Post on 10-Sep-2019
Usch Luhn
Alles wegen Zora
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DIE AUTORIN
Usch Luhn kommt aus der Steiermark und lebt abwechselnd in Berlin und am Wattenmeer in Ostfriesland. Sie ist Kommunikationswissenschaftlerin, unterrichtet an einer Filmschule und schreibt eigene Filmdrehbücher sowie Kinder und Jugendbücher.
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Usch Luhn
Alles wegen Zora
Eine Geschichte über falsche Freunde
Mit Illustrationen
von Edda Skibbe
und einem Nachwort
von Dr. Rose Shaw
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cbjist der Kinder und Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House
Verlagsgruppe Random House FSCDEU0100Das für dieses Buch verwendete FSC®zertifizierte Papier München Super Extra liefert Arctic Paper Mochenwangen GmbH.
1. AuflageOriginalausgabe April 2010Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform© 2010 by cbj Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHAlle Rechte vorbehaltenUmschlag und Innenillustrationen: Edda SkibbeUmschlaggestaltung: BasicBookDesign, Karl MüllerBussdorf MI ∙ Herstellung: CZSatz: Andreas Geiger im Verlag Druck: GGP Media GmbH, PößneckISBN: 9783570221891Printed in Germany
www.cbj-verlag.de
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Für meine Freundin Lissy, die mit
mir durch dick und dünn geht.
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1. Ringelschlangen und weiße Mäuse
»Ich liebe weiße Mäuse!« –
»Nee, ich finde die roten Ringelschlangen lecker!« –
»Hast du die Frösche etwa ganz alleine aufge
gessen? Vielfraß!« –
»Selber Vielfraß. Lass mir bloß was übrig von
den Mäusen!« –
»Zicke!« –
»Selber Zicke!« –
Marie schnappte Kato die letzten vier Mäuse an
griffslustig aus der Hand und stopfte sie sich in den
Mund.
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»Tut mir leid«, nuschelte sie kauend. »Sind lei
der alle!«
Sie schluckte den Schaumgummibrei eilig hi
nunter und kicherte vergnügt.
Mit einem empörten Aufschrei stürzte sich Kato
auf ihre beste Freundin und begann, sie durchzu
kitzeln. Marie quiekte wie ein Schweinchen und
setzte sich heftig zappelnd zur Wehr. Angriffslustig
umklammerte sie Kato und rang sie zu Boden. Nur
Sekunden später kugelten die beiden kreischend
über die staubigen Holzdielen des Bahnwärter
häuschens.
Dabei stießen sie versehentlich den dreibeinigen
Hocker um, auf dem Marie ihren Fahrradkorb mit
den Getränken abgestellt hatte. Eine Flasche Him
beerlimo zerbarst in hundert winzige Glassplitter.
Der klebrige Saft breitete sich rasend schnell aus und
wurde von dem großporigen Holz gierig aufgesogen.
»Hilfe! Meine Mathesachen!«
Marie strampelte sich erschreckt frei und
schnappte sich ein aufgeschlagenes Heft, dessen
Umschlag bereits einige Eselohren aufwies.
Die eng mit Füller beschriebenen Seiten waren
himbeerrot gesprenkelt.
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Hastig rieb Marie mit ihrer Handfläche darüber
und verschmierte dabei mehrere Reihen Rechen
päckchen.
»Mist! Mist! Mist!« Aufgebracht pfefferte sie
das verunzierte Heft weg.
Kato wischte vorsichtig ein paar Glasscherben
zur Seite und fischte Maries Mathematikbuch vom
Boden. Die Ränder des Buches waren ziemlich
dunkelrosa.
»Oje, ich glaube, das ist ein ganzer Misthaufen«,
sagte sie. »Wenn Frau Knobel die Flecken entdeckt,
meckert sie wieder stundenlang herum.«
Marie stöhnte bei dieser Vorstellung verzweifelt.
Sie nahm einen Radierer und begann hektisch,
die Farbe abzurubbeln.
»Stopp!« Kato zog ihr das Buch weg. »Das geht
doch kaputt!«
Sie überlegte angestrengt. »Meine Mutter hat ei
nen Fleckenstift für Wäsche, vielleicht kriegt man
mit dem auch Papierseiten gebleicht. Zuerst muss
das Buch aber trocknen!«
Sie verstaute das Mathebuch in ihrem Rucksack.
