Staat und Privatwirtschaft in der Wasserversorgung Bernd Schönewald Forum für Technologie und...

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Staat und Privatwirtschaft in der WasserversorgungBernd Schönewald

Forum für Technologie und Entwicklung17.06.2004

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Aufbau

Die Herausforderung

Mythos “Privatisierung”

Erfahrungen und Schlussfolgerungen

Die Rolle der FZ in der Wasser- und Sanitärversorgung

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Die Herausforderung

Ein erheblicher Teil der (armen) Bevölkerung wird nicht versorgt (Wasser: rd. 1 Mrd., Sanitärversorgung: rd. 2 Mrd.)

Die Qualität der Versorgung ist häufig unzureichend (z.B. intermittierende Wasserversorgung)

In vielen Regionen findet eine Degradation der Wasserressourcen in quantitativer und / oder qualitativer Hinsicht statt

Unzureichendes Tarifniveau und die Ineffizienz von Versorgungsunternehmen führen zu hohem Subventionsbedarf und der Belastung öffentlicher Haushalte

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Der „Teufelskreis“ der Wasserversorgung

Insufficient cost recovery

Weak legal and institutional

framework

Low willingness and ability

to pay

Bad serviceHigh water losses & waste of water

Insufficient O&M

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Rückblick

UN-Wasserdekade (1980er): angebotsorientierter, technologie-intensiver Versorgungsansatz; Versorgung durch den Staat

1990er Jahre: Wasser als ökonomisches Gut (u.a. Dubliner Prinzipien), öffentliche Verwaltung als „Hindernis“ für eine effiziente Versorgung, Öffnung für die Beteiligung privater und ausländischer Investitionen

Seit 2000: Armutsfokus (MDGs), „Menschenrecht Wasser“, zunehmende Ablehnung von „Privatisierungstendenzen“

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Mythos „Privatisierung“ (I)

Zwei Lager: „Privatisierungsbefürworter“ und „Privatisierungsgegner“

Privatisierungsbefürworter: Wasser ist ein „ökonomisches Gut“ „Der Staat hat keine Anreize für eine effiziente Leistungserbringung“ „Privatwirtschaftliche Effizienzgewinne verbessern die allgemeine

Versorgungssituation“

Privatisierungsgegner: „Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht, daher darf die Ressource Wasser

nicht privatisiert werden“ „Die Privatwirtschaft ist nur am Gewinn interessiert, daher werden Tarife erhöht und

arme Bevölkerungsgruppen schlechter gestellt“

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Mythos „Privatisierung“ (II)

Wasser ist ein „ökonomisches Gut“ Wasser ist eine knappe Ressource Die Bereitstellung von Wasser generiert Kosten

„Der Staat hat keine Anreize für eine effiziente Leistungserbringung“ Der Staat konnte in den EL zumeist keine zuverlässige Versorgung der

Bevölkerung gewährleisten

„Privatwirtschaftliche Effizienzgewinne verbessern die allgemeine Versorgungssituation“ Die Versorgungssituation wird nur verbessert, wenn die Effizienzgewinne den

Verbrauchern zugeführt werden.

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Mythos „Privatisierung“ (III)

„Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht, daher darf die Ressource Wasser nicht privatisiert werden“

Es werden allenfalls Nutzungsrechte an der Ressource Wasser verpachtet (daher: nicht „Privatisierung“, sondern „Privatsektorbeteiligung“ - PSP).

Der Private ist aufgrund der Verträge rechenschaftspflichtig.

Nur ca. 5% der Weltbevölkerung werden über Privatunternehmen versorgt, Erweiterungspotenzial gering.

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Mythos „Privatisierung“ (IV)

„Die Privatwirtschaft ist nur am Gewinn interessiert, daher werden Tarife erhöht und arme Bevölkerungsgruppen schlechter gestellt“

Effizienzgewinne können sich auch in geringeren Tarifen niederschlagen!

