STEREOTYPE & VORURTEILE II Louay Alqaimre, Eva Hübel, Lena Keller Seminar Stereotype im...

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STEREOTYPE & VORURTEILE II

Louay Alqaimre, Eva Hübel, Lena Keller

Seminar „Stereotype im organisationalen Kontext“, SoSe 2011

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Gliederung

Stereotype als Bedrohung Messung von Stereotypen

Direkte Verfahren Indirekte Verfahren Studie: Geschlechtsspezifische Ideale im

Wandel der Zeit Messung von Vorurteilen

Selbstauskunftsmaße Implizite Einstellungsmaße

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ALS BEDROHUNG

Louay Alqaimre

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Stereotype als Bedrohung

Welche Wirkung haben Stereotype auf die betroffenen Personen, die mit Stereotypen konfrontiert werden?

Bereich akademischer Leistung z.B. Fähigkeitstests, Tests in Schulen und Universitäten Verhalten im akademischen und beruflichen Kontext z.B. Studiengang bzw. Ausbildung Führungspositionen

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Gliederung

Stereotype-Threat-Theorie Stereotype-Threat auf Testleistung: Befundlage Prozesse Randbedingungen Erklärungsmodelle Interventionsmaßnahmen Studie: ST im Klassenzimmer

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Stereotype-Threat-Theorie (STT)

Personen

Gefühl der Bedrohung (ST)

Situation

Befürchtung

auf Basis von negativen Stereotypen beurteilt durch eigenes Verhalten negative Stereotype bestätigen

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STT Hypothesen

1.Testleistung durch ST negativ beeinflusst geringere Leistung als das tatsächliche Leistungspotenzial.

2. Personen distanzieren sich von Bereichen in denen sie mit negativen Stereotypen konfrontiert werden. 3. Entscheidungen werden in akademischen und beruflichen Bereich durch ST beeinflusst.

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Bedingungen zur Leistungsreduktion durch ST

Stereotyp salient und anwendbar

Test Hohe Schwierigkeitsgrad

Leistung bewertet

Identifikation stark

Am stärksten Person lehnt Stereotyp (STT) vollständig ab Wirkung Etwas Glaube an (neu) Stereotyp ist erforderlich

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ST auf Testleistung: Befundlage Verbale Testleistungen von Personen afrikanischer

Herkunft (Steele & Aronson 1995)

Mathematikleistung von Mädchen und Frauen (Keller & Dauenheimer, 2003)

Verbale Testleistungen von Personen aus Familien mit geringerem sozialem Status (Croizet & Claire, 1998)

Erinnerungsleistung älterer Menschen (Rahhal, Hasher & Colcombe, 2001)

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Prozesse der ST

Affektive, kognitive und motivationale Mechanismen

Erhöhte mentale Belastung (verminderte Kapazität des Arbeitsspeicher). Körperliche Erregung/Stressreaktion;

Aktivierung stereotyper Wissensinhalte

Versagensangst

Unterdrückung unerwünschter Gedanken

Übermäßige Konzentration auf die Abläufe der Aufgabenbearbeitung

Suche nach Erklärung für mögliche Misserfolge

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Randbedingungen der STT

Schwierigkeit und Identifikation wurden empirisch nachgewiesen

und weisen einen Bezug zum Selbstkonzept auf

Leistungsabfall = die Mitgliedschaft in der relevanten Gruppe ist im Selbstkonzept stark verankert

z.B. sich stark mit der Gruppe identifizieren (Schmader, 2002)

Auch Selbstwahrnehmung, -regulation, -bestimmung und -kontrolle

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Erklärungsmodelle

Biologische: Gene, Hormone und Gehirn

psychosoziale: Einstellungen und stabile Persönlichkeitsmerkmale

STT betont Testsituation: Minimale Veränderung in der Testsituation

Aufhebung der Reduktion durch ST-Effekte

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Interventionsmaßnahmen

Förderung des Glaubens an die Veränderbarkeit des Leistungspotenzial im relevanten Fähigkeitsbereich

Förderung der Wahrgenommenen Ähnlichkeit zwischen den relevanten Gruppen

Motivationale Orientierung nicht auf Misserfolg ausrichten

Positive Selbstwahrnehmung

Vermittlung der Erkenntnis, dass ST eine Ursache der Benachteiligung sein kann

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ST im Klassenzimmer (Keller & Dauenheimer, 2003)

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MESSUNG VON STEREOTYPEN

16 Direkte Messverfahren

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Studie von Katz und Braly (1933)

Probleme der direkten Verfahren?

