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Workshop KampfmittelräumungQualifizierung der Auftraggeber- und Auftragnehmerseite als Bestandteil des Vergabeprozesses
Berlin, 12. November 2015, Humboldt Carré
Dokumentation
Herausgeberin:Bundesanstalt für ImmobilienaufgabenZentraleEllerstraße 5653119 Bonn
Inhaltliche Konzeption des Fach-Workshops und der Workshop-Dokumentation:Bundesanstalt für ImmobilienaufgabenZentrales Altlastenmanagement – ZEPM4Fasanenstraße 8710623 Berlin
Redaktion:Vorstandsbüro und Presse/Kommunikation
Grafische Gestaltung:Zentrales Marketing
Druck:Druckmüller GmbHBüro RothMalsfeldstraße 1857539 Roth
Quellen:Titelfoto:© Daniel Baumeier, Bundesforstbetrieb Westbrandenburg
Weitere Fotos:© Andreas Nenninger Photography: S. 5; S. 13-14; S. 20; S. 22-25; S. 40; S. 44© Die Hoffotografen GmbH Berlin: S. 34© IFAH GbR: S. 8-11© Michael Bender: S. 4© Privat: S. 38; S. 41 (oben); S. 50© sg@fotografirma.de: S. 41 (unten)© Universität der Bundeswehr München: S. 26; S. 32
Impressum
3Inhaltsverzeichnis
Inhalt Seite
Vorwort 4
Einleitung: Wichtige Impulse für notwendige Veränderungen 6
Interview: Kampfmittel – das unterschätzte Risiko 8
Impulsvortrag AG 1: Anregung zur Qualifizierung von Räumpersonal 14
Impulsvortrag AG 2: Perspektiven einer universitären Zusatzausbildung 26
Impulsvortrag AG 3: Rechtliche Bewertungen von Restrisiken 34
Zusatzbeitrag: Der öffentlich-rechtliche Vertrag als flexibles Handlungsinstrument 38
Ergebnisse: Kontroverse Diskussion in der AG 4 über Entwicklung einer Matrix 44
Kooperationsvereinbarung 32
Kontakte der BImA 50
Grußwort 5
Programm: Workshop Kampfmittelräumung 7
Positionspapier des ITVA e.V. 9
Ergebnisse: AG 1 erzielt greifbare Ergebnisse für die Grundlagenausbildung 17
Ergebnisse: AG 2 erarbeitet Anregungen, entwirft Grundkonzept und setzt Meilensteine 29
Ergebnisse: AG 3 stellt normativen Handlungsbedarf fest 37
Impulsvortrag AG 4: Räumkonzept – Aufbau einer Entscheidungsmatrix 40
Ausblick 46
Teilnehmerverzeichnis 48
Interview: „Ohne staatliche Anerkennung keine Aussicht auf Erfolg“ 22
Interview: „Schulungsbedarf für qualifiziertes Fachpersonal ist enorm gestiegen“ 24
Interview: „Denkweise der BImA geht in die richtige Richtung“ 23
Statement: Güteschutzgemeinschaft begrüßt Initiative ausdrücklich 21
4 Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
immer wieder berichten die Medien, dass ganze Stadt-teile evakuiert werden müssen, um Fliegerbomben zu entschärfen, die bei Bauarbeiten gefunden werden. Fast täglich werden Granaten, Munitionsteile, chemische Kampfstoffe oder sonstige Explosivstoffe in Böden und Gewässern aufgespürt – in Städten und auf dem Land. Noch immer, selbst Jahrzehnte nach dem Zwei-ten Weltkrieg, stellen die im Gelände schlummernden Kampfmittel ein erhebliches Gefahrenpotenzial dar. Es ist unvorstellbar, mit welchen gigantischen Mengen an Kriegslasten wir es hierzulande zu tun haben. Allein in Berlin werden jährlich bis zu 40 Tonnen Kampfmittel sichergestellt und vernichtet. Sie sind damit – ob wir wollen, oder nicht – ein Stück unseres Lebens.
Auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) muss sich als eine der größten Flächeneigen-tümerinnen Deutschlands mit Belastungen durch Kampfmittel auseinandersetzen. Denn vor allem viele ehemals militärisch genutzte Flächen, die ins BImA- Eigentum übertragen wurden und werden, sind sowohl als einstiges militärisches Kriegsziel wie auch aufgrund jahrelangen Übungsplatzbetriebs belastet mit Bom-benblindgängern und alter Munition. Nach Rückgabe dieser Liegenschaften durch die Streitkräfte stehen die BImA sowie die Kommunen vor der Herausforderung, geeignete zivile Anschlussnutzungen zu finden. Um den Beteiligten in diesem Prozess Hilfestellungen zu geben, veranstaltete die BImA im Mai 2014 in Berlin erstmals eine Fachtagung zu Kampfmitteln auf Kon-versionsflächen. Viele Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen identifizierten Probleme und diskutierten Handlungsansätze für die Zukunft. Damals waren sich alle einig: Die Veranstaltung ist für alle ein Gewinn ge-wesen und konnte nur ein Auftakt gewesen sein.
Genau hier setzte der „Workshop Kampfmittelräu-mung 2015“ an. Auf dem Programm standen die Pro-blemfelder, die bei der Fachtagung 2014 identifiziert worden waren. Am 12. November haben wir gemein-sam mit unseren Partnern der Deutschen Bahn AG, der Universität der Bundeswehr München, des Ingenieur-technischen Verbands für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e.V. sowie der Leitstelle des Bundes
für Kampfmittelräumung an der Oberfinanzdirektion Niedersachsen Experten und Entscheidungsträger zu einem fachlichen Diskurs und Gedankenaustausch ins Berliner Humboldt Carré eingeladen. Die Ergebnisse, die wir hier in Arbeitsgruppen erzielt haben, sollen nun 2016 in eine zweite Fachtagung einfließen.
Wir wollen vor allem ein bundesweit standardisiertes, planmäßiges Verfahren im Umgang mit Altlasten und Kampfmitteln erreichen. Für die erforderliche Qualität sind wir, die BImA, auch bereit, angemessen zu zahlen. Voraussetzung für nachhaltige Erkundungs- und Räum- programme nach bundesweit gleichen Standards ist unter anderem ein qualitativ hochwertiges, länderüber- greifend einheitliches Ausbildungsniveau. Das geht aber nur, wenn wir alle – Bund, Länder, Ausbilder, große Flä-cheneigentümer, zivile und militärische Kampfmittel-räumdienste – an einem Strang ziehen. Nur dann kön-nen wir die notwendigen Weiterentwicklungen und Herausforderungen meistern und das „kleine Schmud-delkind Kampfmittelräumung“ salonfähig machen. Die aus dem Workshop resultierenden Ergebnisse sollen dazu beitragen. Lassen Sie uns gemeinsam daran ar-beiten.
Axel Kunze, Mitglied des Vorstandes der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
Axel Kunze
5Grußwort
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Deutsche Bahn AG ist als zweitgrößter, bundes-weit agierender Flächeneigentümer (circa 1,2 Milliar-den Quadratmeter) und Bauherr mit einem jährlichen Bauvolumen in Milliardenhöhe von der Thematik der Kampfmittelräumung unmittelbar betroffen.
Bahnhöfe, Betriebs- und Ausbesserungswerke sowie Bahntrassen waren als strategisch wesentliche Infra-struktur für Transport und Nachschub von Kriegsgerät und Munition im Zweiten Weltkrieg gezielten Bom-bardierungen ausgesetzt. Dies bedingt eine große Zahl von Blindgängern auf oder in der Nähe von Bahnanla-gen. Hinzu kommen Kampfmittel deutscher Herkunft, die durch Zerstörung und Explosion von Munitionszü-gen, aus dem Betrieb von Flakstellungen, bei Kampf-handlungen oder beim Rückzug der Truppen anfielen.
Direkte Berührungspunkte mit Kampfmitteln sind bei verschiedensten Anlässen und in allen bauenden und entwickelnden Konzernunternehmen vorhanden. Bei-spiele sind die Planung und Abwicklung von Infra-strukturbaumaßnahmen zum Neubau und Ausbau von Eisenbahninfrastruktur- oder Entwässerungsanlagen, der Neubau oder Rückbau von Gebäuden, die systema-tische Altlastenbearbeitung oder auch die Flächenent-wicklung oder die Verwertung von Grundstücken und Immobilien.
In der Planungs- und Abwicklungsphase solcher Maß-nahmen wurden im Konzern in den letzten drei Jahren in mehr als 1.500 Einzelabrufen rund sieben Millionen Euro pro Jahr für Such- und Räummaßnahmen ausge-geben.
Das Interesse der Bahn, die Thematik Kampfmittelräu-mung und -suche gut, sicher, vorausschauend und mit hoher Verbindlichkeit zu regeln und zu dokumentieren, liegt bei solchen Dimensionen auf der Hand.
Besondere Herausforderungen sehen wir in der Klä-rung von Zuständigkeiten (16 Bundesländer bedeuten mehr als 16 Ansprechpartner, Abwicklungsprozesse und Regelwerke), bei der Festlegung von Qualitätsan-forderungen für die Ausführung von Such- und Räum-
maßnahmen, in der Sensibilisierung von Planern und Bauherrn für die Bedeutung der Kampfmittelthematik bereits in der Planung von Maßnahmen und auch in der unterschiedlichen und teilweise mangelnden Aus-stattung der Räumdienste.
Wir schauen allerdings nicht nur auf die Anderen. Wir arbeiten selbst daran, kampfmittel-affine Prozesse zu optimieren, eine qualifiziertere Ausschreibung ent-sprechender Leistungen zu gewährleisten, eine nach-vollziehbare Dokumentation von bereits umgesetzten Maßnahmen aufzubauen und Fachkompetenzen aus-zubauen und zu bündeln. Außerdem sind wir im ITVA (Ingenieurtechnischen Verband für Altlastenmanage-ment und Flächenrecycling e.V.) aktiv im entsprechen-den Fachausschuss tätig, um Wege und Lösungen für die erkannten Defizite aufzuzeigen und an deren Um-setzung mitzuwirken.
Vor diesem Hintergrund hat es uns sehr gefreut, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) uns vorgeschlagen hat, den Workshop als Mitausrichter zu unterstützen. Wir sind dieser Bitte sehr gerne nachge-kommen, denn wir sehen den Workshop als Chance und weiteren Meilenstein auf dem Weg, einen erwei-terten Kreis betroffener Akteure aus verschiedenen Institutionen für die Problematik der Kampfmittelräu-mung zu sensibilisieren.
Ich freue mich sehr auf interessante, konstruktive Dis-kussionen und bin gespannt darauf, zu welchen Er-gebnissen wir kommen. Den Teilnehmern wünsche ich einen spannenden, inspirierenden Tag mit vielen Anre-gungen für Ihr Tagesgeschäft.
Sabine Henrici, Deutsche Bahn AG, DB Immobilien, Bereichsleiterin Sanierungsmanagement
Sabine Henrici
6 Einleitung
An systematischen Lösungsansätzen mitzuwirken, die den „Dschungel der Zuständigkeiten“ im Umgang mit Kampfmitteln auf Konversionsliegenschaften lichten, ist ein Hauptanliegen der Bundesanstalt für Immobi-lienaufgaben (BImA). Daher veranstaltete sie im Mai 2014 eine gleichnamige Fachtagung im Kronprinzen-palais in Berlin. Die dort aufgespürten Problemfelder bildeten die Arbeitsinhalte für den Workshop, der am 12. November 2015 im Berliner Humboldt Carré statt-fand. Unter dem Titel „Qualifizierung der Auftraggeber (AG)- und Auftragnehmer (AN)-Seite als Bestandteil des Vergabeprozesses“ erörterte ein geschlossener Teilnehmerkreis von Experten in vier Arbeitsgruppen die Themengebiete „Schulische sowie universitäre Ausbildung von Kampfmittelräumpersonal“, „Risiko-bewertung“ und „Vertragsrechtliche Ausgestaltung von Kampfmittelräumvorhaben“.
Als einer der größten Auftraggeber in Sachen Kampf-mittelräumung will die BImA für nachhaltige Erkun-dungs- und Räumprogramme nach bundesweit glei-chen Standards auch einen Beitrag für die Aus- und Weiterbildung leisten und so – trotz Föderalismus – zu einer Vereinheitlichung der Prozesse der Kampfmit-telbeseitigung beitragen. Denn: Die Beseitigung von Kampfmitteln ist Ländersache. Bundesweit einheitli-che Vorschriften fehlen. Doch für die Qualitätssiche-rung sind einheitliche Standards sehr wichtig. Mög-lichkeiten der weiteren Qualifizierung von Personal in gewerblichen Räumfirmen sowie von Fachplanern müssen daher geschaffen werden. Auch dafür setzen sich die BImA und ihre Partner ein.
Ausrichter und Kooperationspartner
Daher richteten die BImA und die ebenfalls bundesweit agierende Deutsche Bahn AG – zusammen sind sie der größte Flächeneigentümer des Bundes – gemeinsam den Workshop aus. Auch die Oberfinanzdirektion Nie-dersachsen als Leitstelle des Bundes, der Ingenieurtech-nische Verband Altlastenmanagement und Flächenrecy-cling e.V. sowie die Universität der Bundeswehr München (Uni Bw) waren als Kooperationspartner beteiligt.
Vier Impulsvorträge zu unterschiedlichen Themenbe-reichen leiteten die Arbeitsgruppen ein. Hier bearbeite-ten die Teilnehmer anschließend intensiv die Themen. Im abschließenden Plenum präsentierten sie dann die Ergebnisse und stellten sie zur Diskussion (siehe ne-benstehendes Programm). Die vorliegende Publikation enthält die zusammengefassten Vorträge und Auszüge aus deren Präsentationen sowie die zusammengefass-ten Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen. Auch Vertreter der Ausbildungseinrichtungen sowie der Güteschutz-gemeinschaft Kampfmittelräumung Deutschland e.V. kommen zu Wort.
Der Fachworkshop lieferte wichtige Impulse, notwen-dige Veränderungen in Gang zu setzen. Zu ersten kon-kreten Maßnahmen ist es bereits gekommen. Am 11. Dezember 2015 haben die BImA und die Universität der Bundeswehr München eine Kooperationsvereinba-rung über die Einrichtung einer universitären Zusatz-ausbildung für das bisher nicht existierende Berufsbild der Fachplanerin/des Fachplaners für Kampfmittelräu-mung unterschrieben. Das ist ein Teilergebnis aus der Arbeitsgruppe 2, das die Teilnehmer als „Meilenstein“ werten.
Anregungen aufgenommen
Auch für die Grundlagenausbildung des gewerblichen Räumpersonals wurden greifbare Ergebnisse für eine Qualifizierungsinitiative in der Arbeitsgruppe 1 erzielt. Die einschlägigen Ausbildungseinrichtungen, die sämt-lich in der Arbeitsgruppe vertreten waren, nahmen die Anregungen zur Vereinheitlichung bestehender Quali-fizierungen und zur Aufnahme neuer Lehrgangsinhalte in ihr Ausbildungsprogramm auf. Im Ergebnis werden die Ausbildungsunternehmen die Lehrgangsinhalte gemeinsam einheitlich definieren und Vorschläge er-arbeiten.
