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re vision BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 2009

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LIEBE FREUNDE DER BUCERIUS LAW SCHOOL,

mit re.vision halten Sie den neuen Jahresbericht der Bucerius Law School in den Händen. Wir haben uns entschlossen, statt eines nüchternen Zahlen- und Faktenwerkes ein Magazin auf-zulegen, das ein akademisches Jahr an unserer Hochschule Revue passieren lässt und gleichzeitig als Geschäft sbericht ge-lesen werden kann. Wir haben uns dazu mit guten Bekannten zusammengetan: Unser Partner ist der Zeitverlag. Die Redaktion des Magazins hat ihren eigenen Blick auf un-sere Hochschule geworfen und wurde dabei von Studierenden und Alumni der Bucerius Law School unterstützt. Wir wollen mit dem von nun an jährlich erscheinenden Magazin aber nicht nur Rechenschaft ablegen, sondern vor allem berichten, wie sich das akademische, das studentische und das soziale Leben auf dem Campus entwickelt, welche Th emen und Ereignisse die Bucerius Law School beschäft igt haben. Und wir wollen – das geben wir ganz unumwunden zu – Sie für uns einnehmen und für uns gewinnen. Nichts ist so bunt wie das Leben selbst, und das gilt gerade auf einem so lebendigen Campus wie dem der Bucerius Law School. Menschen aller Lebensalter, von allen Kontinenten, unter schiedliche wissenschaft liche Strömungen, vielseitige Begabungen und ein Geist des miteinander Arbeitens, Dis-kutierens, Forschens und Feierns sind Attribute, die es uns wert waren, darüber in dieser Form zu berichten.

Wir hoff en, dass Ihnen die Lektüre dieses neuen Magazins Freude macht, und würden uns über eine Rückmeldung an [email protected] sehr freuen.

Herzlichst

Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt Präsident

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Dr. Hariolf Wenzler Geschäft sführer

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INHALTRE.VISION 2009

PORTRÄT

24 Lieblingsprofessor: Florian Faust ist der erste Preisträger des Röhrenden Hirschen

28 Outlaw: Max Fischer hat nach dem Jura-Studium ein Internet-Start-up gegründet

38 Master-Absolventen: Karrieren in Peru, Tansania und China

50 Und, wie war ich? – Malte Thies erzählt von seiner Premiere bei Gericht

REPORT

06 24 Stunden: Das Campus-Leben in Bildern

14 Mitreden: Wie Law-School-Studenten sich für ihre Hochschule engagieren

20 Was bleibt : 2009 war auch ein Jahr trauriger Nachrichten

31 Feldforschung: So funktionier t das Kapitalmarktrecht in Europa

RUBRIKEN

10 STUDENTENLEBEN Die Mensa Top-Five Kolumne: „Ist das gerecht , Recht oder richtig?“ Campus-Wissen: Phi Delta Phi

12 Aufgeschnappt: Fashion-Statements vom Campus

26 Auslandsstudium: Hier kann man was erleben

36 ARBEITSLEBEN Die Feierabend Top-Five Geständnis: „Das habe ich noch nie verstanden“ Compliance Check: Bucerius Conference & Event

41 Glosse: Der etwas andere Jahresrückblick aus der Sicht einer Statue

DISKUSSION

22 An der Bucerius Law School studieren: Wenn Erwartung auf Erfahrung trif f t

34 Von Krisen und Piraten: Da sind Juristen als Experten gefragt

36 Pro & Contra: Sollen wir den Kompromiss suchen? Oder meiden?

46 Früher Bürgermeister, heute Notar: Henning Voscherau im Interview

FAKTEN

42 Geschäftsbericht

49 Kalender/Impressum

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DIE BUCERIUS LAW SCHOOL IN 24 BILDERN

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LAW-SCHOOL-SPIRIT IST…

…länger als eineViertelstunde für ein Mittagessen auf den andern zu warten

STUDENTEN | LEBENEINSICHTEN AUS 365 TAGEN

„ Der ehemalige Geschäftsführer der Bucerius Law School, Markus Baumanns, hat einmal versprochen, dass Kinder, die aus einer Verbindung von zwei erfolgreichen Absolventen hervorgehen, bei späterem eigenem Studium an unserer Hochschule von den Gebühren befreit sind.

IST DAS GERECHT, RECHT ODER RICHTIG?“fragt Hartmut Henninger, Absolvent des Jahrgangs 2000

DR. PETER RAWERT ANTWORTET: „Es ist legitim, durch die Erhebung oder den Erlass von Studiengebühren Steuerungsfunktionen auszuüben – zumindest wenn man, wie die Bucerius Law School, eine privatrechtlich organisierte Einrichtung ist. Also „Recht“ ist es gewiss, eine solche Art von „Preisgeld“ auszuloben. Und Ziele, die kinderfreundlich sind, haben doch wohl die Vermutung für sich, auch „richtig“ zu sein? Oder zweifeln Sie daran?Mir scheint, Sie wollen hier eher auf den Aspekt der Gerechtigkeit abzielen: Zwei erfolgreiche Absolventen der Law School werden es später gewiss nicht nötig haben, solche Wohltaten in Anspruch zu nehmen. Und überdies: Wer stellt sicher, dass der Zeugungseifer übermütiger Studiosi nicht am Ende das (Finanzierungs-)Konzept der gesamten Hochschule sprengt? Man denke an endlose Generationen von sich reproduzierenden Mitgliedern der großen Bucerius-Familie im von Geldsorgen freien Verdrängungswettbewerb mit den nicht Ebenbürtigen! Ich kann Sie beruhigen, lieber Herr Henninger: Es drohen weder Ungerechtigkeit noch andere Gefahren. Meine Recherchen haben zwar ergeben, dass es die „Baby-Prämie“ tatsächlich gibt. Sie entsprang off enbar dem noblen Bestreben, den anfangs durch bauliche Umstände noch arg gebeutelten Pionierjahrgängen der Law School das notwendige „Zusam-menrücken“ etwas leichter zu machen. Und mag sie womöglich auch einer Bierlaune entsprungen sein: Sie gilt. Allerdings: Sie bezieht sich allein auf das erste Kind, welches den Schößen zweier erfolgreicher Bucerianer entspringt. Außerdem muss der hoff nungsvolle Nachwuchs selbstver-ständlich dieselben Aufnahmehürden nehmen, die für Sprösslinge anderer Eltern bestehen. Sollten Ihre Erwägungen ganz praktischer Natur sein, gebe ich Ihnen aber auch Folgendes zu bedenken: Wer weiß schon, ob nicht gerade dieses kleine Wesen am Ende lieber Pädagogik, Ethno-logie oder Kommunikationsdesign studiert? Stellen Sie mir doch im nächsten Jahr vielleicht folgende Frage: Von zwei erfolgreichen Absolventen der Law School zum Juristen erzogen zu werden – ist das gerecht, Recht oder richtig?“

Peter Rawert (50) arbeitet als Notar in Hamburg. Er lehrt an der Universität Kiel und an der

Bucerius Law School. Sie können die Urteilskraft unseres Kolumnisten gerne herausfordern:

Schreiben Sie unter dem Stichwort „Gerecht, Recht oder richtig“ an: [email protected]

Was machen Sie da, Herr Hauser?

„Jetzt bekomme ich gleich eine Ohrfeige: In dieser Szene aus „Top Dogs“ spiele ich Michael Neuenschwander, den gerade entlassenen Freizeit-Koordinator eines Großkonzerns. Der Projektleiterin Julika Jenkins, gespielt von Julia Hornung, erklärt er die richtige Vorhand nur, um ihr auf die Pelle rücken zu können. Im Buch steht dieser Vorfall nicht – wir haben ihn für unsere Inszenierung erarbeitet.“

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CAMPUS-WISSEN

WAS IST PHI DELTA PHI?? Klingt kryptisch, aber diese drei grie-chischen Buchstaben, ΦΔΦ, sind der Name einer internationalen Juristenvereinigung, die 1869 von vier Studenten an der Universität von Michigan gegründet wurde. Die Abkürzung steht für das Motto: Philous Dikaiooi Philoso-phoi – Freunde von Justiz und Weisheit. Phi Delta Phi sieht sich als unpolitisch und nicht-religiös und hat mit hiesigen Studentenverbin-dungen wenig gemeinsam. Sie ist für Männer wie Frauen offen, die sich beruflich weiterbil-den und gegenseitig unterstützen wollen – möglichst ein Leben lang. Während der 140 Jahre ihres Bestehens hat keine andere Studentenverbindung in den USA so viele Mandatsträger hervorgebracht, darunter mehrere US-Präsidenten, zahllose Supreme Court Richter, Senatoren und Kongressabge-ordnete. Die erste deutsche Phi-Delta-Phi-Gruppe wurde am 30. Oktober 2006 an der Bucerius Law School gegründet: The Roman Herzog Inn, benannt nach dem ehemaligen Bundes-präsidenten, der übrigens regelmäßig vorbei-schaut. Inzwischen existiert mit dem Richard v. Weizsäcker Inn an der Universität Tübingen eine zweite deutsche Gruppe. Mitglied kann werden, wer einen Antrag an den Vorstand des Inns richtet, in dem man unter anderem erläutern sollte, warum man sich für Phi Delta Phi interessiert und deren Werte teilt. Ein- bis zweimal jährlich findet dann eine Zeremonie zur Aufnahme der neuen Mitglieder statt. Bislang sind es rund 100, von denen 90 noch an der Law School studieren. !

PATRICK HAUSER, JAHRGANG 2006, spielt in der Th eater-gruppe mit. Oft bis tief in die Nacht haben der 22-Jährige und seine Mitstreiter im letzten Sommer gearbeitet, damit rechtzeitig zur Premiere von „Top Dogs“ die Scheinwerfer mit Starkstrom versorgt, die Kostüme beschafft und das Bühnenbild gefertigt waren – von den Proben-Wochen-enden für das Stück ganz zu schweigen. „Wir sind auf dem Zahnfl eisch gegangen. Aber wenn es dem Publikum Spaß macht“, sagt Hauser, „dann hat sich alle Mühe gelohnt.“ Seit drei Jahren leitet Liz Rech, freie Regisseurin aus Hamburg, die Th eatergruppe der Bucerius Law School. Hauser war von Beginn an dabei, wegen seines Examens will er im kommenden Jahr etwas kürzer treten. Kein Problem – seit Oktober bereichern gleich 15 neue Schau spieler die Gruppe. Bis Januar werden sie entschei-den, welches Stück auf „Top Dogs“ folgen soll. Die wöchentlichen Proben dauern dann, mit zunehmender Intensität, bis in den Juni. Für Hauser bedeutet das Th eater inzwischen einen unverzichtbaren Ausgleich zum Studienalltag: „Mit Liz Rech kann ich in eine ganz andere Welt hineinschauen, in die von Kunst und Kultur.“ Richter, Paragrafen und Prozesse haben in dieser Welt bislang nichts zu suchen: „Nur einmal“, erinnert sich Hauser, „hat jemand vor-geschlagen, die ‚12 Geschworenen’ zu inszenieren.“ Die Schauspieler haben abgelehnt.

DER ERSTE SATZ

„ICH BIN AN DIESEM MORGEN ZUSTÄNDIG FÜR DEN RE ALITÄTSSCHOCK .“

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So begann Lena Färber, Generalsekretärin der Studierenden, bei der Akademischen Feier 2008 ihre Rede an die Studienanfänger.

KULINARISCHE ELITE

DIE MENSA TOP-FIVE*

1 Currywurst mit Pommes Frites und Grillsoße

2 Pizza Salami

3 Cheeseburger mit Pommes Frites

4 Spaghetti Bolognese

5 Hamburger mit Pommes Frites

OHNE WERTUNG: Vegetarische Gemüsesuppe mit Gefl ügelwiener

*beliebteste Gerichte 2008 laut Studierendenwerk Hamburg

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Die Brille als Haarreif, dazu eine wuschelige Out-of-Bed-Frisur: Dieser Look ist eigentlich nicht mehr angesagt, aber Gesetze zu ändern dauert ja lang… Modisch ganz vorn liegt jetzt die Nerd-Brille, die schon durch ihren fernse-hergroßen Rahmen klarmacht, dass wir es mit einem Durchblicker zu tun haben.

LOSE STOFFSAMMLUNG RE.VISION ZEIGT MODE-SCHNAPPSCHÜSSE VOM CAMPUS

Die Zeiten sind vorbei, da Anwälte überwiegend durch vorbildlich gewichste Budapester auffi elen – wer möglichst mit 23 die Berufserfahrung eines Verfassungsrichters besitzen soll, muss jetzt off enbar auf allen Ebenen beweisen, dass er schon Patina hat.

So leicht kann man auch schon vor dem Eintritt in die Großkanzlei zum Partner gemacht werden: Man nehme zwei Kaschmirpullo-ver, dazu Gürtel, auf denen das Logo nicht zu übersehen ist, und Fransenschals mit dem berühmten Karomuster – fertig ist der Partner-Look.

Hier ist alles echt, was glänzt: Fellkragen sind der Trend im Winter. Es empfi ehlt sich allerdings, vor dem Tragen eine Vorlesung zum Th ema „einstweilige Verfügung“ zu besuchen, um sich eventuell aufgebrachte Tierschützer vom Hals halten zu können.

Das klassische Verlegen-heitsgeschenk? Von wegen: Seit Bundespräsident Horst Köhler bei seiner Wiederwahl die Law-School-Krawatte trug, fühlen sich nicht nur Gastredner durch dieses Accessoire geehrt. So macht man Kult.

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Ein dezenter Hinweis, dass die Kommilitonin aus ihrem Land-haus zur Law School anreist? Nein, diese Stiefel kamen mit einer Gaststudentin direkt aus New York. Ob Jeans oder Minikleid, dieses Styling passt perfekt – nicht nur bei Hamburger Wetter…

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Inspiration für kühle Köpfe: Buntes Denken ist erwünscht an einem Ort, wo Studierende aus vielen Nationen zusammen-kommen. Oder geht es womöglich bald zum Auslandstrimester in den Himalaya?

Wer hat das Zeug zum Juristen?

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REGIEREN GEHT ÜBER STUDIEREN

AN DER LAW SCHOOL HABEN AUCH STUDENTEN DAS SAGEN

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Streikende Studenten, endlose AStA-Debatten und ideologische Grabenkämpfe? Nicht an der Bucerius Law School: Kein einziges Flugblatt musste gedruckt werden, damit die Studierenden erreichten, dass ihr Curriculum reformiert wurde. Dies ist möglich, weil sich ihre gewählten Vertreter nicht nur in Konfl iktzeiten mit der Hoch schulleitung austauschen

gebrauchen.“ Wenzler grinst und notiert etwas auf einem Blatt Papier. „Ich telefoniere mal rum“, sagt er, „ich kenne da jemanden.“ – „Sehr gut. Punkt 2: die Rückzahlung von Studiengebühren für Bafög-Empfänger.“ – „Da hatten wir ja bereits drüber gesprochen. Ich werde nachdenken, wie wir eine vernünft ige Lösung fi nden – machen wir dazu einen gesonderten Termin?“ – „Gute Idee“, sagt die 24-Jährige und folgt weiter ihrer Agenda: „Einige Dozenten benoten Klausuren viel zu spät.“ Nun schaltet sich auch Christian Süß ein, der den Jahrgang 2005 vertritt: „Es dauert ewig, bis die Ergebnisse im Intranet stehen“, unterstützt er Färbers Kritik. Dabei ist sein Ton nicht scharf, aber bestimmt. „Das geht natürlich nicht“, antwortet Hariolf Wenzler, „der Sache werde ich nach-gehen.“ Wieder macht er sich Notizen. Eine Stunde dauert die Sitzung. Es gibt keine Rednerliste. Jeder kann etwas sagen, wenn er etwas sagen will.Doch nicht immer geht es harmonisch zu – in Raum 0.39 wurden auch schon härtere Nüsse geknackt. Das beherr-schende Th ema des vergangenen akademischen Jahres war das Examensvorbereitungsprogramm (EVP). Das EVP ist ein internes Repetitorium, in dem der Inhalt des Studi-ums vor der entscheidenden Prüfung wiederholt wird. Das Problem: Einige Professoren nahmen nach Ansicht der Studierenden zu wenig Rücksicht auf deren Bedürfnisse – die Lehrer wollten ihre persönliche Meinung zu strittigen Rechtsauslegungen diskutieren, statt einfach nur den Stoff zu repetieren. Die Studierendenvertretung forderte

Im Besprechungsraum 0.39 hängt ein Gemälde an der Wand. Es zeigt einen weiten Horizont: Braunrote Erde wird zu blauem Himmel, dazwischen verläuft ein weißer Strich. Wenn das Bild ein Sinnbild sein soll für das, was in diesem Zimmer geschieht, dann ist dieser Strich kein trennender. Denn in Raum 0.39 trifft sich jeden Dienstag-nachmittag die Hochschulleitung mit den Vertretern der Studentenschaft , und dann gibt es kein unten und kein oben: Kanzler und Kommilitonen begegnen sich auf Augenhöhe, wenn sie um Kompromisse und Lösungen ringen, die möglichst alle zufriedenstellen. Zu diskutieren gibt es immer etwas – schließlich werden hier Juristen ausgebildet, und Streiten gehört zum Beruf.Geschäft sführer Hariolf Wenzler nimmt neben Prokurist Benedikt Landgrebe auf einem der schwarzmetallenen Konferenzstühle Platz, beide tragen Anzug und Krawatte. Wenzler legt sein Blackberry auf den Tisch; Anja Frahm, die Leiterin des Studentensekretariats, ordnet ihre Papiere. Um die drei herum sitzen zehn Jura-Studentin-nen und -Studenten in Bluse oder Pullover. Es sind die gewählten Vertreter ihrer Jahrgänge, die Anwälte der Studierenden in der Law School. Lena Färber klappt ihr Notebook auf, als Generalsekretärin der Studierendenver-tretung eröff net sie die Sitzung. Am Tag zuvor hat die Gruppe gemeinsam beschlossen, welche Th emen zur Sprache kommen sollen, Färber hat daraus eine Tagesord-nung gemacht: „Punkt 1: unsere Party Ende der Woche“, sagt sie, „da könnten wir noch einen Getränkesponsor Te

