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- HANDBUCH für den Baufachwirt 2014 L E H R B R I E F 15 Inhalt: Fach/Seite Volkswirtschaftliche Grundlagen und Bauwirtschaft - Ausgewählte Baustatistiken VW-5/3-a-h - Erhebungen der Bauverbände VW-5/3-i Finanz- und Rechnungswesen des Bauunternehmens - Die Deckungsbeitragsrechnung Fi/Re-3/4-a-e - Das bauvertragliche Zahlungssystem Fi/Re-4/2-1a-1d - Finanzbedarf Fi/Re-4/3-2a-2g - Steuerfragen bei ARGEN Fi/Re-6/2-a-c Baubetriebliches Personalwesen - Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung PW-2/2-4a-4d - Beginn, Unterbrechung, Ende der Versicherungspflicht PW-2/2-5a-5m - Versicherungsfreiheit der Arbeitnehmer PW-2/2-6a-6q - Personalbeschaffung PW-3/2-a-i - Umsetzung der Arbeitssicherheit PW-6/2-a-b - Umgang mit Gefahrstoffen PW-6/3-a-f Bauproduktionswirtschaft - Bauausführung in den Hauptbausparten P-2/5-a-d - Grundlagen der wirtschaftlichen Führung der Hilfs- und Nebenbetriebe P-6/1-a - Organisation und Kostenrechnung der Hilfs- und Nebenbe- triebe P-6/2-a-c Materialwirtschaft, Geräteeinkauf, Fremdleistungen - Einkaufsorganisation M-2/3-a-d

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- HANDBUCH für den Baufachwirt 2014

L E H R B R I E F 15

Inhalt: Fach/Seite

Volkswirtschaftliche Grundlagen und Bauwirtschaft - Ausgewählte Baustatistiken VW-5/3-a-h - Erhebungen der Bauverbände VW-5/3-i

Finanz- und Rechnungswesen des Bauunternehmens - Die Deckungsbeitragsrechnung Fi/Re-3/4-a-e - Das bauvertragliche Zahlungssystem Fi/Re-4/2-1a-1d - Finanzbedarf Fi/Re-4/3-2a-2g - Steuerfragen bei ARGEN Fi/Re-6/2-a-c

Baubetriebliches Personalwesen - Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung PW-2/2-4a-4d - Beginn, Unterbrechung, Ende der Versicherungspflicht PW-2/2-5a-5m - Versicherungsfreiheit der Arbeitnehmer PW-2/2-6a-6q - Personalbeschaffung PW-3/2-a-i - Umsetzung der Arbeitssicherheit PW-6/2-a-b - Umgang mit Gefahrstoffen PW-6/3-a-f

Bauproduktionswirtschaft - Bauausführung in den Hauptbausparten P-2/5-a-d - Grundlagen der wirtschaftlichen Führung der Hilfs- und Nebenbetriebe P-6/1-a - Organisation und Kostenrechnung der Hilfs- und Nebenbe- triebe P-6/2-a-c

Materialwirtschaft, Geräteeinkauf, Fremdleistungen - Einkaufsorganisation M-2/3-a-d

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 a Im folgenden Kapitel werden die wichtigsten Baustatistiken beschrieben. 1. Monatliche Bauberichterstattung Gemäß dem Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe in Verbindung mit der nationalen Fassung der NACE1) für die Bundesrepublik Deutschland sind in den Bereichen Vorbereitende Baustellenarbeiten sowie Hoch- und Tiefbau (ehemals Bau-hauptgewerbe2)) alle Betriebe von Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten ver-pflichtet, an der monatlichen Bauberichterstattung für die Statistischen Landesämter bzw. das Statistische Bundesamt teilzunehmen. Dabei werden folgende Tatbestände ermittelt: (1) die Zahl der Beschäftigten am Ende des Berichtsmonats in der Untergliederung: - tätige Inhaber und Mitinhaber, - kaufmännische und technische Angestellte inklusive kaufmännisch und tech-

nisch Auszubildende, - Facharbeiter (alle Arbeiter mit Ausbildungsabschluss) inklusive Poliere,

Schachtmeister und Meister, - Fachwerker und Werker (angelernte und ungelernte Arbeiter), - gewerblich Auszubildende, Praktikanten u. ä. - die Anzahl der ausländischen Arbeitnehmer; (2) die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden, untergliedert nach den Bereichen - Hochbau

- Tiefbau

sowie nach den Bausparten - gewerblicher, industrieller und landwirtschaftlicher Bau ( Hochbau [ darunter

für Bahn und Post], Tiefbau [ darunter für Bahn und Post]) - Wohnungsbau

- öffentlicher Bau (Hochbau [davon für Organisationen ohne Erwerbszweck bzw. für Körperschaften des öffentlichen Rechts], Tiefbau [ davon Straßenbau bzw. sonstiger Tiefbau])

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1) NACE = Nomenclature générale des activités économiques dans les

Communautés européenes – Statistische Systematik der Wirtschafts-zweige in der Europäischen Gemeinschaft (Union).

2) Obwohl die amtliche Statistik das "Bauhauptgewerbe" nicht mehr kennt, wird der Terminus als eingeführter Begriff im allgemeinen Sprachge-brauch weiter verwendet.

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 b (3) der baugewerbliche Inlandsumsatz ohne MwSt entsprechend der unter Abschnitt

(2) für die Arbeitsstunden aufgeführten Gliederung. Zusätzlich erfasst wird der nichtbaugewerbliche Umsatz der Baubetriebe aus Handelsware und sonstigen Tätigkeiten;

Im baugewerblichen Umsatz sind auch die Umsatzanteile enthalten, welche auf

Nachunternehmer entfallen, so dass es hierdurch zu sogenannten Doppelzäh-lungen kommt.

(4) der Auftragseingang in der ebenfalls unter Abschnitt b) aufgeführten Untergliede-

rung für die Arbeitsstunden.

Im Gegensatz zum baugewerblichen Umsatz enthält der Auftragseingang keine ! Nachunternehmerleistungen. Die bei den Betrieben von Unternehmen im "Bauhauptgewerbe" mit 20 und mehr Be-schäftigten ermittelten Angaben für die Zahl der Beschäftigten, die geleisteten Arbeits-stunden sowie den Inlandsumsatz werden auf die Zahl aller Betriebe im "Bauhauptge-werbe" hochgeschätzt. Diese Hochrechnung erfolgt auf Basis der Angaben für Betriebe mit unter 20 Beschäftigten aus der jeweils letzten Totalerhebung. Da diese Werte je-doch erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung vorliegen, wird für das jeweils laufende Jahr die Totalerhebung des Vorjahres herangezogen. Dies bedeutet, dass die hochgeschätzten Ergebnisse zunächst vorläufigen Charakter haben und nach Vor-liegen der Totalerhebung aus dem aktuellen Jahr nachträglich revidiert werden, um im nachhinein methodische Ungenauigkeiten zu bereinigen. Die Ergebnisse der monatlichen Bauberichterstattung stehen auch auf Landesebene sowie nach Städten und Kreisen untergliedert zur Verfügung. Aus Gründen des Daten-schutzes bzw. der Geheimhaltung sind die Angaben nach Städten und Kreisen jedoch nur in begrenztem Umfang öffentlich zugänglich. Gleichwohl reicht die Datenmenge i. d. R. aus, eine regional stark differenzierte Baukonjunktur-/Baumarktanalyse durchzu-führen.

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 c 2. Totalerhebung im "Bauhauptgewerbe" Neben der monatlichen Bauberichterstattung werden von der amtlichen Statistik einmal jährlich sämtliche Unternehmen bzw. Betriebe des "Bauhauptgewerbes" (also auch die kleinen einschl. der Ein-Mann-Unternehmen) erfasst. Dies geschieht zum 30. Juni eines jeden Jahres im Rahmen der sog. Totalerhebung. Mit ihr werden im Wesentli-chen folgende Tätigkeitsmerkmale erfasst: (1) die Rechtsform des Unternehmens, (2) die Art der "bauhauptgewerblichen" Tätigkeit (Schwerpunkt) entsprechend der

statistischen Gliederung des "Bauhauptgewerbes"; VW-3/1-1b (3) die Zahl der Beschäftigten nach Beschäftigtengruppen bzw. Tätigkeitsmerkmalen

Ende Juni; (4) die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden im Monat Juni entsprechend der bei der

monatlichen Berichterstattung unter Abschnitt b) aufgeführten Untergliederung; (5) der Inlandsumsatz ohne MwSt im Monat Juni entsprechend der bei der monatli-

chen Berichterstattung unter Abschnitt b) dargestellten Gliederung; (6) der Jahresumsatz ohne MwSt vom Vorjahr. Die Ergebnisse der Totalerhebung liegen bis auf Stadt- bzw. Kreisebene vor und er-möglichen so auch eine regional stark differenzierte Analyse der Baumarktstruktur. Die Auswertung der Tätigkeitsmerkmale durch die Statistischen Ämter erfolgt nicht nur nach den erfassten Merkmalen, sondern wird darüber hinaus auch nach Betriebs-größenklassen vorgenommen. Daher lässt sich mit Hilfe der Totalerhebung die Struktur des "Bauhauptgewerbes" ausgesprochen detailliert darstellen. Zusammen mit der mo-natlichen Bauberichterstattung hat die Totalerhebung maßgeblichen Anteil an dem Um-stand, dass das "Bauhauptgewerbe" zu den statistisch am intensivsten durchleuchteten Wirtschaftszweigen gehört. 9811-Mi LB15

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 d 3. Bautätigkeitsstatistik Die Angaben für die Bautätigkeitsstatistik werden bei den entsprechenden Bewilli-gungsbehörden erfasst. Wesentliches Merkmal der Bautätigkeitsstatistik ist, dass sie sich auf die Errichtung neuer Gebäude bzw. auf Baumaßnahmen an bestehenden Ge-bäuden bezieht. Abgesehen von der grundsätzlichen Unterscheidung in Baugenehmi-gungen und Baufertigstellungen handelt es sich dabei ausschließlich um Baumaßnah-men im Hochbau, welche zuerst als Baugenehmigung erfasst und danach - sofern rea-lisiert - mit einer entsprechenden zeitlichen Verzögerung als Baufertigstellung registriert werden. Die Bautätigkeitsstatistik ist eine umfassende und sehr ins Detail gehende Er-hebung. Im wesentlichen wird nach folgenden Merkmalen mit Bezug auf die vorgege-benen Unterpunkte gefragt: (1) Zugehörigkeit des Bauherrn nach Auftraggebergruppen: - öffentliche Auftraggeber - Unternehmen - private Haushalte - Organisationen ohne Erwerbszweck (2) Art der Gebäude:

- Wohngebäude (mit 1, 2, 3, Wohnungen, Wohnheime)

- Nichtwohngebäude (Anstaltsgebäude, Büro- und Verwaltungsgebäude, land-wirtschaftliche Betriebsgebäude, nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude [Fabrik- und Werkstattgebäude, handels- und Lagergebäude, Hotels und Gaststätten], sonstige Nichtwohngebäude)

(3) Art der Bautätigkeit:

- Errichtung eines neuen Gebäudes (in konventioneller Bauart, im Fertigteilbau)

mit Angaben über der Haustyp, die Geschosszahl, den überwiegend verwende- ten Baustoff, die Art der Beheizung, die Heizenergie. - Baumaßnahme an einem bestehenden Gebäude 0612-Mi LB15

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 e (4) Nutz- und Wohnfläche (Nutzfläche, Wohnfläche, Rauminhalt)

(5) Anzahl der Wohnungen (Eigentumswohnungen) (6) Anzahl und Größe von Räumen in Wohnungen (7) Veranschlagte Kosten des Bauwerkes

(8) Überhang von genehmigten aber noch nicht fertiggestellten Bauvorhaben am

Jahresende

(9) Abgang von Gebäuden Die Auswertung der Bautätigkeitsstatistik erfolgt in der regionalen Tiefgliederung bis auf Stadt- bzw. Kreisebene. Die Ergebnisse werden vom Statistischen Bundesamt sowie von den Statistischen Ämtern der Bundesländer veröffentlicht.

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 f 4. Bauvolumenberechnung Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin führt auf Basis der amtli-chen Statistiken Sonderberechnungen für das sog. "Bauvolumen" in der Bundesrepub-lik Deutschland durch. Das Bauvolumen als umfassender Begriff für die Summe aller Begriff Bauleistungen im Baugewerbe mit dem Hoch- und Tiefbau sowie der Bauinstallation Bauvolumen und dem sonstigen Baugewerbe, im Fertigteil- und Montagebau sowie inklusive Bau-planung, Gebühren und Eigenleistungen der Auftraggeber enthält im Gegensatz zu den Bauinvestitionen aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung auch kleinere Repara-turen und Militärbauten. Das DIW berechnet das Bauvolumen nach den Bausparten: VW-3/1-2a - Wohnungsbau - Wirtschaftsbau (Hochbau, Tiefbau) - öffentlicher Bau (Hochbau, Straßenbau, sonstiger Tiefbau) Die Angaben für die o. g. Bausparten werden wiederum unterschieden nach den Pro-duzentengruppen: - Hoch- und Tiefbau mit vorbereitenden Baustellenarbeiten - Bauinstallation und sonstiges Baugewerbe - Verarbeitendes Gewerbe (Installation und Ausbau, Montagebau und Fertigteilbau) - Bauplanung und öffentliche Gebühren - sonstige Bauleistungen Darüber hinaus wird für jede einzelne Untergruppierung des Bauvolumens die ent-sprechende Baupreisentwicklung berechnet, so dass die Werte in der Entwicklung so-wohl nominal als auch real zur Verfügung stehen. Da die Berechnung des Bauvolu-mens nur quartalsweise erfolgt und erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung veröffentlicht wird, eignet sich das Bauvolumen weniger zur aktuellen Baumarktbe-obachtung, sondern dient vorwiegend der Ex-post-Analyse1) baukonjunktureller bzw. baustruktureller Entwicklungen. Hier füllt die Bauvolumenberechnung eine Informati-onslücke, da der amtlichen Statistik keine entsprechenden Angaben in Form der oben aufgezeigten Untergliederung des Bauvolumens zu entnehmen sind. 9912-Mi LB15

1) Ex-post-Analyse: Beschreibung und systematische Erfassung von Ge-

schehnissen, die bereits stattgefunden haben.

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 g 5. ifo-Konjunkturtest Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München führt monatlich seinen sog. "ifo-Konjunkturtest" für das Baugewerbe durch. Im Gegensatz zur DIW-Bauvolumensbe-rechnung handelt es sich hier um ein Instrument für die zeitnahe Beurteilung der bau-konjunkturellen Entwicklung. Der an die auf freiwilliger Basis teilnehmenden Firmen übersandte Erhebungsbogen enthält daher im Gegensatz zur monatlichen Baubericht-erstattung in der amtlichen Statistik auch keine Fragen nach der zahlenmäßigen Ent-wicklung bestimmter Erhebungsmerkmale, sondern erfragt lediglich Angaben rein sub-jektiven Charakters, z. B. zu folgenden Kriterien: - Beurteilung der Geschäftslage - Entwicklung der Bautätigkeit - Behinderung der Bautätigkeit - Beurteilung des Auftragsbestandes - Reichweite des Auftragsbestandes in Monaten - Grad der Geräteauslastung - Entwicklung der Baupreise gegenüber dem Vormonat - Kostendeckungsgrad der Baupreise - Erwartungen zur Bautätigkeit in den kommenden drei Monaten - Erwartungen zur Baupreisentwicklung in den kommenden drei Monaten - Erwartungen zur Beschäftigtenentwicklung untergliedert nach gewerblichen Arbeit-

nehmern und Angestellten in den kommenden drei bis vier Monaten - Erwartungen zur Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten - Geschäftsklima - Krankenstand Der subjektive Charakter dieser Erhebung ergibt sich aus der Art der möglichen Ant-worten, welche sich z. B. bei der Frage nach der Beurteilung der Geschäftslage auf - gut (+), - ausgeglichen / unverändert (=), - schlecht (-) beschränkt. In dem Saldo zwischen den Plus- und den Minusangaben (der Mittelwert ausgeglichen / unverändert bleibt unberücksichtigt) kommt das Umfrageergebnis zum Ausdruck. Aufgrund der nach außen hin immer eher pessimistischen Einschätzung der Unternehmenssituation fallen die Antworten selbst in Zeiten baukonjunktureller Blüte überwiegend negativ aus. Daher sind die Ergebnisse des ifo-Konjunkturtests bezogen auf den monatlichen Einzelwert in ihrer absoluten Höhe isoliert betrachtet wenig aus- sagefähig. Sinnvoll ist daher nur die Beobachtung der Salden aus den Plus- und Minuswerten im Trendverlauf. Da die aktuellen Angaben bereits ca. 5 Wochen nach dem Berichtsmonat vorliegen, lassen sich die baukonjunkturellen Trends bezogen auf die erfassten Merk-male frühzeitig erkennen. Der ifo-Konjunkturtest wird getrennt für Deutschland Ost und West erhoben. Darüber hinaus gibt es eine spezielle Erhebung zum Fertigteilbau. Für die bauindustriellen Ver-bände wird zudem eine Sonderauswertung "Bauindustrie" durchgeführt.

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 h 6. Die Bauwirtschaft in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ist eine Berechnungs- und Darstellungsform zur Erfassung des Wirtschaftsgeschehens in der Bundesrepublik in einer Periode. Der Hauptzweck ist der Nachweis der Produktionsleistung sowie der Einkommensverteilung und -verwendung. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung enthält drei Berechnungsarten zur Bestim-mung des Inlandsprodukts bzw. Volkseinkommens: Entstehungsrechnung, Verteilungs-rechnung und Verwendungsrechnung. VW-1/2-g-j a) Bruttowertschöpfung In der Entstehungsrechnung wird das Inlandsprodukt über den Beitrag der einzelnen Wirtschaftsbereiche ermittelt. Ausgangspunkt ist die Bruttowertschöpfung - definiert als Bruttoproduktionswert abzüglich Vorleistungen. Die Gliederung der Bruttowertschöpfung in die Hauptwirtschaftsbereiche - Land- und Forstwirtschaft mit Fischerei, - Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe, - Baugewerbe (= bauausführendes Gewerbe), - Handel, Gastgewerbe und Verkehr, - Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister, - öffentliche und private Dienstleister ist nicht nur zu grob gerastert, um die Bedeutung der bauausführenden Wirtschaft aufzu-zeigen, sondern auch ungeeignet, da hier Wirtschaftsgruppen mit sehr unterschiedlichem Charakter gegenübergestellt werden. Sinnvoll ist es hingegen, das bauausführende Ge-werbe (Vorbereitende Baustellenarbeiten, Hoch- und Tiefbau sowie Bauinstallation und sonstiges Baugewerbe) mit den übrigen Wirtschaftszweigen des Produzierenden Gewer-bes zu vergleichen.

b) Bauinvestitionen In der Verwendungsrechnung des Inlandsproduktes werden die Bauinvestitionen als gesondertes Merkmal ausgewiesen. Begrifflich umfassen die Bauinvestitionen den Wert aller erstellten Bauvorhaben mit Ausnahme von Militärbauten und kleineren Repa-raturen, die nicht zu einer wesentlichen Steigerung des Anlagewertes führen. Die Bau-investitionen als Teil der Anlageinvestitionen werden wiederum untergliedert in die Auftraggebergruppen - Unternehmen und - Staat.

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EMPIRISCHE ERFASSUNG DES WIRTSCHAFTSPROZESSES VW 5 Ausgewählte Baustatistiken 3 i 7. Erhebungen der Bauverbände (Statistiken, Betriebsvergleiche) In den Verbänden der Bauindustrie (sowohl im Hauptverband als auch in den Landesver-bänden) werden nicht nur Zahlen der amtlichen Statistik und der Wirtschaftsforschungs-institute ausgewertet und benutzerfreundlich aufbereitet, sondern auch eigene Erhebun-gen durchgeführt. So wird vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie eine ver-bandseigene Krankenstatistik geführt, in der Krankenstandsquoten mit und ohne Lohn-fortzahlung erhoben werden. Diese Kennziffern sind angesichts des hohen Personal-kostenanteils in der Bauwirtschaft von besonderem Interesse für die Unternehmen. Darüber hinaus nimmt in Nordrhein-Westfalen das BWI-Bau zahlreiche eigene Erhebun-gen bei bauindustriellen Unternehmen vor. Unter anderem wird für die Wirtschaftsver-einigung Bauindustrie NRW eine Verbandsstatistik durchgeführt, welche von den Mit-gliedsfirmen zentrale Unternehmensdaten erfragt, woraus wiederum betriebswirtschaftli-che Kennzahlen (z. B. die Arbeitsproduktivität) ermittelt werden. Zudem wird zu Beginn jeden Jahres eine Unternehmenskurzbeurteilung durchgeführt, bei der nicht nur Daten für die nordrhein-westfälische Bauindustrie insgesamt erhoben, son-dern den Teilnehmern auch firmenindividuelle Einzelanalysen im Vergleich zum Betriebs-größen- und Spartendurchschnitt geliefert werden. Damit wird den Teilnehmerfirmen die Möglichkeit eines raschen und detaillierten Betriebsvergleichs mit Unternehmen der glei-chen Größe und Sparte geboten. Hinzu kommen fallweise Erhebungen im Rahmen der politischen Argumentationshilfe wie z. B. Umfragen zur Inanspruchnahme von ausländischen Nachunternehmerleistungen oder zur Zahlungsmoral öffentlicher und privater Auftraggeber. Die Notwendigkeit solcher und weiterer Verbandserhebungen ergibt sich aus dem Fehlen entsprechender Daten in der amtlichen Statistik. Gerade betriebswirtschaftlich interessante Kennzahlen können aus der amtlichen Statistik nicht abgeleitet werden. Außerdem steht dieses Material in vielen Fällen erst mit größerem zeitlichen Abstand zur Verfügung, wäh-rend verbandsinterne Erhebungen um eine zeitnahe Veröffentlichung bemüht sind. Denn deren Teilnehmer, die zugleich zu den Empfängern der Auswertung zählen, sind an einer schnellen Übermittlung der Ergebnisse interessiert, um sie als Entscheidungsgrundlage oder Kontrollhilfe einsetzen zu können. Der Nachteil von Verbandserhebungen ist darin zu sehen, dass sie nicht die gesamte Branche, sondern nur deren Mitglieder (als Stich-probe) erfasst, für die zudem keine Verpflichtung zur Teilnahme besteht. 0612-P/Mi LB15

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KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG Fi/Re 3 Die Deckungsbeitragsrechnung 4 a 1. Möglichkeiten und Grenzen zur Anwendung der Deckungsbeitragsrechnung im Baubetrieb

a) Die Deckungsbeitragsrechnung als eine Form der Teilkostenrechnung Den Begriff der Teilkostenrechnung leiten wir aus dem Schema der Angebotskalkulati-on über die Endsumme ab. Fi/Re-3/1-1e Dieses Verfahren ist eine Vollkostenkalkulation, da versucht wird, alle Kosten, die durch die Erstellung des zu kalkulierenden Bauobjektes verursacht werden, auch diesem Ob-jekt zuzurechnen. Nun werden die allgemeinen Geschäftskosten zwar durch "alle Bau-objekte" verursacht, aber man kann auch wie folgt argumentieren: - Die allgemeinen Geschäftskosten und die Kosten der Betriebsbereitschaft (z. B. Ge-

räte- und Maschinenkosten, Stammarbeiter-Lohnkosten) fallen auch dann an, wenn ein einzelner Auftrag nicht hereingenommen wird.

- Die Zurechnung der Kosten mit Hilfe von Zuschlagsätzen entspricht nicht dem Kos-

tenverursachungsprinzip. Beide Überlegungen haben dazu geführt, dass man nunmehr diejenigen Kosten dem Bauobjekt zurechnet, die wirklich zusätzlich - bedingt durch das zu kalkulierende Bau-objekt - anfallen. Diese Kosten werden auch "auftragsabhängige Kosten" oder "variable Kosten" genannt. Das heißt, man rechnet nicht mehr mit den vollen Kosten, sondern nur noch mit Teilkosten ("Teilkostenrechnung"). Im Rahmen dieser Teilkostenrechnung wurde eine Reihe von Verfahren entwickelt, von denen hier nur der Vollständigkeit halber einige genannt werden: - System des Direct Costing, - Grenzplankostenrechnung, - stufenweise Grenzkostenrechnung, - Deckungsbeitragsrechnung. Letzteres Verfahren geht vom folgenden Grundschema aus: Angebotspreis für das Bauobjekt ./. auftragsabhängige Kosten = Deckungsbeitrag des Auftrages =============================== Der Deckungsbeitrag sagt also aus, wieviel der einzelne Auftrag zur Abdeckung der nicht "auftragsabhängigen" Kosten und zur Erreichung eines "Gewinnes" beiträgt". 8908-Lei LB15

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KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG Fi/Re 3 Die Deckungsbeitragsrechnung 4 b Auftragsabhängige (variable) Kosten sind z. B.: - Stoffkosten (einschl. dazugehöriger Transportkosten), - Fremdleistungskosten (z. B. Kosten für Nachunternehmer), - Kosten zusätzlicher Auslösungen und zusätzlicher Fahrgelder, - Kosten eines exakt feststellbaren und ausschließlichen Gebrauchsverschleißes ei-

nes Aggregates, der bei Auftragsablehnung nicht entstanden wäre, - Kosten einer "temporären Kapazitätsausweitung" für die Dauer der Abwicklung ei-

nes Auftrages,

(1) Anschaffungs- und Betriebskosten hinzugekaufter Geräte abzüglich der Erlöse für den Verkauf nach Auftragsbeendigung,

(2) Personalkosten zusätzlicher - nur für einen einzigen Auftrag eingestellter - Ar-

beitskräfte,

(3) Überstundenzuschläge für alle an der Baustelle beschäftigten Arbeitskräfte,

(4) erhöhte Kosten der Nachunternehmer. Auftragsunabhängige (fixe) Kosten sind z. B.: - Personalkosten und Personalnebenkosten der Stammbelegschaft, die auch bei

rückläufiger Beschäftigung unvermindert weitergezahlt werden, - Abschreibungskosten auf Geräte und Gebäude (soweit rein zeitabhängig), - Mietkosten, - Grundgebühren für Strom, Gas und Wasser, - nutzungszeitabhängige Reparaturkosten (variable Gemeinkosten), - allgemeine Wagniszuschläge als "wertabhängige Kosten". 0612-Lei LB15

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KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG Fi/Re 3 Die Deckungsbeitragsrechnung 4 c b) Preispolitische Überlegungen aufgrund der Deckungsbeitragsrechnung In der Bauindustrie muss jeder Auftrag gesondert kalkuliert werden, da es sich ent-sprechend den Ausschreibungsunterlagen immer um mehr oder minder völlig neue Produkte handelt, für welche kein (feststehender) Marktpreis existiert. Für den anbietenden Unternehmer, der im Wettbewerb mit vielen anderen Unterneh-mern steht, ergibt sich damit die Frage:

Mit welchem Angebot werde ich erfolgreich sein? Oder anders ausgedrückt:

Wie weit muss ich mit meinem Angebotspreis "heruntergehen", damit ich den Auftrag bekomme?

Es geht also, theoretisch gesprochen, um die Ermittlung der Preisuntergrenze. Preisuntergrenze Und hier gibt es die verschiedensten Argumente: Zum einen: Man kann mit dem Angebotspreis für einen Auftrag soweit "heruntergehen", dass bei der Hereinnahme des Auftrages für das Unternehmen keine "zusätzlichen" Kosten ent-stehen, d. h. es werden im äußersten Falle nur die "auftragsabhängigen" Kosten kalku-liert. Man spricht in diesem Falle von der kostenorientierten Preisuntergrenze. Die sog. fixen Kosten (= auftragsunabhängige Kosten) zusätzlich eines evtl. geplanten Perio-dengewinnes sind durch die "Deckungsbeiträge" aller Bauaufträge in der Periode ab-zudecken. Zum anderen: Manche Autoren gehen noch weiter: Sie sagen, dass ein Auftrag u. U. auch noch dann hereingenommen werden könne, wenn er finanzwirtschaftlich den Unternehmen keinen Schaden zufüge. Dies führt zu der weiteren Unterteilung in sog. auszahlungswirksame und nicht auszahlungswirksame Kosten.

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KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG Fi/Re 3 Die Deckungsbeitragsrechnung 4 d Ein Beispiel einer solchen Unterteilung soll hier die Problematik der Zuordnung zeigen.