Wichtige Impulse für notwendige Veränderungen
8 Interview
Der Ingenieurtechnische Verband Altlasten und Flächenrecycling e.V. (ITVA) hat jüngst ein Positionspapier veröffentlicht, das in Bezug auf Kampfmittel von einem unterschätzten Risiko spricht und Forderungen an die Politik stellt. Im Interview äußert sich Diplom-Geologe Martin Kötter vom ITVA zu dem Papier.
Kampfmittel – das unterschätzte Risiko
Herr Kötter, warum hat sich der ITVA des Themas Kampfmittel angenommen?Kampfmittel sind – wenn auch nicht im Sinne der De-finition – Altlasten, also Hinterlassenschaften in Böden und Gewässern, die uns nahezu täglich herausfordern. Die Kampfmittelproblematik ist dabei untrennbar mit dem Flächenrecycling oder der Konversion verbunden. Denken Sie nur an bombardierte ehemalige Indust-riestandorte in heute attraktiven Stadtlagen oder an militärische Konversionsflächen, die zivilen Nutzungen zugeführt werden sollen. Hinzu kommt, dass man of-fensichtlich etwas sensibler für das Thema geworden ist – teils zwangsläufig. Denn Flächeneigentümer er-kennen, dass sich Flächen mit entsprechendem Kampf-mittelverdacht nicht mehr so einfach verkaufen lassen. Und auch Bauherren stellen fest, dass sie – zumindest in einigen Bundesländern – ohne Klärung eines Ver-dachts keine Baugenehmigung erhalten oder die Bau-firmen nicht mehr ohne entsprechende Freigaben auf Grundstücken tätig werden. Die Behandlung dieser Probleme ist leider mit sehr viel Unwissen verbunden und mancher meint, es ginge auch mit „Augen zu und durch“, ohne sich seiner Verantwortung und auch der möglichen juristischen Konsequenzen bewusst zu sein. Der ITVA hat daher das Erfordernis gesehen, seine Mit-
glieder, Behörden und die betroffene Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren, aufzuklären und fachli-che Hilfestellung zu geben.
Hat der ITVA denn die Kompetenz dazu?Ja! Wir beschäftigen uns schon seit einigen Jahren mit dem Thema. Im September 2014 wurde im ITVA der „Fachausschuss Kampfmittelräumung“ ins Leben gerufen, der ja das Positionspapier erarbeitet hat. In diesem Fachausschuss sind meines Erachtens alle rele-vanten Institutionen der Bundesrepublik vertreten, die mit diesem Thema zu tun haben.
Welche sind das konkret?Da sind zum einen die Betroffenen. Dazu zählen die großen Liegenschaftseigentümer wie BImA und Deut-sche Bahn AG, aber auch regionale Partner, wie die Hamburg Port Authority und Industrieunternehmen. Dazu kommen die Kampfmittelräumfirmen, Ingeni-eurbüros, die zuständigen Ordnungs- und Fachbehör-den sowie Vertreter der Länderräumdienste. Auch Un-fallversicherungsträger wirken mit – der Arbeits- und Gesundheitsschutz ist hier von eminenter Bedeutung. Und schließlich fehlt auch juristischer Beistand nicht, der bei solchen Fragen unverzichtbar ist.
Warum ein Positionspapier?Wenn Sie etwas ändern wollen, müssen Sie Probleme benennen, Lösungsmöglichkeiten ermitteln und diese vom Entscheider einfordern. Hierzu soll das Positions-papier beitragen. An dem gemeinsamen Fachworkshop von BImA und Bahn sehen Sie, dass offensichtlich drin-gender Handlungsbedarf in größerem Maßstab gese-hen wird. Die Themen des Workshops greifen zentrale Forderungen aus dem Positionspapier des ITVA auf, zum Beispiel dass für alle Arbeitsschritte der Kampf-mittelbearbeitung bundesweit die gleichen Qualitäts-grundsätze gelten müssen.
Martin Kötter, Vorsitzender des Fachausschusses Kampfmittelräumung im ITVA
Lebenslauf
Seit 1994 Geschäftsführender Gesellschafter der Institut Für Angewandte Hydrogeologie (IFAH) GbR, Garbsen1990 – 1994 Mitarbeiter der IFAH GbR, Garbsen 1990 Studienabschluss als Diplom-Geologe an der Universität Tübingen
9
Positionen des ITVA zur Kampfmittelerkundung und -räumung im Rahmen des Flächenrecyclings und der Altlastenbearbeitung
Positionspapier
1. Situation
Lebensgefahr durch Kampfmittel in Böden und Ge-wässernKampfmittel in Böden und Gewässern können lebens-gefährlich sein. Auch nach 70 Jahren Frieden ist das Problem noch nicht erledigt – im Gegenteil: durch physikalische und chemische Einwirkungen nehmen das Gefahrenpotenzial und das Risiko der Selbstdeto-nation zu.
Allein im Zweiten Weltkrieg fielen ca. 1,35 Mio. Ton-nen Abwurfmunition auf das Gebiet des damaligen Deutschen Reiches. Hiervon detonierten etwa 10 bis 15% nicht. Darüber hinaus befinden sich ungezählte Kampfmittel aus Bodenkampfhandlungen, der un-sachgemäßen Entledigung, dem Übungsbetrieb und letztendlich aus der Produktion sowie der Vernichtung in den Nachkriegsjahren in Böden und Gewässern.
Nach zwei Weltkriegen ist auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland und den benachbarten Staaten flächenhaft in unterschiedlicher Intensität mit Kampfmitteln zu rechnen. Dabei beschränkt sich das Risiko nicht nur auf primäre Angriffsziele wie Indus-triestandorte, Verkehrsknotenpunkte und militärische Liegenschaften, sondern auch auf große Gebiete im städtischen und ländlichen Raum.
Täglich KampfmittelfundeFast täglich werden bei Eingriffen in Böden und Ge-wässer Kampfmittel gefunden. So wurden z.B. vom Kampfmittelräumdienst Rheinland-Pfalz im Jahr 2013 ca. 30 Tonnen Munition und Munitionsteile, davon 61 Bomben, 127 Panzerfäuste und 370 Handgrana-ten, geborgen. In Bayern konnten die Kampfmittel-räumer 2013 rund 180 Tonnen an Bomben, Granaten und Patronenmunition entsorgen, davon 65 alliierte Spreng- und Splitterbomben mit mehr als zwei Tonnen Sprengstoff.
2. Die Probleme
Gesellschaftliche Veränderungen erfordern viele An-strengungenKampfmittel stellen wie Boden- und Grundwasser-belastungen nicht nur eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, sondern auch ein erhebliches Investitions-risiko oder -hemmnis dar.
Der Wandel unserer urbanen und ländlichen Räume, die Energiewende sowie die Mobilität unserer Gesell-schaft erfordern in den nächsten Jahren immense fi-nanzielle und bauliche Anstrengungen. Dabei leisten das Flächenrecycling und die Konversion militärischer Liegenschaften, die häufig mit Kampfmitteln belastet sind, einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme.
Investitionsrisiko durch KampfmittelDie Kampfmittelproblematik wird beim Flächenrecy-cling oftmals vernachlässigt oder sogar übersehen. Ähnlich wie Boden- und Grundwasserbelastungen bedeuten Kampfmittel für den Investor oder Bauherrn jedoch ein kaum kalkulierbares finanzielles Risiko. Die möglicherweise entstehenden Kosten zur Herstellung einer „Kampfmittelfreiheit“ werden im Vorfeld einer Investition häufig falsch eingeschätzt. So kommt es nicht selten zu Fehlentscheidungen im Hinblick auf die Realisierung der Gesamtmaßnahme.
Auch im Grundstücksverkehr spielt das Thema der Kampfmittelbelastung eine entscheidende Rolle. An-ders als unterdessen für schädliche Bodenveränderun- gen üblich, werden Kampfmittelrisiken bei der Grund-stücks/Immobilienbewertung jedoch nur selten be-rücksichtigt.
Fachliches Know-how fehltDer unsachgemäße Umgang in der Planung und Aus-führung von Bodeneingriffen birgt erhebliche Risiken.
10 Positionspapier
In vielen Fällen fehlt den Bauherren, den Planern und den ausführenden Unternehmern das nötige Wissen. Teils gravierende Versäumnisse im Bereich des Ar-beitsschutzes, vermeidbare Gefährdungen von Leib und Leben und nicht zuletzt Kostenbelastungen sind die Folge. Zielorientierte Planungen und Ausführung von Baumaßnahmen werden durch Kampfmittelbelas-tungen massiv erschwert.
Unklare ZuständigkeitenDarüber hinaus entstehen Probleme durch die diver-gierenden Zuständigkeiten und Anforderungen in den einzelnen Bundesländern. Grundstückseigentümer und Bauherren stehen häufig vor dem Dilemma, keine einheitlichen Behördenstrukturen, Verantwortlichkei-ten und Kostentragungspflichten bei der Kampfmittel-räumung vorzufinden.
Insbesondere länderübergreifende Infrastrukturpro-jekte oder bundesweit agierende Investoren stehen nicht selten vor dem Problem, gleichlautende Prob-lemstellungen unter unterschiedlichsten behördlichen und technischen Anforderungen planen und ausführen zu müssen.
Mangelnde Ausstattung der RäumdiensteHinzu kommt, dass die Räumdienste der Länder, so-weit sie noch existieren, häufig personell und technisch nicht so ausgestattet sind, dass eine ziel- und zeitori-entierte Kooperation im Rahmen von Baumaßnahmen realisiert werden kann.
Unterschiedliche QualitätsanforderungenProbleme gibt es auch im Rahmen der Planung und Ausführung von Kampfmittelräummaßnahmen bzw. der vorlaufenden Gefahrenbeurteilung und der an-schließenden Freigabe. Sowohl die technische Eig-nung bestimmter Sondier- und Räummethoden, die Mindestanforderungen an den Einsatz anerkannter Verfahren einschließlich aller Möglichkeiten zur Vorer-kundung, die Qualitätssicherung und Dokumentation als auch die behördliche Abnahme bzw. die Freigabe-bescheinigung sind nicht einheitlich geregelt. In der Folge können sich in der weiteren Grundstücksnut-zung oder bei Veräußerung erhebliche Differenzen in der Risikobewertung im Hinblick auf die Kampf-mittelfreiheit ergeben. Im schlimmsten Fall muss das Grundstück dann einer erneuten Kampfmittelräumung unterzogen werden.
Positionen des ITVA zur Kampfmittelerkundung und -räumung im Rahmen des Flächenrecyclings und der Altlastenbearbeitung
11Positionspapier
3. Zentrale Empfehlungen und Forderungen des ITVA
Die Politik muss handelnKampfmittel in Böden und Gewässern der Bundesre-publik Deutschland gefährden das Flächenrecycling und die Altlastenbearbeitung. Der ITVA fordert daher Bund und Länder auf, der Flächennutzungspolitik be-sondere Priorität einzuräumen. Der politische Hand-lungsrahmen muss das integrierte Zusammenwirken von Entscheidungsträgern und Akteuren erleichtern.
Zentrale Empfehlungen und Forderungen des ITVA sind:
Einheitliches Vorgehen muss erreicht werdenKampfmittelerkundung und -räumung müssen wie Baugrund, Bodenschutz und Altlasten, Naturschutz etc. schon frühzeitig in der Flächennutzungsplanung und im Bauplanungsprozess berücksichtigt werden. Eine frühzeitige Planung der Kampfmittelräumung und Verknüpfung mit weiteren Aspekten der Flächen-herrichtung und Klärung der Baugrundbeschaffenheit ist anzustreben. Die in den im Auftrag des BMUB und des BMVg erstellten „Arbeitshilfen Kampfmittelräu-mung (AH KMR)“ beschriebene Vorgehensweise stellt dieses sicher und sollte Grundlage einer länderüber-greifend vereinheitlichten Vorgehensweise sein.
Kampfmittelräumung braucht PlanungLeistungen zur Planung von Kampfmittelsondierun-gen und -räumungen unterliegen klaren Abläufen. Es ist daher anzustreben, ein Leistungsbild „Kampfmittel-räumung“ im Bereich der HOAI zu verankern.
Rechtssicherheit durch FreigabebescheinigungenUm Rechtssicherheit durch Kampfmittelfreigabebe-scheinigungen zu gewährleisten, müssen diese in einer bundesweit einheitlich verbindlichen Struktur erstellt werden.
Technische Eignung und Qualität müssen definiert werdenFür alle Arbeitsschritte der Kampfmittelbearbeitung müssen bundesweit die gleichen Qualitätsgrundsätze gelten. Die Arbeiten müssen dem Stand der Technik entsprechend durchgeführt werden. Insbesondere bei der Sondierung müssen nach technisch-wissen-schaftlichen Kriterien unabhängig validierte/genormte Methoden und/oder zertifizierte Systeme zur Anwen-dung kommen. Die anerkannten Verfahren und deren Anwendungsgrenzen müssen in geeigneter Weise validiert und öffentlich gemacht werden. Die weitere Erforschung und Entwicklung zuverlässiger Methoden und Systeme ist zwingend geboten.
Hohe Anforderungen an Personal und TechnikDie Erkundung, Feststellung und Bergung von Kampf-mitteln stellt außergewöhnlich hohe Anforderungen an die gerätetechnische und personelle Ausstattung der ausführenden Firmen. Die Qualifikation der Beteiligten in den einzelnen Arbeitsfeldern der Kampfmittelräu-mung muss nach einheitlichen Standards gewährleis-tet werden.
DokumentationDie Erkundung und Räumung von Kampfmitteln ist in einer verlässlichen und nachvollziehbaren Form zu dokumentieren. Der ITVA empfiehlt dringend die bun-desweite Einführung von landesspezifischen Kampf- mittel-Katastern (analog Verdachtsflächen- und Alt-lastenkataster) oder den Aufbau eines Kampfmittelin-formationssystems.
Verbindlichkeit von RäumzielenBei Kampfmittelräumungen sind analog zum Instru-ment des Sanierungsplans (und dessen Verbindlich-keitserklärung unter Beteiligung aller wesentlichen Akteure) oder des öffentlich-rechtlichen Vertrags die Herangehensweise und die Ziele von Räummaßnah-men auf Basis einer abgestimmten nutzungsbezoge-
Positionen des ITVA zur Kampfmittelerkundung und -räumung im Rahmen des Flächenrecyclings und der Altlastenbearbeitung
12 Positionspapier
nen Gefahrenbeurteilung festzulegen. Das gilt insbe-sondere für bundeslandübergreifende Maßnahmen.
Stärkung der RäumdiensteDie Kampfmittelbeseitigung zählt zu den Aufgaben der Gefahrenabwehr und ist Aufgabe der Ordnungsbehör-den. Im Interesse einer bundesweit funktionierenden Flächenentwicklung und Gefahrenabwehr ist der Er-halt und Ausbau von fachkompetenten Räumdiensten in den Ländern unabdingbar.