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konkrete Verbesserungen. „Diese Zeit war kritisch, weil es oft sehr hitzig zuging“, erinnert sich Geschäft sführer Wenzler, „niemand hört es gerne, wenn seine Arbeit nicht geschätzt wird.“ Der Konfl ikt eskalierte, als eine größere Anzahl von Studenten mit Exmatrikulation drohte. „Das war eine ernste Situation“, sagt Studentin Lara Friede-richs, für die das Th ema besonders aktuell war, weil sie mitten in den Vorbereitungen für ihr Staatsexamen steckt. Die Studierenden riskierten eine direkte Konfrontation mit der Law School. Nicht aus Lust am Protest, sondern weil ihrer Meinung nach ihre berufl iche Zukunft auf dem Spiel stand: Eine effi ziente Vorbereitung ist der Schlüssel für eine herausragende Note – und ein Prädikatsexamen die Grundlage für die weitere Karriere. Die Nerven lagen blank.Dass selbst in diesem Härtefall eine Lösung gefunden wer-den konnte, liegt auch daran, dass es die Hochschüler nicht dabei belassen haben, nur gegen etwas zu sein: Die Studierendenvertretung entwickelte ein eigenes Kon-zeptpapier zur Reform des EVP, über das in den Gremien der Law School beraten wurde. „Das war sehr viel Aufwand“, meint Christian Süß, „aber es hat sich gelohnt.“ Zwar wurde nicht jede Forderung der Studenten erfüllt, aber alle Professoren haben die Veränderungen mitgetragen. Geschäft sführer Wenzler befand sich in einer schwierigen Rolle: „Es war schwer, beiden Seiten gerecht zu werden und zu vermitteln.“ Umso mehr sind selbst die Studierenden beeindruckt von dem, was sie im Dialog erreichen konnten: „Dass unsere Vertreter das so gut durchbekommen würden, hätten wir nicht gedacht“, sagt Studentin Friederichs. Doch das Th ema ist noch nicht ganz abgeschlossen, auch an diesem Dienstagabend in Raum 0.39 kommt das EVP zur Sprache: „Wir müssen dranbleiben“, erklärt Christian Süß.Immer wieder reden, Probleme früh erkennen und sie gemeinsam lösen: Darauf basiert die Zusammenarbeit zwischen Studierenden, Lehrenden und Leitenden der Bucerius Law School. In den verschiedensten Runden und Kommissionen sitzen Studenten mit am Tisch: Im Senat, dem höchsten Gremium der Universität, sind die Repräsentanten der Jahrgänge genauso wie Professoren und Mitarbeiter vertreten, in der Bibliotheks-Kommis-sion bestimmen die Studierenden über anzuschaff ende Bücher mit, auch in der Mensa-Kommission gibt es Abgesandte. Über die Gerichte im „Food Court“ entscheiden sie zwar nicht, aber sie schauen den Köchen zum Beispiel auf die Finger, wenn es um die Verkaufspreise

geht. Und jedes Trimester gibt es eine Klausurtagung, bei der Hochschulleitung, Professoren und Studierendenver-treter sich gemeinsam außerhalb Hamburgs zurückzie-hen, um abseits des straff en Alltags Strategien zu bespre-chen und Standpunkte auszuloten. „Dort geht es um größere Th emen“, sagt Christian Süß, „zum Beispiel, wo es in Zukunft hingehen soll mit der Law School. Und auch da wird uns zugehört.“ Für den stetigen Dialog ist eines unerlässlich: Jeder der Studierenden kann, wenn er will, im Besprechungsraum 0.39 mit am Tisch sitzen – es fi ndet sich dort kein Zirkel von „Besserstudierenden“ zusammen, der wöchentlich geheime Absprachen trifft . Jeder, der es sich zutraut, kann sich darum bewerben, egal wie lange oder erfolgreich er studiert. Die Wahl wird online durchgeführt. Einmal im Jahr stellen sich die Kandidaten auf einer Vollversamm-lung persönlich vor – und zwar als Privatpersonen. Denn an der Law School gibt es keinen Wahlkampf wie an staatlichen Universitäten, die Bewerber sind an keine politische Hochschulgruppe gebunden. Es existieren zwar RCDS, Jusos, Grüne und eine Linke, doch diese Gruppie-rungen haben keinen Einfl uss auf den Kurs der Hoch-schule. Niemand verteilt in der „Coff ee Lounge“ Flugblät-ter mit Parolen gegen die Hochschulleitung, es gibt keinen zerstrittenen AStA. Parteipolitik ist Privatsache oder dient zum Netzwerken: Die Studierenden laden sich Redner ein, diskutieren Gesamtgesellschaft liches oder treff en sich – wie der RCDS – mit Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust, um sich die Wissenschaft s- und Forschungspolitik der Stadt darlegen zu lassen.Die unparteiische „Studierendenvertretung“ ist dagegen das Herz der Zusammenarbeit zwischen Law School und Studenten. Sie besteht aus dem Repräsentanten jedes

Immer wieder reden, Konfl ikte fr üh er kennen und sie gemeinsam lösen: Auch im Senat sitzen alle an einem Tisch

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Jahrgangs und seinem Stellvertreter, zwei Masterstuden-ten, einem Schatzmeister und einem direkt gewählten Generalsekretär – oder, wie in den vergangenen drei Jahren, einer Generalsekretärin. Diesen Titel trägt das Amt noch nicht lange. Früher hieß die Bezeichnung „Sekretärin der Studierendenvertretung“. „Darüber haben die AStA-Vorsitzenden der anderen Unis immer gelächelt“, sagt Lena Färber, „das klang, als würde ich für die Studenten am Kopierer stehen.“ Dreimal hintereinan-der wurde sie inzwischen gewählt – auch, weil sich keine Gegenkandidaten fanden. „Auf denjenigen, der die Aufgabe übernimmt, wartet eine Menge Arbeit“, sagt sie. Allein jeden Montag müssen die Treff en mit der Hoch-schule vorbereitet werden – ein Abend, den andere Studierende frei haben oder zum Lernen nutzen können. Andererseits bringt das Engagement auch etwas für den späteren Beruf: „Ich habe gelernt, Standpunkte öff entlich zu vertreten und diplomatisch zu agieren“, sagt Lena Färber, „außerdem werden Kompetenzen abgefragt, die mir später von Nutzen sein können: Leadership zum Beispiel, Teamplay oder Beharrlichkeit.“ Jeder Amtsinha-ber hat seine Gründe, sich neben dem Studium zu engagieren: weil er ein Faible für Organisatorisches hat, weil es gut aussieht im Lebenslauf, oder weil „es wichtig ist, Dinge zu hinterfragen und Interessen zu vertreten“, wie Christian Süß seine Motivation beschreibt. Die Dienstagstreff en selbst sind einst auf Initiative der Studenten entstanden. „Heute sind die regelmäßigen Zusammenkünft e eine Quelle vieler Weiterentwicklun-gen an der Law School“, sagt Geschäft sführer Wenzler. „Es ist ein befruchtendes Wechselspiel: Manchmal

erscheint mir etwas unwichtig, bis die Studenten mich darauf aufmerksam machen – und umgekehrt.“ Das Gute an den Treff en sei, meint auch Prokurist Landgrebe, „dass vieles so früh auf den Tisch kommt, dass es nicht hoch kocht.“ Viele Konfl ikte werden sogar noch früher entschärft , und zwar im Büro von Professorin Anne Röthel. Sie ist Vertrauensdozentin – ein Amt, dass auf Anregung ehemaliger Studierender geschaff en wurde, des Alumni-Vereins. Bei Dissonanzen zwischen Studierenden und Professoren hört sie sich beide Seiten an. „Ich verstehe mich als diplomatischen Puff er, bevor es knallt“, sagt sie, „denn meistens handelt es sich lediglich um Missverständ-nisse, bei denen nur ein unvoreingenommener Zuhörer vonnöten ist.“ Manchmal müssten die Studierenden auch einsehen, „dass es eine Grenze gibt zwischen mitgestalten wollen und mitgestalten dürfen“, meint Röthel. Aber auch dank ihrer Arbeit befi nde sich die Hochschule in einem ständigen Reformprozess. „Wir haben Studierende, die von sich aus sehr engagiert sind“, sagt die Vertrauens-dozentin – „und gerade deswegen haben wir sie unter den Studienbewerbern ausgewählt.“ Wer am Konferenztisch in Raum 0.39 seine Ansichten vorzutragen und durchzusetzen vermag, der lernt eben nicht nur für seine berufl iche Zukunft – und das sei ganz im Sinne der Hochschule, heißt es in deren Eigendarstel-lung: Die Bucerius Law School wolle „hervorragend ausgebildete Persönlichkeiten hervorbringen, die ihre Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft stellen und Verantwortung für andere übernehmen“. Generalsekretä-rin Färber bestätigt das: „Es wird hier sehr wohlwollend betrachtet, wenn jemand über den Tellerrand des Jura-Studiums hinausblickt“ – das heißt: wenn man sich neben dem strikten Stundenplan Zeit nimmt für etwas anderes als Jura. Schließlich geht es an der Hochschule zunächst vor allem um den Stoff . Doch die Law School will keine seelenlose Juristen-maschine sein. Sie versteht sich als „universitas“, als „intellektuelle Gemeinschaft zwischen Lehrenden und Lernenden“. Aus gemeinsamer Anstrengung soll in den ehemaligen Gebäuden der Hamburger Botanischen Institute etwas wachsen. Die Hochschule erwartet nicht nur von ihren Studenten ein „überdurchschnittliches Maß an Leistungsbereitschaft “; jeder, der hier manchmal bis tief in die Nacht über Gesetzestexten brütet, soll auch jederzeit fachliche Unterstützung fi nden. „Die Lehrenden engagieren sich sehr“, sagt Studentin Lara Friederichs.

„Viele unserer Probleme hiersind vergleichsweise Luxusprobleme“, meinen die Studenten

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Die 24-Jährige erlebt ihre Hochschule als „serviceorien-tiert“ – ein Wort, das Geschäft sführer Wenzler jedoch kritisch sieht: „Wir wollen vermeiden, dass an der Law School eine Konsumenten- oder Dienstleistungsmentali-tät um sich greift “, sagt er. „Jeder, der hier studiert, hat das Recht darauf, dass sich alle bestmöglich um ihn küm-mern. Aber alleine aus dem Grund, dass er hier ist – nicht weil er Studiengebühren zahlt.“ Und doch macht es einen Unterschied, dass die Law School keine anonyme Massenuniversität, sondern privat organisiert ist. „Wir raufen uns hier sicher genauso viel mit der Hochschulleitung wie die Studierenden staatlicher Universitäten“, sagt Lena Färber, „aber wenn es bei denen darum geht, dass der Verkehrsverbund die Tickets verteuert, betrifft uns das nicht – das ist bei uns von den Studiengebühren abgedeckt.“ Überhaupt, fügt sie hinzu, „viele unserer Probleme hier sind Luxusprobleme“: Die Nutzer der hauseigenen Kindertagesstätte parken auf dem Campus; das Tor zum benachbarten Park „Planten un Blomen“ soll nach Meinung der Studenten länger geöff net sein. „In solchen Fällen können wir meist auf kurzem

Wege etwas regeln“, sagt Lena Färber. Natürlich kommen Studierende und Hochschulleitung auch mal nicht auf einen Nenner. „Dann müssen wir aushalten, wenn einer auf Granit beißt“, sagt Geschäft sführer Wenzler. „Aber das Wichtigste ist, dass wir den Dialog in Gang halten, dass wir uns immer wieder begegnen und dass der eine den anderen braucht.“ Und auch Generalsekretärin Färber fi ndet ihre Aufgabe meistens „befriedigend, weil wir sehr viel erreichen und bewegen können“. Das Amt mache ihr großen Spaß – „manchmal sogar mehr als Jura“, sagt sie und lacht.An diesem Mittwochnachmittag ist Vollversammlung im Auditorium, jedes Trimester fi ndet dort eine „VV“ statt. Die Veranstaltung ist durchschnittlich besucht, viele sind in der Bibliothek, um für die anstehenden Klausuren zu lernen. Heute stimmen die Studierenden über ihren Etat ab, über den sie frei verfügen können – mehr als 20 000 Euro pro Jahr. Es werden Anträge gestellt, es wird darüber abgestimmt, Vorschläge angenommen oder abgelehnt. Es geht um Zuschüsse für eine Sportgruppe und um ein Notfall-Notebook für die Studierenden, falls drei Tage vor Abgabetermin der eigene Rechner zusammenbrechen sollte. Für viele hier ist es die erste Vollversammlung, der neue Jahrgang ist gerade angekommen. Christian Süß steht vorne am Pult und stellt das Konzept für die Kennenlernparty vor, die Ende der Woche steigen soll. Plötzlich wird er von Applaus unterbrochen: Geschäft s-führer Hariolf Wenzler hat für die Studierenden 82 Kästen Bier bei der Holsten-Brauerei locker gemacht – wie in der Dienstagssitzung besprochen. Christian Süß grinst, Lena Färber lehnt sich entspannt zurück.

Wer seine Ansichten vortragen und durchsetzen kann, lernt nicht nur für den späteren Beruf

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NICHT MÜDE WERDENDER CAMPUS ZEIGT SICH NACHDENKLICH

DAS JAHR BEGANN MIT EINER GROSSEN HOFFNUNG: 5 500 HAMBURGER STANDEN

AM 13. FEBRUAR 2009 AUF DEM CAMPUS DER BUCERIUS LAW SCHOOL SCHLANGE,

UM DEM AN LEUKÄMIE ERKRANKTEN BABY HELENE ZU HELFEN. IM SCHNEE -

TREIBEN WARTETEN SIE STUNDENLANG, UM SICH FÜR DIE DEUTSCHE KNOCHEN-

MARKSPENDERDATEI (DKMS) REGISTRIEREN UND BLUT ABNEHMEN ZU LASSEN.

AM ENDE BLEIBT HILFLOSE TRAUER: HELENE STARB AM 7. SEPTEMBER.

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verunglückte kurz nach dem Examen bei einem Ausfl ug mit dem Motorrad. Die 25-Jährige wollte im November als wissenschaft liche Mitarbeiterin bei Professor Karsten Th orn anfangen und genoss gerade ihre freie Zeit.„Das ist so eine Ungerechtigkeit.“ Justus Linz spricht aus, was viele Law-School-Studenten in diesem Moment dachten. „Man ist hier an der Uni, lernt die ganze Zeit, um ins Leben entlassen zu werden – und dann wird das so gekappt.“ Hilfl osigkeit und Wut – darüber, dass Leben nicht zu Ende gelebt werden durft en: Dieses Gefühl teilen alle. Hinzu kommen Gedanken, die von der eigenen Lebens-situation abhängen. „Ich kannte bisher niemanden, der in jungen Jahren gestorben ist“, sagt Daniel Wernicke. Der 23-Jährige ist zur Trauerfeier für Eva-Lotta Rohde gegangen – eine spontane und improvisierte Andacht in der Rotunde. Dass dafür auch die Vorlesungen unterbro-chen wurden, hatte „was Schönes“, meint er: „Weil man denken konnte, die Uni würde das für einen selbst auch so tun – einmal die Zeit anhalten.“Sich plötzlich bewusst werden, dass es einen selbst hätte treff en können… Im Moment des Innehaltens tauchen Fragen auf, Fragen an das eigene Leben. Daniel Wernicke sitzt mit Ingmar Krohm im Arbeitsraum ganz hinten in der Bibliothek. Die beiden lernen für ihr Examen, zurzeit gibt es nichts anderes für sie. Sein Vater, erzählt Ingmar Krohm, habe gesagt, er solle nicht vergessen, jetzt zu leben, nicht immer alles nur für die Zukunft tun. „Aber man wischt das wieder weg“, sagt der 24-Jährige. Was könnte man auch anderes tun als weitermachen? „Gerade weil das Leben so schnell vorbei sein kann, sollte man schauen, dass man das Beste daraus macht“, sagt Franca Biallas, und damit meint die 19-Jährige ihr Studium an der Law School. „Ich habe gerade im Prakti-kum wieder gemerkt, wie sehr mir das alles Spaß macht – ich könnte mir nichts vorstellen, womit ich lieber meine Zeit verbringen würde.“Sich die Zeit nehmen, um das Richtige zu tun: Das haben auch Jan-Philip Wilde, seine Freunde und alle Helfer bei der DKMS-Aktion für Helene getan. Vielen an der Law School geht es jetzt noch so wie Ingmar Krohm: Der Flugzeugabsturz, sagt der Student, mache ihm Angst. „Mit Helene, das war anders. Da hat man um das Leben gekämpft . Und da hat man immer noch den Eindruck, dass man helfen kann.“ Die Knochenmarkspenderdatei wurde durch die bundesweiten Aktionen für Helene um mehr als 20 000 Einträge bereichert.