Kostenartengruppen

Vollkosten davon sofort zahlungs-wirksam

davon erst später zah-lungswirk-sam

davon nicht zahlungs-wirksam

01. Baustellenlohn incl. Sozi-alkosten

02. Bau- und Bauhilfsstoffe 03. Gerätekosten (A+V+R) 04. Betriebsstoffkosten 05. Schal- u. Gerüst-material 06. Kosten innerbetr. Trans-

porte 07. Kleingerät und Werkzeug 08. Unterkünfte u. sonstige

Baustellenausstattung 09. Lohnnebenkosten 10. Sonstige Bereitschafts-

kosten der Baustelle 11. Allgemeine Geschäfts-

kosten 12. Wagnisse

19.326

9.305

3.170 511

5.573

2.505

460

255 1.840

3.068

5.113 1.300

19.326

9.305

726 511

1.114

1.789

230

56 1.840

3.068

2.914 650

--

--

762 --

--

302

--

61 --

--

1.585 650

--

--

1.682 --

4.459

414

230

138 --

--

613 --

Summe 51.790 41.211 3.042 7.536 Die Preisuntergrenze für diesen Fall wäre also der Preis, bei dem alle ausgabewirksa-men und auftragsabhängigen Ausgaben, die durch den hereinzunehmenden Auftrag verursacht werden, gedeckt sind. Man spricht in diesem Fall von der liquiditätsorientier-ten Preisuntergrenze. Auch hier müssten die "Deckungsbeiträge" aller anderen Bauauf-träge die "restlichen" Kosten des Unternehmens abdecken. c) Grenzen und Gefahren der Anwendung der Deckungsbeitragsrechnung in der Bau-

industrie Während eines Jahres müssen - um Verluste zu vermeiden - Bauaufträge zu Preisen hereingeholt werden, die alle Kosten des Unternehmers decken und noch einen even-tuellen Gewinn ermöglichen. Die Kalkulation muss sich daher grundsätzlich am Prinzip der Vollkostendeckung orientieren. Eine an der kosten- und liquiditätsorientierten Preisuntergrenze ausgerichtete Preispoli-tik kann in der Bauindustrie bei befriedigender Baukonjunktur nur für solche Objekte be-trieben werden, die lediglich zur Ausfüllung einer geringeren Beschäftigungslücke die-nen und auch nur dann, wenn die allgemeinen Geschäftskosten durch die anderen Bauaufträge bereits abgedeckt sind. 0612-Lei LB15

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KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG Fi/Re 3 Die Deckungsbeitragsrechnung 4 e Wenn man - und dies geschieht in der Praxis - Preispolitik betreibt, indem man mit vari-ablen Zuschlagsätzen für die allgemeinen Geschäftskosten kalkuliert und auch auf Wagnis und Gewinn verzichtet, dann denkt man zwar in Kategorien der Deckungsbei-tragsrechnung. Dieses Einbeziehen von Denkweisen der Deckungsbeitragsrechnung ändert aber nichts daran, dass für jeden Auftrag zunächst die vollen Kosten mit Hilfe der Zuschlagskalkulation ermittelt werden müssen. Erst dann kann der Unternehmer preispolitische Entscheidungen vornehmen. Er muss dabei aber wissen, was ihn ein Preisangebot unter Vollkostendeckung letztlich "kostet". Die Deckungsbeitragsrechnung ist geeignet bei der Ermittlung der Preisuntergrenze für Aufträge, die kurzfristig und begrenzte Überkapazitäten auslasten könnten. Sie beruht auf der Trennung der Gesamtkosten in auftragsabhängige ("variable") und auftragsunabhängige ("fixe") Kosten. Die Deckung der Vollkosten muss langfristig immer erreicht werden. 9211-Lei/Sc LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauauftragsfinanzierung 2 1a Eingangs erinnern wir uns daran, dass die Bauunternehmen ihre Absatzleistungen in al-ler Regel vorfinanzieren müssen. Das bedeutet nichts anderes als eine Kreditgewäh-rung an die Auftraggeber, die meistens nicht zusätzlich abgesichert ist. In anderen Wirt-schaftszweigen, in denen häufig Kundenkredite gewährt werden, haben sich in den ver-gangenen Jahren Praktiker-Arbeitskreise mit Aufgaben und Gestaltungsmöglichkeiten des sog. Kreditmanagements befasst. Damit sind alle Maßnahmen gemeint, mit denen die Risiken aus den im Forderungsbestand gebundenen Mitteln und gleichzeitig die Kredit- Kosten, die sich aus dem Bestand dieser Bilanzposition und ihrer Verwaltung ergeben, management minimiert werden sollen. In diesem Sinne sind die folgenden Ausführungen angelegt. In der finanziellen Abwicklung der einzelnen Bauaufträge liegt der eigentliche Schlüssel zur optimalen Unternehmensfinanzierung. Kennzahlen- Folgende Kennzahlenzusammenhänge verdeutlichen dies: zusammenhänge

Gewinn --------- Kapital

Gewinn ---------- Leistung

x

Leistung ---------- Kapital

Kapitalrendite

=

Leistungsrendite x Kapitalumschlag

Unternehmensleitung und Bauleitung müssen dafür sorgen, die Unternehmensrendite nicht nur von der Erfolgsseite, sondern auch von der Finanzseite her zu stärken, indem sie ständig darum bemüht sind, den Kapitalbedarf zu verringern und die Umschlags- häufigkeit des investierten Kapitals zu erhöhen. Hieraus lassen sich einige Leitlinien ableiten, von denen nur vier angeführt werden Leitlinien sollen: - Durch eine effiziente Planung der Bauabläufe muss sichergestellt werden, dass die

vorhandenen Kapazitäten optimal ausgelastet werden. Die dadurch bessere Produk-tivität bringt eine geringere Kapitalbindung mit sich.

Beispiel: Ein Tiefbauunternehmen besitzt fünf Radlader gleichen Typs. Wenn es

gelingt, die Auslastung der einzelnen Lader durch straffe Planung und Koordination zu steigern, um die Stillstandszeiten auf den einzelnen Bau-stellen zu minimieren, reichen eventuell auch vier Lader. Der fünfte braucht dann nicht mehr finanziert zu werden.

9211-Re LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauauftragsfinanzierung 2 1b - Die Zeitdauer für Aufmaß, Leistungsermittlung und Rechnungsstellung muss mini-

miert werden. Abrechenbare Leistungen sind also schnellstmöglich abzurechnen. Dadurch wird die Dauer der Vorfinanzierung der Bauleistung verringert.

Beispiel: Wenn es durch straffe Organisation gelingt, eine Abschlagsrechnung 10

Werktage früher zu stellen, geht der Betrag auch 10 Tage früher ein. Die nächste Lohnzahlung kann dann vielleicht mit diesem Geld erfolgen und braucht nicht anderweitig finanziert zu werden.

- Jeder Bauauftrag muss hinsichtlich seiner finanziellen Abwicklung überwacht wer-

den. Fällige Vergütungsansprüche können so durch geeignete Maßnahmen geltend gemacht werden.

Beispiel: Wenn ein Auftraggeber merkt, dass das Bauunternehmen seine Zah-

lungsansprüche nicht nachhaltig verfolgt, kann das negative Wirkungen auf seine Zahlungsmoral haben.

- Gerade in Zeiten starker finanzieller Beanspruchung muss schon bei der Angebots-

bearbeitung darauf geachtet werden, dass der potentielle Auftrag nicht noch zusätz-liche Liquiditätsrisiken mit sich bringt.

Beispiel: Die Bonität des potentiellen Auftraggebers sollte vor Angebotsabgabe

gründlich geprüft werden. Ebenso ist auf etwaige ungünstige Zahlungs-bestimmungen in den Ausschreibungsunterlagen zu achten.

Auch hier liegt ein Feld, auf dem sich die Zusammenarbeit von Kaufleuten und Ingenieuren bewähren muss. 1. Das bauvertragliche Zahlungssystem Die Einzahlungsverläufe gründen sich auf Bauleistungen. Wie die Bauleistung zu vergü-ten ist, bestimmt der Bauvertrag. Die Vergütung muss festgelegt werden in ihrer R-2/3-1c Höhe und der Art, wie sie auszuzahlen ist (Zahlungsweise). Je enger die Gewinnmargen in den Baupreisen sind, desto wichtiger ist für den Bau- Geltendmachung unternehmer, dass er sämtliche Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen geltend der Vergütungs- macht. Deswegen ist es unumgänglich, ansprüche - dass alle Lieferungen und Leistungen exakt erfasst werden, - dass auftraggeberseitig bedingte Änderungen und Störungen in der Auftragsabwick-

lung dokumentiert werden,

9003-Re LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauauftragsfinanzierung 2 1c - dass die (VOB-) vertraglich festgelegten Anzeigen mehrkostenverursachender (= vergütungspflichtiger) Tatbestände gegenüber dem Auftraggeber frist- und form-

gerecht erfolgen, - dass eine plausible Beweisführung für Nachforderungen (z. B. wegen Änderungen

im Leistungsumfang) und für Nachtragsforderungen (bei Änderungen der Preiser-mittlungsgrundlage) aufgestellt wird,

- dass ein vernünftiger und fairer Weg zur Geltendmachung der Vergütungsansprüche gegenüber dem Auftraggeber gewählt wird.

Grundsätzlich hat der Auftraggeber die in Rechnung gestellten Beträge (einschl. der da-rauf berechneten MWSt.) voll zu zahlen. Die in der Praxis häufig anzutreffende Ver-tragsklausel, wonach Abschlagsrechnungen nicht zu 100 % bezahlt werden, entspre-chen nicht der VOB. Der Auftraggeber darf bei Vorliegen eines Mangels an der Bauleistung die Vergütung Rechnungs- des Auftragnehmers um einen Betrag kürzen, der zur Beseitigung des Mangels aufge- abstriche wendet werden muss. Im übrigen darf der Auftraggeber nur Einbehalte von in Rechnung gestellten Vergü- Einbehalte tungsbeträgen vornehmen, wenn er fällige Gegenforderungen geltend machen will, wenn sie vertraglich ausdrücklich vereinbart sind oder wenn sie auf gesetzlichen Be-stimmungen beruhen (§ 16 Abs. 1 Nr.2 VOB/B). Die juristischen Grundlagen der Zahlungsweisen für die Vergütungsansprüche der Zahlungsweisen Bauunternehmen sind in dem Kapitel "Bauvertragsrecht" behandelt. R-2/3 Der Eintritt der Fälligkeit ist Voraussetzung dafür, dass der Auftragnehmer Zahlung der Vergütung verlangen und ggf. im Klageverfahren durchsetzen kann. Wann eine Zahlung fällig ist, hängt davon ab, ob der Bauvertrag auf BGB oder VOB Basis abgeschlossen wurde und beim VOB-Vertrag wiederum von der Art der Zahlung. Fälligkeit von Bauforderungen:

Nach BGB 1. Zeitpunkt: Abnahme bzw. Teilabnahme (§ 641 BGB) 2. Verzinsung ab Abnahme (bei Verzug) § 288 BGB regelt die Verzugszinsen. Der

Zinssatz beträgt für das Jahr 5 Prozentpunk-te über dem Basiszinssatz; bei Rechtsge-schäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, 8 Prozentpunkte.

1108-St LB15

Nach VOB 1. Abschlagszahlungen: binnen 21 Tagen nach Zugang einer prüfbaren

Aufstellung (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B)

2. Schlusszahlungen: alsbald nach Prüfung und Fest-

stellung der prüfbaren Schluss-rechnung, spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Zugang

3. Teilschlusszahlungen: nach Aufstellung, Einreichung,

Prüfung und Feststellung einer Teilschlussrechnung gemäß An-forderungen nach § 14 VOB/B

Voraussetzungen: - Selbständige Teile einer Lei- stung - Teilabnahme im Sinne § 12 Abs. 2 VOB/B 4. Verzinsung: nach § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B kann der Gläubiger Verzugszin-

sen in Höhe der in § 288 BGB angegebenen Zinssätze geltend machen, wenn er nicht einen hö-heren Verzugsschaden nach-weist.

R-2/3-1d R-2/3-2l

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauauftragsfinanzierung 2 1d Die nachfolgende Schemadarstellung verdeutlicht die Vorfinanzierungszeitspanne Vorfinanzierungs- für Bauleistungen: zeitspanne Zeitabschnitt

1. = Erstellung einer abrechnenbaren Leistung2a = Leistungsermittlung

2b = Rechnungserstellung

3 = Postversanddauer4 = Prüfliste (nach VOB)5 = Zahlungsverzögerung

6 = Überweisungsdauer

Zeitachse 1 2a 5 62b 43

Auszahlungenfür Löhne,Materialien etc.

Rechnungsaus-ausgang beimAuftragnehmer

Rechnungseingangbeim Auftrgageber

Fälligkeit derZahlung

Zahlungsausgangbeim Auftraggeber

Zahlungseingangbeim Auftragnehmer

Vorfinanzierungszeitspanne(ohne Berücksichtigung eines Einbehalts)

Die Zeitabschnitte 2a, 2b, 5 sind zu minimieren!

Die dem Werkvertragsrecht innewohnende Vorfinanzierungspflicht des Bauunternehmers macht es erforderlich, dass durch innerbetriebliche Organisation sichergestellt wird, dass auf abrechenbare Bauleistungen ein möglichst rascher Zahlungseingang erfolgt. Fi/Re-4/2-3a 9211-Re/Sc LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauunternehmensfinanzierung 3 2a 3. Finanz-Bedarf Die Beurteilung der Finanz-Situation ist eine überwiegend beobachtende und analyti-sche Tätigkeit. Mit der Ermittlung des Finanz-Bedarfs beginnt dagegen das gestaltende Finanzmanagement. Dabei lassen sich entsprechend dem aktuellen bis langfristigen Bedarf drei Planungsebenen unterscheiden: Planungsebenen - Liquiditäts-Status, - Finanz-Plan, - Kapitalbedarfs-Plan. In der baubetrieblichen Praxis ist immer wieder der Vorbehalt zu hören, dass eine über mehrere Monate hinausreichende Finanz-Planung nicht sinnvoll sei, da man wegen der Besonderheiten der auftragsbezogenen Einzelfertigung keine allzu fernen Vorhersagen treffen könne. Dieser Einwand beruht auf dem traditionellen Missverständnis, dass die Qualität einer Planung an der Übereinstimmung zwischen Plan und Ist zu messen sei. Das aktuelle Selbstverständnis der Planung geht dagegen von der Erkenntnis aus, dass Planung - begründet auf Annahmen und Zielvorstellungen - eine gedankliche Vorwegnahme von Entscheidungsalternativen ist. a) Liquiditäts-Status Der Liquiditäts-Status dient in erster Linie der Ermittlung der aktuellen Liquidität. Er um-fasst somit die Liquiditätsbestände sowie die Einzahlungen und Auszahlungen des Ta-ges. Er hat keinen Anspruch auf vollständige Erfassung der Zahlungsvorgänge, sondern bezieht nur die wesentlichen Tages-Einzahlungen und -Auszahlungen ein. In vereinfachter Form lässt er sich wie folgt darstellen: Ist-Bestand an liquiden Mitteln zum Tagesbeginn + erwartete Tages-Einzahlungen - erwartete Tages-Auszahlungen ------------------------------------------------------------------------------- Über-/Unterdeckung ------------------------------------------------------------------------------- Der Liquiditäts-Status ist die Grundlage der täglichen Gelddisposition und damit ein wichtiger Bestandteil des Cash Managements. Bei einer Überdeckung sind entspre-chende Tages- oder Festgeldanlagen zu verfügen, bei einer Unterdeckung dagegen die fehlenden Geldmittel durch Inanspruchnahme der Kontokorrent- oder Tagesgeldkredit-linien zu beschaffen. 9002-Po LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauunternehmensfinanzierung 3 2b Die Zuverlässigkeit und Schnelligkeit hinsichtlich der Ermittlung der Bestands- und Be-wegungsdaten hängt von der Organisationsstruktur und Größenordnung eines Bauun-ternehmens ab, z. B. hinsichtlich der Fragen: - Inwieweit ist eine EDV-mäßige Unterstützung des Cash Managements gegeben? - Wird bei größeren überregional ausgerichteten Bauunternehmen die Liquidität zentral oder dezentral disponiert? Mit entsprechender EDV-Unterstützung lassen sich heute die aktuellen Kontenstände zentral abrufen. Sofern die Konten - bei überregional tätigen Bauunternehmen - nur bei einem Bankinstitut geführt werden, gibt es die Möglichkeit, die Bestände auf einem Zentralkonto valutengerecht zu "poolen", so dass letztlich nur ein Konto zu überwachen ist. Wird die Möglichkeit genutzt, Lieferanten- und Nachunternehmerrechnungen per Datenträgeraustausch zu bezahlen, lassen sich die jeweils fälligen Zahlungsbeträge vorab ermitteln. b) Finanz-Plan Der Finanz-Plan reicht über den aktuellen Tagesbedarf hinaus, ist also eine kurz- bis mittelfristige Bedarfsplanung. Die Planungsintervalle umfassen somit mehrere Tage bis zu einem Jahr. Die Einzahlungs- und Auszahlungspositionen sind sehr viel umfangreicher als die des Liquiditäts-Status, da hier alle Zahlungsvorgänge des Unternehmens erfasst werden müssen. Sinnvollerweise sollten sie jedoch zu artverwandten Gruppen zusammenge-fasst werden, um die Übersichtlichkeit zu wahren. Je nach Organisationsstruktur und Unternehmensgröße wird es verschiedene Planungs- und Verdichtungsebenen geben, z. B.: - Baustelle, - Zweig-Niederlassung, - Niederlassungsbereich, - Inlandsbereich, - Auslandsbereich (Untergliederung nach Länder), - Hauptverwaltung, - Gesamtunternehmen. 9002-Po LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauunternehmensfinanzierung 3 2c Im folgenden Zahlenbeispiel einer monatlich zu aktualisierenden Jahres-Finanz-planung wurde die Planungsebene eines Niederlassungsbereichs gewählt:

Positionen 2011 2012 Summe Plan-

06 07 08 09 10 11 12 01 02 03 04 05 periode 1. Eigenbaustellen 2. Lieferanten und Nachunternehmer 3. Investitionsaus-

gaben

4. Barverrechnungen mit ARGEN

5. Barverrechnungen mit Beteiligungs-gesellschaften

6. Lohnbezogene Ausgaben

7. Gehaltsbezogene Ausgaben

8. Sonstige Ein-

nahmen 9. Sonstige Aus-

gaben

6000 - 3000 - 100 2000 200 - 1400 - 850 190 - 110

4500 - 2200 - 120 200 - 200 - 1400 - 850 210 - 90

4500 - 2200 - 100 1200 100 - 1400 - 750 190 - 80

4500 - 2200 - 100 1000 100 - 1400 - 850 160 - 70

3500 - 2000 - 100 1000 - 100 - 1400 - 850 180 - 60

4500 - 2200 100 1400 - 200 - 2500 - 1000 160 - 70

6000 - 3000 - 100 3500 300 - 1700 - 800 170 - 80

3000 - 2000 - 90 - 2500 100 - 1400 - 800 210 - 90

4000 - 2200 - 110 - 500 200 - 1300 - 750 220 - 100

4500 - 2200 - 120 - 600 100 - 1200 - 850 190 - 110

4500 - 2200 - 80 2000 - 200 - 1200 - 850 210 - 90

4000 - 2000 - 70 1500 100 - 1300 - 850 210 - 100

53.500 -27.500 - 1190 10.200 500 -17.500 -10.050 2300 - 1050

Über-/Unterdeckung 2930 50 1460 1140 170 - 10 4290 - 3570 - 540 - 290 2090 1290

9010

Beispiele: - Position 4 - Barverrechnungen mit ARGEN (Monate 12/2011 und 01/2012) Der überdurchschnittlich hohe Zahlungsüberschuss von 3.500 TEUR im Dezem- ber 2006 resultiert aus der erwarteten jahresschlussbedingten Liquiditätsaus- schüttung an die ARGE-Partner. Im Gegensatz dazu sind zum Jahresanfang 2007

leistungsbedingte Liquiditätseinschüsse notwendig. - Positionen 6 + 7 - lohn- und gehaltsbezogene Auszahlungen (Monat 11/2011) Die Auszahlungssteigerung wird durch die Überweisung der Weihnachtsgelder für die Arbeiter und Angestellten verursacht. Werden die Ist-Daten der Zahlungsvorgänge den entsprechenden Plan-Positionen zu-geordnet, so ergibt sich der Finanz-Bericht als Soll/Ist-Vergleich:

0702-Po/Mie LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauunternehmensfinanzierung 3 2d Finanz-Bericht (Juni 2011) - TEUR - Niederlassungsbereich München

IST PLAN Ab-

Position Einnahmen Ausgaben Saldo Einnahmen Ausgaben Saldo weichungen

1. Eigenbaustellen2. Lieferanten und

Nachunternehmer3. Investit itonsaus-

gben4. Barverrechnungen

mit ARGEN5. Barverrechnungen

mit Bietergemein-schaften

6. Lohnbezogene Aus-gaben

7. Gehaltsbezogene Ausgaben

8. Sonstige Ein-nahmen

9. Sonstige Ausgaben

5979

6950

164

143

1

6767

224

851

1517

739

97

5978

-6767

- 224

6099

164

-1517

- 739

143- 97

6010

3000

200

190

10

3000

100

1000

1400

850

110

6000

-3000

- 100

2000

200

-1400

- 850

190- 110

- 22

-3767

- 124

4099

- 36

- 117

111

- 4713

Summe 13236 10196 3040 9400 6470 2930 110

Teil-Finanz-Bericht , Pos. 4 Barverkehr mit ARGEN, (Juni 2011) - TEUR - Niederlassungsbereich München

Kostenstelle IST PLAN Ab-

Nr Bezeich-nung

Einnahmen Ausgaben Saldo Einnahmen Ausgaben Saldo weichungen

3.892

3.791

3.922

3.901

Technik-Center

Isar-Brücke

U-Bahn-City

KlärwerkWelle

3900

740

1500

810

60

90

60

641

3840

650

1440

169

1500

500

300

700

450

70

40

440

1050

450

260

260

2790

220

1180

- 91

Summe 6950 851 6099 3000 1000 2000 4099

Grundsätzlich sind die Abweichungen zwischen Ist und Plan auf zwei verschiedene Ursachen zurückzuführen: (1) Planungsfehler:

- Informationsdefizite, - fehlerhafte Projektionen von Vergangenheitswerten in die Zukunft.

0802-Po/Mie LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauunternehmensfinanzierung 3 2e (2) Unwägbarkeiten:

- wirtschaftliche Unwägbarkeiten (z. B. Konjunkturverlauf), - außerwirtschaftliche Unwägbarkeiten (z. B. Wetter).

c) Kapitalbedarfs-Plan Während der Finanz-Plan den kurz- bis mittelfristigen Liquiditätsbedarf erfasst, dient der Kapitalbedarfs-Plan zur Sicherung der längerfristigen Zahlungsbereitschaft. Im Ge-gensatz zur Einzahlungs- / Auszahlungsprognose des Finanz-Planes basiert der Kapi-talbedarfs-Plan auf den Strukturzahlen der Bilanz. Grundlage ist die Planbilanz, die die Veränderungen gegenüber dem gegenwärtigen Stand aufzeigt. Die Ursachen der Ver-änderungen können leistungsbedingt (z. B. Erhöhung der Bauleistung) und leistungs-unabhängig sein (z. B. Investitionen für langlebige Wirtschaftsgüter, Vorfinanzierungen zugunsten von Auftraggebern). Zur Kenntlichmachung der finanzwirtschaftlichen Kapitalbindungs- und -überlassungs-fristen bedarf es einer Zuordnung der einzelnen Bilanzpositionen entsprechend der Fristenstruktur. So ist der Anteil der kurzlebigen Geräte und Betriebsausstattungen, die nur für einen einzigen Auftrag genutzt werden können, dem kurzfristig gebundenen Vermögen zugeordnet, während andererseits der Anteil der längerfristigen Forderun-gen (Laufzeit = ein Jahr) in die langfristig gebundenen Vermögenswerte eingruppiert ist. Von den sonstigen Rückstellungen wird ein Anteil von 17 Mio. € als langfristig angese-hen (z. B. Gewährleistungsrückstellungen) und von den Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten ein Anteil von 8 Mio. € (langfristiger Bankkredit). Darüber hinaus ist die bauspezifische Abrechnungsdifferenz bilanzverlängernd be-rücksichtigt als forderungsähnliche Position bei den kurzfristigen Vermögensgegen- Fi/Re-4/3-1i ständen und als unversteuertes Eigenkapital bei dem langfristig verfügbaren Kapital. Ausgehend vom vorgehenden Bilanz-Beispiel ergibt sich dann folgende Gliederung: 0802-Po LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauunternehmensfinanzierung 3 2f Kapitalbedarfs-Plan für eine AG

Berichtsjahr Planjahr Veränderung

Mio EUR Mio EUR Mio EUR

Langfristig gebundenes Vermögen 1. Grundvermögen 2. Anteil Geräte, Betriebsausstattungen 3. Finanzanlagen 4. Anteil Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Kurzfristig gebundenes Vermögen 1. Nicht abgerechnete Bauten zu Herstellkosten Bewertungsdifferenz Nicht abgerechnete Bauten zu Leistungspreisen abzgl. erhaltene Abschlagszahlungen 2. Anteil Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 3. Forderungen an ARGEN 4. Liquide Mittel und Wertpapiere 5. Anteil Geräte, Betriebsausstattungen 6. Sonstige Aktiva ------------------------------------------------------------------------------- Summe gebundenes Vermögen __________________________________________________ Langfristig verfügbares Kapital 1. Gezeichnetes Kapital 2. Rücklagen 3. Bilanzgewinn 4. Bewertungsdifferenz 5. Pensionsrückstellungen 6. Anteil Sonstige Rückstellungen 7. Anteil Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten Kurzfristig verfügbares Kapital 1. Anteil Verbindlichkeiten gegenüber Kredit 2. Erhaltene Anzahlungen 3. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 4. Verbindlichkeiten gegenüber ARGEN 5. Steuerrückstellungen 6. Anteil Sonstige Rückstellungen 7. Sonstige Passiva ------------------------------------------------------------------------------- Summe verfügbares Kapital

13 45 7 5 405 40 445 - 362 83 80 57 50 15 68 ------------ _______ 30 9 3 40 13 17 8 2 37 77 53 9 51 74 ------------

70

353 ----------

423 ______

120

303 ..........

423

21 58 7 6 430 42 472 - 332 140 84 60 10 16 70 --------- ______ 33 13 3 44 14 18 15 20 37 79 57 10 53 76 ---------

92

380 ------------

472 _______

_

140

332 -----------

472

+ 8 + 13 --- + 1 + 57 + 4 + 3 - 40 + 1 + 2 ----------- _______ + 3 + 4 --- + 4 1 + 1 + 7 + 18 ------ + 2 + 4 + 1 + 2 + 2 ----------

+ 22

+ 27 ----------

+ 49 ______

+ 20

+ 29 ----------

+ 49

0802-Po LB15

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BAUBETRIEBLICHE FINANZWIRTSCHAFT Fi/Re 4 Bauunternehmensfinanzierung 3 2g Die Veränderung des gebundenen Vermögens zeigt den zusätzlichen Kapitalbedarf an, während die Veränderung des verfügbaren Kapitals die Quellen aufzeigt, aus denen der Bedarf gedeckt wird. Das Zahlenbeispiel zeigt neben annähernd linearen (überwiegend leistungsbedingten) Veränderungen einige sprunghafte Veränderungen, die nicht unmittelbar durch die Leistungserhöhung bedingt sind. So ist eine Erhöhung des langfristig gebundenen Sachanlagevermögens um 21 Mio. € geplant (z. B. Gebäude und Großgeräteinvestitio-nen), während der Forderungssaldo aus den nicht abgerechneten Bauten gemäß Plan-bilanz voraussichtlich um 57 Mio. € ansteigen wird (z. B. durch beabsichtigte Vorfinan-zierungen aus eigener Liquidität zugunsten von Auftraggebern). Ein Teil des Finanz-Bedarfs wird durch Verwendung der vorhandenen liquiden Mittel und Wertpapiere ab-gedeckt, während die Finanzdeckung des Restbetrags aus den Veränderungen des verfügbaren Kapitals zu ersehen ist. 0802-Po LB15

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FINANZ- UND RECHNUNGSWESEN BEI ARGEN Fi/Re 6 Steuerfragen bei Arbeitsgemeinschaften 2 a Im ARGE-Mustervertrag wird die Bearbeitung der Steuerangelegenheiten der ARGE dem kaufmännisch geschäftsführenden Gesellschafter übertragen. Dazu gehört auch die Vertretung der ARGE bei Außenprüfungen, die Beachtung der Aufzeichnungspflich-ten und Aufbewahrungspflichten sowie die Abgabe von Steuererklärungen. Die Gesellschafter der ARGE sind dafür verantwortlich, dass die ARGE ihren steuerli-chen Verpflichtungen nachkommt. Die ARGE ist hinsichtlich der Umsatzsteuer ein eige-nes Steuerrechtssubjekt. Das Finanzamt kann die ARGE-Gesellschafter grundsätzlich als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen. 1. Einkommensteuer

ARGEN als Gesellschaften bürgerlichen Rechts gelten nicht als Vollkaufmann und un-terliegen daher nicht der Buchführungspflicht. Im allgemeinen sind aber Bücher gemäß § 141 AO zu führen, weil Umsätze von mehr als 350.000,-- € im Jahr, oder ein Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 30.000,-- € vorgelegen haben. Die Buchführung der ARGE unterliegt den Gewinnermittlungsvorschriften der § 4 Abs. 1 und § 5 EStG, wofür die Grundsätze bilanzieller Behandlung unfertiger Bauten sinngemäß gelten. Auch bei ARGEN sind die unfertigen Bauten auf fremden Grund und Boden mindestens mit den Herstellungskosten zu bewerten. ARGEN sind dem Grunde nach Gewerbebetriebe, für die eine einheitliche und geson-derte Gewinnfeststellung erforderlich ist (große ARGE). Als Regelfall ausgenommen Große ARGE sind gemäß § 2a GewStG und § 180 Abs. 4 AO solche ARGEN, die nur einen einzigen Werkvertrag ausführen. Da die Ausführung nur eines Werkvertrages der Regelfall bei ARGEN ist, unterliegt die typische ARGE daher nicht der Gewerbesteuer. Sofern eine ARGE mehrere Werkverträge ausführt - was in der Praxis den Ausnahme-fall darstellt - unterliegt der gemäß § 180 AO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anteilig festgestellte Gewinn- oder Verlustanteil beim jeweiligen Gesellschafter der Ein-kommen- bzw. Körperschaftssteuer. Im Regelfall der kleinen ARGE richtet sich die Übernahme von Gewinn- oder Verlustanteilen nach den Bilanzierungsvorschriften des einzelnen Gesellschafters. Bei mehrjährigen Bauten ist es z. B. jedem Gesellschafter überlassen, ob er einen anteiligen Gewinn vorzeitig realisiert, oder in welcher Höhe er Mängelhaftung Rückstellungen vorsieht. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung wird die ARGE also wie eine Personengesell-schaft behandelt.

0506-/Mie LB15

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FINANZ- UND RECHNUNGSWESEN BEI ARGEN Fi/Re 6 Steuerfragen bei Arbeitsgemeinschaften 2 b Das bedeutet: Alle der ARGE zurechenbaren Aufwendungen und Erträge, auch wenn sie nicht Gegenstand von Sonderentgeltvereinbarungen zwischen ARGE und Gesell-schafter waren, sind zu berücksichtigen. Das bedeutet ferner, dass dem Gewinnanteil eines Gesellschafters alle Vergütungen von der ARGE für seine Lieferungen und Leistungen zugerechnet und demgegenüber alle gesellschaftereigenen Aufwendungen abgesetzt werden müssen, mit Ausnahme von Baustofflieferungen oder echten Nachunternehmerarbeiten. 2. Lohn- und Kirchensteuer

Lohn- und Kirchensteuer fällt bei einer ARGE nur an, wenn die ARGE eine eigene Lohnliste führt, d. h. wenn das Personal von der ARGE beschäftigt wird. Dies stellt in der Praxis den Ausnahmefall dar. Die typische Form der Beistellung von Personal ist die Abordnung. Hierbei werden die Mitarbeiter weiterhin in der Lohn- und Gehaltsliste der Gesellschafter geführt. Sofern aber in Ausnahmefällen die Form der Freistellung vorliegt, sind die Lohn- und Kirchensteuer von dem die Lohnbuchhaltung führenden Gesellschafter an das örtlich zuständige Finanzamt zu melden und zu zahlen. Eine ARGE haftet für Lohn- und Kirchensteuer nur insoweit, als sie Arbeitgeber des Personals war. Für die ARGE gelten dann auch alle übrigen gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers, z. B. die Führung der Lohnkonten. 3. Gewerbesteuer

ARGEN die mehr als einen Werkvertrag ausführen unterliegen selbständig der Gewer-besteuer; bei dem Normalfall der ARGE sind die Anteile am Gewerbeertrag den einzel-nen Gesellschaftern zuzurechnen. Die selbstän-dige Gewerbesteuerpflicht sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Neben dem zusätzlichen Arbeitsaufwand zur Bilanzer-stellung und Abgabe der Steuererklärungen tritt ggf. der große Nachteil, dass Verlustan-teile nicht verrechenbar sind mit heimischen Gewinnen bei den Gesellschaftern. Der Gewerbeertrag ist aus dem einheitlich festgestellten Gewinn der ARGE zu ermit-teln. Modifikationen gemäß §§ 8 und 9 GewStG werden allerdings selten vorkommen.

