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D ie Europatour im Sommer warfür Lenny Kravitz ein riesigerErfolg. Selbst eine kurze Er-krankung konnte ihn nicht stop-

pen, und ausverkaufte Hallen, eine guteFernsehpräsenz sowie Top-Platzierungenin den Charts trieben seine Karriereeinem neuen Höhepunkt entgegen. Wereines der Konzerte sehen konnte, hateine Show miterlebt, in der Mr. Kravitzvon der ersten Sekunde an sein Publi-kum im Griff hatte. Dies verdankt ernatürlich nicht nur seinem ganz persönli-chen Charisma, sondern auch seinerTourband, in der Zoro nach über einemJahrzehnt Pause wieder die Stöcke in derHand hielt. Und sein Groove prägt dieneue Show: Er ist kräftig, pulsierend undeinfach authentisch, wenn es um Soulund R&B geht – die Musik von LennyKravitz eben. Wir trafen Zoro zu aus-führlichen Gesprächen vor den Konzer-ten in Köln und Frankfurt. Und die ersteFrage war natürlich jene nach der über-raschenden Reunion zwischen Lennyund ihm, die schließlich ihre Karrieregemeinsam gestartet hatten.

»Ich hatte ja bereits im Jahr 1999dieses Silvester-Konzert in New York mitLenny gespielt, als Cindy Blackmankrank war. Da gab es lediglich eine Pro-be vorher – und der Abend verlief ein-fach grandios. Danach hörte ich dann

länger nichts von ihm, bis auf einigeMails zu Weihnachten usw. Ich schickteihm jedoch zwischendurch meine Vi-deos, DVDs und Bücher, nur um ihn aufdem Laufenden zu halten. Man weiß janie, wozu es gut ist. In diesem Fall hat esschließlich geholfen. Als ich dieses Jahrauf der Namm Show war, rief er michaus dem Blauen heraus an und fragte, obich Lust hätte, mit ihm zu touren undwieder in die Band einzusteigen. Dashaute mich schon um.«

Ihr hattet also ansonsten vier Jahrekaum Kontakt?»Doch, einmal, kurz vor Weihnachten

– das ist schon eine ziemlich verrückteGeschichte. Ich hatte nachts geträumt,ich wäre mit Lenny auf Tour und wirhätten wieder Spaß an gemeinsamerMusik. Als ich aufwachte und meinerFrau davon erzählte, lachte sie nur. Nocham selben Tag rief Lenny dann an – erwar gerade im Urlaub auf den Bahamas– und wollte eigentlich nur etwas quat-schen. Ich erzählte ihm auch von demTraum, und er meinte, das sei schonverrückt, da er in dieser Nacht meineDVDs angeschaut habe, die er durchZufall in seinem Haus auf den Bahamashatte. Wir redeten eine ganze Weile, aberes ging noch nicht um die Band, das warerst im Januar der Fall. Im Prinzip wardas dann schon eine Art Audition – und

auch wenn man sich gut kennt, ist dieseSituation nicht viel anders. Ich denke,ihm hat mein Stil gefallen, der sich überdie Jahre entwickelt hat – und diese Artvon Grooves, wie er sie eben auch inseinen Songs bevorzugt. Wir habenschließlich beide diesen Background mitR&B, Soul, Funk usw. Das hat ihm ge-fehlt bzw. Cindy war ihm wohl zu jazziggeworden über die Jahre. Wir haben unsdann bei ihm zu Hause in Miami getrof-fen und einen Tag mit der Band gespielt– das reichte ihm wohl. Lenny und ichsind uns ohnehin ziemlich ähnlich, mö-gen die gleiche Musik und interessierenuns für die Roots in der Musik. Wirhörten die gleichen Alben und wuchsenja fast wie Geschwister auf. All das warihm wohl beim Anschauen der DVDswieder bewusst geworden. Zudem habenwir uns ja auch beide weiter entwickelt –

die letzte reguläre Tour war ja schließ-lich im Jahr 1991. Bei Lenny muss manwissen, was er will, denn er möchte nichtlange etwas erläutern, sondern hofft,dass die Musiker verstehen, wo es lang-gehen soll. Ich war im Januar ja dereinzige neue Musiker in der Band – siehtman mal von der Bläser-Sektion und denBackground-Sängern ab, die jedoch nurfür diese Tour engagiert waren.«