Kampfmittel bei WertermittlungDie Kampfmittelbelastung eines Grundstücks bzw. der Verdacht einer Belastung kann zu erheblichen Unsi-cherheiten bei der Wertermittlung führen. In Para-graph 6 Absatz 5 „Weitere Grundstücksmerkmale“ der ImmoWertV sind Kampfmittelbelastungen daher als Risiko aufzunehmen.
Klare Rechts- und FinanzierungsstrukturenEs ist anzustreben, dass bundesweit ein einheitlicher Rechts- und Finanzierungsrahmen vorgegeben wird. Im Rahmen der landesspezifischen Umsetzung sind
auch die Aufgaben bzw. Zuständigkeiten der Ord-nungsbehörden und Kampfmittelräumdienste näher zu bestimmen. Die konkreten Gestaltungsmöglichkei-ten hierfür sind unter Berücksichtigung der Gesetzge-bungskompetenzen zu prüfen.
Auskömmliche PreiseHohe fachliche Anforderungen und Verantwortung der planenden und ausführenden Firmen haben ihren Preis. Zur Sicherung und Ausbildung von fachkompe-tentem und qualifiziertem Personal sind auskömm-liche Preise und Honorare zu zahlen. Dumping hat in der Kampfmittelräumung nichts verloren.
Gemeinsame PlattformKampfmittelräumung betrifft unterschiedliche Inter-essengruppen und Berufsstände. Um die Herausforde-rungen im Sinne einer nachhaltigen Land- und Flächen-nutzungspolitik voranzubringen, ist eine bundesweite Plattform (Kommission) zur Durchsetzung einer qualifi- zierten und technisch geeigneten Vorgehensweise, die (Arbeits-)Sicherheit und Wirtschaftlichkeit beachtet, einzurichten.
Positionen des ITVA zur Kampfmittelerkundung und -räumung im Rahmen des Flächenrecyclings und der Altlastenbearbeitung
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Das BImA-Bowflag wies den Experten den Weg zum Workshop ins Humboldt Carré, Behrenstraße 42 in Berlin.
14 Impulsvortrag
AG 1: Anregung zur Qualifizierung von Räumpersonal
Diplom-Geologe Andreas Müllervon der Leitstelle des Bundes für Kampfmittelräumung in der Oberfinanzdirektion Niedersachsen
Die Arbeiten bei der Räumung von Kampfmitteln er-fordern aufgrund des Gefährdungspotentials für Be-schäftigte und Dritte ein hohes Maß an Sorgfalt und Qualität. Aus diesem Grund hat die Gesetzgebung die-se Tätigkeiten im Sprengstoffgesetz und den nachge-ordneten Verordnungen geregelt.
Das fachtechnische Aufsichtspersonal und die Räum-stellenleiter werden durch die staatlich anerkannten Grund-, Sonder- und Wiederholungslehrgänge nach § 32 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) und natürlich im Rahmen ihrer Berufstä-tigkeit geschult beziehungsweise weitergebildet. Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt dabei auf der Ver-mittlung von Fertigkeiten zur sicheren Identifizierung und zum sicheren Umgang mit Kampfmitteln.
Diese Ausbildung deckt jedoch nicht alle spezifischen Anforderungen an die einzelnen Aufgaben ab, die im Rahmen einer Kampfmittelräummaßnahme notwen-dig sein können. Das wurde im Ergebnis des Fachpa-nels („Nachwuchssicherung – der Kampfmittelräumer als aussterbender Beruf? Anforderungen an die Aus-bildung“) der Fachtagung deutlich, die die Bundesan-stalt für Immobilienaufgaben im Jahr 2014 veranstal-tet hatte. Gerade in der Flächenräumung – wie sie auf
Liegenschaften des Bundes häufig vorgenommen wird – kommt hinzu, dass ein Großteil des eingesetzten Per-sonals oftmals nicht einmal über eine solche Schulung verfügt.
Diese Lücke versuchen verschiedenste an Kampf-mittelräumungen Beteiligte zu schließen. So bei-spielsweise der Bund über die „Arbeitshilfen Kampf-mittelräumung“ (AH KMR), Schulungsträger über „Einführungslehrgänge“, einzelne Bundesländer über Zulassungsanforderungen, aber auch die Unterneh-men über Gütebestimmungen und Akkreditierun-gen. Die Anforderungen sind jedoch sehr heterogen, manchmal auch sehr unspezifisch oder beschränken sich nur auf Teilaspekte der Kampfmittelräumung.
Eine fachlich fundierte, qualitativ hochwertige und nach einheitlichen Standards durchgeführte Kampf-mittelräumung ist aber insbesondere auf Bundeslie-genschaften notwendig. Schließlich sollen die Nut-zenden oder die an Flächen Interessierten gleiche Standards im ganzen Land erwarten dürfen.
Seit 2010 Technischer Angestellter, Oberfinanzdirektion Niedersachsen, Leitstelle des Bundes (Bereich Kampfmittelräum.)1993 – 2010 Technischer Angestellter in einem Ingenieurbüro (Arbeitsgruppenleiter Geologie und Wasserwirtschaft, Untersuchung und Sanierung von Altlasten, Projektsteuerung von Kampfmittelräum., Kostenermittlungen)1991 – 1992 Wissenschaftlicher Angestellter, Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung (heute Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie)
Durchführung der Phase A (Historische Erkundung) nach den „Arbeitshilfen Kampfmittelräumung“ (AH KMR) Projektsteuerung und Beratung im Rahmen von Testfelduntersuchungen und Kampfmittelräumungen auf Bundesliegenschaften Schulungen zur Anwendung der AH KMR und zu speziellen Fragestellungen der Kampfmittelräumung
Lebenslauf
Tätigkeitsschwerpunkte
15Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
12.11.2015 3
Impulsvortrag AG 1 Anregung zur Qualifizierung von Personal in gewerblichen Räumfirmen
Befähigungsschein (§ 20 SprengG) Lehrgänge (§ 9 SprengG, § 32 1. SprengV) Lehrgansziele (§ 33 1. SprengV) Anerkennung der Lehrgänge durch die zuständigen Landesbehörden
Möglichkeit unterschiedlicher Ausbildungsinhalte
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
12.11.2015 5
Impulsvortrag AG 1 Anregung zur Qualifizierung von Personal in gewerblichen Räumfirmen
Ähnliche Anforderungen in den Bedingungen von GKD und DAKKS
Tätigkeit Befähigungsnach-weis nach Bundesrecht
Befähigungsnachweis in beispielhaften Länderregelungen
Befähigungsnachweis für die Arbeit auf Bundes-liegenschaften (AH KMR)
Räumstellenleiter (Auch: Leitende Verantwortliche Person)
Befähigungsschein §20 SprengG
Befähigungsschein §20 SprengG
Befähigungsschein §20 SprengG 5-jährige Berufserfahrung als Fachtechnische Aufsichtsperson
Fachtechnische Aufsichtsperson (Auch: Truppführer, Verantwortliche Person, Feuerwerker, Fachkundiger Munition)
Befähigungsschein §20 SprengG
Befähigungsschein §20 SprengG Lehrgang „Erkunder“ (NW)
Befähigungsschein §20 SprengG
Räumarbeiter (Auch: Sondengänger, Sondenführer, Munitionsfacharbeiter, Kampfmittelfacharbeiter
Nicht geregelt 2-jährige Berufserfahrung (MV) Lehrgang „Messgehilfe Magnetik“ (NW)
16-stündiges Lehrprogramm 2-jährige Berufserfahrung als Räumhelfer 3-jährige Berufserfahrung in der Detektion von KM (Messtechniker/-ingenieur) Fort- und Weiterbildung (Messtechniker/-ingenieur)
Räumhelfer (Auch: Spatengänger, Munitionsbergungsarbeiter, Kampfmittelarbeiter)
Nicht geregelt Nicht geregelt 16-stündiges Lehrprogramm
)
16 Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
6
Impulsvortrag AG 1 Anregung zur Qualifizierung von Personal in gewerblichen Räumfirmen
Anforderung aus Zielgruppe Lehrgangsart Ausbildungsinhalt AH KMR Räumstellenleiter
Fachtechnische Aufsichtsperson
Staatlich / Staatlich anerkannt
s. 1. Sprengverordnung
AH KMR Räumhelfer, Baumaschinenführer, Räumarbeiter
16-stündiges Lehrprogramm
Grundlagen der Organisation der Kampfmittelräumung Grundlagen der Bergungs- und Sondiertechnik Grundlagen der Gefährdung durch Kampfmittel Grundlegende Sicherheitsbestimmungen
AH KMR Messtechniker/-ingenieur
Aus- und Fortbildung
12.11.2015
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
7
Impulsvortrag AG 1 Anregung zur Qualifizierung von Personal in gewerblichen Räumfirmen
Erhalt von Sorgfalt und Fachkunde Verbreitung der Entwicklung des „Stand der Technik“ Vereinheitlichung von Standards Vereinfachung der Nachweisführung für den Auftragnehmer Vereinfachung der Nachweisprüfung für den Auftraggeber
Schwerpunkt: Qualifikation unterhalb des Niveaus des Befähigungsscheins nach §20 SprengG
12.11.2015
17Ergebnisse
AG 1 erzielt greifbare Ergebnisse für die Grundlagenausbildung
Vertreter der Ausbildungsunternehmen, des Gewer-bes, der Auftraggeber, staatlicher Stellen, Hersteller von Sondentechnik und Ingenieurbüros diskutierten gemeinsam die Vorschläge zur Qualifizierungsinitia-tive. Ziel war es, in diesem ersten praktischen Schritt, insbesondere die in der Kampfmittelräumung Tätigen zu qualifizieren, die nicht über einen Befähigungs-schein nach dem Sprengstoffgesetz verfügen müssen.
Beim ersten Lehrgang „Einführung in die Grundlagen der Kampfmittelräumung“ bestand Konsens zur not-wendigen Qualifizierung der eingesetzten Räumhel-fer und Baumaschinenführer. Die Beteiligten stellten deutlich dar, dass nur die Initiative eines großen Auf-traggebers wie die BImA diesen Lehrgang etablieren kann. Erst wenn Ausschreibungen zur Kampfmittel-räumung qualifiziertes Personal fordern, wird das Ge-werbe dieser Forderung nachkommen, um im Wettbe-werb zu bestehen. Diese Qualifizierung kann durch die Ausbildungsunternehmen realisiert werden.
Eine intensive Diskussion erfolgte zum Thema Teil-nahmevoraussetzung, denn unzuverlässige Personen sollen nicht im Umgang mit Kampfmitteln geschult werden. Die Sicherstellung dieser Voraussetzung liegt in erster Linie bei dem zur Ausbildung entsendenden Gewerbe.
Nach intensiver Diskussion wurde festgehalten, dass ohne ordnungsrechtliche Grundlage für diesen Lehr-gang als diskriminierungsfreie Voraussetzung nur ein Mindestalter, hier 18 Jahre, definiert werden kann. Die Formulierung des „erfolgreichen Abschlusses“ des Lehrgangs lässt den Ausbildern die Möglichkeit der Anwendung von Abschlussprüfungen offen.
Definieren, erarbeiten und überprüfen
Im Ergebnis werden die Ausbildungsunternehmen die Lehrgangsinhalte gemeinsam einheitlich defi-nieren und Vorschläge erarbeiten, welche neben den Lehrinhalten auch den erforderlichen Lehrzeitrahmen (bislang 16 Stunden) überprüfen und gegebenenfalls Anpassungsvorschläge unterbreiten. Die Vertreter des Gewerbes werden diese Vorschläge bei Bedarf ergänzen. Die Leitstelle des Bundes für Kampfmittel-räumung bei der Oberfinanzdirektion Niedersachsen (OFD NI) und die BImA werden diesen Prozess aktiv begleiten und zielgerichtet fördern, um das Ergebnis in die Arbeitshilfen Kampfmittelräumung einfließen zu lassen.
Die Diskussion zum zweiten Lehrgang „Qualifizie-rungslehrgang zur geophysikalischen Erkundung von kampfmittelverdächtigen Flächen – Durchführung und Auswertung von digitalen Messwerterfassungen“ hatte
zum Ergebnis, dass die Messwertaufnahme und die Auswertung computergestützter Sondierungen nicht mit einem Lehrgang abgedeckt werden können.
Es soll ein Lehrgang zur Anwendung der Sondiertech-nik ohne das Thema der Auswertung etabliert werden. Dabei sind die bereits bestehenden System-Lehrgänge der Sondenhersteller zu berücksichtigen und weiterzu-entwickeln. Dieser Lehrgang wird in Zusammenarbeit zwischen Sondenherstellern, Ausbildungsunternehmen, der OFD NI und der BImA ausgearbeitet. Ziel ist die Ver- besserung der Qualität von Messwertaufnahmen und die Sensibilisierung des messenden Personals für die Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation der Feldmessungen.
Entwicklung neuer Vorschläge
Die Qualität der Auswertung der Messwerte erfordert Personal, welches die geophysikalischen Grundlagen und die Anwendung der Softwarelösungen beherrscht. Ein gesonderter Lehrgang zur geophysikalischen Aus-wertung ist erforderlich. Hierfür entwickeln die Leit-stelle des Bundes für Kampfmittelräumung bei der OFD NI und die BImA neue Vorschläge.
Die staatliche Anerkennung der Lehrgänge wurde von verschiedenen Teilnehmern gewünscht, das Spreng- stoffgesetz bietet in seiner derzeitigen Formulierung dafür jedoch keine Grundlage.
18 Ergebnisse
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
2 12.11.2015
Fortführung der Qualifikationsinitiative der BImA-Fachtagung 2014 Qualifizierung der in der KMR Tätigen, die nicht über einen
Befähigungsschein verfügen müssen Schaffung von Qualitätsstandards bei der Durchführung
geophysikalischer Messungen
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
4
Grundlagen der Kampfmittelräumung Klarstellung der Zielgruppe und Ausbildungsziele Auf Räumhelfer / Baumaschinenführer beschränkt Lehrgang zur Einführung in die Grundlagen der Kampfmittelräumung Pflichtlehrgang vor Aufnahme der Tätigkeit auf Bundesliegenschaften Überprüfung der Zuverlässigkeit des Personals ist Aufgabe der
Räumfirmen Nach erfolgreichem Abschluss wird eine Teilnahmebescheinigung
ausgestellt Durchführung des Lehrgangs durch anerkannte Bildungsträger
12.11.2015
19Ergebnisse
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
5
Die anwesenden Schulungsträger erarbeiten einen Vorschlag zu den
Lehrgangsinhalten Einzelne Räumfirmen wollen hierfür ein Anforderungsprofil aus ihrer Sicht
zuarbeiten
12.11.2015
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
6
Qualifizierungslehrgang zur geophysikalischen Erkundung von kampfmittelverdächtigen Flächen - Durchführung und Auswertung von digitalen Messwerterfassungen
Geplanter Umfang nicht handhabbar Splittung in Lehrgang für Sondengänger und messtechnisches Personal
vor Ort sowie Lehrgang zur geophysikalischen Auswertung
BImA und OFD Niedersachsen entwickeln hierfür neue Konzepte Zusammenarbeit mit AG 2 prüfen
12.11.2015
20
Blick ins Plenum während des Vortrags eines Referenten.
