§ 2 Die Verantwortlichkeit des Schuldners

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1 § 2 Die Verantwortlichkeit des Schuldners §§ 276 - 278 BGB bestimmen, wann Schuldner verantwortlich ist (Vorsatz, Fahrlässigkeit, Verschulden von Hilfspersonen). Rechtsfolgen: regeln §§ 280 - 284, 286 - 288 BGB. I. Haftung für eigenes Verschulden 1. § 276 Abs. 1: Vorsatz Vorsatz = Wissen und Wollen des Erfolges

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§ 2 Die Verantwortlichkeit des Schuldners §§ 276 - 278 BGB bestimmen, wann Schuldner verantwortlich ist (Vorsatz, Fahrlässigkeit, Verschulden von Hilfspersonen). Rechtsfolgen: regeln §§ 280 - 284, 286 - 288 BGB. I. Haftung für eigenes Verschulden 1. § 276 Abs. 1: Vorsatz - PowerPoint PPT Presentation

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§ 2 Die Verantwortlichkeit des Schuldners

§§ 276 - 278 BGB bestimmen, wann Schuldner verantwortlich ist (Vorsatz, Fahrlässigkeit, Verschulden von Hilfspersonen).

Rechtsfolgen: regeln §§ 280 - 284, 286 - 288 BGB.

I. Haftung für eigenes Verschulden

1. § 276 Abs. 1: Vorsatz

Vorsatz = Wissen und Wollen des Erfolges

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2. Fahrlässigkeit:

Definition in § 276 Abs. 2 BGB: „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.“

a) Sorgfalt ist „außer Acht“ gelassen, wenn Erfolg erkennbar undvermeidbar war.

- Maßstab für den Fahrlässigkeitsvorwurf ist „die im Verkehrerforderliche Sorgfalt“.

- Maßgebend nicht persönliche Fähigkeiten des Schuldners, sondern die typischen Kenntnisse und Fähigkeiten, die einschlägigeVerkehrsteilnehmer oder Berufsangehörige haben (objektiver,normativer Maßstab).

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b) Beispiel

Arzt kann sich nicht damit entlasten, dass er der Aufgabe nicht gewachsen war (BGH NJW 2001, 1786):

Arzt leitete als Assistenzarzt eine Geburt. Als der Geburtsvorgang stockte, zog erst die Hebamme, dann der Arzt am Kopf des Kindes. Folge: Gesichtslähmung. Arzt hat sog. Schulterdystokie – Schulter des Kindes blockiert nach der Geburt des Kopfes - übersehen; Ziehen am Kopf medizinisch klar kontraindiziert.

Arzt kann sich nicht damit entlasten, dass er der Geburtssituation nicht voll gewachsen war; medizinische Standards müssen auch Assistenzärzte einhalten (BGH NJW 2001, 1786; 2003, 2311 f.); auf die subjektiven Fähigkeiten des Arztes kommt es nicht an.

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c) Grund für die Typisierung:

- Verkehrsschutz: Teilnehmer müssen auf gewisse Standards des Berufs bzw. Verkehrs vertrauen können.

- § 347 HGB verlangt daher Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns.

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3. Verschuldensfähigkeit

§ 276 I 2 BGB: Verweis auf §§ 827, 828 BGB

a) Kinder: vor Vollendung des 7. Lebensjahres verschuldensunfähig (§ 828 I).

b) Geisteskranke und Bewusstlose: verschuldensunfähig (§ 827 S. 1 BGB);aber: wer sich durch Rauschmittel – schuldhaft - in diesen Zustand

versetzthat, haftet (§ 827 Satz 2 BGB).

c) Minderjährige (zwischen 7 und 18): gem. § 828 Abs. 3 BGB kommt es auf die individuelle Einsichtsfähigkeit an, nicht auf die Fähigkeit,

gem. derEinsicht zu handeln.

BGH großzügig: 8-10-jährige haften, wenn sie beim Zündeln Gebäude in Brand setzen oder bei Tomatenschlacht dem Mitspieler ins Auge treffen (BGH NJW 1984, 1958; Kritik: Steuerungsfähigkeit zu wenig berücksichtigt)

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d) § 828 Abs. 2 BGB: 7 – 10-jährige haften nicht, wenn sie Unfälle mitKraftfahrzeugen verursachen; Grund: altersbedingte Defizite; Kinder können Entfernung und Geschwindigkeit schlecht einschätzen (seit 2002)

ratio legis passt nicht, wenn ein 9-Jähriger beim Wettrennen mit seinem Skateboard parkendes Fahrzeug beschädigt (BGH NJW 2005, 354 u. 357)

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II. Haftung für Dritte

1. Haftung für Erfüllungsgehilfen oder gesetzliche Vertreter (§ 278)------------------------------------------------------------------------------Grundgedanke:

a) Korrespondenz von Vorteil (Arbeitsteilung) und Risiko(Haftung für Hilfspersonen)

Ansprüche gegen Hilfsperson nicht ausreichend (nur Haftung gem. §§ 823 ff.; Insolvenzrisiko).

b) Bei gesetzlichen Vertretern: Tätigkeit der Vertreter (Eltern) kommt dem Vertretenen zugute (Korrespondenz von Vorteil und Risiko).