»Ich nehme es mit. Mama kriegt das bestimmt wie
der hin.«
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Marie löste die verschmierte Seite vorsichtig aus
ihrem Rechenheft heraus.
»Jetzt kann ich den Quark noch mal ganz neu
rechnen!«, jammerte sie.
»Du kannst von mir abschreiben!«, tröstete
Kato ihre Freundin und suchte nach ihrem eige
nen Heft. »Die Textaufgaben für nächste Woche
habe ich auch schon fertig. Sind diesmal baby
leicht.«
Nachdem Marie und Kato die Glasscherben mit
einem Handfeger sorgfältig weggekehrt hatten,
setzten sie sich auf zwei Klappstühle vor die Tür.
»Ich hasse Mathe!«, stöhnte Marie. Sie hatte die
Hefte auf Katos Knien liegen und las mit gerunzel
ter Stirn die Textaufgaben durch. »Kannst du mir
sagen, warum wir solche komischen Sachen aus
rechnen müssen?
Drei kleine Schweinchen sind bei ihrer Mutter
ausgezogen und bauen sich nun kleine Häuser. Das
erste Schwein kauft beim Bauern 100 Ballen Stroh
zu je 12 kg und bezahlt mit einem Scheck über 500
Euro. Der Bauer verspricht, das Stroh noch am sel-
ben Tag mit dem Traktor zu bringen. Allerdings
packt er nur 95 Ballen Stroh auf seinen Trecker,
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und das Schweinchen merkt das nicht, da es nie gut
rechnen konnte.
Frage: Um wie viel kg Stroh, also um wie viel
Geld wurde das Schweinchen betrogen?«
Sie schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich
habe keinen blassen Schimmer. Was weiß ich über
dumme Häuschen von dummen Schweinchen?«,
regte sie sich auf. »Das Einzige, was das Schwein
und ich gemeinsam haben, ist, dass wir beide nicht
Rechnen können.« Sie begann täuschend echt zu
grunzen.
Kato kicherte.
»Lach nicht!«, wies Marie sie zurecht. »Das
Schwein und ich sind echt arm.«
Sie grunzte weiter und hörte erst auf, als Kato
sich vor lauter Lachen an ihrer Spucke ver
schluckte.
Konzentriert übertrug Marie die von Kato ge
lösten Rechenaufgaben in ihr Heft. »Wenn ich die
ses Jahr sitzen bleibe und mit den Minis in eine
Klasse muss, während alle anderen mit dem Bus
in die Oberschule fahren, sind nur Frau Knobel
und diese Schweinchen schuld«, seufzte sie. »Da
bei gebe ich mir echt Mühe. Ich glaube, ich wan
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dere in den Wilden Westen aus und werde Sheriff.
Oder Rodeoreiterin.«
Nach einer ganzen Weile klappte sie die Hef
te zu.
»Fertig!« Erleichtert sprang sie auf. » Wer als
Erster drüben an den Gleisen ist!« Sie sauste los.
Um das verlassene Bahnwärterhäuschen zu finden,
musste man ein ganzes Stück in den Mischwald ra
deln, und selbst dann sah man es nicht auf den ers
ten Blick.
Marie hatte es vor fast genau einem Jahr zu
fällig entdeckt, als sie auf ihrem Klapprad durch
den Wald gefahren war, um Zapfen für den Bastel
unterricht zu sammeln. Auf Werken und Malen
hatte sie schon immer viel mehr Lust gehabt als
auf das große Einmaleins.
Damals war sie im letzten Augenblick einem
träumenden Igel ausgewichen, der zusammen
gerollt auf dem Weg lag und aussah wie ein Klum
pen braunes Moos. Marie hatte eine waghalsige
Vollbremsung riskiert und so war der Igel mit dem
Schrecken davongekommen. Das aufgeregte Tier
hatte sich eilig ins Unterholz geflüchtet, während
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sie selber mit dem Klapprad über einen Stumpf ge
knallt und umgefallen war.
Zum Glück fuhr Marie nie ohne ihren Helm,
aber der Vorderreifen war platt und die Felge hatte
einen unschönen Achter.
Die mit Kletterpflanzen überwucherte Mauer
ganz in der Nähe hatte sich als Hauswand des ehe
maligen Bahnwärterhäuschens entpuppt. Denn be
vor die hohe Bahntrasse für die Schnellzüge gebaut
worden war, hatte es einmal eine Eisenbahn ge
geben, die im Schneckentempo mitten durch den
Wald bummelte.