Ging es in Miami direkt mit denProben los oder gab es noch anderwei-tige Dinge zu erledigen?»Erstmal wurde die ganze Band fit

gemacht und gestylt, um Lennys An-sprüche zu erfüllen. Ich war ja immernoch komplett überrascht von dieser fürmich neuen Situation und musste meinenTerminplan entsprechend korrigieren.Ich hatte schon reichlich Clinics ge -

bucht, die nun umgelegt oder abgesagtwerden mussten. Dann fing ich an, dieSongs zu lernen, erst mal für mich allei-ne, später mit der Band. Das alles übri-gens in Lennys Haus in Miami, wo wirmit der Band für einige Wochen lebten.«

Das bedeutet, du musstest dir seineSpielweise aneignen bzw. all seineLicks usw. in dein Spiel integrieren?»Genau, zumindest zu Beginn war das

so. Ich lernte die Songs mit all ihrenFeinheiten und Facetten. Jede kleineHiHat-Figur usw., denn das ist für dieUmsetzung der Musik sehr wichtig. DaLenny im Studio immer alles alleineeinspielt und insbesondere bei denDrums viel Wert auf den Groove legt, istdas nicht so einfach. Er trommelt zwarsehr sparsam, aber eben auch effektivund gefühlvoll. Das konnte ich dann so

nach und nach interpretieren und späterauch eigene Dinge einfügen, da ihmmein Spiel immer besser gefiel, je längerwir an dem Material arbeiteten. Er isteinfach ein Perfektionist, der sich vieleGedanken über die Musik macht, und»live« haben wir ja auch wieder altesMaterial gespielt, so dass die Tour einenguten Querschnitt durch all die Jahre vonLennys Musik darstellte. Ich nannte dasGanze das »Lenny Bootcamp«, da esweit mehr als nur ein Drummer-Job ist,mit ihm zu arbeiten. Es ist eine ganzspezielle Art von Lifestyle. Und die zuerfüllen ist nicht immer einfach.«

Obwohl es dir optisch sicherlich gutgetan hat, da du fitter denn je wirkst.»Ich bin auch sicherlich fitter, und es

hat mir sehr gut getan, aber es war dasHärteste an Tourvorbereitung, was ich je

Die Pressemitteilung, dass Zoro nach elf Jahren Pausewieder mit seinem alten Schulfreund »Lenny Kravitz« aufTour sein würde, kam für viele überraschend. Und die Qualität der Konzerte erklärte schnell, was Mr. Kravitz anZoro erneut mag – und was er über Jahre vermisst hat.

Zoro

AlteFreunde!

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mitgemacht habe. Ich hatte manchmaldas Gefühl, wir sind bei den Marinesund bereiten uns auf einen Feldzug vor.In Miami hatten wir einen eigenen Fit-nesstrainer und waren neben den Probentäglich im Fitnessstudio, um an uns undunseren Körpern zu arbeiten. Die ganzeBand sollte für die Tour fit sein und gutaussehen, das war Lenny wichtig. Dafürwurden wir erst einmal für nahezu zehnWochen auf Diät gesetzt. Es gab nurrohes Gemüse, Salate, Tee und Wasser.Als dann nach vierzehn Tagen die erstewarme Suppe serviert wurde, war dasschon ein grandioses Gefühl. Man mussdazu sagen, dass Lenny dieses Pro -gramm ebenfalls absolviert hat und sichselbst genauso diszipliniert auf eine Tour

vorbereitet, wie er es von seinen Musi-kern verlangt. Aber ich bin froh, es ge-macht zu haben und könnte heute mühe-los zwei Shows am Tag spielen. Zu denProben und der Fitnessgeschichte kamdann noch der neue Look. Wir wurdenalle entsprechend eingekleidet und icherhielt neue Hüte – dennoch hat es eineWeile gedauert, bis wir am jetzigenPunkt angelangt waren. Zuerst trug ichZylinder und Monokel, dann spanischeHüte und letztendlich ist es nun dergeworden, den eure Leser auf den Fotossehen. Der alte Zoro-Hut hängt jetztwieder bei mir im Haus an der Wand –und dort wird er wohl auch bleiben. Ichwar zudem bereit für einen Wechsel inmeinem Job, habe genügend Clinics

gespielt und war auch zufrieden mitmeinem Leben. Aber ich vermisste esschon länger, in einer Band zu sein undgemeinsam mit anderen Musikern zureisen. Ich bin rund um die Welt getourtund habe unterrichtet, aber ich war im-mer alleine – das ist auf Dauer nicht sotoll. Zudem ist Lenny in diesen Tagen sogroß, ein Superstar, so dass das Reisenimmer sehr komfortabel ist, die Hotels»First Class« und teilweise haben wirsogar einen Privatjet, der auch in einemder letzten Videos vorkommt, wo wirden Rock'n'Roll Lifestyle persiflierthaben. Ich fühle mich jedenfalls sehrwohl in meiner Haut.«

