€¦ · Web viewdiesem werden für die Bereiche, in denen die EU Handlungsbedarf sieht, sämtliche...
Transcript of €¦ · Web viewdiesem werden für die Bereiche, in denen die EU Handlungsbedarf sieht, sämtliche...
Analyse des Budgetdienstes
Länderspezifische Empfehlungen 2013 der Europäischen Kommission für Österreich
[(COM(2013) 370 final Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum
Stabilitätsprogramm Österreichs für die Jahre 2012 bis 2017 (115900/EU XXIV.GP)]
Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Europäische Kommission Ende Mai eine
allgemeine Mitteilung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der EU sowie basierend auf den
Nationalen Reformprogrammen ihre länderspezifischen Empfehlungen - für eine Empfehlung
des Rates - abgegeben. Die aktuellen Dokumente der Europäischen Kommission zeigen die
relevantesten Handlungsschwerpunkte auf EU-Ebene und auf Ebene der Mitgliedstaaten
auf. Die von ihr ausgesprochenen Empfehlungen sollen insbesondere der Erreichung der
EU2020-Ziele dienen.
Generell kann festgehalten werden, dass die für Österreich aufgezeigten Problembereiche
und die Empfehlungen der Europäischen Kommission kaum von jenen des Vorjahres
abweichen. In einzelnen Bereichen sind nach Ansicht der Europäischen Kommission bereits
positive Entwicklungen erkennbar (z.B. bei der Haushaltskonsolidierung), in einem Großteil
der Bereiche sind die Wirkungen der bereits gesetzten Maßnahmen jedoch erst mittelfristig
zu erwarten.
Nachfolgend findet sich
eine Darstellung der länderspezifischen Empfehlungen für Österreich, zu denen
Datenmaterial und Analysen des Budgetdienstes bereitgestellt werden,
der Stand der Zielerreichung im Hinblick auf die EU2020-Ziele sowie
eine Zusammenfassung der allgemeinen Mitteilung der Kommission.
1 Länderspezifische Empfehlungen für Österreich
Das Bundeskanzleramt hat jährlich im Rahmen des Europäischen Semesters der
Europäischen Kommission bis Ende Mai das Nationale Reformprogramm vorzulegen. In
diesem werden für die Bereiche, in denen die EU Handlungsbedarf sieht, sämtliche relevante
Vorschriftenänderungen, Maßnahmen und Projekte dargestellt. Das diesjährige Nationale
Reformprogramm orientiert sich an den letztjährigen Empfehlungen des Rates und weist
dazu sehr detailliert eine hohe Anzahl an umgesetzten, sich in Umsetzung befindlichen bzw.
geplanten Maßnahmen auf.
Auf Basis dieses Dokuments sowie des Stabilitätsprogramms 2012 bis 2017 formulierte die
Europäische Kommission für Österreich sieben Empfehlungen, die sich inhaltlich von jenen
des Vorjahres kaum unterscheiden. Die Europäische Kommission sieht damit weiterhin den
gleichen Handlungsbedarf wie im Vorjahr, weil die Wirkungen der Maßnahmen noch nicht
ausreichend eingetreten sind, um einen nachvollziehbaren Fortschritt zu belegen. Somit wird
sich erst mittelfristig zeigen, ob die gesetzten Maßnahmen zur nachhaltigen Umsetzung der
Empfehlungen führen.
Nachfolgend erfolgt eine gekürzte Darstellung der Empfehlungen der Europäischen
Kommission mit
a. Ausführungen der Europäischen Kommission zu ihren Empfehlungen und
b. diesbezüglichen Erläuterungen und Einschätzungen des Budgetdienstes.
Weiterführende Informationen zur gesamtstaatlichen Entwicklung, zu den
volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und zu relevanten Handlungsfeldern finden sich
in der Analyse des Budgetdienstes zum Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017.
2 Umsetzung des geplanten Haushaltes zur nachhaltigen Korrektur des übermäßigen Defizits;Umsetzung von Strukturreformen;insb. Anpassung der Zuständigkeiten für Ausgaben und Finanzierungen zwischen den Gebietskörperschaften
Ad a) Die Europäische Kommission anerkennt, dass Österreich beträchtliche
Konsolidierungsanstrengungen unternommen hat und sich auf einem gutem Weg befindet,
sein übermäßiges Defizit bis 2013 zu korrigieren. Sie weist jedoch auch auf die Risiken von
zusätzlichen Kosten durch die Abwicklung eines großen Geldinstitutes (Hypo Alpe-Adria-
Bank) hin, die eine bedeutende defiziterhöhende Wirkung haben könnten. Den von
Österreich bis zum Jahr 2016 geplanten Auszahlungspfad erachtet die Europäische
Kommission insbesondere im Hinblick darauf, dass die Auszahlungen im Verhältnis zum BIP
2
auf einen der niedrigsten Werte seit mehr als fünfzehn Jahre sinken sollen, als sehr
ambitioniert. Die vorgelegten Pläne werden als ausreichend zur erforderlichen Verringerung
der Schulden angesehen.
Eine Herausforderung sieht die Europäische Kommission allerdings weiterhin in der
Bereinigung der Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeiten zwischen den
Gebietskörperschaften, weil die Kompetenzaufteilung weitgehend unangetastet blieb.
Ad b) Die nachstehende Tabelle weist die relevanten Kenndaten zur gesamtstaatlichen
Entwicklung im Zeitraum 2009 bis 2012 sowie die dazugehörigen Plandaten von 2013 bis
2017 aus, die auf dem vorgelegten Bundesfinanzrahmengesetz basieren:
in % des BIP 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017Maastricht-Defizit - Gesamtstaat -4,1 -4,5 -2,5 -2,5 -2,3 -1,5 -0,6 0,0 0,2Strukturelles-Defizit - Gesamtstaat -2,8 -3,4 -2,2 -1,4 -1,8 -1,3 -0,8 -0,5 -0,45Öffentliche Verschuldung - Gesamtstaat 69,2 72,0 72,5 73,4 73,6 73,0 71,3 69,3 67,0Primärsaldo - Gesamtstaat -1,3 -1,8 0,2 0,1 0,3 1,1 1,9 2,4 2,7
Gesamtstaatliche Entwicklung
Quellen: BRA, BMF Strategiebericht 2013, Stabil itätsprogramm 2012-2017
Die gesamtstaatliche Entwicklung zeigt eine deutliche Reduktion des Maastricht-Defizits von
4,5 % im Jahr 2010 auf 2,46 % im Jahr 2011, stagnierte jedoch 2012 aufgrund der
Bankenhilfe bei 2,48 %. Wie bereits 2011 liegt das gesamtstaatliche Defizit damit unter der
Maastricht-Grenze von 3 % des BIP. Dabei konnten die Länder (Verringerung von 0,23 %
auf 0,08 %) und Gemeinden (Überschuss von 0,08 % nach Defizit von 0,04 % im Vorjahr)
ihre Ergebnisse gegenüber dem Vorjahr verbessern. Das Bundesdefizit war mit 2,62 % des
BIP zwar geringer als noch im Budgetbericht 2013 erwartet, es liegt aber über dem
Vorjahresergebnis von 2,39 % und auch über dem im österreichischen Stabilitätspakt für
2012 vereinbarten Wert.