Maries Oma Inge war früher genau mit die
sem Zug in die Berufsschule gefahren. Das war
Marie eingefallen, als sie neugierig durch die blin
den Fenster des Häuschens gelugt hatte.
Auf dem Küchentisch hatte noch ein Kaffee
becher mit Löffel gestanden, daneben ein blauer
Keramikteller mit Messer und Gabel, die Griffe
aus Holz. An der Wand gegenüber hatte sie sogar
ein schmales Eisenbett mit Matratze entdecken
können, mit grün karierter Wolldecke.
Obwohl bestimmt niemand mehr in diesem
Holzhaus wohnte, hatte Marie urplötzlich ein
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Kribbeln im Bauch gehabt, als würden jeden Au
genblick die sieben Zwerge um die Ecke gewan
dert kommen, und sie hatte sich ängstlich um
geschaut, bevor sie die Klinke heruntergedrückt
hatte. Die Tür war unter einer Himbeerranke ver
borgen gewesen, Marie hatte sie fast nicht gefun
den.
Als sie an der Klinke rüttelte, hatte sie sich
schmerzhaft an den Dornen verletzt. Ohne ihr ka
puttes Fahrrad und die Baumzapfen war sie eilig
nach Hause gerannt, um Kato anzurufen.
»Das Haus ist eine Mischung aus Dornröschen
schloss und Räuberhöhle«, beschrieb sie ihre Ent
deckung Kato kurze Zeit später aufgeregt am Te
lefon.
»Super! Das wird unser neues Versteck«, jubelte
Kato.
Kato und Marie waren beste Freundinnen seit dem
Kindergarten.
Katos Vater hatte für die beiden ein geheimes
Baumhaus in die alte Eiche in ihrem Garten ge
baut. Dort verbrachten Marie und Kato ihre meis
ten Nachmittage, selbst bei Regen. Vor zwei Jah
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ren war der Baum plötzlich krank geworden und
warf sein Laub ab. Ein Gärtner fand heraus, dass
Wühlmäuse die Wurzeln der Eiche so stark be
schädigt hatten, dass der Baum umgeholzt werden
musste.
Zwar hatte Katos Vater das Baumhaus geret
tet und hinter der Garage neu aufgebaut, aber seit
die schöne alte Eiche gefällt war, stand das Baum
haus die meiste Zeit leer und es machte den bei
den Freundinnen keinen rechten Spaß mehr, dort
zu spielen. Schließlich zog Rollo in das Baumhaus,
ein Bernhardiner aus der Nachbarschaft, der frei
herumlaufen durfte, und machte es sich auf einem
Stapel MickymausHefte gemütlich.
Weil ihr Vater Schlosser war, besaß Kato eine
ganze Sammlung Schlüssel. Für die erste Orts
besichtigung hatte Kato ihren riesigen Schlüssel
bund eingesteckt, an dem hingen fast hundert un
terschiedliche Schlüssel.
In ungelenken Schlangenlinien war Kato mit
Marie auf dem Gepäckträger zu dem Bahnwärter
häuschen geradelt, und Kato fand tatsächlich ei
nen passenden Schlüssel, mit dem sie die Tür auf
sperren konnten.
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An diesem Nachmittag wurde das Bahnwär
terhäuschen ihr geheimstes Geheimnis. Nie
mand, weder Eltern noch Mitschüler, wurde ein
geweiht.
»Sieger!«, brüllte Marie und berührte mit einem
Spagatschritt als Erste die Bahnschiene.
Tage später, nachdem die Freundinnen das Häus
chen in Besitz genommen und es sich darin mit Sü
ßigkeiten und Limo gemütlich gemacht hatten, wa
ren sie auf die still gelegten Gleise gestoßen. Diese
führten direkt hinter dem Haus entlang und wa
ren unter dem Moos fast völlig versteckt. Sogleich
begannen sie mit Feuereifer, das Grünzeug wegzu
reißen, um ein Stück der Schienen freizulegen. Auf
der Oberfläche konnte man wie auf dem Schwebe
balken balancieren.
»Super Trainingslager. Bis zur Schwebebalken
prüfung will ich ein dreifaches Rad schaffen, mit
Abgang doppelter Salto rückwärts«, sagte Marie
gerade und schlug zwei Räder hintereinander.
»Packst du mit links. Du kannst sowieso bald
im Zirkus auftreten«, gab Kato ihr neidlos Recht.