0703-Mie LB15

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FINANZ- UND RECHNUNGSWESEN BEI ARGEN Fi/Re 6 Steuerfragen bei Arbeitsgemeinschaften 2 c 4. Einheitsbewertung / Vermögensteuer

Hinsichtlich der Feststellung von Einheitswerten sind ARGEN wie bei der Gewerbe-steuer zu behandeln. Für kleine ARGEN wird kein Einheitswert des Betriebsvermögens festgestellt. Bei diesen ARGEN werden die anteiligen Besitz- und Schuldposten direkt in den Vermögensaufstellungen der Gesellschafter berücksichtigt. Die Feststellung eines Einheitswertes bei großen ARGEN führt nicht zu einer selbstän-digen Vermögensteuerpflicht der ARGEN, denn Personengesellschaften, also auch ARGEN als GbR, sind nach dem Vermögensteuergesetz nicht selbständig steuerpflich-tig. Nur die anteiligen Einheitswerte werden von den Gesellschaftern in ihre Ver- mögensteuererklärung einbezogen. 5. Umsatzsteuer

Mit der Übernahme eines einzigen Bauauftrages durch eine ARGE wird bereits eine nachhaltige gewerbliche Tätigkeit entfaltet, und die ARGE erhält aus umsatzsteuer-rechtlichen Aspekten Unternehmereigenschaft. Sie endet mit dem letzten Tätigwerden, z. B. der Veräußerung von Gegenständen des Betriebsvermögens. Unternehmer- eigenschaft Die korrekte umsatzsteuerliche Beurteilung von Leistungsbeziehungen der ARGE zum Auftraggeber, zu Dritten, insbesondere zu ihren Gesellschaftern ist von besonderer Be-deutung, weil z. B. eine nach Auflösung der ARGE neu erkannte Steuerpflicht wegen des ggf. wegfallenden Vorsteuerabzuges zu einer endgültigen Belastung werden kann. Hinsichtlich der Beziehungen zwischen ARGE und Gesellschaftern ist zwischen nicht steuerbaren und steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen zu unterschei-den. Leistungen, die nicht über ein Sonderentgelt, sondern durch Ergebnisbeteiligung abgegolten werden, stellen nicht steuerbare Leistungsvereinigungen dar. Wird für Ge-sellschafterleistungen ein Sonderentgelt vereinbart (Personalabordnung, Gerätegestel-lung), so fällt Umsatzsteuer an. Aktuelle Änderung: Die Übernahme von Geschäftsführungsaufgaben der ARGE gegen Geschäftsführungs- Entgelt wurde in den letzten Jahren mit Bezug auf ein BFH-Urteil vom 17.07.1980 als aufgaben seit 2004 nicht steuerbare Leistung angesehen. Aus Vereinfachungsgründen rechnete der Bundes- umsatzsteuerpflichtig finanzminister alle durch die §§ 7, 8 und 9 des ARGE-Mustervertrages erfassten Tätig- keiten der Geschäftsführertätigkeit zu (BMF-Schreiben vom 12.09.1988 an den Haupt- verband der Deutschen Bauindustrie). In einem BFH-Urteil vom 06.06.2002 (BSt. Bl. II 2003, S. 36) ist die alte Rechtssprechung aufgehoben worden. Mit Wirkung vom 01.04.2004 sind daher die in den §§ 7 - 9 des ARGE-Mustervertrags beschriebenen Geschäftsführungsaufgaben umsatzsteuerpflichtig.

0312-V/Mie LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 4a 13. Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung Die soziale Pflegeversicherung ist als eigenständige Säule der sozialen Sicherung (SBG XI), allerdings unter dem Dach der gesetzlichen Krankenversicherung errichtet worden. In den Schutz der sozialen Pflegeversicherung sind kraft Gesetzes alle einbezogen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Wer gegen Krankheit bei ei-nem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, muss eine private Pfle-geversicherung abschließen. Träger der sozialen Pflegeversicherung sind die Pflege-kassen; ihre Aufgaben werden von den Krankenkassen (§ 4 SGB V) wahrgenommen. Die Ausgaben der Pflegeversicherung werden durch Beiträge der Mitglieder und der Arbeitgeber finanziert. Die Beiträge richten sich nach den beitragspflichtigen Einnah-men der Mitglieder. Für versicherte Familienangehörige werden Beiträge nicht erhoben (§ 1 Abs. 2, 3 und 6 SGB XI). a) Versicherter Personenkreis Nach § 20 Abs. 1 - 3 SGB XI sind alle Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse au-tomatisch auch versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung. Dies sind: (1) Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Ar-

beitsentgelt beschäftigt sind. Für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeiter- oder Saison-Kurzarbeitergeld nach dem SGB III bleibt die Versicherungspflicht unbe-

rührt. (2) Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unter-

haltsgeld nach dem SGB III beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistungen geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zu-

rückgefordert oder zurückgezahlt worden ist; ab Beginn des zweiten Monats bis zur zwölften Woche einer Sperrzeit (§ 144 SGB III) gelten die Leistungen als be-zogen.

(3) Landwirte, ... (4) selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlerso-

zialversicherungsgesetzes, (5) Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in

ähnlichen Einrichtungen für Behinderte für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,

(6) Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation sowie an Berufs-findung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,

(7) Behinderte, die in nach dem Schwerbehindertengesetz anerkannten Werkstätten für Behinderte oder in nach dem Blindenwarenvertriebsgesetz anerkannten Blin-denwerkstätten oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,

(8) Behinderte, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zäh-len auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,

(9) Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen einge-schrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Kranken-versicherungspflicht unterliegen,

1205-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 4b

(10) Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder eine in Studien- und Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit verrichten (Praktikanten); Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetzes förderungs-fähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind den Praktikanten gleichgestellt,

(11) Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, so-weit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 oder 12 des Fünften Buches der Krankenversi-cherungspflicht unterliegen.

Einbezogen sind ferner Vorruhestandsgeldbezieher unter den gesetzlich dargelegten Bedingungen sowie die freiwilligen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 Abs. 2 und 3 SBG XI). Versicherungspflicht besteht nach § 21 SGB XI auch für die dort aufgezählten sonsti-gen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland (z. B. Personen, die u. a. nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) Anspruch auf Heilbehandlung ha-ben). Wie in der gesetzlichen Krankenversicherung, so sind auch in der Pflegeversicherung der Ehegatte und die Kinder der Pflegeversicherten familienversichert (§§ 25 und 56 Abs. 1 SBG XI). Aus diesen Aufzählungen folgt, dass im Übrigen also auch Beamte und beamtenähnli-che Personen sowie Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten in die soziale Pflegeversi-cherung einbezogen sind, wenn sie als freiwillig Versicherte der gesetzlichen Kranken-versicherung angehören. b) Befreiung von der Versicherungspflicht Freiwillig Krankenversicherte und folglich auch freiwillig krankenversicherte Arbeitneh-mer können auf Antrag von der Pflegeversicherungspflicht befreit werden. Hierzu müs-sen sie nachweisen, dass sie bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen Pflegebedürftigkeit versichert sind. Ferner wird vorausgesetzt, dass er für sich und sei-ne Angehörigen, für die in der sozialen Pflegeversicherung eine Familienversicherung bestehen würde, Vertragsleistungen beanspruchen kann, die nach Art und Umfang den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig sind (vgl. § 22 SGB XI). Für beihilfeberechtigte Personen genügt eine entsprechende anteilige private Pflege-versicherung, mit der durch die Beihilfe nicht abgedeckte Aufwendungen versichert sind. Der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht kann nur bis zum Ablauf von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung ge-stellt werden. Die Befreiung von der sozialen Pflegeversicherung wirkt vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen in An-spruch genommen worden sind, sonst vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt. Die Befreiung kann nicht widerrufen werden (§ 22 Abs. 2 SGB XI). Die Befreiung gilt für die gesamte Dauer der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzli-chen Krankenversicherung; der private Versicherungsvertrag ist für die gesamte Zeit der freiwilligen Mitgliedschaft aufrechtzuerhalten. Ein Arbeitgeberwechsel während die-ser freiwilligen Mitgliedschaft ist unbedeutend. 9503-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 4c Die Befreiung kann nur einheitlich für das Mitglied und seine mitversicherten Familien-angehörigen ausgesprochen werden. c) Kündigung des privaten Pflegeversicherungsvertrages Private Pflegeversicherte, die in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig werden, können ihren privaten Pflegeversicherungsvertrag kündigen, und zwar vom Beginn der Versicherungspflicht an. Dieses Kündigungsrecht gilt auch für Familienan-gehörige, für die eine Familienversicherung in der sozialen Pflegeversicherung gege-ben ist (§ 27 SGB XI). Das Recht zur Kündigung ergibt sich auch in diesem Zusammenhang aus § 178 h Abs. 2 VVG. Danach kann eine versicherte Person, die kraft Gesetzes krankenver-sicherungspflichtig wird, binnen zwei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht den Versicherungsvertrag rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen. Macht der Versicherte von seinem Kündigungsrecht Gebrauch, steht dem Versicherer die Prämie nur bis zu diesem Zeitpunkt zu. Versäumt der Versicherte diese Frist, kann er das Versicherungsverhältnis zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist. Diese Regelung gilt auch hinsichtlich der Familien-versicherung. d) Beginn und Ende der Versicherungspflicht Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger in der sozialen Pflegeversicherung beginnt mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht vorliegen. Die Mitgliedschaft endet, wenn die Voraussetzungen für die Pflegeversicherungspflicht ent-fallen (also Tod, Ende des Krankenversicherungsschutzes), auf das Recht zur Weiter-versicherung sei hingewiesen (vgl. § 49 SGB XI). Die §§ 189 und 192 SGB V (Fortbestehen der Mitgliedschaft) gelten auch für die sozia-le Pflegeversicherung. e) Weiterversicherung Nach § 26 SGB XI können sich Personen, die aus der Versicherungspflicht nach den §§ 20 oder 21 SGB XI ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Aus-scheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vorher mindestens 12 Monate versi-chert waren, auf Antrag in der sozialen Pflegeversicherung weiterversichern. Voraus-setzung ist, dass keine Versicherungspflicht für Versicherte der privaten Krankenversi-cherungsunternehmen nach § 23 SGB XI eintritt. Weiterhin bestehen Möglichkeiten u. a. für Personen, deren Familienversicherung er-lischt oder für die Personen, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen. Die weiteren Voraussetzungen können aus § 26 SGB XI abgeleitet werden. Abweichend von den üb-lichen Beendigungszeitpunkten endet diese Weiterversicherung bei Austrittserklärung erst mit Ablauf des übernächsten Kalendermonats, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied den Austritt erklärt. Die Satzung kann hier einen früheren Zeitpunkt be-stimmen. Ferner endet die Mitgliedschaft außer bei Tod mit Ablauf des nächsten Zahl-tages, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge nicht entrichtet worden sind (vgl. § 49 Abs. 3 SGB XI). 9801-Dt LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 4d f) Kassenzuständigkeit Für die Durchführung der Pflegeversicherung ist nach § 48 Abs. 1 SGB XI jeweils die Pflegekasse zuständig, die bei der Krankenkasse errichtet ist, bei der eine Pflichtmit-gliedschaft oder freiwillige Mitgliedschaft besteht. Für Familienversicherte ist die Pfle-gekasse des Mitglieds zuständig. Die weiteren Möglichkeiten der Kassenzuständigkeit sind aus den weiteren Absätzen dieser Vorschrift zu entnehmen. 9607-Dt LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5a 13. Beginn, Unterbrechung und Ende der Versicherungspflicht und der Mitglied-

schaft in der Krankenversicherung Wie bereits zuvor erläutert, entsteht aus der Aufnahme der Beschäftigung die Versiche-rungspflicht, deren Folge die Mitgliedschaft ist (vgl. § 186 Abs. 1 SGB V). Die Mitgliedschaft beginnt - unabhängig vom Eintritt und Wegfall der sie begründenden Tatbestände im Laufe eines Tages (z. B. Aufnahme der Beschäftigung um 8.00 Uhr) - jeweils für volle Kalendertage (Beginn 0.00 Uhr, Ende 24.00 Uhr). Im Allgemeinen be-stehen Versicherung, Mitgliedschaft und Beitragszeit für dieselbe Zeit. Grundsätzlich tritt also Versicherungspflicht am 1. Tag des vereinbarten Arbeitsverhält- Regelfall nisses ein. Bei Angestellten beginnt das Arbeitsverhältnis häufig mit einem arbeitsfreien Samstag, Sonn- oder Feiertag. Weil dieser im Arbeitsverhältnis eingeschlossene Tag bereits Anspruch auf in der Monatsvergütung enthaltenes Gehalt einschließt, beginnt die Versicherungspflicht schon am arbeitsfreien Tag (z. B. 01.01. oder 01.05.). Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Beginn des Arbeitsverhältnisses Unbezahlter durch unbezahlten Urlaub, so beginnt die Versicherungspflicht schon mit dem Urlaub ersten Tag des unbezahlten Urlaubs. Sollte der unbezahlte Urlaub länger als 1 Monat dauern, so endet das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis nach Ab-lauf eines (Zeit-)Monats. Diese Beurteilung gilt auch dann, wenn z. B. im Baugewerbe die Arbeit am ersten Tag Witterungsbedingter des Arbeitsverhältnisses aus witterungsbedingten Gründen nicht aufgenommen wurde. Arbeitsausfall Erleidet ein Arbeitnehmer auf dem ersten Weg zur Arbeit bereits einen Arbeitsunfall (z. B. auf dem Weg zur Baustelle in A., um Werkzeug abzuholen, das er auf der Bau- Aufnahme des stelle in B. benötigt), dann ist es wegen der vollzogenen Eingliederung in die Betriebs- Arbeitsweges organisation bereits zum Eintritt in die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt und somit zur Versicherungspflicht gekommen. Ist die Mitgliedschaft zustande gekommen, bleibt sie grundsätzlich für die weitere Be-schäftigungsdauer bestehen. Sie kann jedoch durch Arbeitsunterbrechungen beein-flusst werden, weil hier zumindest eine der Voraussetzungen für die Versicherungs-pflicht (Entgeltzahlung) wegfällt. Beispiele siehe nächste Seite 9607-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5b Beispiele (1) Unbezahlter Urlaub, Bummelei _________________________________________________________________ Letzter Arbeitstag (5-Tage-Woche) 8.8 Unbezahlter Urlaub ab 9.8. (Beginn der 1-Monats-Frist 9.8.

Arbeitnehmer A Arbeitnehmer B Arbeitnehmer C

danach: Beginn der Arbeits-bummelei

17.8.

Wiederaufnahme der Arbeit

4.9. 12.9. 12.9.

Versicherungsverhältnisse bleiben erhalten

durchgehend bis 8.9. bis 8.9.

(2) Rechtswidriger Streik und Aussperrung _____________________________________________________________________ Letzter Arbeitstag (3 Stunden) 11.8. Beginn des Streiks 11.8. (Beginn der 1-Monats-Frist) 12.8.

Arbeitnehmer A Arbeitnehmer B Arbeitnehmer C

Streik

bis 18.8. bis 18.9. bis 20.9.

Notdienst

am 18.8., 25.8., 11.9.

Versicherungsverhältnisse bleiben erhalten

durchgehend bis 11.9. bis 11.9.

Bei rechtswidriger Aussperrung bleibt die Mitgliedschaft wegen des weiterbestehenden Anspruchs auf Arbeitsentgelt erhalten! Bei einem legalen Streik bleibt die Mitgliedschaft in der Kranken- und der Pflegeversi-cherung bis zum Ende des legalen Streiks erhalten. In der Renten- und Arbeitslosen-versicherung endet das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis auch hier nach Ablauf eines Monats. Nach Ablauf eines Monats hat der Arbeitgeber den Arbeit-nehmer abzumelden.

1409-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5c

(3) Bezug einer Entgeltersatzleistung Beginn der Arbeitsunfähigkeit 18.01.2014 Ende der Entgeltfortzahlung 28.02.2014 Krankengeld (Anspruch oder Bezug) 01.03.2014 bis 20.03.2014 Mutterschaftsgeld (Anspruch oder Bezug) 21.03.2014 bis 27.06.2014

Elternzeit 28.06.2014 bis 01.05.2017

Mitgliedschaft in der Krankenversicherung bleibt erhalten bis 01.05.2017

Wird die Beschäftigung am 02.05. 2017 wieder aufgenommen, ist keine Anmeldung er-forderlich. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt nach § 192 SGB V erhalten, solange (1) sie sich in einem rechtmäßigen Arbeitskampf befinden, (2) Anspruch auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld besteht oder eine dieser Leistun-

gen oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen wird,

(3) von einem Rehabilitationsträger während einer medizinischen Maßnahme zur Re-habilitation Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gezahlt wird oder

(4) Kurzarbeiter- oder Saisonkurzarbeitergeld nach dem SGB III bezogen wird.

1409-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5d

D ie M itg l ie d s c h a ft V e rs ic h e ru n g s p flic h t ig e r b le ib t

e rh a lte n b e i A rb e itu n te rb re c h u n g e n .

m it W e ite rz a h lu n g d e s A rb e its e n tg e lts o h n e W e ite rz a h lu n g d e s A rb e its e n tg e lts

u n b e fr is te t

S o n d e ru rla u b

F re is te llu n g v o n d e r A rb e it (m a x . 1 0 J a h re )

E rh o lu n g s u rla u b

b is z u 1 M o n a t z .B . u n b e fr is te t

u n b e z a h lte r U rla u b re c h tm ä ß ig e r A rb e its -k a m p f

re c h ts w id r ig e r S tre ik

A rb e its b u m m e le i

A n s p ru c h b z w . B e z u g v o n K ra n k e n g e ld

A n s p ru c h b z w . B e z u g v o n M u tte rs c h a fts g e ld

B e z u g v o n E lte rn g e ld b z w . A n s p ru c h a u f E lte rn z e it n . d . B E E G

B e z u g v o n V e rs o rg u n g s -k ra n k e n g e ld o . V e rle t-z u n g s g e ld o . Ü b e rg a n g s -g e ld w ä h re n d e in e r m e d . R a h a b ilita t io n s m a ß n a h m e

Z u lä s s ig e A u flö s u n g d e s A rb e its v e rh ä ltn is s e s w ä h -re n d d e r S c h w a n g e rs c h a ft

U n b e z a h lte r U rla u b w ä h -re n d d e r S c h w a n g e rs c h a ft

F re iw illig e r G ru n d w e h rd ie n s t

B e z u g v o n K u rz a rb e ite r- o d e r S a is o n k u rz a rb e ite r- g e ld

Wird die Arbeit aufgegeben, endet die Versicherungspflicht. Dabei stimmen Ende des Arbeitsverhältnisses und letzter Arbeitstag im Regelfall überein. Fällt bei monatlich be-messenem Arbeitsentgelt der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses auf einen arbeitsfreien Tag, so besteht auch dafür noch Versicherungspflicht. Sonderfälle, in denen das Arbeits-entgelt noch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses anfällt, sind anhand der hierzu er-gangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) oder Bundesfinanzhofes (BFH) zu klären - hier hilft ebenfalls die Auskunft der Krankenkasse (mögliche Fälle: In-solvenz des Arbeitgebers, Ende des Arbeitsverhältnisses durch Urteil oder Vergleich, Tod des Arbeitgebers). Die Mitgliedschaft bleibt ferner erhalten, wenn Elternzeit im Ausland genommen wird. 1205-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5e (4) Pflegezeit Für Angehörige von Pflegebedürftigen gibt es seit dem 1.7.2008 die Möglichkeit, eine Pflegezeit zu beanspruchen. Für die Dauer von bis zu 6 Monaten kann sich ein Arbeit-nehmer / eine Arbeitnehmerin von der Arbeit freistellen lassen. In der Zeit ist der Arbeit-nehmer / die Arbeitnehmerin sozialversichert, bezieht aber kein Gehalt. Der Anspruch auf Freistellung gegenüber einem Arbeitgeber besteht in Betrieben mit mehr als 15 Beschäf-tigten. In dieser Pflegezeit wird die Beitragszahlung zur Rentenversicherung - wie bereits nach geltendem Recht - von der Pflegekasse übernommen, wenn die Pflegeperson mindes-tens 14 Stunden in der Woche pflegt. Der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz bleibt in der Regel während der Pflegezeit erhalten, da dort regelmäßig eine Familienversiche-rung besteht. Sollte keine Familienversicherung möglich sein, muss sich der pflegende Angehörige freiwillig in der Krankenversicherung weiterversichern und entrichtet dafür den Mindestbeitrag. Die Krankenversicherung führt automatisch auch zur Absicherung in der Pflegeversicherung. Auf Antrag erstattet die Pflegeversicherung den Beitrag in der Kranken- und Pflegeversicherung bis zur Höhe des Mindestbeitrages. Der Versiche-rungsschutz in der Arbeitslosenversicherung wird von der Pflegekasse übernommen. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer mit dem letzten Tag der entgeltlichen Beschäftigung abzumelden. Wenn jemand unerwartet zum Pflegefall wird, tritt für den Angehörigen oft eine schwierige Situation ein, in der schnell eine Menge organisiert werden muss. Dafür wird neben dem Anspruch auf Pflegezeit Beschäftigten ein Anspruch auf kurzzeitige Freistellung für bis zu 10 Arbeitstage eingeräumt. In einer akut auftretenden Pflegesituation kann so eine bedarfsgerechte Pflege organi-siert oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sichergestellt werden (sog. kurzzei-tige Arbeitsverhinderung). Auch in dieser Zeit ist der freigestellte Arbeitnehmer sozialver-sichert. Eine Meldung seitens des Arbeitgebers ist nicht erforderlich. Familienpflegezeit Seit dem 01.01.2012 können Arbeitnehmer mit Einverständnis des Arbeitgebers für 24 Monate eine sogenannte Familienpflegezeit beantragen. Nach aktueller Rechtslage ha-ben die Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf diese Leistung. In der Praxis sind es Einzelfälle in denen Arbeitgeber einer Familienpflegezeit zustimmen. Die Regelungen findet man im Familienpflegezeitgesetzt (FamiPfZG). Der Arbeitnehmer kann seine wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 50 % reduzieren. Anstelle von 50 % des Arbeitsentgelts muss der Arbeitgeber ihm aber 75 % des in den letzten 12 Monaten vor der Familienpflegezeit erzielten Arbeitsentgelts zahlen. Nach Ablauf der Familienpflege-zeit muss der Arbeitnehmer wieder in dem arbeitszeitlichen Rahmen arbeiten kommen, wie er vor der Familienpflegezeit auch gearbeitet hat. Für die Dauer, die er zuvor Fami-lienpflegezeit in Anspruch genommen hat, bekommt er anschließend für 100 % Arbeitslei-tung 75 % ausgezahlt. Die anderen 25 % dienen dazu die Verbindlichkeiten des Arbeit-nehmers gegenüber dem Arbeitgeber abzubauen. Aktuell ist in der politischen Diskussion das Pflegezeit- und das Familienpflegezeitgesetz zusammenzuführen und die dort enthaltenen Regelungen mit einem Rechtsanspruch des Arbeitnehmers zu verbinden. 1409-AA LB 15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5f 14. Meldungen zur Sozialversicherung a) Zweck und Gründe für Meldungen Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, folgt der Versicherungspflicht die Mitgliedschaft sowie die Beitragspflicht. Um den Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsträgern sowie der Bundesagentur für Arbeit die Grundlagen zur ordnungsmäßigen Abwicklung al-ler die Versicherten betreffenden Angelegenheiten zu verschaffen, fallen für die versiche-rungspflichtigen Arbeitnehmer Meldungen an. Die Meldungen bewirken, dass die Kran-ken- und Pflegekassen ihre Mitgliederverzeichnisse aktuell pflegen können; die Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erhalten nur so die vollständi-gen Daten, die sie zur Führung der Rentenkonten resp. für die arbeitsmarktpolitischen Daten, die Leistungsgewährung an die Arbeitnehmer oder beispielsweise im Rahmen der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Ausländerbeschäftigung benötigen. Das gilt auch für die Arbeitnehmer (vgl. § 172 SGB VI - Bezieher einer Vollrente wegen Alters - ; § 346 Abs. 3 SGB III - Beschäftigte, die wegen Vollendung des Lebensalters für den Bezug der Regelaltersrente versicherungsfrei sind -), für die der Arbeitgeberanteil zur Renten- und Arbeitslosenversicherung zu zahlen ist. Die Abgabe von Meldungen gehört zu den sozialrechtlichen Aufgaben der Arbeitgeber. Seit dem 1.1.2006 dürfen Meldungen nach der Datenerfassungs- und -übermittlungs-verordnung (DEÜV) grundsätzlich nur noch auf elektronischem Wege an die Einzugsstel-len (Krankenkassen) übermittelt werden. Dieses elektronische Verfahren führt einerseits zur Beschleunigung des Melde-verfahrens; anderseits zu einer Fehlerminimierung, da die Meldungen aus systemunter-suchten Entgeltabrechnungsprogrammen bzw. systemuntersuchten Ausfüllhilfen erzeugt werden, die bereits eine Reihe von Plausibilitätsprüfungen beinhalten. Verfügt man über kein systemuntersuchtes Entgeltabrechnungsprogramm, so bieten die Krankenkassen kostenlos die systemuntersuchte Ausfüllhilfe "sv.net" an. Näheres erfährt man bei der jeweiligen Krankenkasse. b) Meldepflicht Meldungen sind für alle Arbeitnehmer zu erstatten, die kranken-, pflege-, renten- oder ar-beitslosenversicherungspflichtig sind. Meldungen sind auch dann zu erstatten, wenn der Arbeitgeber lediglich den Arbeitgeberanteil zur Renten- oder Arbeitslosenversicherung zu entrichten hat. Auch die Meldungen für die geringfügig Beschäftigten sind im normalen Meldeverfahren (seit dem 1.4.1999) integriert, wobei die Besonderheiten für die geringfügig entlohnten und die kurzfristigen Beschäftigungen in den Meldungen gekennzeichnet werden. Die Meldungen sind von den Arbeitgebern zu erstatten. c) Zuständige Krankenkasse Die Meldungen sind an die Krankenkasse zu erstatten, - bei der der Arbeitnehmer Mitglied ist oder - die der Arbeitnehmer gewählt hat oder - die die zuletzt zuständige Krankenkasse war. 1409-AA LB 15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5g Ist der Arbeitnehmer nicht Mitglied einer Krankenkasse und teilt er dem Arbeitgeber auf dessen Nachfrage keine Krankenkasse mit, so hat der Arbeitgeber ein Wahlrecht. Ist der Arbeitnehmer geringfügig beschäftigt, so hat der Arbeitgeber die Meldungen seit dem 01.04.2003 an die Minijob-Zentrale der Knappschaft zu übermitteln. Meldefristen

Meldetatbestand Meldefrist

Anmeldung mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen

Abmeldung mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen

Unterbrechungsmeldung 2 Wochen nach Ablauf des 1. Kalendermonats der Unter-brechung

Jahresmeldung bis zum 15.02. des Folgejahres

Meldung für geringfügig Beschäftigte allgemeine Meldefristen; keine Ausnahmeregelungen mehr

Stornierungen unverzüglich

Namens- oder Staatsangehörigkeits-änderung

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen

Anschriftenänderung mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen

Meldung von einmalig gezahltem Ar-beitsentgelt

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen

0801-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5h Hinweis: Der 15. Februar des Folgejahres als Termin für die späteste Abgabe der Jahresmeldung. Dieser Termin für die Abgabe von Jahresmeldungen wurde zum 01.01.2014 eingeführt. Seit dem 010.01.2015 sogenannten „Märzklauselfälle“ immer separat mit einer Sonder- Märzklausel Meldung „einmalig gezahltes Arbeitsentgelt“ zu melden. Die nachfolgenden Übersichten enthalten die einzelnen notwendigen Meldetatbestände, so dass eine schnelle Übersicht gegeben ist. Anmeldungen für kranken-, pflege-, renten- oder arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigten: Anmeldungen

Meldetatbestand Art / Rechtsvor-schrift

Grund der Ab-gabe (sh. DÜVGs)

Meldefrist

Beginn einer versicherungspflichtigen Be-schäftigung

Anmeldung § 6 DEÜV

10

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach Beginn der Beschäfti-gung

Krankenkassenwechsel bei fortdauerndem Beschäftigungsverhältnis

Anmeldung 11

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach dem Kassenwechsel

Beitragsgruppenwechsel bei fortdauerndem Beschäftigungsverhältnis

Anmeldung 12

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach Änderung des Beitrags-gruppenschlüssels

Änderung im Beschäftigungsverhältnis/ Sonstige Gründe (auch Wiederaufnahme der Beschäftigung nach unbezahltem Urlaub von länger als einen Monat)

Anmeldung 13

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach der Änderung im Beschäfti-gungsverhältnis

1409-AA LB15 DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2

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Sozialversicherungsrecht 2 5i Abmeldungen für kranken-, pflege-, renten- oder arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigten: Abmeldungen

Meldetatbestand Art / Rechtsvor-schrift

Grund der Ab-gabe (sh. DÜVGs)

Meldefrist

Ende einer versicherungspflichtigen Beschäf-tigung (gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis fortbesteht, z. B. wegen Inanspruchnahme von Pflegezeit)

Abmeldung § 8 DEÜV

30

40

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach Ende der Beschäftigung wenn An- und Abmel-dung zusammen erstat-tet werden

Krankenkassenwechsel bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis

Abmeldung (zur bisherigen

Krankenkasse) 31

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach dem Kassenwechsel

Beitragsgruppenwechsel bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis

Abmeldung 32

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach dem Beitragsgruppen-wechsel

Änderung im Beschäftigungsverhältnis/ Sonstige Gründe

Abmeldung 33

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen der Än-derung im Beschäfti-gungsverhältnis

Abmeldung wegen Ende einer sozialversiche-rungspflichtigen Beschäftigung bei einer Un-terbrechung von länger als einem Monat

Abmeldung 34

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen der Än-derung im Beschäfti-gungsverhältnis

Abmeldung wegen Arbeitskampf von länger als einem Monat

Abmeldung 35

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen der Än-derung im Beschäfti-gungsverhältnis

Abmeldung wegen Wechsel des Entgeltab-rechnungssystems (optional)

Abmeldung 36

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen der Än-derung im Beschäfti-gungsverhältnis

Ende der Beschäftigung wegen Todes Abmeldung 49

mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach dem Tod

0801-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5j Jahres-, Entgelt-, Jahresmeldungen / Entgeltmeldungen / Unterbrechungsmeldungen: Unterbrechungs- meldungen

Meldetatbestand Art / Rechts- vorschrift

Grund der Ab-gabe (sh. DÜVGs)

Meldefrist

Meldung der Versicherungszeiten und des da-rin erzielten Arbeitsentgeltes

Jahres- Meldung

§ 10 DEÜV 50

15.04. des Folgejahres

Unterbrechung der Beschäftigung ohne Fort-zahlung des Arbeitsentgelts für mindestens einen Kalendermonat, ohne dass die Mitglied-schaft in der Kranken-/ Pflegeversicherung davon berührt wird (z. B. Krankengeldbezug)

Unterbrechungs- meldung

51

2 Wochen nach Ab-lauf des ersten Ka-lendermonats der

Unterbrechung

Unterbrechung der Beschäftigung wegen Elternzeit (des Vaters)

Unterbrechungs- meldung

52

2 Wochen nach Ab-lauf des ersten Ka-lendermonats der

Unterbrechung

Unterbrechung der Beschäftigung wegen Ab-leistung gesetzlicher Dienstpflicht von mehr als einem Kalendermonat

Unterbrechungs- meldung

53

2 Wochen nach Ab-lauf des ersten Ka-lendermonats der

Unterbrechung Sondermeldung (z. B. in beitragsfreien Zeiten) wegen einmalig gezahltem Arbeitsentgelt oder Märzklauselfälle

Sonder- Meldung

§ 11 DEÜV 54 unverzüglich

Ende des Arbeitsverhältnisses während einer gemeldeten Unterbrechung

Abmeldung 30

mit der ersten folgen-den Entgeltabrech-

nung, spätestens in-nerhalb von 6 Wo-

chen

Für den Fall der Arbeitsunterbrechung ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt (z. B. Krankengeldbezug; § 7 Abs. 3 Satz 2 SGB IV) sind keine Meldungen zu erstatten, wenn diese Arbeitsunterbrechung nicht länger als einen Kalendermonat dauert. Wird die Be-schäftigung gegen Arbeitsentgelt in den Fällen des § 7 Abs. 3 Satz 2 SGB IV mindestens einen Kalendermonat unterbrochen, ist nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DEÜV für den Zeitraum bis zum Wegfall des Arbeitsentgeltanspruchs innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf des ersten Kalendermonats eine Unterbrechungsmeldung zu erstatten. Endet die Be-schäftigung während der Unterbrechung, ist eine Abmeldung zu erstatten.