Die nachfolgende Grafik zeigt die gemäß dem aktuellen Bundesfinanzrahmen bis 2017
geplante Entwicklung für das gesamtstaatliche Defizit:
3
*)Die Defizite auf Ebene der Gebietskörperschaften entsprechen der Maastricht Definition. Für Länder und Gemeinden ergibt sich 2017 gemeinsam ein geringfügiger Überschuss von 0,05 %.
Quelle: Statistik Austria, BMF Budgetbericht 2013 und Stabilitätsprogramm 2012 – 2017
In den Jahren 2013 bis 2016 soll das gesamtstaatliche Defizit nochmals substanziell
reduziert und 2017 ein geringfügiger Überschuss erzielt werden. Das Maastricht-Defizit des
Bundes soll dabei plangemäß bis 2017 auf 0 % zurückgehen. Die Haushalte der Länder und
Gemeinden (+0,05 % des BIP) und der Sozialversicherungsträger (0,15 % des BIP) sollen
2017 einen geringen Überschuss erzielen.
Der vorgesehene Konsolidierungspfad ist ambitioniert und sieht eine vergleichsweise hohe
Defizitreduktion insbesondere in den Jahren 2014 bis 2016 vor. Die Einschätzungen der
österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute und der Europäischen Kommission zum
gesamtstaatlichen Defizit sind in deren Prognosen etwas pessimistischer als die der
Bundesregierung.
in % Bundesregierung WIFO IHS Kommission2013 -2,33 -2,6 -2,5 -2,52014 -1,5 -2,0 -1,5 -1,8
Quelle: Budgetdienst, Analyse Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017
Erhebliche Risiken bei der Umsetzung des Finanzrahmens sind nach wie vor im unsicheren
außenwirtschaftlichen Umfeld, in einem höheren Mittelbedarf für die Bankenhilfe
4
(insbesondere für die Hypo Alpe-Adria-Bank), in geringeren Einzahlungen aus den
steuerlichen Maßnahmen des Konsolidierungspaketes (z.B. aus den
Steuerabgeltungsabkommen mit der Schweiz und Liechtenstein), in
Mittelverwendungsüberschreitungen durch noch nicht finanzierte Rücklagenentnahmen
sowie in einer Aufwärtsentwicklung der derzeit historisch tiefen Zinssätze gelegen.
Zur Empfehlung der Europäischen Kommission einer Anpassung der Zuständigkeiten für
Ausgaben und Finanzierungen zwischen den Gebietskörperschaften zeichnen sich derzeit
keine wesentlichen Strukturreformen ab. Im Gesundheitsbereich wurde durch die
Zielsteuerung zwar eine Kostendämpfung in Höhe des durchschnittlichen BIP-Wachstums
vereinbart, konkrete Maßnahmen sind aber noch ausständig.
Durch die Verlängerung des Finanzausgleichs wurde eine Neuordnung der finanziellen
Beziehungen und der Aufgabenverteilung zwischen den Gebietskörperschaften auf die
nächste Legislaturperiode verschoben. Da strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen
unumgänglich sind, um den im Österreichischen Stabilitätspakt 2012 vereinbarten
Konsolidierungspfad zu erreichen, sollten die nächsten Finanzausgleichsverhandlungen
genutzt werden, um eine umfassende Strukturbereinigung in die Wege zu leiten.
2.1 Zeitliches Vorziehen der Harmonisierung des Pensionsantrittsalters von Frauen und Männern;Anhebung des tatsächlichen Pensionsalters;Anhebung der Beschäftigungsquote älterer ArbeitnehmerInnen
Ad a) Die Beschäftigungsquote älterer ArbeitnehmerInnen liegt insbesondere durch
Früh- und Invaliditätspensionen sowie durch das niedrige gesetzliche Pensionsalter der
Frauen weiterhin unter dem EU-Durchschnitt (Österreich: 43,1 %, EU-Schnitt: 48,8 %). Rund
30 % der Bevölkerung war unmittelbar vor dem Pensionsantritt 1,5 bis drei Jahre arbeitslos
oder im Krankenstand.
Ad b) Im Stabilitätsprogramm 2012 bis 2017 finden sich für den Pensions‐ und
Arbeitsmarktbereich zahlreiche Maßnahmen zur Hebung der Erwerbsquote älterer
Arbeitskräfte und somit des tatsächlichen Pensionsantrittsalters. Insgesamt soll ein
Konsolidierungsbeitrag von 7 Mrd. EUR (durch z.B. Struktureffekte durch späteren
Pensionsantritt, Anhebung der Anspruchsvoraussetzung bei Korridorpensionen,
Harmonisierung der Pensionssysteme mit Abschaffung der Parallelrechnung und lediglich
moderate Pensionsanpassungen, Abschaffung der befristeten Invaliditätspension) bis zum
Jahr 2016 erzielt werden. Weitere bereits eingeleitete oder geplante Reformmaßnahmen
5
bzw. nähere Konkretisierungen sind im Nationalen Reformprogramm und im Strategiebericht
dargestellt. Die Empfehlungen des Rates der EU (Harmonisierung des Pensionsantrittsalters
von Frauen und Männern, Steigerung der Erwerbsquote älterer Arbeitskräfte) wurden bei
den nationalen Zielsetzungen berücksichtigt. Keine Anzeichen gibt es jedoch für ein
zeitliches Vorziehen der Harmonisierung des Pensionsantrittsalters von Frauen und
Männern.
Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung der Alters- und Erwerbsunfähigkeitspensionen
getrennt nach Frauen und Männern für den Zeitraum 2003 bis 2012:
Quelle: Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger, Zahlen für das Jahr 2012 vorläufig
Aus der Grafik ist ersichtlich, dass sich das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei den
Alterspensionen in den letzten zehn Jahren kaum verändert hat, bei den
Invaliditätspensionen ist es sogar gesunken. Inwieweit die schon ergriffenen und noch
geplanten Maßnahmen künftig eine Verbesserung herbeiführen können, wird sich erst
mittelfristig zeigen.
