Wissenschaftliche Blogs und der Weg in eine “wissenschaftsmündige” Gesellschaft.

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“Einladungen zum Dialog. Wissenschaftliche Blogs und der Weg in eine “wissenschaftsmündige” Gesellschaft. Über Chancen und Zumutungen der Wissenschaftskommunikation 2.0″

Transcript of Wissenschaftliche Blogs und der Weg in eine “wissenschaftsmündige” Gesellschaft.

Einladungen zum Denken Wissenschaftliche Blogs und der Weg in

eine »wissenschaftsmündige« Gesellschaft.

Über Chancen und Zumutungen der Wissenschaftskommunikation 2.0

Marc Scheloskewww.wissenswerkstatt.net | www.wissenschafts-cafe.net

Tag des Wissenschaftsjournalismus, Dieburg, 2. Juli 2008

HerausforderungWissenschaftskommunikation

Wie spricht man über Wissenschaft?

Wo spricht man über Wissenschaft?

HerausforderungWissenschaftskommunikation

Und was verändert sich, wenn Wissenschaftler

und Journalisten bloggen?

Die Deutschen, und sie nicht allein, besitzen die Gabe, die Wissenschaften unzugänglich zu machen.

in:Wilhelm Meisters Wanderjahre

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Aber was sind Blogs?

Wie bringt man die Botschaft an den Mann?

Sind wissenschaftliche Blogs die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?

Schaukämpfe

Blogs vs. Journalismus

Die Utopie: ein Raum des herrschaftsfreien

Diskurses, in dem endlich der Gegensatz zwischen Sender und Empfänger, Produzent und Konsument,

oben und unten aufgehoben ist. Die Realität:

eine Bühne für das geistige Prekariat.

Alan Posener, „Querulanten aller Lager, vereinigt euch!“, Die Welt, 27. Januar 2008

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Das Internet verkommt zu einem Debattierklub

von Anonymen, Ahnungslosen und Denunzianten. ... Blogger sind nichts anderes als: … Inquisitoren in eigener Sache,

... das sind halt Querulanten. Freizeitaktivisten mit einbisschen Schaum vor dem Mund.

Bernd Graff, "Die neuen Idiotae", Süddeutsche Zeitung, 7. Dezember 2007

»

Wir publizieren nicht die Mitteilung jedweder

ungewaschenen Subjektivität.

Jürgen Kaube: „Immer schön sachlich bleiben“, FAZ, 12. Dezember 2007

»

Was ist ein Blog?

Weblog [ˈwɛblɒg] (aus: World Wide Web und Log für Logbuch)

Was ist ein Blog?

Ende der 90er Jahren entstandene Form von Websiten, die einen Tagebuch- oder Journalcharakter haben.

Was ist ein Blog?

Die Artikel sind umgekehrt chronologisch angeordnet und können kommentiert werden.

Was ist ein Blog?

Über Verweise/Links auf andere Weblogs (Trackbacks) entsteht ein kommunikativer Raum: die Blogosphäre.

Weblogs sind die Infrastruktur verteilter Kommunikation.

Wen kümmert das Gezeter der Feuilletons?

It‘s the content, stupid!

Entscheidend ist der Gebrauch eines Mediums.

Was ist ein Blog?

Weblogs sind ein Kommunikations- medium

Weblogs sind Diskurskatalysatoren

Was ist Wissenschaft?

Wissenschaft =

Aufklärung

Wissenschaft =

Erkenntnis

Wissenschaft =

Rationalität

Wissenschaft =

Analyse

Wissenschaft =

Forschung

Wissenschaft =

Objektivität

Wissenschaft =

Laborarbeit

Wissenschaft =

Theorie

Wissenschaft =

Experiment

Wissenschaft =

Neugier

Wissenschaft =

Diskurs

Diskurs =

Kommunikation

Wissenschaft =

Kommunikation

Nur wissenschaftlicheErgebnisse, die publiziert werden, existieren.

Niklas Luhmann

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Wissenschaft kann nicht nicht kommunizieren.

Nur Wissenschaft, die kommuniziert,

existiert.

