die vorliegende Präsentation nutzt durch das Symbol dargestellte Hyperlinks, mit deren Hilfe Sie durch diePräsentation navigieren können.
4
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Der ethik-sensible Job „Pflege“
und das Vermaledeitemit den Begriffen ...
5
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Pflege ist eine Arbeit für Gutmenschen.
... wie Selbstbestimmung.
... wie Würde des Menschen.
Macht.
Und mit Gewalt.
Und dafür stehen dann auch ethisch hochgeladene Begriffe ...
Aber was ist mit ...
6
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Macht
Gewalt
Ich behaupte: Die kommen ins ...
gungseck Verdrängungseck
Ver
drä
ng
un
gse
ck
Ver
drä
n
7
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Das offen Ethische und Ethik undercover
8
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Pflege und Ethik treffen sich offen. Das liegt im Wesen der Pflege begründet,
in dem, was in der Pflege zu tun ist, in den Grenzsituationen, die sie bereit hält, in den Entscheidungen, die sie von Pflegenden fordert ...
Das gilt auch, wenn es um Essen und Trinken geht ...
Aber ...
9
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Das Ethischegibt es in der Pflege auch undercover ...
Und damit ist nicht in erster Liniedie liebevolle Geste oder die kleine Bosheitgemeint.
10
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Bewohner
Angehörige
Hausarzt
Klinik
Ernähr.schwester
Pflegekraft
Pflegeteam
Wirtsch.helfer
Träger
EL/PDL
Küche
Beiräte
Nahrungs-mittel-wirtschaft
Hilfsmittel-Industrie
Pharma-Industrie
Kassen
MDK
Pflege-wissenschaft
Ausbildung
Weiterbildung
Qualitätszirkel
Akteure im Kontext Ernährung und Flüssigkeitsversorgung
Quelle: UCEF
11
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Bewohnerstrukturen
Gesundheitszustand
Individualität/Biografie
Angehörige
finanzieller Status
Personalstrukturen
Qualifikation
verfügbares Personal
zusätzl. Personal
Sensibilisierung/Motivation
Arbeitsteilung
Zeitstrukturen
Ablauforganisation
Zeitbudgets
Kontrollrhythmen
Flexibilität
Kontrollstrukturen
Kontrollinstrumente
Kontrollgremien
Zuständigkeiten
Qualitätssicherung
Machtstrukturen
Kompetenzen
Einflußmöglichkeiten
informelle Macht
Autorität
Anreizstrukturen
systemischeAnreize/Barrieren
individuelle Anreize/Barrieren
UCEF-Grafik
Strukturen im Kontext Ernährung und Flüssigkeitsversorgung
12
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
0 5 10 15 20 25
Anzahl Nennungen
Skalenwert1 2 3 4 5 6
UCEF-Grafik
Jede Bewohnerin hat die Möglich- keit, ihre Bedürfnisse nach Speisen und Getränken zu befriedigen.
Jede Bewohnerin hat die Möglich- keit, ihren Bedarf an Speisen und Getränken zu befriedigen.
Jede Bewohnerin nimmt Speisen und Getränke in einer Umgebung ein, in der sie sich wohlfühlt.
Risiken für eine unzureichende Auf- nahme von Speisen und Getränken sind bei jeder Bewohnerin erkannt.
Beeinträchtigungen, die sich auf die Fähigkeit zur Aufnahme von Speisen und Getränken auswirken, sind bei jeder Bewohnerin angemessen behandelt oder kompensiert.
Jede Bewohnerin mit eingeschränk- ten Fähigkeiten zur ausreichenden oralen Ernährung, ist angemessen mit Energie und Nährstoffen versorgt.
Bewertung der Realisierung von Qualitätszielen – Tiefeninterviews in Häusern der Benchmarkgruppe
13
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Woraus erklären sich diese Unterschiede in der Bewertung?