Tariferhöhungen sind zur Finanzierung der Leistungserbringung oft auch ohne PSP erforderlich, Private sind vielfach der „Sündenbock“

Auch öffentliche Versorger sind nicht per se armutsorientiert, die Kundenorientierung ist tendenziell deutlich geringer

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PSP - Entwicklungspolitische Einschätzung

PSP ist weder Selbstzweck noch Allheilmittel, sondern ein mögliches Instrument zur Erreichung von Entwicklungszielen

PSP funktioniert nur, wenn die sektoralen Rahmenbedingungen (sozialverträgliche Tarife, Regulierung etc.) im Vorfeld geschaffen wurden

Gewinne durch Effizienzsteigerung müssen Verbrauchern zugeführt werden, damit diese von den Vorteilen profitieren

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Fakten und Erfahrungen zur Wasserversorgung (I)

Fakten:

Der Zugang zu Trinkwasser ist lebensnotwendig Der Zugang muss für alle gewährleistet werden

Wasser ist eine knappe Ressource Die Übernutzung muss verhindert werden

Die Bereitstellung von (Trink-) Wasser ist eine Dienstleistung und generiert Kosten

Die Dienstleistung muss (effizient) erbracht und bezahlt werden

Fazit: Wasser ist öffentliches und ökonomisches Gut zugleich

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Fakten und Erfahrungen zur Wasserversorgung (II)

Erfahrungen:

Mangelhafte Rahmenbedingungen sind Hauptgrund für schlechte Versorgungssituation und negative soziale Wirkungen

die Rahmenbedingungen müssen entsprechend gestaltet werden

Der öffentliche Sektor ist häufig nicht in der Lage, die Wasser- und Sanitärversorgung zuverlässig und nachhaltig zu erbringen

Kommerzielle Strukturen müssen einbezogen werden, die in der Lage sind, einen betriebswirtschaftlich effizienten Betrieb zu führen

Fazit: Funktionstrennung zwischen Gesetzgebung / Regulierung und Versorgung

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Die Rolle des Staates

Verantwortlich für die sozialverträgliche und effiziente Allokation der Wasser- und Sanitärversorgung (d.h. Gewährleistung des Zugangs aller sowie Verhinderung einer Übernutzung der Ressource)

Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen, Festlegung der Standards (angepasste Technologie)

Überwachung der Versorger (Regulierungsfunktion)

Ggf. Bereitstellung von Budgetmitteln zur Sicherstellung des Zugangs der Armen (Subventionierung)

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Die Rolle der Versorger

Aufgabe: Aufbereitung und Verteilung von Trinkwasser sowie Entsorgung

Kundennähe durch dezentrale Struktur

Kommerzielle Ausrichtung Betriebswirtschaftliche Effizienz (Kostendeckung) Autonom in der technischen und kaufmännischen Betriebsführung Neben Versorgungsunternehmen (mit oder ohne PSP) auch Nutzerorganisationen

Sozialverträglichkeit über die Gestaltung der Tarife (und Anschlussgebühren)

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Ziele der Wasser- und Sanitär-versorgung in der deutschen EZ

Nachhaltige Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser und (Basis-) Sanitärleistungen zurErreichung der Oberziele:

Armutsminderung (soziale Nachhaltigkeit)

und

Umwelt- und Ressourcenschutz (ökologische Nachhaltigkeit)

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Rolle der FZ

Rahmen: Länderkonzepte und Schwerpunktstrategien der Bundesregierung

Beteiligung am Sektordialog zur Verbesserung der Rahmenbedingungen

Finanzierung von Infrastruktur

Finanzierung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Sensibilisierungskampagnen

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Bedeutung der FZ

Deutschland ist zweitgrößter bilateraler Geber im Wassersektor und größter bilateraler Geber in vielen Ländern

Größter Sektor innerhalb der FZ: 3,6 Mrd. € zugesagt seit 1990; aktuell rd. 270 Mio. € p.a.

Schwerpunktsektor in 25 Ländern

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Beispiel: Mali

Partizipation in der kleinstädtischen Wasserversorgung

Sozioökonomische und soziodemo- graphische Untersuchungen im Projektvorfeld

Etablierung eines kostendeckenden Tarifsystems, angepasst an die Zahlungsfähigkeit der Bevölkerung

Kommerzielle Betriebsführung, Betriebsverantwortung liegt bei Nutzerkomitees

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Fazit

Der Staat sollte sich auf seine Rolle als Gesetzgeber und Regulierer beschränken

Die Versorgung der Bevölkerung sollte von dezentralen, kommerziell orientierten Unternehmen erbracht werden

Der Zugang der Armen muss durch Tarifgestaltung und ggf. Subventionierung durch den Staat sichergestellt werden

PSP ist weder Selbstzweck noch Allheilmittel, sondern lediglich ein mögliches Instrument zur Erreichung von Entwicklungszielen

Vielen Dank!