Helene war wenige Wochen alt, als die Ärzte einen aggressiven Blutkrebs bei ihr feststellten. Sie brauchte dringend eine Knochenmarktransplantation, doch in der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) gab es keinen passenden Spender. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Helenes Mutter als Juniorprofessorin an der Bucerius Law School, und auch ihr Onkel, Jan-Philip Wilde, pro-movierte dort. Als er seinen Freunden aus demselben Law-School-Jahrgang von der Not seiner kleinen Nichte erzählte, ließen sie alle ihre Promotionsarbeiten liegen. Stattdessen bereiteten Sebastian Fontaine, Nikolaus Föbus, Elisabeth Kreuzer, Philip Liebenow und Neele Christiansen zusammen mit Wilde zwei Monate lang eine der bislang größten Typisierungsaktionen für die DKMS vor: Mithilfe des Law-School-Netzwerkes fanden sie nicht nur Unterstützung von Sponsoren und Hamburger Medien, sondern warben auch 120 Blutabnehmer und 150 freiwillige Helfer an. „Als ich dann morgens aus dem Fenster sah, hätte ich heulen können“, erzählt Nikolaus Föbus. Wenn es regne, würden erfahrungsgemäß nur halb so viele kommen, hatten die DKMS-Leute gesagt. Am 13. Februar stürmte und schneite es in Hamburg. Was dann passierte, fällt selbst jenen schwer zu beschrei-ben, die die Abläufe vorher bis ins Detail durchgespielt hatten: Nach kurzer Zeit standen die Wartenden bis auf die Straße, doch niemand drehte um; alle stellten sich zwei Stunden an, selbst als es schon dunkel wurde. „Als wir mit dem Registrieren nicht mehr nachkamen“, erinnert sich Philip Liebenow, „sind viele, die ihre Blutprobe abgegeben hatten, einfach dageblieben, um zu helfen.“ Und tatsäch-lich wurde zunächst das Unwahrscheinliche wahr: Helene fand einen Spender. Doch die Folgen der Behandlung schwächten die Abwehrkräft e des Babys: Helene bekam eine Lungenentzündung, die sie nicht überlebte. Sie wurde zehn Monate alt.Es war nicht die einzige traurige Nachricht, die die Bucerius Law School in diesem Jahr erreichte.In dem Air-France-Flugzeug, das am 1. Juni über dem Atlantik abstürzte, kamen auch zwei Alumni des Bucerius/WHU-Masterprogramms ums Leben: Júlia Chaves de Miranda Schmidt und Alexander Crolow, beide 27 Jahre alt. Die Brasilianerin und ihr deutscher Freund hatten gemeinsam eine Hochzeit besucht und sich auf dieser Reise verlobt. Nur zwei Monate später erschütterte ein weiterer Trauerfall: Law-School-Absolventin Eva-Lotta Rohde Te

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GIPFELTREFFEN

Liebe Claire,

im September habe ich, zusammen mit 112 Kommilitonen, das Jurastudium an der Law School begonnen. Ich fühle mich wohl, ich habe das Gefühl, es passt zusammen. Und doch frage ich mich, woran ich merke, ob Jura das richtige Fach für mich ist. Was muss ich sonst noch alles wissen, was nicht in den Gesetzen zu fi nden sein wird? Reicht mein Faible für die deutsche Sprache, für das Interpretieren und Analysieren, wie ich es im Deutsch-Leistungs-kurs gerne gemacht habe?

Du merkst, meine Erwartungen sind gemischt: Da ist Vorfreude auf die neuen Herausfor-derungen, auf das für mich immer noch relativ unbekannte Terrain der Rechtswissenschaft en. Aber ich wünsche mir auch sehr, dass ich meine Interessen neben dem Studium an der BLS weiterverfolgen kann. Ich möchte auch noch ein Leben zum Studium haben und nicht nur ein Studium zum Leben...

Einer meiner Lebenswünsche ist es, noch viele Gesellschaft en intensiv kennenzulernen – nicht nur als Touristin, sondern um wirklich vertraut mit dem Fremden zu werden. Nach meinem Abitur bin ich für ein Jahr nach China gegangen, in die noch sehr ländliche, dafür aber umso hinreißendere Provinz Yunnan im Südwesten dieses riesigen Landes. Ich habe neun Monate in einem Dorf in den Bergen gelebt und Englisch unterrichtet. Wir Lehrer haben direkt neben den Klassenräumen gewohnt. Durch diesen engen Kontakt mit den Menschen ist das abstrakte Bild, das ich von China hatte, für mich lebendig geworden. Im alltäglichen Umgang auch mit kleinen Dingen konnte ich ihre Werte und Maßstäbe erkennen. Ich würde gerne an der Law School mein Chinesisch noch verbessern und hoff e, dass das Auslandstrimester Chancen bietet, solche kulturellen Kompetenzen weiter zu trainieren. Oder werden wir zu sehr mit Lernen beschäft igt sein? Wie hast Du den Auslandsaufenthalt erlebt?

Manchmal habe ich Angst, dass ich mit dem Jurastudium vielleicht einen Teil meiner Persönlichkeit unterdrücke. Ich habe immer gerne geschrieben und gemalt, etwas Freies, Kreatives gemacht. Andererseits habe ich Jura gerade gewählt, weil es so viele Möglichkeiten off enhält. Ich denke, ich stehe nicht alleine, wenn ich mich noch nicht entschieden habe, ob ich Anwältin, Richterin oder doch lieber Managerin werden möchte. Oder hast Du Deine Wunsch-Karriere schon am Anfang vor Augen gehabt? Wo liegen die wichtigen Weg-gabelungen in unserer Ausbildung?

Als ich im Juli meine Zusage bekommen habe, war mir klar, dass das kein Spaziergang wird wie durch die Schule. Aber ich bin damit ja nicht allein. Schon beim Auswahlverfahren habe ich tolle Leute kennengelernt. Ich bin gespannt, was entstehen kann, wenn 113 ehrgeizige, hoch motivierte und einigermaßen clevere Menschen gemeinsam diesen sicher auch mal steinigen Weg begehen.

Mir fallen dazu die Worte eines großen Juristen ein: „Kein festeres Band der Freundschaft als gemeinsame Pläne und gleiche Wünsche.“ Das hat Cicero gesagt. Was meinst Du?

FRAGEN EINER STUDENTIN IM ERSTEN TRIMESTER

Annelie Siemsen, 21, ist gerade aus Eckernförde nach Hamburg gezogen, um an der Law School zu studieren. Sie beschreibt ihre Erwartungen und Sorgen.

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Liebe Annelie,

als ich an der Law School anfi ng, habe ich mir ganz ähnliche Fragen gestellt wie Du.Nach fünf Jahren Höhen und Tiefen weiß ich, dass es für mich die richtige Entscheidung war, Jura an dieser Hochschule zu studieren. Das Schwierigste war es wohl, mit dem Gefühl leben zu lernen, niemals all das wissen zu kön-nen, was man wissen zu müssen meint. Und sich nicht unterkriegen zu lassen und die Freude am Fach nicht zu verlieren, wenn man nur gelernt hat, und sich am Ende vielleicht nicht der erhofft e Erfolg zeigt.

Du hast recht: Gemeinsame Pläne und Ziele bringen einen zusammen, was ich besonders intensiv während der Hausarbeiten und der Seminararbeiten erlebt habe. Ich habe es so empfunden, dass wir in diesen anstrengenden Wochen alle an einem Strang gezogen haben – selbst wenn man sonst nicht immer einer Meinung war! Ich habe an der Law School viele interessante Menschen kennengelernt und einige wirklich gute Freunde gewonnen.

Natürlich beneidet man oft die Studenten an der staatlichen Universität um ihre langen Semesterferien. Aber mir ist es durch die verschulte Struktur an der Law School leichter gefal-len, mich in der Fülle an Stoff nicht zu verlieren. Auch dass man vier Jahre lang mit denselben hundert Leuten „in einem Boot sitzt“ und Professoren, Assistenten und wissenschaft liche Mitarbeiter sich wirklich bemühen, einen auf dem Weg zum Examen zu unterstützen, ist in meinen Augen ein großer Vorteil. Und keine Sorge: Es bleibt noch genug Zeit für das Leben neben dem Studium – wenn man sie sich nehmen möchte!

Trotzdem habe ich mich nach zwei Jahren, als die Hälft e bis zum Examen geschafft war, sehr auf das „Bergfest“ Auslandstrimester gefreut. Ich habe mich ganz spontan entschieden, nach Indien zu gehen, und genau wie Du es von China beschreibst, war diese Zeit für mich unglaub-lich faszinierend und schön!

Wie man sich Studium und Freizeit im Ausland einteilt, ist jedem selbst überlassen. Die Minimalanforderung ist, einen Kurs zu bestehen. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, den Schwerpunkt mehr auf freie Zeit zu legen, weil ich zusammen mit indischen Freunden unterwegs sein wollte. Trotzdem war auch die Studienzeit interessant: Ich habe hauptsächlich Kurse belegt, in denen es um Völkerrecht ging. Daran hat mir besonders gefallen, einmal die Perspektive eines „nicht westlichen“ Landes kennenzulernen.

Ich fi nde, es gibt in unserer Ausbildung nicht die eine entscheidende Weichenstellung. Man hat fünf Jahre Zeit, im Rahmen der Praktika, des Schwerpunktstudiums oder eventuell eines Nebenjobs langsam herauszufi nden, welche Art von Arbeit und welche Rechtsgebiete einen interessieren. Ich bin immer noch nicht ganz sicher, welchen Beruf ich später ergreifen will, und bin deshalb gespannt, welche neuen Erfahrungen ich im Referendariat machen werde!

Wie Du siehst, liegt eine anstrengende, aber auch aufregende Zeit vor Dir! Ich wünsche Dir alles Gute und viel Erfolg!

IM JURAGEBIRGEUND ANTWORTEN EINER ABSOLVENTIN

Claire Proebstle, 24, hat gerade ihr Erstes Staats-examen gemacht. In ihrer Antwort auf Annelies Brief erzählt sie, wie sie die vier Jahre Jura-Studium erlebt hat.

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DER ERSTE PREISTRÄGER DES RÖHRENDEN HIRSCHEN

Mit dem „Bucerius Alumni Preis für hervorragende Lehre“ – wegen des Pokals auch „Röhrender Hirsch“ genannt – würdigt der Alumni-Verein herausragende Leistun-gen und außergewöhnliches Engagement von Lehrenden an der Law School – von Professoren, aber auch von wissenschaftli-chen Assistenten. 2009 wurde die künftig jährliche Auszeichnung zum ersten Mal verliehen. Über die Vergabe entscheidet eine fünfköpfige Jury, in der drei Mitglieder von Bucerius Alumni e.V. sowie zwei Studie-rendenvertreter sitzen. Die wichtigsten Kriterien für die Vergabe sind die Qualität der Lehrveranstaltungen sowie der begleitenden Lehrmaterialien und die Einsatzbereitschaft der Lehrenden.Florian Faust ist seit sieben Jahren Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht und Rechtsverglei-chung an der Law School. Die Jury hob seine Bereitschaft hervor, Fragen „tatsäch-lich jederzeit geduldig zu beantworten“ sowie Kritik von Studierenden anzunehmen und in seine Lehre einfließen zu lassen. Darüber hinaus führte sie seine „auf sehr hohem Niveau verständlichen“ Vorlesungen und Skripte an. Auch Fausts Lehrbuch zum Allgemeinen Teil des BGB trug wegen seiner „Kürze und hoher Durchdringung des Stoffes“ zur Zuerkennung des Preises an ihn bei. Das Votum für Faust war einstimmig.

Florian Faust hätte auch einem Ruf in seine Heimatstadt

Regensburg folgen können. Statt dessen richtet sich der

Bayer nun dauerhaft in Hamburg ein.

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GEKOMMEN, UM ZU BLEIBEN

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WAS FÜR EIN NAME – Doktor Faust! So einer, könnte man meinen, ist eine Grüblernatur. Doch wer Florian Faust gegenübersitzt, merkt schnell, dass der 45-Jährige mit der Goethe’schen Gelehrtengestalt nur wenig gemein hat. „Jura ist nichts für Leute, die sich gerne in einen Elfenbein-turm zurückziehen“, lautet das Credo des Professors. „Man muss wissen wollen, wie es draußen, im ‚wahren Leben’ zugeht.“ Schon als Student ließ Faust die Möglichkeit ziehen, in Harvard oder Yale einen Master zu machen, weil ihm die Elite-Unis „zu abgehoben“ erschienen. Lieber schrieb er sich an der bodenständigen University of Michigan in Ann Arbor ein. Die Studienzeit in den USA war für ihn ein „fachliches Ur-Erlebnis“, von dem er bis heute zehrt: „Die fallorientierte Herangehensweise, die bei der Entscheidungsfi ndung auch viele außerjuristische Faktoren berücksichtigt, habe ich als intellektuell äußerst stimulierend empfunden. Gleichzeitig habe ich aber das systematische, deduktive Vorgehen deutscher Juristen erst so richtig schätzen gelernt.“ Der Schlüsselbegriff dafür, wie Faust Jura betreibt, lautet: „Diskussion“. Leidenschaft lich setzt er sich mit Kollegen und Studenten über Fälle, Gesetze, Gerichtsurteile auseinander – „durchaus hitzig, man steigert sich ja hinein, wenn es Spaß bringt.“ Von einer Juristerei, die sich hinter Regelwerken verschanzt, hält er dagegen nichts: „Es gibt Studierende, die wollen Patentrezepte, mit denen sie die Fälle in der Klausur schnell ‚totmachen’, erledigen können. Das gibt es bei mir nicht“, sagt der Professor. „Mein Alptraum wäre es, hier lauter kleine Fausts heranzuzüch-ten.“ Er wünsche sich, dass seine Studenten zu jedem Fall eine eigene Haltung entwickeln, nur logisch schlüssig muss sie sein.„Es ist extrem schwer, Herrn Faust zu überzeugen“, seufzt sein wissenschaft licher Assistent Volker Wiese. Für ihn ist Faust gleichwohl ein „Genius“: brillant in der Sache – und äußerst zugänglich für seine Studenten. „Ich wünschte, es würden noch mehr von der Möglichkeit zum Nachfragen Gebrauch machen“, sagt der Professor, „gerade auch diejenigen, die sich scheuen, weil sie tatsächlich Schwierig-keiten haben.“ In Fausts Büro gibt es keine Sprechzeiten, sondern eine „open-door-policy“. Und sogar von unter-wegs antwortet er per Blackberry.Nach Feierabend lässt der Professor jedoch auch Jura Jura sein. „Wenn ich abschalte, dann total“, sagt Faust – und das rät er auch seinen ambitionierten Studenten: „Macht euch nicht verrückt, es gibt noch anderes im Leben als Jura.“

Die Oper zum Beispiel. Über achtzigmal besuchte Florian Faust bereits die Hamburgische Staatsoper – viermal allein Francis Poulencs „Gespräche der Karme-literinnen“. Die „unaufdringlich moderne Inszenierung“ mit ihren gekonnten Eff ekten und ergreifend dargestell-ten Gewissenskonfl ikten habe ihm „so manchen Schauer über den Rücken gejagt“, schwärmt er.In der Wohnung, die er gerade in Lokstedt bezogen hat, freut Faust sich am meisten auf die neue Küche. Gut möglich, dass er dort wieder öft er sein Kochbuch zücken und Schweinelendchen mit Avocado-Schafskäse-Füllung zubereiten wird. Und das nicht für sich allein: Denn Faust wird gemeinsam mit seiner Partnerin Anja Frahm einziehen. Kennen gelernt haben sich die beiden an der Bucerius Law School, sie leitet die Abteilung für studentische Angelegenheiten, zwei Stockwerke unter ihm. Gefunkt hat es, als Faust sich ein Herz nahm und sie einlud, mit ihm ein Benjamin-Britten-Konzert in der Staatsoper zu besuchen. Für den 10. Dezember, den zweiten Jahrestag des Konzerts, ist nun die standesamtli-che Trauung angesetzt – allerdings nicht in Hamburg, sondern in Regensburg.In Regensburg wurde Florian Faust geboren, dort hat er Abitur gemacht und die ersten Semester Jura studiert. Heute noch reist er häufi g dorthin, um seinen Vater zu sehen. Oder um „heikle Entscheidungen“ zu treff en, wie seine Mitarbeiter wissen: sich eine neue Brille zulegen etwa, oder zum Haareschneiden. Schließlich – wer hat schon den gleichen Friseur wie der Papst? Mit Joseph Ratzinger und dessen Regensburger Zeit verbindet ihn aber noch mehr: Fünf Jahre lang war er Messdiener beim damaligen Kardinal. Als „freundlich, aber sehr zurück-haltend“ hat der junge Faust ihn wahrgenommen – und als „brillanten Rhetoriker“. Letzteres eine Eigenschaft , die auf den späteren Professor abgefärbt haben mag – und für die ihn seine Studenten heute besonders schätzen.Faust wiederum legt Wert auf den guten Kontakt zu Studierenden, Mitarbeitern und zur Hochschulleitung – weshalb der Bayer 2007 sogar der Versuchung wider-stand, einem Ruf an die Universität seiner geliebten Vaterstadt Regensburg zu folgen. Damals texteten die Law-School-Studenten: „Wir freuen uns ’nen Keks, wenn Sie bleiben!“, und schenkten ihrem Lieblingsprof selbst gebackene Butterkekse. Faust hat nicht alle gegessen, sondern bewahrt einige bis heute in seinem Büroschrank auf.