21Statement
Güteschutzgemeinschaft begrüßt Initiative ausdrücklich
Räumfirmen, Ingenieurbüros und Systemanbieter, die Kampfmittel sondieren, bergen und vernichten, haben sich in der Güteschutzgemeinschaft Kampfmittelräumung Deutschland e.V. (GKD) zusammenge-schlossen. Durch die Festlegung von Qualitätsstandards wollen sie Gefahren für ihr Räumpersonal begren-zen. Daher war für die GKD im Rahmen des Workshops vor allem die AG 1 „Anregung zur Qualifizierung von Räumpersonal“ von besonderem Interesse. Bereits im Vorfeld gab sie folgendes Statement ab:
Ziel der GKD ist es, die Öffentlichkeit vor Gefahren zu schützen, die aus der Kampfmittelräumung resul-tieren. Zudem will die Güteschutzgemeinschaft die Gefährdungen, die sich für die Mitarbeiter der Räum-firmen aus ihrer Tätigkeit ergeben, durch die Festle-gung von Qualitätsstandards und deren Überwachung begrenzen.
Seitens des Gesetzgebers sind die Anforderungen an das Personal von Kampfmittelräumarbeiten nur un-zureichend geregelt. Lediglich § 20 des Sprengstoff-gesetzes fordert den Nachweis einer verantwortlichen Person, die ihre Qualifikation (Feuerwerker) in einer staatlich anerkannten Ausbildungsstätte erworben haben muss. Für das übrige auf Kampfmittelräumstel-len eingesetzte gewerbliche Personal – Kampfmittel-/Munitionsbergungsfacharbeiter (Räumarbeiter/Son-denführer), Kampfmittel-/Munitionsbergungsarbei-ter (Räumhelfer) – sowie das Bedienungspersonal der auf Räumstellen eingesetzten Technik existieren keine Vorgaben. Dem begegnet die GKD zum einen durch Anforderungen an die Qualifikation des Personals ihrer
Mitglieder und zum anderen, indem sie die Einhaltung der Güteschutzbestimmungen durch einen neutralen Güteschutzbeauftragten überprüfen lässt.
Die GKD begrüßt ausdrücklich die Initiative der Bun-desanstalt für Immobilienaufgaben, als großer Auf-traggeber für Kampfmittelräumungen Personalqua-lifizierungen durchzusetzen. Dies ist vorbildhaft und dient sowohl der Qualität der Arbeit auf den Räumstel-len als auch der Sicherheit des Personals gewerblicher Unternehmen. Die Forderungen nach qualifiziertem Personal auf Flächen des Bundes kann nur ein erster Schritt sein. Bundeseinheitliche Anforderungen müs-sen folgen.
Jürgen Plum, Vorsitzender der Güteschutzgemeinschaft Kampfmittelräumung e.V.
22 Interview
Die Deutsche Feuerwerker Ausbildungs- und Beratungsgesellschaft mbH (DFAB GmbH) bietet als staat-lich anerkannter Lehrgangsträger die Aus- und Fortbildung von Personen an, die für die Beseitigung von Kampfmitteln einen Befähigungsschein nach § 20 SprengG benötigen. Gerhard Schmitt, Ausbildungsleiter bei der DFAB GmbH, zieht im Interview sein Fazit zur Arbeitsgruppe 1 des Workshops.
Gerhard Schmitt,Ausbildungsleiter bei der DFAB GmbH
Herr Schmitt, hat der Workshop Ihre Erwartungen an eine gemeinsame Bearbeitung der Themen durch Auftraggeber, Ausbilder, staatliche Stellen und das Gewerbe erfüllt?Aus meiner Sicht hat der Workshop diese Vorgabe nicht ganz erfüllt. Es wurden keine Regelungen beschlossen, die verbindlich sind. Die Ausbildungsträger haben eine Vorgabe in Form einer Anerkennungsurkunde, in der die Ausbildung geregelt ist. Aber das, was hier andis-kutiert wurde und was auch das Ziel sein wird, nämlich zusätzliche Ausbildungen in das bestehende System zu integrieren, hat ohne staatliche Anerkennung keine Aussicht auf Erfolg. Beim Workshop im vorigen Jahr hatten wir ja festgestellt: Ausbildung muss staatlich anerkannt sein, damit sie relativ einheitlich und bun-desweit anerkannt wird. Und wenn wir diese staatliche Anerkennung nicht bekommen, ist das vergebene Lie-besmüh.
Wünschen Sie sich denn eine Fortführung des Dialogs?Die Fortsetzung des Dialoges ist immer wünschens-wert, denn nur so kann man sich weiterentwickeln.
Sehen Sie als Bildungsunternehmen für Aus- und Wei-terbildung in der Kampfmittelräumung ebenfalls einen Bedarf für die in der AG 1 vorgestellten Lehrgänge?Ich habe in den vergangenen zehn Jahren als Aus-bildungsleiter bei der DFAB für circa 40 Personen Einführungslehrgänge gehalten, die diese 16 Stun-den (Lehrgang 1 „Einführung in die Grundlagen der Kampfmittelräumung“; Anm. d. Red.) abbilden. Der Lehrgang war zuerst für die Mitgliedsunternehmen der Güteschutzgemeinschaft gedacht und ist in die Ar-beitshilfen Kampfmittelräumung inhaltlich übernom-
men worden. Aber es gibt eben Firmen, die sind nicht in der Güteschutzgemeinschaft, und die machen das nicht – oder sie machen es besser! Das kann ich von hier aus nicht bewerten. Ich zeige in meinem 16-Stun-den-Lehrgang 248 Folien und versuche den Teilneh-mern einen Überblick zu geben, damit sie wissen, wo-rauf sie sich einlassen. Dabei kann ich aber nicht ins Detail gehen und ihnen zum Beispiel erklären, wie ein Zünder funktioniert. Es beschränkt sich darauf, wie das Werkzeug beschaffen sein und angewendet werden muss, damit sie die Munition nicht zur Wirkung brin-gen. Da hat man Mühe und Not, die kleinen Details, die die Gesundheit der Mitarbeiter schützen aber den Auftrag trotzdem erfüllen lassen, nicht aus den Augen zu verlieren.
Welcher Lehrgang ist für Sie als Ausbildungsträger von besonderem Interesse?Von den Dreien, die hier angedacht worden sind, ist das für mich Lehrgang 2*, in dem es rund um das Auswer-ten der aufgenommenen Daten ging – möglichst auch vor Ort. Mit Hilfe der Detektionstechnik können Ano-malien im Boden festgestellt werden. Um diese dann zu verifizieren, muss die Anomalie geöffnet werden, gegebenenfalls das Kampfmittel identifiziert werden. Erst dann kann eine Aussage zur Gefährdung gemacht werden. Wir können die Qualifikation nur steigern, wenn nach der Datenaufnahme die Auswertung folgt
„Ohne staatliche Anerkennung keine Aussicht auf Erfolg“
23Interview
Seit über 50 Jahren berät und qualifiziert die Dresdner Sprengschule GmbH als zertifizierte Aus- und Wei-terbildungseinrichtung Unternehmen und deren Mitarbeiter in den Bereichen Sprengtechnik, Kampfmit-telbeseitigung, Pyrotechnik, Gefahrguttransport sowie Bau- und Maschinentechnik. Im Interview bilanziert Bernd Lausch, Dozent an der Dresdner Sprengschule GmbH, die Arbeitsgruppe 1 des Workshops aus seiner Sicht.
Bernd Lausch,Dozent an der Dresdner Sprengschule GmbH (Ausbildungsbereich Kampfmittelbeseitigung)
Herr Lausch, hat der Workshop Ihre Erwartungen an eine gemeinsame Bearbeitung der Themen durch Auf-traggeber, Ausbilder, staatliche Stellen und das Ge-werbe erfüllt?Meiner Ansicht nach, ja. Die Denkweise der BImA geht in die richtige Richtung. Ich glaube, es ist auch in der Diskussion eindeutig herausgestellt worden, dass alle mit dem Fernziel, das die BImA mit diesem Workshop – und der neuen Ausrichtung der Ausbildung/Qualifi-kation von Räumpersonal – verfolgt, auf dem richtigen Weg sind.
Sehen Sie als Bildungsunternehmen für Aus- und Wei-terbildung in der Kampfmittelräumung ebenfalls einen Bedarf für die in der AG 1 vorgestellten Lehrgänge?Wir als Bildungsunternehmen sehen immer einen Be-darf an Aus- und Weiterbildung. Das macht auch die Erkenntnis vieler Auftraggeber deutlich, die festge-stellt haben, dass die Kampfmittelbeseitigungsmaß-
und wenn es gelingt, dass nicht schon während der Detektion Aussagen zur ,Bezünderung‘ und damit zur Gefährdung getätigt werden oder gar mit unrichtigen Aussagen auf das Öffnen verzichtet wird. Die Gefahr besteht solange, bis das Identifizierungsergebnis diese Gefahr aufhebt. Die sichere Identifizierung ist Aufgabe des Fachkundigen und somit des Befähigungsschein-inhabers! Die Auswertung der Daten soll den in diesem
Ausbildungsgang Ausgebildeten vorbehalten sein und eine Grundlage für den Fachkundigen sein.
* „Qualifizierungslehrgang zur geophysikalischen Erkundung von kampf-mittelverdächtigen Flächen – Durchführung und Auswertung von digita-len Messwerterfassungen“
nahmen qualitativ noch wesentlich verbessert werden können. Und von daher sehen wir großen Bedarf an der Ausbildung von Räumpersonal, das auf den Räumstel-len tätig wird.
Welcher Lehrgang ist für Sie als Ausbilder von beson-derem Interesse?Mit Blick auf die Munitionsräumarbeiter ist für uns sicherlich der Lehrgang, der die Qualifizierung der Räumhelfer beinhaltet, von besonderem Interesse*. Es geht also um die Aus- und Weiterbildung derjenigen, die unter Aufsicht von fachtechnischem Aufsichts-personal mit dem Aufsuchen und dem Freilegen von verschiedenen Anomalien beschäftigt sind. In diesem Bereich sehe ich den größten Bedarf.
* „Lehrgang zur Einführung in die Grundlagen der Kampfmittelräumung“
„Denkweise der BImA geht in die richtige Richtung“
24 Interview
„Schulungsbedarf für qualifiziertes Fachpersonal ist enorm gestiegen“
Die Gesellschaft für Kampfmittelbeseitigung Mecklenburg-Vorpommern mbH (GFKB M-V) verfügt über einen festen Mitarbeiterstamm, der Kampfmittel jeglicher Art räumt. Die Firma bietet darüber hinaus als staatlich anerkannter Ausbildungsbetrieb auch Aus- und Weiterbildungslehrgänge in der Kampfmittelbe-seitigung an. Geschäftsführer Sebastian Dosdall zieht sein Fazit über den Workshop.
Herr Dosdall, hat der Workshop Ihre Erwartungen an eine gemeinsame Bearbeitung der Themen durch Auftraggeber, Ausbilder, staatliche Stellen und das Gewerbe erfüllt?Es ist ein Startpunkt und der erste Schritt in die rich-tige Richtung. Die Branche der Kampfmittelräumung hat sich hier auf breiter Ebene wiedergetroffen – vie-le Leute, mit denen auch wir zusammenarbeiten. Ob das Ingenieurbüros waren oder Fachplaner, aber auch die Auftraggeber von der BImA bzw. vom Bundes-forst. Oftmals haben es immer wieder die gleichen Ansprechpartner miteinander zu tun. Daher ist es gut, wenn man die unterschiedlichen Zielgruppen zuein-ander bringt und dadurch einen fachlichen Austausch ermöglicht.
Sehen Sie als Bildungsunternehmen für Aus- und Wei-terbildung in der Kampfmittelräumung ebenfalls einen Bedarf für die in der AG 1 vorgestellten Lehrgänge?Auf jeden Fall! Der Schulungsbedarf für qualifiziertes Fachpersonal ist enorm gestiegen. Darauf reagieren wir momentan auch als Bildungsträger, indem wir unsere Kapazitäten erhöhen. Ganz speziell die Kampfmittel-räumung wurde vor 20 Jahren noch mit einem ganz an-deren technologischen Aufwand betrieben. Wer hätte gedacht, dass es so viele Jahre nach dem Krieg noch ei-nen so hohen Aufwand bedeuten würde, Kampfmittel-räumung durchzuführen. Es werden zusätzlich immer mehr Konversionsflächen frei. Gerade durch dieses „Flächenrecycling“ gewinnt die Kampfmittelräumung an Bedeutung. Hier sehe ich die einheitliche Qualifika-tion als einen Dreh- und Angelpunkt.
Welcher Lehrgang ist für Sie als Ausbilder von beson-derem Interesse?Für die Kampfmittelräumung ist das Sprengstoffgesetz zuständig. Dieses Gesetz ist die einzige Grundlage, die alle Firmen bundesweit einheitlich bindet. Darin wird der Feuerwerker als fachtechnische Aufsichtsperson in der Kampfmittelräumung beschrieben. Diese Ausbil-dung soll nun weiter konkretisiert und standardisiert werden. Wir vertreten die Auffassung, dass es für die Ausbildung ein Stufenkonzept geben muss. Zunächst muss man den Ausbildungsgang zum Feuerwerker mit den wesentlichen Inhalten ausstatten und dann im Rahmen einer modularen Ausbildung systematisch erweitern. Das wird mit den Sonderlehrgängen umge-setzt.
Entscheidend sind für uns einige Punkte, die noch nicht geregelt sind: Das betrifft die Stufen unterhalb des Feuerwerkers. Es wäre sinnvoll, wenn wir auch die weiteren Beschäftigten der Kampfmittelräumung im Sprengstoffgesetz unterbringen könnten. Hier sind eine bundesweit einheitliche Ausbildung und eine ein-heitliche Qualifikation notwendig – insbesondere für die Räumarbeiter und Sondierer als Fachkraft in der Kampfmittelräumung. Zudem müsste ein Nachweis dieser Qualifikation für alle Firmen verpflichtend sein, die in diesem Bereich tätig sind. Das Sprengstoffgesetz ist meines Erachtens ein sinnvoller Anker, um das Gan-ze bundeseinheitlich umzusetzen. Auch angesichts des steigenden Terrorismus- und Bedrohungspotentials kann nur eine behördliche Zuverlässigkeitsüberprü-fung aller in der Kampfmittelräumung eingesetzten Mitarbeiter über die Anbindung an das Sprengstoffge-setz zielführend sein.
Sebastian Dosdall,Geschäftsführer der GFKB M-V
25
Eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre bestimmte den Workshop.