Bei der Beschäftigungsquote älterer Arbeitskräfte (55 Jahre plus) lag Österreich mit 41,5 %
Ende 2011 unter dem EU27-Durchschnitt von 47,4 %. Auf das österreichische Ergebnis wirkt
sich dabei zudem noch positiv aus, dass ausschließlich jene Personen gezählt werden, die
6
aktiv Arbeit suchen und somit die in Österreich vergleichsweise hohe Anzahl an
FrühpensionistInnen nicht erfasst wird. Dies führt letztendlich aber zu einer Verschiebung
des Handlungsbedarfes in den Pensionsbereich. Der Anstieg der im BFRG 2014 bis 2017
ausgewiesenen Auszahlungsobergrenzen ist insbesondere in der - aufgrund der
demografischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung - höheren Anzahl an
PensionistInnen begründet. Demnach soll die Auszahlungsobergrenze in der
UG 22-Pensionsversicherung (Sozialversicherung) von 2012 auf 2017 um 6 % und in der
UG 23-Pensionen (BeamtInnen) um 13 % steigen. Die Erhöhung der Erwerbsquote älterer
Arbeitskräfte und die Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters werden somit die
wesentlichen Erfolgsfaktoren zur Sicherstellung eines nachhaltigen Pensionssystems
darstellen.
2.2 Verbesserung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund;Senkung der tatsächlichen Steuerlast der Arbeit bei GeringverdienerInnen in haushaltsneutraler Weise durch Verlagerung auf andere, weniger wachstumsschädliche Steuerquellen
Ad a) Österreich hat einen der höchsten Anteile an teilzeitbeschäftigten Frauen
innerhalb der EU. Die in Vollbeschäftigungsäquivalenten umgerechnete
Beschäftigungsquote lag im Jahr 2012 bei 55,6 %. Da sich Frauen verstärkt im
Niedriglohnsektor befinden, weist Österreich mit 24 % den dritthöchsten Gender Pay Gap in
der EU auf. Eine steuerliche Entlastung von GeringverdienerInnen würde sich nach Ansicht
der EU positiv auf die Erwerbsbeteiligung auswirken. Die Einnahmen könnten stattdessen
aus weniger wachstumsschädlichen Quellen bezogen werden. So machen z.B. die
Immobiliensteuereinnahmen in Österreich nur 0,5 % des BIP aus (EU-Schnitt: 2,1 %). Die
Einnahmen aus periodischen Steuern auf Immobilieneigentum sind mit 0,2 % des BIP die
drittniedrigsten in der EU (EU-Schnitt: 1,3 %).
Ad b) Bis zum Jahr 2017 soll gemäß der aktuellen WIFO Beschäftigungsprognose die
Beschäftigtenzahl um insgesamt durchschnittlich 0,9 % pro Jahr ansteigen. Knapp zwei
Drittel des erwarteten Beschäftigungszuwachses sollen auf Frauen entfallen. Ein Großteil
davon wird allerdings Teilzeitarbeit betreffen. Der Anteil an Teilzeitkräften war Ende 2011 mit
25,2 % im Vergleich zur EU27 mit 19,5 % sehr hoch. Dies beeinflusst den Gender Pay Gap
enorm und führte dazu, dass die Frauen im Jahr 2011 um rd. 40 % weniger an
Bruttojahreseinkommen bezogen als Männer. Die nachfolgende Tabelle weist die
Entwicklung der Einkommen von unselbständigen Erwerbstätigen getrennt nach
7
Geschlechtern sowie die Differenz in Prozent für den Zeitraum 2004 bis 2011 aus und zeigt
auf, dass sich die Einkommenssituation der Frauen seit dem Jahr 2004 nur geringfügig
verbessert hat (auf Vollzeitbasis stärker als auf Gesamtbasis):
Frauen Männer Diff. (abs.) Diff. (%) Frauen Männer Diff. (abs.) Diff. (%)2004 15.977 26.894 10.917 40,6 25.500 32.885 7.385 22,52005 16.296 27.375 11.079 40,5 26.343 33.770 7.427 22,02006 16.713 28.102 11.389 40,5 27.276 34.879 7.603 21,82007 17.217 29.057 11.840 40,7 27.979 35.674 7.695 21,62008 17.704 29.938 12.234 40,9 29.183 36.893 7.710 20,92009 18.112 30.102 11.990 39,8 30.227 37.510 7.283 19,42010 18.270 30.316 12.046 39,7 30.775 38.056 7.281 19,12011 18.549 30.690 12.141 39,6 31.598 38.776 7.178 18,5
Unselbständig Erwerbstätige insgesamt1) 2) Ganzjährig Vollzeitbeschäftigte1)
Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Lohnsteuerdaten - Sozialstatistische Auswertungen. Erstellt am 18.01.2013. 1) Ohne Lehrlinge. - 2) Inklusive Teilzeitbeschäftigte und nicht-ganzjährig Beschäftigte. Bruttojahresbezüge gemäß § 25 Einkommensteuergesetz.
Kaum Berücksichtigung bei der Gestaltung steuerlicher Maßnahmen fanden bisher die
internationalen Empfehlungen an Österreich. Der Rat regte beispielsweise in seiner
letztjährigen Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm Österreichs für die Jahre 2011 bis
2016 an, Österreich solle im Zeitraum 2012 bis 2013 Schritte unternehmen, um die effektive
Steuer- und Sozialversicherungsbelastung des in Österreich überdurchschnittlich belasteten
Faktors Arbeit, insbesondere für NiedriglohnempfängerInnen, zu verringern und die
steuerlichen Belastungen budgetneutral auf Immobilien- und Umweltsteuern zu verlagern.
Auch die OECD fordert eine wachstumsfreundliche Steuerreform. Die nachfolgende Tabelle
zeigt die von der OECD ermittelte Verteilung der steuerlichen Belastung nach
Hauptbesteuerungskategorien im Vergleich Österreich und OECD gesamt (in Prozent):
Einkommen, Unternehmens-
gewinne
Sozialversicherungs-abgaben
Lohnsumme Vermögen Konsum Andere
Österreich 28,3 34,6 6,9 1,3 28 0,6OECD-gesamt 33,2 26,4 1 5,4 33,1 0,6
Quelle: OECD, Tax Revenue, Table 6
Die Struktur der Steuerbelastung (inklusive Sozialversicherungsbeiträge) sollte von Arbeit
und Unternehmen auf Vermögen (insbesondere Immobilien) sowie einen Abbau der
steuerlichen Förderung von Wohnungseigentum und die Internalisierung negativer externer
Effekte verlagert werden. Die steile Progression im niedrigen Einkommensbereich sollte
verringert werden (OECD Wirtschaftsbericht 2011).