Wertung
Realität der Ernährung und
Flüssigkeitsversorgung in den Häusern
Reflexionsniveau und
Einfühlungsvermögen
Ausprägung von
Wertvorstellungen
körperliche und geistige Ressourcen der
Bewohner, die jeweils zu versorgen sind
14
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Ethik undercoveroder: Was folgt daraus?
ethisch sensibilisiertes „Abklopfen“ der Organisation und der Qualität des Essens sowie der Versorgung mit Getränken
Differenziertheit der Bewohner als wesentlicher Ausgangspunkt des kritischen Hinterfragens von Ernährung und Flüssigkeitsversorgung
Aber das reicht bei weitem nicht aus.
Zunächst das Naheliegende:
15
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Ethik undercoveroder: Was folgt daraus?
Es reicht nicht aus, denn in der Pflege
werden sehr stark individualisierte Dienstleistungen für und an Menschen erbracht, die tief in deren Leben eingreifen,
ist die Individualität der Personen, die die Dienstleistungen erbringen, nicht von der Dienstleistung selbst zu trennen.
Die Persönlichkeit der Dienstleister
ist konstitutiver Teil der Dienstleistung selbst.
Mehr noch:
16
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Wenn die Persönlichkeit der Dienstleisterkonstitutiver Teil der Dienstleistung ist, stellt sich die Frage nach
der Qualität der Mitarbeiter(innen) im weitesten Sinne,
Ethik undercoveroder: Was folgt daraus?
und danach,
ob und wie die Arbeitsbedingungen es den Mitarbeitern erlauben, ihre Qualität überhaupt zur Geltung bringen zu können und eigenen Ansprüchen an die Arbeit gerecht zu werden – ohne in der Arbeit zu verbrennen.
Aber auch das ist noch nicht genug.
17
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Ethik undercoveroder: Was folgt daraus?
Pflege greift deshalb so tief in das Leben der Betroffenen ein, weil sie darauf angewiesen sind.
In anderen Worten:
Pflegebedürftige sind von den Dienstleistungen abhängig, und damit von den Erbringern der Dienstleistungen.
In noch anderen Worten:
Es ist Macht im Spiel, und sie ist unabdingbar im Spiel.
Und das wirft weitere Fragen auf ...
18
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Ethik undercoveroder: Macht ist immer im Spiel
Macht wirft Fragen auf, die auch im Kontext von Ernährung und Flüssigkeitsversorgung von Belang sind. Zu fragen ist,
wie bewusst sich die Erbringer der Dienstleistungen sind, dass sie damit Macht ausüben,
welche Machtstrukturen die Dienstleistungen wie stark bestimmen,
was davon warum unabdingbar ist, um ein Zusammenleben unter Heimbedingungen zu ermöglichen, was ggf. nur verkrusteten Traditionen geschuldet ist, und was in Machtmissbrauch übergeht.
wie Macht kontrolliert und auf das Minimum beschränkt wird, das für das Funktionieren des Lebens im Heim und für eine angemessene Betreuung und Pflege unabdingbar ist.
19
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Ernährung und Flüssigkeitsversorgung – das Problemfeld insgesamt ...
Quelle: UCEF
20
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
„Ethische Ansprüche?! Möchte ich so behandelt werden?!
Keine Ahnung - ich habe einen Arbeitsplatz, den will ich nicht verlieren ...“
... und nochmal Ethik undercover
21
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Hyperlink-Folien
22
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Zufriedenheit der Bewohnermit Essen und Trinken in verschiedenen Häusern
„Es ist wunderbar hier, man kann immer nachbestellen, man kann auch abbestellen, es ist manchmal zuviel; morgens und abends fährt ein Essenwagen rum, jeder kann sich sein Essen aussuchen, herrliche Brötchen, abends genauso, alle geben sich große Mühe, es ist wunderbar...„
„Unzufrieden bin ich direkt nicht, aber vieles ist nicht in Ordnung: oft langes Warten, zu wenig Leute, staune schon, dass sie keine Rollschuhe kriegen, können ja nicht überall sein; Essen ist alles ein wenig lieblos, man kommt sich manchmal vor wie: alter Mensch, naja; wir haben so oft schon einiges zu verbessern gesucht, zeigt aber keine Wirkung"
23
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Alt und pflegebedürftig -und hochgradig ausdifferenziert
Bewohner von Pflegeheimen sind pflegebedürftig und - in aller Regel - alt. Das ist platt. Aber ...