26 Impulsvortrag
AG 2: Perspektiven einer universitären Zusatzausbildung
Dr.-Ing. Claas Meier,Lehrbeauftragter für Boden- dynamik an der Uni Bw München
Geht es um Kampfmittelräumung – ob bei großen Bauvorhaben, beim Flächenrecycling oder der Konver-sion – ist ingenieurtechnisches Know-how unabding-bar. Dies beginnt bei der fachgerechten Begutachtung von Kampfmittelverdachtsfällen, geht weiter über die Planung von Räummaßnahmen und reicht bis zur qualifizierten Überwachung der Arbeiten. In der Re-gel werden die Ingenieurleistungen im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht. Einheitliche Anfor-derungen an die Qualifikation der Ingenieure oder eine Sachverständigenorganisation zur Zulassung und Überprüfung existieren nicht.
Für die Planung und Ausführung der Erkundung, Be-wertung und Räumung von Kampfmitteln auf Bun-desliegenschaften gelten baufachliche Richtlinien: die „Arbeitshilfen Kampfmittelräumung (AH KMR)“. Diese werden auch außerhalb der Zuständigkeit des Bundes zur Anwendung empfohlen – wovon hierzulande häufig Gebrauch gemacht wird. In den AH KMR sind „Fach-spezifische Anforderungen an freiberuflich Tätige“ für die Ausführung von Ingenieurleistungen in den unterschiedlichen Bearbeitungsphasen konkret be-nannt. In der Praxis erkunden, konzipieren und räu-men selbstständig tätige Berater/Gutachter oder In-genieurbüros. Zum Teil sind es aber auch gewerbliche Kampfmittelräumfirmen oder die bauausführenden Ebenen in der öffentlichen Verwaltung, Architekten,
Lebenslauf
Seit 2014 Büroleiter der Niederlassung München und Mitglied der Geschäftsführung Boley Geotechnik, MünchenSeit 2010 Lehrbeauftragter für Bodendynamik, Universität der Bundeswehr München, Institut für Bodenmechanik und Grundbau, Lehrstuhl: Prof. Boley2010 – 2013 Projektleiter Geotechnik und Auslandsprojekte Boley Geotechnik, München2008 – 2010 Projektmanager CPM (Customer Product Management), Sanitätsamt der Bundeswehr, München2005 – 2008 Kampfmittelbeseitigungsoffizier, Zentrum für Kampfmittelbeseitigung der Bundeswehr, Stetten am kalten Markt2001 – 2004 Studium des Bauingenieurwesens und der Umwelttechnik, Universität der Bundeswehr München
Landschaftsplaner und manch anderer, der sich dazu berufen fühlt.
Das wesentliche Problem bei der ingenieurtechni-schen Bearbeitung von Kampfmittelräummaßnahmen ist die sehr geringe Anzahl an Ingenieuren, die über entsprechende Qualifikationen und Erfahrungen ver-fügt. Oft werden diese Projekte von Ingenieuren und Geowissenschaftlern sowie „Fachkundigen Munition“ (Sprengstoffgesetz) bearbeitet, die Erfahrungen in der Altlastenuntersuchung/-sanierung oder Kampfmittel- räumung haben. Ihr Wissen haben sie sich oft in Anleh-nung an die AH KMR bei der Bearbeitung von Projek- ten angeeignet. Der Mangel an qualifizierten Ingeni-euren führt dazu, dass sich Bauherren mit Arbeiten „zufriedengeben müssen“, die weder die fachtechni-schen Anforderungen noch die Zielstellung erreichen. Die Folgen (zum Beispiel Zeit- oder Geldverlust bis hin zum Baustillstand) sind gravierend und weder aus fachlicher noch wirtschaftlicher Sicht tragbar. Zudem ist es – berücksichtigt man die Erfordernisse, die sich aus Pflichten zur Gefahrenerforschung/-abwehr erge-ben (können) – mit ordnungsgemäßem Verwaltungs-handeln nicht vereinbar.
Da ausreichend qualifiziertes akademisches Personal fehlt, haben es sich die Universität der Bundeswehr München, Institut für Bodenmechanik und Grundbau in Kooperation mit der BImA zur Aufgabe gemacht, eine akademische Zusatzausbildung zu initiieren. Die Universität der Bundeswehr München verfügt bereits aufgrund von laufenden und abgeschlossenen For-schungsprojekten über entsprechende Erfahrungen in der Abwicklung von auf die Kampfmittelräumung be-zogenen Forschungsprojekten.
Im Rahmen der Arbeitsgruppenarbeit der AG 2 werden sowohl das Erfordernis einer postgradualen Zusatz-ausbildung im Bereich der Kampfmittelräumung als auch konkrete Fragen zu Zugangsvoraussetzungen, Zielgruppen und Lehrinhalten und damit zur Program-matik diskutiert.
27Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Institut für Bodenmechanik und Grundbau
Labor
gegründet 1973
im Jahr 2013 rd. 4000 Studenten
Anteil ausländischer Studenten ca. 20 %
derzeit rd. 100 zivile Studenten, Tendenz steigend
Studienanfänger im Bauingenieurwesen: rd. 60 pro Jahr
20 Mitarbeiter, davon 12 Ingenieure Labor und Versuchsanstalt auf rd. 1000 m2 Fläche, neue Versuchshalle ist im Bau Standard- und Sonderversuche, einschließlich Dynamik tätig in Lehre, Forschung und Baupraxis
1 12.11.2015
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
12. März 2015 Kick-Off Besprechung - Besuch ZEPM4 an der UniBw-München zur Sondierung der Kooperationsmöglichkeiten zur Initiierung einer universitären Ausbildung am Lehrstuhl Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley zusammen mit Prof. Dr.-Ing. Christian Jacoby, Fachgebiet Raumplanung und Mobilität (bestehender Kontakt im Rahmen des Forschungsvorhabens REFINA)
im Ergebnis der BImA-Fachtagung 2014 und nachfolgend im Rahmen der Konstituierung des ITVA e.V. Fachausschusses Kampfmittelräumung erste Vorüberlegungen zwischen Zentralem Altlastenmanagement der BImA, Martin Jürgens / ZEPM4 und Dr. Claas Meier, Institut für Bodenmechanik und Grundbau der Universität der Bundeswehr München, auf Initiative des Vorstandsmitglieds Axel Kunze, BImA
2 12.11.2015
28 Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
sach- und fachgerechte Begutachtung von Kampfmittelverdachtsfällen erfordert ingenieurtechnische Begutachtungen und Planungen sowie qualifizierte Bauüberwachungsleistungen
zu wenig Ingenieure mit entsprechender Qualifikation und Erfahrung (diese im Rahmen der langjährigen Tätigkeit selbst angeeignet und fortentwickelt)
Folgen (des Mangels) sind u.a. unbrauchbare Ergebnisse, Mängel in der Qualität, Störungen im Bauablauf, Zeitverlust, finanzielle Mehraufwendungen, …
Notwendigkeit einer stetigen Qualifizierung von Ingenieuren zur Deckung des dauerhaften Personalbedarfs
Zusatzausbildung für Ingenieure im Bereich der Kampfmittelräumung
3 12.11.2015
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
4
postgraduale akademische Zusatzausbildung
erfahrenes Lehrpersonal aus Ingenieurbüros, Behörden und der gewerblichen Kampfmittelräumung
Forschungsprojekte mit Bezug zur Kampfmittelräumung
Förderung von Mitarbeitern der Drittmittel- und Kooperationspartner
12.11.2015
29Ergebnisse
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
1 12.11.2015
Einhelliger Diskussionsstand: Antwort auf die Frage wurde mit einem klaren „JA!“ beantwortet. Es gab keine Gegenmeinungen!
Ziel 1: Abhilfe des Notstandes an qualifiziertem Personal sowohl bei Ingenieurunternehmen, Bauindustrie, Behörden und Eigentümer(-vertretern).
Ziel 2: Qualifizierung des Nachwuchses mit langfristiger Ausrichtung, daher auch die Freigabe dieser Zusatzausbildung für Berufsanfänger.
Ergebnisfolien der Arbeitsgruppe 2
Diskussionsstand: Anerkenntnis der Tatsache, dass sich die UniBw diesem Vorhaben annimmt, ein Grundgerüst schafft und vergleichbare Sachverhalte / Ergebnisse schafft (Thema Akkreditierungen).
Die grundsätzliche Eignung der UniBw (als Ausbildungsstätte) wurde nicht in Frage gestellt.
Offene Diskussion zwischen der Position „Exklusivrechte“ für die UniBw und dem Anstoß weiterer universitärer Ausbildungsinitiativen; keine Festlegung der AG2
1. Frage: Notwendigkeit (einer postgradualen akademischen Zusatzausbildung für Ingenieure?)
2. Frage: Ausbildungseinrichtung (Ist die UniBw der primäre Adressat für diese Ausbildung?)
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Diskussionsstand: Das Konzept der vorgestellten Grundstruktur der Lehrinhalte UniBw wurde im Grundsatz von den Teilnehmern bestätigt.
Ausprägung der Lehrinhalte mit Schwerpunkt Praxisbezug!
Kein Lehren von reinen „Verordnungsinhalten“
Ergebnisfolien der Arbeitsgruppe 2
Einhelliger Diskussionsstand: naturwissenschaftliche / ingenieurtechnische Abschlüsse als Grundvoraussetzung >> mindestens Bachelor.
Im Gegensatz zur Ursprungskonzeption wurde das Erfordernis herausgearbeitet, dass auch Uniabsolventen (Berufsanfänger) an der Ausbildung teilnehmen können.
3. Frage: Lehrinhalte (Was soll vermittelt werden? Wo liegen die Schwerpunkte?)
4. Frage: Voraussetzungen / Zielgruppe (Anforderungen an die Lehrgangsteilnehmer)
2 12.11.2015
30 Ergebnisse
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Diskussionsergebnis Ausbildungs-Module mit Präsenzphasen, jedoch -wenn möglich- flexibel gestalten
bestehend aus Grundmodul (unabdingbar!) und Aufbaumodulen
ggf. Öffnung einzelner Vertiefungsmodule für Dritte Teilnehmer (Sonderlehrgänge)
Ergebnisfolien der Arbeitsgruppe 2
Diskussionsstand: Grundmodul -verpflichtend- mit mindestens 4 Wochen Präsenzzeit
Einzelmodule mit circa 2 Wochen – Diskussion zwischen 5 bis 10 Einzelmodulen
Ausbildungsdauer im Minimum 16 Wochen (Durchschnittswert)
die Meinung der Arbeitsgruppe zum Gesamtzeitraum variiert von 18 bis 36 Monaten
5. Frage: Art der Ausbildung (Welche Ausbildungsformen sind sinnvoll?)
6. Frage: Lehrgangsdauer (Welche Ausbildungszeiträume wären denkbar?)
3 12.11.2015
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Diskussionsergebnis 800 - 1.000 Euro pro Woche wird als angemessen und erforderlich angesehen.
Ergebnisfolien der Arbeitsgruppe 2
Diskussionsergebnis: Praxiserfordernis wird beim Lehrpersonal vorausgesetzt – „Aus der Praxis für die Praxis!“ Gute Rhetoriker sollten Pflicht sein (kommunikative Persönlichkeit).
Anregung: Auswahl des Lehrpersonals über fachliche Empfehlung eines Beirates / Förderkreises
7. Frage: Lehrgangsgebühren (Kosten dieser Weiterbildungsmaßnahme?)
8. Frage: Lehrpersonal (Welche Qualifikation / Erfahrung sollte das Lehrpersonal mitbringen?)
4 12.11.2015
31Ergebnisse
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Diskussionsergebnis: Profilierung / Abgrenzung gegenüber den gewerblichen Ausbildungseinrichtungen (Bezug: Befähigungsschein nach § 20 SprengG) mit noch erforderlicher Abgrenzung zu Ergebnissen der AG1
Ergebnisfolien der Arbeitsgruppe 2
Diskussionsergebnis: Es bestand Einigkeit über die Fortsetzung bzw. Fortführung der Arbeitsgruppenarbeit in einer noch zu bestimmenden Besetzung auch jenseits der AG 2 Einladungen sollten an alle AG 2 Mitglieder gehen
9. Frage: Anregungen und Anmerkungen (Berücksichtigung während der Konzeptionierung)
10. Frage: Nachfolgeveranstaltung der AG 2 in 2016 (Bereitschaft zur Mitwirkung?)
5 12.11.2015
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Ergebnisfolien der Arbeitsgruppe 2 (hier: im Abgleich mit vorgestelltem Zeitplan der UniBw)
bis März 2016: vertiefende AG 2 – Nachfolgeveranstaltung!
bis Mitte 2016: Erarbeitung und Festlegung der Ausbildungsinhalte
bis Sep. 2016: personelle Aufstellung der Arbeitsgruppe „Fachplaner Kampfmittelräumung“
bis Sep. 2016: Ermittlung von geeignetem Lehrpersonal „Aus der Praxis – für die Praxis“
Ende 2016/ Aufnahme des Lehrbetriebs Anfang 2017 (Pilotlehrgang)
6 12.11.2015
32 Kooperationsvereinbarung
Die Unterschriften sind gesetzt
Dass die Ergebnisse aus dem Workshop schnellst-möglich in die Praxis umgesetzt werden, ist allen Be-teiligten ein großes Anliegen. Für die Arbeitsgruppe 2 ist der erste Schritt bereits getan. So konnten genau einen Monat nach dem Treffen der Experten im Ber-liner Humboldt Carré die Füller zur Unterschrift ge-zückt werden: Am 11. Dezember 2015 unterzeichneten in den Räumen der Universität der Bundeswehr (Uni Bw) München im Beisein von Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Berthold Färber, Vizepräsident für Forschung an der Uni Bw, Axel Kunze, Vorstandsmitglied der Bundesan-stalt für Immobilienaufgaben (BImA), und Univ.-Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley, Lehrstuhlinhaber am Institut für Bodenmechanik und Grundbau an der Uni Bw, die angekündigte Kooperationsvereinbarung zur Initiie-rung einer universitären Zusatzausbildung im Bereich der Kampfmittelräumung.
Gute Zusammenarbeit
Neben Martin Jürgens, Leiter der Abteilung „Zentrales Altlastenmanagement“ der BImA, begleiteten auch Univ.-Prof. Dr.-Ing. Gerald Siebert, Studiendekan für Baukonstruktion und Bauphysik, und Dr.-Ing. Claas
Meier, Lehrbeauftragter am Institut für Bodenmecha-nik und Grundbau, die Unterzeichnung. Dr. Claas Meier hatte die geplante postgraduale akademische Zusatz-ausbildung während des Workshops zuvor im Plenum und anschließend in der Arbeitsgruppe 2 umfassend vorgestellt. Die angenehme, fast feierliche Atmosphäre während der Unterzeichnung der Kooperationsverein-barung unterstrich noch einmal den Stellenwert des Projektes und die gute Zusammenarbeit der Partner BImA und Uni Bw München.
Ambitionierter Zeitplan
Bereits lange im Vorfeld des Workshops war die Idee einer Zusammenarbeit der beiden Partner entstan-den. Ziel ist es, die bundesweite Standardisierung der Kampfmittelräumung und die entsprechende Qualifi-zierung von akademischem Personal voranzutreiben. Nach dem derzeitigen ambitionierten Zeitplan ist die Aufnahme des Lehrbetriebs bereits zum Ende 2016 mit einem Pilotlehrgang am Institut für Bodenmechanik und Grundbau vorgesehen. Nach der Pilotphase für die Dauer von zunächst fünf Jahren ist eine evaluationsba-sierte Anpassung der Ausbildung vorgesehen.