Eine OeNB-Studie zu Österreichs Steuerstruktur im internationalen Vergleich aus dem Jahr 8
2011 kommt hinsichtlich der Verteilung der steuerlichen Belastungen zu sehr ähnlichen
Ergebnissen wie die OECD und zeigt, dass Österreich im Vergleich zum EU15-Durchschnitt
eine überdurchschnittlich hohe Abgabenquote aufweist, die in erster Linie auf die weit
überdurchschnittliche Besteuerung von Arbeitseinkommen der aktiven unselbstständig
Beschäftigten (ArbeitnehmerInnen) und der nicht im aktiven Arbeitsleben befindlichen
PensionistInnen zurückzuführen ist. Österreich liegt bei der Konsumbesteuerung im
EU15-Vergleich im Mittelfeld. Die Besteuerung von Kapital bzw. Vermögen ist in Österreich
unterdurchschnittlich. Während im Jahr 2008 Steuern, die sich auf Vermögensbestände
beziehen, im EU15-Durchschnitt rd. 6,5 % der Steuereinnahmen ausmachten, waren es in
Österreich nur 2,2 %. Den Hauptgrund stellt die in Österreich vergleichsweise sehr niedrige
Grundsteuer dar. Hier ist der Abstand Österreichs zum EU15-Durchschnitt am größten.
Die konkrete Entwicklung der öffentlichen Abgaben in Österreich ist der nachfolgenden
Tabelle zu entnehmen:
Öffentliche Abgaben des Bundesin Mio. EUR
2009-
2010-
2011-
2012Erfolg
2013 BVA
2012/2013 Erf./BVA
2009/2013 Erfolg/BVA
Veranlagte Einkommensteuer 2.605 2.668 2.678 2.602 3.349 28,7% 28,5%Lohnsteuer 19.897 20.433 21.784 23.392 23.916 2,2% 20,2%Kapitalertragsteuern 3.015 2.556 2.712 2.511 3.180 26,6% 5,5%Körperschaftsteuer 3.834 4.633 5.277 5.327 5.790 8,7% 51,0%Umsatzsteuer 21.628 22.467 23.391 24.602 25.100 2,0% 16,1%Tabaksteuer 1.458 1.502 1.568 1.621 1.630 0,6% 11,8%Mineralölsteuer 3.800 3.854 4.213 4.181 4.470 6,9% 17,6%Stempel- und Rechtsgebühren 797 819 467 477 500 4,7% -37,2%Energieabgabe 655 726 792 831 870 4,7% 32,8%Normverbrauchsabgabe 437 452 481 507 530 4,4% 21,3%Versicherungssteuer 1.033 1.017 1.071 1.053 1.090 3,5% 5,5%Motorbezogene Versicherungssteuer 1.521 1.554 1.662 1.728 1.720 -0,5% 13,1%Kraftfahrzeugsteuer 68 70 59 21 50 142,0% -26,9%Sonstige Abgaben 2.564 2.741 3.702 4.299 4.707 9,5% 83,6%Bruttoabgaben 63.314 65.492 69.858 73.153 76.902 5,1% 21,5%in % des BIP 22,9 22,9 23,2 23,6 24,1
Überweisung an Länder, Gemeinden, Fonds u.a. 23.397 23.340 25.414 26.458 27.875 5,4% 19,1% davon Ertragsanteile Länder u. Gemeinden 19.890 19.682 21.663 22.376 23.429 4,7% 17,8%Überweisung an die EU 2.279 2.336 2.512 2.888 2.600 -10,0% 14,1%Nettoabgaben 37.638 39.816 41.931 43.807 46.426 6,0% 23,3%in % des BIP 13,6 13,9 13,9 14,1 14,5Quelle: BMF, RH, Statistik Austria
Gemäß dem Strategiebericht zum BFRG soll die Lohnsteuer zwischen 2012 und 2017 mit
30 % deutlich stärker wachsen als die Umsatzsteuer mit rd. 17 % und damit zur
betragsmäßig ergiebigsten Abgabe werden. Dies ist neben der steigenden Beschäftigung vor
allem auf die sogenannte "kalte Progression" zurückzuführen.
9
2.3 Effektive Umsetzung der Reformen im Gesundheitswesen
Ad a) Zu den jüngsten Reformen in Österreich weist die Europäische Kommission
darauf hin, dass ein besonderes Augenmerk auf der Überwachung ihrer Wirkungen liegen
sollte. Im Bereich der Langzeitpflegekosten besteht ihrer Ansicht nach noch
Einsparungspotenzial.
Ad b) Die Gesamtausgaben für Gesundheit in Prozent des BIP sind in Österreich im
Vergleich zu anderen EU-Ländern hoch. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der
Gesamtausgaben für Gesundheit in Prozent des BIP für die EU-Länder im Zeitraum 2003 bis
2010:
Angaben in % 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010Luxembourg 7,7 8,2 7,9 7,7 7,1 6,8 7,9 -Estonia 5,0 5,1 5,0 5,0 5,2 6,0 7,0 6,3Poland 6,2 6,2 6,2 6,2 6,3 6,9 7,2 7,0Czech Republic 7,1 6,9 6,9 6,7 6,5 6,8 8,0 7,5Hungary 8,6 8,2 8,4 8,3 7,7 7,5 7,7 7,8Finland 8,2 8,2 8,4 8,3 8,0 8,3 9,2 8,9Slovak Republic 5,8 7,2 7,0 7,3 7,8 8,0 9,2 9,0Slovenia 8,6 8,3 8,3 8,3 7,8 8,3 9,3 9,0Ireland 7,3 7,5 7,6 7,6 7,8 8,9 9,9 9,2Italy 8,3 8,6 8,9 9,0 8,6 8,9 9,3 9,3Norway 10,0 9,6 9,0 8,6 8,7 8,6 9,8 9,4Spain 8,2 8,2 8,3 8,4 8,5 8,9 9,6 9,6Sweden 9,3 9,1 9,1 8,9 8,9 9,2 9,9 9,6United Kingdom 7,8 8,0 8,2 8,5 8,5 8,8 9,8 9,6Greece 9,0 8,8 9,7 9,7 9,8 10,1 10,6 10,2
Belgium ¹) 10,0 10,1 10,1 9,6 9,6 10,0 10,7 10,5Portugal 9,7 10,0 10,4 10,0 10,0 10,2 10,8 10,7Austria 10,3 10,4 10,4 10,2 10,3 10,5 11,2 11,0Denmark 9,5 9,7 9,8 9,9 10,0 10,2 11,5 11,1France 10,9 11,0 11,2 11,1 11,1 11,0 11,7 11,6Germany 10,9 10,7 10,8 10,6 10,5 10,7 11,7 11,6
Netherlands 9,8 10,0 9,8 9,7 10,8 11,0 11,9 12,0
Quelle: OECD Health Data 2012; 1) Exluding investments
Gesamtausgaben für Gesundheit in % des BIP
Seit einigen Jahren werden mehr als drei Viertel der gesamten anfallenden
Gesundheitsausgaben aus öffentlichen Mitteln beglichen, wobei der Trend mit Ausnahmen
des Jahres 2010 steigend war. Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung seit dem Jahr
2003:
10
Quelle: Statistik Austria; Die Gesundheitsausgaben laut System of Health Accounts (OECD) enthalten auch Ausgaben für Langzeitpflege. Aufgrund der unzureichenden Datenlage mussten jedoch in weiten Bereichen Schätzungen für diese Ausgabenposition herangezogen werden.