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Probleme der direkten Verfahren

Dichotome Entscheidung

individuelle Unterschiede nicht erfassbar

Stereotype durch Auflistung von Merkmalen definiert

Merkmale von Versuchsleiter bestimmt

Kenntnis und Akzeptanz des Stereotyps

Sozial erwünschte Antworten

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Verfahren, die einige diese Probleme lösen

Ratingverfahren: Konsensuelle Stereotypen Gruppe M. besitzt Überhaupt 1 2 3 4 5 ganz SE Stereotypdifferenzial: Individuelle Stereotypen Adjektivskalen stark schwach

Mittelwert berechnet, signifikante Abweichung von Mittelwert werden dem Stereotyp zugerechnet Individuelles Stereotypmaß ist einfach zu bestimmen (Beurteilungen des Pb werden aufsummiert) 

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Prozentschätzverfahren

Konsensuelle und individuelle Stereotype

% Angehörigen Merkmal besitzen

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

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Diagnostischer Quotient (DQ)

% Angehörigen Merkmal besitzen % aller Menschen Merkmal besitzen

DQ = erste Schätzung durch die zweite

Wert größer 1.0 = das Merkmal ist charakteristischer für die Gruppe als für Menschen (positiv diagnostisches Merkmal)

Kleiner 1.0 = negativ diagnostisches Merkmal

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Stereotypevaluation

Prozentschätzverfahren

Merkmal beurteilt (-3 – 3)

% zu Skala (0-1) mal Urteil (-3 – 3)

= -3 bis 3 negativ bis positive Stereotyp

Indirekte Messverfahren23

24

Hauptkritik an direkten Messverfahren

unterliegen verfälschenden motivationalen Einflüssen u.a. Sozialer Erwünschtheit

nicht alle Anteile des Stereotypwissens sind der Introspektion zugänglich

Nicht alles sagen wollen oder können

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Indirekte Messverfahren

erfassen individuelle stereotypgestützte Verarbeitungsprozesse

Pbn wissen (meist) nicht, dass Stereotype untersucht werden

Annahme: Stereotype im Gedächtnis als assoziatives Netzwerk repräsentiert Je stärker die Assoziation zwischen

Kategorie und Merkmal im Netzwerk, desto schneller die Reaktion

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Indirekte Messverfahren

Reaktionszeitverfahren Messung wie viel Zeit zur Ausführung einer

Aufgabe bzw. zur Beantwortung einer Frage verstreicht

Primingtechnik Impliziter Assoziationstest (IAT)

Welche kombinierten Kategorisierungen werden von den Pbn schneller ausgeführt?

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IAT

schwarz

weiß

faul

intelligent

schnelle Antwort

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Probleme indirekter Messverfahren

niedrige Korrelationen zwischen indirekten Messverfahren Grund: geringe Reliabilität

Korrelation IAT- und explizite Maße nur .24 scheinen unterschiedliche Anteile des

Stereotypwissens zu erfassen v.a. Unterschiede im Ausmaß der

kognitiven Zugänglichkeit und der bewussten Kontrolle stereotypgestützter Reaktionen

Swazina et al. (2004)

Geschlechtsspezifische Ideale im Wandel der Zeit

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EURE MEINUNG:

Welche Eigenschaften sind für Frauen und Männer heute gesellschaftlich erwünscht?