»Auf dem Hochseil ohne Netz!«
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Sie selber übte immer noch Geradeauslaufen. So
gar einfaches Umdrehen fiel ihr schwer.
Im Gegensatz zu Marie konnte Kato auf Geräte
turnen sehr gut verzichten. Lieber trainierte sie
Handball mit den Jungs aus dem Sportverein. Zu
dumm, dass es keine Mädchenmannschaft gab. Bei
den Turnieren durfte sie nur zugucken, obwohl sie
die meisten Tore warf.
»Ich habe eine Idee!«, rief Marie und machte die
Augen zu. »Guck genau hin, ich schummle nicht.«
Gespannt blieb Kato stehen.
»Achtung, fertig, los!«, feuerte sich Marie selber an.
Sie lief ein paar Schritte blind auf dem Gleis
ohne zu wackeln und machte zum Abschluss einen
astreinen Salto vorwärts.
Beim Aufkommen rutschte sie von dem glatten
Eisen ab und knickte mit dem rechten Fuß um.
»Autsch!« Marie rieb sich ihren Knöchel.
»Pass auf!«, rief Kato erschrocken. »Sonst hum
pelst du an deinem Geburtstag herum.«
Marie nickte schuldbewusst. »Stimmt auch wie
der.«
Sie schlug sich mit der flachen Hand gegen die
Stirn.
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»Mensch! Die Einladungen. Fast hätte ich sie
vergessen. Du musst mir sofort sagen, ob sie dir ge
fallen!« Sie nahm Katos Hand und zog die Freun
din aufgeregt in das Bahnwärterhäuschen zurück.
»Bist du nicht etwas spät damit dran?«, keuchte
Kato atemlos.
»Nein, im Reitstall weiß sowieso schon jeder Be
scheid. Die Einzige, die von meinen Geburtstags
gästen nicht reitet, bist ja du. Ich habe ewig ge
braucht, bis die Zeichnung fertig war. Und, gefällt
sie dir?«
Stolz breitete Marie ihren Skizzenblock vor Kato
aus.
»Boah, toll!«, krächzte Kato verdattert.
»Mensch, Marie. Wenn ich nur halb so gut malen
könnte wie du. Das solltest du mal Frau Knobel
zeigen, wenn sie wieder mit dir meckert!«
Marie machte ein stolzes Gesicht. »Das Dorf
war echt schwer zu zeichnen.«
ICH WERDE ZEHNUND DU BIST HERZLICH EINGELADEN ZU MEINER
GEBURTSTAGSPARTY!WIR FEIERN WIE IM WILDEN WESTEN.
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stand in schnörkeliger Schrift auf der Zeich
nung.
Dazwischen hatte Marie eine waschechte
Westernstadt mit ihren Bewohnern entste
hen lassen. Sogar den Sheriff hatte sie nicht ver
gessen. Eine wilde Amazone setzte mit ihrem
edlen weißen Pferd gerade über ein hohes Hin
dernis. Wenn man genauer hinschaute, hatte
die Amazone große Ähnlichkeit mit Marie. Ein
Lasso schwingender Cowboy trieb gerade eine
Herde Wildpferde auf eine umzäunte saftige
Weide und ein Raubvogel fing sich gerade eine
Maus.
WO? NATÜRLICH IN BILLY’S SALOONWANN? SAMSTAGNACHMITTAG UM 14 UHRBEI FEUERWASSER UND MARY’S CAKES
SIND COWBOYS, INDIANER UND AMAZONEN HERZLICH WILLKOMMEN.
MIESE LAUNE BITTE VORHER BEIM SHERIFF ABGEBEN.
Plötzlich guckte Kato überrascht. »Der Cowboy
kommt mir bekannt vor.«
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Sie schaute ihn aufmerksam an. »Könnte das
vielleicht Bosse sein?«
Marie kreischte lautstark auf und wurde gleich
zeitig feuerrot im Gesicht.
»Totaler Quatsch. Wie kommst du denn auf so
was Dummes?«
Kato zuckte mit den Achseln. »Sieht einfach
irgendwie aus wie Bosse«, wiederholte sie stur.