Um den Kostenanstieg im Gesundheitswesen zu dämpfen, wurde im Nationalrat eine
Vereinbarung mit den Ländern gemäß Art. 15a B-VG zur Zielsteuerung-Gesundheit, die
Anpassung der 15a B-VG-Vereinbarung aus dem Jahr 2008 über die Organisation und
Finanzierung des Gesundheitswesens und das Gesundheitsreformgesetz 2013 beschlossen,
mit dem die Vereinbarung auf Bundesebene umgesetzt werden soll. Durch die
Vereinbarungen wird die Koordination und Finanzierung des Gesundheitswesens neu
geregelt. Die Reform soll bis 2016 zu einer schrittweisen Annäherung des Anstiegs der
öffentlichen Gesundheitsauszahlungen an den mittelfristig prognostizierten Anstieg des
nominellen BIP von derzeit 3,6 % (durchschnittliche Entwicklung des nominellen BIP gemäß
Mittelfristprognose für das Bundesfinanzrahmengesetz) führen und in den weiteren Perioden
an die durchschnittliche Entwicklung des BIP gekoppelt werden.
Kernpunkte der Reform in Österreich sind die Implementierung eines partnerschaftlichen
Zielsteuerungssystems zur Koordinierung und Steuerung der österreichischen
Gesundheitsversorgung einschließlich einer Finanzzielsteuerung. Durch die Reform sollen
bis 2016 kumulierte Ausgabendämpfungseffekte (im Vergleich zu den prognostizierten
öffentlichen Gesundheitsauszahlungen ohne Intervention) iHv 3,430 Mrd. EUR (Länder
2,058 Mrd. EUR, Sozialversicherung 1,372 Mrd. EUR) erreicht werden, die sich gemäß der
nachfolgenden Tabelle verteilen:
11
in Mio. Euro 2012 2013 2014 2015 2016Ausgabendämpfungseffekte 150 360 640 980 1.300 - davon Länder 90 216 384 588 780 - davon gesetzliche Krankenversicherung 60 144 256 392 520Quelle: Wirkungsorientierte Folgenabschätzung Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz
Finanzielle Auswirkungen für die Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträger
Die Vereinbarung eines Kostendämpfungspfades im Gesundheitswesen stellt einen
wichtigen Schritt dar, die derzeitigen Regelungen bilden jedoch lediglich den Rahmen für die
erforderliche Umsetzung der Reform. Die konkreten Maßnahmen müssen erst im Bundes-
und in den Landes-Zielsteuerungsverträgen vereinbart werden, wobei die institutionellen
Rahmenbedingungen weiterhin sehr komplex bleiben (z.B. Kompetenzzersplitterung,
Einstimmigkeit in den Gremien). Im Strategiebericht wird bei der UG 24-Gesundheit die
Umsetzung der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zur Zielsteuerung-Gesundheit als
erforderliche Steuerungs- und Korrekturmaßnahme zur Einhaltung der
Auszahlungsobergrenzen der Untergliederung angeführt. Die konkreten Auswirkungen auf
das Bundesbudget sind jedoch weder dem Strategiebericht noch der wirkungsorientierten
Folgenabschätzung zu den betreffenden Gesetzesvorlagen zu entnehmen.
2.4 Verbesserung der Bildungsergebnisse insbesondere benachteiligter junger Menschen;Verbesserung der strategischen Planung im Hochschulwesen und Senkung der Abbrecherquote
Ad a) Mit unterdurchschnittlichen Bildungsergebnissen bei überdurchschnittlichen
Bildungsausgaben (Österreich: 6,01 % des BIP; EU-Schnitt: 5,41 % des BIP) zeigt sich nach
Ansicht der Europäischen Kommission für Österreich im Bildungssektor ein wesentlicher
Handlungsbedarf. Der universitäre Bereich weist eine im Vergleich zur hohen Anzahl an
Studierenden geringe Anzahl an Abschlüssen aus. Die Verwaltung und Finanzierung des
Bildungssystems ist auf zu viele Stellen verteilt.
Ad b) Nachfolgende Tabelle zeigt für den Bildungsbereich einen internationalen
Vergleich von 2003 bis 2010:
12
Angaben in % 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010Griechenland 3,56 3,83 4,09 - - - - -Luxemburg 3,77 3,87 3,78 3,41 3,15 - - -Rumänien 3,45 3,28 3,48 - 4,25 - 4,24 3,53Bulgarien 4,09 4,40 4,25 4,04 3,88 4,44 4,58 4,10Slowakei 4,30 4,19 3,85 3,80 3,62 3,61 4,09 4,22Tschechische Republik 4,32 4,20 4,08 4,42 4,05 3,92 4,36 4,24Italien 4,72 4,56 4,41 4,67 4,27 4,56 4,70 4,50Ungarn 5,91 5,44 5,46 5,44 5,29 5,10 5,12 4,88Spanien 4,28 4,25 4,23 4,26 4,34 4,62 5,01 4,97Lettland 5,34 5,08 5,09 5,09 5,02 5,75 5,64 5,01Deutschland 4,74 4,62 4,57 4,43 4,49 4,57 5,06 5,06Polen 5,35 5,41 5,47 5,25 4,91 5,08 5,09 5,17Litauen 5,14 5,17 4,88 4,82 4,64 4,87 5,64 5,38Portugal 5,38 5,10 5,21 5,07 5,10 4,89 5,79 5,62Slowenien 5,80 5,74 5,73 5,72 5,15 5,20 5,66 5,66Estland 5,29 4,92 4,88 4,70 4,72 5,59 6,09 5,68Frankreich 5,92 5,80 5,67 5,61 5,62 5,62 5,90 5,86Österreich 5,53 5,48 5,44 5,40 5,33 5,47 5,98 5,89Niederlande 5,42 5,46 5,53 5,50 5,32 5,50 5,95 5,96Vereinigtes Königreich 5,27 5,17 5,36 5,44 5,36 5,34 5,64 6,22Irland 4,35 4,66 4,72 4,73 4,92 5,71 6,47 6,47Belgien 6,02 5,95 5,92 5,98 6,00 6,43 6,57 6,57Malta 4,48 4,66 6,58 6,45 6,18 5,72 5,32 6,74Finnland 6,43 6,42 6,30 6,18 5,90 6,10 6,81 6,84Schweden 7,21 7,09 6,89 6,75 6,61 6,76 7,26 6,98Zypern 7,37 6,77 6,95 7,02 6,95 7,45 7,98 7,92Dänemark 8,33 8,43 8,30 7,97 7,81 7,68 8,74 8,80Quelle: Eurostat
Ausgaben für Bildung in Bezug zum BIP
Aus dem Vergleich ist ersichtlich, dass Österreich bei den Bildungsausgaben im Mittelfeld
liegt, wobei sämtliche nordischen Staaten, die im Bildungsbereich als vorbildhaft genannt
werden, einen höheren Anteil ausweisen.