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Ergebnisse

Vergleich der Einstufung der Sozialen Erwünschtheit von Merkmalen 2004 mit 1978

Für Frauen heute sozial erwünschter scharfsinnig, entschlossen, ehrgeizig,

intelligent, sicher Tendenz

sachlich, kraftvoll, konsequent Für Männer heute sozial erwünschter

herzlich, empfindsam, selbstaufopfernd, feinfühlig, glücklich, fröhlich, verspielt, weichherzig

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Ergebnisse

Maskuline Eigenschaften, die für Männer sozial erwünschter sind als 1978 kraftvoll, ehrgeizig, verteidigt die eigene

Meinung, entschlossen, bereit etwas zu kritisieren

Feminine Eigenschaft, die für Frauen sozial erwünschter ist als 1978 weichherzig

Noch unerwünschter für Frauen abhängig

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Interpretation

Manche maskulinen Eigenschaften sind für Frauen und manche femininen für Männer erwünschter geworden

Scheint Ideale der Gesellschaft widerzuspiegeln Berufstätigkeit/Karriere der Frau Trend zum „Neuen Mann“ bzw. „Neuen

Vater“

Spagat zwischen „employee“ und „homemaker“

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Anwendung

Überprüfung, ob Normen einer Kontrollskala der Sozialen Erwünschtheit bei Persönlichkeitstests veraltet sind

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MESSUNGEN VON VORURTEILEN

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Gliederung

1) Zur Messung von Vorurteilen

2) Selbstauskunftsmaße2.1) Situationsgestaltung & Moderatoren2.2) Subtile Vorurteilsmessungen

3) Implizite Einstellungsmaße

4) Studie

Zur Messung von Vorurteilen

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Zur Messung von Vorurteilen Vorurteile ,als ablehnende oder feindliche

Einstellung gegenüber Personen, basierend auf deren Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe.

(W. Allport, 1954)

a) Einstellung & Bewertung b) Überzeugung

im Alltagsverständnis „Nicht-Mögen“

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Zur Messung von Vorurteilen

Vorurteil Assoziation

Gedächtnisrepräsentation

neg./pos. Bewertung

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Zur Messung von Vorurteilen

Explizite Vorurteile

Persönliche Überzeugungen & Werte als Gründe von Handlungen einer Person.

Bsp.: Vermieter

Implizite Vorurteile

Kognitive Psychologie,,subpersonal“

unbewusst Aktivierung

unabhängig von subjektivem Erleben

Bsp.: Student am PC

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Zur Messung von Vorurteilen

Inhaltliche Dissoziationen zw. impliziten und expliziten geäußerten Einstellungen möglich!

42 Selbstauskunftsmaße

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Selbstauskunftsmaße

Einstellungsthermometer: Skala von 0-100

Welche emotionalen Reaktionen lösen bei Ihnen z.B. Türken aus?

Erfassung auch von Überzeugungen (typische Eigenschaften & Verhaltensweisen der

Gruppe)

Vermischung der Grenze zw. Stereotyp & Vorurteil

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Selbstauskunftsmaße

Einflussnehmende Faktoren/Moderatoren:

Wissen um soziale Normen Toleranz ,,Politische Korrektheit“

Anteil des Vorurteils (explizite Bewertung) schwer bestimmbar!

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Selbstauskunftsmaße

Situationsgestaltung:

maximal motiviert, Vorurteile offen zuzugeben

bogus pipeline- Technik Lügendetektor

Betonung der Anonymität (?)

Verfälschungstendenzen (soz. Erwünschtheit)

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Selbstauskunftsmaße

Subtile Vorurteilsmessung:

neuere Konzeptionen thematisieren gesellschaftliche Veränderungen:

Gesetzgebung Frauen in Führungspositionen

,,politische Korrektheits“-Normen

moderner Rassismus etc.

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Selbstauskunftsmaße

2 Grundannahmen in Befragungsinstrumenten:

• Vorurteile in der Kritik kultureller Unterschiede,, Türken verfügen über Werte und Fähigkeiten, die anders sind als solche, die man in Dt. benötig, um erfolgreich zu sein“, ein Item in Pettigrew & Meerten,1995.