Professor Florian Faust wurde vom Alumni-Verein für hervorragende Lehre ausgezeichnet. An der Law School gilt er als herausfordernder Gegner in juristischen Debatten – privat ist er ein Genießer

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EMILY HABERSHON (21) CAME FROM BRISBANE

„I can still remember my arrival in Hamburg. Aft er a horrible 20-hour-fl ight I drove to my apartment in Winterhude and I was simply surprised while looking out of the window: Before my stay I thought Germany was somewhat of a cold, harsh country. But instead my fi rst and strongest impression of Hamburg was how beautiful the city was, I loved the buildings and the gardens around my apartment in Winterhude. And I made so many good friends who I am still in contact with. I simply loved everything and could see myself living there.“

MARCUS LERCH (24) WAR IN NEW YORK

„Ich war dabei, als Arbeiter das riesige Firmen-schild der Lehmann Brothers abgeschraubt haben. Ehemalige Angestellte im Anzug verließen mit Pappkartons das Gebäude: Sie trugen nur noch den Inhalt ihres Büroschranks bei sich. Als wir abends unterwegs waren, hielt einmal eine Limousine neben uns. Der Chauff eur fragte, ob er uns mitnehmen könnte. Das war ein entlassener Fahrer, der mit Taxifahrten Geld verdienen wollte. Wie die Finanzkrise in den Alltag einbricht, habe ich erst in New York gespürt.“

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DIE WELT IST EINE SCHEIBE

ABENTEUER AUSLANDSTRIMESTER

NUR WER SICH INS UNBEKANNTE WAGT, KANN

SEINE VORSTELLUNG VON DER WELT ÜBERPRÜFEN:

JEDES HERBSTTRIMESTER REIST EIN LAW-SCHOOL-

JAHRGANG ZUM STUDIUM INS AUSLAND, GLEICH-

ZEITIG SIND MEHR ALS HUNDERT AUSLÄNDISCHE

STUDENTEN AUF DEM HAMBURGER CAMPUS ZU

GAST. JE DREI VON IHNEN ERZÄHLEN, WAS SIE

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JIAOJIAO PENG (22) CAME FROM SHANGHAI

„In Germany, friends talk about politics. It seems to be a normal topic for Germans, and many of them do like paying attention to how the government is running. For example, my host had many meetings with his party members. He would also tell me something about German politics when we were chatting. People’s attitude towards politics is totally diff erent in China. Most of us do not care at all how the government is running. It is not a hot issue for family get-togethers or friends’ parties. We do not have the passion for politics generally speaking. But we would also make jokes on it.“

OREN HOGERY (26) CAME FROM TEL AVIV

„I kind of knew it beforehand, but I didn’t know that it was to this extent: the fact that German people like to schedule everything in advance, even just a friendly gathering. All my German friends needed to know in advance – even a week before! – when we will meet and what we will do. In Israel we never schedule unless it’s business, so it took me some time to get used to it.“

INGA RUCK (21) WAR IN ISTANBUL

„Anfangs hat mich das türkische Nachtleben verwirrt. Anders als bei uns gibt es nur ganz wenige Kellerclubs. Wer in Istanbul ausgeht, steigt die Treppen rauf. Denn die meisten Clubs liegen in den oberen Stockwerken. Das wirkte auf mich anfangs irgendwie uncool. Aber dann war ich sehr schnell begeistert, weil viele Läden dadurch einen Dachgarten haben. Da habe ich meine Freunde getroff en, gefeiert und konnte nebenbei über die Stadt schauen. Wunderschön!“

FRIEDERIKE DUSCHA (22) WAR IN BANGALORE

„Ich wollte auf keinen Fall in ein Industrieland und dachte, das wäre ein Abenteuer. Aber als ich angekommen war, fühlte ich mich furchtbar. Ich war anderthalb Monate lang krank, habe das Essen nicht vertragen und zehn Kilo abgenommen. Mein Zimmer war winzig, die Uni chaotisch, die Stadt laut. Vor allem aber hat mich das Elend überfor-dert. Die Bettler auf den Straßen, kleine Kinder, die schon hart arbeiten müssen, Mädchen, die zur Prostitution gezwungen werden. Doch kaum war ich wieder zu Hause, habe ich Indien vermisst. Die Inder sind so off en und freundlich, dass man sich wirklich willkommen fühlt.“

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Jenseits der klassischen Juristen-Karriere ist Law-School-Absolvent Max Fischer als Unternehmer erfolgreich – mit einem Internetportal für Vereine

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ain. ES GIBT SIE NOCH, die erfolgreichen Internet-Start-ups mit

einer Handvoll kreativer junger Menschen, die eine Hinterhofetage bevölkern. In diesem Fall ist es ein renovierter Altbau mit Holzfußboden in einer versteckten Seitenstraße im Hamburger Stadtteil St. Georg – zu einem der »365 Orte 2009« gewählt von der Initiative »Deutschland – Land der Ideen«. Einer der Geschäft s-führer ist Max Fischer, 28, groß gewachsen, praktische Kurzhaarfrisur, sportlich: Er hat mal geboxt und Tennis gespielt. Schon während seines Studiums an der Bucerius Law School hatte er gemeinsam mit seinem alten Schul-

freund und heutigen Co-Geschäft sführer Axel Kmonit-zek die Idee zum Online-Portal meinverein.de: »Ich war durch den Sport immer in Vereinen aktiv. Und bekam mit, dass die größten Defi zite dort in der Kommunikation und Organisation liegen.« Von den aufk ommenden sozialen Netzwerken wie Xing oder Facebook war es nur ein kleiner Schritt zum Vereinsportal. Das Entscheidende an diesem kleinen Schritt: meinverein.de bietet nicht nur eine Plattform zur Selbstdarstellung der Vereine, sondern auch einen internen Raum für die Vernetzung untereinan-der. Wer zum Beispiel in eine fremde Stadt zieht, kann

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DER VEREINSMEIER

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dort Gleichgesinnte fi nden, Mitglieder können sich aber auch Spielpläne herunterladen, den alten Tennisschläger zum Verkauf anbieten oder ganze Mannschaft en mit einem Klick über veränderte Trainingszeiten informieren; selbst Vorstandswahlen lassen sich online durchführen. Ein virtuelles Vereinsheim also, in dem die Mitglieder ihre Kommunikation eff ektiver gestalten können als mit einem Schwarzen Brett – bislang machen schon mehr als 10 000 Vereine davon Gebrauch.In die Selbstständigkeit wagte Max Fischer sich noch vor Ende des Studiums. Nachdem die Sparkasse nicht einmal ein Geschäft skonto gewähren wollte, geschweige denn einen Existenzgründungskredit, fand sich der erste Investor, als Fischer gerade in den Vorbereitungen zum Staatsexamen steckte. Durch Zufall: Matthias Nixdorf, Sohn des Computerpioniers Heinz Nixdorf, sah bei einem Freund den Businessplan auf dem Schreibtisch liegen. Er warf einen Blick hinein und war sofort vom Erfolg der Idee überzeugt – der erste Investor war gefunden. Der zweite Geldgeber ist ein gemeinsamer Bekannter von Nixdorf und Fischer, der als Jura-Student bei einer Agentur gejobbt hatte, die VIPs betreut. Dabei hatte Fischer öft er mit einem ehemaligen Tennisstar zu tun: Michael Stich. »Wir haben uns mit Matthias Nixdorf zusammengesetzt und überlegt, ob wir Stich mit ins Boot holen. Und der fand das tatsächlich genauso spannend wie Nixdorf.« Am Tag von Fischers mündlicher Abschlussprüfung ging die Internetseite online. Von der Idee bis zur Realisierung sei es eine Zitterpartie gewesen, erinnert er sich: »Jeden Morgen, wenn wir den Computer anschalteten, mussten wir befürchten, dass uns jemand zuvorgekommen ist.« Doch dem war nicht so. Nun ist meinverein.de bereits seit zwei Jahren auf dem Markt – und trotz des einen oder anderen Nachahmers mit Abstand der größte Anbieter dieser Art. »Natürlich kann immer noch einer kommen und uns mit einer genialen Idee überrunden. Aber aus dem Gröbsten sind wir raus.« Und hätte er sich das Jura-Studium nicht schenken können, wo er berufl ich eine ganz andere Richtung eingeschlagen hat? »Bevor man anfängt, Jura zu studie-ren, weiß man noch nicht, was einen erwartet. Ich habe aber relativ zügig gemerkt, dass ich nicht der klassische Jurist bin. Als Jurist ist man dabei und berät, man hilft mit, dass etwas entsteht. Aber man ist nie die treibende Kraft “, antwortet Fischer. Trotzdem hat er seine Studien-wahl nicht bereut: »Ein Jura-Studium ist spannend und man lernt wirklich viel – etwa analytisch zu denken und

zu argumentieren.« Sehr zugute kommt ihm sein Studium natürlich, wenn es um Vertragsangelegenheiten geht. Und Max Fischer hat noch eins draufgesetzt: Voriges Jahr ist er zurückgegangen an die Bucerius Law School und hat seinen »Master of Law and Business« gemacht. »Jetzt kann ich auch ein bisschen besser mit Zahlen umgehen, als es Juristen gemeinhin nachgesagt wird«, sagt der Jungunternehmer.Drei Mitarbeiter haben Fischer und Kmonitzek, die Programmierung besorgt eine Agentur in Österreich. Meinverein.de konnte mitten in der Wirtschaft skrise wachsen, weil das Unternehmen, anders als die meisten Internetportale, nicht allein auf Werbefi nanzierung setzt. Anzeigenbanner gibt es hier zwar auch, der Fokus liegt jedoch auf dem E-Commerce: »Es gibt 600 000 Vereine in Deutschland und die haben Bedürfnisse, brauchen Trikots, Pokale, Fahnen, Wimpel, Werbeartikel, Vereinsreisen, Speisen und Getränke… Wir wollen nach und nach alle Märkte rund ums Vereinsleben aufrollen.“ Mit einem Shop, in dem man Pokale und Medaillen bestellen kann, ist meinverein.de gerade online gegangen, als nächstes soll ein Trikot-Shop folgen. Im November bringen Fischer und Kmonitzek zusammen mit dem Verlag Heinrich Vogel auch noch ein Printmagazin heraus. Die stolze Anfangsaufl age soll 125 000 Stück betragen und an 25 000 Vereine versandt werden. Wer bereits Mitglied ist, soll damit stärker an meinverein.de gebunden, alle anderen neugierig gemacht werden. Eine weitere Einnahmequelle wird demnächst »MeinVerein plus« sein, ein umfangreicher Homepage-Baukasten. War das Jura-Studium schon stressig, so ist es das Unterneh-mertum nicht minder, das war schnell klar. Die Plattform will gepfl egt, neue Sponsoren und Werbekunden müssen gewonnen, der »Verein des Monats« ausgewählt werden. Sehr wichtig ist Fischer die direkte Kommunikation mit den Nutzern. Mit 20 besonders engagierten Community-Mitgliedern geht er Ende des Jahres auf Reisen, um sie und ihr Vereinsleben noch besser kennenzulernen. Und wohin soll das alles führen? »Anfangs war unsere Zielmarke einfach die Zahl der Vereine in Deutschland – natürlich sollen alle bei uns Mitglied werden. Inzwischen haben wir die erfolgreiche Bewirtschaft ung der verschiedenen Geschäft sfelder zu unseren Zielen erklärt – den E-Com-merce, das Printmagazin und was wir sonst so vorhaben«, sagt der Law-School-Absolvent. Ganz neu ist nun auch noch ein Beraterjob hinzugekommen: Das Bundesfamilien-ministerium baut eine Internetplattform zum Th ema ziviles Engagement auf – Fischer & Co werden dabei helfen.

Die Boxhandschuhe hat Max Fischer zwar

an den Nagel gehängt, aber was er damals

vom Vereinsleben mitbekommen hat, gab

dem 28-Jährigen die Idee zum eigenen

Unternehmen.

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ACHTUNG WILDWECHSEL

EINE FORSCHUNGSREISE DURCH DIE KAPITALMÄRKTE EUROPAS

AUCH FÜR DAS KAPITAL GELTEN IN DER EUROPÄISCHEN

UNION EINHEITLICHE RICHTLINIEN. EIGENTLICH. DENN

WER SETZT SIE DURCH? UND WIE?

DOKTORANDEN DER BUCERIUS LAW SCHOOL HABEN

DIE RECHTSPRAXIS IN SECHS LÄNDERN VERGLICHEN –

UND ZWAR VOR ORT

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DAS KAPITAL IST EIN SCHEUES REH – und manchmal ziemlich zickig. Mal äst es bei den Deutschen, mal bei den Franzosen, dann wieder bei den Briten oder den Italie-nern. Daran ist in Zeiten weltumspannender Kapital-ströme nichts Überraschendes mehr. Die Frage ist nur: Wie muss es sich in den einzelnen Ländern benehmen – auch angesichts der jüngsten Finanzkrise? Alle Welt redet schließlich von der Verschärfung der Spielregeln – nur kaum einer hat bisher einen Überblick, was wo gilt. Noch nicht mal im vereinten Europa. Welche Einhegungen gibt es? Und wer greift ein, wenn das liebe Tier übermütig wird? Um das herauszufi nden, sind vier Doktoranden der Bucerius Law School zum Forschen in verschiedene Städte Europas gereist. Losgeschickt hat sie Professor Rüdiger Veil vom Institut für Unternehmens- und Kapitalmarkt-recht. Das Ziel: ein Vergleich des Kapitalmarktrechts in Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Großbritan-nien und Schweden. Und damit Antwort auf die Frage: Wie sieht der europäische Ordnungsrahmen für Märkte aus, auf denen Kapital gehandelt wird – von A wie Aktien bis Z wie Zertifi kate?In der Europäischen Union gibt es auch für das scheue Reh Kapital eigentlich die passenden Richtlinien. Sie sollen das Kapitalmarktrecht in der EU harmonisieren und heißen zum Beispiel „Richtlinie betreff end den Prospekt, der beim öff entlichen Angebot von Wertpapie-ren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröff ent-lichen ist“ oder „Richtlinie über Insidergeschäft e und Marktmanipulation“ oder – besonders griffi g – „Richt-linie zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind“.Aber was so einheitlich klingend aus Brüssel daher-kommt, ist es nicht mehr, sobald es in nationale Gesetze übersetzt wurde. „Die Abweichungen dürft en gar nicht so groß sein“, sagt Philipp Koch, der für das Forschungspro-jekt insgesamt sechs Monate in Madrid und Paris war. „Sie sind es aber doch.“Zum einen gehen die Mitgliedsstaaten teilweise über die europäischen Vorgaben hinaus: Sie regeln mal mehr, mal regeln sie strenger – „gold-plating“ nennt sich das. Zum anderen setzen sie dieses Recht mit unterschiedlichen Mitteln durch – mit Zivil- oder Strafrecht, per Verord-nung oder Dialog. Hier wirken sich unterschiedliche Einfl üsse und Traditionen aus. Und die Erfahrungen, die

ein Land bisher mit Aktien, Anleihen & Co. gemacht hat.Spanien zum Beispiel, ein Land mit einem eher überschau-baren Kapitalmarkt: Hier sei Kapitalmarktrecht oft noch eine „terra incognita“, so Projektleiter Rüdiger Veil, der gemeinsam mit den Doktoranden in allen untersuchten Ländern Interviews mit Anwälten, Professorenkollegen und Behördenvertretern geführt hat. „Sie merken das auch in den Gesprächen. Da sitzen Sie zwei Anwälten gegenüber und die erzählen Ihnen was vom Himmel herunter. Und dann ahnen Sie irgendwann, dass das nicht alles stimmen kann, was Sie da gerade gehört haben.“Für Law-School-Doktorand Philipp Koch bedeutete das echte Detektivarbeit – also Gesetzestexte sichten, die eigene Vorstellung davon immer wieder mit der Wirklich-keit abgleichen und das in Interviews Erfahrene in anderen Gesprächen überprüfen. Denn: „In Spanien gibt es keine Bücher zum Kapitalmarktrecht.“ Nur law in action. Und das ist auch den Fachleuten vor Ort nicht immer auf Anhieb bekannt.Dabei geht es inhaltlich nicht um juristische Spitzfi ndig-keiten oder Petitessen, sondern um die Funktionsfähig-keit eines gemeinsamen europäischen Kapitalmarkts; auf dem sollen Anleger, Finanzdienstleister und Unterneh-men gleichermaßen sicher vor Übervorteilung sein – ob ein Wertpapier nun in Spanien oder in Deutschland herausgegeben wird. Konkret heißt das: Prospektrecht (Wie war das noch mit dem Hinweis auf die fehlende Einlagensicherung von Lehman-Zertifi katen?); Ad-hoc-Publizität (Wer erfährt wann davon, dass der Vorstandsvorsitzende einer börsennotierten Aktiengesellschaft zurücktritt?); Beteiligungstransparenz (Wann muss sich ein potenziel-ler Großaktionär outen? Erst wenn er die Aktien besitzt? Oder schon wenn er sich – siehe Schaeffl er bei Continen-tal – mithilfe von Finanzderivaten Einfl uss verschafft ?); Insiderhandel (Wie lässt sich verhindern, dass Konzern-vorstände wie im Fall EADS ihren Informationsvor-sprung zum eigenen Vorteil nutzen?); Compliance in

WANN MUSS SICHEIN POTENZIELLER

GROSSAKTIONÄR ZUERKENNEN GEBEN?

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Banken (Wie unterbindet man eigentlich, dass der Anlageberater in der Kantine ausgerechnet mit dem Kollegen plaudert, der Wertpapier-Emittenten betreut?). Und wer entscheidet überhaupt, ob etwas falsch läuft auf den nationalen Kapitalmärkten? Eine Behörde? Ein Richter? Eine Börse? Oder doch ein Selbsthilfe-Verein? Wie werden Verstöße geahndet – mit Geldbußen, Aktien stimmrechtsverlust oder durch Schadensersatz-klagen?Wie relevant solche Fragen sind, konnte man zuletzt bei Prozessen wegen einer verspäteten Ad-hoc-Mitteilung des Daimler-Konzerns sehen: Das Unternehmen musste ein Bußgeld von 200 000 Euro zahlen, weil es den Rücktritt seines damaligen Vorstandschefs Jürgen Schrempp zu spät bekannt gegeben hatte. So ähnlich wäre der Fall wohl auch in anderen Ländern geendet. In Deutschland aber konnten Anleger den Konzern zusätzlich auf 5,5 Millio-nen Euro Schadensersatz verklagen – in England oder Spanien hätten sie solche Klagerechte nicht. Ist das also die Rechtssicherheit auf dem gemeinsamen europäischen Kapitalmarkt?„Das sind richtige Hammerthemen“, sagt Veil. Bis zu 22 Seiten dick waren die Fragebögen, mit denen die Law-School-Forscher die Rechtslage recherchierten – und die waren nicht so einfach Punkt für Punkt abzuhaken. „Häufi g bekamen wir die Antwort: ‚We will check it.‘ Oder: ‚We send you an email‘“, erinnert sich Rüdiger Veil. „So mussten wir uns dann von Gespräch zu Gespräch hangeln und uns sukzessive der Wahrheit annähern.“Hinzu kam eine weitere Herausforderung: die sprach-liche. Oder wie sagt man „Prospektrichtlinien-Durchfüh-rungsverordnung“ auf Italienisch? „Als ich hier ankam, beschränkte sich mein Italienisch darauf, wie ich mir ein Eis kaufe und was meine Hobbys sind“, sagt Katja Scharkowski, die für das Forschungsprojekt drei Monate in Mailand war. Aber irgendwann könne man erstaunlich viel Juristen-Italienisch ableiten – auch durch die Hilfe der einheimischen Kollegen. „Die waren unglaublich hilfsbereit.“Diese Erfahrung machten auch die anderen Doktoranden, zum Beispiel Fabian Walla, der in Stockholm rund 70 Prozent seiner Quellen in der Landessprache lesen musste. „Die Interviews liefen dort zum Glück aber alle auf Englisch.“ Und bei seinen Gesprächen in Stockholm konnte Walla nicht nur rechtswissenschaft liche Verglei-che ziehen: „Der professionelle Umgangston ist in Schweden viel, viel lockerer als bei uns. Das fängt beim

Vorstellen mit dem Vornamen an, egal ob man sich mit Professoren, Ministeriums- oder Behördenvertretern trifft .“ Und der Anwalt aus der berühmten internationa-len Großkanzlei empfi ng Walla nicht in Anzug und Krawatte, sondern einfach im Poloshirt. Es sind auch kleine Beobachtungen am Rande, die für das Forschungsprojekt relevant sind. Zum Beispiel wenn es um das Verhältnis von Kapitalmarktteilnehmern und nationalen Aufsichtsbehörden geht: „In Spanien haben wir einen Termin bei der Aufsichtsbehörde nur bekom-men, weil sich ein Anwalt für uns eingesetzt hat, der sonst Emittenten gegenüber den Kontrolleuren vertritt“, erzählt Veil. „Der ist sogar mitgekommen und hat ordentlich mitdiskutiert. Dabei ist der ja Interessenvertreter und steht auf der anderen Seite. Das würde es in Deutschland oder Schweden nicht geben.“In Frankreich und Großbritannien haben die Doktoran-den Malte Wundenberg und Philipp Koch ebenfalls eine überraschende Nähe zwischen Interessenvertretern und den nationalen Aufsichtsbehörden festgestellt. Die Kontrolleure gäben sich eher als Kooperationspartner. „Wenn die Franzosen zum Beispiel eine Übernahme planen, ist es üblich, dass der Anwalt vorher seine Unterlagen mit der Behörde durchspricht“, sagt Koch. „Die Übernahme wird geradezu gemeinsam erarbeitet.“ Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-sicht (BaFin) sei da sehr viel zurückhaltender. Die Schweden wiederum, berichtet Fabian Walla, setzten vor allem auf die Selbstregulierung der Kapitalmarktteilneh-mer, wohingegen Katja Scharkowski in Italien gleich eine Vielzahl von Regulierungsbehörden fand, die verschie-dene Teilbereiche des Kapitalmarkts kontrollieren.„Für uns war es wichtig herauszufi nden, wie das europäi-sche Recht im jeweiligen Land tatsächlich funktioniert“, sagt Veil. „Und das hat viel mit der Frage zu tun, ob Kommunikation stattfi ndet zwischen der Aufsichts-behörde und dem Anwalt, der einen Investor oder Emittenten berät. Kaspern die das irgendwie ab, bespre-chen die sich – oder verlässt sich der Anwalt auf seine eigene Einschätzung der Rechtslage?“Auch in anderer Hinsicht gibt es deutliche Unterschiede im vereinten Europa der Kapitalmärkte: In Großbritan-nien kann die Finanzaufsicht eigenständig Straft aten verfolgen – hierzulande braucht die BaFin dazu die Staatsanwaltschaft . Die Schweden begnügen sich mit einer breiten Generalklausel, wenn es um Marktmiss-brauch geht – in Deutschland werden die zugehörigen

WELCHE L ÄNDER VERTR AUEN DEM MARKT,

WELCHE KONTROLLIEREN LIEBER?