0801-AA LB15 DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2

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Sozialversicherungsrecht 2 5k Meldungen in Insolvenzfällen: Insolvenzfälle

Meldetatbestand Art / Rechts-vorschrift

Grund der Ab-gabe (sh. DEÜVGs)

Meldefrist

Normale Beschäftigung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Abweisung mangels Masse

Anmeldung 10

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

Freistellung von der Beschäftigung bei Eröff-nung des Insolvenzverfahrens oder Abweisung mangels Masse

Abmeldung 71

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

rechtmäßige Beendigung der Beschäftigung während des Insolvenzverfahrens bei freige- stellten Arbeitnehmern

Abmeldung 72

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

Jahresmeldung für freigestellte Arbeitnehmer Jahresmeldung 70 15.04. des Folgejahres

Aufgrund der zunehmenden Widerstände der Insolvenzverwalter die o. a. Meldungen vorzunehmen, wurde der Meldetatbestand "Insolvenz" in § 28a SGB IV zum 01.01.2008 aufgenommen.

Meldungen für geringfügig Beschäftigte: Für die Meldung der geringfügig Beschäftigten gilt der Grundsatz, dass die gleichen Meldungen anfallen, wie für andere Arbeitnehmer. Allerdings werden Jahresmeldungen und Unterbrechungsmeldungen nicht für kurzfristig Beschäftigte erstattet. Geringfügig Be- schäftigte

Meldetatbestand Meldung nach § 13 DEÜV

Grund der Abgabe (sh. DEÜVGs)

Meldefrist

Beginn der Beschäftigung Anmeldung 10

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

Ende der Beschäftigung Abmeldung 30

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

Änderung einer kurzfristigen Beschäftigung in eine geringfügig entlohnte Beschäftigung

1. Meldung: Abmeldung 2 Meldung: Anmeldung

30

10

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

Beginn und Ende der Beschäftigung

An- und Abmeldung auf einem Vordruck

40

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

0801-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5l Änderungsmeldungen*: Änderungs- meldung

Meldetatbestand Art Grund der Abgabe (sh. DEÜVGs)

Meldefrist

Arbeitnehmer ändert seinen Namen Namensänderung 60

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

Arbeitnehmer ändert seine Anschrift Anschriften-änderung

61

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

Arbeitnehmer ändert seine Staatsangehörig-keit

Änderungsmeldung 63

mit der ersten fol-genden Entgeltab-rechnung, spätes-

tens innerhalb von 6 Wochen

*Änderungsmeldungen sind seit dem 01.11.2011 nicht mehr an die Krankenkassen zu übermitteln. Sieht Ihr Entgeltabrechnungsprogramm die Übermittlung jedoch noch vor, so können Sie diese Meldungen weiterhin an die Krankenkassen übermitteln. Außerhalb der vorherigen Tabellen werden nachfolgend die Abgabegründe zusammen- gefasst dargestellt. Abgabegründe

Schlüs-selzahl

Abgabegründe in den Meldungen nach der DEÜV

10 Anmeldung wegen Beginns einer Beschäftigung 11 Anmeldung wegen Krankenkassenwechsels 12 Anmeldung wegen Beitragsgruppenwechsels 13 Anmeldung wegen sonstiger Gründe / Änderungen im Beschäftigungsverhältnis

Anmeldung nach unbezahltem Urlaub oder Streik von mehr als 1 Monat Anmeldung wegen Änderung des Personengruppenschlüssels ohne Beitragsgruppen-

wechsel 30 Abmeldung wegen Endes der Beschäftigung 31 Abmeldung wegen Krankenkassenwechsels 32 Abmeldung wegen Beitragsgruppenwechsels 33 Abmeldung wegen sonstiger Gründe

Änderungen im Beschäftigungsverhältnis 34 Abmeldung wegen Endes einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach ei-

ner Unterbrechung von länger als einem Monat 35 Abmeldung wegen Arbeitskampfes von länger als einem Monat 36 Abmeldung wegen Wechsels des Entgeltabrechnungssystems 40 Gleichzeitige An- und Abmeldung wegen Endes der Beschäftigung 49 Abmeldung wegen Todes 50 Jahresmeldung 51 Unterbrechungsmeldung wegen Anspruchs auf Entgeltersatzleistungen 52 Unterbrechungsmeldung wegen Elternzeit 53 Unterbrechungsmeldung wegen gesetzlicher Dienstpflicht 54 Sondermeldung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt 60 Änderung des Namens 61 Änderung der Anschrift 62 Änderung des Aktenzeichens / der Personalnummer des Beschäftigten 63 Änderung der Staatsangehörigkeit 70 Jahresmeldung für freigestellte Arbeitnehmer 71 Meldung des Vortrags der Insolvenz / der Freistellung 72 Entgeltmeldung zum rechtlichen Ende der Beschäftigung

Abschließend sei auf die besonderen Vorschriften der §§ 28a ff. SGB IV verwiesen, in denen die Vorschriften über das Meldewesen verankert sind. 1205-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 5m

Im Baugewerbe muss der Arbeitnehmer seinen Personalausweis immer mit sich führen. Hierüber ist er von seinem Arbeitgeber zu "belehren"!

Für die baubetriebliche Praxis ist zu empfehlen, die Vorlage des Sozialversicherungs-ausweises z. B. durch Fotokopie zu dokumentieren (Einfügen in die Entgeltunterlagen Sozialversicherungs- bzw. Personalakte) und außerdem einen schriftlichen Nachweis über die o. a. Belehrung ausweis in Form eines vom Arbeitnehmer unterschriebenen Protokolls zu führen und ebenfalls in die Personalunterlagen einzufügen.

Seit dem 01.01.2009 besteht u. a. für Betriebe des Bauhaupt- und –nebengewerbes die Verpflichtung alle Arbeitnehmer spätestens zu Beginn der Beschäftigung mit einer So-fortmeldung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund anzumelden. Die Arbeitnehmer sind darauf hinzuweisen, dass sie den Personalausweis ständig mit sich zu führen haben. Dies ist erforderlich, damit bei Kontrollen durch die Hauptzollämter die Identität der angetroffenen Arbeitnehmer festgestellt werden kann und die Meldung zur Sozialversicherung überprüft werden kann. Diese „Sofortmeldung“ ist mit dem Abgabegrund spätestens mit Beginn der Beschäfti-gungsaufnahme zu übermitteln. Der Abgabegrund lautet „20“. Mit der Sofortmeldung sind folgende Inhalte zu übermitteln: - Name und Vorname des Arbeitnehmers - Rentenversicherungsnummer - Beginn der Beschäftigung - Betriebsnummer des Arbeitgebers.

Sobald mit der ersten Entgeltabrechnung die „echte“ Anmeldung übermittelt wird und diese Daten bei der Datenstelle der Deutschen Rentenversicherung (DSRV) gespeichert wird, wird die Sofortmeldung gelöscht. Mit der Sofortmeldung soll die Schwarzarbeit bekämpft werden. Die Mitarbeit der Zollämter haben Zugriff auf Daten der DSRV. Bei Kontrollen kann man anhand der Daten des Perso-nalausweises die Identität der angetroffenen Mitarbeiter feststellen und prüfen, ob eine Mel-dung zur Sozialversicherung vorliegt. Wenn ja, dann ist alles in Ordnung; ansonsten vermu-ten die Kontrolleure Schwarzarbeit. Als Arbeitgeber muss man dann glaubhaft machen, dass es sich nicht um Schwarzarbeit handelt. 1409-AA LB 15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6a 15. Versicherungsfreiheit der Arbeitnehmer

Versicherungsfreiheit ist die gesetzlich begründete Ausnahme von der Versicherungs-pflicht. Sie entsteht entweder kraft Gesetzes oder auf Antrag. Die bestimmten Perso-nengruppen sind nur dann versicherungsfrei, wenn sie grundsätzlich die Voraussetzun- Begriff gen für die Versicherungspflicht erfüllen. Die Versicherungsfreiheit ist in der Regel mit einer anderweitigen sozialen Sicherung der betreffenden Person begründet. Sie tritt automatisch ein, wenn die gesetzlichen Vo-raussetzungen erfüllt sind. Auch wer als beschäftigter Arbeitnehmer, also als Arbeiter oder Angestellter, gegen ein Arbeitsentgelt beschäftigt wird, welches die maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, ist kranken-, und pflegeversicherungsfrei. Diese Inhalte sind im vorangegan-genen Kapitel "Jahresarbeitsentgeltgrenze" bereits dargelegt worden. Die nachfolgen-den Ausführungen beschäftigen sich ausschließlich mit der Kranken-, Pflege-, Renten- PW-2/2-3d und Arbeitslosenversicherungsfreiheit von geringfügig Beschäftigten. a) Versicherungsfreiheit und Auswirkungen auf die Pflegeversicherung Hinsichtlich der Pflegeversicherung (SGB XI) wurde im Kapitel "Sozialgesetzbuch" be-reits der Grundsatz beschrieben, dass die Pflegeversicherung der Krankenversicherung folgt. Wer eine geringfügige Beschäftigung ausübt, ist in dieser Beschäftigung kranken-versicherungsfrei. Damit ist derjenige, der eine geringfügige Beschäftigung ausübt auch pflegeversicherungsfrei, denn nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind nur die versiche-rungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig in der Pflegeversicherung. Personen, die nach § 20 Abs. 3 in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflich-tig sind, können auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit werden (§ 22 SGB XI). Die Befreiung steht also Personen zu, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind. Sie haben nachzuweisen, dass sie privat versichert sind und für sich und ihre Angehörigen, die bei Versicherungspflicht pflegeversichert wären, die Leistungen beanspruchen können, die nach Art und Umfang den Leistungen der ge-setzlichen Pflegeversicherung entsprechen. Die so befreiten Pflegeversicherten haben den privaten Pflegeversicherungsvertrag so lange aufrechtzuerhalten, solange sie krankenversichert sind. Der Antrag auf Befreiung von der Pflegeversicherung kann nur innerhalb von drei Mo-naten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der gesetzlichen Pflegekasse gestellt werden. Die Befreiung gilt nur einheitlich für den Versicherungspflichtigen und seine mitversicherten Angehörigen. Die Befreiung gilt vom Beginn der Versicherungspflicht an; ein Widerruf ist nicht möglich. b) Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsfreiheit von geringfügig entlohnt Be-

schäftigten Nach § 7 SGB V sind Personen krankenversicherungsfrei, die eine geringfügige Be-schäftigung ausüben. Dies gilt u. a. nicht für eine Beschäftigung im Rahmen betriebli-cher Berufsbildung (Auszubildende, Praktikanten und Volontäre). Die Beurteilung, was unter einer geringfügigen Beschäftigung zu verstehen ist, ergibt sich aus § 8 SGB IV. 1206-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6b Die Aussagen zur Krankenversicherung gelten ebenfalls für die Pflegeversicherung. Arbeitslosenversicherungsfrei (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III) sind Personen in einer ge-ringfügigen Beschäftigung. In der Rentenversicherung sind geringfügig entlohnt Beschäftigte seit dem 01.01.2013 versicherungspflichtig. Dies gilt für alle geringfügig entlohnten Beschäftigungen, die nach dem 31.12.2012 aufgenommen wurden und auch für geringfügig entlohnte Be-schäftigungen, die vor dem 01.01.2013 aufgenommen wurden, deren Entgelt aber im Laufe der Zeit mehr als 450,00 EUR (alte Geringfügigkeitsgrenze) überschreitet. Versicherungsfreiheit wegen Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung besteht u. a. nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung beschäftigt sind (§ 7 Satz 1 Nr. 1 SGB V, § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB VI, § 27 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsfreiheit besteht ebenfalls nicht, wenn Arbeitnehmer sich in einer stufenweisen Wiedereingliederung einer nicht geringfügigen Tätigkeit befinden.. Versicherungsfreiheit besteht ebenfalls nicht für Personen, die wegen erheblichen Ar-beitsausfalls mit Entgeltausfall im Sinne der Vorschriften über das Kurzarbeitergeld oder eines witterungsbedingten Arbeitsausfalls Saisonkurzarbeitergeld erhalten und nur des-halb die Voraussetzungen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung erfüllen.

- Unterscheidung nach Art der geringfügigen Beschäftigung

Nach § 8 Abs. 1 SGB IV werden zwei Arten von geringfügigen Beschäftigungen unter-schieden: (1) die geringfügig entlohnte Beschäftigung und (2) die kurzfristige Beschäftigung.

- Geringfügig entlohnte Beschäftigung

Nochmals: Personen, die eine nach § 8 SGB IV geringfügige Beschäftigung ausüben, sind kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei. Eine Beschäftigung kann hiernach wegen einem lediglich geringen Arbeitsentgelt ge-ringfügig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sein.

Geringfügig entlohnt (und damit versicherungsfrei) ist eine Beschäftigung, wenn Geringfügige das Arbeitsentgelt regelmäßig monatlich den Betrag von 450 € (wöchentlich 103,85 €; kalendertäglich 15,00 €) nicht übersteigt. Entlohnung Unerheblich ist es, ob es sich hierbei um eine befristete oder unbefristete Beschäftigung handelt. Von dem Tag an, an dem das Arbeitsentgelt den Grenzwert übersteigt, tritt Versiche-rungspflicht ein. 1409-AA LB 15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6c Die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze im Laufe der Beschäftigung führt im Überschreitung der Allgemeinen vom ersten Tag der Überschreitung an zur Versicherungspflicht. Tritt je- Geringfügigkeits- doch unvorhergesehen eine nur gelegentliche Überschreitung ein, d. h. für längstens grenze zwei Monate im Laufe eines Jahres, so bleibt die Versicherungsfreiheit ausnahmsweise bestehen. An dieses Kriterium werden hohe Maßstäbe geknüpft. So ist genau zu doku-entieren, dass es sich um eine unvorhergesehene, nicht einplanbare Überschreitung handelt. Allgemein anerkannt ist, dass eine Krankheitsvertretung unvorhersehbar ist. Urlaubsvertretungen sind allerdings nicht unvorhersehbar. Für die Feststellung, ob die Entgeltgrenze überschritten wird, ist vom regelmäßigen Ar-beitsentgelt auszugehen. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (z. B. Weihnachtsgeld, Ur-laubsgeld) wird mit monatlich 1/12 dem laufenden Arbeitsentgelt zugerechnet, wenn die Zahlung mit hinreichender Sicherheit mindestens einmal jährlich zu erwarten ist. Bei schwankendem Arbeitsentgelt ist eine Schätzung erforderlich. Besonderheiten sind bei Vereinbarungen von Nettolöhnen und -gehältern zu beachten. Übernimmt der Arbeitgeber die Lohn- und/oder die Kirchensteuer, so sind diese Beträge ebenfalls Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung nach § 14 Abs. 2 SGB IV mit der Folge, dass der Grenzwert von 450 € durch die Hinzurechnung über-schritten wird. In diesem Fall ist die Beschäftigung nicht mehr geringfügig entlohnt und es tritt Versicherungspflicht ein. Nach wie vor ist auch die Pauschalierung der Lohnsteuer für geringfügig Beschäftigte möglich. 1206-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6d

Möglichkeiten der Lohnsteuerpauschalierung

Art der Tätigkeit Voraussetzungen Lohnsteuerpauscha-lierung

Kurzfristige Beschäfti-gung

Gelegentlich, nicht regelmä-ßig wiederkehrend und Beschäftigungsdauer maximal 18 Arbeitstage und Arbeitslohndurchschnitt nicht größer als 62 € pro Tag oder Beschäftigung ist zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt erforderlich und Arbeitslohn maximal 12 € pro Stunde

Zulässig mit 25 % des Arbeitslohns zzgl. KiSt und SolZ

Geringfügige Beschäf-tigung im Sinne von § 8 oder 8a SGB IV

Arbeitsentgelt maximal 450 € und keine Hauptbeschäftigung beim gleichen Arbeitgeber und pauschaler Beitrag zur Ren-tenversicherung nach § 168 oder 172 SGB VI

Zulässig mit 2 % einschl. KiSt und SolZ

Geringfügige Beschäf-tigung im Sinne von § 8 oder 8a SGB IV

Arbeitsentgelt maximal 450 € und keine Hauptbeschäftigung beim gleichen Arbeitgeber und kein pauschaler Beitrag nach § 168 oder 172 SGB VI

Zulässig mit 20 % zzgl. KiSt und SolZ

Das Bundessozialgericht hat dazu bereits am 12.11.1975 (3/ 12 RK 8/ 74) entschieden, dass die vom Arbeitgeber übernommene pauschale Lohnsteuer für die Prüfung der Ge-ringfügigkeit nicht dem gezahlten Nettoarbeitsentgelt zugerechnet werden kann. Für die Prüfung der Geringfügigkeit nach § 8 SGB IV werden alle Beschäftigungen zu-sammengerechnet; das bedeutet, dass alle versicherungsfreien und versicherungs-pflichtigen Beschäftigungen zur Beurteilung der Kranken-, Pflege- und Rentenversiche-rungspflicht zu addieren sind. Davon ausgenommen ist nur die Zusammenrechnung ei-ner geringfügig entlohnten mit einer kurzfristigen Beschäftigung nach § 8 SGB IV. Mehrere geringfügige Beschäftigungen (geringfügig entlohnte und kurzfristige Beschäf-tigungen) sind mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung und nicht geringfügi-gen Beschäftigung (versicherungspflichtige Beschäftigung) zusammenzurechnen. Hinzuweisen bleibt auf die Besonderheit in der Arbeitslosenversicherung, weil hier nach § 27 Abs. 2 SGB III geringfügig entlohnte und mehr als geringfügig entlohnte

(versicherungspflichtige) Beschäftigungen nicht zusammenzurechnen sind. 1206-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6e Für den Fall, dass ein Arbeitnehmer bereits wegen Überschreitung der Jahresarbeits-entgeltgrenze kranken- und pflegeversicherungsfrei ist, bleibt er auch in der nebenher ausgeübten geringfügig entlohnten Beschäftigung kranken- und pflegeversicherungs-frei; er ist allerdings rentenversicherungspflichtig. Es besteht dann allerdings Arbeitslo-senversicherungsfreiheit, da keine Zusammenrechnung erfolgt. Nimmt ein Arbeitnehmer, der versicherungspflichtig beschäftigt ist und bereits eine ge-ringfügig entlohnte Beschäftigung ausübt, eine weitere geringfügig entlohnte Beschäfti-gung auf, so wird er dann krankenversicherungsfrei, wenn die Arbeitsentgelte aus bei-den Beschäftigungen addiert die Jahresentgeltgrenze des aktuellen Kalenderjahres und voraussichtlich auch die des Folgejahres überschreitet. Eine Besonderheit ist noch zu beachten, wenn der zu beurteilende geringfügig entlohn-te Arbeitnehmer (Beamter) in seinem Hauptberuf nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 etc. SGB V oder nach anderen Vorschriften versicherungsfrei ist, oder wenn er von der Versicherungs-pflicht befreit ist. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 SGB V werden diese Arbeitnehmer durch die Aufnahme einer mehr als geringfügig entlohnten Beschäftigung nicht versicherungs-pflichtig. Es besteht auch keine Rentenversicherungspflicht, wenn diese Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 SGB VI rentenversicherungsfrei sind. Pauschalbeträge zur Kranken- und Rentenversicherung für geringfügig entlohnte Be-schäftigungen. Nach § 249 b Abs. 2 SGB V hat der Arbeitgeber einer Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV für Versicherte, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig sind, einen Beitrag in Höhe von 13 % des Arbeitsentgelts dieser Beschäftigung zu tragen. Voraussetzung hierfür ist, dass der geringfügig entlohnte Ar-beitnehmer in der gesetzlichen Krankenversicherung tatsächlich versichert (Familien-versicherung, Versicherung als Rentner, Student, Arbeitsloser, Freiwillig Versicherter) ist. Rentenversicherungsbeiträge sind nach § 172 Abs. 3 SGB VI für die Beschäftigten zu zahlen, die nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV geringfügig beschäftigt und demzufolge versi-cherungsfrei sind oder von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung befreit worden sind. Hier hat der Arbeitgeber einen Beitrag in Höhe von 15 % zu tragen und zu zahlen, wie wenn der Beschäftigte versicherungspflichtig wäre. Das gilt nicht für Studie-rende, die nach § 5 Abs. 3 SGB VI (= Praktikum) versicherungsfrei sind. In der Rentenversicherung ist allerdings - anders als in der Krankenversicherung - der Verzicht des Arbeitnehmers auf die Versicherungsfreiheit möglich (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Verzichtet ein geringfügig entlohnter Arbeitnehmer auf die Rentenversiche-rungsfreiheit, dann ist allerdings der volle Beitrag von zur Zeit 19,6 % des beitrags-pflichtigen Arbeitsentgelts (beachte: Mindestbeitragsbemessungsgrundlage monatlich 155 € !) zu zahlen. Der Arbeitgeberanteil beträgt in diesem Falle 15,0 % und der Ar-beitnehmeranteil beträgt zurzeit 4,6 %. Liegt das Arbeitsentgelt unter 155 €, hat der Arbeitnehmer einen Differenzbetrag selbst zu tragen. Dieser entspricht dem Beitragswert zwischen dem vom Arbeitgeber zu tra-genden Anteil und dem Mindestbeitrag aufgrund der Bemessungsgrundlage von 155 € (155 € x 19,6 % - 15 % des tatsächlich erzielten Arbeitsentgeltes = Arbeitnehmeranteil). 1409-AA LB 15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6f Beispiel: Arbeitsentgelt: 100,00 € 15 % von 100,00 € = 15,00 € 155,00 € x 19,6 % = 30,38 € - 15,00 € = 15,38 € Arbeitnehmeranteil - Kurzfristige Beschäftigung

Geringfügig ist eine Beschäftigung auch dann, wenn sie von vornherein auf höchstens zwei Monate (60 Kalendertage) oder 50 Arbeitstage begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt nicht geringfügig ist. Von dem 2-Monatszeitraum ist nur dann auszugehen, wenn die Beschäftigung an mindestens 5 Tagen in der Woche ausgeübt wird. Wird regelmäßig an 4 oder weniger Tagen in der Woche gearbeitet, gilt die Grenze von 50 Arbeitstagen. Bei der Prüfung, ob die Zeitgrenzen überschritten werden, sind die Zeiten aller kurz-fristigen Beschäftigungen im Laufe eines Kalenderjahres zusammenzurechnen.

- Zusammenrechnung mehrerer Beschäftigungen

(1) geringfügig entlohnte Beschäftigungen Werden nebeneinander mehrere Beschäftigungen ausgeübt, die - einzeln gesehen - wegen geringfügiger Entlohnung versicherungsfrei wären, so sind die Arbeitsentgelte zusammenzurechnen. Ergibt dies ein Arbeitsentgelt, das 450 € monatlich übersteigt, so besteht für alle diese Beschäftigungen Versicherungspflicht. (2) kurzfristige Beschäftigungen Es ist jeweils bei Beginn einer neuen befristeten Beschäftigung zu prüfen, ob diese - zusammen mit den schon im Laufe eines Kalenderjahres ausgeübten Beschäftigun-gen - zwei Monate oder 50 Arbeitstage überschreitet.

Bei dieser Zusammenrechnung treten an die Stelle des 2-Monatszeitraumes 60 Ka-lendertage. Mit Monaten wird hier nur dann gerechnet, wenn es sich bei den einzelnen Beschäftigungszeiten jeweils um volle Kalendermonate handelt. Sind Beschäftigungs-zeiten mit mindestens 5 Arbeitstagen in der Woche und Beschäftigungszeiten mit ge-ringerer Anzahl von wöchentlichen Arbeitstagen zusammenzurechnen, so gilt einheit-lich die Grenze von 50 Arbeitstagen. Überschreitet eine kurzfristige (zunächst versicherungsfreie) Beschäftigung entgegen der ursprünglichen Erwartung die Zeitgrenzen von zwei Monaten oder 50 Arbeitsta-gen, so beginnt die Versicherungspflicht mit dem Tage, an dem dies feststeht.

Vom 01.01.2015 bis 31.12.2017 liegt eine kurzfristige Beschäftigung dann vor, wenn die Beschäftigung von vornherein auf nicht mehr als 3 Monate bzw. 70 Kalendertage befristet ist.

- Berufsmäßigkeit einer Beschäftigung

Eine kurzfristige Beschäftigung kann trotz dieser Kurzfristigkeit versicherungspflichtig sein; dies ist dann der Fall, wenn eine solche kurzfristige Beschäftigung berufsmäßig 1409-AA LB 15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6g

ausgeübt wird. Der Begriff der Berufsmäßigkeit ist nicht legal definiert. Aus der Recht-sprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 28.10.1960 - 3 RK 31/ 56) ist abzu-leiten, dass eine Beschäftigung dann berufsmäßig ausgeübt wird, wenn sie für die in Betracht kommende Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Eine nur gelegentlich ausgeübte Beschäftigung ist grundsätzlich von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und daher nicht als berufsmäßig anzusehen. Wenn sich "gelegentliche" Beschäftigungen aber aneinanderreihen, ist ohne jede weitere Prüfung bereits dann Berufsmäßigkeit anzunehmen, wenn die Zeiten der Beschäftigungen in-nerhalb eines Kalenderjahres insgesamt mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage betragen. Dabei werden aber nur die Beschäftigungen zusammengerechnet, die mehr als geringfügig entlohnt gewesen sind; die Dauer der Beschäftigung ist unerheblich. Wird die zur Prüfung der Berufsmäßigkeit anstehende Beschäftigung von einer an sich bereits aus dem Berufsleben ausgeschiedenen Person ausgeübt, so werden nur die Beschäftigungen herangezogen, die nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben innerhalb eines Kalenderjahres ausgeübt worden sind.

Zeiten des Leistungsbezuges nach dem SGB III stehen Zeiten einer Beschäftigung gleich.

Für Arbeitslose, Personen nach der Schulentlassung (auch Abiturienten) und während unbezahltem Urlaub oder Elternzeit Beschäftigte gelten Besonderheiten:

(1) Arbeitslose

Nehmen Bezieher von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II (Hartz IV) eine Beschäftigung auf, so ist diese immer berufsmäßig ausgeübt und führt zur Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung, es sei denn, diese Beschäftigung ist geringfügig entlohnt. Dies gilt auch für diejenigen, die als Ar-beitsuchende für eine mehr als kurzfristige Beschäftigung beim Arbeitsamt ge-meldet sind.

(2) Arbeitnehmer, die gerade aus der Schule entlassen wurden

Zwischen der Entlassung aus einer allgemein bildenden Schule und der Auf-nahme einer Ausbildung oder einer erstmaligen Dauerbeschäftigung finden häu-figer auch zwischenzeitliche kurzfristige Beschäftigungen zur Überbrückung statt. Für solche Beschäftigungen (z. B. während der großen Ferien) gilt bereits die Be-rufsmäßigkeit. Allerdings bleiben auch hier wiederum die geringfügig entlohnten Beschäftigungen versicherungsfrei.

(3) Abiturienten

Grundsätzlich sind auch Abiturienten nach ihrer Schulentlassung bei der Auf-nahme einer danach stattfindenden Beschäftigung als berufsmäßig Beschäftigte anzusehen.Allerdings hat das Bundessozialgericht höchstrichterlich festgestellt, dass zwischen Abitur und Studium ausgeübte Beschäftigungen grundsätzlich als nicht berufsmäßig ausgeübt anzusehen sind, weil sie von untergeordneter wirt-schaftlicher Bedeutung sind (BSG, Urteil vom 11.06.1989, USK 80106). Nur wenn sich solche Beschäftigungen auf mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres erstrecken, ist Berufsmäßigkeit ohne nähere Prü-fung anzunehmen.

(4) Elternzeit, unbezahlter Urlaub Mit Ausnahme der geringfügig entlohnten Beschäftigungen sind während Zeiten des unbezahlten Urlaubs oder während der Elternzeit ausgeübte Beschäftigun-gen versicherungspflichtig, weil sie von an sich berufsmäßig Beschäftigten aus-geübt werden.

0801-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6h

Folgende Vereinfachungsgrundsätze können helfen, die Beurteilung der Versiche- Vereinfachungs- rungsfreiheit vorzunehmen: grundsätze

Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen

für geringfügige Beschäftigungen

1409-AA LB15

Ist die Beschäftigung zeitlich befristet?

nein

Beträgt das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt mehr als 450 Euro? (1)

nein

Neben der zu beurteilenden Beschäftigung …

… wird kei-ne oder nur eine kurz-fristige Be-schäftigung ausgeübt?

… wird aus-schließlich eine versicherungs-

pflichtige (Haupt-) Be-schäftigung ausgeübt?

… wird / werden bereits eine / meh-

rere geringfügig entlohnte Be-

schäftigung(en) ausgeübt?