• Vorurteile in der Leugnung gesellschaftl. Diskriminierung,, Viele Frauen benutzen Diskriminierung als Alibi, wenn sie in ihrem Leben nicht weiterkommen“, Eckes & Six-Materna, 1998.

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Selbstauskunftsmaße

Kritik:

• Grenze der Selbstauskunft & indirektem Indikator verschwimmt!

Die Zustimmung zu einem Item ist nicht identisch mit der expliziten Ablehnung der fraglichen soz. Gruppe.

Implizite Einstellungsmaße

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Implizite Einstellungsmaße

Häufig eingesetzte Verfahren:

Impliziter Assoziationstest (IAT, Greenwald et

al., 1998)

Primingtechnik (z.B. affektives Priming; Fazio et al., 1995)

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Implizite Einstellungsmaße

In welcher Weise spielt eine automatisch aktivierte negative Valenzassoziation eine kausale Rolle in Denk- und Verhaltensprozessen?

Ergebnis kann Person niemals vorgeworfen werden(wie bei explizitem Vorurteil).

Welche funktionalen, auf kausalen Prozessen basierenden ,,Unterbau“ hat die handelnde Person?

Studie52

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Studie von Degner et al.: ,,Vorurteile von dt. Schülern gegenüber Türken“.

Stichprobe: 13 und 14 jährige dt. Jugendliche

Frage: Zusammenhang expliziter Vorurteile dt.

Jugendlicher gegenüber Türken zu automatischen Valenzassoziationen

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Zwei Aspekte:

1. maskierte affektive Priming

2. Automatisch aktivierte Valenzassoziation weisen eine Differenzierung über die Unterscheidung in positiv und negativ auf

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Affektives Priming

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explizite neg. Einstellungen gg.Fremdgruppen

Abwertung einer Gruppe Ablehnung einer Gruppe

als niederrangig, wertlos als gefährlich oder bedrohlich

(z.B. ältere Menschen) (z.B. Türken in Dt.)

selbstrelevante Wörter ( z.B. depressiv) Abwehrtypus

fremdrelevante Wörter (z.B. grausam) Bedrohungstypus

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Ergebnisse

Primingeffekte korrelieren mit offenen Einstellungsäußerungen

nur bei offener, starker Negativität gg. Türken

=

starker Primingeffekt

Zusammenhänge nur auf Ebene der fremdrelevanten Zielwörter

(r= .32, p< 0.5)

selbstrelevante Primingeffekte nicht in Verbindung mit expliziten Vorurteilsäußerungen

(r= -.15, ns)

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Ergebnisse

Hinweis, dass automatisch aktivierbare Vorurteile gg. Türken bereits als fremdrelevante Negativitätsassoziationen im Gedächtnis gespeichert sind.

individuelle Primingeffekt können Interaktionsverhalten Jugendlicher vorhersagen (PC-Spiel)

Je höher die affektive Primingeffekte mit fremdrelevanten Zielwörtern, desto seltener warf die Jugendlichen den Ball zu einem türkischen Mitspieler

(r= .-34, p < .05)

59Zusammenfassung

Affektives Priming ermöglicht automatische, evaluative Reaktionen zu erfassen (als Korrelat von Vorurteilen).

Mehrwert bei der Vorhersage vorurteilsbehaftetenVerhaltens

Alternative bzw. Erweiterung zu herkömmlichen Messverfahren

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Zusammenfassung

Vorteil:

• wenig Transparenz• Erfassung von unbewussten Bewertungen• Vorhersage gespeicherter Einstellungen & Kognitionen

auf Verhalten im Gedächtnis

Kritik:• unreflektiert

• unkritisch eingesetzt

• als Maß ,,echter“ Vorurteile überinterpretiert

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DISKUSSION

Wie aussagekräftig ist die Studie „Geschlechtsspezifische Ideale im Wandel der Zeit“?

62 Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!