Post on 28-Jan-2018
Rechtsanwalt in Vietnam Dr. Oliver Massmann IMMOBILIEN
Vietnams Immobiliensektor – Aktuelle Probleme und Loesungen fuer Anleger mit
Ausblick auf die Handelsabkommen TPP 11 und EUVNFTA
Autor: Dr. Oliver Massmann
A. Einleitung
Der gesetzliche Rahmen fuer den Immobilienbereich wird seit dem 01.07.2015 durch das
Immobiliengeschaeftsgesetz (LREB) und das Wohnhausgesetz (LRH) vorgegeben.
Das LREB wurde durch das Dekret Nr. 76/2015/nd-CP eingefuehrt, das LRH durch das Dekret
Nr. 99/2015/nd-CP. Darueber hinaus wurde mit dem lang ersehnten Dekret Nr. 01/2017/ND-CP
vom 06.01.2017 drei Verordnungen, die das Grundbesitzgesetz betreffen, geaendert. Durch diese
Aenderung konnte der Immobilienmarkt neue Investitionen verzeichnen.
B. Fragen
Allerdings bleiben weitere Fragen offen:
1. Verzoegerungen bei der Erteilung von Flaechennutzungsrechten (LURC)
Die Erteilung von Flaechennutzungsrechten an Auslaender ist eine wesentliche Voraussetzung
fuer die Durchfuehrung von Immobilienprojekten. Artikel 75 des Dekrets 95/2015 verpflichtet das
Bauamt zum Erlass einer “Liste von verbotenen Bauprojekten fuer Auslaender”. Eine solche Liste
wurde bisher jedoch noch nicht veroeffentlicht. Aus diesem Grund verzichtet das Amt fuer Natur
und Umwelt auf die Erteilung der LURCs an Auslaender.
Deshalb sollte diese Liste sobald wie moeglich veroeffentlicht werden. So koennten Auslaender,
die in Vietnam Land kaufen, die LURC erhalten und ihre Bauprojekte verwirklichen.
2. Was sind “auslandsfinanzierte Unternehmen”?
Das LREB, das Grundbesitzgesetz und das Investmentgesetz 2014 (LOI) nennen das
“auslandsfinanzierte Unternehmen”. Dennoch bleiben Unklarheiten bestehen. Das LREB nennt
keinerlei Definition. Das Grundbesitzrecht besagt, dass Joint-Ventures, zu 100%
auslandsfinanzierte Unternehmen und vietnamesische Unternehmen, an denen Auslander Anteile
halten, miteinander fusionieren koennen oder untereinander Anteile voneinander erwerben
koennen ohne Anteile zu nennen. Laut des LOI soll eine Gesellschaft mit auslaendischem Investor
ein auslandsfinanziertes Unternehmen darstellen, wenn der Auslaender 51% oder mehr der Anteile
haelt. Auf der anderen Seite werden Gesellschaften mit weniger als 51% nicht als inlaendische
Unternehmen klassifiziert. Dieser Unterschied ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen
Behandlung inlaendischer und auslaendischer Unternehmen entscheidend. So sind z.B.
inlaendische Unternehmen in der Lage, Fleachennutzungsrechte in Form von Teilen einer Flaeche
zu erwerben, waehrend dies den auslandsfinanzierten Unternehmen versagt ist. Dies entspricht
auch dem Inhalt des Dokuments Nr. 386/BXD-Qin vom 28.02.2017 des Bauministeriums, indem
festgestellt wird, dass das LREB keine Bestimmungen ueber auslaendisch finanzierte
Unternehmen erbringen muss, wie es das LOI bereits getan hat. Das Dokument 286 sagt jedoch
nicht aus, dass das LREB dieselbe Definiton uebernehmen kann.
3. Beschraenkungen der Kapitalquellen
Aufgrund der Beschraenkung der Kapitalquellen bei Wohnhaeusern durch das LRH koennen
auslaendische Bauunternehmer keine Kredite von Offshore-Kreditinstituten mehr erhalten. Diese
Massnahme verringert die Moeglichkeit zur effektiven Kapitalerhoehung und letztendlich auch
die Wettbewerbsfaehigkeit der auslaendischen Bauunternehmer. Dies gilt, obwohl keine
Notwendigkeit dazu besteht.
4. Aenderung der Rechte des Grundbesitzers im Falle des Erwerbs von Anteilen/Kapitaleinlage
Artikel 2.27 des Dekrets 01/2017 verpflichtet ein Unternehmen zur Abaenderung von
Grundbesitzrechten oder zur Registrierung von solcher Aenderungen am Land selbst oder an
Zubehoer des Grundbesitzes, sobald eine Aenderung der Eigentumsverhaeltnisse eintritt. Im Falle
des Erwerbs von Grund bleibt dieser solang beim alten Eigentuemer. Ausserdem kann der
Uebertragungsprozess zu finanziellen Verpflichtungen fuehren. Dies kann fuer Investoren zu
Schwierigkeiten fuehren, wenn Aktien erworben wurden oder Kapital ins Unternehmen
eingebracht wurde.