Per Handschlag und Unterschrift besiegelten Axel Kunze (rechts), Vorstandsmitglied der BImA, und Univ.-Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley (links), Lehrstuhlinhaber am Institut für Bodenmechanik und Grundbau an der Universität der Bundeswehr München, die Kooperationsvereinbarung. Auch Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Berthold Färber, Vizepräsident für Forschung an der Universität der Bundeswehr, nahm an dem Termin teil.
34
Seit 10/2014 Partner bei Kopp-Assenmacher Rechtsanwälte, Berlin2010 – 2014 Partner bei HFK Rechtsanwälte LLP, Berlin 2005 – 2010 Hoffmann Liebs Fritsch & Partner – Rechtsanwälte mbB, Düsseldorf
Beratung und gerichtliche Vertretung in den Bereichen Altlastenmanagement, Öffentliches Bauplanungsrecht und Pro-duktrecht. Zu den Mandanten zählen insbesondere produzierende Unternehmen, u.a. DAX-Konzerne aus den Bereichen Phar-ma und Chemie sowie Unternehmen der Immobilienwirtschaft. Dr. Jens Nusser ist Verfasser zahlreicher Fachbeiträge zu den genannten Tätigkeitsschwerpunkten.
Lebenslauf
Tätigkeitsschwerpunkte
Impulsvortrag
AG 3: Rechtliche Bewertungen von Restrisiken
Auch bei der Kampfmittelräumung gibt es verfas-sungsrechtliche Grundlagen, die beachtet werden müssen. Die Verhältnismäßigkeit ist ein Aspekt.
So besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass jedes staatliche Handeln, das den Bürger belastet, einen legitimen Zweck verfolgen muss. Außerdem muss das zur Zweckerreichung eingesetzte Mittel geeignet, erfor- derlich und angemessen sein. Der Grundsatz leitet sich verfassungsrechtlich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab. Zudem hat er seine Grundlage im Verhältnis des Staates zum Bürger auch direkt in den Grundrechten. Er ist der Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bür-gers gegenüber dem Staat, von der öffentlichen Gewalt jeweils nur soweit beschränkt werden zu dürfen, wie es zum Schutze öffentlicher Interessen unerlässlich ist (vgl. u.a. BVerfGE 77, 308 (334)).
Im Rahmen der Kampfmittelräumung besteht bei vor- dergründiger Betrachtung zunächst eine gewisse Zu-rückhaltung, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur Anwendung kommen zu lassen. Dies liegt zweifels-ohne daran, dass Rechtsgüter wie Leib und Leben des Menschen, die durch die Kampfmittelräumung ge-schützt werden sollen, einen besonders hohen Stellen-
wert genießen. Dennoch führt dies nicht dazu, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Rahmen der Kampfmittelräumung, etwa bei behördlichen Vorga-ben zur sogenannten „Kampfmittelfreiheit“, außen vor bleiben könnte. Vielmehr gilt als Faustformel: Je ge-wichtiger das gefährdete Rechtsgut und je konkreter die Gefahr ist, desto größere Eingriffe in Grundrechte müssen hingenommen werden.
Die Konkretheit der Gefahr beschreibt dabei die Wahr-scheinlichkeit der Gefahrverwirklichung, also des Schadenseintritts. Dabei ist anerkannt, dass es unter- halb der Gefahrenschwelle, im Risikobereich, auch so-genannte Restrisiken gibt, die als sozialadäquate Las-ten von allen Bürgern zu tragen sind. Zumindest in die-sem Bereich wären staatliche Anordnungen gegenüber einem einzelnen Bürger von vorneherein unzulässig. Auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung käme es nach diesseitiger Auffassung erst gar nicht an.
Im Rahmen der Kampfmittelräumung stellt sich somit einerseits die Frage, wie eine Risikoakzeptanzschwelle bezogen auf Kampfmittelrisiken in einem gesellschaft-lichen Diskurs festgelegt und wissenschaftlich unter-füttert werden kann. Andererseits ist zu untersuchen, wie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit operatio-nalisiert werden kann. Die Erarbeitung nutzungsbezo-gener Räumkonzepte stellt hier einen vielversprechen-den Ansatzpunkt dar.
Dr. Jens Nusser,Rechtsanwalt, Mitglied beim Ingenieurtechnischen Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling in den Fach- ausschüssen Flächenrecycling und Kampfmittelräumung
35Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
I. Verfassungsrechtliche Grundlagen
3. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Jedes Handeln der Behörde muss einen legitimen Zweck verfolgen und in einer Zweck-Mittel-Relation verhältnismäßig sein, d.h., das Mittel muss geeignet sein, die Zweckerreichung zu fördern, das Mittel muss erforderlich sein, d.h., es darf kein ebenso geeignetes, aber
milderes Mittel für die Zweckerreichung geben und das Mittel muss im Verhältnis zum zu erreichenden Zweck angemessen sein.
Einfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Gefahrenabwehr und Risikovorsorge
Faustformel: Je gewichtiger das gefährdete Schutzgut und je konkreter die Gefahr, desto schwerere Eingriffe in Grundrechte sind zu akzeptieren.
1 12.11.2015
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
II. Gefahren- und Risikobegriffe
Einfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Gefahrenabwehr und Risikovorsorge
Unterschiedliche Risiko- bzw. Gefahrenlagen rechtfertigen unterschiedlich intensive Eingriffe des Staates (Exekutive und Legislative)
Schaden Gefahr, die sich verwirklicht hat
Gegenwärtige Gefahr
Schaden steht unmittelbar bevor bzw. Einwirkung des schädigenden Ereignisses hat bereits begonnen
Gefahr im Verzug Wenn zur Verhinderung eines Schadens sofort eingegriffen werden muss und ein Abwarten die Effektivität der Gefahrenabwehr jedenfalls einschränken würde
Gefahr Sachlage, die bei ungehindertem Geschehensablauf wahrscheinlich zu einem Schaden für Rechtsgüter führen würde („Je-desto-Formel“, vgl. BVerwG – 1 C 4.90)
Gefahrenverdacht Kausalzusammenhang zwischen Verhalten und Folge oder Sachverhalt nicht hinreichend geklärt (Bsp. Grenzwerte der 26. BImSchV)
Risiko Szenario, bei dem nach Lage der Dinge Gefahren eintreten können, deren Eintritt aber ungewiss ist
Restrisiko Risiken, hinsichtlich derer es nach dem Stand von Wissenschaft und Technik praktisch ausgeschlossen erscheint, dass daraus Schadensereignisse erwachsen, sowie solche Risiken, die aus den Grenzen des menschlichen Erkenntnisvermögens resultieren und die wegen ihrer Unentrinnbarkeit als sozialadäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen sind, vgl. BVerfG 49, 89 (143).
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2 12.11.2015
36 Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
III. Bestimmung des sozialadäquaten Restrisikos
1. Grundlagen
Risiko = Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens durch ein definiertes Ereignis
Risikoakzeptanz und damit einhergehend die Qualität der Vorsorge ist sozio-kulturell bedingt, dies spiegelt sich in der Rechtsetzung wider (Medikamenten-zulassung, Gentechnik, Atomkraft etc.)
Risikobewertung mittels deterministischer und/oder probabilistischer Methode (quantitative Risikobewertung)
Deterministische Methode überwiegt im deutschen Recht, gerade bei Ermessens- und Abwägungsentscheidungen, aber auch in der Gesetzgebung
Probabilistische Methode wird gerade international für die Untersuchung der Risiken von Industrieanlagen angewandt (Schweiz, USA, Großbritannien etc.)
Einfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Gefahrenabwehr und Risikovorsorge
3 12.11.2015
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
4 12.11.2015
IV. Schlussfolgerungen / Thesen Auch im Bereich Kampfmittelräumung gibt es ein sozialadäquates Restrisiko
Die - fortwährende - Ermittlung dieses Restrisikos bzw. der gesellschaftlichen Akzeptanzschwellen kann rechtlich begleitet werden, ist aber ein gesellschaftlicher Prozess
Herausforderung: Wer legt die Akzeptanzschwellen fest?
Fraglich ist zudem, ob und wenn ja, welche Rechtsfolgen die Verwirklichung eines sozialadäquaten Restrisikos haben kann
These 1: Die Verwirklichung eines Risikos, das als sozialadäquates Restrisiko zu bewerten ist, löst grundsätzlich keine ‚negativen‘ Rechtsfolgen aus.
These 2: Die Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, bspw. im Rahmen einer
Entscheidungsmatrix für eine nutzungsbezogene Kampfmittelräumung, muss erst jenseits dieses Restrisikos beginnen, kann sozialadäquate Restrisiken also unberücksichtigt lassen.
Einfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Gefahrenabwehr und Risikovorsorge
37Ergebnisse
AG 3 stellt normativen Handlungsbedarf fest
Nutzungsbezogene Räumkonzepte wie auch aner-kannte Räumverfahren können nur dann Vermark-tungschancen verbessern, wenn die zuständigen Behörden diese Räumkonzepte bestätigen. Die Dis-kussion in der AG 3 führte schnell zu Fragen der prak-tischen Umsetzbarkeit der vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten. Anders als im Bundes-Bodenschutzge-setz (BBodSchG), in dem Sanierungsuntersuchungen und Sanierungsplan (§ 13 BBodSchG) als fachliche Grundlage für eine behördliche Anordnung zur Altlas-tensanierung oder zum Abschluss eines Sanierungs-vertrages mit der Behörde bundeseinheitlich normiert sind, fehlt es im Sicherheits- und Ordnungsrecht der Bundesländer an derartigen Regelungen.
Keinem beteiligten Experten war ein Fall bekannt, in dem eine Behörde (verbindliche) Vorgaben zu erforder-lichen Räummaßnahmen gemacht hätte. Verbindliche Vorgaben setzen auch bisher fehlende Kapazitäten der Behörden voraus. Letztlich wird zurzeit das (Räum-) Risiko auf die ausführenden Unternehmen verlagert. Die AG 3 identifizierte zur bundeseinheitlichen Ausge-staltung der staatlichen Aufgaben in der Kampfmittel-risikobewertung und Kampfmittelräumung normati-ven Handlungsbedarf.
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Ergebnisse AG 3 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt in allen Bereich staatlichen
Handelns, auch im Bereich Kampfmittelräumung. Gesellschaftlich sollte auch im Bereich Kampfmittelräumung ein
sozialadäquates Restrisiko mit erforderlicher. Risikoakzeptanzschwelle und Kriterien bestimmt werden These 1: Die Verwirklichung eines sozialadäquaten Restrisikos löst
grundsätzlich keine negativen Rechtsfolgen aus. These 2: Die Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
setzt erst jenseits dieses Risikos an. Ein belastbares, behördlich (Auskunft, Verwaltungsakt, Öffentlich-
rechtlicher Vertrag) bestätigtes Räumkonzept verbessert die Vermarktungschancen.
Intensiv wurden die Interessen der Behörde an einem behördlich bestätigten Räumkonzept diskutiert.
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38
Seit 1999 Tätigkeit in der Rechtsabteilung der DB AG, Schwerpunkt Umweltrecht; seit Juli 2013 Teamleiter „Öffentliches Recht, Eisenbahnrecht, Umweltrecht“1996 – 1999 Tätigkeit im Rechtsamt des Landkreises Uckermark, ab 1997 als Rechtsamtsleiter 1994 – 1996 Referendariat beim Oberlandesgericht Schleswig1992 – 1993 Promotion im Graduiertenkolleg „Nationales und Internationales Umweltrecht“ der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel1985 – 1991 Studium der Rechtswissenschaft an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn
Rechtliche Beratung des Sanierungsmanagements der DB AG zu Altlastensanierungsprojekten und zur Kampfmittel- beseitigung auf Flächen der Bahn. Durchführung von internen und externen Fortbildungen insbesondere auf den Gebieten des Bodenschutz- und Abfallrechts
sowie des Umwelthaftungsrechts. Mitglied der Gesellschaft für Umweltrecht.
Lebenslauf
Tätigkeitsschwerpunkte
Zusatzbeitrag
Der öffentlich-rechtliche Vertrag als flexibles Handlungsinstrument
Wenn kampfmittelbelastete Grundstücke weiter-entwickelt werden sollen, stellt sich folgende Frage: Welche konkreten Maßnahmen zur Kampfmitteler-kundung und Gefahrenabwehr sind erforderlich, um die Fläche später in einer bestimmten Art und Weise nutzen zu können?
Durch ein fachlich fundiertes, auf den Einzelfall bezo-genes Räumkonzept lässt sich die Frage beantworten. Das Räumkonzept bedarf allerdings der Akzeptanz der Behörden. Erst dadurch wird die erforderliche Pla-nungs- und Investitionssicherheit für die Beteiligten erreicht. Eine Möglichkeit, ein Räumkonzept rechts-
verbindlich auszugestalten, ist der öffentlich-recht-liche Vertrag. Er ist ein anerkanntes und zulässiges Handlungsinstrument – auch im Bereich der Gefah-renabwehr.
Im Mittelpunkt des öffentlich-rechtlichen Vertrages steht die Verpflichtung des Grundstückseigentümers/Investors, die im Räumkonzept vorgesehenen Maß-nahmen durchzuführen und die Gegenverpflichtung der Behörde, für die vorgesehene Nutzung keine wei-tergehenden Forderungen zu erheben. Auf dieser Basis kann der öffentlich-rechtliche Vertrag dazu beitra-gen, Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen und Vermarktungschancen zu verbessern. Gerade bei schwierigen, komplexen und daher mit großen Unsi-cherheiten verbundenen Flächen sollte der öffent-lich-rechtliche Vertrag als flexibles Handlungsinstru-ment in Betracht gezogen und genutzt werden.
Dr. Thomas Galle-Bürgel, Rechtsanwalt
39Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
ÖRV ist zulässiges Handlungsinstrument gem. §§ 54 ff VwVfG ÖRV hat hohe Bindungswirkung für alle Beteiligten,
Kündigung gem. § 60 VwVfG möglich, bei wesentlicher Änderung der Geschäftsgrundlagen oder um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten.
Erforderliche und angemessene Maßnahmen können (unter Bezugnahme auf das Räumkonzept) konkretisiert werden.