die Bewohner sind sozialstrukturell ebenso differenziert, wie es die Gesellschaft zu der Zeit war, als die Alten jünger waren
Über soviel Gemeinsamkeit droht unterzugehen, dass die Alten und Pflegebedürftigen so hochgradig ausdifferenziert sind, wie kaum eine andere soziale Gruppe ...
es gibt starke Altersunterschiede der Bewohner das Ausmaß, in dem die Bewohner eigene Ressourcen und Handlungs- möglichkeiten behalten oder verloren haben, ist sehr verschieden und all diese Unterschiede werden noch verstärkt durch die Unterschiedlichkeit von Lebenserfahrungen
24
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Sensibilitätder Mitarbeiter(innen)
„Es gibt Bewohner, die sehr langsam essen. Ich kann keine halbe Stunde danebenstehen, ich muss dann zum Beispiel zwei Leuten das Essen gleichzeitig reichen.„
Abgehakt. So isses ..., erledigt.
„Essenreichen ist keine leichte Tätigkeit. Wenn zum Beispiel drei Bewohner Unterstützung brauchen, werden die zur gleichen Zeit an einen Tisch gebracht, dann geht es rundrum.“
„Das würde mir als Bewohner nicht gefallen. Ich werde abgefertigt, das ist ein lausiges Gefühl ..."
Dann sagt die Mitarbeiterin aber noch:
25
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Wertvorstellungender Mitarbeiter(innen)
„Da hilft auch eine Vorsorgevollmacht nichts, wenn die Tochter sagt, die Mutter kommt dran an den Schlauch, kriegt sie den Schlauch... Der Umgang mit dem Sterben als Thema gehört nun mal dazu und wird verdrängt, das ist eine Vergewaltigung: man darf nicht sterben.„
„Es ist genauso mit dem Essenreichen, wenn er den Mund zumacht und man sagt, noch ein Löffelchen. Auch bei Getränken, wenn er solche Mengen nie gewohnt war, das ist auch wieder eine Vergewaltigung, aber sonst heißt es: schlechte Pflege."
26
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
durchschnittliche Wochenarbeitszeit (in Stunden)
1,1
1,2
1,3
1,4
1,5
1,6
1,7
1,8Pflegeanspruchsstunden je Arbeitsstunde
Krankenstand1 Prozent 2,5 Prozent 5 Prozent
UCEF-Grafik
Annahmen:
nur Beschäftigte in Pflege und Betreuung + 33 Prozent der Hauswirtschaftskräfte
15 min indirekte Pflege je Bewohner(in) täglich
durchschnittlicher Pflegeaufwand nach Pflegestufen (SGB XI)
Das Zeitproblem in der Pflege
Quelle: UCEF-Berechnungen auf Basis von Daten zu Pflegebedürftigen und Beschäftigten in der Pflege aus „Pflegeversicherung in Mecklenburg-Vorpommern, Stichtag: 15.12.2005, (korrigierte Ausgabe)“, Statistische
Berichte K813 2005 01, Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2007.
27
Ernährung & Flüssigkeitsversorgung in der stationären PflegeBenchmarkprojekt 2006-2007
UCEF
Macht undEthik undercover
„Im Grunde genommen ist alles, was ich mit den Bewohnern mache, mit Macht verbunden."
„Macht? Kann man Macht sagen? Machtspiele spielen da keine Rolle, das gehört zu meinen Pflichten ...“
Nachdenkliche Pause, und dann:
„Macht üben wir vielleicht aus, wo wir sie beschneiden ..."
Nochmal nachsinnen:
„Man könnte Macht ganz schön ausspielen, das kommt auch vor...“
„Ohne Prothese ist Mundzukneifen schlecht, da ist immer eine Lücke, hochkalorische Trinknahrung geht durch jede Schnabeltasse durch."