5. Investitionsgenehmigung
Bei der Hauptgenehmigung fuer Wohnsiedlungen handelt es sich entweder um eine Entscheidung
als “in-principle decision (IID)” oder um ein “in-principle approval (IAA)”.
Darueber hinaus benoetigt ein Investor, der in Vietnam ein Unternehmen gruenden will, ein
Investitionsregistrierungszertifikat (IRC).
a) Wann es einer IID bedarf
Gemaess Artikel 32 des LOI bedarf es der IID nur, wenn Bauunternehmer Fleachennutzungsrechte
direkt vom Staat durch Zuteilung oder Pacht erhalten. Ausgenommen sind Versteigerung,
Ausschreibung und Uebertragung des Eigentums. Die einzige Moeglichkeit Grund und Boden zu
erhalten, ist gemaess des Grundbesitzrechts, durch Uebertragung oder Pacht. Es ist unklar, wie
Bauunternehmer Grund uebertragen bekommen koennen.
b) Investitionsgenehmigung fuer Kapitaleinlagen im Wege der Flaechennutzungsrechte
Im Rahmen eines Joint Ventures zwischen inlaendischem und auslaendischem Investor zur
Entwicklung von Wohnsiedlungen traegt der Inlaender durch Einbringen der Landnutzungsrechte
bei. Der IID bedarf es in diesem Fall nur bei Zuteilung oder Pacht von Grundstuecken vom Staat,
mit Ausnahme der Versteigerung, Ausschreibung oder Uebertragung. Unklar ist, ob eine IIA bei
Ausschreibungen oder Eigentumsuebertragungen notwendig sein wird.
Nach dem Baugesetz 2014 bedarf es der Baugenehmigung vor dem Beginn des Baus. Ob die IIA
die Genehmigung erhalten muss, ist nicht geklaert.
c) Die verschiedenen Investitionsgenehmigungen
Das LOI stellt die Anforderungen der IRC, abgesehen von der IID und der IIA. Fuer Projekte, die
die IID benoetigen, wird die IRC automatisch fuenf Tage nach Erteilung der IID ebenfalls erteilt.
Inhaltlich aehneln sich IID und IRC, sodass keine zusaetzlichen Dokumente erforderlich sind.
Infolgedessen braucht es keiner IRC, wenn die IID erteilt wurde.
Sollte es der IIA beduerfen, muss man sich zuerst um die IRC kuemmern, ehe das Unternehmen
eingerichtet werden.
6. Kapitalbeitrag in Form der Flaechennutzungsrechte
Das Grundbesitzgesetz und das Gesellschaftsrecht von 2014 bieten fuer natuerliche Personen die
Moeglichkeit der zeitweisen Beiteiligung ueber Landnutzungsrechte an. Gemaess Artikel 80 des
Dekrets 43/2014/nd-CP vom 15. Mai 2014 erlischt die Kapitalbeteiligung in Form des
Landnutzungsrechts, wenn der Anleger verstirbt. Im Ergebnis wuerde die Kapitalbeteiligung
beendet und die LURC des Unternehmens inklusive seines Flaechennutzungsrechts versagt. Auf
der anderen Seite schreibt das Gesellschaftsrecht 2014 vor, dass ein Unternehmen das Recht ueber
eine Flaeche hat, wenn es von einer naturlichen Person als Kapitaleinlage eingebracht wurde.
Deshalb hat Artikel 80 des Dekrets Nr. 43/2014/nd-CP Verwirrung und Unsicherheit unter den
Bauunternehmern gestreut.
7. Durchfuehrung eines Immobiliengeschaefts mittels Flaechennutzungsrecht als Kapitaleinlage
Unter dem Grundbesitzgesetz koennen in- und auslaendische Unternehmen Kapitalbeteilungen in
Form von Flaechennutzungsrechten erhalten. Jedoch ergibt sich aus dem LREB keine gesetzliche
Bestimmung fuer Verbaende und natuerliche Personen. Demzufolge sind Verbaende nicht
berechtigt Kapitaleinlagen in Form von Flaechennutzungsrechte zu erhalten. Dies stellt eine
Ungleichbehandlung im Immobiliensektor dar.
C. Ausblick auf die Handelsabkommen TPP 11 und EUVNFTA
Nach dem Zurueckziehen der USA aus dem TPP im Januar 2017, einigten sich die verbleibenden
TPP-Mitglieder im November 2017 auf einen Verbund ohne die USA. Dieser traegt den Namen
CPTPP (TPP 11). Dieses Abkommen soll von allen Mitgliedern im ersten Quartal 2018
unterzeichnet werden. Danach muesste es in allen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden, um
Wirksamkeit zu entfalten. Das TPP 11 verspricht grosse Vorteile fuer Vietnams immobiliensektor.