… werden eine versicherungs-

pflichtige (Haupt-) Beschäftigung und bereits eine weite-re geringfügig ent-lohnte - versiche-rungsfreie - Be-schäftigung aus-

geübt?

Ist die Beschäftigung im Laufe eines Kalenderjahres auf nicht mehr als Monate oder 50 Ar-

beitstage begrenzt?

ja

nein

Die Addition der geringfügig ent-

lohnten Beschäfti-gungen ergibt ein regelmäßiges mo-natliches Arbeits-entgelt von mehr

als 450 Euro.

ja ja ja ja

ja nein

Die Beschäftigung ist wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei

Die Beschäftigung ist nicht wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei

Ausnahme: Arbeitslosenversicherung

ja

Fortsetzung der Grafik siehe

nächste Seite

ja

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6i

Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen

für geringfügige Beschäftigungen

(Fortsetzung)

1409-AA LB15

Fortsetzung der Grafik

Wird gleichzeitig Arbeitslosen-geld, Arbeitslosenhilfe oder Un-terhaltsgeld bezogen ist der Be-schäftigte beim Arbeitsamt als

Arbeitssuchender gemeldet oder befindet er sich in der

Elternzeit?

Beträgt das regelmäßige mo-natliche Arbeits-entgelt mehr als

450 Euro?

ja

ja ja

nein

Wurden im laufenden Kalender-jahr bereits befristete und / oder unbefristete Beschäftigungen - auch wenn sie geringfügig ent-

lohnt waren - ausgeübt?

ja

Ergibt die Addition aller anrechenbaren

Beschäftigungen mehr als 2 Monate (bzw. 60

Kalendertage) oder 50 Arbeitstage?

ja

Beträgt das regelmäßige mo-natliche Arbeitseinkommen

mehr als 450 Euro?

ja nein

Weiter mit (1)

nein

Die Beschäftigung ist kurzfristig und deshalb wegen Geringfügigkeit

versicherungsfrei.

Die Beschäftigung ist nicht wegen Ge-ringfügigkeit versicherungsfrei.

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6j d) Versicherungsfreiheit gegen Arbeitsentgelt beschäftigter Studenten (sog. Werkstu-

denten) Üben Studenten neben ihrem Studium eine (Neben-) Beschäftigung aus, ist die Frage nach der Versicherungspflicht in dieser Beschäftigung zu beurteilen. Wichtig ist die Prü-fung des Status; Student in diesem Sinne ist derjenige, der eine gültige und aktuelle Student Immatrikulationsbescheinigung vorlegen kann. Nicht mehr Student ist also derjenige, der exmatrikuliert ist oder den Studienabschluss erworben hat. Die Vorbereitung z. B. auf die Promotion wird außerhalb des Studiums i. d. S. durchgeführt. Versicherungsfrei-heit wegen einer (Neben-) Beschäftigung kann also nur während des Studiums vorlie-gen. Studenten, die neben dem Studium eine Beschäftigung ausüben sind unter bestimmten Voraussetzungen in dieser Beschäftigung kranken-, pflege- und arbeitslosenversiche-rungsfrei. In der Rentenversicherung besteht für Studenten in einer (Neben-) Beschäftigung generell Versicherungspflicht. Für Studenten, die eine geringfügig entlohnte Dauerbeschäftigung ausüben und des-halb im Sinne des § 8 SGB IV kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversiche-rungsfrei sind, ist dennoch der Pauschalbeitrag zur Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V sind Personen (kranken- und damit pflege-) versiche-rungsfrei, die während der Dauer ihres Studiums als ordentlich Studierende einer Hoch-schule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Auch in der Arbeitslosenversicherung sind Studenten in einer Beschäftigung, die wäh-rend der Dauer ihres Studiums als ordentlich Studierende an einer der o. a. Einrichtun-gen ausgeübt wird, versicherungsfrei (§ 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III). In der Rentenversicherung sind jedoch auch von Studenten während des Studiums ausgeübte Beschäftigungen mangels einer Vorschrift über die Versicherungsfreiheit stets versicherungspflichtig. Studenten sind folglich nur versicherungsfrei beschäftigt, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind:

(1) Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hoch- oder Fachhoch-

schule (2) Erfordernis des "ordentlich Studierenden" (3) Beschäftigung neben dem Studium

1206-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6k Hinsichtlich der Beschäftigung neben dem Studium muss nach einer Beschäftigung - in der vorlesungsfreien Zeit / Semesterferien bzw. - während des laufendes Semesters unterschieden werden. - Studium an einer bestimmten Einrichtung

Unter dieser Begriffsbestimmung sind alle staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen oder die sonstigen der fachlichen Ausbildung dienenden Schulen sub-sumiert. Dabei handelt es sich um Fachschulen, Akademien und sonstige rein berufs-ausbildende Schulen (z. B. staatlich anerkannte Lehranstalten für die Ausbildung med.-technischer Assistenten). Nicht hierunter fallen Maßnahmen, die der beruflichen Fortbildung außerhalb der üblichen Arbeitszeiten dienen (z. B. Abendkurse an Volks-hochschulen und sonstigen Bildungseinrichtungen von Organisationen, wie z. B. Bil-dungswerke der Arbeiterwohlfahrt, etc.).

- Erfordernis des "ordentlich Studierenden"

"Ordentlich Studierende" sind nur solche Personen, die ihre Zeit und ihre "Arbeitskraft" ganz oder zumindest überwiegend dem "Studium" widmen. Folglich gehören Perso-nen, die während der Semester / schulischen Bildung ihre überwiegende Zeit in einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt bei einem Arbeitgeber verbringen, nicht mehr zum "versicherungsfreien Personenkreis". Auch Personen, die Kurse in Bildungswerken etc. oder die Abendschule besuchen, sind nicht "ordentlich Studierende", wenn diese schulische (Aus-, Fort-, Weiter-) Bildung noch beispielsweise eine Halbtagsbeschäfti-gung zulässt. Das jeweilige Schulrecht und dessen Inhalte spielen keine Rolle bei die-ser Beurteilung. Personen, die zum Kreis der Studienplatzbewerber gehören sind noch keine "ordentlich Studierende".

- Beschäftigung neben dem Studium Beschäftigung

Den Betrieben ist zu empfehlen, sich vor der Einstellung von Studenten für die Zeit während der der Semesterferien folgende Fragen beantworten zu lassen: Semesterferien (1) Welche Beschäftigungen (auch Zeiten) wurden im letzten Jahr vor dem voraus-

sichtlichen Ende der beabsichtigten Beschäftigung ausgeübt? (2) An wie viel Wochenstunden wurde in diesen Beschäftigungen gearbeitet? (3) Werden zzt. oder während der beabsichtigten Beschäftigung weitere Beschäfti-

gungen (Jobs) ausgeübt? (4) Liegt eine gültige Immatrikulationsbescheinigung vor? (5) Handelt es sich in der Zeit der beabsichtigten Beschäftigung um eine "vorlesungs-

freie Zeit" (ggf. mit besonderer Bescheinigung des Hochschule)? 0801-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6l Wenn von "ordentlich Studierenden" während der normalen Vorlesungszeiten neben- Beschäftigung her Beschäftigungen ausgeübt werden, sind die Studenten in diesen Beschäftigungen während des stets dann versicherungsfrei, wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nicht mehr Semesters als 20 Stunden beträgt (vgl. u. a. BSG; Urteil vom 10.09.1975, USK 7586, 7589, 7599). Die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsfreiheit solcher Beschäftigungen bleibt auch dann bestehen, wenn während der vorlesungsfreien Zeiten / Semesterferien die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr als 20 Stunden angehoben wird. Folgende Grundsätze sind zu beachten: (1) Versicherungsfrei sind alle Beschäftigungen, die sich ausschließlich auf maximal

die Semesterferien bzw. die vorlesungsfreie Zeit beschränken. Ist diese Bedingung erfüllt, spielen Höhe des Arbeitsentgelts, Dauer der Beschäftigung und Anzahl der wöchentlichen Arbeitsstunden keine Rolle für die Beurteilung der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsfreiheit.

(2) Beschäftigungen, die z. B. nach Ende der Semesterferien noch ausgeübt werden, bleiben kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei, wenn diese Beschäfti-gungen nach maximal 14 Tagen des laufenden Semesters enden.

(3) Beschäftigungen während der Semesterferien, die während der nachfolgenden Vorlesungszeiten für längere Zeit oder unbefristet fortbestehen, sind grundsätzlich berufsmäßig und somit versicherungspflichtig ausgeübt.

(4) Sind einschließlich der zu beurteilenden Beschäftigung innerhalb der Jahresfrist insgesamt Beschäftigungszeiten von mehr als 26 Wochen oder 182 Kalendertagen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden pro Woche ausgeübt, besteht für die gesamte jetzt zu beurteilende Beschäftigung Versicherungspflicht.

Beispiele: (1) Eine Jurastudentin übt seit dem 01.02.2014 in einem Baubetrieb eine Beschäftigung

als Schreibkraft aus. Diese Beschäftigung ist unbefristet und wird wöchentlich an 13 Stunden ausgeübt. Das Arbeitsentgelt beträgt 450,00 €. Eine weitere Beschäfti-

gung wird nicht ausgeübt Diese Studentin ist - weil geringfügig entlohnt beschäftigt - kranken-, pflege,- renten-

und arbeitslosenversicherungsfrei. Für die Kranken- und Rentenversicherung sind aber Pauschalbeiträge zu entrichten.

(2) Die o. a. Jurastudentin wird vom 01.04.2014an wöchentlich an 19 Stunden beschäf-

tigt und erhält ein Arbeitsentgelt von 800,00 €. Vom 01.04.2014 an ist diese Studentin nunmehr kranken-, pflege- und arbeitslosen-

versicherungsfrei; sie ist rentenversicherungspflichtig. Für die Krankenversicherung (und für die Rentenversicherung ebenso) sind keine pauschalen Beiträge mehr zu entrichten.

(4) Die o. a. Jurastudentin reduziert vom 01.07.2014 an wieder ihre wöchentliche

Stundenzahl auf 13 Stunden (Arbeitsentgelt 450,00 €). Sie nimmt in einer Taxi-zentrale einen Job als Fahrerin an. Dort arbeitet sie an 7 Stunden wöchentlich und erzielt ein monatliches Arbeitsentgelt von 350,00 €.

Die Beschäftigungen werden zusammengerechnet; deshalb liegt keine Geringfügig-

keit vor. Es verbleibt aber bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung wie im 1409-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6m vorhergegangenen Beispiel, weil die Arbeitszeit aus beiden Beschäftigungen die

wöchentliche 20-Stunden-Grenze nicht übersteigt. Die Studentin ist in beiden Be-schäftigungen rentenversicherungspflichtig. Pauschalbeiträge sind allerdings nicht zu entrichten.

Von dieser Regel gibt es nur eng begrenzte Ausnahmen. So kann auch im Einzelfall Ausnahmen dann Versicherungsfreiheit bestehen, wenn die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20 Stunden während der Vorlesungszeiten beträgt (vgl. BSG, Urteil vom 22.02.1980, USK 8053). Dies ist dann der Fall, wenn die Beschäftigung ausschließlich an Wo-chenenden (Arbeitszeitgesetz beachten!) oder abends bzw. nachts ausgeübt wird und trotzdem gewährleistet bleibt, dass Zeit und Arbeitskraft überwiegend dem Studium gewidmet bleiben (ggf. Vorlage des Vorlesungs- / Studienplanes). Hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung in diesen Fällen sollte mit der zuständigen Einzugsstelle Kontakt aufgenommen werden. Beispiel: Ein Architekturstudent arbeitet in einer Bauunternehmung als Nachtwächter. Die wö-chentliche Arbeitszeit beträgt 24 Stunden (sechs Nächte á 4 Stunden). Die Beschäftigung ist kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei, weil sie nur in den Abend- bzw. Nachtstunden ausgeübt wird. Das Studium steht im Vordergrund. Es besteht Rentenversicherungspflicht

Wird die Beschäftigung eines Studenten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden in der Zeit der Semesterferien auf über 20 Stunden wöchentlich ausgeweitet, bleibt es bei der bisherigen versicherungsrechtlichen Beurteilung. Beispiel: Der o. a. Architekturstudent übt nur während der Semesterferien als Lkw-Fahrer seine Beschäftigung an 35 Wochenstunden aus. Es verbleibt bei der vorstehende Beurteilung, weil die Überschreitung der 20-Stunden-Grenze auf die Semesterferien begrenzt bleibt. Beschäftigungen, die nicht nur in der vorlesungsfreien Zeit an mehr als 20 Wochen-stunden ausgeübt werden, sind dann versicherungsfrei, wenn das Beschäftigungsver-hältnis von vornherein auf nicht mehr als zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage befristet ist. Dabei spielt die Höhe des Arbeitsentgelts keine Rolle. Werden im Laufe eines Jahreszeitraumes (einschließlich der zu beurteilenden Be-schäftigung) von einem Studenten mehrere Beschäftigungen ausgeübt, so muss ge-prüft werden, ob dieser Beschäftigte noch als "ordentlich Studierender" zu betrachten ist. Dies ist grundsätzlich nicht mehr der Fall, wenn der Student im Laufe eines Jahres mehr als 26 Wochen oder 182 Kalendertage beschäftigt ist. Innerhalb dieser Rahmen-frist eines Jahres, die also vom letzten Tage des zu beurteilenden Beschäftigungsver-hältnisses an zurückgerechnet wird, werden nur die Beschäftigungen zusammenge-rechnet, in denen die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20 Stunden betragen hat. Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung tritt von dem Tage an ein, von dem an erkennbar wird, dass 26 Wochen oder 182 Kalendertage überschritten werden.

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6n

Praktikanten sind in einem Unternehmen zur Vorbereitung für einen Beruf beschäftigt, Praktikanten um praktische Erfahrungen und Kenntnisse zu sammeln. Sie werden sozialversiche-rungsrechtlich getrennt von den Studenten beurteilt. Bestimmte Studiengänge schreiben Berufspraktika vor.

- Zwischenpraktikanten

Personen, die während des Studiums (also: wenn und solange sie immatrikuliert sind) zwischen zwei Semesterabschnitten (Vorlesungszeiten) das vorgeschriebene Prakti-kum absolvieren, sind in diesem Praktikum kranken-, pflege-, renten- und arbeitslo-senversicherungsfrei (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, § 5 Abs. 3 SGB VI, § 27 Abs. 4 SGB III). Voraussetzung ist das Fortbestehen der Immatrikulation bzw. des Schulbesuchs (z. B. bei Fachschulen).

- Vor-/Nachpraktikanten mit oder ohne Arbeitsentgelt

Sind nach der Studien- oder Berufsordnung Praktika vor Aufnahme des Studiums bzw. nach Studienende vorgeschrieben, gelten andere Prinzipien als bei den (wäh-rend der Immatrikulation ausgeübten) Zwischenpraktika. Krankenversicherungspflichtig sind Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsord-nungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungs-abschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikan-ten gleichgestellt (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V). Der Krankenversicherungspflicht folgt die Versicherungspflicht in der Pflegeversiche-rung. Rentenversicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule (1) ein Praktikum ableisten, das in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorge-

schrieben ist, oder (2) ein Praktikum ohne Entgelt oder gegen ein Entgelt, das regelmäßig im Monat 450 € nicht übersteigt, ableisten (§ 5 Abs. 3 SGB VI).

Somit gilt, dass so genannte Vorpraktikanten, die also ein in einer Studien- oder Prü-fungsordnung vorgeschriebenes Praktikum vor Beginn des Studiums ausüben, in die-ser Zeit also nicht als Studenten eingeschrieben sind, als Beschäftigte der Kranken-versicherungspflicht unterliegen. Sie sind also kranken-, pflege-, renten- und arbeits-losenversicherungspflichtig, wenn sie während des Praktikums Arbeitsentgelt bezie-hen. Beziehen sie kein Arbeitsentgelt, sind sie als Praktikant versichert. In diesem Fall ist zu beachten, ob eine Vorrangversicherung aus der Familienversicherung besteht. Diese Personen können nicht als geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 SGB IV angesehen werden (vgl. § 7 Nr. 1 SGB IV und § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger wird bei diesen Sachverhalten auch Arbeitslosenversicherungspflicht unterstellt.

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6o - Nachpraktikanten

Einige Studiengänge schreiben ein Praktikum vor, dass nach der theoretischen (Stu-denten-) Ausbildung abgelegt wird. Wenn dieses Nachpraktikum Bestandteil des Stu-diums ist, besteht generell Versicherungsfreiheit. Ist allerdings der Studienabschluss bereits erfolgt (Ablegung der letzten Abschlussprüfung) und dient dieses Praktikum der staatlichen Berufsanerkennung besteht keine Versicherungsfreiheit mehr; selbst dann nicht, wenn die Person noch immatrikuliert ist. Zur Verdeutlichung der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Praktikanten dienen die nachfolgenden Tabellen:

vorgeschriebene Praktika

Vorpraktika Zwischenpraktika Nachpraktika

KV/PV

ohne Arbeitslosenentgelt

Versicherungsfreiheit mit Arbeitsentgelt

Versicherungspflicht

ohne/mit Arbeitsentgelt

Versicherungsfrei - keine Beiträge

ohne Arbeitsentgelt Versicherungsfreiheit mit Arbeitsentgelt Versicherungspflicht

RV ohne/mit Arbeitsentgelt

versicherungspflichtig ggf. Entgeltfiktion 2014 = 27,65 € mtl.

ohne/mit Arbeitsentgelt

Versicherungsfrei - keine Beiträge

ohne/mit Arbeitsentgelt

versicherungspflichtig ggf. Entgeltfiktion 2014 = 27,65 € mtl.

AV ohne/mit Arbeitsentgelt

versicherungspflichtig ggf. Entgeltfiktion 2014 = 27,65 € mtl.

ohne/mit Arbeitsentgelt

Versicherungsfrei - keine Beiträge

ohne/mit Arbeitsentgelt

versicherungspflichtig ggf. Entgeltfiktion 2014 = 27,65 € mtl.

nicht vorgeschriebene Praktika

Vorpraktika Zwischenpraktika Nachpraktika

KV/PV

Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei (ggf. Pauschalbeitrag) Arbeitsentgelt>450 € mtl.

versicherungspflichtig

Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei (ggf. Pauschalbeitrag) Arbeitsentgelt>450 € mtl.

versicherungspflichtig

Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei (ggf. Pauschalbeitrag) Arbeitsentgelt>450 € mtl. versicherungspflichtig

RV Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei (Pauschalbeitrag) Arbeitsentgelt>450 € mtl.

versicherungspflichtig

Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei (kein

Pauschalbeitrag) Arbeitsentgelt>450 € mtl.

Versicherungspflichtig Kein Werkstudenten-

privileg

Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei (Pauschalbeitrag) Arbeitsentgelt>450 € mtl.

versicherungspflichtig

AV Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei Arbeitsentgelt>450 € mtl.

versicherungspflichtig

Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei Arbeitsentgelt>450 € mtl.

Versicherungspflichtig

Werkstudentenprivileg

beachten!!! - wö. Arbeits-

zeit nicht mehr als 20

Stunden.

Arbeitsentgelt nicht mehr

als 450 € mtl.

versicherungsfrei Arbeitsentgelt>450 € mtl.

versicherungspflichtig

1409-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6p e) Rentenversicherungsfreiheit der Bezieher einer Vollrente wegen Alters

Eingangs zu diesem Kapitel soll darauf hingewiesen werden, dass für Arbeitsverträge mit Rentnern generell arbeitsrechtlich keine anderen Vorschriften gelten, als für Arbeits-verträge mit Personen, die (noch) keine Renten beziehen. So ist beispielsweise der An-spruch des Versicherten auf eine Rente wegen Alters nicht als ein Grund anzusehen, der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach dem Kündi-gungsschutzgesetz bedingen kann (§ 41 Abs. 4 SGB VI). Auf Einzelheiten / Besonder-heiten zu tarifvertraglichen Auswirkungen bei Erreichen der Altersgrenze oder des Ren-tenbezuges einer Vollrente wegen Alters oder auf diesbezügliche Regelungen in Be-triebsvereinbarungen oder in Einzelverträgen soll hier nicht eingegangen werden. In der gesetzlichen Rentenversicherung wird nach § 33 Abs. 1 SGB VI u. a. Rente we-gen Alters geleistet. Diese Rente wegen Alters wird geleistet als Rente wegen Alters - Regelaltersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 35 SGB VI),

ab 01.01.2014 für das Geburtsjahr 1949 kann die Regelaltersrente erst nach Vollen-dung des 65. Lebensjahres und drei Monaten in Anspruch genommen werden,

- Altersrente für langjährig Versicherte nach einer Wartezeit von 35 Jahren und voll-endetem 62. Lebensjahr (§ 36 SGB VI),

- Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige nach einer Wartezeit von 35 Jahren und vollendetem 60. Lebensjahr (§ 37 SGB VI),

- Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute nach einer Wartezeit von 25 Jahren und vollendetem 60. Lebensjahr (§ 40 SGB VI)

- Altersrente für besonders langjährig Versicherte, nach Vollendung des 63. Lebens-jahres, wenn zuvor 45 Beitragsjahre nachgewiesen werden konnten.

Versicherte können eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilren-te in Anspruch nehmen (§ 42 Abs. 1 SGB VI). In der Kranken- und Pflegeversicherung hat der Rentenbezug z. B. einer Vollrente oder einer Teilrente wegen Alters keinen Einfluss auf die durch eine Beschäftigung begrün-dete Versicherungspflicht. Sofern also neben dem Rentenbezug noch eine Beschäfti-gung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt wird und das monatliche Arbeitsentgelt mehr als 450 € beträgt, besteht für diesen beschäftigten Rentner Versicherungspflicht. Anmerkung: Diese Personen haben keinen Anspruch auf Krankengeld, deshalb gilt für die Beitragsberechnung der ermäßigte Beitragssatz. In der gesetzlichen Rentenversicherung regelt eine besondere Vorschrift die Versiche-rungsfreiheit für Personen, die eine Vollrente wegen Alters beziehen (vgl. § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI); sie sind rentenversicherungsfrei, wenn sie neben dem Rentenbezug eine an sich rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben. Daraus folgt, dass Bezieher einer Teilrente wegen Alters in einer Beschäftigung grundsätzlich rentenversicherungs-pflichtig sind. Allerdings sind in diesen Fällen der Versicherungsfreiheit trotzdem Beiträge zur Renten-versicherung zu entrichten. Für Beschäftigte, die als Bezieher einer Vollrente wegen Al-ters versicherungsfrei sind, tragen die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags, der zu zah-len wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären (§ 172 Abs. 1 SGB VI). 1409-AA LB15

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DAS RECHT DER PERSONALWIRTSCHAFT PW 2 Sozialversicherungsrecht 2 6q - Beitragsfreiheit von Rentnern zur Arbeitslosenversicherung

Arbeitslosenversicherungsfrei sind seit 01.01.2012 (nur) die Personen, die das Alter für die Regelaltersrente vollendet haben, und zwar mit Ablauf des Monats, in dem sie dieses Lebensjahr vollendet haben (§ 28 Nr. 1 SGB III). Beispiel: Arbeitnehmer am 25.05.1949 geboren. Vollendung 65 Jahre und drei Monaten am 24.08.2014. Arbeitslosenversicherungsfreiheit ab 01.09.2014 Dies gilt nach Abs. 2 a. a. O. auch für Personen für die Zeit, für die ihnen ein An-spruch auf Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversi-cherung zuerkannt ist. Arbeitslosenversicherungsfrei sind auch Personen, die wegen einer Minderung ihrer Leistungsfähigkeit dauernd nicht mehr verfügbar sind, von dem Zeitpunkt an, an dem das Arbeitsamt diese Minderung der Leistungsfähigkeit und der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt haben. Auch in der Arbeitslosenversicherung gilt beitragsrechtlich eine Besonderheit: Für Beschäftigte, die wegen Vollendung des Alters für die Regelaltersrente versiche-rungsfrei sind, tragen die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrages, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer eine Rente wegen voller Erwerbsminde-rung bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht.

1409-AA LB15

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 a Die grundsätzliche Aufgabe der Personalbeschaffung Für die Personalbeschaffung kommen grundsätzlich zwei Wege in Betracht: Akquisition Zwei Wege über den innerbetrieblichen oder den außerbetrieblichen Arbeitsmarkt. Im Fall des inner- der Personal- betrieblichen Arbeitsmarktes bedient man sich des Mittels einer Personalumsetzung. Im akquisition zweiten Fall handelt es sich um eine Personaleinstellung. Sowohl in der Personalwissenschaft als auch von Praktikern werden die innerbetriebli-chen Lösungen bevorzugt. Dies hängt einerseits mit der grundsätzlich besseren Informa-tion über den einzelnen Kandidaten für eine Umsetzung zusammen, die sich - leicht nachvollziehbar - aus den Vorerfahrungen während der Zeit der Firmenzugehörigkeit er-geben. Andererseits bieten innerbetriebliche Maßnahmen den Mitarbeitern die Möglich-keit, im eigenen Unternehmen weiterzukommen oder einen geeigneteren Arbeitsplatz zu erlangen, was dann nicht unbedingt eine Frage des Aufstiegs ist. Hierdurch kann die Ar-beitszufriedenheit gesteigert werden, da Qualifikation und Anforderung bzw. Beanspru-chung und Belastung einen größeren Deckungsgrad aufweisen. Innerbetriebliche Aufstiegsmöglichkeiten stellen eine wesentliche Quelle der Arbeits- motivation dar. 8905-Vo LB15

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 b Maßnahmen bei Nutzung des innerbetrieblichen Arbeitsmarktes Es empfiehlt sich, ausgehend von einem Organigramm, eine Inventur des Mitarbeiterpo- PW-4/2 tentials aufzubauen. Dabei wird diese typische grafische Aufzeichnung der Aufbauorga-nisation um einige wenige Informationen ergänzt, die die jeweilige Nachfolgefrage und das grundsätzliche Entwicklungspotential der derzeitigen Stellenbesetzer symbolisieren. Nachfolgend wird ein gekürztes Beispiel gegeben, das je nach Bedarf weiter verfeinert werden kann. Inventur des Mitarbeiterpotentials

Techn. Lei tung

(S. Peter)

1

2

3

1

1

1

2

1

3

3

3

Baulei tung Hochbau

(K. Meyer) Tiefbau

(L . Schmidt) Baulei tung Bauleitung

schlüsself. Bau

(L. Schmidt)

Baulei te r (A. Anton)

Baulei ter (B. Bertram)

Polier (K. Schulze)

Pol ie r (S. Senne)

Pol ier (W. Wol fram)

= beförderungs reif

= fortbildungwürdig

= noch nicht genügend qualifiziert bestimmt möglich ungelöst

Nachfolge:

Als Maßnahmen zur Information über freie Stellen im Unternehmen bieten sich Interne Mittel folgende Wege an: der Personal- akquisition - interne Stellenausschreibung mittels Rundschreiben (evtl. auf bestimmte Personen-

gruppen ausgerichtet), - Aushang am Schwarzen Brett, - Bekanntmachung über die Firmenzeitschrift. 8905-Vo LB15

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 c Maßnahmen zur Nutzung des externen Arbeitsmarktes Die Maßnahmen können direkter oder indirekter Natur sein. Bei den direkten Maß- Wege zum nahmen erfolgt die Personalakquisition direkt von dem Unternehmen ausgehend ge- Arbeitsmarkt zielt auf potentielle Bewerber. Typisch für eine derartige Vorgehensweise ist das Aufge-ben eines Stelleninserats mit anschließender Auswahl der Bewerber und Entschluss zu einer Einstellung. Indirekte Maßnahmen schalten auf dem Weg zwischen Unternehmen und Bewerber einen Zwischenträger ein. Als Institution oder Person kann es sich dabei typischerweise um einen Personalberater handeln oder den Arbeitsvermittler bei einem Arbeitsamt. Zu den indirekten Maßnahmen sind auch Public-Relations-Aktivitäten (PR) des Unterneh-mens zu zählen, die das Ziel haben, das Unternehmen als Arbeitgeber am Arbeitsmarkt interessant zu machen. Bei den direkten Maßnahmen der Personalbeschaffung kommt es sehr auf die Qualität des Inserats und die Auswahl des geeigneten Mediums an. Bei den indirekten Maßnahmen mit einem persönlichen Zwischenträger liegt das be-sondere Problem in der möglichst exakten Beschreibung des oder der Wunschkandida-ten/in. Dies setzt die auch von Außenstehenden leicht verständliche Definition eines möglichst vollständigen Anforderungsprofils voraus, denn nur dann ist gewährleistet, dass eine geeignete Auswahl an Bewerbern vorgelegt werden kann. Die PR-orientierten, indirekten Maßnahmen bedürfen einer langfristigen Strategie im Rahmen der gesamten Unternehmenspolitik, die nicht allein die Personalfrage berührt. Es ist eine Frage der Imagegestaltung. Dafür sind periodische, über längere Zeitabstän-de gestreute PR-Maßnahmen erforderlich, die die Öffentlichkeit über das Unternehmen sachlich und korrekt aufklären. Informationsobjekte sind hierbei die Unternehmensent-wicklung in der Vergangenheit und in der Zukunft. Dabei muss es gelingen, das Bild eines aufgeschlossenen dynamischen Unternehmens mit moderner Personalpolitik zu entwerfen, das von der Öffentlichkeit akzeptiert wird. Die Bauunternehmer werden sich dieses Weges des Personalakquisition zukünftig be-sonders annehmen müssen, um sich bei ihrer Personalbeschaffung gegenüber Unter-nehmen anderer Branchen zu behaupten. Diese nutzen bereits heute ihren Imagevor-sprung, um qualifizierteres Führungspersonal zu gewinnen. Ein gutes Image fördert die Akzeptanz der personalakquisitorischen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit. Ferner führt sie zu unaufgeforderten, also für das Unternehmen kostengünstigen Bewerbungen. 9308-Vo LB15