Erfordernis der Schriftform (§ 57 VwVfG) Vertragspartner: für die Gefahrenabwehr zuständige Behörde Möglichkeit der Einbeziehung Dritter (z.B. Investor)
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Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Präambel: - Darstellung der „Geschäftsgrundlage“ des ÖRV
Gegenstand und Bestandteile des ÖRV: - systematische Suche nach Kampfmitteln gem. Räumkonzept
Pflichten des Grundstückseigentümers/Investors: - Durchführung aller im Räumkonzept vorgesehenen Maßnahmen
Pflichten der Behörde: - Zustimmung zum Räumkonzept - Bestätigung der KM-Freiheit/Nutzbarkeit der Fläche nach erfolgreicher Umsetzung des Räumkonzepts - Verzicht auf weitergehende Maßnahmen (vorbehaltlich § 60 VwVfG)
Ergänzende Regelungen (z.B. Informationspflichten, Sanktionen für Vertragsverletzungen)
2 12.11.2015
40 Impulsvortrag
AG 4: Räumkonzept – Aufbau einer Entscheidungsmatrix
Wie können brachliegende Grundstücke mit Kampf-mittelrisiken wirtschaftlich genutzt werden? Ausge-hend von dieser Leitfrage hat sich die Arbeitsgruppe 3 mit der rechtlichen Bewertung der Restrisiken in Räumkonzepten und damit mit den Fürsorgepflichten des Eigentümers, Fragen der Arbeitssicherheit und der rechtlichen Verankerung bei Verkauf und Weiterent-wicklung dieser Liegenschaften beschäftigt. Die Ar- beitsgruppe 4 befasste sich mit den technischen Rah-menbedingungen zum Aufbau einer Entscheidungsma-trix „Kampfmittelräumung in Abhängigkeit der Nach- nutzung“.
Da die Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten erforderlich ist, um fachliche An-sätze für eine nutzungsbezogene Kampfmittelräu-mung definieren zu können, fand die 1. Session beider Arbeitsgruppen gemeinsam statt. Dazu wurden Thesen und Fragestellungen formuliert und zur Diskussion ge-stellt.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermarktung ent- sprechender Problemliegenschaften ist ein belastbares, nutzungsbezogenes Räumkonzept. Es muss erforder-liche, aber auch ausreichende Maßnahmen definieren und damit die Kosten und Risiken sowohl für den Ver-käufer als auch den Käufer kalkulierbar machen. Um Planungs- und Investitionssicherheit zu gewährleis-ten, ist eine verbindliche behördliche Bestätigung des Räumkonzeptes erforderlich, zum Beispiel in Form ei-nes öffentlich-rechtlichen Vertrages.
Für die Entwicklung nutzungsbezogener Kampfmittel-räumkonzepte müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein: Es bedarf der Definition akzeptabler Rest- risiken analog zur gesellschaftlichen Akzeptanz von Restrisiken des täglichen Lebens. Benötigt werden zudem belastbare Daten aus systematischen Spreng-versuchen zu Detonationsauswirkungen verschiedener Kaliber in Abhängigkeit der Tiefenlagen und der Alte- rungsprozesse von Kampfmitteln. Hierzu besteht noch Forschungsbedarf.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe 4 im fachlichen Austausch.
41Impulsvortrag
Lebenslauf
Lebenslauf
Dipl.-Ing. Johannes Köppler, Referent Boden-/Grundwasser- sanierung; Mitglied im Fachaus-schuss Kampfmittel des ITVA e.V.
Dipl.-Ing. Karsten Helms, Geschäftsführer der Mull und Partner Ingenieur- gesellschaft mbH und Vorstands-mitglied der M&P Group
Mentor Boden-/Grundwassersanierung und Bodenverwertungskonzepte Gesamtprojektleiter Kampfmittelerkundung Oranienburg Autor Leitfaden „Kampfmittelbeseitigung auf Flächen der Deutschen Bahn“, Mai 2013 Verfolgung von Regressansprüchen aus Verursacherhaftung gemäß § 24 (2) BBodSchG
Tätigkeitsschwerpunkte
Seit 2014 Leiter Kampfmittelmanagement DB Immobilien (Beratung der DB-Konzernunternehmen)Seit 03/2009 Deutsche Bahn AG, Frankfurt/M.2002 – 2009 IBL GmbH Heidelberg: Niederlassungsleiter, Senior Team Manager, Gutachter2007 – 2009 Re2area GmbH Heidelberg: Projektleiter Due Dilligence, Revitalisierung Altstandorte1998 – 2002 Köppler & Schneider GbR: Teilhaber, Gutachter1988 – 1998 PGBU GmbH Kassel: geschäftsführender Gesellschafter1982 – 1987 Studium der Stadtplanung/Stadtentwicklungsplanung
Seit 2013 Vorstandsmitglied der Mull und Partner UnternehmensgruppeSeit 2006 Geschäftsführer der Mull und Partner Ingenieurgesellschaft mbHSeit 1991 Mull und Partner Ingenieurgesellschaft mbH1984 – 1991 Studium des Bauingenieurwesens, Universität Hannover
Erstellung von Gutachten und Planungen in den Bereichen Flächenrecycling, Altlastensanierung und Kampfmittelräumung, Projektierung und Begleitung von Konversionsprojekten, Ausschreibungsmanagement und Projektcontrolling, Bearbeitung von Bundesliegenschaften Vorstandsmitglied des ITVA e.V. und Mentor des Fachausschusses C7 „Kampfmittelräumung“
Tätigkeitsschwerpunkte
42 Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
1 12.11.2015
Technische Rahmenbedingungen und Problemstellungen
Was kann an Kampfmittelrisiken toleriert werden? Können analog zu (schädlichen) Bodenveränderungen gem. BBodSchG bestimmte Kampfmittelbelastungen im Boden verbleiben?
Welche Grundlageninformationen sind dafür erforderlich?
Nutzungsbezogene Gefährdungsabschätzung auch bei Kampfmittelrisiken möglich?
Lässt sich ein Mindest-Räum-Standard in Abhängigkeit der künftigen Nutzung und der künftigen Nutzungsintensität definieren und umsetzen?
Was ist, wenn die künftige Nutzung ungeklärt ist oder sich ändert?
Wer verhandelt Räumziele?
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
2 12.11.2015
43Vortragsfolien
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Planungsrecht liegt bei der Kommune Forderung an Investor: öffentliches Grün und nach Entwicklung Übertragung an
Kommune Aussage 1: „Wir übernehmen nichts, was nicht sicher ist“ Aussage 2: „Bäume sind zu erhalten“ Folge: Vollständige Beräumung einschl. Entsorgung Trümmerschutt und
Auffüllung (nach KM-Siebung) Kosten: ca. 1.000.000 EUR Nutzen für Investor: keiner Trotz Räumkonzept und Abstimmung mit dem KBD d.L. (Nutzung als
Grünfläche ohne Bodeneingriff ist akzeptabel, KM-Risiko als gering eingestuft) Erfordernis: Nettobaulandfläche muss die Kosten für die Herstellung des
Grünzuges erwirtschaften! Folge: Rentabilität der Konversion wird in Frage gestellt
Hinweis: Grünzugentwicklung ist im konkreten Fall nicht das alleinige Hemmnis!
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Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
4 12.11.2015
* Vorbehaltlich ausstehender Sprengversuche mit verschiedenen Kalibern in unterschiedlicher Tiefenlage ** Geländeveränderungen seit Kriegsende prüfen (Aufhaldungen, Abgrabungen etc.)
Entscheidungsmatrix Kampfmittelräumung in Abhängigkeit der Nachnutzung
Nutzungsintensität /
KM-Risiken / KM-belastung
Gering
(Natur/Biotop, Forst, Erholung/Freizeit,
erneuerbare Energien)
Mittel
(Gewerbe, Industrie, Sondernutzungen)
Hoch
(Wohnen, Mischnutzung, Soziales, Verkehrs-infrastruktur, stark
frequentierte Flächen) Mit KMR belasteter
Bodenhorizont uGOK**
bis 1 m uGOK
tiefer 1 m uGOK
bis 2 m uGOK
tiefer 2 m uGOK
bis 2 m uGOK
tiefer 2 m uGOK
Große Bombenblindgänger
Kaliber > 200 lbs
KMR beseitigen
KMR beseitigen
KMR beseitigen
KMR beseitigen
KMR beseitigen
KMR beseitigen
Kleine Bombenblindgänger Kaliber 30 - 200 lbs
KMR beseitigen
? ?
KMR beseitigen
? ?
KMR beseitigen
?
KMR beseitigen
?
Artilleriekampfmittel Kaliber > 5 - 20 cm ?
KMR tolerabel*
? ?
KMR tolerabel*
?
KMR beseitigen
?
KMR beseitigen
?
Kleinmunition Kaliber 2 - 5 cm
KMR tolerabel*
?
KMR tolerabel*
?
KMR tolerabel*
?
KMR tolerabel*
?
KMR beseitigen
?
KMR tolerabel*
?
44 Ergebnisse
Kontroverse Diskussion in der AG 4 über Entwicklung einer Matrix
Allerdings gab es auch grundsätzliche Kritik, die Kampf- mittelräumung nutzungsabhängig zu gestalten. Hier wurde darauf hingewiesen, dass gemäß Polizeiord-nungsrecht Betretungsverbote gelten, solange beste-hende Kampfmittelgefahren nicht vollständig beseitigt sind. Behördliche Vorgaben zu erforderlichen Kampf-mittelräummaßnahmen gibt es hingegen bisher – je nach Bundesland – kaum oder gar nicht. Für die An-wendbarkeit der Matrix/Checkliste forderten die Teil-nehmer der Arbeitsgruppe daher eine Grundakzeptanz bei allen Beteiligten/Verantwortlichen.
Eine solche Grundakzeptanz vorausgesetzt, wurde die Entwicklung einer Matrix/Checkliste als Grundlage für ein belastbares Räumkonzept dann von der Mehrzahl der Teilnehmer abschließend begrüßt.
Die Arbeitsgruppe 4 befasste sich mit den technischen Rahmenbedingungen zum Aufbau einer Entschei-dungsmatrix „Kampfmittelräumung in Abhängigkeit der Nachnutzung“. Dabei stand die Frage im Fokus, welche Kampfmittelrisiken in Abhängigkeit der Nach-nutzung toleriert werden können, beziehungsweise, ob – analog zu schädlichen Bodenveränderungen gemäß Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) – bestimmte Kampfmittelbelastungen im Boden verbleiben können.In der Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern nahezu al-ler Verantwortungsbereiche der Kampfmittelräumung zusammensetzte, wurde die Entwicklung einer solchen Matrix sehr kontrovers diskutiert. Dabei reichten im Teilnehmerkreis die Meinungen von „Eine solche Ma-trix ist sehr hilfreich“ bis hin zu „Eine solche Matrix ist gefährlich!“.
Einigkeit bestand darüber, dass die Matrix nur ein Teil des Entscheidungsprozesses sein kann beziehungs-weise diesen unterstützen und ergänzen soll. Um vor dem Hintergrund einer großen Bandbreite möglicher Kampfmittelbelastungen und Nutzungsintensitäten den jeweiligen Besonderheiten einer Liegenschaft ge-recht werden zu können, wurde angeregt, die Matrix um tiefer greifende Prüfkriterien zu erweitern und in einen Entscheidungsbaum/eine Checkliste umzu- wandeln.
Auch die Pausen wurden für intensive Fachgespräche genutzt.
45
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
1 12.11.2015
Zusammenfassung Ergebnisse AG 4 Generell: Kontroverse und vielschichtige Diskussion zu einer nutzungs-, kaliber- und tiefenbezogenen Endscheidungsmatrix von „gefährlich“ bis „hilfreich“! Diskussion zeigte deutlich die Vielschichtigkeit der Interessenslagen. Einzelne Diskussionspunkte: Matrix ersetzt keine Einzelfallentscheidung, sondern ist Teil eines
Entscheidungsprozesses. Anwendung der Matrix erfordert Grundakzeptanz. keine „Kreuzchentabelle“, sondern Expertensystem. Matrix ist hilfreich bei der Kommunikation mit Ordnungsbehörden. Anhand einer Matrix / Checkliste können überzogene Forderungen
abgewehrt werden. Matrix muss detaillierter ausgestaltet werden (3D, Prüfkriterien) und auf
Gefahrenabwehr ausgerichtet sein. (Fortsetzung)
Workshop Kampfmittelräumung Berlin, Humboldt Carré, 12. November 2015
Zusammenfassung Ergebnisse AG 4 (Fortsetzung)
Matrix kann helfen, Flächen zu charakterisieren und zu priorisieren. Entscheidungsmatrix ersetzt nicht vorhandene Instrumentarien (z. B.
Phasenschema AH KMR), sondern ergänzt diese! Matrix bildet derzeit nicht alle Risiken ab (umgelagerte Kampfmittel,
Zustand, Vollständigkeit der Information zu KM etc.).
Aufgaben/Arbeitsaufträge für 2016: Klärung von Detonationswirkungen (systematische Sprengversuche bzw.
Zusammenstellung vorliegender Studien). Entscheidungsmatrix muss mehrdimensional aufgebaut (Ergänzung
wesentlicher Einflussfaktoren!) und verfeinert werden. Aufstellen der Prüf- und Entscheidungskriterien zur Sicherung der
Einstufungsentscheidung. Zielgruppe (wer geht damit um?) und Geltungsbereich (welche
Liegenschaften / Grundstücke können so klassifiziert werden?) festlegen. 2 12.11.2015
Ergebnisse
46
Der produktive Gedankenaustausch und fachliche Dis-kurs über die schulische sowie universitäre Ausbildung als Voraussetzung einer qualifizierten und mit Fach-kunde ausgestatteten Auftraggeber- wie auch Auftrag-nehmerseite erfolgte mit konkreten Teilergebnissen und Impulsen für die Fortführung des fachlichen als auch fachpolitischen Dialogs. Nicht allein aus Ver-anstaltersicht, sondern auch aufgrund der positiven Resonanz aus dem Fachpublikum, sind weiterzuver-folgende Aspekte und Kooperationsmöglichkeiten identifiziert worden.
Nächste Schritte vereinbart
So wurden zusammen mit der Dresdner Sprengschule GmbH, der Gesellschaft für Kampfmittelbeseitigung mbH (GFKB mbH) und der Deutschen Feuerwerker Ausbildungs- und Beratungsgesellschaft mbH (DFAB GmbH) für die gewerbliche Schulung, sowie auch mit der Universität der Bundeswehr auf der Ausbil-dungsseite nächste Schritte vereinbart. Neben den Veranstaltern Bundesanstalt und Deutsche Bahn AG begrüßte die Güteschutzgemeinschaft Kampfmittelräu-mung Deutschland e.V. als eine wesentliche Vertreterin der Auftragnehmerseite diese Initiative ausdrücklich.
Die diskutierten Inhalte der Lehrgänge für das Perso-nal von gewerblichen Räumfirmen werden im Ergebnis dieses Workshops zusammen mit den Ausbildungsein-richtungen und der Leitstelle des Bundes für Kampf-mittelräumung an der OFD Niedersachsen weiter aus-gearbeitet, um als bundeseinheitliche Anforderung an die Auftragnehmer für Kampfmittelräummaßnahmen in die Arbeitshilfen Kampfmittelräumung aufgenom-men zu werden.
Auf Erfahrungen aufbauen
Im Nachgang der Veranstaltung wurde bereits seitens des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr angeboten, an der Thematik „Qua-lifikation von Personal in gewerblichen Räumfirmen“ mitzuwirken. Hier gibt es schon eine Arbeitsgruppe im Bereich des Sprengstoffrechts, die die Grundsätze zur Anerkennung und Durchführung von Fachkundelehr-gängen überarbeitet. Es werden unter anderem Mus-terlehrpläne beziehungsweise Bedingungen für die Fachkunde des fachtechnischen Aufsichtspersonals in der Kampfmittelräumung aufgestellt. Auf diesen Er-fahrungen können die zu entwickelnden Lehrgangsin-halte für gewerbliche Räumarbeiter aufbauen.