Ist es auch so, weil du musikalischnun eigentlich genau das machst, wasdu in deinen Büchern und DVDs erör-terst?!»Klar, es gibt nicht wirklich viele

Bands, die mich interessiert hätten, reinmusikalisch betrachtet. Bei Lenny kannich das verkörpern, was ich bin: ein guterGroove-Drummer, der songdienlichspielt und die Band antreibt. Diese Artvon Musik gefällt mir – und so war es jaauch schon, als ich zu »Let love rule«-Zeiten in Lennys erste Band eingestiegenbin. Wir waren an der gleichen Schuledamals und hatten beide große Ziele. Ichhatte da eine Art mobiler Disco undLenny half mir aus. Dann begannen wir,Musik zu machen. Zuerst trennten sichunsere Wege. Ich wollte Schlagzeugerwerden und er Rockstar. Das haben wirbeide geschafft. Ich tourte dann mit»New Edition« und »Bobby Brown« undstieg sofort bei Lenny ein, als er fragte.Bobby Brown war damals ein »Top Act«

mit 13 Millionen verkaufter Alben, undLenny tourte durch die Clubs. Aber daswar egal, es ging hier um Musik, einegewisse Ehrlichkeit usw. – das hat mirmehr imponiert als Geld.«

Das bedeutet aus deiner Sicht, Lennyist auch ganz der Alte geblieben?»So ist es, wenngleich es nach außen

hin vielleicht nicht so wirkt. Wir kom-men beide aus kleinen, recht bescheide-nen Verhältnissen – da sieht man dasLeben schon etwas anders. Ich bin auchfroh, nicht immer in seiner Band gewe-sen zu sein. Ansonsten hätte ich dieBücher nicht geschrieben und die DVDsnicht produziert. Ich hätte einen Teilmeines Lebens nicht gehabt, den ich

wirklich nicht missen möchte. Jetzt sindwir beide gereift, harmonieren besser alsfrüher, und ich kann ihm als Musikerviel mehr geben, als dies früher der Fallwar. Und er kann mich besser bezahlen,als dies früher der Fall war . . . ! (grinst)«

Du bist also auch froh, aus der rei-nen Clinic-Schiene als Schlagzeugerraus zu sein?»Klar, denn nach einer Weile hat man

dich als Clinic-Drummer abgestempelt,aber das war ich ohnehin nie. Ich bin schon immer Musiker gewesen

und habe versucht, kreativ zu arbeiten,mich zu entwickeln und zugleich diesesKonzept erarbeitet über all die Rhyth-men, ihre Geschichten usw. MeineWorkshops sind ja auch eher eine Unter-richtsstunde und nicht nur eine reineSelbstdarstellung nach dem Motto»höher, schneller, weiter«. Das war ohnehin nie mein Ding, ich

wollte immer etwas vermitteln und nichtnur zeigen, was für ein toller Hecht ichbin. Zudem habe ich eine Familie, mussGeld verdienen und habe so meine Ni-sche gefunden. Jetzt mit Lenny ist es janicht so, dass ich alles andere aufgebeund nur noch den Rock'n'Roll Lifestylepflege, den es in Wirklichkeit ohnehinnicht so häufig gibt, wie viele denken.An freien Tagen spiele ich immer nochWorkshops, ich arbeite an einem neuenBuch und habe auf einer Sample-CDeinige Grooves getrommelt. Es gibt alsoauch ein Leben neben und sicherlichnach Lenny. Die Musikszene ist heutzu-tage nichts, worauf man für Jahrzehnteaufbauen kann. Und selbst wenn es jetztgut läuft, bedeutet dies nicht unbedingt,

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Wieder in dieser Band zu sein,ist die Erfüllung eines Traumes