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Tatbestände in Verordnungen fi xiert. Die Italiener übernehmen die EU-Richtlinien fast wörtlich – um sie später anlässlich von akuten Konfl ikten und Skandalen mit zahlreichen Gesetzen zu ergänzen. Die Franzosen geben sich in Sachen Beteiligungstransparenz lockerer als die Deutschen – nur um dann in den Satzungen der Aktiengesellschaft en sehr viel strenger zu sein.Auch wenn es bei dem Forschungsprojekt nicht um die „richtige“ Umsetzung der EU-Richtlinien in den einzelnen Ländern geht, sondern um eine Bestandsaufnahme des europäischen Kapitalmarktrechts – für sich hat Projektleiter Veil eine Antwort auf die Frage gefunden, wie das scheue Reh im Zaum gehalten werden kann: „Dort, wo die Sanktio-nen für Fehlverhalten hart und scharf sind, präsentiert sich das Recht ausgereift und diff erenziert. Deshalb muss man sich jetzt in Europa Gedanken machen über Sanktionen.“ Die Studie der Law-School-Doktoranden könnte dafür eine Argumentationshilfe sein.

Die Ergebnisse des Forschungs-projekts werden in einem Lehr- und Handbuch zum Europäischen Kapitalmarktrecht zusammen-gefasst, das von Rüdiger Veil herausgegeben wird und Ende 2010 auf Deutsch und Englisch erscheinen soll. Die Teilstudien zum Kapital-marktrecht in Großbritannien (Veil/Wundenberg) und Frankreich (Veil/Koch) wurden bereits im Carl Heymanns Verlag veröffentlicht.

PIRATERIE Die Entführung des deutschen Frachters Hansa Stavanger im April war nur eines von vielen Dramen, die sich noch immer vor der Küste Somalias abspielen. Fragt sich: Wer greif t ein, wenn die somalischen Sicherheits-kräfte dazu nicht in der Lage sind? Und: Wo und nach welchem Recht werden die Täter bestraft? Dass die Idee, den Piraten am Internationalen See-gerichtshof in Hamburg den Prozess zu machen, „allenfalls langfristig realisierbar“ wäre, konnte Doris König nicht nur den Reedern plausibel darlegen: Via Nachrichtenagentur dpa erklärte die gefragte Seerechts-expertin, warum man die Befugnisse der Hamburger nicht so leicht erwei-tern kann. Die Law-School-Professorin glaubt, dass das Thema aktuell bleibt: „Juristisch gibt es spannende Querverbindungen, vom Verfassungs- bis hin zum Völker- und Menschenrecht – darüber kann man sich in einer Dissertation sehr viele Gedanken machen.“

URHEBERRECHT Verleger Hubert Burda begann im Juni mit der Google-Schelte – inzwischen klagen viele Verlage, dass nicht sie selbst, sondern die Such-maschinen mit ihren Online-Artikeln Geld verdienen. Dies ist nur ein Aspekt des immateriellen Güterrechts, das im digitalen und globalen Konkurrenz-kampf immer wichtiger wird. „Wer sich hierauf spezialisiert, obwohl es nicht zum Pfl ichtkanon gehört, fi ndet als Anwalt eine exzellente Marktlage vor“, sagt Professor Karsten Thorn. Auch die Bucerius Law School, so Thorn, wolle auf diesem Feld ihr Profi l schärfen: Eine neue Vortragsreihe gibt es schon, bald soll eine Forschungsstelle eingerichtet werden – diese könnte dann die Grundlage für ein eigenes Institut für Medienrecht bilden.

KRISE I Niemand weiß, wie viele Billionen durch die Finanzkrise tatsächlich verbrannt wurden. Sicher ist: Betroffen sind nicht nur Spekulanten, sondern auch Anleger, die als bodenständig gelten. So haben zahlreiche Stif tungen Geld verloren – und das wirft steuerrechtlich Probleme auf: Dürfen sie Rücklagen bilden, anstatt ihre Gewinne wie vorgeschrieben „zeitnah“ für gemeinnützige Zwecke auszugeben? „Eine andere wichtige Frage ist, für welches Anlageverhalten ein Stif tungsvorstand rechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann“, sagt Birgit Weitemeyer, Direktorin des Instituts für Stif tungsrecht an der Law School. Die Professorin sieht hier Berufschancen für Juristen: „Die Krise macht deutlich, dass sich das Stif tungsmanagement weiter professionalisieren muss – und dafür werden Berater gebraucht.“

KRISE II Nicht nur Börsenkurse sind ins Bodenlose gefallen, auch mit dem Ansehen der Manager ging es im Krisenjahr steil bergab. Wie viele Vor-stände außerdem vor Gericht gestellt werden, bleibt abzuwarten. Aber nach Ansicht von Thomas Rönnau, Professor an der Bucerius Law School, wird sich die Tendenz der vergangenen Jahre fortsetzen: „In Deutschland traut man sich immer mehr, auch höchst dotierte Manager in Haftung zu nehmen.“ Da werden Spezialisten gesucht – „und zwar in allen Bereichen“, so der Wirtschaftsstrafrechtler. „Bei den Gerichten, den Staatsanwaltschaften und natürlich im Beruf des Strafverteidigers.“ Auch im Zivilrecht könnten sich neue Arbeitsfelder auftun – wenn Aktionäre auf Schadenersatz klagen.

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ARBEITS | LEBENANSICHTEN UND AUSSICHTEN

THOMAS RÖNNAU, ANKLAGE

Professor für Wirtschaftsstrafrecht

„Der Kompromiss ist ver-führerisch, hat aber Grenzen“Unsere Gesellschaft liebt es, Streit am runden Tisch beizulegen. Doch bei allem Harmoniestreben und Kostenbewusstsein dürfen die Grenzen von Kompromissen nicht verschüttet werden. So müssen die Menschenwürde und das Leben unverfüg-bar bleiben. Wenn sie verrechenbar werden, gibt es kein Halten mehr. Den Abschuss eines voll besetzten Flugzeuges zur möglichen Rettung einer größeren Anzahl von Menschen hat das Bundesver-fassungsgericht daher mit Recht abgelehnt. Genauso indisponibel sollte – trotz aller menschlichen Erkenntnisdefi zite – auch die Wahrheitssuche im Strafprozess sein. Vornehmlich aus Kostengründen kürzen die Parteien beim Deal den Prozess inzwischen immer öfter ab – meist im Austausch von Geständnis gegen Strafmilderung. Doch Recht ist kein Wirtschaftsgut, das sich effi zient produzieren lässt. Auf der Strecke bleiben dabei Opferinteressen, Rechts-sicherheit und Gerechtigkeit. Aber selbst wenn der Verfügungsrahmen Kompromisse zulässt: Eine für beide Seiten akzeptable Lösung kann es nur geben, wenn die Verhandlungen auf „Augen höhe“ geführt werden. Macht-Ungleichgewichte schlagen hier regelmäßig auf das Ergebnis durch. Entscheidungen, die von einer unabhängi-gen Instanz getroffen werden, erzeugen dagegen häufi g gerade für schwächere Verhandlungspartner günstigere Resultate. Hinzu kommt: Wird die zuständige Instanz selbst zum Verhandlungspartner (wie beim Deal), ist sie eben nicht unbeteiligt, sondern den gleichen Versuchungen zum Macht-missbrauch ausgesetzt wie die übrigen „Parteien“. Heraus kommen dabei nicht selten faule Kompromisse, die keines der Vergleichsziele erreichen – weil neuer Streit mit höheren Kosten droht.

ANKLAGE & VERTEIDIGUNG

DER KOMPROMISS

Schon kleine Kinder sollen lernen, ihn zu schließen. Aus der Politik hält er sich schon lange nicht mehr raus. Und selbst im Gericht macht er sich immer breiter: als Vergleich und neuerdings auch als „Deal“. Erreichen wir mit dem Kompromiss die höchste zivilisatorische Stufe – oder untergräbt er die Gerechtigkeit?

GESTÄNDNIS

DAS HABE ICH NOCH NIE VERSTANDENSebastian Fischer, 32, Wirtschaftsanwalt bei HengelerMueller in Düsseldorf

„WARUM SETZT SICH DER BUNDESRAT AUS REGIERUNGSVERTRETERN ZU-

SAMMEN? Der Bundesrat ist ein Organ der Legislative, er besteht aber aus Mitgliedern der Landesregierungen (Art. 51 GG) und damit der Exekutive. Die Bundesländer setzen später die vom Bundesrat beschlossenen Gesetze um (Art. 83 GG); zudem bricht Bundesrecht Landesrecht (Art. 31 GG). Die Vertreter im Bundesrat wirken also an jener Gesetzgebung mit, die sie später selber umsetzen müssen (vgl. Art. 50 GG): Gesetze machen und Gesetze ausführen fällt hier in eins. Wie kann das juristisch betrachtet unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung sein?“

Fischer hat von 2000 bis 2005 an der Bucerius Law School studiert und 2007 sein Zweites

Staatsexamen gemacht. Können Sie ihm erklären, was er bis heute nicht verstanden hat?

Diskutieren Sie mit und schreiben Sie unter „Geständnis“ Ihre Meinung auf der Internetseite:

revision.law-school.de

ANWALTS LIEBLING

DIE FEIERABEND TOP-FIVE*

20:00 Ständige Vertretung, Innenstadt („Da simmer dabei…“)

21:00 Zwick, Pöseldorf („Das ist Bodo mit dem Bagger…“)

22:00 Hähnchenkeller, Pöseldorf („Take the long way home…“)

23:00 Zoë, Schanzenviertel („Sitting, waiting, wishing…“)

00:30 Alt-Hamburg, St. Pauli („Auf der Reeperbahn nachts…“)*nicht-repräsentative Umfrage unter Absolventen in Hamburg

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MATTHIAS JACOBS, VERTEIDIGUNG

Professor für Arbeitsrecht

„Der Kompromiss ist fast immer die bessere Lösung“

Was kann es Besseres geben als eine Problemlösung durch freiwillige Einigung, durch beiderseitigen Verzicht auf Teile der wechselseitigen Forderungen – im Idealfall sogar im Rahmen eines Konsen-ses? Nur der Kompromiss als Kategorie der Konfliktlösung vermeidet die Eskala-tion und sichert die gegenseitige Akzep-tanz, Anerkennung und Wertschätzung der streitenden Parteien. Er ist deshalb die Basis jeglichen Zusammenlebens. Beim Kompromiss gibt es weder Sieger noch Verlierer. Niemand wird gedemütigt, beide Seiten wahren ihr Gesicht. Wer verzichtet, zeigt Größe. Wer seine Interessen im konkreten Konflikt dagegen einseitig auf Kosten des anderen durchsetzt, mag sich auf kurze Sicht als Sieger fühlen. Langfris-tig wird er aber nicht triumphieren, sondern alles verlieren. Denn sein Erfolg ist nicht stabil. Der kluge Hesiod hatte deshalb recht: „Mehr ist die Hälfte als das Ganze.“ Diese Erkenntnis hat sich in arbeitsrechtlichen Verfahren schon lange durchgesetzt: Das Güteverfahren er-möglicht dem Arbeitsrichter, modernes „Konfliktmanagement“ zu betreiben. Das wird überaus geschätzt, wie die hohen Vergleichsquoten zeigen. Nicht umsonst wurde eine entsprechende Regelung vor einigen Jahren auch in das Zivilverfah-rensrecht übernommen. Dabei ist eine gewisse Unzufriedenheit beider Konflikt-parteien mit dem Ergebnis ein notwendi-ges Übel: Sie sichert nämlich seine Qualität. Im Grunde ist ein Kompromiss dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind. Dass ich recht habe, sieht nun sicher jeder ein. Aber ich bin natürlich kompro-missbereit: In manchen Fällen mag auch der Verzicht auf den Kompromiss vorzugs-würdig sein.

Maike Lütkens, Director Bucerius Event, begab sich für re.vision auf den Prüfstand. Die Fragen stellte Axel Reimann.TESTFRAGE 1: Ein Kunde möchte spontan morgen früh um 4.30 Uhr einen Stehemp-fang mit Fingerfood und Streichquartett im Auditorium maximum haben. Was machen Sie?„Bucerius Event freut sich, dass das Auditorium Dank der rücksichtsvollen Zeitauswahl des Kunden für den Stehemp-fang angeboten werden kann. Die musizierenden Studenten bieten an, die Nacht in der Bibliothek durchzuarbeiten, um pünktlich vor Ort sein zu können. Das Team des Studierendenwerks wächst bei Spontanaufträgen über sich hinaus und entwickelt sofort ein neues Munterma-cher-Fingerfood-Konzept.“ TESTFRAGE 2: Bei einer von Ihnen betreu-ten Veranstaltung kommen gleichzeitig Law-School-Präsident Professor Karsten Schmidt, Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt und Late-Night-Talker Harald Schmidt mit dringenden Anliegen auf Sie zu. Um welchen Schmidt kümmern Sie sich zuerst?„In diesem Fall könnte das Bucerius-Event-Team eine sogenannte Eins-zu-eins-Schmidteinander-Lösung anbieten: eine betreuende Event-Frau je Schmidt.“TESTFRAGE 3: Ein Kunde schwankt für seine große Geburtstagsfeier in fünf Jahren noch zwischen drei verschiedenen Veranstaltungsorten: Elbphilharmonie, Übersee-Club und Goßlerhaus. Warum soll er sich für das Goßlerhaus entscheiden?„Weil im Goßlerhaus auch Gäste mit Höhenangst entspannt feiern können, dänische Architektur Abwechslung bietet zu britischer Lebensart und weil man auf dem Blankeneser Krähenberg sicher vor Hochwasser ist.“

EIGENER ANSPRUCH: „Dank des vielfältigen Raumangebots ist Bucerius Event in der Lage, unterschiedlichste Arten von Veranstaltungen durchzuführen. Dabei garantieren wir jederzeit einen hohen Standard in der Organisation und der Durchfüh-rung. Raum- und Dienstleistungs-qualität machen die Arbeit mit Bucerius Event spannend und entspannend zugleich. Jeder kann seine individuelle Lösung finden und darauf vertrauen, ein besonderes und höchst anspruchsvolles Raum- erlebnis geboten zu bekommen – ganz gleich welchen Veranstal-tungsort er nutzt.“Quelle: www.bucerius-event.de

Versprechen kann man viel – re.vision misst Einrichtungen und Unternehmen der Bucerius Law School an ihren eigenen Ansprüchen. Diesmal:

COMPLIANCE CHECK

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MASTERS OF

Donghzen, warum macht ein Anwalt aus Shanghai ausgerechnet einen Master in Hamburg?

Schon als Schüler habe ich sehr viel Karl Marx gelesen, mich mit deutscher Geschichte beschäft igt. Das Land hat mich einfach interessiert. An der Uni habe ich dann Deutsch-Kurse belegt und schon 2004 an einem Austauschprogramm der Bucerius Law School teil-genommen. Seitdem habe ich immer den Kontakt nach Deutschland gehalten, wollte dort ursprünglich auch promovieren. Aber der ehemalige Geschäft sführer der Law School hat mir bei einem Besuch in China davon abgeraten und stattdessen das neue Master of Law and Business – Joachim Herz Program empfohlen. Ein sehr guter Tipp.

Sie arbeiten für eine koreanische Bank in China – was bringt Ihnen da ein Master aus Deutschland?

Es gibt ja durchaus Überschneidungen. Zum Beispiel wurde das chinesische Rechtssystem zu großen Teilen aus Japan übernommen, die Japaner haben sich wiederum am deutschen Recht orientiert. Im Master-Programm habe ich gelernt, wo ich die notwendigen Informationen fi nde und wie ich juristische Probleme schnell und eff ektiv lösen kann. Noch wichtiger waren die betriebswirtschaft lichen Grundlagen. Gerade sie kann ich jetzt in meiner täglichen Arbeit sehr gut gebrauchen.

Ist Ihnen der Wechsel in die Finanzbranche schwer gefallen?

