Post on 25-May-2020
Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft (FG SWW)
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Arsen im Trinkwasser
Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern unter dem Aspekt der
Arsenbelastung
Welt-Wasser-Tag 2019Universität Kassel
Michael Garbowski, M.Sc.m.garbowski@uni-kassel.deTel.: 804-7128Raum 3121, Kurt-Wolters-Str. 3
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Arsen im Trinkwasser
Die Vereinten Nationen verabschiedeten am 25. September 2015 die Agenda 2030 für
nachhaltige Entwicklung
Aufbauend auf den Millenniums-Entwicklungszielen
17 Ziele und 169 Zielvorgaben für nachhaltige Entwicklung
Ziel 6:
Verfügbarkeit und nachhaltige
Bewirtschaftung von Wasser
und Sanitärversorgung für
alle gewährleisten
Ziel 3:
Ein gesundes Leben für
alle Menschen jeden Alters
gewährleisten und ihr
Wohlergehen fördern
Agenda 2030
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Arsen im Trinkwasser
Arsen (As) ist ein natürliches Element
As kommt überall in der Erdkruste vor,
durchschnittlich 1,5 - 2,0 mg As/kg Boden
Sehr hohe As-Konzentrationen treten auf in:
➢ tonreichen Gesteinen (bis 490 mg As/kg)
➢ Kohle (bis 2.000 mg As/kg)
➢ Eisenerze (bis 2.900 mg As/kg)
Aufgrund seines natürlichen Vorkommens ist Arsen in der Umwelt
allgegenwärtig und kann in fast jeder Boden-, Luft- und Wasserprobe
in Spuren nachgewiesen werden.
Erhöhte Arsengehalte kommen vor
in der Luft: zum größten Teil anthropogen (menschengemacht), z.B.
durch die Verbrennung arsenhaltiger Stein- und Braunkohle
im Boden & Wasser: meist natürlichen Ursprungs
Element Arsen
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Arsen im Trinkwasser
Elementares Arsen wird durch chemische, physikalische und biologische Vorgänge aus
dem Gestein gelöst und liegt im Wasser überwiegend in oxidierter Form vor:
Bei Sauerstoffüberschuss im Wasser (oxidierende Bedingungen)
➢ Arsenat bzw. Arsen(V) bzw. H3AsO4
● im Wasser vollständig gelöst
● farblos, geruchslos und geschmacksneutral
● stark toxisch
Bei Sauerstoffmangel im Wasser (reduzierende Bedingungen)
➢ Arsenit bzw. Arsen(III) bzw. H3AsO3
● im Wasser vollständig gelöst
● farblos, geruchslos und geschmacksneutral
● stark toxisch
As(III) und As(V) liegen im Wasser in einer Mischung vor. Die Aufnahme findet oral statt:
Trinkwasser
Mit arsenhaltigem Wasser zubereitete Speisen
Arsenhaltige Nahrungsmittel (insbesondere Reis und Reisprodukte)
Arsen im Wasser
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Arsen im Trinkwasser
Die Reispflanze nimmt Arsen aus dem Boden auf und speichert es im Reiskorn
Die Menge an Arsen hängt von der Reissorte und dem Anbaugebiet ab
70-80 % werden als toxisches anorganisches Arsen(III) bzw. Arsen(V) gespeichert
Mehrere Studien zeigen, dass bei niedrigen Trinkwasserkonzentrationen (< 10 μg As/L) vor
allem der Arsengehalt in der Nahrung für die gesamt aufgenommenen Arsenmenge
verantwortlich ist. Bei höheren Arsenkonzentrationen im Trinkwasser steigt der Arsenanteil aus
dem Trinkwasser und dem zum Kochen verwendeten Wasser an der Gesamtarsenbelastung
immer weiter an
Exkurs: Arsen in Nahrungsmittel (Reisprodukte)
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, 2013
34 untersuchte Produkte auf dem deutschen Markt
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Arsen im Trinkwasser
Arsen ist akut und chronisch toxisch:
Akute letale Dosis (einmalige Aufnahme sehr großer Menge), beim Menschen ab 70 mg As/kg KG
➢ Orale Aufnahme führt zum Erbrechen, Durchfall, inneren Blutungen, Störung des kardiovaskulären
und Nervensystems und anschließend zum Tod
Chronische Wirkungen (mehrmalige/dauerhafte Aufnahme sehr geringer Mengen)
➢ ab 0,008 mg As/kg KG*d erhöhtes Risiko für spontane Aborte und Totgeburten, Verringerung der
kognitiven Fähigkeiten (IQ) bei Kindern
➢ ab 1 mg As /kg KG*d Veränderung der Haut (Pigmentierungsstörungen und Keratosen), vaskuläre
Erkrankungen („Black Foot Disease“), Krebserkrankungen der inneren Organe, Diabetes Mellitus
➢Bei einer chronische Arsenvergiftung treten die Krankheitssymptome
erst nach 5-10 Jahren auf
➢Arsen(III) hat eine 10-fach stärkere gentoxische Wirkung als Arsen(V)
Die tolerable tägliche Dosis für Arsenaufnahme liegt bei 0,00045 mg As/kg KG*d
Toxizität von Arsen(III) und Arsen(V)KG = Körpergewicht
bzw. 0,45 µg As/kg KG*dBewertungsmaßstäbe für Arsen in Böden, Grund- und Trinkwasser (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2007)
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Arsen im Trinkwasser
Veränderung der Haut (Pigmentierungsstörungen und Keratosen) Vaskuläre Erkrankung „Black Foot Disease“ Krebserkrankungen
Chronische Vergiftungserscheinungen
© Axel Springer, www.welt.de© Anja Bretzler, www.eawag.ch © http://sos-arsenic.net
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Arsen im Trinkwasser
WHO (2004) legt einen vorläufigen Grenzwert von 10 µg As/L im Trinkwasser fest
Der Grenzwert ist vorläufig, da es noch eine potentielle Gefährdung besteht.