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Buddy Rich. Danny ist Spezialist aufdiesem Gebiet, und wir ergänzen unsgroßartig. Der Titel des Buches lautet»The Commandments Of Roots Drum-ming«, und es soll im Jahr 2005 erschei-nen. Des Weiteren gibt es noch dieseDrum Loop-CD mit Massen von Groo-ves, die übers Internet erhältlich ist (dieAdresse ist am Ende des Interviews zufinden). Zudem arbeite ich schon einigeZeit an einem Buch über das Businessals Musiker an sich. Es soll Einblickegeben und zeigen, dass ein Musikerlebennicht immer nur geprägt ist von tollenZeiten, großartigen Gigs und rauschen-den Party, sondern dass es einfach vielArbeit bedeutet und oftmals selbst Blut,Schweiß und Tränen den Erfolg nichterzwingen können. Wie es ist, gefeuertoder im Studio ersetzt zu werden, oderwie man selbst kündigt, ohne das Ge-sicht zu verlieren. Da gibt es unglaublichviele Themen zu behandeln, und bisherist mir ein solches Buch noch nicht be-kannt. Es soll ja auch nicht abschre -ckend, sondern eher motivierend sein.Daran arbeite ich in den freien Stunden,die mir bleiben. Ich will mit dem Buchklarstellen, dass man als Musiker eineVision haben muss, und dass eine guteTechnik alleine nicht ausreicht. Manmuss auch die geschäftliche Seite des

Ganzen erlernen – und das kann weitausschwieriger sein. Ich bin ohnehin dereinzige Musiker in der Band, der seinefreie Zeit für solche Dinge nutzt, dieanderen relaxen lieber und ruhen sich fürdie Gigs am Abend aus. Ich bin auch beider »Virtual Drum School« in Barcelonatätig und habe in Spanien einiges anLehrmaterial eingespielt, was nun übersInternet abrufbar ist. Das ist etwas voll-kommen Neues – und es funktioniertsehr gut.«

Wie geht deine Familie damit um,dass du nun mehr als je zuvor von zuHause fort bist?»Sie tragen es mit Fassung und sind es

in gewisser Weise schon gewohnt. Nurder Zeitrahmen, in dem ich jetzt weg bin,hat sich gestreckt – und ich vermisse sieebenfalls sehr. Ich habe eine Tochter vonzweieinhalb Jahren und einen fünfjähri-gen Sohn. Beide sind große Lenny-Fans.Sie schauen sich allabendlich ein Kon-zert von einer TV-Show in USA an undsind stolz auf ihren Daddy und »UncleLenny«, wie sie ihn nennen. Unser Videowürde ich ihnen jedoch noch nicht zei-gen, das ist zu heftig für dieses Alter. Esist ja im Prinzip eine Persiflage auf denRock'n'Roll Lifestyle, wie er über dieMedien geprägt wurde. Als das Video

erschien, weigerte sich MTV, es zu spie-len, weil es laut ihrer Aussage sexistischsei. »Come on«, jeden Freitagabendhaben die eine Show, die nennt sich»Tits & Ass« – was um alles in der Weltist das denn dann !? In dieser Beziehungist Amerika ja ganz schön verlogen. Ichmag es auch nicht, wenn ich all dieseSerien und Shows sehe, wo jedes zweiteWort »Fuck« ist. Wie sollen denn diekleinen Kinder in einer solchen gespalte-nen Welt vernünftig aufwachsen. Dochgenug zu diesem Thema – lass unszurück zur Musik und dem Schlagzeuggehen.«

Wie kommst du mit dem Double-Bass-Kit zurecht, was ja für dich rechtungewöhnlich sein dürfte?»Mittlerweile habe ich mich daran

gewöhnt, aber es hat schon eine Weilegedauert, sich an den Aufbau zu gewöh-nen. Ich hatte etwas Probleme mit derPlatzierung der Snaredrum und den dreiToms vorne. Aber ich genieße es doch,mehr Möglichkeiten und Sounds zuhaben. Insbesondere im Solo kann ichmich so besser entfalten. Den großenSabian Gong nutze ich lediglich einmal,aber in Relation zu Lennys durchsichti-gem Flügel auf der Bühne ist das schonfast viel. Er wollte einfach eine große

Ich liebe das Schlagzeug und habe michschon immer für seine Wurzeln interessiert

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dass es in fünf Jahren immer noch sosein muss. Daher ist mein Leben jetztnoch etwas aufwändiger und umfangrei-cher geworden und nicht nur musikalischabwechslungsreicher. Aber das ist es,was ich an diesem Leben so mag, dieständige Herausforderung.«