»Kommt er auch?«
Marie schüttelte heftig den Kopf. »Der geht
nicht auf Kindergeburtstage, weißt du doch«, sagte
sie brüsk. »Bei Katja war er auch nicht. Und die
hatte extra Cola und seine Lieblingschips für ihn
eingekauft, die mit PaprikaChili.«
Sie ließ die Einladung schnell in ihren Rucksack
verschwinden. »Ich habe nur Ole eingeladen«, er
gänzte sie. »Der hilft mir öfter beim Ausmisten.«
Kato begann, breit zu grinsen. » Na, der ist eh
viel netter, auch wenn er aussieht wie acht. Hof
fentlich erzählt er seinem großen Bruder Bosse
nichts davon, sonst tanzt er doch noch an.«
Marie quetschte ihren Skizzenblock mühsam
zwischen ihre Schulsachen.
»Das traut er sich nicht, so uneingeladen«, sagte
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sie ungestüm. »Außerdem, am Samstag kommt
Bosse nie in den Reitstall, da muss er seinem Vater
auf dem Bauernmarkt beim Kistenschleppen hel
fen.«
Sie sprang unruhig auf.
»Ich muss jetzt unbedingt nach Hause, bestimmt
brennt Mama schon darauf, dass ich das Kostüm
anprobiere. Sie wollte ein rotes Cowboyhemd nä
hen und mit Stickereien verzieren – das habe ich
mal in einem Film gesehen. Und einen Gürtel aus
bunten Indianerperlen habe ich mir auch dazu ge
wünscht. Papa muss später unbedingt die Ein
ladungen farbkopieren, damit ich sie morgen im
Reitstall verteilen kann.«
Kato strahlte. »Dein Kostüm sieht bestimmt su
per aus! Deine Mama kann ja echt gut nähen. Bei
uns schafft das niemand, aber ich finde es nicht
schlimm. Oma meint, das liegt in der Familie. Sie
hat ein einziges Mal Socken für Opa gestrickt, und
danach hat er ihr streng verboten, es noch mal zu
versuchen.« Sie lachte vergnügt.
»Dafür kann Oma schneller Kopfrechnen als
Mama und ich zusammen. Wir haben einen Kar
toffelsack gewaschen, den ich im Keller aufgetrie
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ben habe, da schneiden wir oben ein Loch rein und
dann binde ich mir ein dickes Seil um die Hüften,
das bringt Papa von seinem Boot mit. So gehe ich
als ein armer Wegelagerer verkleidet und kriege
eine doppelte Portion Kuchen.«
Marie kicherte. »Auf den Kopf gefallen bist du
echt nicht! Ich muss Mama unbedingt daran er
innern, dass sie den Apfelkuchen backt. Sie ist we
gen dem Baby ständig im Stress. Total nervig.«
Sie schaute auf ihre Armbanduhr. »Auweia! Ich
sollte wirklich los!«
Die beiden schnappten sich hastig ihre Ruck
säcke, verschlossen das Bahnwärterhäuschen ge
wissenhaft und düsten auf ihren Fahrrädern los.
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2. Brüderchen-Alarm
»Hallo, Mami, ich bin da!!! Ist Papa schon zu
Hause?«
Marie pfefferte die Schultasche zwischen die
aufgereihten Schuhe im Flur und stürmte energie
geladen direkt ins Wohnzimmer.
Überall im Zimmer stapelten sich Berge frischer
Babywäsche, alles in Hellblau und Gelb. Mitten
drin kniete Maries Mutter auf dem Fußboden und
faltete winzige Strampler. »Papa hat gerade ange
rufen. Er hat noch einen Kunden. Aber guck mal,
Spätzelchen«, sagte sie und hielt einen besonders
kleinen Strampler lächelnd in die Höhe.
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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE
Usch Luhn
Alles wegen ZoraEine Geschichte über falsche Freunde
ORIGINALAUSGABE
Taschenbuch, Broschur, 288 Seiten, 12,5 x 18,3 cm10 s/w AbbildungenISBN: 978-3-570-22189-1
cbj
Erscheinungstermin: März 2011
Aktuelle Themen, kindgerecht erzählt Zora ist neu in Maries Klasse und viel cooler als die anderen. Marie ist froh, mit Zora befreundetzu sein, denn ihre beste Freundin Kato ist eine echte Spaßbremse geworden und lernt nurnoch Mathe. Marie und Zora lernen kein Mathe. Obwohl Maries Versetzung gefährdet ist. AberZora hat eine viel bessere Idee, um an gute Noten zu kommen … Um Zora nicht zu verlieren,verstrickt sich Marie in ein Netz aus Lügen und Betrügereien – bis es zu einer riskantenMutprobe kommt!