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 d Das Stelleninserat als bedeutsames Hilfsmittel zur Personalbeschaffung Sicher ist eine Stellenanzeige nicht in jedem Fall der externen Personalbeschaffung das geeignete Instrument (z. B. wird selten ein Polier oder Bauleiter, die durchaus Personal-einstellungskompetenz haben können, per Anzeige Hilfskräfte suchen). Da jedoch bei der Erstellung von Stellenanzeigen das Optimum an Gedanken einfließen sollte, welches bei der Personalbeschaffung eine Rolle spielt, wird dieses Instrument hier besonders ausführlich behandelt. Ein erfolgversprechendes Inserat informiert den potentiellen Bewerber in sachlicher Weise über die wesentlichen Punkte der ausgeschriebenen Stelle. Die Vorzüge des An-gebotes müssen dabei vor allen Dingen schnell erkennbar sein. Wenn qualifizierte Bewerber gesucht werden, empfiehlt es sich dringend, den Firmen- Wirkung des namen als Imageträger aufzunehmen. Die Bewerberausbeute bei offenen Inseraten liegt Firmennamens um ein Mehrfaches höher als bei sog. Chiffre-Anzeigen. Dies hängt damit zusammen, dass die qualifizierten Bewerber ungern anonym ihre Vorzüge darlegen wollen. Sie wis-sen ja nicht, ob es sich evtl. um das arbeitgebende Unternehmen oder ein befreundetes Unternehmen handelt. Wenn der Firmenname aus branchen- oder hausinternen Grün-den unbedingt verschwiegen werden muss, ist die Einschaltung eines angesehenen Per-sonalberaters anzuraten. Sammelanzeigen mit mehreren Stellenangeboten auf mehreren Ebenen und für ver- Sammel- schiedene Funktionen gleichzeitig sollten vermieden werden, es sei denn, es handelt anzeigen sich um einen zusammenhängenden Vorgang, beispielsweise um die Gründung einer Niederlassung. Derartige Anzeigen vermitteln sonst das Gefühl einer unangemessenen Sparsamkeit bei wichtigen Anlässen. Das Format des Inserates muss der Bedeutung von Position und Unternehmen ent- Anzeigen- sprechen. Ferner muss es dem Standard des Mediums angepasst sein. format Der Aufbau des Inserates sollte sich an den allgemeinen Regeln für Werbung orientieren. Werberegeln Zunächst muss die Aufmerksamkeit des Lesers aus einem unsortierten und unübersicht-lichen Umfeld erregt werden. Dann ist das spezielle Interesse von möglichen Kandidaten zu wecken. Beide Vorgänge müssen in sehr kurzer Zeit ablaufen. Man denke dabei an einen Leser einer Wochenendausgabe mit 40 und mehr Seiten an Stellenanzeigen! Aus der Positionsschilderung muss schließlich der Wunsch entstehen, sich der erheblichen Mühe zu unterziehen, eine formvollendete Bewerbung an Sie zu richten. Dies ist eine Ak-tivität, die mehrere Stunden Arbeit erfordert. Dafür muss schon ein sehr kräftiger Motiva-tionsschub ausgelöst werden! Folgende Inhalte einer Stellenanzeige sollten vor Entwurf der ansprechenden "Verpa-ckung" anhand einer Checkliste zusammengestellt sein: Checkliste für ein Stellen- inserat 9308-Vo/Br LB15

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 e - Wer sind wir? (Firma, wirtschaftliche Situation, Führungsstil, Betriebsklima, Unternehmensentwick-

lung und Zukunft) - Was suchen wir? (Positionsbezeichnung, Ausschreibungsgrund, Tätigkeitsbeschreibung, hierarchische

Stellung, Besonderheiten des Arbeitsplatzes) - Was erwarten wir? (Qualifikationsmerkmale einschl. Bildungsabschluss und Dauer der Praxiserfahrung,

Lebensalter, Antrittstermin) - Was bieten wir? (Direkte und indirekte Vergütungen, Sozialleistungen, Fort- und Weiterbildung) - Wie ist die Bewerbung abzugeben? (Kurz- oder Langbewerbung, Telefonkontakt erwünscht, firmeninterner Ansprechpart-

ner, Umfang und Art der beizubringenden Unterlagen) Die Wirksamkeit der Anzeigen hängt neben der inhaltlichen Aussage und Gestaltung Erscheinungs- stark vom Erscheinungszeitpunkt und vom Werbeträger (= Medium) ab. Den größten zeitpunkt Leserkreis spricht man mit den regionalen und überregionalen Wochenendausgaben von und Medium Tages- oder Wochenzeitungen an, wobei sich Nachstoßaktionen an einem Wochentag oder in der Folgewoche bewährt haben. Während hier einerseits die breite Streuung vor-teilhaft ist, ist es bei der Suche nach Spezialisten sinnvoll, parallel die bereits fachlich vorselektierte Leserschaft von Fachzeitschriften anzusprechen. Sofern Personalbeschaffungsmaßnahmen relativ häufig auftreten, ist es nützlich, eine Erfolgs- Erfolgskontrolle der Anzeigenaktionen bezogen auf die einzelnen Medien vorzunehmen. kontrolle Personalauswahl Die Aktivitäten zur Personalauswahl folgen zeitlich gesehen der Analyse der zu erfüllen-den Arbeitsanforderungen, der Feststellung eines tatsächlichen personellen Bedarfs (= aktueller Bedarf) und den nötigen Handlungen zur Anwerbung von Bewerbern. Aus Bewerbern sollen Mitarbeiter an bestimmten Arbeitsplätzen werden. Von untergeordneter Bedeutung ist, ob es sich dabei um Personalumsetzungen oder Personaleinstellungen handelt. Die Anstrengungen zum Schließen von Informationslücken mit dem Ziel einer möglichst breiten Deckung von Stellenanforderung und Bewerberqualifikation werden bei externen Bewerbern vergleichsweise größer sein. Die Vorgehensweise folgt zeitlich-logischen Phasen zwischen einem ersten Bewerber- Phasen der kontakt bis zum Vorschlag eines neuen Arbeitsvertrages mit einer bestimmten Person. Bewerberaus- wahl 8905-Vo LB15-pa

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 f In Abhängigkeit von der Stelle und der Bewerbersituation sind diese Schritte unterschied-lich stark ausgefeilt. Folgende Kernelemente sind allerdings fast immer notwendig: Vorbereitung der Vorauswahl Die Vorauswahl geschieht auf der Grundlage der Bewerbungsunterlagen, die im Rahmen der Stellenausschreibung gefordert worden sind. Die Erfahrung zeigt, dass die ge-wünschte Vollständigkeit und Ordnung der Unterlagen vielfach von den Bewerbern nicht eingehalten wird. Aus dieser Sicht ist es nützlich, sich eines firmengebundenen Bewer-bungsformulars zu bedienen. Dieses füllt man entweder in der Personalabteilung anhand der vorgelegten Unterlagen selbst aus oder stellt es den Bewerbern zur Bearbeitung zu. Damit erleichtert man sich den Vergleich zwischen vielen Bewerbern. Ein solches Bewerberformular orientiert sich inhaltlich an den Anforderungen, die an Bewerberfor- vollständige Bewerbungsunterlagen in dem ausschreibenden Unternehmen gestellt mular anlegen werden. Die Vorauswahl Die Vorauswahl erfolgt indirekt, d. h. ohne persönlichen Bewerberkontakt nur anhand von Unterlagen. Von wesentlicher Bedeutung ist die Beurteilung des Bewerbungsschreibens. Der wich- Analyse des tigste Maßstab ist dabei, inwieweit sich der Bewerber mit den ihm zur Verfügung stehen- Bewerbungs- den Informationen über die Stellenanforderungen auseinandergesetzt hat. Wie erfolgte anschreibens beispielsweise die Anknüpfung an das Stelleninserat? Außerdem ist der Schreibstil in bezug auf die Stellencharakteristik ein bedeutsames Kriterium. Man sollte ferner den lo-gischen Aufbau der Bewerbung, die geistige Differenziertheit der Argumentation und den sprachlichen Ausdruck betrachten. Das Bewerberfoto stellt den ersten quasi-persönlichen Kontakt zum Kandidaten bzw. zur Aussage des Kandidatin her. Der Bewerter sollte sich hier in besonderem Maß vor schnellen Schlüs- Bewerberfotos sen hüten, da Äußerlichkeiten keine gesicherten Erkenntnisse über die Persönlichkeit zu-lassen. Auf der anderen Seite muss man bei der Beurteilung die möglichen Klischeevor-stellungen der berufsbedingten Kontaktpartner (Kunden, Kollegen usw.) des zukünftigen Stelleninhabers berücksichtigen. Der Lebenslauf ist das zweite Kernstück der Bewerbung neben dem Anschreiben. Seine Bewertungs- Analyse gibt sowohl wichtige Informationen zur Qualifikation des Bewerbers als auch zur kriterien des Gestaltung seines beruflichen Werdeganges. Gerade letzterer stellt den entscheidenden Lebenslaufes Ansatzpunkt für ein Bewerberinterview dar. Von wesentlicher Bedeutung ist das Aufspü-ren einer gewissen Kontinuität in der Karriereplanung. 8905-Vo LB15-pa

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 g Die Zeugnisse sind hinsichtlich ihrer Aussagekraft in Ausbildungszeugnisse (Schulen, Aussagewert Hochschulen usw.) und Arbeitszeugnisse zu unterteilen. Ausbildungszeugnisse mit von Zeugnissen ihren Notenskalen stellen selten absolute Leistungsaussagen dar. Der Bewerter könnte sie nur bei genauer Kenntnis des jeweiligen Umfeldes beurteilen, unter denen ehemals benotet wurde. Nur das starke positive oder negative Abweichen von Durchschnitts-werten gibt einen gewissen Hinweis auf Leistungsstärken oder -schwächen, denen dann später bei einem Interview nachgegangen werden sollte. Die ausführlichen Arbeitszeug-nisse haben dagegen ihren erheblichen Wert durch Informationen über Verantwortungs-niveau, Funktion und hierarchische Einstufung bei früheren Arbeitgebern. Die Vorauswahl hat den Sinn, den Aufwand für die spätere persönliche Bewerberaus- Grundprinzip wahl einzugrenzen. Dabei wird von dem Prinzip ausgegangen, dass der Werdegang und der Vorauswahl das Arbeitsverhältnis eines Bewerbers in der Vergangenheit Hinweise auf sein zukünfti-ges Verhalten zulässt. Entsprechend wird üblicherweise auch eine sehr große Anzahl von Bewerbungen bereits ausgesondert, sofern eine nur unbefriedigende Deckung von Stellenanforderungen und Bewerberqualifikation erwartet wird. Als organisatorisches Hilfsmittel sollte ergänzend zum Bewerberformular ein Beurtei- Beurteilungs- lungsbogen eingesetzt bzw. mit ihm kombiniert werden, der die Unterschiede zwischen bogen anlegen den Bewerbern transparent macht. Dies erleichtert ferner die späteren Interviews, weil sich hieraus die wichtigsten Ansatzpunkte übersichtlich herauslesen lassen. Es empfiehlt sich, sog. KO-Bedingungen zu definieren, die zu einem Sofortausschluss "KO-Bedingun- eines Bewerbers vor Eintritt in eine vertiefte Analyse führen. Dazu könnte z. B. das gen" definieren Ausscheren des Bewerbers aus dem vorher festgelegten Gehaltsrahmen für die Stelle gehören. (Andererseits könnten jedoch auch die von diesem Bewerber ausgewiesenen Eignungen ein Überdenken der entgeltpolitischen Spielräume und Variationsmöglich- keiten notwendig machen.) Einstellungsinterview Das übliche und letztlich entscheidende Prüfverfahren sind die persönlichen Interviews Bedeutung der mit den vorausgewählten Bewerbern. Sie dienen einerseits dem Schließen von Informa- Einstellungs- tionslücken aus dem Vorverfahren und andererseits der gründlichen beidseitigen Dar- interviews stellung und Abklärung der eigenen Vorstellungen über die zu besetzende Stelle. Zur Durchführung der Interviews gelten die Regeln, die man auch bei anderen per- Regeln für sönlichen Aussprachen mit Mitarbeitern, z. B. bei Kritikgesprächen, üblicherweise ein- Interviews hält. Dazu gehört eine optimale organisatorische Vorbereitung, besonders das Vermei-den von Störungen von außen. Bei dem Gespräch muss es rasch gelingen, die Hem-mungen aufgrund einer mehr oder weniger stark vorhandenen psychischen Belastung bei den Bewerbern seitens des Interviews abzubauen. 9308-Vo LB15-SS

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 h Letztlich muss die sich vorstellende Person so weit aufgelockert sein, dass sie den zeit-lich größeren Anteil am Gespräch übernimmt. Um den Informationsfaden nicht abreißen zu lassen bzw. die Gesprächslenkung nicht zu verlieren, sollte ein Gesprächsleitfaden aus Bewerber- und Beurteilungsbogen vorbereitet sein. Der Zeitrahmen für das Interview muss großzügig gesteckt sein, damit der Bewerber auch seinen Informationsbedarf decken kann. Auswertung der Interviews Die Ergebnisse aus den Bewerbungsunterlagen und den Interviews müssen letztlich zur Entscheidung mit Abschluss des Auswahlverfahrens führen. Die Kernfrage ist, ob der In-formationsbedarf aller Beteiligten im Unternehmen ausreicht, um den Deckungsgrad von Anforderungen und Qualifikation verlässlich bestimmen zu können. Es kann in diesem Zusammenhang nützlich sein, sich parallel verschiedener Testverfahren für Bewerber zu bedienen, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden kann. Sie umfassen ein nahezu unüberschaubar großes Feld an Möglichkeiten, die von einem einfachen Kenntnistest bis zum Einsatz sog. Assessment-Center reichen, bei denen die Bewerber einem speziell auf ihr späteres Tätigkeitsfeld zugeschnittenen Testkonglomerat einzeln oder in einer Gruppe ausgesetzt werden. Am Ende muss zwischen einer kleinen Zahl von Alternativen eine Entscheidung für nur Objektivierung einen Bewerber bzw. eine Bewerberin fallen, an der meist mehrere Personen (z. B. Per- des Auswahl- sonalleiter und spätere Vorgesetzte) beteiligt sind. Ausgehend von den Techniken der verfahrens sog. Nutzwertanalyse sollte zur Objektivierung des Verfahrens eine vor Einleitung der Bewerberauswahl gemeinsam verabschiedete Kriterienliste für die ausgeschriebene Stel-le vereinbart werden, die mit dem Beurteilungsbogen zu verknüpfen ist. Zusätzlich muss darin die Gewichtung der Kriterien transparent gemacht werden. Auf dieser Grundlage können dann die Beteiligten aus den vorliegenden Unterlagen und den nachfolgenden informationssuchenden Aktivitäten eine Bewertung abgeben, die sich üblicherweise an einem Punkteschema orientiert. Hierdurch entsteht eine Rangskala beim einzelnen Bewerter für alle Bewerber der Vorstellungsrunde, die nach einer vorher festzulegenden Gewichtung der einzelnen Stimmen zu einem Endergebnis zusammen-gefasst werden kann. So entsteht eine nachvollziehbare und damit objektivierende Lö-sung des Entscheidungsproblems. Nun muss der arbeitsrechtlich relevante Teil der Per-sonalumsetzung bzw. der Personaleinstellung bearbeitet werden. 8905-Vo LB15-pa

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PERSONALPLANUNG UND PERSONALBESCHAFFUNG PW 3 Personalbeschaffung 2 i Rechtliche Sonderprobleme im Zusammenhang mit der Personalplanung und Per- Rechts- sonalbeschaffung grundlagen Das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 nimmt Einfluss auf sog. "Allgemeine personelle Angelegenheiten", indem es einem vorhandenen Betriebsrat Rechte in Bezug auf Perso-nalplanung (§ 92), Personalfragebogen (§ 94) und Auswahlrichtlinien (§ 95) zubilligt. Eine Personalplanung im Unternehmen ist per Gesetz nicht vorgeschrieben. Die gesetz-lich zugebilligten Unterrichtungs- und Beratungsrechte für den Betriebsrat setzen also erst ein, wenn Personalplanung tatsächlich betrieben wird. Was nun im konkreten Fall mit dem Begriff Personalplanung zu belegen ist, d. h. wie ausgefeilt die Vorgehensweise sein muss, um als Planung bezeichnet werden zu können, ist nicht eindeutig geklärt. Auch ist nicht eindeutig geklärt, in welcher Weise der Arbeitgeber den gesetzlichen Verpflichtungen dem Betriebsrat gegenüber im Einzelfall nachzukommen hat, z. B. hinsichtlich des Umfanges und des Zeitpunktes. In der Praxis hat es sich als "klimatisch günstig" erwiesen, die Art und Weise des Umganges mit dem Betriebsrat in dieser Frage von konkreten Handlungen grundsätzlich zu klären. Praktiziert der Arbeitgeber nicht von sich aus Personalplanung, so kann der Betriebsrat ein Vorschlagsrecht ausüben und auf Einführung drängen. Dabei dürfen auch methodi-sche Hinweise gegeben werden. Die Einführung kann aber nicht erzwungen werden. Die rechtliche Stellung des Betriebsrates ist bei dem Einsatz von Personalfragebögen und Beurteilungsgrundsätzen gemäß § 94 wesentlich stärker. Personalfragebögen be-dürfen der Zustimmung des Betriebsrates! Diese starke Stellung gilt auch für Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen oder Umsetzungen. Dazu zählt auch der Einsatz von Testverfahren. Bei größeren Betrieben mit über 1000 Mitarbeitern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien zur Personalauswahl sogar erzwingen. 8905-Vo LB15-p

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ARBEITSSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZRECHT PW 6 Umsetzung 2 a Der Unternehmer ist verpflichtet, die Mitarbeiter über mögliche Gefahren zu unter- Unterweisungs- weisen, die sich aus der Arbeit ergeben können. Hierzu hat er vorher nach § 5 des Ar- pflicht beitschutzgesetzes eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. In der Praxis wird die-se Unterweisung üblicherweise vom betrieblichen Vorgesetzten, z. B. dem Polier oder Bauleiter, durchgeführt. Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit unterstützen dieses. Als Anlässe für Unterweisungsgespräche bieten sich an:

- Einführung neuer Maschinen, - vorgesehener Einsatz neuer Gefahrstoffe, - nach Unfällen, - Betriebsbegehungen, - Betriebsversammlung.

Diese Unterweisungen sind mindestens einmal jährlich durchzuführen und sinnvoller-weise zu protokollieren. Der Unternehmer muss eine Gefährdungsuntersuchung durchführen und eine wir-kungsvolle Erste-Hilfe organisieren. Hierzu sind Ersthelfer auszubilden. Damit diese später auf allen Baustellen sind, werden üblicherweise die Poliere oder Vorarbeiter Gefährdungsunter- ausgebildet. Außerdem müssen Verbandskästen, Krankentragen oder bei größeren suchung Baustellen auch Sanitätsräume vorhanden sein. Nach Arbeitsunfällen (einschließlich Erste Hilfe Wegeunfällen) sind die Berufsgenossenschaft und die Gewerbeaufsicht zu informieren. Sind Gefährdungen der Arbeitskräfte trotz technischer und organisatorischer Schutz- Persönliche maßnahmen nicht auszuschließen, hat der Unternehmer persönliche Schutzausrüstun- Schutzausrüstungen gen (PSA) in ordnungsgemäßem Zustand an der Arbeitsstelle zur Verfügung zu stellen. Hierunter fallen in Abhängigkeit der Arbeit

- Schutzhelme (die Trageverpflichtung wird oft ignoriert), - Schutzschuhe (durch ein gutes Schuhangebot auch mit der Unterteilung S-M-W

lässt sich die Akzeptanz und Zufriedenheit wesentlich erhöhen), - Schutzbrillen (sind leider auf den Baustellen häufig nicht vorhanden und kollektive

Brillen erhöhen auch nicht die Tragebereitschaft), - Gehörschutz (in Deutschland gibt es hierfür nur wenig Verständnis; die Vorgesetz-

ten sollten hier mehr eine Vorbildfunktion übernehmen), - Atemschutz (bei Staub oder Gasen ist er ein guter Schutz bei richtiger Benutzung;

nur mit einer guten Unterweisung einsetzbar), - Schutzhandschuhe (nur der Einheitsschutz ist nicht ausreichend), aber auch

Winter- und Wetterschutzkleidung (billige Bekleidung hat nur eine geringe Wirkung und gute Kleidung ist teuer und wird gerne anderweitig getragen).

Die Zurverfügungstellung von PSA ist mit Kosten verbunden und die Vorteile sind nicht direkt erkennbar. Aber auch im Einkauf sollte man sich die Gegenfrage stellen, warum das eigene Büro nicht mit 16 Grad beheizt wird und ein alter Bildschirm auch seine Funktion erfüllen würde. Zu einem sicheren Arbeitsplatz gehört es, dass er ohne Gefahr zu nutzen ist, be- Sozialräume leuchtet werden kann, Absturzsicherungen vorhanden sind, belüftet wird und Flucht-wege vorhanden sind. Außerdem sind Tagesunterkünfte sowie Toiletten entsprechend der Arbeitsstättenverordnung vorzuhalten.

1007-Off LB15

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ARBEITSSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZRECHT PW 6 Umsetzung 2 b Im Bauunternehmen muss geregelt sein, dass Geräte und Anlagen vor der ersten Inbe- Sicherheits- triebnahme, in angemessenen Zeitabständen sowie nach Änderungen überprüft wer- check den. Hierzu hat ein Unternehmen üblicherweise sachkundige Personen. Die erhöhten Anforderungen an Sachverständige können nur große Unternehmen vorhalten und werden ansonsten extern eingekauft. Zur Umsetzung gehört auch die Ladungssicherung von Materialien auf den Transport- Ladungssicherung fahrzeugen. Hierzu gehört einerseits das richtige Verzurren, aber andererseits auch die erforderlichen Materialien. Z. B. beim Kauf eines Fahrzeugs sollte an die entsprechen-den Zurrpunkte gedacht werden. Grundlage der betrieblichen Organisation der Arbeitssicherheit sind die dezentralen Ar-beitsplätze. Es ist eine Aufteilung in zentrale Aufgaben (z.B. die richtige Beschaffung) und die Umsetzung durch das Führungspersonal auf der Baustelle erforderlich. Die Fachkräfte unterstützen dabei. 9904-Off LB15

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ARBEITSSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZRECHT PW 6 Umgang mit Gefahrstoffen 3 a Auf dem Bauhof und fast allen Baustellen werden Gefahrstoffe verwendet. Solche Stof-fe kommen in fester, flüssiger oder gasförmiger Form als Bau-, Hilfs- und Betriebsstoffe vor und weisen eine der folgenden Eigenschaften auf: Gefahrensymbole nach der Gefahrstoffverordnung

Gefahren- symbole

Kenn- buch- stabe

Gefahren- bezeichnung

Gefahren- symbole

Kenn- buch- stabe

Gefahren- bezeichnung

E

Explosions- gefährlich

O

Brandfördernd

F +

Hochentzünd-lich

F

Leichtent- zündlich

T +

Sehr giftig

T

Giftig

C Ätzend

Xi Reizend

Xn

Gesundheits- schädlich

N

Umwelt- gefährlich

Gemäß § 7 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) muss der Bauunternehmer, der mit Stof-fen umgeht, sich vergewissern, ob es sich um einen Gefahrstoff handelt. Dies kann er durch die Kennzeichnung bei angelieferten Stoffen oder bei Umbauten / Abbrüchen aufgrund einer Voruntersuchung / Erfahrung feststellen.

0803-Of LB15

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ARBEITSSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZRECHT PW 6 Umgang mit Gefahrstoffen 3 b Beispiel einer Sicherheitskennzeichnung

Produktname

Gefahrensymbol

Wirkstoffe

Sicherheitshinweise

Hersteller

Kennzeichnung nach Gefahrstoffverordnung

Produktbezeichnung:

Enthält:12,50 % N-Cyclohexyldiazeniumdioxid,

Kupfersalz

mindergiftig Xn

Gesundheitsschädlich beim Verschlucken. Reizt die Augen. Darf nicht indie Hände von Kindern gelangen. Von Nahrungsmitteln, Getränken und

Futtermitteln fernhalten. Bei der Arbeit nicht essen, trinken und rauchen.

Bei Unwohlsein ärztlichen Rat einholen (wenn möglich, dieses Etikett vor-

zeigen).

Materialschutz GmbH kg netto

Die beim Umgang mit Gefahrstoffen erforderlichen Maßnahmen sind in der folgenden Abbildung dargestellt. Ablaufdiagramm bei der Verwendung von Gefahrstoffen

Neubau

Umbau/Abbruch

Arbeitsstoffe Abbruchstoffe

kontaminierte Ma-terialien

0703-Of LB15

Gefahrenermittlung

Gefährdungs- und Risi-kobewertung

Sicherheitsdatenblätter

Planung von Schutzmaßnahmen

Unterweisung der Beschäftigten

Kontrolle der Maßnah-men auf Wirksamkeit

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ARBEITSSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZRECHT PW 6 Umgang mit Gefahrstoffen 3 c Es ist wichtig, dass bei der Anlieferung von Baustoffen ("Bau-Chemikalien") darauf ge-achtet wird, dass immer das Sicherheitsdatenblatt mitgeliefert / vorhanden ist. Hierfür hat der Einkauf eine Verantwortung. Ebenso ist die Einsatzmöglichkeit durch minder gefährliche Stoffe zu prüfen. Beispiel für ein Sicherheitsdatenblatt:

0703-Of LB15

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ARBEITSSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZRECHT PW 6 Umgang mit Gefahrstoffen 3 d

0703-Of LB15

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ARBEITSSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZRECHT PW 6 Umgang mit Gefahrstoffen 3 e Mit Hilfe eines solchen Sicherheitsblattes oder dem EDV-Programm WINGIS der Bau-Berufsgenossenschaften kann nun die geforderte Betriebsanweisung erstellt werden. Betriebsanweisung nach § 14 GefStoffV

Betriebsanweisung

0703-Of LB15

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ARBEITSSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZRECHT PW 6 Umgang mit Gefahrstoffen 3 f Aufgrund der Neufassung der GefStoffV im Jahr 2005 sind die alten MAK- und TRK-Werte ersetzt worden durch Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte. Aller-dings geht es zukünftig nicht mehr um Einzelwertbetrachtungen, sondern um eine indi-viduelle Betrachtung eines Arbeitsplatzes und damit der eventuellen Überlagerung von Belastungen. 1308-Of LB15

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BESTIMMUNGSFAKTOREN DER BAUAUSFÜHRUNG P 2

Bauausführung in den Hauptbausparten 5 a 1. Wirtschaftliche Problematik der wechselnden Produktionsstätten

In der Bauwirtschaft findet vorwiegend die sog. Baustellenfertigung statt. Die Baustelle setzt sich i.d.R. aus der Baustelleneinrichtung und dem entstehenden Bauwerk zusammen. Die Produktionsstätten sowie Arbeitsplätze sind eng an das Baugelände (Grundstück) und das Objekt gebunden. Die Verlagerung der Produktionseinrichtungen zum Ort der Produktentstehung - in der Bauproduktion vorwiegend Einzelprodukte - er-fordert große Mobilität der Fertigungselemente. Man nennt die Bauwirtschaft aufgrund der Notwendigkeit der ständigen Anlagen-Orientierung zum Produkt auch die "Industrie der wandernden Fabriken". Die Konstruktion der auf Baustellen eingesetzten Maschi-nen und Hilfsmittel muss auf die häufige Ortsveränderlichkeit abgestimmt sein. Es ist zu beachten, dass durch den zeitlich begrenzten Einsatz nur Betriebsmittel wirtschaftlich sind, die ohne Schwierigkeiten transportiert, aufgebaut und auch wieder abgebaut wer-den können. Jede anlaufende Baumaßnahme muss neu eingerichtet und nach Beendi-gung der Arbeiten relativ kurzfristig geräumt werden. Manchmal müssen je nach Bau-werksgröße und -ausdehnung oder aus anderen Gründen die Fertigungsstätten sogar während der Bauzeit mehrfach umgesetzt werden. Durch das häufige Bewegen der An-lagenteile und Vorrichtungen findet eine große Beanspruchung bzw. Beschädigung des Materials statt. Um dem entgegenzuwirken, werden Geräte und Maschinenelemente robuster gebaut, was aber zu höheren Investitionskosten führt. Aufgrund der erforderlichen Beweglichkeit der Baustelleneinrichtung, des Zwanges zur Anpassung an die standortbedingten Verhältnisse und der kurzen Ausführungstermine besitzen die Produktionsanlagen meist provisorischen Charakter. Trotzdem muss die volle Funktions- und Leistungsfähigkeit des gesamten Arbeitssystems gewährleistet sein, die u. a. auch von einer komplett zur Verfügung stehenden Infrastruktur abhängt. Das bedeutet, dass größere Baustellen - über ein ausgebautes Wegenetz erreichbar sein müssen, - mit Strom, Wasser usw. ausreichend zu versorgen sind, - eine hinreichende Entsorgung erhalten, - mit einer Mindestausrüstung für Schutz gegen Witterungs- und Klimaeinflüsse sowie

für Sicherheit des Personals ausgestattet sein müssen und - über Aufenthalts-, Sanitär- sowie bedarfsweise Wohnräume für die Arbeitskräfte ver-

fügen müssen. Infolge des ständigen Variationszwanges birgt die Baustellenfertigung erhebliche öko-nomische Nachteile in sich, da sich die Auf- und Abbaumaßnahmen im Rahmen einer Bauwerksherstellung stets in vollem Umfang auf die Baukosten auswirken. 1005-Of LB15

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BESTIMMUNGSFAKTOREN DER BAUAUSFÜHRUNG P 2

Bauausführung in den Hauptbausparten 5 b 2. Steuerung/Regelung der Baustellenabwicklung

Steuern ist als eine Anweisung an ein System und die Einwirkung auf ein System zu verstehen, sich in einer bestimmten Art zu verhalten. Von außen wird ein Ziel vorgege-ben, dem sich das System durch äußere Eingriffe nähern soll. Aus der Sicht des Bau-auftraggebers erfolgt die Steuerung einer Baumaßnahme extern durch gerichtete Vor-gaben, wie Daten des Leistungsumfanges sowie der komplette Bauvertrag mit Ausfüh-rungsterminen und anderen Größen; Randbedingungen als evtl. Störungen für die ei-gentliche Bauausführung bleiben dabei unbeachtet. Regeln dagegen stellt die Lenkung der Abläufe innerhalb des Produktionsprozesses mit systemeigenen Mechanismen dar. Diese veranlassen und verwirklichen die von außen gestellten Aufgaben als Sollgrößen in technischer, organisatorischer und ökonomischer Beziehung. Ein besonders wichtiges Element des Regelprozesses ist das ständige Überwachen und Rückkoppeln der Teilergebnisse sowie das Angleichen an die Vorga-bedaten (Soll/Ist-Vergleich) mit der Aufdeckung und schnellstmöglichen Beseitigung auftretender Störungen. Da die Produktionsstätten am Bau, die Baustellen, zu den äußerst störanfälligen dyna-mischen Systemen gehören, ist die Einrichtung von Regelungsstrukturen, sog. Regel-kreisen, dringend notwendig. Hiermit kann eine Selbstorganisation (-steuerung) der menschlichen Kapazitäten zur Beherrschung der komplexen Bauabläufe mit selbst ge-steckten Zielen und Motivierung der eingesetzten Gruppen bewirkt werden. Voraussetzung für eine optimale Selbststeuerung ist die Versorgung aller Bereiche der Baustelle mit objektiv richtigen, ausreichend genauen, für jedermann verständlichen In-formationen über die jeweilige Situation. Die wichtigsten Personen für die Herstellung eines umfassenden Informationsflusses sind der Projektleiter des Auftraggebers und der Bauleiter der ausführenden Seite. Beide haben dafür zu sorgen, dass die Vertrags-unterlagen lückenlos und rechtzeitig zur Verfügung stehen sowie Änderungen der Konstruktionspläne vermieden bzw. rechtzeitig erkannt und bewertet werden. Eine wei-tere unverzichtbare Grundlage für eine zielsichere Bauabwicklung bildet eine sorgfältig durchdachte Arbeitsvorbereitung. Sie stellt die unabdingbare Richtschnur für alle be-trieblich relevanten Zusammenhänge dar, an der sich alle beteiligten Stellen zu orientie-ren haben. Zu diesem Informationspaket gehören die Festlegungen gemäß Verfahrens-, Ablauf-, Bereitstellungs- und Einrichtungsplanung. Zur Einhaltung der hiermit vorgege-benen Zielgrößen muss eine permanente Kontrolle der Fertigungsabläufe durch Rück-koppelung geschehen, indem die Ist-Werte des Stunden-, Geräte- und Materialver-brauchs (Berichterstattung) mit den Soll-Werten verglichen werden. Fi/Re-3/3-a Bei Abweichungen muss das System sofort reagieren, nach Ursachen suchen und evtl. Rationalisierungsmaßnahmen ergreifen. Es kommt besonders auf die Bereitschaft zu einer reibungslosen Zusammenarbeit zwischen Bauführung und Meistern, Polieren, Vorarbeitern, Kolonnenführern usw. an, die gemeinsam zu einer optimalen Arbeitsgestaltung und -organisation beitragen. Dazu ist ein gutes gegenseitiges Vertrauen mit Offenheit in allen Fragen und korrekter Be-richterstattung erforderlich. Auch der menschliche Umgang mit den Arbeitskräften und die Leistungsmotivation in jeder Phase des Baugeschehens gehören zu den Bestand-teilen des Gesamterfolges (Förderung des Teamgeistes).