➢ Bei lebenslangem Wasserkonsum mit 10 µg As/L können rechnerisch bei 28 von 10.000 Menschen
Krebserkrankungen auftreten
Dieser Grenzwert gilt EU-weit und auch in Deutschland
In vielen Entwicklungsländern (z.B. Indien, Bangladesch, etc.) gilt ein Grenzwert
von 50 µg As/L
Toxikologisch abgeleitete Grenzwerte
102,59
31,39 30,6723,20
15,606,23 5,21 5,04 4,91 4,13 2,55 2,42 1,47 1,42 1,41 1,05
Anzahl der gegen As im Trinkwasser (> 10 µg As/L)
exponierten Menschen weltweit in Mio.
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Arsen im Trinkwasser
Die Gesamtzahl an arsenhaltiges Trinkwasser angewiesener Menschen wird mit über
200 Mio. geschätzt.
Anzahl betroffener Menschen, weltweit
Amini et al. 2008
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Arsen im Trinkwasser
Arsen ist eine der größten Umweltprobleme weltweit
Aufgrund der Allgegenwärtigkeit, Wasserlöslichkeit und Mobilität, Giftigkeit im akuten und chronischen
Expositionsbereich, Anzahl der betroffenen Menschen und der Abschätzung globaler Entwicklungen
ist Arsen auf dem ersten Platz der prioritären Stoffe eingeordnet.
Anzahl betroffener Menschen, weltweit
Rank Substanz Gesamtpunkzahlorganisch
/ anorganisch
1 Arsen 1674 A
2 Blei 1531 A
3 Quecksilber 1458 A
4 Vinylchlorid 1358 O
5 Polychlorierte Biphenyle 1345 O
6 Benzol 1329 O
7 Cadmium 1320 A
8 Benzo(a)pyren 1306 O
9Polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe1279 O
10 Benzo(b)Fluoranthen 1251 Onach ATSDR’s Substance Priority List, 2017
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Arsen im Trinkwasser
160.000.000 Einwohner
Über 30.000.000 Menschen sind
an arsenhaltiges Wasser angewiesen
Jährlich sterben 43.000 Menschen
an Arsenvergiftung
Beispiel: Bangladesch
<0,1
0,1-0,2
0,2-0,3
0,3-0,4
0,4-0,5
0,5-0,6
0,6-0,7
0,7-0,8Amini et al., 2008; Winkel et al., 2008
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Arsen im Trinkwasser
In den 1970er stark wachsende Bevölkerung. Es stand nur Oberflächenwasser zur
Verfügung, daher häufiges Auftreten von wasserbürtiger Krankheiten (Cholera,
Diarrhöe) aufgrund unzureichender Wasserqualität
Entwicklungshilfeprogramm von Unicef und WHO mit der Regierung Bangladeschs
Ausbau von kostengünstigen und wartungsfreien oberflächennahen Brunnen
Bis in die 1990er – über 10.000.000 Brunnen
Beispiel: Bangladesch
GOK
GW
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Arsen im Trinkwasser
Als Folge – verstärkte Freisetzung des Arsens ins Grundwasser
Absenkung des Wasserspiegels → Sauerstoff und Bakterien dringen in die grundwasserführende
Schicht ein
Überführung des elementaren natürlich im Boden gespeicherten Arsens in oxidierte Form
Arsenkonzentrationen im Grundwasser: 0,5 µg/L – 5.000 µg/L
Beispiel: Bangladesch
GOK
GWO2
As + 2O2 → AsO43-
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Arsen im Trinkwasser
Zur Arsenentfernung können biologische, physikalische, chemische Verfahren sowie
die Verfahrenskombinationen eingesetzt werden, z.B.:
Adsorption
➢Wasserfiltration durch ein Filter (z.B. eisenüberzogene Sande oder sonstige Stoffe mit starker
Affinität zu Arsen), Arsen lagert sich an der Oberfläche des Feststoffes
Fällung
➢ Dosierung von Chemikalien (meist Eisensalze). Im Wasser werden Eisenhydroxidflocken erzeugt,
Arsen lagert sich an die Flocken und kann durch einen Absetzvorgang bzw. Filtration aus dem
Wasser entfernt werden
Membranverfahren
➢ Ultrafiltration: kann nur Partikeln zurückhalten (u.a. Bakterien & Viren), jedoch nicht gelöstes Arsen
➢ Nanofiltration & Umkehrosmose: kann alle gelöste und Feststoffe aus dem Wasser entfernen. Sehr
hohe Energie-, Personalkosten.
Trinkwasseraufbereitung zur Arsenentfernung
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Arsen im Trinkwasser
Eine ausführlich Beschreibung zur Arsenproblematik und Möglichkeiten der Arsenentfernung finden Sie hier:
https://www.eawag.ch/fileadmin/Domain1/Forschung/Menschen/Trinkwasser/Wrq/Handbook/geogenic-contamination-handbook.pdf
Praxisbeispiele der Trinkwasseraufbereitung zur Arsenentfernung
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Trinkwasseraufbereitung für eine Gemeinde
• Sidko Filter (Eisenbasierte Feststoffe)
• ƞ = 99 %
• Einfach, aber teuer da Filteraustausch
Trinkwasseraufbereitung für eine Gemeinde
• Sandfilter (nur im eisenrechen Grundwasser)
• ƞ = 20-90 %
• Einfach & günstig, unzuverlässig
Trinkwasseraufbereitung in einem Haushalt
• SONO Filter (Metallisches Eisen)
• ƞ = 90 %
• Einfach, relativ teuer, geringe Filtrationsrate
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!