Darüber hinaus will die BImA die Universität der Bun-deswehr München beim Aufbau einer universitären Aus- und Weiterbildung im Bereich der Kampfmit-telräumung unterstützen. Geplant ist die Einrichtung
einer postgradualen akademischen Zusatzausbildung, die auch erforderliche Grundlagenarbeit leisten und Forschungsvorhaben umsetzen könnte.
Der Ingenieurtechnische Verband für Altlastenma-nagement und Flächenrecycling e.V. (ITVA e.V.) hat die angestrebte akademische Zusatzausbildung zur/zum „Fachplanerin/Fachplaner Kampfmittelräumung“ in der Arbeitsgruppe unterstützt. Die in den Ergebnissen festgehaltenen Meilensteine zeigen ein ehrgeiziges fachliches wie zeitliches Programm, bis der erste Pilot-lehrgang starten kann. Dieser Lehrgang soll, nach der-zeitigem Stand, im vierten Quartal 2016 am Institut für Bodenmechanik und Grundbau, Lehrstuhl Univ.-Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley, aufgenommen werden.
Den Veranstaltern ist bewusst, dass die mit den neuen Anforderungen an die Personalqualifizierung erwarte-ten Qualitätssteigerungen der erbrachten Leistungen auch angemessen zu bezahlen sind. Diese erweiterten Anforderungen sollen künftig bereits im Vergabepro-zess formuliert werden und zu qualitativ hochwertigen Kampfmittelräumungen führen.
Verpflichtungen konkretisieren
Hohe Qualität von Fachplanern und gewerblichen Räumfirmen ist eine Voraussetzung für eine behördliche Bestätigung anerkannter Räumverfahren und nutzungs-bezogener Räumkonzepte. Die abstrakt bestehenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zur Gefahren-abwehr für identifizierte Risiken sind durch ein belast-bares, behördlich bestätigtes Räumkonzept zu konkre-tisieren. Auch dies ist ein Ergebnis aus dem Workshop.
Fehlende Anreize im Sicherheits- und Ordnungsrecht der Bundesländer führen jedoch – anders als im Bun-des-Bodenschutzgesetz (§ 13 BBodSchG) – gegen-wärtig dazu, dass das (Räum-) Risiko auf die ausfüh-renden Unternehmen beziehungsweise auf den/die Grundstückseigentümer/-in verlagert wird. Mit dem
Ausblick
Für die Fortführung eines fruchtbaren Dialogs
Zum Ende des Workshops präsentierten die Arbeitsgruppen ihre Ergeb-nisse dem Plenum.
47
bisher weitgehend ungenutzten Instrument eines öf-fentlich-rechtlichen Vertrages bestünde allerdings die Möglichkeit, Räumkonzepte rechtsverbindlich und da-mit wirtschaftlich bestimmbar auszugestalten. Anders als im Bundes-Bodenschutzgesetz, in dem Sanierungs-untersuchungen und Sanierungsplan als fachliche Grundlagen für eine behördliche Anordnung zur Alt-lastensanierung oder zum Abschluss eines Sanierungs-vertrages mit der Behörde bundeseinheitlich normiert sind, fehlt es im Sicherheits- und Ordnungsrecht der Bundesländer an Regelungen für einen Sanierungsver-trag. Er ist im Bodenschutzrecht ein anerkanntes und zulässiges Handlungsinstrument im Bereich der Ge-fahrenabwehr. Für dessen Anwendung soll auch in der Kampfmittelräumung geworben werden.
Der öffentlich-rechtliche Vertrag kann dazu beitra-gen, Planungs- und Investitionssicherheit gerade bei schwierigen, komplexen und daher mit großen Unsi-cherheiten verbundenen Flächen zu schaffen. Damit können auch die Wiedernutzungs- und Vermarktungs-chancen der Flächen verbessert werden. Identifizierte Hemmnisse – insbesondere die mutmaßlich bisher fehlende Kapazität und Akzeptanz der Behörden – sollten offen, zielgerichtet und partnerschaftlich zum Beispiel über die kommunalen Spitzenverbände an-gegangen werden. Die AG 3 identifizierte zur bundes-einheitlichen Ausgestaltung der staatlichen Aufgaben in der Kampfmittelrisikobewertung und Kampfmittel-räumung normativen Handlungsbedarf.
Anforderungen bundeseinheitlich verankern
Die BImA will die Qualitätsanforderungen in der Form der diskutierten Lehrgänge und der akademischen Zusatzausbildung zur/zum „Fachplanerin/Fachplaner Kampfmittelräumung“ in den baufachlichen Richtlinien bundeseinheitlich verankern. Dies ist ein Schritt auf dem Weg zu behördlich bestätigten anerkannten Räumver-fahren und behördlich bestätigten Räumkonzepten.
Als weiterer Baustein des öffentlich-rechtlichen Ver-trages wurde die Entscheidungsmatrix zur nutzungs-abhängigen Kampfmittelräumung in der AG 4 disku-tiert. Um die hierfür maßgebenden Prüfkriterien zu entwickeln, wird die Zusammenarbeit mit den Kampf-mittelräumdiensten der Länder angestrebt. Deren umfangreiche Erfahrungen mit regional spezifischen Kampfmittelbelastungssituationen sollen in die Matrix einfließen.
Ergänzend wird angestrebt, in enger Zusammenarbeit mit dem ITVA e.V. Fachausschuss C7, bundeseinheit-liche Mindestanforderungen an die Verfahren zur Er-kundung und Räumung von kampfmittelbelasteten Flächen zu definieren.
Zudem möchte die BImA mit den Fachbehörden Mög-lichkeiten diskutieren, auf Liegenschaften des Bundes dringend anstehende Kampfmittelräummaßnahmen gegebenenfalls über Geschäftsbesorgungsverträge mit den Ländern (auf Grundlage dort bestehender Rahmen- verträge) abzuwickeln. Diese Rahmenverträge berück-sichtigen regional unterschiedliche Kampfmittelräum-aufgaben und vereinbaren die Leistungen mit entspre-chend wirtschaftlichen Leistungsbeschreibungen und qualifizierten Rahmenvertragspartnern. Eine Zusam-menarbeit soll hier die Abwicklung von anstehenden, teils unter zeitkritischem Handlungszwang stehenden Maßnahmen deutlich beschleunigen.
Optimierte Entsorgung angestrebt
Als weiterer konsequenter Schritt einer wirtschaft-lich angemessenen Bund-Länder-Kooperation wäre dann auch die optimierte Entsorgung der im Zuge des BImA-Kampfmittelbeseitigungsprogramms geborge- nen Kampfmittel auf eigenen Flächen anzustreben. In Anerkennung der hoheitlichen Zuständigkeit möchte die BImA die Länder auch im Hinblick auf die jewei-lige Verantwortung mit den wirtschaftlichen und um-weltgerechten Entsorgungsmöglichkeiten der bun-deseigenen Gesellschaft zur Entsorgung chemischer Kampfstoffe und Rüstungs-Altlasten mbH (GEKA mbH) für sämtliche Munitionsarten unterstützen. Die BImA steht diesbezüglich bereits in Gesprächen mit der GEKA mbH.
Die Ergebnisse der auf den vorgenannten Themenblö-cken aufbauenden Arbeit wird das Zentrale Altlasten-management der BImA als Mitglied des Arbeitskreises „Arbeitshilfen Kampfmittelräumung (AH KMR)“ in diesen einbringen, um die Arbeitshilfen als wertvolles Instrument für die Planung, Vergabe und Ausführung von Kampfmittelräummaßnahmen kontinuierlich wei-terzuentwickeln.
Weitere Handlungsansätze
Auf einer vom Vorstand der BImA in Aussicht gestellten Fachtagung in 2016 sollen die ersten Ergebnisse sowohl der Ausbildungsinitiativen als auch weiterer Hand-lungsansätze vorgestellt und weiter bearbeitet werden.
Der Vorstand der BImA, in seiner Eigenschaft als Ver-treter einer der bundesweit größten Grundstückseigen-tümer von kampfmittelbelasteten Flächen, wünscht sich den fruchtbaren Dialog der vergangenen zwei Jahre fortzuführen und steht den diskutierten Initiativen sehr positiv gegenüber.
Ausblick
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Vorname Name Unternehmen AG
Teilnehmerverzeichnis
Stefanie Ackerschewski Bundesanstalt für Immobilienaufgaben –
Steven Baier Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 2
Hartwig Bayersdorf Robert Bosch GmbH 3
Andreas Bernhardt Mull und Partner Ingenieurgesellschaft mbH 2
Meike Bihler EGGERS Kampfmittelbergung GmbH 1
Claus Böttcher Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt u. ländliche Räume 4
Ulrich Brakemeier Oberfinanzdirektion Niedersachsen 1
Peter Buch Landesamt für Arbeitsschutz 1
Regina Buttenberg BEOS AG 3
Günter Degner GFKB Gesellschaft für Kampfmittelbeseitigung mbH 1
Alexander Döring Ingenieurbüro Döring GmbH 2
Sebastian Dosdall GFKB Gesellschaft für Kampfmittelbeseitigung mbH 1
Rita Drude Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Marco Eckstein Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH 2
Dr. Florian Englert TOPJUS Rechtsanwälte 3
Rainer Entrup Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Dr. Ansgar Erbenich OFB Projektentwicklung GmbH 4
Dr. Andreas Fischer SENSYS GmbH 1
Prof. Dr. Jens-Uwe Fischer Universität Leipzig/IIRM 3
Dr. Dirk Friebertshäuser LANDPLUS GmbH 3
Dr. Thomas Galle-Bürgel Rechtsanwalt 3
Armin Gebhard Ministerium für Inneres und Kommunales NRW 2
Sven Geisler Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 1
Sabine Gier ITVA e.V. 3
Marlis Gossing Bundesanstalt für Immobilienaufgaben –
Simon Gremmler K.A. Tauber Spezialbau GmbH & Co.KG 1
Dr. Axel Gruhn Hamburg Port Authority AöR Fachdienst Kampfmittel 2
Maria Günther Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 3
Nico Hanemann Institut Dr. Foerster GmbH & Co.KG 2
Undine Heise Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 3
Karsten Helms Mull und Partner Ingenieurgesellschaft mbH 4
Thomas Hennicke Ingenieurbüro Th. Hennicke 4
Uwe Henning Versicherungsmakler 3
Sabine Henrici Deutsche Bahn AG 4
Regina Herrmann Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 1
Uwe Hinzmann Keller Grundbau GmbH 2
Tobias Hinzmann Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 3
Siegfried Illgner Fachkraft für Arbeitssicherheit 2
Martin Jürgens Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 2
Dr. Patrick Kaurisch omniCon 4
Wolfgang Klein Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Johannes Köppler Deutsche Bahn AG 4
Martin Kötter ITVA e.V. 2
Manfred Kramer Staatliche Gewerbeaufsicht Hannover 1
Anja Kremzow Bundesanstalt für Immobilienaufgaben –
Elke Kunkel BEV Bundeseisenbahnvermögen 3
Dr. Frank Küchler Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH 1
49Teilnehmerverzeichnis
Vorname Name Unternehmen AG
Axel Kunze Bundesanstalt für Immobilienaufgaben –
Manfred Lange Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 3
Thomas Lange Kampfmittelbeseitigungsdienst Polizei Sachsen 3
Bernd Lausch Dresdner Sprengschule GmbH 1
Heike Liebsch Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Klaus Löhle Schollenberger Kampfmittelbergung GmbH 1
Dr. Class Meier Universität der Bundeswehr München 2
Christian Meinhardt Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 1
Folkert Mettbach Deutsche Bahn AG 1
Johannes Meyer Deutsche Bahn AG 4
Bernd Morneweg Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Klaus-Ulrich Mosel Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 3
Andreas Müller Oberfinanzdirektion Niedersachsen 1
Maria Nesemann EUROGATE GmbH & Co. KGaA, KG 3
Dr. Jens Nusser KOPP-ASSENMACHER Rechtsanwälte 3
Michael Odenthal Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 3
Fränzi Ohler BASF SE, EST/BB - M214 3
Karsten Pfaue Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Helmut Pönisch Dynasafe Kampfmittelräumung GmbH 2
Holger Preetz Oberfinanzdirektion Niedersachsen 2
Gaby Puttkammer-Neye BEV Bundeseisenbahnvermögen 4
Zrinko Rezic HIM Hessische Industriemüll GmbH 4
Tina Rodegast Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Hans-Joachim Rosenwald Güteschutzgemeinschaft Kampfmittelräumung Deutschland e.V. 1
Ralf Saelzer GEKA mbH 4
Dr. Cornelia Schaffeld Bundesanstalt für Immobilienaufgaben –
Stefan Schiessl TERRASOND Kampfmittelräumung GmbH 1
Carsten Schmidt Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 2
Gerhard Schmitt Deutsche Feuerwerker Ausbildungs- und Beratungsgesellschaft mbH 1
Birgit Schmitt-Biegel HIM Hessische Industriemüll GmbH 4
Dr. Jan Schmoldt TAUBER DeDeComp GmbH 2
Voker Schnibben Dr. Born - Dr. Ermel GmbH 2
Rainer Scholz Deutsche Bahn AG 4
Helge Schreinert Deutsche Bahn AG 4
Matthias Schroedter Bundesanstalt für Immobilienaufgaben –
Jürgen Sebald Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft 1
Daniel Seidel Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Hendrick Stamm GSK Stockmann und Kollegen 4
Torsten Stascheit Stascheit Kampfmittelräumung GmbH 1
Jens Timmerarens Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 1
Christian Tölle Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
Wilko Werner GKU Standortentwicklung GmbH 2
Dr. Kay Winkelmann Beratender Ingenieur 2
Petra Zahm Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr 1
Henry Zeschke BEV Bundeseisenbahnvermögen 3
Andreas Zimmermann GESA 4
Katharina Zysk Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 4
50
Kontaktadresse für Kampfmittelsachverhalte:Bundesanstalt für ImmobilienaufgabenZentrales AltlastenmanagementFasanenstraße 8710623 BerlinAltlastenmanagement@bundesimmobilien.de
Ansprechpartner:Zentrales AltlastenmanagementAbteilungsleiterMartin JürgensFasanenstraße 8710623 BerlinMartin.Juergens@bundesimmobilien.de
Zentrales AltlastenmanagementReferentin für KampfmittelräumungHeike LiebschFasanenstraße 8710623 BerlinHeike.Liebsch@bundesimmobilien.de
Zentrales AltlastenmanagementSachbearbeiter für KampfmittelräumungSven GeislerFasanenstraße 8710623 BerlinSven.Geisler@bundesimmobilien.de
Kontakte der BImA
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Zentrale BonnEllerstraße 56 | 53119 Bonn | Tel. 0228 37787-0 | Fax 0228 37787-200www.bundesimmobilien.de
Bundesimmobilien
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