Natürlich muss ich mir hier vieles neu erarbeiten. Meine Aufgabe ist es, new private equity funds so zu strukturie-ren, dass alles auf soliden Füßen steht. Mein Spezial-gebiet ist das chinesische Commercial Law. Vor dem MLB-Programm hatte ich wenig Ahnung von Wirt-schaft . Heute kann ich die verschiedenen Unternehmen besser einschätzen und beurteilen, ob sie profi tabel sind. Während der Schulzeit habe ich auch gemerkt, dass eine Karriere in einem internationalen Unternehmen ohne BWL-Kenntnisse kaum möglich ist.

RODRIGO HART, 27, arbeitet in Lima für das Hamburger Traditionsunternehmen Hapag Lloyd. Im Juni 2008 hat er seine peruanische Frau in Hamburg geheiratet, die große Familienfeier fand im März diesen Jahres in der Heimat statt.

CH

INA

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1 Renmimbi Yuan (CNY) = 0,10 EUR

4 410 EUR

10,7 pro 1000

100 bis 700 Euro (in Großkanzleien)

Todesstrafe (durch Giftspritze)

Bis zu 6 Monate Führerscheinentzug, Bußgeld von 50 bis 200 Euro, 15 Tage Haft (> 0,8 Promille)

1 EUR

74 500 EUR

LEGENDE Vergleichs-werte für Deutschland

EINWOHNER: 82 329 758

WÄHRUNG:1 Euro (EUR) = 100 Cent

BIP PRO KOPF: 23 060 EUR

INTERNET-ANSCHLÜSSE: ca. 274,6 pro 1000 Einwohner

ANWALTS-HONORAR PRO STUNDE: 200 bis 500 EUR (in Groß-kanzleien)

STRAFMASS FÜR MORD: Lebensläng-licher Freiheitsentzug

TRUNKENHEIT AM STEUER: 1 Monat Fahrverbot, Bußgeld von 250 EUR (> 0,5 Promille)

COFFEE TO GO: 3,80 EUR (bei Starbucks in Hamburg)

HEMD-REINIGUNG: 1,30 EUR

PORSCHE: 46 506 EUR (Boxster)

3,50 EUR(Starbucks in Shanghai)

PE

RU

29 546 963

1 Peruanischer Sol (PEN) = 0,24 EUR

5 880 EUR

9,2 pro 1000

20 bis 130 EUR (Groß-kanzleien nehmen meist sehr viel höhere Fallpauschalen)

Lebenslänglicher Freiheitsentzug

4 bis 6 Jahre Gefängnis, abhängig von der Zahl der Mitfahrer (> 0,5 Promille)

1,17 EUR

42 838 EUR (Basic)

2,80 EUR (Starbucks in Lima)

DONGZHEN YU, 29, arbeitet für die korea-nische Investmentbank Mirae Asset in Shanghai. Er ist verheiratet und erwartet im Januar sein erstes Kind. Sonderurlaub oder gar Elternzeit gibt es dafür in China nicht. Er hofft trotzdem, zwei Wochen frei zu bekommen.

38 RE.VISION 2009

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38-39 mircookonomie.indd 3838-39 mircookonomie.indd 38 09.11.2009 17:47:19 Uhr09.11.2009 17:47:19 Uhr

THE UNIVERSESIE SIND AUS ALLER WELT NACH HAMBURG GEKOMMEN UND HABEN 2007 IHREN

MASTER OF LAW AND BUSINESS (MLB) GEMACHT. WAS HAT DIE REISE GEBRACHT?

Neema, nach drei Jahren in Deutschland sind Sie nun wieder zurück in Ihrer Heimat. Eine große Umstellung?

Ja, ich bin auch nach zwei Monaten immer noch dabei mich einzuleben. Zum Glück musste ich nicht lange eine Wohnung suchen, sondern konnte ins Haus meines Bruders einziehen. Bislang versuche ich aber vergeblich, hier eine geeignete Fahrradstrecke zu fi nden. In Deutschland bin ich jede Woche mehrere Stunden Rad gefahren, in Daressalam ist der Verkehr absolut chaotisch, es ist einfach zu gefährlich, auf der Straße zu fahren. Dafür gibt es hier aber tolle City-Strände, wo man am Wochenende schön entspannen kann.

Sie arbeiten als Consultant bei Deloitte, waren dort aber auch schon vor dem MLB beschäft igt. Hat sich der Aufwand denn für Sie gelohnt?

Auf jeden Fall! Ich hatte vorher zum Beispiel wenig Ahnung von Rechtsfragen. Dabei spielen rechtliche Aspekte, zum Beispiel die Gestaltung von Verträgen, eine wichtige Rolle in meiner Arbeit. Deshalb habe ich mir auch gezielt ein Programm ausgesucht, dass Wirtschaft und Wirtschaft srecht kombiniert. Das MLB-Programm der Bucerius Law School habe ich im Internet gefunden.

Und dann hat Ihnen Deutschland so gut gefallen, dass sie gleich geblieben sind?

Mein Ziel war es, einen internationalen Abschluss zu machen, aber auch internationale Arbeitserfahrung zu sammeln. Deshalb habe ich schon während des Studiums viele Bewerbungen geschrieben und dann in Düsseldorf eine Stelle gefunden. Trotzdem wollte ich zurück, die Stelle bei Deloitte passte perfekt zu meinen Qualifi kationen. Ich berate Banken und andere Unternehmen aus der Finanzbranche in Kenia und Tansania. Die Arbeit macht Spaß, nur die Arbeitszeiten sind – wie überall in der Beratung – recht intensiv. Meist fahre ich schon vor sieben ins Büro, um den schlimmsten Stau zu umgehen, gegen acht oder neun bin ich dann wieder zu Hause.

Rodrigo, Sie sind „Director“ bei Hapag Lloyd, haben nur noch den General Manager über sich – viel Verantwortung für einen 27-Jährigen…

Der offi zielle Titel ist „Business Administration and Operations Director“. Ich bin zum einen für Finanzen und Controlling zuständig, zum anderen muss ich das operative Geschäft steuern und acht Mitarbeiter führen. Das ist schon anspruchsvoll. Meist bin ich morgens um 7 Uhr im Büro, um möglichst viel zu schaff en, bevor die anderen kommen und es hektisch wird. Als Ausgleich gehe ich mountainbiken, spiele Basketball oder Squash. Gerade war ich zum ersten Mal paragliden – eine unglaubliche Erfahrung!

Haben Sie Ihren Traumjob gefunden? Absolut! Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass sich dieser Traum so schnell erfüllt. Ich habe schon mein Praktikum bei Hapag Lloyd gemacht, dort auch meine Abschlussarbeit geschrieben, noch vor Ende des MLB-Pro-gramms wurde ich dann in Hamburg als Controller eingestellt und nun bin ich wieder in Peru – ich habe einfach sehr viel Glück gehabt.

Und off ensichtlich alles richtig gemacht...Ich habe mir schon sehr genau überlegt, welche Qualifi kationen ich brauche, um am Ende einen anspruchsvollen und gut bezahlten Job in meiner Heimat zu bekommen. Ein internatio-naler Abschluss und Auslandserfahrung sind ein Muss. Und da ich Jura studiert habe, brauchte ich zusätzliches Wirtschaft sfachwis-sen. Auch die Branche habe ich mir gezielt ausgesucht: Perus größter Wirtschaft szweig sind Minen, die Bodenschätze wie Gold und Kupfer werden exportiert – auf dem Seeweg natürlich. Reedereien bieten also gute Karriere-chancen.

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41 048 532

1 Tansania-Schilling (TZS) = 0,0005 EUR

950 EUR

0,6 pro 1000

50 bis 300 EUR (anerkannte Kanzlei in Daressalam)

Lebenslänglicher Freiheitsentzug bis hin zu Todesstrafe

Ca. 15 EUR Bußgeld (> 0,8 Promille)

2 EUR

Keine Niederlassung (Wohlhabende importieren wegen der schlechten Straßen vor allem japanische Geländewagen)

0,90 EUR (Instant-Coffee; Starbucks und Bohnenkaf-fee gibt es nicht)

NEEMA MWINGU, 31, arbeitet in Daressalam als Consultant bei Deloitte. Nach dem MLB-Programm in Hamburg war sie zunächst anderthalb Jahre lang bei einem Finanzberater in Düsseldorf tätig. In ihrer Freizeit tanzt sie gerne Salsa.

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 39

38-39 mircookonomie.indd 3938-39 mircookonomie.indd 39 09.11.2009 11:38:51 Uhr09.11.2009 11:38:51 Uhr

Auf dem Weg an die Spitze ist Vorsprung im Denken gefragt. Nur so kann man täglich besser

werden – im Handeln, in der Analyse und in der Strategie. Bis hin zu entscheidenden Momenten, in

denen es gilt, seine Qualitäten und seine Klasse unter Beweis zu stellen. Ganz so, wie der Audi A5

Sportback*, Gewinner des Goldenen Lenkrads 2009**, es getan hat – mit der Kraft klaren Designs.

Und: mit Vorsprung durch Technik.

* Kraftstoffverbrauch in l/100 km: innerorts 6,5–13,5; außerorts 4,5–6,8;

kombiniert 5,2-9,3; CO2-Emission in g/km: kombiniert 137–216

**Auto Bild, Ausgabe 45 vom 06.11.2009

Master of Design and Technology.

Der Audi A5 Sportback.

210x297_BuceriusLawSchool_GewGL_BruceriusMag_7154_39L.indd 1 10.11.2009 12:21:00 Uhr40 Anz. Audi.indd 4040 Anz. Audi.indd 40 10.11.2009 13:17:30 Uhr10.11.2009 13:17:30 Uhr

Widerstand leisten muss. Andererseits sage ich mir: Marion, die Zeiten haben sich geändert – und das sei dieser Generation doch auch gegönnt! Über ihre Zukunft muss ich mir jedenfalls keine Sorgen machen: Die ersten Absolventen stehen bereits mitten im Berufsleben, die erste Ehrendoktorwürde wurde ver-liehen, der erste Habilitand hat einen Ruf erhalten – während die eigene Professorenschaft wiederholt gegen andere Univer-sitäten verteidigt werden konnte. Die Law School wächst all-mählich aus ihren Kinderschuhen heraus.Apropos Kinderschuhe: Es werden sogar schon wieder neue Experimente auf dem Campus gewagt. Die Bucerius Kita zieht bereits die Kleinsten mit zwei Sprachen, naturwissenschaft li-cher Förderung und Biokost groß. So ganz weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Wenn die Kinder abgeholt werden, höre ich nur diese neumodischen Geländewagen auf den Campus fahren. Was hätten wir die auf unserem Gutshof in Preußen gut gebrauchen können!Überhaupt die Autos: Der Präsident kommt im Golf, während die Studenten im neuen, der Hochschule geschenkten Audi zum Fußballtraining fahren. Und seitdem auch recht fl eißig Pfandfl aschen wegbringen, wie ich gehört habe. Aber solche Spritztouren seien erlaubt, da die jungen Leute ja sonst so dis-zipliniert lernen, dass sie sich sogar die Nachtwächter zu ihren Freunden machen. In diesem schönen Sommer ließen sie sich tagsüber allerdings auch gerne im Liegestuhl die Sonne ins Gesicht scheinen. Sie meinen, ich sehe das nicht, aber ich hab einen guten Riecher! Mir sind auch die Whisky-Fahnen nicht entgangen, am Tag nach der US-Wahlparty. Ich freue mich ja: Endlich hat es wie-

der ein Mann mit Visionen ins Weiße Haus geschafft . Aber dieser Rummel! Und das war nicht einmal

der Höhepunkt des Jahres: Helmut Schmidts 90. Geburtstag hat selbst noch Obama

die Show gestohlen. Die Feier im Au-ditorium live vom NDR übertragen,

mit Kissinger, von Weizsäcker, Giscard d’Estaing... Ich wär so

gerne kurz mit rübergekom-men! Am 2. Dezember werde ich ja selbst hundert. Wie ich meine Studenten kenne, wer-den sie sich etwas einfallen las-sen. Eine Fernsehgala für eine

Büste – das wäre doch was!

Man könnte es ja als Aff ront verstehen, wenn man jeden Tag ei-nige Dutzend Mal in die Nase gekniff en wird. Und ehrlich ge-sagt, fi nde ich eine gold glänzende Nase nicht gerade schmei-chelhaft . Aber es freut mich sehr, dass ich für die Studenten Teil eines Rituals geworden bin. Off enbar brauchen sie für ihr Jura-Studium ein wenig „übersinnlichen“ Beistand. Und welche Sta-tue wünscht sich nicht, dass man ihr Zauberkräft e zuschreibt?Ganz am Anfang stand ich ja mitten in der – wie heißt sie noch? Ach ja: Hengeler Mueller-Bibliothek. Das war auch nicht schlecht, aber die vielen Bücher haben mich ein bisschen weh-mütig gemacht. Nun bekomme ich den Flurfunk der Law School mit, weil alle Studenten auf dem Weg zur Bibliothek und zur Mensa an mir vorbeikommen. Manchmal juckt es mich im Sockel, ihnen zuzuraunen, dass sie den Kapitalismus zäh-men sollen. Aber dann sind sie schon, den Namen kann ich mir wenigstens merken, in die Deutsche Bank Hall enteilt.Ich bin jedenfalls froh, dass ich nicht wie Gerd in der Rotunde repräsentieren muss, sondern die Welt aus meiner Nische be-trachten kann. Der spannendste Moment des Jahres ist für mich, wenn sich gegenüber vor dem – wer hat sich eigentlich diese Namen ausgedacht? – Cliff ord Chance International Offi ce ein aufgeregter Schwarm versammelt, weil die Liste mit den Auslandsstudienplätzen an die Tür gehängt wird: Singapur, Sydney, Buenos Aires… Oder wie wundervoll wäre es, nach Reykjavik zu gehen: die Pferde! Ich würde genauso aufgeregt nachschauen, wohin es mich und meine Freunde verschlägt…Nur manchmal frage ich mich, ob die Law School die jungen Leute nicht zu sehr verwöhnt. Dann denke ich, es hat durchaus sein Gutes, wenn man als Student auch mal gegen Behörden kämpfen,

DIE GOLDENE NASE DER GRÄFIN

VOM SOCKEL AUF DAS JAHR GEBLICKT

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MARION GRÄFIN DÖNHOFF WAR ALS HERAUSGEBERIN DER

WOCHENZEITUNG „DIE ZEIT“ ENG MIT VERLEGER GERD

BUCERIUS VERBUNDEN. IN BRONZE GEGOSSEN HAT SIE IN DER

BUCERIUS LAW SCHOOL IHREN EHRENPLATZ, UND GLÜCK-

SUCHENDE STUDENTEN STREICHEN IHR VOR PRÜFUNGEN ÜBER

DIE NASE. ABER WAS HÄTTE WOHL IHR KRITISCHER GEIST ZUM

VERGANGENEN JAHR GESAGT?

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 41

41 grafin.indd 4141 grafin.indd 41 09.11.2009 11:31:17 Uhr09.11.2009 11:31:17 Uhr

PRIVATE HOCHSCHULEN sind ein wichtiger Faktor für die Innovationskraft des deutschen Bildungswesens. Leider haben in der vergangenen Zeit einige private Hochschulen mit schlechten Nachrichten aufgewartet, deren Ursache häufig in finanziellen Schwierigkeiten lag. Die Bucerius Law School befindet sich hier in einer glücklichen Ausnahmesituation wie nur wenige andere private Hoch-schulen in Deutschland: Als forschungs-orientierte Stif tungsgründung steht sie auf einem soliden wirtschaftlichen Fundament. Alleinige Gesellschafterin ist

DIE BUCERIUS LAW SCHOOL IN ZAHLEN

Eingeschrieben waren 534 Studierende undvon September bis Dezember 94 ausländische Studierende unserer

Im Master of Law and Business Program studierten 46 Studierende aus 26 Ländern

Mitte Juli bis Mitte August nahmen 30 internationale Studierende am erstmals durchgeführten Bucerius Summer Program in International Business Law teil

An der Hochschule waren ferner 201 Promotionsstudenten eingeschrieben,

darunter 45, die an Lehrstühlen beschäftigt sind,

und 156 externe Doktoranden

Zum Stichtag waren 152 Mitarbeiter beschäftigt, davon 49 im Hochschulmanagement

42 RE.VISION 2009

die ZEIT-Stif tung Ebelin und Gerd Bucerius, die die Hochschule im Jahr 2000 gegründet hat. Sie finanziert bis heute den überwiegenden Anteil des jährlichen Budgets der Hochschule. Rund ein Viertel der Einnahmen wird durch Studiengebühren erbracht, gut 15 Prozent aus Spenden, Sponsoring und unternehmerischer Tätigkeit der Hoch-schule. Die ZEIT-Stiftung hat zudem eine Garantie gegenüber dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg abgegeben, die die Finanzierung der Hochschule auf Dauer zusichert.

Ab dem Jahr 2010 rechnet die Bucerius Law School mit Rückflüssen aus dem Umgekehrten Generatio-nenvertrag, der es bedürftigen Studierenden ermöglicht, ihre Studiengebühren mit Eintrit t ins Berufsleben einkommens-abhängig zurückzuzahlen.