Nur Wissenschaft,

existiert. über die gesprochen wird,

Nur über Wissenschaft,

wird gesprochen. die kommuniziert,

Warum sollte sie es nicht auch in Blogs tun?

Mit wem kommuniziertWissenschaft?

Die Idealtypen der Wissenschaftsblogs

Wissenschaftlerblogs: der Autor ist Wissenschaftler

typisch: Notizen aus dem Forscheralltag

Wissenschaftliche Blogs:Wissenschaft ist Gegenstand/Thema typisch: journalistische Akzentsetzung

Was leisten Blogs für Wissenschaftler?

Schnelles Publikations- und Informationsinstrument (Informationsmanagement)

Was leisten Blogs für Wissenschaftler?Bloggen macht sichtbar

(Identitätsmanagement)

Was leisten Blogsfür Wissenschaftler?

Vernetzung mit anderen Forschern (Beziehungsmanagement)

Die weite Weltder wissenschaftlichen Blogszene

Was leisten Blogs für die Gesellschaft?

Mehr Licht!

Wissenschaftlicher Diskurs wird transparent

(Informationsaspekt)

Kreisverkehr statt Einbahnstraße!

Blogs funktionieren bi-direktional (Dialog- und Partizipationsaspekt)

Ende der Autoritätsgläubigkeit!

Asymmetrie zwischen Experten und Laien wird aufgelöst

(Demokratisierung der Wissenschaftskommunikation)

Was ist passiert?

Wissenschaftskommunikation 1.0= Volksbelehrungsinstrument

Wissenschaftskommunikation 2.0= Entdeckung des Publikums als

„mündigen“ Dialogpartner

Leistungsgrenzen

Blogs sind kein Ersatz für den Fachdiskurs in Journals etc.

Blogs sind kein Ersatz für den konventionellen,

redaktionellen Wissenschaftsjournalismus

Wissenschaftliche Blogs haben eine komplementäre Funktion

GütezeichenStärken wissenschaftlicher Blogs

Wissenschaftliche Blogs sind

aktuell, schnell, flexibel

Wissenschaftliche Blogs sind

authentisch, direkt

Wissenschaftliche Blogs sind

resonanz- und dialogfähig

Wissenschaftliche Blogs sind

Korrektiv / Kontrollinstanz

Thema: Schnelligkeit

Thema: Korrektiv

Humorforschung auf britisch

Sam ShusterPensionierter DermatologeNewcastle (UK)

Feldstudie – Humorforschung

Untersuchungsdesign: Mehrere Ausfahrten auf dem Einrad Aufzeichnung der Reaktionen der Passanten Anfertigung von Notizen über Artikulationsformen von

Humor Erhebung der demographischen Kenndaten

(Abschätzung/auf Verdacht) Launige Niederschrift der anekdotischen Erkenntnisse

Durchführung: Sam Shuster, pensionierter Dermatologe

Shuster, Sam: Sex, aggression, and humour: responses

to unicycling, in: British Medical Journal, 2007; 335:1320-1322 (22 December), doi:10.1136/bmj.39414.552060.BE

Humor hängt vom Testosteronspiegel ab

Heinemann, Pia:Die Welt, 20.12.2007

Männlicher Humor: Vielleicht nur versteckte Aggression

ORF-Wissenschaft,21.12.2007

Biologie: Warum Männer so viel Humor habenBritischer Forscher vermutet Zusammenhang mit Aggressivität.

Die Presse, 21.12.2007

Das Geheimnis des männlichen Witzes

Spiegel Online, 22.12.2007

Quantenquark

Physiker kommen zu dem revolutionären Schluss, dass es eine physikalisch beschreibbare Seele gibt. Das Fundament für die atemberaubende These liefert das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung.

Rolf Froböse:Die geheime Physik des Zufalls.Quantenphänomene und Schicksal

»

So wird beispielsweise nicht mehr ausgeschlossen, dass das Herabfallen eines Bildes von der Wand und der zeitgleiche Tod eines nahen Verwandten auf einem physikalischen Effekt basiert, der aus dem Verschränkungsprinzip der Quantenmechanik abgeleitet werden kann.