1005-Of LB15

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BESTIMMUNGSFAKTOREN DER BAUAUSFÜHRUNG P 2

Bauausführung in den Hauptbausparten 5 c

3. Störungsbekämpfung im Bauablauf

Auf fast allen Baustellen treten ungewollt Behinderungen der Bauabläufe durch verschiedenartige Störungen auf. Diese lassen sich im wesentlichen auf vier Ursachen-bereiche zurückführen: - das Bauwerk, - den Vertrag, - die Witterung, - den Menschen. Jeder Störung muss eine geeignete Maßnahme entgegengesetzt werden, die den Nor-malzustand der Arbeiten gewährleistet bzw. wiederherstellt. Was das Bauwerk betrifft, so können komplizierte örtliche Verhältnisse vorliegen. Be-sonders der Baugrund kann hinsichtlich der Beschaffenheit der Boden- und Felsarten unvorhergesehene Schwierigkeiten bereiten. Dann genügen möglicherweise die einge-setzten Maschinen nicht den Anforderungen, so dass auf andere Gerätearten und/oder größere verfügbare Kräfte umgestellt werden muss; unter Umständen muss ein anderes Verfahren gewählt werden, um eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit zu erzielen. Vorhandenes Grundwasser kann in den verschiedenen Bauphasen unterschiedliche Auswirkungen auf den Baufortschritt haben. Um die Baugrube trocken zu halten, muss evtl. ein einfaches Pumpenaggregat bei steigendem Grundwasserspiegel durch eine aufwendige Absenkungsanlage ersetzt werden. Aus dem Vertrag resultierende Störungen bewirken, dass das Bauwerk nicht in geplanter Weise errichtet werden kann. Dieser Zustand tritt ein, wenn einer der Ver-tragspartner die Vertragspflichten verletzt. Derartige Fälle können auftraggeberseitig sein - verspätet erteilte Baugenehmigung, - verspätete Bereitstellung der für die Ausführung notwendigen Planunterlagen, - Änderung der Konstruktionen und Bauteile während der Bauphase, - nicht zutreffende Angaben bezüglich der Baugrundsituation usw. Von seiten des Auftragnehmers können Behinderungen verursacht werden durch - zu geringe Bereitstellung der erforderlichen Kapazitäten an Arbeitskräften und Ma-

schinen zum Baubeginn oder während der Produktion, - ein falsch gewähltes Bauverfahren, das nicht zum technisch gewünschten Ziel führt, - die Verzögerung der vereinbarten Arbeiten des vom Auftragnehmer beauftragten

Nachunternehmers, - den Konkurs eines am Bau beteiligten Unternehmens usw. Alle aus dem Vertrag herzuleitenden Einflüsse auf die Bauabläufe sind möglichst schnell von den Partnern aufzugreifen, gemeinsam zu erörtern, um damit Hilfen zur Be-schleunigung der Arbeiten zu schaffen und evtl. eingetretene Schäden zu minimieren. Witterungsbedingte Behinderungen können nach ihrem Ausmaß mehr oder weniger ausgeprägt sein. Im Jahresmittel kann dabei grob mit einem Ausfall von 20 Arbeitstagen gerechnet werden. 9003-Of LB15

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BESTIMMUNGSFAKTOREN DER BAUAUSFÜHRUNG P 2

Bauausführung in den Hauptbausparten 5 d Als typisches anfälliges Beispiel kann der Erdbau genannt werden, bei dem der Wetter- einfluss besonders gravierend ist. Das Erdplanum kann durch Regen derart aufge-weicht sein, dass die Oberfläche durch fahrende Maschinen zerstört wird. So wird auch die notwendige Verdichtung von eingebauten Erdstoffen bei übermäßigem Wasserge-halt infolge hoher Niederschläge unmöglich. Hier müssen die Arbeiten eingestellt wer-den, bis das Regenwetter vorüber ist; u. U. müssen Sondermaßnahmen ergriffen wer-den, um den Betrieb schnell wieder in Gang zu bringen. Auch im Betonbau wirken sich Frost und große Hitzeeinwirkung nachteilig auf den Bau-stoff aus, so dass die Einbauflächen entweder mit Schutzdächern abgedeckt oder bei geringen Temperaturen Zelte mit Wärmevorrichtungen aufgebaut werden müssen. Diese bautypischen Randbedingungen führen dazu, dass die Baustellen im Winter häu-fig witterungsbedingt stillgelegt werden müssen. Nur aufwendige Winterschutzmaß-nahmen können dieses verhindern. Störungen aus dem menschlichen Bereich können auf mangelndes Leistungsvermö-gen, unzulängliche Qualifikation, plötzlichen Ausfall von Arbeitskräften und unzurei-chende Organisation der Arbeitsprozesse zurückgeführt werden. Bedienungsfehler, aber auch Schäden an Maschinen führen zu Unterbrechungen und Leerläufen. Die menschlich bedingten Einflüsse müssen durch sorgfältige Vorbereitung der Arbeiten und souveräne Führung der Baustellen-Mannschaft möglichst reduziert werden.

4. Erfassung der Leistungsmengen (Aufmaß)

Die im Zuge des Produktionsprozesses erbrachten Bauleistungen müssen noch wäh-rend der laufenden Arbeiten und des Baufortschrittes festgehalten werden, sofern sie nicht in gleicher Größe mit den Maßen der Zeichnungen übereinstimmen. Die Feststel-lung der erbrachten Arbeiten heißt Aufmaß und sollte in Abhängigkeit von den vertragli Aufmaß chen Bestimmungen und nach einer Klärung mit dem Auftraggeber festgelegt werden. Das gilt besonders dann, wenn neben Abweichungen die Aufmaße nach Fertigstellung der einzelnen Bauteile nicht mehr in Augenschein genommen werden können; zum Beispiel bei Erdarbeiten im Untergrund treten unterschiedliche Bodenarten auf, deren Horizonte im Aufmaß festgehalten werden müssen, um später die genauen Mengen aus diesen Angaben berechnen zu können. Aus diesen Gründen sind baubegleitende Aufmaße an Ort und Stelle vorzunehmen, die Skizzen, alle notwendigen Maße und sonstigen wichtigen Hinweise enthalten müssen. Diese Aufmaßurkunden bilden eine wesentliche Grundlage für die spätere Abrechnung. Die Aufmaße sind vom Auftrag-nehmer und Auftraggeber auf Verlangen gemeinsam durchzuführen und in doppelter Ausfertigung vollständig auszufüllen, von den Beteiligten zu unterzeichnen und jeder Seite ein Exemplar auszuhändigen. 9003-Of LB15

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WIRTSCHAFTLICHE FÜHRUNG DER HILFS- UND NEBENBETRIEBE P 6 Organisation und Kostenverrechnung 2 a

Hilfsbetriebe Das wirtschaftliche Ziel für die Hilfsbetriebe ergibt sich aus dem Zielsystem des gesam-ten Unternehmens und richtet sich auf einen positiven Beitrag zur Rentabilität des Un-ternehmens. Ziel ist es daher, in den Hilfsbetrieben eine Vollkostendeckung zu erreichen, da in die-sen Bereichen ein Gewinn nur zu Lasten des Ergebnisses der Marktleistung erreicht Vollkosten- werden kann. deckung Das Ziel der Vollkostendeckung birgt insofern Gefahren in sich, als die absolute Höhe der entstandenen Kosten von den Mitarbeitern und Verantwortlichen dieser Betriebe Problematik als gegeben betrachtet wird und es den Verantwortlichen nun hauptsächlich um die Technik der Kostenverteilung auf die Kostenträger (z. B. Baustellen etc.) geht. Zur wirt-schaftlichen Führung der Hilfsbetriebe gehört es aber auch, das Kostenniveau kritisch zu hinterfragen und Lösungswege aufzuzeigen, dieses Kostenniveau zu senken, da immer wieder gilt, dass die bewerteten Leistungen dieser Betriebsteile über die Kalkula-tion in den Marktpreis der Produkte eingehen und ein hohes Kostenniveau die Wettbe-werbssituation u. U. negativ beeinflusst. Hierzu ergeben sich die Fragen: Was wollen wir? In welchem Umfang wollen wir es? Auf die Werkstatt bezogen bedeutet dies: a) Wenn jeder Baustelle in einem Notfall geholfen werden soll, ergibt sich - ein großer Kapazitätsumfang und - ein breites Kapazitätsspektrum. b) Ein Senken der Werkstattkosten hat zur Folge, dass - entweder eine Warteschlange entsteht oder Fremdreparaturen erforderlich werden und - Spezialfälle nicht selbst gelöst werden können. Es geht also nicht vorrangig um die Kosten, sondern primär um die Anforderungen an die Leistungsbereitschaft eines Nebenbetriebes. Die Spannbreite reicht dabei von einer firmeninternen Autarkie bis zu Einrichtungen zur Beratung und Kontrolle. Zu den Hilfsbetrieben zählen z. B.: - Lagerplatz (mit Magazin), - Gerätepark - Werkstätten, - Fuhrpark - zentrales Wohnlager sowie bedarfsweise - Materialprüfstellen (z. B. Betonlabor).

9304-Schg/Of LB15

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WIRTSCHAFTLICHE FÜHRUNG DER HILFS- UND NEBENBETRIEBE P 6 Organisation und Kostenverrechnung 2 b Zu den Hauptaufgaben der Lagerplatzbetriebe gehört die Lagerung des genormten Lagerplatz- Rüst- und Schalmaterials sowie der Maschinen und Geräte. Ebenso kann die Zwi- betrieb schenlagerung von Roh- und Hilfsstoffen sinnvoll sein. Für den Lagerplatz sind folgende Kostenverrechnungen möglich: a) Verrechnung zu Lasten der Baustellen / ARGEN gemessen an der Bauleistung. Vorteil: Einfach zu realisieren. Nachteil: Es werden alle Kostenstellen belastet, unabhängig davon, ob Leistungen erbracht wurden oder nicht. b) Verrechnung von Ladekosten über das Ladegewicht. Vorteil: Gerechte Belastung auf die Baustellen. Nachteil: Bei manueller Verrechnung hoher Verwaltungsaufwand. c) Belastung über die angefallenen Lohnstunden. Vorteil: Gerechte Belastung auf die Baustellen. Nachteil: Hoher Verwaltungsaufwand, da exakte Stundenaufzeichnungen be-

nötigt werden. Der Begriff Magazin wird für das Kleingeräte- und Werkzeuglager verwandt. Das Magazin Spektrum reicht dabei vom einfachen Schraubenzieher bis zum elektronischen Bohr-hammer. Für die Verrechnung von Stoffen und Ersatzteilen aus dem Magazin ist ein Zuschlag als Deckungsbeitrag sinnvoll. Fi/Re-3/4-a Die Unterteilung der Werkstätten ist abhängig vom Tätigkeitsfeld des Bauunterneh- Werkstatt mens. Die mechanische Werkstatt ist z. B. für die Wartung und Reparatur sowie für den Auf- und Abbau von Maschinen und Geräten zuständig. Sie erstellt aber auch Sonder-konstruktionen. Ebenso kann eine Elektrowerkstatt zur Baustellenversorgung und Ma-schinenwartung oder eine Holzwerkstatt für Schalungskonstruktionen erforderlich sein. 9003-Schg/Co LB15

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WIRTSCHAFTLICHE FÜHRUNG DER HILFS- UND NEBENBETRIEBE P 6 Organisation und Kostenverrechnung 2 c Für Werkstätten erfolgt die Kostenverrechnung durch eine auftragsbezogene Stunden-erfassung. Der Mittellohn ergibt sich aus der Summe der nicht direkt zuzuordnenden Kosten, dividiert durch die erfassten Stunden. Die Fuhrparkbetriebe haben die Aufgabe, die zentralen Leistungen der Hilfs- und Ne-benbetriebe zu den dezentralen Produktionsorten zu transportieren bzw. sie unterei-nander zu verbinden. Die Fahrzeugbreite reicht vom Pritschenwagen über den Sattel-schlepper bis zum Spezialfahrzeug für Container. Das Betreiben eines eigenen Fuhrparks setzt eine bestimmte Auslastung der Fahrzeu-ge voraus. Andernfalls können externe Lösungen über Transport- oder Speditionsun-ternehmen vorteilhafter sein. Die Verrechnung geschieht dann auf Stunden- / Kilome-terbasis. Nebenbetriebe Nebenbetriebe sind im Gegensatz zu den Hilfsbetrieben wirtschaftlich selbständig und sollten auch so geführt werden. Sicherlich werden auch von diesen Geschäftsbereichen Leistungen für das eigene Unternehmen erbracht, die denen der Hilfsbetriebe gleichzu-setzen sind. Den Leistungen dieser Kostenstellen gehen jedoch Kalkulationen und An-gebote voraus, welche hausintern vielfach zu einem Pauschalauftrag führen. Zu den Nebenbetrieben zählen z. B.: - Fertigteilwerke, - Transportbetonwerke - Eisenbiegereien, - Schreinereien, Zimmereien, - Schalungsbetriebe, - Baustoffhandel. Die Grenze zwischen Hilfs- und Nebenbetrieben ist in den letzten Jahren immer undeut-licher geworden, da auch im Bereich der Hilfsbetriebe verstärkt Überlegungen angestellt werden, die Leistung als eigenständige Marktleistung anzubieten, um somit eine größe-re Wirtschaftlichkeit und Rentabilität zu erreichen. Diese Betriebe sollten als Hauptziel nicht nur Vollkostendeckung erzielen, sondern wie Profitcenter geführt werden. Erforderlich ist dafür eine externe Vermarktung und auch externe Konkurrenz um Aufträge im eigenen Unternehmen. 9003-Schg/Co LB15

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WIRTSCHAFTLICHE FÜHRUNG DER HILFS- UND NEBENBETRIEBE P 6 Grundlagen 1 a Abgrenzung der Begriffe Die Produktionsbereitschaft des Bauunternehmens wird langfristig bestimmt von Um-fang und qualitativem Niveau sowie dem Standort der Unternehmenskapazitäten. Diese manifestieren sich - neben dem Verwaltungsbetrieb - in stationären Hilfs- und Nebenbe-trieben. Hilfsbetriebe sind Betriebe, die der Erfüllung von Hauptaufgaben dienen, die unmittel- Hilfsbetriebe bar erforderlich sind und deren Leistungen überwiegend für eigene Baustellen (u. U. auch für andere Hilfsbetriebe) bestimmt sind. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Be-reiche darf nicht unterschätzt werden, da einerseits kurzfristig wichtige Vorprodukte er-stellt werden (z. B. Schalungsvorfertigung) und andererseits langfristig z. B. Maschi-nenwerte instandgehalten werden. Die Nebenbetriebe erbringen eine eigenständige Marktleistung für fremde Auftraggeber sowie u. U. Leistungen in der Funktion von Hilfsbetrieben. Die Marktleistung dieser Be- Nebenbetriebe triebe ist i. d. R. eine dem Hauptgewerbe verwandte Leistung, so dass das Angebot so-wohl für das eigene Unternehmen als auch für den Markt einsetzbar ist. Ihr somit unmit-telbarer Marktbezug bedingt daher eine Struktur, die der des eigentlichen Gewerbes gleicht, d. h. Kalkulation und Fakturierung der Leistungen sind mit der des Hauptunter-nehmens zu vergleichen, wobei das Merkmal der stationären Fertigung hinzukommt. I. d. R. werden die Hilfs- und Nebenbetriebe als integrierte Betriebsteile des gesamten Rechtsform Unternehmens geführt. Insbesondere größere Bauunternehmen denken jedoch darüber nach, die Hilfs- / Nebenbetriebe wirtschaftlich und rechtlich von dem Unternehmen zu lösen und als Tochtergesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft oder GmbH zu führen. Diese Trennung bewirkt somit, dass alle Leistungen dieser Bereiche zu "Marktleistungen" werden und die Anwendung eines Rentabilitätsbegriffes möglich ist. Der Nachteil einer solchen Selbständigkeit ist im erhöhten, eigenen Verwaltungs-aufwand sowie u. U. in einer schwerfälligeren Kommunikation zum eigentlichen Bauun-ternehmen zu sehen. Die Hilfsbetriebe im besonderen, aber auch die Nebenbetriebe sind in einer unter- Standort- stützenden Funktion für den eigentlichen betrieblichen Zweck - der Marktleistung zu problematik betrachten. Da sich die Produktion im Baugewerbe aufgrund der Einzelfertigung dezent-ral über ein Einzugsgebiet verteilt, ist die Frage nach dem Standort von Hilfs- / Nebenbe-trieben eine kostenorientierte Frage, da alle Leistungen dieser Betriebsteile an den de-zentralen Ort der Produktion versandt werden müssen. Dies bedingt, dass häufig ein ei-gener Fuhrpark unterhalten wird, der diese Funktion wahrnimmt. Ein zentraler, verkehrs-günstig ans Netz angebundener Standort ist daher anzustreben. Die Hilfsbetriebe können der Aufsicht einer Verantwortungsperson aus der Unterneh-mensleitung oder direkt der Geschäftsleitung unterstellt sein. 9003-Schg/Co LB15

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MATERIALDISPOSITION M 2 Einkaufsorganisation 3 a Der Einkaufsbegriff ist enger als der Beschaffungsbegriff auszulegen. So bezieht sich die Funktion der Einkaufsabteilung auf die Beschaffung der Werkstoffe, Fertigerzeug-nisse, evtl. Nachunternehmerleistungen und der Betriebsmittel. Die Beschaffung von Personal und der notwendigen Kapitalausstattung ist bei dieser Begriffsdefinition aus-gegrenzt. Der Einkauf als betriebliche Grundfunktion muss im Organisationssystem des Unter-nehmens fest eingebunden und mit den notwendigen Kompetenzen interner und exter-ner Natur ausgestattet sein. Die Einkaufsorganisation ist somit eine unmittelbare Funk-tion des Aufbaus sowie der Beschaffungs- und Absatzmarktstruktur des jeweiligen Un-ternehmens. Zur näheren Charakterisierung lässt sich die Einkaufsorganisation in zwei unterschied- liche Sichtweisen trennen:

Einkaufsorganisation

Äußere Innere Organisation Organisation

Die äußere Einkaufsorganisation unterscheidet in bezug auf den Kontakt der Einkaufs-abteilung(en) zur direkten Umwelt zwischen einer zentralen und einer dezentralen Ein-kaufsorganisation. Die innere Einkaufsorganisation orientiert sich vermehrt an der Frage der Produktionsstruktur der jeweiligen Unternehmens, an eine Gliederung nach dem äußere und Funktions- oder dem Objektprinzip. innere Ein- kaufsorganisation Zentrale Einkaufsorganisation Eine zentrale Einkaufsorganisation bedeutet die Etablierung einer gesamtheitlichen Einkaufsabteilung in der Firmen-Zentrale bzw. bei Niederlassungs-Firmen in den jewei-ligen Niederlassungen. Dieser Abteilung obliegt es, für den gesamten Bereich des Un-ternehmens bzw. der Niederlassung alle notwendigen Werkstoffe, Betriebsmittel und Dienstleistungen nach den Bereitstellungsprinzipien zu beschaffen. Vorteile der zentralen Einkaufsorganisation: Die zentrale Einkaufsabteilung kann aufgrund der vollzogenen Arbeitsteilung den Be-schaffungsmarkt und dessen Entwicklungen genau beobachten und schnell auf neue Situationen reagieren. 9003-Schg LB15

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MATERIALDISPOSITION M 2 Einkaufsorganisation 3 b Die Zusammenfassung des Beschaffungsbedarfs über das gesamte Unternehmen hin-weg bedeutet ein größeres Einkaufsvolumen und somit eine bessere Verhandlungspo-sition im Hinblick auf Preisgestaltung und Nebenabsprachen. Aufgrund des Überblicks über den Gesamtbedarf an Betriebsmitteln kann durch organi-satorische Maßnahmen die Problematik der Mehrfachbeschaffung gemildert werden. Zur Abwicklung des Einkaufs werden nur wenige speziell qualifizierte Einkäufer benö-tigt, wobei sich deren Detailwissen und Routine gleichmäßig über alle Einkaufsvorgän-ge hinweg verteilen. Nachteile der zentralen Einkaufsorganisation: Bei zeitlich gedrängten Anforderungen und Lieferterminen ist die zentrale Einkaufsabtei-lung stark beansprucht. Die Informationswege vom Ort der Bedarfsmeldung bis zur Bestellung an den Lieferan-ten sind auf diese Weise formalisiert und zeitlich gestreckt. Dies kann mit einem Verlust an Informationsinhalten bezüglich des zu beschaffenden Produkts verbunden sein. Dezentraler Einkauf Eine dezentrale Einkaufsorganisation bedeutet die Verlagerung des Beschaffungsvor-ganges an den Ort des jeweiligen Bedarfs. Diese Dezentralisation erfolgt auf dem Wege der örtlichen Dezentralisation, d. h. die dezentralen Baustellen beschaffen die für ihren Bereich notwendigen Materialien selbständig. Je nach Größe und Struktur wird diese Beschaffung dem kaufmännischen Mitarbeiter, dem Bauleiter oder dem Polier vor Ort übertragen. Vorteile der dezentralen Einkaufsorganisation: Bei räumlich stark dezentralisierten Projekten ist es für die Mitarbeiter vor Ort zum Teil leichter, sich mit der jeweiligen Infrastruktur vertraut zu machen. Dies kann ein schnelle-res Reagieren bei zeitlich gedrängtem Beschaffungsbedarf zur Folge haben. Informationsverluste durch Übermittlung der Bedarfsmeldung an einen zentralen Ein-kauf entfallen. Je nach Persönlichkeitsstruktur der damit beauftragten Mitarbeiter kann diese Selb-ständigkeit die Motivation und das Gefühl des "Unternehmertums" unterstützen. 9003-Schg LB15

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MATERIALDISPOSITION M 2 Einkaufsorganisation 3 c Nachteile der dezentralen Einkaufsorganisation: Mangelnde Gesamtübersicht über den Bedarf schwächen u. U. die Verhandlungspositi-on in bezug auf Preisgestaltung und Nebenabsprachen und verstärken die Gefahr einer unnötigen Mehrfachbeschaffung. Da der Beschaffungsvorgang bei einer dezentralen Struktur nicht die Hauptaufgabe des damit betrauten Mitarbeiters ist, kann sich Spezialwissen und Routine nur innerhalb größerer Zeitspannen aufbauen. Organisation nach dem Funktionsprinzip Die Einkaufsorganisation nach dem Funktionsprinzip bedeutet eine starke Betonung von Spezialwissen und Erfahrungsroutine. Die Mitarbeiter der Einkaufsabteilung diffe-renzieren ihre Arbeit weiter nach den im Unternehmen anfallenden Funktionsbereichen. So kann vereinbart werden, dass ein oder mehrere Mitarbeiter ständig damit beauftragt werden, den Beschaffungsmarkt hinsichtlich speziell formulierte Kriterien abzuprüfen Marktbeobachtung und komplette Marktanalysen zu erstellen. Der Aufgabenbereich anderer Mitarbeiter kann sich vollkommen auf die Abwicklung des Bestellwesens konzentrieren, während noch andere Mitarbeiter die Rechnungsprüfung Abwicklung zum Gegenstand ihrer Arbeit haben. Der Objektbezug ist hier erst in zweiter Linie zu sehen, da alle Mitarbeiter einer auf die-se Weise gegliederten Organisation ihre speziellen Aufgaben für alle Objekte des Un-ternehmens wahrnehmen. Vorteile der Organisation nach dem Funktionsprinzip: Spezialwissen und tägliche Routine werden in diesem Prinzip sehr stark betont und dem gesamten Unternehmen zugänglich gemacht. Für alle weiteren Fachbereiche des Unternehmens kann dies eine sehr transparente Organisationsform sein, so dass die Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Mitarbeiter leicht möglich ist. Nachteile der Organisation nach dem Funktionsprinzip: Der Funktionsgeneralist tritt zugunsten des Spezialisten in den Hintergrund. Diese Organisationsform setzt eine gewisse Unternehmensgröße bzw. ein bestimmtes Einkaufsvolumen voraus, da sonst diese Organisationsform mit überhöhten Personal-kosten verbunden ist, weit die Spezialisten nicht ausgelastet sind. 9003-Schg LB15

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MATERIALDISPOSITION M 2 Einkaufsorganisation 3 d Organisation nach dem Objektprinzip Ist das Leistungsangebot des Unternehmens besonders differenziert bzw. stark an neu-en Technologien orientiert, kann das Beschaffungswesen für den Bereich der Werkstof-fe und Betriebsmittel auch nach dem Objekt-Prinzip gegliedert werden. Hierbei wird das Objekt in den Vordergrund gerückt, und die notwendigen Funktionen werden erst in zweiter Linie beachtet. Gerade die Orientierung an neuen Technologien verlangt es häufig, dass der Einkäufer sich sehr stark mit technischen Eigenschaften der zu beschaffenden Produkte beschäftigt. Um nun eine Durchgängigkeit des Beschaf-fungsvorganges gewährleisten zu können, soll der gesamte Beschaffungsvorgang in den Händen des inhaltlich versierten Mitarbeiters bleiben, d. h. es obliegt ihm, diesen Vorgang von der Suche nach neuen Lieferanten bis zur Rechnungsprüfung zu beglei-ten. Vorteile der Organisation nach dem Objektprinzip: Technisch anspruchsvolle Produkte werden durch den jeweiligen Sachverständigen während des gesamten Beschaffungsvorganges betreut. Die Einkaufsbesonderheiten bestimmter Bausparten werden in dieser Organisations-form in besonderer Weise berücksichtigt. Nachteile der Organisation nach dem Objektprinzip: Spezialistentum schränkt den Blick für die gesamtheitlichen Bedingungen ein. Eine solche Organisationsform setzt eine bestimmte Unternehmensgröße und Ein-kaufsvolumen voraus, da sonst die Personalkosten den Spezialisierungseffekt u. U. überkompensieren können. 9003-Schg LB15

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE (LEHRBRIEF 15) 1. Welche Merkmale werden im Rahmen der statistischen Totalerhebung im Bauhauptgewerbe erhoben? 2. Was beinhaltet die Bauvolumensrechnung? 3. Definieren Sie den Begriff "Deckungsbeitrag". 4. Wie lässt sich der Liquiditäts-Status ermitteln? 5. Inwiefern unterscheiden sich Finanz-Plan und Kapital-Plan voneinander? 6. Erläutern Sie die Fälligkeit von Bauforderungen nach BGB und nach VOB. 7. Ein Bauunternehmen steht vor der Entscheidung, ob es einen Auftrag zu einem Preis annehmen soll,

der nicht die vollen Kosten deckt. Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit diese Ent-scheidung mit Hilfe der Deckungsbeitragsrechnung getroffen werden kann?

8. Ein Bauunternehmen hat seine kurzfristig begrenzte Kapazitäten nicht voll ausgelastet. Der Zeitraum

dieser Überkapazität könnte durch die Annahme eines Bauauftrags überbrückt werden. Der potentielle Auftraggeber ist bereit, diesen für 60.000 EUR an das Bauunternehmen zu vergeben. Die Kalkulation hat folgende Kosten auf Vollkostenbasis ermittelt:

- Lohn- und Gehaltskosten AP inkl. Sozialkosten: 35.000 EUR davon: Grundlöhne und -gehälter inkl. Sozialkosten: 25.000 EUR Überstundenzuschläge inkl. Sozialkosten: 5.000 EUR Lohnnebenkosten 5.000 EUR - Kosten der Bau- und Bauhilfsstoffe 20.000 EUR - Gerätekosten 15.000 EUR davon: zeitabhängig 12.500 EUR leistungsabhängig 2.500 EUR - Kosten der Baustelleneinrichtung 10.000 EUR davon: zeitabhängig 8.000 EUR leistungsabhängig 2.000 EUR - Allgemeine Geschäftskosten 8.000 EUR Soll das Bauunternehmen den Auftrag annehmen? Begründen Sie Ihre Antwort!

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE (LEHRBRIEF 15) 9. Aus welchem Grund steigert die rasche Refinanzierung der Bauleistung bei gegebener Leistungs- rendite die Kapitalrendite des Bauunternehmens? 10. Welche Abschnitte der Vorfinanzierungszeitspanne sind durch aktive Eingriffsmöglichkeiten des Bau-

unternehmens beeinflussbar? 11. Was verstehen Sie unter "Cash-Management"? 12. Welche Informationen beinhaltet ein Finanzplan und welche Schlussfolgerungen sind daraus möglich? 13. Welchen Weg beschreitet man bei der Erstellung eines Kapitalbedarfsplanes? 14. Welche Bedeutung hat das Einstellungsinterview im Rahmen der Personalbeschaffung? 15. Nennen Sie Schritte, die zur Steuerung der Baustellenabwicklung erforderlich sind. 16. Welche Nachteile hat eine dezentrale Einkaufsorganisation? 17. Was ist ein kalkulatorischer Verfahrensvergleich? 18. Welche Störungsursachen gibt es beim Bauablauf? 19. Was ist bei einem Aufmaß zu beachten? 20. Nennen Sie vier Quellen der öffentlichen "Baustatistik", die Ihnen Informationen für (Sekundär-) Ab-

satzmarktuntersuchungen geben können. 21. Welcher der beiden Wege der Personalakquisition ist vorzuziehen? 22. Welche Mittel zur internen Stellenbeschreibung kennen Sie?