88 Partnerhochschulen

ZUM STICHTAG 31.12.2008:

25 schlossen ihre Promotion ab

86 Kandidaten der Bucerius Law School legten in 2008 die Erste Juristische Staatsprüfung ab,

davon rund 75% mit Prädikatsexamen

Die Fakultät bestand aus 16 Lehrstühlen

mit ca. 65 wissenschaftlichen Mitarbeitern und Assistenten,

2 Affiliate Professors,

1 Honorarprofessor, 1 Emeritus und 1 Ehrendoktor2008 gingen 569 schrif tliche Bewerbungen ein,

113 neue Studierende nahmen das Studium auf

105 Studierenden wurde der LL.B. verliehen,

In diversen Rankings schnitt die Hochschule gut ab, u.a.

in der Jungen Karriere/Handelsblatt: 2. Platz (Juni 2008),

PRIVATE HOCHSCHULEN sind ein wichtiger Faktor für die Innovationskraft des deutschen Bildungswesens. Leider haben in der vergangenen Zeit einige private Hochschulen mit schlechten Nachrichten aufgewartet, deren Ursache häufig in finanziellen Schwierigkeiten lag. Die Bucerius Law School befindet sich hier in einer glücklichen Ausnahmesituationwie nur wenige andere private Hoch-schulen in Deutschland: Als forschungs-orientierte Stif tungsgründung steht sie auf einem soliden wirtschaftlichen Fundament. Alleinige Gesellschafterin ist

DIE BUCERIUS LAW SCHOOL IN ZAHLEN

Eingeschrieben waren 534 Studierende undvon September bis Dezember 94 ausländische Studierende unserer

Im Master of Law and Business Program studierten 46 Studierende aus 26 Ländern

Mitte Juli bis Mitte August nahmen 30internationale Studierende am erstmals durchgeführten Bucerius Summer Program in International Business Law teil

An der Hochschule waren ferner 201Promotionsstudenten eingeschrieben,

darunter 45, die an Lehrstühlen beschäftigt sind,

und 156 externe Doktoranden

Zum Stichtag waren 152 Mitarbeiter beschäftigt, davon 49 im Hochschulmanagement

42 RE.VISION 2009

die ZEIT-Stif tung Ebelin und Gerd Bucerius, die die Hochschule im Jahr 2000 gegründet hat. Sie finanziert bis heute den überwiegenden Anteil des jährlichen Budgets der Hochschule. Rund ein Viertel der Einnahmen wird durch Studiengebühren erbracht, gut 15 Prozent aus Spenden, Sponsoring und unternehmerischer Tätigkeit der Hoch-schule. Die ZEIT-Stiftung hat zudem eineGarantie gegenüber dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg abgegeben, die die Finanzierung der Hochschule auf Dauer zusichert.

Ab dem Jahr 2010rechnet die Bucerius Law School mit Rückflüssen aus dem Umgekehrten Generatio-nenvertrag, der es bedürftigen Studierenden ermöglicht, ihre Studiengebühren mit Eintrit t ins Berufsleben einkommens-abhängig zurückzuzahlen.

88 Partnerhochschulen

ZUM STICHTAG 31.12.2008:

25 schlossen ihre Promotion ab

86 Kandidaten der Bucerius Law School legten in 2008 die Erste Juristische Staatsprüfung ab,

davon rund 75%mit Prädikatsexamen

Die Fakultät bestand aus 16 Lehrstühlen

mit ca. 65 wissenschaftlichenMitarbeitern und Assistenten,

2 Affiliate Professors,

1 Honorarprofessor, 1 Emeritus und 1 Ehrendoktor2008 gingen 569schrif tliche Bewerbungen ein,

113 neue Studierende nahmen das Studium auf

105 Studierenden wurde der LL.B. verliehen,

In diversen Rankings schnitt die Hochschule gut ab, u.a.

in der Jungen Karriere/Handelsblatt: 2. Platz (Juni 2008),

1. Platz in Jura im CHE-Hochschulranking (Mai 2008),

im studiVZ: 1. Platz in Jura (Oktober 2008)

42-45 gfb.indd 4242-45 gfb.indd 42 09.11.2009 18:25:45 Uhr09.11.2009 18:25:45 Uhr

FACTS & FIGURESGESCHÄFTSBERICHT DER BUCERIUS LAW SCHOOL GEMEINNÜTZIGE GMBH

FÜR 2008

GREMIEN ZUM 31.12.2008Präsident der Hochschule ist Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt,Vizepräsident Prof. Dr. Axel Kämmerer.Geschäftsführer und Kanzler der Hoch schule ist Dr. Hariolf Wenzler, Prokurist ist Benedikt Landgrebe. Aufsichtsratsmitglieder sind Dr. Markus Baumanns (Vors.), Prof. Dr. Michael Göring, Dr. Henneke Lütgerath, Dr. Henning Voscherau.

Mitglieder des Kuratoriums der Bucerius Law School sind Notar Dr. Henning Voscherau (Vors.), Dr. Markus Baumanns, Dr. Tessen v. Heydebreck, Prof. Dr. Michael Hoffmann-Becking, Rolf Hunck, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hein Kötz, Dr. Konstantin Mettenheimer, Dr. h.c. Volker Röhricht und Dipl.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Jürgen Weber.

BETEILIGUNGSVERHÄLTNISSE Die Bucerius Law School ist alleinige Gesellschafterin der Bucerius Education GmbH, Geschäftsführerin ist Dr. Nina Smidt. Die Bucerius Law School hält 60% an der Bucerius WHU Master of Law and Business gGmbH, Geschäftsführer ist Dr. Hariolf Wenzler.

MITGLIEDSCHAFTENDie Bucerius Law School ist Mitglied der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz, des Deutschen Juristenfakultätentages, der European Law Faculties Association (ELFA), der International Association of Law Schools (IALS), der Association of Transnational Law Schools (ATLAS) sowie assoziiertes Mitglied des Center for Transnational Legal Studies in London (CTLS), der American Bar Association (ABA) und der China Europe School of Law in Beijing (CESL).

PARTNER

• Deutsche Bank AG • Joachim Herz Stift ung• Commerzbank-Stift ung • UBS Deutschland AG • Freshfi elds Bruckhaus Deringer • Hengeler Mueller • Linklaters

DONATOREN

• Allen & Overy • Baker & McKenzie• Audi AG• Claussen-Simon-Stift ung • Cliff ord Chance • CMS Hasche Sigle • Gleiss Lutz • Lovells LLP• Sal. Oppenheim • Sibeth • Taylor Wessing • Notar Dr. Michael Ehlke (†)

UNSERE GRÖSSTEN UNTERSTÜTZER 2008/2009

Gründerin und einzige Gesellschaft erin• ZEIT-Stift ung Ebelin und Gerd Bucerius

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 43

FÖRDERER

• Beiten Burkhardt• Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP • Commerzbank AG • Deloitte & Touche GmbH • Deutsche Luft hansa AG • ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG • Funk Gruppe GmbH • Generali Versicherung AG • Graf von Westphalen • Harmsen Utescher • Heuking Kühn Lüer Wojtek • Hunck, Rolf und Sigrid• Huth Dietrich Hahn• Latham & Watkins LLP

• Marga und Kurt Möllgaard-Stift ung • McKinsey & Company • Morgan Lewis • Nordhues & Cie. LLP • Nörr Stiefenhofer Lutz • Prinz, Günter und Carlotta • Rittstieg Rechtsanwälte • Ruge Krömer Rechtsanwälte• Schomerus & Partner• Shearman & Sterling LLP • White & Case LLP • Wilmer Hale • Wübben, Dr. Walter• Wülfi ng Zeuner Rechel – WZR Group

FACTS & FIGURESGESCHÄFTSBERICHT DER BUCERIUS LAW SCHOOL GEMEINNÜTZIGE GMBH

FÜR 2008

GREMIEN ZUM 31.12.2008Präsident der Hochschule ist Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt,Vizepräsident Prof. Dr. Axel Kämmerer.Geschäftsführer und Kanzler der Hoch schule ist Dr. Hariolf Wenzler, Prokurist ist Benedikt Landgrebe. Aufsichtsratsmitglieder sind Dr. Markus Baumanns (Vors.), Prof. Dr. Michael Göring, Dr. Henneke Lütgerath, Dr. Henning Voscherau.

Mitglieder des Kuratoriums der Bucerius Law School sind Notar Dr. Henning Voscherau (Vors.), Dr. Markus Baumanns, Dr. Tessen v. Heydebreck, Prof. Dr. Michael Hoffmann-Becking, Rolf Hunck,Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hein Kötz, Dr. Konstantin Mettenheimer, Dr. h.c. Volker Röhricht und Dipl.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Jürgen Weber.

BETEILIGUNGSVERHÄLTNISSEDie Bucerius Law School ist alleinige Gesellschafterin der Bucerius Education GmbH, Geschäftsführerin ist Dr. Nina Smidt. Die Bucerius Law School hält 60% an der Bucerius WHU Master of Law and Business gGmbH, Geschäftsführer ist Dr. Hariolf Wenzler.

MITGLIEDSCHAFTENDie Bucerius Law School ist Mitglied der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz, des Deutschen Juristenfakultätentages, der European Law Faculties Association (ELFA), der International Association of Law Schools (IALS), der Association of Transnational Law Schools (ATLAS) sowie assoziiertes Mitglied des Center for Transnational Legal Studies in London (CTLS), der American Bar Association (ABA) und der China Europe School of Law in Beijing (CESL).

PARTNER

• Deutsche Bank AG • Joachim Herz Stift ung• Commerzbank-Stift ung • UBS Deutschland AG • Freshfi elds Bruckhaus Deringer • Hengeler Mueller • Linklaters

DONATOREN

• Allen & Overy • Baker & McKenzie• Audi AG• Claussen-Simon-Stift ung • Cliff ord Chance • CMS Hasche Sigle • Gleiss Lutz • Lovells LLP• Sal. Oppenheim • Sibeth • Taylor Wessing • Notar Dr. Michael Ehlke (†)

UNSERE GRÖSSTEN UNTERSTÜTZER 2008/2009

Gründerin und einzige Gesellschaft erin• ZEIT-Stift ung Ebelin und Gerd Bucerius

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BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 43

FÖRDERER

• Beiten Burkhardt• Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP • Commerzbank AG • Deloitte & Touche GmbH • Deutsche Luft hansa AG • ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG • Funk Gruppe GmbH • Generali Versicherung AG • Graf von Westphalen • Harmsen Utescher • Heuking Kühn Lüer Wojtek • Hunck, Rolf und Sigrid• Huth Dietrich Hahn• Latham & Watkins LLP

• Marga und Kurt Möllgaard-Stift ung • McKinsey & Company • Morgan Lewis • Nordhues & Cie. LLP • Nörr Stiefenhofer Lutz • Prinz, Günter und Carlotta • Rittstieg Rechtsanwälte • Ruge Krömer Rechtsanwälte• Schomerus & Partner• Shearman & Sterling LLP • White & Case LLP • Wilmer Hale • Wübben, Dr. Walter• Wülfi ng Zeuner Rechel – WZR Group

42-45 gfb.indd 4342-45 gfb.indd 43 09.11.2009 18:24:44 Uhr09.11.2009 18:24:44 Uhr

BILANZ

AKTIVA 31.12.2008 EUR Vorjahr EUR

A. ANLAGEVERMÖGEN

I. Immaterielle Vermögensgegenstände 335.190,00 386.267,00

II. Sachanlagen 1.755.454,00 1.899.273,25

III. Finanzanlagen* 4.534.069,00 264.000,006.624.713,0 2.549.540,25

B. UMLAUFVERMÖGEN

I. Waren 25.582,02 29.108,79

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände davon Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht: EUR 196.519,96 (Vorjahr: TEUR 323) 1.215.646,69 4.839.877,46

III. Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten 799.991,45 82.610,26

2.041.220,16 4.951.596,51

C. RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN 61.766,33 50.685,818.727.699,49 7.551.822,57

PASSIVA 31.12.2008 EUR Vorjahr EUR

A. EIGENKAPITAL

I. Stammkapital 1.500.000,00 1.500.000,00

II. Gewinnvortrag 3.568.354,32 2.162.039,43

III. Jahresüberschuss 976.730,92 1.406.314,896.045.085,24 5.068.354,32

B. RÜCKSTELLUNGEN 1.164.560,93 859.710,01

C. VERBINDLICHKEITEN 1.490.616,62 1.620.633,64

davon mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr 390.616,62

davon mit einer Restlaufzeit von über fünf Jahren 1.100.000,00

davon aus Steuern 143.839,83

davon Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 1.100.000,00

D. RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN 27.436,70 3.124,608.727.699,49 7.551.822,57

44 RE.VISION 2009

*überwiegend Forderungen aus UGV (seit 2008), bis 2007 unter Forderungen (B. II.) ausgewiesen.

BILANZ

AKTIVA 31.12.2008 EUR Vorjahr EUR

A. ANLAGEVERMÖGEN

I. Immaterielle Vermögensgegenstände 335.190,00 386.267,00

II. Sachanlagen 1.755.454,00 1.899.273,25

III. Finanzanlagen* 4.534.069,00, 264.000,00,6.624.713,0 2.549.540,25,

B. UMLAUFVERMÖGEN

I. Waren 25.582,02 29.108,79

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände davon Forderungen gegen Unternehmen,

mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht: EUR 196.519,96 (Vorjahr: TEUR 323) 1.215.646,69 4.839.877,46

III. Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten 799.991,45, 82.610,26,

2.041.220,16 4.951.596,51,

C. RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN 61.766,33, 50.685,81,8.727.699,49 7.551.822,57

PASSIVA 31.12.2008 EUR Vorjahr EUR

A. EIGENKAPITAL

I. Stammkapital 1.500.000,00 1.500.000,00

II. Gewinnvortrag 3.568.354,32 2.162.039,43

III. Jahresüberschuss 976.730,92, 1.406.314,89,6.045.085,24 5.068.354,32,

B. RÜCKSTELLUNGEN 1.164.560,93 859.710,01

C. VERBINDLICHKEITEN 1.490.616,62 1.620.633,64

davon mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr 390.616,62

davon mit einer Restlaufzeit von über fünf Jahren 1.100.000,00

davon aus Steuern 143.839,83

davon Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 1.100.000,00

D. RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN 27.436,70, 3.124,60,8.727.699,49 7.551.822,57

44 RE.VISION 2009

*überwiegend Forderungen aus UGV (seit 2008), bis 2007 unter Forderungen (B. II.) ausgewiesen.

42-45 gfb.indd 4442-45 gfb.indd 44 09.11.2009 18:39:01 Uhr09.11.2009 18:39:01 Uhr

2008 EUR Vorjahr EUR

1. Rohergebnis 14.388.237,54 14.362.699,35 davon Zuwendungen ZEIT-Stifung 8.300.000,00 davon Studiengebühren 3.117.486,09 davon Spenden/Sponsoring 1.617.501,10 davon sonstige Einnahmen 1.052.960,53

2. Personalaufwand

a) Löhne und Gehälter 6.362.893,18 6.061.447,21

b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung - davon für Altersversorgung: EUR 368.258,48 (Vorjahr: TEUR 214)

1.342.630,07 1.179.164,49

7.705.523,25

3. Abschreibungen 453.363,56 569.005,82

4. Sonstige betriebliche Aufwendungen 5.241.084,28 5.102.942,12

5. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 38.513,57 27.336,59

6. Abschreibungen auf Finanzanlagen 6.270,00 0,00

7. Zinsen und ähnliche Aufwendungen 0,00 0,39

8. ERGEBNIS DER GEWÖHNLICHEN GESCHÄFTSTÄTIGKEIT 1.020.510,02 1.477.475,91

9. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 43.490,00 65.559,00

10. Sonstige Steuern 289,10 5.602,02

11. JAHRESÜBERSCHUSS 976.730,92 1.406.314,89

JAHRESABSCHLUSS FÜR DAS GESCHÄFTSJAHR VOM 1. JANUAR BIS ZUM 31. DEZEMBER 2008

GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 45

AUSGABEN EINNAHMEN

40,7%Sachaufwand

3,3%Abschreibungen

56,0% Personalaufwand

11%Spenden / Sponsoring

22%Studiengebühren

7%sonstige Einnahmen

59% ZEIT-Stifung

2008 EUR Vorjahr EUR

1. Rohergebnis 14.388.237,54 14.362.699,35 davon Zuwendungen ZEIT-Stifung 8.300.000,00 davon Studiengebühren 3.117.486,09 davon Spenden/Sponsoring 1.617.501,10 davon sonstige Einnahmen 1.052.960,53

2. Personalaufwand

a) Löhne und Gehälter 6.362.893,18 6.061.447,21

b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung - davon für Altersversorgung: EUR 368.258,48 (Vorjahr: TEUR 214)

1.342.630,07 1.179.164,49

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3. Abschreibungen 453.363,56 569.005,82

4. Sonstige betriebliche Aufwendungen 5.241.084,28 5.102.942,12

5. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 38.513,57 27.336,59

6. Abschreibungen auf Finanzanlagen 6.270,00 0,00

7. Zinsen und ähnliche Aufwendungen 0,00, 0,39,

8. ERGEBNIS DER GEWÖHNLICHEN GESCHÄFTSTÄTIGKEIT 1.020.510,02 1.477.475,91

9. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 43.490,00 65.559,00

10. Sonstige Steuern 289,10, 5.602,02,

11. JAHRESÜBERSCHUSS 976.730,92, 1.406.314,89,

JAHRESABSCHLUSS FÜR DAS GESCHÄFTSJAHR VOM 1. JANUAR BIS ZUM 31. DEZEMBER 2008

GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

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AUSGABEN EINNAHMEN

40,7%Sachaufwand

3,3%3%Abschreibungenen

56,0%Personalaufwand

11%Spenden / Sponsoring den / S

22%Studiengebühren

7%sonstige Einnahmenme

59% ZEIT-Stifung

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Mit einer halben Stunde Verspätung eilt er über den Campus und breitet vor der hell erleuchteten Bibliothek die Arme aus: »Da rauchen die Köpfe.« Der Hamburger Ex-Bürgermeister kramt in seinen Taschen, um seinen eigenen Bibliotheksausweis zu präsentieren, fi ndet ihn aber nicht. In der Coff ee Lounge nimmt Voscherau einen Kaff ee „schwarz, ohne alles“ und einen Schokokuss

Herr Voscherau, wenn Sie sich auf dem Gelände umschauen – hätten Sie hier auch gerne studiert?

Schwer zu sagen. Die Rechtswissenschaft liche Fakultät in Hamburg war Anfang der Sechzigerjahre auch eine heile Welt – von den bräunlichen Vergangenheiten mancher Professoren wussten wir ja nichts. Für uns war entschei-dend: Was haben die Lehrenden drauf? Und das war eine ganze Menge.

Und wie hoch war der Lernstress?Sagen wir mal so: Das waren idyllische Zeiten in unserem kleinen Fachbereich. Im Sommer waren viele schon mittags am Timmendorfer Strand und badeten in der Ostsee. Es gab allerdings beklagenswert wenige weibliche Studie-rende, weshalb wir oft am Pädagogischen Institut zu fi nden waren – denn die Lehramtsstudentinnen waren zahlreich.

Das klingt wirklich recht entspannt…Ja, nur ich war leider nicht entspannt. Mein Vater war gerade gestorben, wir hatten kein Geld, ich also auch keine Zeit zu verlieren. Nach sieben Semestern habe ich mich zum Examen gemeldet. Viele meiner Kommilitonen konnten dagegen ein Sommersemester in Lausanne einlegen, sind ein Wintersemester in Innsbruck Ski gefahren oder haben vier Semester nichts getan. Am Ende trafen sich dann alle beim Repetitor und holten den verpassten Stoff wieder rein, oder auch nicht.

