Zukunft von Bibliotheken in der digitalen Informationsgesellschaft

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Vortrag gehalten an der Stadtbücherei Frankfurt am 15. Mai 2014 im Rahmen des Jubiläums 100 Jahre Goethe Universität.

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Mitglied der FHO Fachhochschule Ostschweiz

Zukunft von Bibliotheken in der digitalen Informationsgesellschaft

Prof. Dr. Rudolf Mumenthaler

Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft an der HTW Chur

Stadtbücherei Frankfurt, 15. Mai 2014

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Mitglied der FHO Fachhochschule Ostschweiz

Fragestellung

Welche Bedeutung kommt der Bibliothek als Ort in einer digitalen Umgebung zu?

Welche Bedeutung haben neue Medien und Inhalte für die Bibliothek?

Welchen Einfluss haben diese Entwicklungen auf Bibliotheken?

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Neuinterpretation der Grundaufgaben von Bibliotheken

Neuinterpretation der klassischen Grundaufgaben von Bibliotheken und Adaption an die Herausforderungen der digitalen Informationsgesellschaft: Sammeln Archivieren Katalogisieren Bereitstellen Vermitteln

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Grundaufgaben von Bibliotheken: Sammeln

Sammeln Beschaffung auch von elektronischen

Ressourcen, von neuen Medientypen Lizenzierung oder Kauf?

Lizenzierung in Konsortien

offene Inhalte Qualitätssicherung als Herausforderung Selektieren statt Sammeln

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Trend: Bibliotheken befassen sich mit Daten

Klassische Bibliotheksaufgabe: Sammeln, Katalogisieren, Bereitstellen von publizierter Information

Neu: auch von Daten Primärdaten (Forschungsdaten) Metadaten

Aus der Anreicherung von Daten entsteht Information Metadaten, Verknüpfungen (linked data)

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Grundaufgaben: Archivierung

Archivierung Neue Herausforderungen durch elektronische

Inhalte: digitale Langzeitarchivierung Archivierung von lizenzierten e-Ressourcen Archivierung von Forschungsdaten

Wer ist zuständig? Verlage, Bibliotheken? IT-Services von Unis?

Herausforderung Kooperation: Know-How und technische Infrastruktur Überregionale, nationale oder internationale

Zusammenarbeit. Beispiele: LOCKSS, Portico

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Grundaufgabe: Katalogisierung

Katalog traditionell als Inventar der Bibliothek

Trend zur zentralen Katalogisierung Heute: Fremddatenübernahme Einspielung von Metadaten von E-Books-

Paketen in den Katalog Qualitätsproblematik

Zukunft: Bibliothekssysteme in der Cloud WorldShare von OCLC oder Alma von ExLibris lokale Katalogisierung ist (eigentlich) nicht mehr nötig

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Vom Bestand zum Angebot

Wichtig ist nicht, ob die Bibliothek die Inhalte besitzt, sondern dass sie diese den Nutzern verfügbar macht Bestand ist sekundär (z.B. PDA) Suchmaschine statt Katalog Keine Katalogisierung, sondern Indexierung

der Information Neue Inhalte werden vermittelt

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Semantisches Web

Pflege der Ontologien für das semantische Web als neue Aufgabe von Bibliotheken?

Bibliothekskataloge werden durch semantische Verknüpfungen ergänzt

Publikation der Metadaten als Linked Open Data

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Neue Formate

Grundlage dafür sind neue Standards für die Erschliessung von Ressourcen (RDA, BibFrame) Einführung dieser Standards läuft bereits Allerdings sind die Bibliothekssysteme noch

nicht wirklich bereit, die sich damit bietenden Funktionen zu nutzen...

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Anwendung des semantischen Webs

Linked Open Data Quellen Z.B. für Personen- und Autorennamen Z.T. aus Bibliotheken (GND)

Verknüpfung einzelner Elemente Autor mit Werk, Titel/Ausgabe mit Werk

Darstellung und Nutzung von Beziehungen: Zu einer Buchausgabe wird z.B. auch eine

Verfilmung oder ein Hörbuch angezeigtSeite 20

Grundaufgabe: Bereitstellung

Elektronische Ressourcen mit besonderen Herausforderungen: Urheberrechtliche Einschränkungen Restriktive Lizenzbestimmungen Technische Einschränkungen Hoher Preis Zum Teil eingeschränktes Angebot Zeitliche Verzögerung zwischen Freischaltung

des Zugangs und Bereitstellung im Katalog

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Lösungsansatz: Open Access

Freier Zugang zu Information für alle Problematik der Finanzierung Bereitstellung, Sicherung,

Publikationsunterstützung als Aufgaben von Bibliotheken

Verlage und AutorInnen müssen mitspielen

Trend: Open Content, Open Data etc.