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE (LEHRBRIEF 15) 23. Was ist das besondere Problem bei den indirekten Maßnahmen der Personalakquisition unter Ein-

schaltung eines persönlichen Zwischenträgers? 24. Warum sollte man Chiffre-Anzeigen vermeiden? 25. Welche Grundfragen gehören in eine Checkliste für ein Stelleninserat? 26. Nennen Sie vier Phasen der Bewerberauswahl, die mindestens anfallen. 27. Was versteht am unter KO-Bedingungen bei der Vorauswahl? 28. Welche wichtigsten Vor- und Nachteile lassen sich zum Thema "eigene Hilfs- und Nebenbetriebe"

finden? Und nennen Sie die wichtigste Frage, die sich stellt, wenn es um die Klärung geht, ob eigene Hilfs- und Nebenbetriebe beibehalten werden sollen.

29. Nennen Sie den Unterschied zwischen Hilfs- und Nebenbetrieb. 30. Eine Aushilfe arbeitet 10 Stunden in der Woche gegen ein monatliches Entgelt von 320 EUR. Ende

Juni bittet der Arbeitgeber sie wider Erwarten, vom 01.07. bis zum 31.08.2002 zusätzlich eine Ur-laubsvertretung zu übernehmen. Dadurch erhöht sich die wöchentliche Arbeitszeit auf 20 Stunden und das Arbeitsentgelt vom 01.07. bis zum 31.08.2002 auf monatlich 500 EUR.

Versicherungspflicht? 31. Frau D übernimmt zum 15.05.2002 eine geringfügig entlohnte Beschäftigung bei XY auf (wöchentliche

Arbeitszeit 14 Stunden, monatliches Entgelt 325 EUR). Sie ist über ihren Ehemann bei F-Kranken-kasse familienversichert.

Versicherungspflicht? 32. Ein Student übt eine befristete Beschäftigung aus: Semesterferien 15.02.2002 bis 10.04.2002 Dauer der Beschäftigung 15.02.2002 bis 30.04.2002 Wöchentliche Arbeitszeit 25 Stunden Versicherungspflicht?

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE (LEHRBRIEF 15) 33. Ein Student übt während der Semesterferien (01.07. – 15.10.2002) eine Beschäftigung aus. Er erhält

dafür ein monatliches Arbeitsentgelt von 2000 EUR bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stun-den.

Versicherungspflicht? 34. Wann endet die Versicherungspflicht im Rahmen des Sozialversicherungsrechtes?

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 1 Die Bezifferung am Rand bezieht sich auf die entsprechenden Stellen in den Lehrtexten.

_______________________________________ 1. Wie lautet die Finanzregel, wie die Liquiditätsregel? Fi/Re-4/3-1d Die goldene Finanzregel fordert, dass sich die einem Unternehmen zur Verfügung

stehenden finanziellen Mittel und deren Verwendung in ihrer Fristigkeit entsprechen. Finanzregel: lgfr. gebundenes Vermögen < 1

lgfr. verfügbares Kapital = Liquiditätsregel: kurzfr. gebundenes Vermögen > 1

kurzfr. verfügbares Kapital = 2. Was versteht man unter Leistungsrendite? Fi/Re-4/3-1h Ist eine Kennzahl, die aus dem Verhältnis Ergebnis / Bauleistung ermittelt wird. Sie

ist ein Gradmesser dafür, wie rentabel die Leistungserstellung im Berichtszeitraum war.

3. Welche Berichte und Informationen sollte das Berichtswesen der ARGE ent-

halten? Fi/Re-6/1-l - ARGE-Übersichtsblatt, - Vermögensübersicht, - ARGE-Ergebnisrechnung, - Leistungsaufstellung, - Verrechnungskonten der Gesellschafter (und Beihilfefirmen), - Stoffbestandswerte, - Abschreibungsliste, - Kosten der Fremdleistungen, - Finanzplan, - Berichte aus dem Personalbereich, - Schlussprotokoll. 4. Nennen Sie die Hauptaufgaben des ARGE-Rechnungswesens! Fi/Re-6/1-a - Kontrolle des Bauleistungsprozesses durch die buchhalterische Erfassung der

mit der Bauausführung verbundenen Geschäftsfälle, - Kontrolle der Vermögensänderung durch Erfassung der sich aus der Geschäfts-

tätigkeit ergebenden Wertbewegungen, - periodische Ermittlung von Zwischenergebnissen und Anfertigung von Vermö-

gensübersichten, - Ermittlung des ARGE-Ergebnisses durch Aufstellung der Schlussbilanz, - Kontrolle der Beitragsleistungen der Gesellschafter durch die Führung von Ver-

rechnungskonten der Gesellschafter.

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 2 5. Der ARGE-Musterkontenplan sieht die Unterteilung der Verrechnungskonten

der Gesellschafter vor. Warum wird der Leistungsaustausch zwischen ARGE und Gesellschafter nicht auf einem einzigen Verrechnungskontenplan erfasst? Fi/Re-6/1-e

Grundsätzlich ergibt sich der Wert der Beitragsleistungen eines Gesellschafters aus

der Summe der Unterkonten seines Verrechnungskontos. Die Führung eines einzi-gen Verrechnungskontos wäre also ausreichend. Allerdings ließe sich dann nicht mehr feststellen, welcher Art die Beitragsleistungen waren. Der ARGE-Vertrag sieht allerdings vor, dass nicht nur die Gesamtleistung der Beiträge, sondern auch die einzelnen Arten der Beiträge dem Beteiligungsverhältnis entsprechen sollen. Um dies kontrollieren zu können, ist die Unterteilung notwendig.

6. Nennen Sie Gründe dafür, dass der Jahresabschluss des Bauunternehmens

als Grundlage der Beurteilung der Finanz-Situation besonders geeignet ist, weisen Sie aber auch auf dessen Grenzen dabei hin! Fi/Re-4/3-1a

Der Jahresabschluss des Bauunternehmens bietet sich deshalb zur Beurteilung der

Finanz-Situation an, weil er ja von seiner Natur her schon einen zutreffenden Ein-blick in die Finanzlage eines Unternehmens bieten soll. Weiterhin ist der Jahresab-schluss auch externen Analysen zugänglich. Dadurch ist man z. B. in Kreditverhand-lungen besser gewappnet, wenn man seine Finanz-Situation belegbar darlegen kann. Zusätzlich liegt in der allgemeinen Zugänglichkeit des Jahresabschlusses die Möglichkeit, dass aus dem eigenen Jahresabschluss ermittelte Kennzahlen mit

denen vergleichbarer Bauunternehmen verglichen werden können. Die Grenzen des Jahresabschlusses bei der Beurteilung der Finanzlage liegen darin, dass die Bilanz als Teil des Jahresabschlusses eine Momentaufnahme zum

Bilanzstichtag darstellt und in den bei seiner Aufstellung möglichen Bewertungsspiel-räumen.

7. Was bedeutet Fristenkongruenz? Fi/Re-4/3-1d Dieser Grundsatz besagt, dass die Kapitalbindungsfristen der Aktivseite der Bilanz

den Kapitalüberlassungsfristen der Passivseite entsprechen sollen: langfristig ge-bundenes Vermögen soll auch langfristig finanziert sein, während kurzfristig gebun-denes Vermögen auch kurzfristig finanziert sein kann. Damit soll gewährleistet

werden, dass das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen jederzeit fristge-recht nachkommen kann.

8. Was besagt die sog. "Goldene Bilanzregel"? Fi/Re-4/3-1d Die "Goldene Bilanzregel" ist eine Ausprägung des Grundsatzes der Fristenkongru-

enz. Sie besagt, dass das Verhältnis von langfristig gebundenem Vermögen und langfristig verfügbarem Kapital kleiner oder gleich eins sein sollte. Langfristig gebun-denes Vermögen - vor allem das Anlagevermögen - soll also langfristig - vor allem durch Eigenkapital - finanziert sein.

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 3 9. Sind Eigenkapitalquote und Verschuldungskoeffizient voneinander unabhän-

gig? Begründen Sie Ihre Antwort! Fi/Re-4/3-1f Natürlich sind Eigenkapitalquote und Verschuldungskoeffizient nicht voneinander

unabhängig. Dadurch, dass die Bilanzsumme der Summe aus Eigen- und Fremdka-pital entspricht, ist ein direkter mathematischer Zusammenhang zwischen beiden Kennzahlen gegeben.

10. Nennen Sie einen sinnvollen Maßstab zur Beurteilung der Eigenkapitalrendite! Fi/Re-4/3-1h Die Eigenkapitalrendite ist das Maß dafür, inwieweit es sich für den Eigenkapitalge-

ber gelohnt hat, sein Geld dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Jeder Kapitalgeber ist bestrebt, sein Kapital dort einzusetzen, wo es die höchste Rendite

bringt. Somit sollte die Eigenkapitalrendite so hoch sein wie der Marktzins für fest-verzinsliche Wertpapiere, in denen ein Kapitalgeber ja auch sein Geld anlegen könn-te. Es müsste sogar gefordert werden, dass die Eigenkapitalrendite höher ist, da diese Geldanlage ja mit unternehmerischem Risiko verbunden ist.

Ein weiterer Vergleichsmaßstab könnte die Eigenkapitalrendite vergleichbarer Un-ternehmen sein.

11. Beschreiben Sie mit eigenen Worten die Aussage des Begriffs "Cash-Flow"! Fi/Re-4/3-1i Der "Cash-Flow" ist ein Maß dafür, welche Finanzmittel dem Unternehmen im Be-

richtszeitraum zugeflossen, aber nicht wieder abgeflossen sind. Er gibt also an, welche Geldmittel "in der Kasse hängengeblieben" sind. Dazu werden alle nicht

auszahlungswirksamen Aufwendungen dem Jahresüberschuss zugerechnet und alle nicht einzahlungswirksamen Erträge davon abgezogen.

12. Welche bauspezifischen Gegebenheiten müssen bei der Beurteilung der Finanzierungs-Kennzahlen berücksichtigt werden? Zum einen muss berücksichtigt werden, dass die Beteiligung an ARGEN einen nicht

unerheblichen Einfluss auf den Wert dieser Kennzahlen hat. So wird z. B. das eventuell bei der ARGE vorhandene Vermögen nicht anteilig in der Bilanz des Bau-

unternehmens ausgewiesen. Ebenso ist es üblich, dass ARGEN zum Jahresab-schluss verfügbare liquide Mittel an die Gesellschafter ausschütten. Diese Gelder fließen dann zum Beginn des Folgejahres wieder an die ARGE zurück.

Zum anderen stellt die erhebliche Bewertungsreserve in den unfertigen Bauten wirt-schaftlich gesehen ja unversteuertes Eigenkapital dar, und müsste diesem zum Zwecke der Finanzanalyse zugerechnet werden. Dies gelingt aber bei fremden Jah-resabschlüssen nicht. Die Bewertungsreserve ist abhängig von der Bewertungspoli-tik des bilanzierenden Bauunternehmens und vom zu erwartenden Gewinn der noch unfertigen Bauten.

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 4 13. Für Betonarbeiten innerhalb eines Bauauftrags ist ein Einheitspreis einschl.

Schalung und Bewehrung vereinbart. Die Schalungs- und Bewehrungsarbeiten sind abgeschlossen; an den folgenden zwei Tagen soll der Beton eingebracht Fi/Re-4/2-3b

werden. Wie könnte in diesem Falle die Abrechnung der Betonarbeiten so vor-bereitet werden, dass die Abschlagsrechnung so schnell wie möglich dem Auftraggeber vorliegt?

Nach Fertigstellung der Schalung steht die Menge der geleisteten Betonarbeiten

fest. Diese kann bereits während der Einbringung des Betons ermittelt werden. Da-mit kann auch die Abschlagsrechnung schon fertig sein, wenn die Betonierungs-arbeiten abgeschlossen sind. Somit kann die Zustellung an den Auftraggeber unver-züglich geschehen.

14. Angenommen, der Betrag der Abschlagsrechnung für die in 13. genannten Be-

tonarbeiten sei 750.000 EUR. Errechnen Sie den Zinsaufwand, der entsteht, Fi/Re-4/2-3a wenn sich die Rechnungsstellung und -übersendung aus innerbetrieblichen

Gründen um zehn Tage verzögert! Der eingehende Rechnungsbetrag würde den Kontokorrentkredit verringern, für den Zinsen in Höhe von 15 % p. a. zu zahlen sind. Der Zahlungsausgang beim Auftraggeber sei ausschließlich vom Eingang der Rechnung abhängig.

Es entsteht ein Zinsaufwand für 750.000 EUR und 10 Tage. Bei 15 % Zinsen p. a.

ergibt sich: 750.000 EUR x 15 % x (10 Tage / 360 Tage) = 3.125 EUR. 15. Nennen Sie Möglichkeiten, den Auftraggeber zur zügigen Begleichung gestell-

ter Rechnungen zu bewegen! Fi/Re-4/2-3bff. Grundvoraussetzung ist die Kontrolle der ausstehenden Rechnungen, damit über-

haupt festgestellt werden kann, wann ein Auftraggeber in Zahlungsverzug gerät. Eine weitere vom Bauunternehmen zu erbringende Voraussetzung ist der lücken-

lose und plausible Nachweis der erbrachten Bauleistung in den Rechnungen. Säu-mige Schuldner sollten sensibel - d. h. abgestuft nach der Person und dem Verhal-ten des Auftraggebers - gemahnt werden. Dies kann von der telefonischen Anfrage über die schriftliche Mahnung und in Verzug setzen bis hin zu gerichtlichen Schritten reichen.

Eine weitere Möglichkeit, die Zahlungsmoral des Auftraggebers zu heben, kann die

Vereinbarung der Gewährung von Skonto auf Abschlags- und Schlusszahlungen sein. Hierbei muss das Bauunternehmen Vor- und Nachteile, also schnelle Refinan-zierung zu Lasten der Gesamtvergütung genau abwägen.

16. In den Lernzielen zu diesem Unterkapitel finden Sie u. a. die Kenntnis der Mög-

lichkeiten der Verhinderung der Verjährung einer Bauforderung. Dies ist zwar aus Gründen der Vollständigkeit der Wissensvermittlung zweckmäßig, sollte aber eigentlich überflüssig sein. Warum?

Die Drohung der Verjährung deutet auf eine mangelnde laufende Kontrolle der Außenstände hin. Wird erst kurz vor der Verjährung festgestellt, dass eine Rech-

nung noch offen ist, wurde eindeutig gegen die im Unterkapitel gemachten Hinweise zur optimalen Bauauftragsfinanzierung verstoßen.

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 5 17. Unterscheiden Sie im Sozialversicherungsrecht die Begriffe "Laufendes Ar-

beitsentgelt" und "Einmal-Zahlungen" voneinander.- PW-2/2-7i f. Laufendes Arbeitsentgelt: Vergütung der erbrachten Arbeitsleistung in einem einzel-

nen Entgeltabrechnungszeitraum. Einmal-Zahlungen: Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, aber

nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. 18. Nennen Sie die wesentlichen Aufgaben der Personalplanung. PW-3/1-b Beinhaltet Entscheidungen zur Bestimmung des zukünftigen Geschehens im Per-

sonalbereich. Personalplanung vollzieht sich in den personalwirtschaftlichen Funkti-onen als

- Personalbedarfsplanung, - Personalbeschaffungsplanung, - Personaleinsatzplanung, - Personalentwicklungs- und Personalfortbildungsplanung - Personalbildungs- und - Personalfreistellungsplanung - Planung der Personalerhaltung. 19. Erläutern Sie die wichtigsten Kriterien der Kommanditgesellschaft. R-3/3-4a - Personengesellschaft - Zwei Arten von Gesellschaftern: Komplementäre, die unbeschränkt den Gesellschaftsgläubigern haften, Kommanditisten, deren Haftung auf ihre Einlage beschränkt ist. 20. Welche Stammdaten sollten bei der Konkurrenzanalyse im Rahmen der Absatz

planung berücksichtigt werden? A-4/2-1d - Namen der Konkurrenten - Rechtsform der Konkurrenzunternehmen - Zahl der anbietenden Bauunternehmen - Sparte - Standort, Verteilung der Konkurrenten - Organisation der Unternehmen - Ausstattung des eigenen Unternehmens und der fremden Bauunternehmen (z. B. Betriebsgrößenklasse, Bankverbindungen, Preispolitik, Geräteauslastung

usw.) - Marktsituation (z. B. Leistungsprogramm, Marktanteil, Auftraggeber, Objektarten, Baustellenbe-

obachtung usw.) - Qualitative Beurteilungsmerkmale (Image, Zusammenarbeit, Marktverhalten, Zusatzleistungen usw.)

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 6 21. Zu den Aufgaben der Absatzplanung gehört die Bestimmung der Markt- A-4/2-1a ff. position, mit der die Chancen auf dem Markt realistisch eingeschätzt werden

sollen. Hierfür sind u. a. die Konkurrenzverhältnisse sorgfältig zu analysieren. Nennen Sie drei Hauptkriterien für eine Stärken- / Schwächenanalyse einer

Bauunternehmung gegenüber Wettbewerbern und jeweils drei konkrete Analy-semerkmale.

1. Kapazitätsmerkmale - Betriebsgröße - Besitz- und Eigentumsverhältnisse - Abhängigkeit von anderen Unternehmen - Finanzielle Lage - Kostenstruktur - Gewinnsituation - Geräteausstattung und -auslastung - usw. 2. Leistungsmerkmale - Leistungsprogramm - Marktanteil - Häufigkeit bestimmter Auftraggeber - Auftragsarten - Bevorzugte Objektarten - Referenzobjekte der Konkurrenz - Angewandte Bauverfahren - usw. 3. Qualitative Beurteilungsmerkmale - Image und Bekanntheitsgrad - Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen - Leistungsqualität - Marktverhalten - Service- und Zusatzleistungen - Marketingmittel - Qualifikation des Personals - usw.

22. Wie hoch ist der Anteil von Planungs- und Ausführungsfehlern beim Bauen? Differenzieren Sie die Ausführungsfehler darüber hinaus nach ihren Ursa-chen. P-4/4-a

Anteil Planungsfehler: 40 % Anteil Ausführungsfehler: 30 % Die Ursachen für Ausführungsfehler sind: - ca. zwei Drittel Sorglosigkeit - knapp 20 % fehlende Informationen - ca. 10 % fehlende Zuständigkeiten - ca. 10 % fehlende Kenntnisse

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 7 23. Welche Nachteile hat eine Qualitätssicherung, die ausschließlich auf Prüfun-

gen am fertiggestellten Produkt / Bauwerk beruht? P-4/4-c Qualitätssicherung durch ausschließlich nachträgliche Überprüfungen hat den Nach-

teil, dass sie kostenträchtig und kaum innovationsfördernd ist. Sie nutzt zu wenig die Erfahrungen der operativen Bereiche. Es werden nur Produktfehler er-

kannt, nicht jedoch technische und organisatorische Fehler oder Planungsfehler. 24. Nennen Sie Anforderungen an ein auf Vorsorge ausgerichtetes Qualitätssiche-

rungs-System! P-4/4-d Ein auf Vorsorge ausgerichtetes Qualitätssicherungs-System erfasst alle Unterneh-

mensbereiche. Die qualitätsrelevanten Abläufe und Tätigkeiten erfolgen nicht zu-fallsbedingt, sondern geregelt. Das Personal muss für die ihm zugewiesenen Tätig-keiten qualifiziert sein. Der Qualitätsgedanke muss von allen Mitarbeitern verinner-licht werden. Die Verantwortung für Qualität liegt bei jedem einzelnen Mitarbeiter.

25. Definieren Sie Qualität! P-4/4-e Qualität ist die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung,

festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen. 26. Beschreiben Sie, wie ein Qualitätssicherungs-System dokumentiert wird. P-4/4-i ff. Die Dokumentation eines Qualitätssicherungs-Systems erfolgt zweckmäßigerweise

in einem Qualitätssicherungs-Handbuch. Dieses beschreibt kurz und prägnant die allgemeinen Regelungen. Das Qualitätssicherungs-Handbuch wird ergänzt durch die Verfahrensanweisungen, die die detaillierte Beschreibung organisatorischen und technischen Firmen-know-hows enthalten. Darüber hinausgehende spezielle Rege-lungen von Einzelheiten sowie Detailanweisungen finden sich in Arbeitsanweisun-gen, Prüfanweisungen, bzw. Spezifikationen wieder.

27. Zeigen Sie den stufenweisen Aufbau eines Qualitätssicherungs-Systems! P-4/4-k 1. Phase: Konkretisierung und Genehmigung durch die Geschäftsleitung 2. Phase: Schaffung der notwendigen Akzeptanz im Unternehmen 3. Phase: Abstimmung der Entwürfe 4. Phase: Einführung 5. Phase: Umsetzung 6. Phase: Kontrolle der Wirksamkeit 28. Warum steigt die Bereitschaft zur Planung auch auf dem Personalsektor? PW-3/1-a Eine mitarbeiterbezogene Personalpolitik zur Steigerung der Arbeitsmotivation und

zur Verbesserung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen erfordert personal- planerische Mittel, um erfolgreich sein zu können.

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 8 29. Was ist das Hauptziel von Personalplanung? PW-3/1-a Hauptziel der Personalplanung ist die vorausschauende Gestaltung personeller

Maßnahmen zum optimalen Personaleinsatz. 30. Aus welchen Teilbereichen besteht die Personalplanung? PW-3/1-b Die Personalplanung besteht aus der Personalbedarfsplanung. der Personalbe-

schaffungsplanung, der Personalentwicklungs- und der Personaleinsatzplanung. 31. Warum gibt es einen grundsätzlichen Unterschied zwischen den Arbeitsauf-

gaben und der Aufgabenerfüllung? PW-3/1-e Arbeitsaufgaben werden personenunabhängig bestimmt. Die Erfüllung der Arbeits-

aufgaben ist dagegen personenabhängig. Eine 100 %ige Deckung von Arbeitsauf-gaben und Aufgabenerfüllung ist nur sehr selten gegeben.

32. Worin besteht die Kernaufgabe der Personalplanung? PW-3/1-g Die Personalplanung soll ermitteln, wie viele Arbeitskräfte innerhalb eines fest-

zulegenden Zeitraumes - kurz-, mittel-, langfristig - auf welchen Stellen benötigt werden. 33. Welche Arten von Einflussfaktoren wirken auf den geplanten Stellenumfang

ein? PW-3/1-g Es wirken interne und externe Einflussfaktoren auf den geplanten Stellenumfang ein.

Durch die Unternehmenspolitik sind die internen Faktoren beeinflusster. 34. Wie errechnet man aus dem Brutto-Personalbedarf einen Netto-Personalbe-

darf? PW-3/1-g f. Aus einem Brutto-Personalbedarf wird ein Netto-Personalbedarf, indem man vom

Bruttowert den tatsächlichen Personalbestand zu Beginn eines Planungszeitraumes sowie die im Zeitrahmen der Planung bereits feststehenden Personalzugänge ab-zieht und diesem Ergebnis die Anzahl der durch Fluktuation, Pensionierung usw. voraussehbar ausscheidenden Mitarbeiter hinzufügt.

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 9 35. Welche Einnahmen gehören zum Arbeitsentgelt? PW-2/2-3b

Begriff des Arbeitsentgelts

laufende Einnahmen

Einnahmen aus einem Beschäftigungsver-hältnis

oder im Zusammenhang mit einem Beschäf-tigungsverhältnis

einmalige Einnahmen

z. B. gesetzlich, tarif- oder ein-

zelvertraglich zugesicherte Ein- nahmen gleichgültig, ob mit oder ohne Rechtsanspruch freiwillige Leistungen des Ar-

beitgebers ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung

z. B. Lohn, Gehalt, Gewinnanteile, Gratifika-tionen, Tantiemen, Zuschläge, Trinkgelder,

ggf. Fahrtkostenersatz Barbezüge

gleichgültig, in welcher Form Sachbezüge

Eine Unterscheidung zwischen laufendem und einmalig gezahltem Arbeitsentgelt ist

wichtig, damit festgestellt werden kann, in welchem Zeitraum das Entgelt der Bei-tragspflicht überhaupt zu unterwerfen ist. Als laufendes Arbeitsentgelt werden die Bezüge bezeichnet, die in jedem Lohnabrechnungszeitraum erzielt werden und in einem direkten Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stehen. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt wird dagegen aus besonderem Anlass gewährt und steht nicht im Zu-sammenhang mit der Arbeitsleistung in einem bestimmten Lohnabrechnungszeit-raum.

Maßgebend ist immer das Bruttoarbeitsentgelt. Davon hat der Arbeitgeber Steuern

und Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen und abzuführen. Als Nettoarbeits-entgelt wird der dem Arbeitnehmer verbleibende Betrag bezeichnet.

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AUFGABEN ZUR SELBSTKONTROLLE LB 14 Lösungshinweise 10 36. Wie wird das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt zur Beurteilung der Krankenver

sicherungspflicht bzw. -freiheit ermittelt? PW-2/2-3g

Gesamteinkünfte eines Jahres aus der zu beurteilenden Beschäftigung. ./. Einkünfte, die nicht Arbeitsentgelt sind = Arbeitsentgelt ./. unregelmäßige Arbeitsentgelte = regelmäßiges Arbeitsentgelt ./. Familienzuschläge. = regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt ============================ 37. Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt wird für welchen Zeitraum ermittelt? - rückschauend für das Kalenderjahr oder - rückschauend für zwölf Monate oder - für zwölf Monate im voraus? PW-2/2-3c Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt wird für zwölf Monate im voraus ermittelt.

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- HANDBUCH für den Baufachwirt Hausaufgabe

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1. Definieren Sie folgende Grundbegriffe: - Browser (DV) - Fiktive Abnahme - Marktanalyse - Kurzarbeit - Qualität

erreichbare Punktzahl: 12

2. VOB-Vertrag a) Haben Bauvertragsparteien die Wahl, ob sie einen VOB-Vertrag abschließen oder nicht? b) Auf welche Weise können die Vorschriften der VOB/B zum Vertragsinhalt gemacht werden?

erreichbare Punktzahl: 5

3. Detailziele im Baubetrieb Nennen Sie jeweils drei Detailziele der nachstehenden Abteilungen im Baubetrieb: - Maschinentechnische Abteilung - Personalabteilung - Finanzabteilung - Bauleitung - Einkauf

erreichbare Punktzahl: 15

4. Sachverhalt: Sie arbeiten in der Bilanzbuchhaltung einer Bau-GmbH mit folgenden Merkmalen (in

Klammern: Zahlen des Vorjahres): Nettojahresumsatz: 26 Mio. € (28 Mio. €) Bilanzsumme: ca. 12 Mio. € (12,5 Mio. €) Beschäftigte: 300 (340). a) Handelt es sich um eine kleine, mittelgroße oder große Kapitalgesellschaft, wenn sie bisher als mittel-

große galt? b) Geben Sie zu den nachfolgend aufgeführten Sachverhalten (siehe nächste Seite) jeweils an, ob - gegebenenfalls unter welcher Position, - mit welchem Wertansatz diese zu bilanzieren sind! Begründen Sie kurz Ihre Auffassung! Gehen Sie auch auf eventuelle Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz ein!

erreichbare Punktzahl: 28

Rücksendetermin: 23. Oktober 2014

Page 108: - HANDBUCH für den Baufachwirt 2014 L E H R B R I …...- HANDBUCH für den Baufachwirt 2014 L E H R B R I E F 15 Inhalt: Fach/Seite Volkswirtschaftliche Grundlagen und Bauwirtschaft

- HANDBUCH für den Baufachwirt Hausaufgabe

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Sachverhalt zu Aufgabe 4 b) Bei der Erstellung des Jahresabschlusses auf den 31. Dezember 2009 sind folgende Sachverhalte noch

zu beurteilen: 1. Das Grundstück, auf welchem sich das Verwaltungsgebäude der Bau-GmbH befindet, wurde 1957 für

60.000 € gekauft. Es liegt in einem verkehrsgünstigen Gewerbegebiet, und in den letzten Jahren sind der Bau-GmbH mehrere Kaufangebote bei einem Preis von 1.500.000 € gemacht worden.

2. Die Bau-GmbH besitzt ein Aktiendepot. Am 13. Dezember 2009 gab es an der Börse einen erhebli-

chen Kurssturz. So notierten die Aktien der A-AG bei 225 €/Stück und die der B-AG mit 145 €/ Stück. Danach stiegen die Aktienkurse wieder an und erreichten am letzten Börsentag des Jahres 2009 wie-der Werte von 230 bzw. 160 €/Stück. Die Bau-GmbH hält jeweils 1.000 dieser Aktien, wobei die der A-AG dem Anlage- und die der B-AG dem Umlaufvermögen zugerechnet werden. Die Buchwerte am 1. Januar 2009 betrugen 300.000 € (A-AG) bzw. 200.000 € (B-AG). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt no-tieren die beiden Werte wie folgt: A-AG 260 €/Stück und B-AG 200 €/Stück.

3. Von der Bau-GmbH ist ein Computerprogramm für die Auftragskalkulation entwickelt worden, mit wel-

chem die Bau-GmbH sehr erfolgreich arbeitet. Ein ortsansässiger Software-Entwickler meinte aner-kennend dazu, dass die Bau-GmbH bei ihm dafür mindestens 50.000 € hätte bezahlen müssen.

4. Am Verwaltungsgebäude der Bau-GmbH wären im Jahre 2009 dringende bauliche Reparaturarbeiten

fällig gewesen. Aufgrund der guten Auslastung der Kapazitäten der Bau-GmbH sind diese jedoch im-mer wieder verschoben worden. Die Ausführung ist jetzt definitiv für Mai 2010 vorgesehen. Die Kalku-lation hat voraussichtliche Kosten von 150.000 € ergeben.

5. Eine der Baustellen der Bau-GmbH, welche am Bilanzstichtag weder abgenommen noch ab-

gerechnet war, hat bis zu diesem Zeitpunkt Herstellkosten von 1.500.000 € verursacht. Die Selbstkos-ten bei Bauende werden vermutlich 2.500.000 € betragen. Der Auftragswert beträgt 2.000.000 €.

6. Ein Teil des Verwaltungsgebäudes der Bau-GmbH ist an einen anderen Unternehmer vermietet. Die-

ser hat die Miete für die Monate Oktober 2009 - März 2010 in Höhe von insgesamt 9.000 € Ende De-zember 2009 der Bau-GmbH überwiesen.

7. Die Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten der Bau-GmbH für Dezember 2009 in Höhe von

125.645 € wurden am 2. Januar 2010 von der Bau-GmbH überwiesen. 8. Die Bau-GmbH hat einen Kran geleast. Die Leasingraten für die Monate November 2009 - Januar

2010 in Höhe von insgesamt 10.500 € wurden im November 2009 von der Bau-GmbH überwiesen. 9. Die Bau-GmbH hat eine ihr gehörende Kiesgrube an einen anderen Unternehmer verpachtet. Die

Pacht für die Monate Oktober 2009 bis März 2010 in Höhe von insgesamt 18.000 € ist am 15. Januar 2010 fällig.