Tun Ihnen die heutigen Studenten da nicht manchmal leid?

Nicht, weil sie viel arbeiten müssen. Sondern weil es diese Generation im Berufsleben schwerer haben wird. So zynisch es klingt: Nach dem Krieg gab es eine zerschossene Generation und dadurch stand den Jüngeren alles off en. Heute gibt es uns davor, und wir sind sehr zahlreich. Die jungen Leute haben es schwerer, ihren Platz zu fi nden. Außerdem ist fraglich, ob wir Europäer unseren Wissens-vorsprung und damit unseren Lebensstandard halten können.

Und worum beneiden Sie diese Generation?Sie ist lockerer, selbstbewusster, als wir das waren. Viele, auch ich, waren verklemmt, mussten sich erst freischwim-men, und die Welt war enger als heute. Wir waren damals nirgends willkommen und wurden überall misstrauisch beäugt. Man trug die Last der Hitler-Verbrechen. Die heutigen Studenten sind überall im Ausland willkommen, es kommt nur darauf an, wie sie sich selbst verhalten.

Warum haben Sie ausgerechnet Jura studiert?So albern es klingt: aus Neigung. Ich habe zuerst Volks-wirtschaft studiert, unter anderem beim späteren Wirtschaft s- und Finanzminister Karl Schiller, und da habe ich mich auch mit bürgerlichem Recht und Wirt-schaft srecht beschäft igt. Nach zwei Semestern war mir klar: Das ist es, was ich will. Also habe ich umgesattelt auf Jura.

Mit 25 Jahren sind Sie in die SPD eingetreten – weil Sie eine politische Karriere im Blick hatten?

Nein, das war eine sentimentale Entscheidung. Weil alle meine Vorfahren bis zurück zu meinem mütterlichen Urgroßvater seit 1875 Aktivisten der Arbeiterbewegung waren. Mein Onkel, mein Vater und mein Großvater waren von den Nazis verfolgt worden. Nachdem alle gestorben waren, fühlte ich mich verpfl ichtet, das fortzusetzen. Ich wollte nie Politiker werden, nur ein Bekenntnis ablegen.

Und heute setzen ausgerechnet Sie als SPD-Politiker sich für eine Hochschule ein, die viele auch „Elite-Hochschule“ nennen…

Sozialdemokratische Politik, richtig verstanden, heißt ja nicht, dass man für die Absenkung des Niveaus ist, bis alle mitkommen. Sondern es heißt, in einem off enen Bil-dungssystem jedem nach seinem Können, seiner Bega-bung jegliche Förderung zukommen zu lassen. Damit er es nach oben schaff en kann, bis er Elite ist: Leistungselite – nicht Geburtselite! Alles andere wäre eine Pervertierung der Arbeiterbewegung, der unterdrückten Bildungselite der Arbeiterschaft .

Ihr Vater war Finanzbeamter und später Schauspieler. Muss man in der Politik auch Schauspieltalent haben?

Es ist jedenfalls nicht schädlich. Denken Sie nur an so einen starken Mann wie Helmut Schmidt: Er schimpft immer über die sogenannten Medienkanzler, aber er war selber auch einer. Diese schneidenden Auft ritte im Bundestag – das ist Talent.

Wann mussten Sie Ihr Schauspieltalent einsetzen?„Die

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HENNINGVOSCHERAU

IN DER COFFEE LOUNGE MIT

IN HENNING VOSCHERAU, 68, sehen viele den Hanseaten par excellence. Als promovier-ter Jurist schlug er in seiner Heimatstadt eine konsequente politische Laufbahn ein: 1966 wurde er Mitglied der SPD, acht Jahre später saß er in der Hamburgischen Bürger-schaft, nach weiteren acht Jahren stieg er zum Fraktions-chef auf und wurde 1988 zum Ersten Bürgermeister gewählt – mit absoluter Mehrheit. Als er diese 1997 verlor, verzich-tete er aufs Regieren und arbeitet seitdem wieder als Notar. Voscherau war an der Gründung der Bucerius Law School beteiligt und sitzt heute in ihrem Kuratorium und Aufsichtsrat.

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Je eher man mit einer Position in der Defensive ist, desto wichtiger ist es, noch überzeugender aufzutreten. Und das setzt voraus, dass man knappe Argumente sehr überzeu-gend rüberbringt.

Klingt so, als sei das Jura-Studium auch ganz nützlich gewesen. Brauchen wir mehr Juristen in der Politik?

Mein Freund Helmut Schmidt scherzt immer, alle Juristen sollte man erschießen; das spricht eher nicht dafür. Was man tatsächlich nicht braucht, sind diese kleinkarierten, das Ganze aus dem Auge verlierenden Paragrafenhengste. Aber wir brauchen Juristen, die das große ganze und die Gerechtigkeit im Blick haben und dafür klare Regeln schaff en.

Was würden Sie Studenten raten, die überlegen, politisch aktiv zu werden?

Auf die Frage „Wie nütze ich meinem Gemeinwesen?“ gibt es nur eine Antwort: Unbedingt einsteigen! Allerdings ist der Kampf um den Aufstieg eine Schlangengrube. Jeder möge sich prüfen, ob er vielleicht zu empfi ndsam ist, zu dünnhäutig, um mit den Widrigkeiten klarzukommen. Und ob er glaubt, im Zuge des weiteren Erwachsenwer-dens diese Dünnhäutigkeit überwinden zu können. Ich war anfangs sehr dünnhäutig.

Was war politisch Ihre aufr egendste Zeit? Die Wiedervereinigung. Im Auge des Taifuns, aber mit dem Blickwinkel von unten, aus der kommunalen Ebene. Das war sehr, sehr aufregend. Gerade als Notar, der viele Folgen für die Praxis besser beurteilen konnte als die Staatssekretäre im Bundesministerium. Rückgabe statt Entschädigung – das war von Anfang an Wahnsinn. Ich hätte gerne selbst an der Expertenkommission teilgenom-men, die Wolfgang Schäuble damals als Innenminister leiten sollte. Aber der rief mich an: „Sie wissen, dass ich Sie nicht akzeptieren kann: Wenn Sie dabei sind, ist das nicht mehr meine, sondern unsere Kommission.“ Kein Scherz!

Das muss einen doch wahnsinnig machen, wenn juristi-scher Sachverstand dem politischen Kalkül nachgeben muss…

Natürlich. Aber ich bin in Bonn vielfach aufgelaufen. Bundeskanzler Kohl war übermächtig, keiner hatte den Mumm, den Mund aufzumachen. Argumente interessier-ten nicht, es wurde gemacht, was er wollte.

Es ist schwer, sich würdig aus der Politik zu verabschie-den. Kohl hat so oft kandidiert, bis er abgewählt wurde. Sie sind 1997 zurückgetreten, um nicht mit den Grünen koalieren zu müssen…

Naja, ich hatte ja Glück: Ich sollte gar nicht zurücktreten, habe mich aber aus innerparteilichen Gründen in Zusammenhang mit Rot-Grün entschieden, dass ich nicht zur Verfügung stehe. Insofern habe ich keinen Anlass zu hadern mit dem Abgang.

Haben Sie Ihren Schritt wirklich nie bereut? In Wahrheit bedaure ich es bis heute. Weil es ja eine Sucht ist: Wenn man seine Sache gut macht, die Leute einen mögen und man diese Gestaltungsmöglichkeiten hat, dann gibt man das nicht freiwillig auf. Aber bereut habe ich diesen Schritt nie. Die Grünen, die bis ’97 dreimal gegen mich verloren hatten, wären zwanghaft auf mich losgegangen. Ich hätte einen viel schlechteren Koalitions-vertrag bekommen als mein Nachfolger Ortwin Runde. Bei jeder kontroversen Sachfrage hätten sich die Grünen und die Linken in der SPD hinter meinem Rücken geeinigt. Der einzige, der in den Koalitionsausschuss gegangen wäre und keine Ahnung gehabt hätte, dass das Ergebnis bereits verabredet wurde, wäre der Bürgermeister gewesen, nämlich ich. Das wusste ich ganz genau. In Sachen Rot-Grün waren die Linken in der SPD damals illoyal, die hätten hemmungslos hinter meinem Rücken verhandelt.

Und denken Sie manchmal: »Wenn ich noch Bürger-meister wäre, dann…«

Ja, natürlich. Wenn ich noch Bürgermeister wäre, würde die U4 nicht teuer in der Hafencity verbuddelt, sondern es gäbe eine Hochbahn als maritimes Schaufenster. Es gäbe einen höheren Wohnungsanteil in der Hafencity. Ich hätte das Operngrundstück in der Innenstadt verkauft und eine nigelnagelneue Oper am anderen Ende der Hafencity gebaut. Einen spektakulären Kulturtempel, der vielseitiger wäre als der Konzertsaal Elbphilharmonie. Denn seit Herr Pavarotti tot ist, gibt es keinen Sänger im klassischen Bereich, der sie füllen könnte.

Sie haben off ensichtlich noch Ideen für die Stadt. Trotzdem: Als Sie von Ihrer Partei zurückgerufen wurden in die aktive Politik, haben Sie sehr entschieden Nein gesagt. Warum?

Das hatte eine Vorgeschichte. Ich habe ja nicht Nein gesagt zu der Aufgabe, die Stadt noch einmal zu gewinnen und sie zu gestalten. Ich habe nur Nein gesagt zu dem verlogenen Ansinnen, dass sich da einige hinter meinem Namen vor der Wut der Basis verstecken wollten, als 2007 bei der Wahl des Spitzenkandidaten eine Urne voll Stimmzettel geklaut worden war. Die wollten nicht, dass „I

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ich noch mal Bürgermeister werde, die wollten nur, dass ich ihnen politisch das Leben rette.

Und wenn die SPD Sie bei der nächsten Wahl noch mal fr eundlich fr agen würde?

Es wird nicht freundlich gefragt. Ich hatte beim letzten Mal dem Landesvorstand angeboten: Wenn ihr glaubt, mit mir wären die Chancen deutlich größer, dann schlagt mich doch mal vor. Das hatte ein mehrmonatiges öff entliches Mobbing zur Folge. Die werden nicht fragen, also mache ich mir keine Gedanken. Voscherau wendet sich vorsichtshalber aus dem Blickwin-kel der Kamera, um von seinem Schokokuss abzubeißen.

Warum tragen Sie den Ehering eigentlich links?Das kann ich Ihnen genau sagen. Als ich im Juli 1988 gewählt war, sagte mein Vorvorgänger Hans-Ulrich Klose zu mir: Henning, beim Neujahrsempfang wirst du im Turmsaal des Rathauses stehen und in der wunderbaren Demokratietradition dieses off enen Hauses Tausende von Händen schütteln. Ich gebe dir einen guten Rat: Nimm den Ring ab! Aber ich habe das vergessen, bis es plötzlich sehr weh tat und ich froh war, den Ring gerade noch abzukriegen. Seitdem ist er da. Und auch bei der vielen Schreiberei heute sitzt der Ring besser links.

Nach so einem Amt – kann man da ganz normal ins Glied der einfachen Notare zurücktreten?

Das kann man.Viele Mandanten kommen doch sicher zu Ihnen, weil sie vom Altbürgermeister betreut werden möchten…

Im Gegenteil. Vielen fällt der Unterkiefer runter, dass ich wirklich da bin. Die fragen: „Was, so kleine Sachen machen Sie selbst?“ Mache ich! Grundstückskaufverträge, Grundschulden, Schenkungen, Dienstbarkeiten, Wohnrechte, Gesellschaft srecht, alles. Von morgens um neun bis abends um zehn.

Und was fi nden Sie am spannendsten?So wie ich gestrickt bin, hängt das nicht am Rechtsgebiet. Man muss sich für die Menschen interessieren und für ihre Probleme! Man braucht eine prognostische Fantasie, um vorwegnehmen zu können, welche Probleme sich entwickeln könnten, und dagegen eine Firewall zu bauen.

Wie verschaff en Sie sich einen Ausgleich zur Juristerei?Hockey! Ich war 30 Jahre aktiv und gehörte zu denen, die es richtig gut konnten. Auf Empfängen erlebe ich immer wieder, wie sich meine ehemaligen Gegner gegenüber Journalisten damit hervortun, wo sie überall blaue Flecken von mir hatten – anstatt mal wieder gegen mich zu spielen!

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3. März

6. März

26. März

15. Mai

8. bis 10. Juli

31. August

im September

13. September

24. bis 26. September

27. September

1. Oktober

• ABSOLVENTENMESSE

• VERLEIHUNG DES BACHELOR OF LAWS (LL.B.)

• HOCHSCHULBALL

• EHRENDINNER DER ZEIT-STIFTUNG UND DER BUCERIUS LAW SCHOOL

• BEWERBUNGSCHLUSS FÜR DAS LL.B.-PROGRAMM

• AUSWAHLVERFAHREN FÜR DAS LL.B.-PROGRAMM

• GRADUATION CEREMONY BUCERIUS/WHU MASTER OF

• LAW AND BUSINESS – JOACHIM HERZ PROGRAM

• STIFTERTAG

• STUDIENBEGINN FÜR DEN NEUEN LL.B.-JAHRGANG

• BUCERIUS INTERNATIONAL ALUMNI-REUNION

• BEGINN DES HERBSTTRIMESTERS

• AKADEMISCHE FEIER

• ERSCHEINUNGSTERMIN RE.VISION 2010

IMPRESSUMHERAUSGEBER

Bucerius Law School – Hochschule für RechtswissenschaftVERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT

Benedikt Landgrebe, Leitung Hochschulkommunikation Bucerius Law School (V.i.S.d.P.)REDAKTIONSLEITUNG Alexandra WerdesART DIRECTION Kai Kullen FOTOGRAFIE Odile Hain KORREKTORAT Anke Brodmerkel ANZEIGEN Martina Plieger HERSTELLUNG Wolfgang Wagener (verantw.), Pascal Struckmann

OBJEKTLEITUNG Sirkka Jendis DRUCK Firmengruppe APPL kuncke druck GmbH, Kornkamp 24 22926 AhrensburgAUSGABE Nr. 1, November 2009 AUFLAGE 5 000ERSCHEINUNGSWEISE Jährlich KONTAKT Bucerius Law School re.vision – Bucerius Law School MagazinJungiusstr. 6, 20355 [email protected]. 040 – 30706-0

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TERMINE

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NATÜRLICH HATTE ICH LAMPENFIEBER. Mit 27 sollte ich meine erste Verhandlung leiten, ganz allein – davor hatte ich immer einen älteren Richter an der Seite, als Rücken-deckung. Ich betrat den Saal und bemerkte sofort, dass ich der Jüngste im Raum war. Die Anwälte, der Kläger, der Beklagte, die Schreib kraft – alle waren älter als ich. Ich hatte es so erwartet, trotzdem war es ein kleiner Schock. Ich hatte nur meinen Tisch und meine Robe als Barriere zu ihnen. Aber mit meiner Robe kam ich mir eher verkleidet vor. Und ich war unsicher, ob ich alles richtig machen würde. Der Anspruch kam mir auf einmal so hoch vor: Ich soll jetzt klären, was richtig ist, wer recht hat?Den Fall kannte ich nur aus der Akte: eine Räumungs-klage, der Mieter hatte nicht gezahlt. Dann, in der Verhandlung, war die Begegnung mit dem Menschen hinter der Akte bewegend. Der Beklagte hat mir eindring-lich klargemacht, dass er nicht weiß, wo er hin soll, wenn er seine Wohnung verliert. Doch er hatte die schlechteren Karten: Er musste raus. Und ich musste ihm auch noch erklären, dass es in seinem eigenen Interesse ist, das so zu akzeptieren – sonst hätte er höhere Verfahrenskosten zahlen müssen.In dieser Situation fühlte ich mich überfordert, auch gegenüber den erfahrenen Kollegen im Raum. Ich wusste nicht, ob sie mich und meine Leitung anerkennen. Und da ist etwas sehr Schönes passiert: Ich blickte zufällig auf den Bildschirm der Protokollkraft neben mir, eine ältere, sehr erfahrene Frau. Und sie tippte: „Sie machen das sehr gut!“ Das hat mir Mut gemacht.

UND, WIE WAR ICH?

In den folgenden Verhandlungen blieb die Unsicherheit trotzdem erst einmal. Erst über Wochen und Monate trainiert man sich die nötige Selbstsicherheit und eine gewisse Autorität an. Das Studium kann einem die Sicherheit nur auf fachlicher Ebene geben. Auf die reale Situation aber kann man sich nicht vorbereiten, denke ich, man kann diese Konfrontation auch nicht üben. Es ist nun mal ein Sprung ins kalte Wasser. Natürlich ist man da überfordert. Aber man darf dem Gefühl der Überforderung nicht verfallen. Das Recht erschließt sich einem und weist einem den Weg.Heute fühle ich mich respektiert und akzeptiert. Ich habe gelernt, allein durch mein Auft reten zu zeigen, dass ich derjenige bin, der im Saal das Sagen hat. Die Robe schafft da eine gewisse Distanz, das fi nde ich wichtig, auch für mich selbst. Schließlich trägt man doch eine große Verantwor-tung! Aber dieses Wissen kann ich mittlerweile im Gericht lassen und nehme es gedanklich nicht mit nach Hause.Das war bei meiner ersten Verhandlung, der Räumungs-klage, anders. Sie ging mir sehr nahe. Es war Winter und ich wusste nicht, ob der Beklagte noch rechtzeitig eine Bleibe gefunden hatte oder jetzt auf der Straße lebte. Das empfand ich gerade am Wochenende, wenn ich im Warmen und Trockenen saß, als sehr belastend.Auch jetzt, zwei Jahre später, bin ich mir immer noch sehr bewusst darüber, was ich da mache. Dass ich über Schick-sale entscheide. Meine Sinne hat dieser erste Tag als Richter jedenfalls geschärft . Das gibt Demut. Und die gehört dazu.

MALTE THIES ÜBER SEINE PREMIERE ALS RICHTER

Als Absolvent des

Gründungsjahrgangs 2000

war Malte Thies der Erste,

der aus der Bucerius Law

School ins Berufsleben

entlassen wurde.

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