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Social Media im Fadenkreuz des Arbeitsrechts

St. Galler Tagung zum Arbeitsrecht vom 20. November 2015

Prof. Dr. ISABELLE WILDHABER, LL.M.,Professorin für Privat- und Wirtschaftsrecht unter besonderer Berücksichtigung des Arbeitsrechts an der Universität St. Gallen

Prof. Dr. Isabelle Wildhaber, LL.M.

Zahlen zu Social Media

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Auf Social Media aktiv Auf Social Media nicht aktiv

Social Media-Nutzung von Unternehmen

Quelle: ZHAW, Social Media Studie 2013

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Zahlen zu Social Media

3

Nutzung während Arbeitszeitkeine Nutzung während Arbeitszeit

Social Media-Nutzung durch Arbeitnehmer während der Arbeitszeit

1/3

2/3

Quelle: Xeit GmbH, Social Media Studie 2014

Prof. Dr. Isabelle Wildhaber, LL.M.

Ablauf des Vortrags

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➢Ordentliche und fristlose Kündigung

➢Konstellationen: 1. Exzessive Nutzung während der Arbeitszeit

2. Schädliche Äusserungen auf Social Media

3. Veröffentlichung von Fotos aus dem Arbeitsumfeld

4. Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen

5. Sonstiges Verhalten auf Social Media ➢Social Media-spezifische Abwägungsgesichtspunkte

➢Nachweis und Verwertung im Prozess

➢Regelung durch den Arbeitgeber

Prof. Dr. Isabelle Wildhaber, LL.M.

Kündigung

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Art. 335 OR: Kündigungsfreiheit 1  Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. Art. 336 Abs. 1 lit. b OR: Ist die ordentliche Kündigung missbräuchlich? 1  Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht: b. weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb.

Art. 337 OR: Fristlose Kündigung 1 Aus wichtigen Gründen kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer jederzeit das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen; er muss die fristlose Vertragsauflösung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. 2 Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.

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Zu viel Internet / Social Media während der Arbeitszeit?

Dienstliche oder private Nutzung?

dienstlich

↓ Nutzung ist Teil der Arbeitsleistung des

Arbeitnehmers

privat

↓ Pflichtverletzung aufgrund von Art. 319 OR (Pflicht zur Leistung

von Arbeit) oder Art. 321a OR (Treuepflicht) ?

Arbeitsrechtliche Konsequenzen: ordentliche oder

fristlose Kündigung

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Schädliche Äusserungen

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„…dämliche Scheisse für Mindestlohn minus 20 % erledigen…“

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Schädliche Äusserungen

● Äusserungen über den Arbeitgeber ● Äusserungen über Vorgesetzte ● Äusserungen über Arbeitskollegen ● Äusserungen über Kunden des Arbeitgebers ● Äusserungen über Geschäftspartner des

Arbeitgebers

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➢ Grenzen der Meinungsäusserungsfreiheit?

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Öffentlich oder privat?Publikationsort innerhalb eines Sozialen Netzwerkes

öffent-lich

privat

1. Im öffentlichen Profil X  

2. Im Profil für Freunde plus Freunde von Freunden X  

3. In Posting in der eigenen Chronik, welche für mehr als sechs Freunde zugänglich ist X  

4. In Posting in der eigenen Chronik, welche für weniger als sechs Freunde zugänglich ist   X

5. Posting in einer fremden Chronik X  

6. In einer „offenen“ Facebook-Gruppe X  

7. In einer „geschlossenen“ oder „geheimen“ Facebook-Gruppe

analog Ziff. 3./4.

8. In Facebook-Nachricht/Chat, sofern weniger als sechs Personen daran teilnehmen

  X

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Veröffentlichung von Fotos aus dem Arbeitsumfeld

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Veröffentlichung von Fotos aus dem Arbeitsumfeld

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•Können Personen identifiziert werden, deren Rechte beeinträchtigt werden?

•Zusammenhang zu AG herstellbar?

•Ehrverletzend/rufschädigend für AG?

•Verstoss gegen vertragliche/gesetzliche Schweigepflichten?

•Grösse des adressierten Personenkreises?

Kriterien zur Beurteilung veröffentlichter Fotos

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Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen

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Geheimnis (= Tatsachen, die nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich und nicht offenkundig sind)

Technische Angelegenheiten z.B. Baupläne nicht patentierter Erfindung

Wirtschaftliche Angelegenheiten z.B. geheime Preispolitik / Marktstrategien

Persönliche Zusammenhänge z.B. mit Sicherheitsrelevanz (Verhaltensweisen von Mitarbeitern einer Bank) oder bei Beeinträchtigung Unternehmensimage

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Sonstiges Verhalten

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● Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit ● Veröffentlichung kompromittierender Privat-

fotos unter gewissen Umständen ● Rassistische, extremistische, religionsver-

achtende oder diskriminierende Einträge

➢ ordentliche oder fristlose Kündigung möglich

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Social Media-spezifische Abwägungsgesichtspunkte

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Effekt der Multiplikatio

n: hohe

Verbreitungsgeschwindigkeit geht zu Lasten des

Arbeitnehmers

Unwissenheit/

Unsicherheit:

kann nur ausnahmswei

se zu Gunsten des Arbeitnehmers ausgelegt

werden

„Liken“: kann auch

zur Verantwortlichkeit des

Arbeitnehmers führen

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Nachweis und Verwertung im Prozess

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Nutzung eines Netzwerk-Accounts durch mehrere Personen: Annahme, dass Inhalt eines Social Media-Accounts nicht von einem Dritten stammt

Screenshots als Beweismittel: Beweisverwertungsverbot? (Art. 152 Abs. 2 ZPO)

Überwachungsmassnahmen: keine präventive, vollständige Verhaltensüberwachung, z.B. mittels Spyware (Art. 26 ArGV 3)

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Regelung durch den Arbeitgeber

Dienstlich genutzter privater Netzwerk-Account des AN

oder Account und Profil des AG

Privater Account mit Verbindung zum AG

(z.B. XING, LinkedIn)

Ausschl. privat genutzter

Account

Durch AG regelbar

Durch AG regelbar, sofern AN direkte Verbindung zu AG herstellt; generelles Verbot der Nutzung von berufsbezogenen Sozialen Netzwerken durch AG überschreitet Weisungsrecht

Durch AG i.d.R. nicht regelbar; Ausnahmen: auf betrieblicher Infrastruktur regelbar, während der Arbeitszeit regelbar

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Social Media Guidelines

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Empfehlenswert: Social Media Guidelines • AN gewinnt Klarheit über «dos and don‘ts»

• Grenzen können und sollten vom AG gesetzt werden

• Erweiterung der Kontrollrechte des AG

• Schaffung von Sanktionsmöglichkeiten des AG

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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