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E-Books vs gedruckte Bücher

In Deutschland nutzen rund 20% E-Books E-Books machen ca. 10% des Umsatzes

im Buchhandel aus Studien zeigen: wer E-Books kauft (liest),

kauft (liest) auch viele Bücher Bis jetzt findet keine Verdrängung statt

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E-Books in Bibliotheken

Wissenschaftlich Format: PDF Kein DRM Zugang beschränkt auf

Hochschulangehörige Vergleichbar mit E-

Zeitschriften Verschiedene Verlage

und Aggregatoren als Anbieter

Öffentlich Format: EPUB DRM Temporärer Zugriff für

Bibliotheksnutzer Vergleichbar mit Buch-

Ausleihe Onleihe mit quasi

Monopol im deutschen Sprachraum

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Mobile Nutzung

Herausforderung: Bereitstellung der Inhalte auch für mobile Geräte

Mehrzahl der Webzugriffe über mobile Endgeräte (Smart- phones, Tablets) Jugendliche: fast

100% Smartphones

Seite 25http://www.kidsandmedia.co.uk/

MLibrary, die mobile Bibliothek

Mobilfreundliche Websites Straffung der Inhalte Responsive Design

Mobile Kataloge Inklusive Ausleihe,

Verwaltung Nutzerkonto etc. Ressourcen in

mobilfreundlichen Formaten (EPUB)

Seite 26http://www.lib.umich.edu/mobile-technology/mlibrary-

mobile

Bereitstellung: Digitalisierung

Digitalisierung von Bibliotheksmaterialien ist mittlerweile Routineaufgabe Vor allem in Bibliotheken mit Sonderbeständen

(alte Drucke, Bildarchiv etc.) Unterschiedliche Medientypen mit

unterschiedlichen Anforderungen Massendigitalisierung mit

(teil)automatisierten Workflows DigiCenters als Kompetenzzentren

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Vermittlung

Es genügt nicht, Information bereitzustellen, sie muss aktiv an die (potentiellen) Nutzer vermittelt werden nicht nur Marketing und PR Auch Vermittlung der Fähigkeiten, die es für

die sinnvolle Nutzung von Information braucht: Informationskompetenz

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Vermittlung: Angebote

Neue Angebote von Bibliotheken: Schulungen Vermittlung von Kursen zur Förderung der

Medien-, Recherche- und Informations-kompetenz

Integration in Curricula (Unterricht an Schulen und Hochschulen)

Einführungen für weniger geübte Nutzer

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Neue Formen der Vermittlung

Einsatz neuer Methoden und Technologien:

Marketing: Blogs, soziale Medien Veranstaltungen

Kulturevents, Leseförderung etc.

Schulungen Webinare Screencasts

Aber auch die zu vermittelnden Inhalte verändern sich:

Bibliotheken vermitteln auch Fähigkeiten, die im Umgang mit neuen Medien und Technologien benötigt werden

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Soziale Medien – nicht nur Facebook

Herausforderung Mehrwert von sozialen Medien

Eine Facebook-Seite zu haben, genügt nicht!

Einbezug der Community ist wichtig, aber nicht einfach

Attraktive Inhalte, die zur Interaktion einladen

Blogs als Grundlage für Web 2.0 Warum nicht NutzerInnen aktiv

einbeziehen?Seite 33

Gaming und Games in Bibliotheken

Games als fester Bestandteil der Freizeitgestaltung von Jugendlichen Eltern und Erzieher skeptisch

Rolle von Games für Bibliotheken Ergänzung Medienangebot Soziale Funktion von Games (Events) Unterhaltung Angebot für männliche Jugendlichen Jugendliche fühlen sich „wie zu Hause“

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Gaming in der Nacht der Bibliotheken

Seite 35http://stadtbibliothekelsdorf.files.wordpress.com/2013/03/nacht-der-bibliothek-092.jpg

Makerspaces

Makerspaces sind Orte, an denen unter Anleitung neue Technologien ausprobiert werden können, um eigene Inhalte zu kreieren

Bibliotheken sehen darin eine Erweiterung ihres Vermittlungsauftrags, aber auch andere Institutionen bieten Makerspaces oder FabLabs an.

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Was wird in Makerspaces gemacht?