Handlungsbedarf in Österreich besteht insbesondere auch im Hinblick auf die Qualität der
Schulausbildung. So zeigten z.B. 27,5 % der teilnehmenden österreichischen Jugendlichen
bei den Pisa-Erhebungen Leseschwächen (EU Durchschnittswert: 19,7 %). In Österreich
zählten 35 % der Burschen und 20 % der Mädchen zur Lese-Risikogruppe sowie 25 % der
Mädchen und 21 % der Burschen zur Risikogruppe im mathematischen Bereich. Die
Leistungsschwächen der Jugendlichen in den Grundkompetenzen (wie z.B. Lesen,
Schreiben und Rechnen) haben eine große Auswirkung auf den Arbeitsmarkt, wo eine
fundierte Ausbildung die Chancen auf einen aussichtsreichen Berufseinstieg erhöhen. Ein
Blick auf die Arbeitsmarktdaten lässt erkennen, dass derzeit der Anteil an jenen
Arbeitssuchenden, die als höchste abgeschlossene Ausbildung die Pflichtschule und eine
Lehre ausweisen, über 80 % der gesamten Arbeitssuchenden ausmachen.
Mit Umsetzung der Wirkungsorientierung definierte das Ressort zwei Wirkungsziele für den
Bildungsbereich (Erhöhung des qualitativen Bildungsniveaus der SchülerInnen,
13
Verbesserung der Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit im Bildungswesen), welche die
wesentlichen Herausforderungen an sprechen, wobei die Festlegung von nur zwei sehr
allgemein gehaltenen Wirkungszielen zur effektiven Steuerung dieses betragsmäßig
relevanten und gesellschaftspolitisch wesentlichen Bereichs aus Sicht des Budgetdienstes
nicht ausreicht und dadurch die erforderliche Transparenz über die tatsächliche mittelfristige
Zielausrichtung nur eingeschränkt gegeben ist.
2.5 Weitere Stärkung der Befugnisse der Bundeswettbewerbsbehörde und Abbau der unverhältnismäßigen Hindernisse für DienstleistungsanbieterInnen
Ad a) Obwohl Österreich durch den Abbau von Hindernissen für
DienstleistungsanbieterInnen viel profitieren würde, finden sich nach Ansicht der
Europäischen Kommission in diesem Bereich noch immer bedeutende rechtliche
Hindernisse.
Ad b) Der Nationalrat hat zuletzt einige Regelungen beschlossen, die den
Empfehlungen der Kommission entgegenkommen, von dieser wahrscheinlich aber noch
nicht als ausreichend angesehen werden.
Durch das mit 1. März 2013 in Kraft getretene Kartell- und Wettbewerbsrechts-
Änderungsgesetz 2012 wurden die Ermittlungsbefugnisse der Bundeswettbewerbsbehörde
(BWB) gestärkt, Ausnahmeregelungen für Kartelle beseitigt und eine bessere Aufsicht über
marktbeherrschende Unternehmen ermöglicht. Für einzelne Berufe (z.B.
ZahntechnikerInnen, FremdenführerInnen, SteuerberaterInnen) wurden die
Zugangsregelungen erleichtert und Anpassungen bei der Anerkennung von ausländischen
Ausbildungen vorgenommen.
2.6 Enge Überwachung der (teilweise) verstaatlichten Banken und Beschleunigung deren Umstrukturierung
Ad a) Die Europäische Kommission anerkennt die erzielten Fortschritte bei der
Zusammenarbeit der Finanzaufsichtsbehörden mit anderen Staaten. Die mit den Banken im
Zusammenhang stehenden Risiken bedürfen einer genauen Beobachtung.
Ad b) Seit 2008 finanziert die öffentliche Hand ein umfangreiches Maßnahmenpaket
zur Stabilisierung des österreichischen Finanzmarktes. Die bisherigen Ausgaben des
Bundes in der UG 46-Finanzmarktstabilität belaufen sich auf 8,37 Mrd. EUR und die
Einnahmen auf 2,5 Mrd. EUR. Im Finanzrahmen 2013 bis 2017 sind für 2013 Auszahlungen