Das Abkommen zielt auf die Aufhebung von Zoellen zwischen den Mitgliedsstaaten fuer gewisse
Waren und Gueter ab. Dies wird der vietnamesischen Wirtschaft als Ganzes fuer auslaendische
Investoren interessanter machen und koennte dazu fuehren, dass sich auslaendische
Bauunternehmen aufgrund der neuen Dynamik des Markts zum Bau von Kaufhaeusern oder
Bueros entscheiden bzw. sich anderweitig am Immobilienmarkt beteiligen.
Ebenfalls interessant ist in diesem Hinblick das Handelsabkommen zwischen der EU und Vietnam,
das sog. EUVNFTA. Das EUVNFTA bietet die Moeglichkeit, sowohl fuer die EU als auch fuer
Vietnam, neue Maerkte zu erschliessen. Aufgrund des leichteren Zugangs und der Abschaffung
von 99% aller Zoelle, wird Vietnam mehr Kapital anziehen. Von dem erwarteten Wachstum in
den Bereichen Gesundheitswesen, Technologie und Bildung wird auch der Immobilienmarkt
profitieren.
Es kann von einer allgemeinen Staerkung von Vietnams Wirtschaft infolge des EUVNFTA
ausgegangen werden. Ausserdem gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz fuer Unternehmen.
Aufgrund der neuen Moeglichkeiten Geschaefte zu machen, wird eine nachhaltige Entwicklung
hin zu einer noch dynamerischeren Wirtschaft mit besseren Investitionsmoeglichkeiten
sichergestellt.
Ausserdem wird die Moeglichkeit zur Streitbeilegung zwischen Anleger und Staat (Investor State
Dispute Settlement [ISDS]) den hoechsten Standards der Rechtssicherheit –und durchsetzung
genuegen. Anlegerschutz wird so gewaehrt.
Wir raten Ihnen, diese Standards fuer sich zu nutzen. Gerne beraten wir Sie hierbei.
Dieser Standard wird unter dem TPP 11 und der EUVNFTA Anwendung finden. Hiernach haben
Anleger bei Rechtsstreitigkeiten die Moeglichkeit, die Klage im Gastland nach den Standards der
internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zu erheben. Um Transparenz sicherzustellen, wird das
Schiedsverfahren oeffentlich gehalten. Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Zukunft des
TPP wurde im November 2017 der Anwendungsbereich der ISDS um die Kapitel
“Investitionsvereinbarungen” und “Investitionsbewilligung” verringert.
Weitere Sicherheit wird durch das Government Procurement Agreement (GPA) gewaehrleistet,
das ebenso Teil beider Handelsabkommen sein wird. Das GPA stellt vor allem sicher, dass
auslaendische Investoren zu vietnamesischen Investoren gleichbehandelt werden, wenn die
Regierung Waren oder Dienstleistungen ueber einen gewissen Grenzwert kauft. Vietnam
verpflichtet sich zur Veroeffentlichung von Information zur Ausschreibung, sowie den Bietern
ausreichend Zeit zur Vorbereitung und Abgabe von Angeboten zu gewaehren und die
Vertraulichkeit der Angebote zu wahren. Zudem verlangt das GPA von den Parteien die
Bewertung der Angebote auf Grundlage der Fairness und Objektivitaet. Angebote sind nach
Massstab von Bekanntmachungen und Ausschreibungsunterlagen zu bewerten und zu vergeben,
die wirksame Regelungen fuer Beschwerden und Streitbeilegung inne haben.
Dieses Instrument wird fairen Wettbewerb und Qualitaetssicherung gewaehrleisten.
D. Fazit
Die genannten Probleme beeinflussen die Wettbewerbsfaehigkeit des Immobiliensektors. Die
bestehenden Beschraenkungen, zusaetzliche Verpflichtungen fuer auslaendische Investoren und
das Fehler klarer Richtlinien zur Implementierung der Durchfuehrungsbestimmungen sind alles
Huerden fuer Investoren, die gern in diesem Markt investieren wuerden.
Angesichts des Engagements der Regierung fuer Wachstum zu sorgen, wird es notwendig sein,
diese Probleme zu beseitigen. Zwar werden die Handelsabkommen grossen Einfluss auf die
Entwicklung des Marktes nehmen. Dennoch muss die Regierung weitere Massnahmen zur
Umsetzung der rechtlichen Vorgaben des Abkommens gewaehrleisten.
Falls weitere Fragen zum Thema bestehen, wuerden wir uns ueber Ihren Kontakt freuen. Melden
Sie sich hierzu bitte an Dr. Oliver Massmann (omassmann@duanemorris.com).
Vielen Dank.