3D-Modelle bauen und auf 3D-Printer ausdrucken Videos produzieren und schneiden Musik machen, mischen, aufnehmen Progammieren mit einfachen Tools (Arduino) Bauen von Computern und Robotern mit

einfachen Mitteln (Rasberry Pi) etc. Nähen, Basteln uvm.

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Neue Funktionen des Raums

Zunahme der virtuellen Nutzung hat Auswirkung auf Raum

Zusammen mit neuen Aufgaben für die Bibliotheken, da das traditionelle Kerngeschäft der Ausleihe von Medien an Bedeutung verliert

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Konzept des Dritten Orts

Eigenschaften eines Dritten Orts ("third place“): Kostenlos oder günstig Essen und Trinken sind wichtig (aber nicht

zwingend) Zugänglichkeit: nah für viele (Gehdistanz) Einladend und bequem Neue und alte Freunde sind dort zu treffen Stammkunden einbeziehen

Oldenburg, Ray (1989). The Great Good Place: Cafes, Coffee Shops, Community Centers, Beauty Parlors, General Stores, Bars, Hangouts, and How They Get You Through the Day. New York: Paragon House.

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Bibliothek als «Dritter Ort»

Die Bibliothek als sozialer Treffpunkt für Menschen aller Generationen und aus verschiedenen Kulturen

Bibliothek übernimmt gesellschaftliche Aufgaben Medienbestand stellt Werkzeug dar Bibliothek als gesellschaftliche Einrichtung

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Aufgaben Bibliotheksbau und -raum

Raum muss einladend sein Platz bieten für andere Aktivitäten Platz bieten zum gemütlichen Verweilen Café Lounge zum Zeitschriften Lesen

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Neuer Trend?

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Nutzerorientierung: Zonen

Bibliotheksraum wird in Zonen gegliedert, je nach Bedürfnissen von Zielgruppen oder Nutzungsformen Stille Zonen zum Lesen und Studieren Gruppenarbeitsplätze zum Diskutieren in

Gruppen Laute Zonen zum Spielen, Reden

Akustik als Herausforderung an den Bibliotheksbau!

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Neue Aufgaben – neue Raumfunktionen

neue Raumstrukturen: Makerspaces – ein Labor mit entsprechender

Infrastruktur Vermittlungsaktivitäten: Events benötigen freie

Flächen, ev. durch mobile Möblierung temporär zu schaffen

Infrastruktur für neue Medien und neue Technologien

Virtuelle Angebote sichtbar machen

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Quellentaucher

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Landmark Libraries

Stararchitekten haben Bibliothek entdeckt Funktion steht nicht immer im Vordergrund

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Last but not least: neue Technologien

Der Einfluss neuer Technologien ist schwer vorherzusagen

Nutzererwartungen verändern sich sehr schnell

Nutzer bringen veränderte Gewohnheiten mit in die Bibliothek

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Auswahl neuer Technologien und möglicher Einsatz in Bibliotheken

Augmented Reality Indoor Navigation, virtuelle Führungen

NFC, nearfield communication Selbstverbuchung, Navigation

Wearables (Google Glass, iWatch etc.) Internet wird noch mobiler

Neue Interfaces Multitouch-Tische

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Neue Technologien (2)

Tablets Ausleihe, Bereitstellung mit Inhalten,

Schulungen Enhanced E-Books Selbst produzierte interaktive Lehrbücher Unterstützung bei Produktion und

Bereitstellung Internet of Things RFID, QR-Codes

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Fazit

Bibliotheken müssen sich ständig wandeln und weiterentwickeln

Neue Aufgaben auf der Grundlage der klassischen Funktionen und der Nutzerbedürfnisse entwickeln

Stärker zusammenarbeiten und Infrastruktur gemeinsam betreiben

Bedarf an Weiter-/Fortbildung ist hoch!

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Die Bibliothek der Zukunft...

Ist gemütlicher Treffpunkt Ist Zentrum des Kultur- und Bildungslebens Bietet vielfältige Informationsversorgung und

viele Dienstleistungen drum herum: Beratung, Events, Lesungen, Ausstellungen, Kurse,

Schulungen Bietet Raum zum Entdecken, Lernen und für

kreative Aktivitäten Bietet Unterstützung bei der Nutzung neuer

Technologien Seite 54

Mitglied der FHO Fachhochschule Ostschweiz Seite 55

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Feedback oder Fragen an

rudolf.mumenthaler@htwchur.ch

www.ruedimumenthaler.ch