14
iHv 2,4 Mrd. EUR budgetiert, für die Folgejahre sind jährliche Auszahlungen iHv
133 Mio. EUR vorgesehen.
15 Mrd. EUR sind im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetz für
Eigenkapitalmaßnahmen für Kreditinstitute und Versicherungsgesellschaften
(Partizipationskapital, Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch den Bund,
Haftungsübernahmen) vorgesehen. Dieser Rahmen war Ende 2012 mit 13,63 Mrd. EUR
(Vorjahr 10,97 Mrd. EUR) zu 90,9 % ausgenutzt und wurde gemäß der nachfolgenden
Aufstellung verwendet:
Ausnutzung des Rahmens gemäß Finanzmarktstabilitätsgesetz per Ende 2012 (FinStaG)
Maßnahmen
in Mio. EUR Gesamt Partizipationskapital Kapitalzuschüsse* Haftungen
BürgschaftenHaftungsinanspruch
nahmen
Erste Group Bank AG 1.224 1.224Raiffeisen Bank International AG 1.750 1.750BAWAG PSK AG 550 550Hypo Alpe-Adria-Bank International AG¹ 3.050 275 1.575 1.200Österreichische Volksbanken AG² 1.250 300 950Kommunalkredit Austria AG³ 1.386 249 1.137KA Finanz AG⁴ 4.424 1.209 3.082 134Maßnahmen GESAMT 13.634 4.099 3.983 5.419 134
Rahmen gemäß FinStaG 15.000Ausnutzung in % 90,9%freier Rahmen 1.366
1) ursprüngl. 1.350 Mio. EUR Partizipationskapital, Herabsetzung um 625 Mio. EUR u. Wandlung von 450 Mio. EUR, damit Kapitalzuschuss, weitere Kapitalerhöhung 500 Mio. EUR
4) Gesellschafterzuschüsse 209 Mio. EUR und 610 Mio. EUR, Kapitalerhöhung 389 Mio. EUR, Inanspruchnahme einer Bürgschaft für Kreditforderungen iHv 133.7 Mio. EUR, Haftung insb. für Commercial-Papers-Programm iHv 3 Mrd. EUR
Quelle: BMF, Rechnungshof, Wifo
* Kapitalerhöhungen, Gesellschafterzuschüsse, Kapitalherabsetzungen, Umwandlungen
2) ursprüngl. 1.000 Mio. EUR Partizipationskapital, Herabsetzung und damit Kapitalzuschuss iHv 700 Mio. EUR, Kapitalerhöhung 250 Mio. EUR
3) Kapitalerhöhung bzw. Gesellschafterzuschuss 249 Mio. EUR, Bürgschaft iZm Besserungsschein für KA Finanz AG iHv 1.137 Mio. EUR, mit der Zahlung des Bundes Mitte 2013 Kapitalzuschuss
Der ursprünglich für 2012 geplante und dann mehrfach verschobene Verkauf der
Kommunalkredit Austria AG konnte nicht realisiert werden. Angesichts des schwierigen Marktumfelds wurde das laufende Privatisierungsverfahren beendet. Das aktivseitige
Neugeschäft soll daher eingestellt und im Einvernehmen mit der Kommission eine
ökonomisch sinnvolle weitere Vorgangsweise entwickelt werden.
Zur Hypo Alpe-Adria-Bank wurde der Europäischen Kommission vom BMF ein neues
Restrukturierungskonzept übermittelt. Laut einer Aussendung des BMF ist es das Ziel, die
vorbereitenden technischen Gespräche für die Restrukturierung bis Ende Juni
abzuschließen. Dadurch könnte es zu einer deutlich über die Ansätze im
Bundesfinanzrahmen hinausgehenden Belastung des Budgets kommen.
15
3 Stand der Zielerreichung Österreichs im Hinblick auf die EU2020-Ziele
Die nachstehende Tabelle verschafft eine Gesamtübersicht über die EU2020-Ziele und den
Stand der Zielerreichung auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene:
Quelle: Nationales Reformprogramm 2013
(1) Stand 2012, gemäß Globalschätzung Statistik Austria
(2) Stand 2010
(3) AEA-Berechnung
(4) Einschließlich ISCED 4a
(5) Österreich unternimmt alle Anstrengungen, um den nationalen als auch EU-Zielen im Bereich Energieeffizienz zu entsprechen. Österreich wird daher – in Verfolg des Artikel 3 der Energieeffizienzrichtlinie (2012/27/EG) – bis zum 30. April dieses Jahres ein indikatives Energieeinsparungsziel an die Europäische Kommission übermitteln.
Bei der Verfolgung der EU2020 Ziele hat Österreich bei einigen Zielen bereits gute
Fortschritte erreichen können, bei den frühzeitigen AusbildungsabgängerInnen ist das
nationale 2020 Ziel bereits erfüllt.
Das nationale Ziel, eine Beschäftigungsquote von 77-78 % zu erzielen, konnte zwar noch
nicht erreicht werden, dafür aber das EU-Ziel von 75 %. Österreich konnte sich im Zeitraum
2005 bis 2011 um 3,5 Prozentpunkte verbessern.
Die österreichische Bundesregierung hat sich im Rahmen ihrer 2011 Strategie für
Forschung, Technologie und Innovation zur Forschungsfinanzierung das Ziel gesetzt, die
16
EU-Gesamtziel Nationales Ziel Österreich2020 Stand 2011 2020 Stand 2011
Beschäftigungsquote in % 75 % 68,6 % 77-78 % 75,2 %F&E-Investitionen in % des
BIP 3 % 2,03 % 3,76 % 2,80 %(1)
Emissionsreduktionsziel in den Nicht-Emissions-
handelssektoren
-10 %(gegenüber 2005, Non
ETS)
-16 % (Basisjahr2005) -11,7 %
Erhöhung des Anteilserneuerbarer Energien amBruttoendenergieverbrauch
20 % 12,5 %(2) 34 % 31 %
Steigerung derEnergieeffizienz
Steigerung derEnergieeffizienz
um 20 %n.V.(5) n.V.(5)
Frühzeitige Schul- undAusbildungsabgängerInnen 10 % 13,5 % 9,5 % 8,3 %
TertiärerBildungsabschluss in % 40 % 34,6 % 38 % (4) 36,8 %
Senkung des Anteils dervon Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten
Bevölkerung in Personen“ (Basisjahr 2008)
20,000.000 235.000 125.000
Forschungsquote (Auszahlungen für Forschung und Entwicklung in % des BIP) bis zum Jahr
2020 um einen Prozentpunkt auf 3,76 % des BIP zu steigern und sich auch im Rahmen des
EU-Strategieprozesses Europa 2020 auf dieses vergleichsweise sehr ambitionierte Ziel
festgelegt. Dabei sollen zumindest 66 %, möglichst aber 70 % der Investitionen von privater
Seite getragen werden. Österreich lag 2012 mit einer Forschungsquote von 2,81 % des BIP
über dem Schnitt der EU27 (2011: 2,03 %), allerdings nach wie vor deutlich hinter Ländern
wie Finnland, Schweden und Dänemark, die mehr als 3 % ihres BIP in Forschung
investieren. Die Gesamtauszahlungen für Forschung und Entwicklung in Österreich werden
laut einer Schätzung der Statistik Austria vom April 2013 im Jahr 2013 voraussichtlich
8,96 Mrd. EUR betragen und damit im Vorjahresvergleich um 2,9 % steigen. Die
Forschungsquote wird damit bei 2,81 % stagnieren. Die Forschungsauszahlungen des
Bundes steigen um 2,8 % auf einen neuen Höchstwert von 3,09 Mrd. EUR, insgesamt wird
laut Statistik Austria der öffentliche Sektor 2013 voraussichtlich 3,62 Mrd. EUR oder 40,4 %
der Gesamtauszahlungen für Forschung finanzieren. Damit entfällt im EU- und OECD-
Vergleich nach wie vor ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Forschungsauszahlungen
auf die öffentliche Hand. Während die Unternehmen in Österreich nur rund 44 % der
Forschungsausgaben finanzieren, lag dieser Anteil im EU27-Durchschnitt 2010 bei
54,2 %,und im OECD Durchschnitt bei 64,4 %. Überdurchschnittlich hoch ist in Österreich
der vom Ausland finanzierte Anteil an den F&E Ausgaben mit 15 % (2011 bis 2013).1
Da sich weder das Ziel der Umsetzung der Strategie der Bundesregierung für Forschung
Technologie und Innovation zur Forschungsfinanzierung noch Maßnahmen bzw. der
erforderliche Ressourceneinsatz zur Erreichung dieses Ziels im aktuellen
Bundesfinanzrahmen bzw. im Strategiebericht 2014 bis 2017 wiederfinden, bleibt unklar, wie
die Bundesregierung das national festgelegte Ziel erreichen will.