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b) Voraussetzungen:

aa) Bestehendes Schuldverhältnis (Sonderverbindung): Schuldner muss

sich der Hilfsperson „zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit“ bedienen

- gilt sowohl für Haupt-, als auch für Nebenpflichten

Fall 2: Dachdeckermeister U haftet gem. §§ 280 I, 278 S. 1 BGB für die

mangelhafte Leistung des Gesellen G

- in Bezug auf die Hauptleistung (Dach decken)

- für die Verletzung von Schutzpflichten (Beschädigung der

Beleuchtung).

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Fall 2

U 631 B

611G P- Dach mangelhaft gedeckt- Beleuchtung beschädigt- Wäsche gestohlen- Passant verletzt

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ab) Von Pflichtverletzungen „bei Erfüllung seiner Verbindlichkeit“ sindsolche „bei Gelegenheit“ zu unterscheiden.

Bsp.: Diebstähle von Gehilfen

Haftung für Diebstähle, wenn Hilfsperson Gelegenheit zum Diebstahl deshalb erhielt, weil sie Gläubiger gerade wegen des bestehenden Schuldverhältnisses in seinem Bereich wirken lässt (Brox/Walker, § 20 Rn. 32; Medicus/Lorenz, SR I, Rn. 391).

Gegenbeispiel: Geselle entwendet das vor dem Haus abgestellte Fahrrad des Kunden; hier konnte jeder „ran“.

Fall 2: U haftet gem. §§ 280 I, 278 auch für Diebstahl der Wäsche

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ac) Exkurs: weitere Beispiele für Pflichtenkreis des Schuldners:

Erfüllungsgehilfen des Verkäufers oder Werkunternehmers sind nicht: Hersteller, Zwischenhändler und Lieferanten.

Grund: Verkäufer verspricht nicht Beschaffung, sondern lediglich Lieferung; er darf ebenso wie Werkunternehmer darauf vertrauen, dass

vom Lieferanten gekaufte Teile einwandfrei sind

(Bsp.: Werkunternehmer haftet nicht für fehlerhaftes Heizungsventil, das er von seinem Lieferanten bezogen hat; BGH NJW 1978, 1157).

U 631: Installation Heizung B

433: Ventile

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2. Fehlt Schuldverhältnis, haftet U nur unter den Voraussetzungen des § 831 BGB für Hilfsperson (gegenüber Passant P)

a) Rechtswidrige unerlaubte Handlung des G: G hat den Körper von P verletzt.

b) G müsste Verrichtungsgehilfe des U sein:

- G mit Wissen und Wollen des U für diesen tätig

- Weisungsgebundenheit des G (arg.: § 831 setzt voraus, dass der Verrichtungsgehilfe unter Aufsicht steht):

Arbeitnehmer gem. § 611 weisungsabhängig.

c) Entlastungsbeweis des U § 831 I, 2. Hs.: keine Haftung des U, wenn er nachweist, dass er bei Aufsicht und Auswahl des G die

erforderliche Sorgfalt walten ließ.

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c) Überblick über die Unterschiede zwischen § 278 und § 831 BGB

§ 278 § 831Bestehendes Schuldverhältnis Haftung gegenüber jedermann Keine Anspruchsgrundlage, selbständige Anspruchsgrundlage sondern Zurechnungsnorm Pflichtverletzung Unerlaubte rechtswidrige Handlung des Verrichtungsgehilfen

Haftung für fremdes Verschulden Haftung für eigenes Verschulden (Auswahl, Aufsichtsverschulden);

Verschulden der Hilfsperson nicht erforderlich

Schmerzensgeld (§ 253 BGB) Schmerzensgeld (§ 253 BGB)

Kein Entlastungsbeweis Entlastungsbeweis möglich (sorgfältige Auswahl und Aufsicht)

Selbständige und unselbständige Nur unselbständige Hilfspersonen Hilfspersonen (= sozial abhängige, weisungsge-

bundene = Arbeitnehmer)