Rolf Froböse:Die geheime Physik des Zufalls.Quantenphänomene und Schicksal

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Sowas in den Wissenschaftsteil zu schreiben, ist eine Frechheit, weil Menschen, die sich auf solche Meldungen auch verlassen müssen, den Schwachsinn nicht beurteilen können. (...)

Das ist wissenschaftlich unhaltbar und in der Kritik- und Ahnungslosigkeit vom wissenschaftsjournalistischen Standpunkt aus, den die Redaktion mit dem Abdruck übernommen hat, nicht nur unverschämt, sondern direkt erbärmlich.

Kommentar von Blogger „kamenin“ - „Begrenzte Wissenschaft“

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Wir publizieren nicht die Mitteilung jedweder

ungewaschenen Subjektivität.

Jürgen Kaube: „Immer schön sachlich bleiben“, FAZ, 12. Dezember 2007

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Über Zumutungen und Gewohnheiten

Die Leser wissenschaftlicher Blogs brauchen den Mut,

sich auf das Medium Blog einzulassen

Die Leser wissenschaftlicher Blogs brauchen den Mut,

Fragen zu stellen

Die Leser wissenschaftlicher Blogs brauchen den Mut,

Antworten einzufordern

Die Macher wissenschaftlicher Blogs brauchen den Mut,

sich nicht vom Tanz um das goldene Klickzahlenkalb beeindrucken zu lassen

Die Macher wissenschaftlicher Blogs brauchen den Mut,

anzuerkennen, daß Wissenschaftsblogs Zeit brauchen

Die wissenschaftlichen Blogger brauchen den Mut,

in den Dialog mit Fachkollegenund Laien einzutreten

Die wissenschaftlichen Blogger brauchen den Mut,

sich der Kritik und den Kommentaren zu stellen

Die wissenschaftlichen Blogger brauchen den Mut,

die eigene Arbeit darzustellen

Die wissenschaftlichen Blogger brauchen den Mut,

sich als Wissenschaftler und Mensch »(an)greifbar« zu machen

Wissenschaftliche Blogs sind

eine Bereicherung der kommunikativen Infrastruktur der

Wissenschaftsgesellschaft

Wissenschaftliche Blogs sind

eine Etappe auf dem Weg zu einer „wissenschaftsmündigen“ Gesellschaft

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

der Elfenbeinturm der Wissenschaft bewohnt ist

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wissenschaft unendlich viele Perspektiven eröffnet

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

es keine dummen Fragen gibt

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wissenschaftler nicht auf alle Fragen gute Antworten haben

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wissenschaft keine absoluten Wahrheiten liefert

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wahrheiten ohne Wissenschaft verdächtig sind

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wissenschaft dynamisch, diskursiv und spannend ist

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wissenschaft ein Prozeß ist

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wissenschaftler tatsächlich „verantwortlich“ sind

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wissenschaft vom Dialog, vom konstruktiven Diskurs lebt

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

Wissenschaft ein Wettstreitder Argumente ist

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

jeder daran teilnehmen kann

In wissenschaftlichen Blogs kann gelernt werden, daß

auch WissenschaftlerMenschen sind

Und wie wird sich diewissenschaftliche Blogszene entwickeln?

Differenzierung:

Bloggende Wissenschaftler(geringere Postingfrequenz, Nutzen des Blogs zum

Info-, Identitäts-, Beziehungsmanagement)

Differenzierung:

Wissenschaftsblogger(Professionalisierung, wissenschaftsjournalistischer

Anspruch, Ergänzung der Wissenschaftskommunikation,

Ort: Scienceblog-Portale)

Für beide Gruppen gilt:

Einladungen zum Denken Wissenschaftliche Blogs und der Weg in

eine »wissenschaftsmündige« Gesellschaft.

Über Chancen und Zumutungen der Wissenschaftskommunikation 2.0

Marc Scheloskewww.wissenswerkstatt.net | www.wissenschafts-cafe.net

Tag des Wissenschaftsjournalismus, Dieburg, 2. Juli 2008