Bei den Umweltzielen konnten die nationalen Ziele zwar noch nicht erreicht werden, aber
Fortschritte sind erkennbar (so konnte z.B. der Anteil erneuerbarer Energien am
Bruttoendenergieverbrauch seit 2005 um 7,2 Prozentpunkte auf 30,9 % im Jahr 2011 erhöht
werden). Angaben zur Steigerung der Energieeffizienz sowie die Bekanntgabe des
nationalen Ziels waren noch ausständig.
Das nationale Ziel, den Anteil an frühzeitigen Schul- und AusbildungsabgängerInnen auf
9,5 % zu senken, hat Österreich bereits im Jahr 2005 erfüllt. Bei der Senkung der
armutsgefährdeten Personen hat Österreich bereits mehr als die Hälfte seines Zieles
1 Dieser Anteil beinhaltet Fördermittel der EU und Mittel von internationalen Organisationen, vor allem aber Finanzierungen durch ausländische Unternehmen, auch von solchen, die mit dem in Österreich F&E durchführenden Unternehmen in Form einer Unternehmensgruppe bzw. eines Konzerns verbunden sind.
17
erreicht. Handlungsbedarf besteht im Bereich der tertiären Bildungsabschlüsse. Während im
EU-Schnitt 34,6 % der 30- bis 34-Jährigen über einen entsprechenden Abschluss verfügten,
waren es in Österreich 23,8 %. Unter Hinzuziehung von äquivalenten Bildungsabschlüssen
kam man auf 36,8 %.
4 Allgemeine Mitteilung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der EU
Zu den fünf auf EU-Ebene für die Jahre 2012 und 2013 festgelegten Schwerpunkten stellte
die Europäische Kommission zusammengefasst fest:
4.1 Inangriffnahme einer differenzierten, wachstumsfreundlichen Haushaltskonsolidierung
Die Haushaltskonsolidierung macht überall in Europa Fortschritte und das wirtschaftliche
Gleichgewicht wird wiederhergestellt. Die großen Leistungsbilanzdefizite in einigen Ländern
konnten deutlich verringert werden und es sind in einigen Bereichen bereits Verbesserungen
ersichtlich (z.B. Zinsen auf Staatsanleihen, Exportleistung). EU-weit soll das Defizit 2013
durchschnittlich 3,4 % betragen (2012: 4 %).
Bei ihren Empfehlungen zur Einnahmenseite verbleibt die Europäische Kommission dabei,
dass die Struktur der Steuersysteme zu reformieren sei, wobei die Besteuerung des Faktors
Arbeit beschränkt und die Arbeitskosten gesenkt werden sollen. Die Erhöhung der
regelmäßigen Grundsteuer, Umweltsteuern und das Hinterfragen von bestehenden
Steuerbefreiungen, Freibeträgen etc. werden als alternative Einnahmequellen für die
Mitgliedstaaten gesehen.
Ausgabenseitig sollten öffentliche Investitionen in Forschung, Innovation und Humankapital
vorrangig behandelt werden.
4.2 Wiederherstellung einer normalen Kreditvergabe an die Wirtschaft
Die Verfügbarkeit von Krediten ist nach wie vor begrenzt, lediglich in Deutschland ist eine
Verbesserung der Situation bei der Kreditvergabe an KMU ersichtlich. Zur Verbesserung der
Situation sollte ein möglichst rascher Abschluss der Bankenrettung und die Erschließung von
alternativen Finanzierungsquellen angestrebt werden. Auf europäischer Ebene soll die
geplante Bankenunion mit einem einheitlichen Aufsichts- und Abwicklungsmechanismus zur
Wiederherstellung einer normalen Kreditvergabe beitragen.
18
4.3 Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit für heute und morgen
Die Europäische Kommission weist hier insbesondere auf die im Bereich Forschung und
Innovation nach wie vor bestehende erhebliche Kluft zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug
auf Innovationsleistungen hin. Dies führt dazu, dass die EU insgesamt hinter ihren
wichtigsten Konkurrenten zurückbleibt.
Die Beseitigung der Beschränkungen für die Dienstleistungserbringung in Übereinstimmung
mit der Dienstleistungsrichtlinie könnte eine Steigerung des BIP der EU um geschätzte 0,8 %
bis 2,6 % bringen. Österreich würde nach Einschätzung der Kommission zu jenen Ländern
mit den größten Zugewinnen gehören. Insbesondere durch die Beseitigung von Hindernissen
im Einzelhandel und von übermäßigen Beschränkungen bei den freien und reglementierten
Berufen könnte der Wettbewerb verbessert werden.
4.4 Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Bewältigung der sozialen Folgen der Krise
Die starke Zunahme der Arbeitslosigkeit sowie die daraus resultierende Armutsgefährdung
stellen auf Ebene der EU eine wesentliche Herausforderung dar. Österreich wies im März
2013 nach wie vor die niedrigste Arbeitslosigkeit innerhalb der EU auf und zeigte mit über
75 % auch eine verbesserte Erwerbstätigenquote.
4.5 Modernisierung der öffentlichen Verwaltung
In diesem Bereich spricht die Europäische Kommission – wie im Vorjahr - diverse
Empfehlungen, wie z.B. Verringerung des Verwaltungsaufwandes bei der Gründung neuer
Unternehmungen, Ausbau der Verwaltungskapazitäten der Behörden sowie Forcierung der
Online-Dienste und moderner Informationsinfrastrukturen, Erhaltung des öffentlichen
Dienstes als attraktiver Arbeitsgeber sowie Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz, aus.
Nähere Informationen sind den folgenden angeschlossenen Dokumenten zu entnehmen:
Allgemeine Mitteilung der Europäischen Kommission
Länderspezifische Empfehlung der Europäischen Kommission für eine Empfehlung
des Rates zum Nationalen Reformprogramm Österreichs 2013 mit einer
Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs für die Jahre 2012
bis 2017
19