Und dennoch hast du als Groove-Drummer einen Solospot in der Showerhalten, wo du dich selbst darstellenkannst.»Das war Lennys Idee, der meinte,

jede gute Rockshow hätte ein Drumsolo.Und so spiele ich eben bei jedem Kon-zert mein kurzes Solo, improvisiere undmache es von der jeweiligen Stimmungdes Tages und des Gigs abhängig, wasich rauslasse. Aber es macht Spaß undgibt mir die Gelegenheit, meine beidenBassdrums mal etwas mehr einzusetzenals lediglich am Ende der Songs. Ichkann mich als Rockdrummer austoben –eine Sache, die Lenny bei Cindy wohlebenfalls vermisst hat. Ich möchte nicht

schlecht über sie sprechen, sie ist einegroßartige Schlagzeugerin, aber wirsprechen unterschiedliche Sprachen. Ichrede im Soul, Funk, Rock und R&B –und sie im Jazz. Sie hat sich in all denJahren bei Lenny nie wirklich angepasst.Das war sicherlich auch ein Grund fürden Wechsel. Sie hatte den Vorteil desguten Aussehens, aber das scheint mitt-lerweile nicht mehr so wichtig. Lennywollte wieder grooveorientierter arbei-ten, mit mehr Dynamik. Aber mehrmöchte und kann ich zu diesem Themaauch kaum sagen.«

Wie sehen denn eure Zukunftsplänemit Lenny Kravitz überhaupt aus,wenn es welche gibt?»Lennys Plan ist es, in den nächsten

Jahren möglichst viele Konzerte zu ge-ben. Wir haben ja in 2004 lediglich sechsMonate gespielt, und da setzen wir nunden Tourplan fort. Es gibt noch vieleLänder, wo wir nicht waren. Die gilt esnun zu beackern. Zwischendurch sind

immer wieder längere Pausen geplant,und mehr als sechs, sieben Wochen wer-de ich wohl nie am Stück von zu Hausefort sein. Dann soll jedes Jahr ein neuesAlbum erscheinen und soviel ich weiß,sind zwei davon schon nahezu kompletteingespielt. Es gibt zudem seit kurzemden Plan, vielleicht auch ein Album mitder Band einzuspielen, live oder imStudio. Lenny fühlt sich in dieser Beset-zung extrem wohl und möchte dieseEnergie einfangen. Aber das ist nochnicht spruchreif und wäre etwas wirklichNeues für ihn selbst, der sonst immeralles alleine macht – und es genießt, sozu arbeiten.«

Du erwähntest vorhin ein neuesBuch.»Daran arbeite ich zusammen mit

Danny Glass von der Royal Crown Re-vue Swing Band. Es geht um die An-fangstage des Schlagzeugs bis hin zumRock'n'Roll, Rockabilly und Countrysowie den Zeiten von Gene Krupa und

Musiker zu sein bedeutet, viel harte Arbeit auf sich zu nehmen

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Show – dazu gehört eben ein solches Kit.Und jetzt habe ich noch mehr Respektvor all den Maniacs, die mit zwei Bas-sdrums wirklich umgehen können undihre Möglichkeiten voll ausschöpfen. Ichhöre wieder meine alten Cobham-Plat-ten, jedoch intensiver als dies früher derFall war.«

Was hörst du denn überhaupt fürMusik? Ich weiß, dass du ein absoluterMusik-Fanatiker bist. Als wir vor dreiJahren in Montreal waren, hast du allePlattenläden mit mir durchstöbert.Gibt es bestimmte Platten, CDs etc.,die du immer wieder einlegst?»Du sagst es ja schon: Ich bin ein

Fanatiker und habe weit über 6000 CDssowie unglaublich viele DVDs. Ich sau-ge alles auf und analysiere die Musik.Im Januar habe ich zum Beispiel nur»The Who« gehört, danach war es »Cur-tis Mayfield«. Nachdem wir in Spaniengetourt sind, habe ich mich mit Flamen-co-Musik eingedeckt und arbeite andieser Rhythmik. Ich liebe einfach Mu-sik und werde mich wohl nie festlegen.Gestern habe ich in Frankfurt eine CDgefunden, die zwar schon in den 60erJahren produziert wurde, oder waren esdie 70er?! Aber sie ist jedenfalls erstjetzt erschienen: »James Brown & TheLouie Bellson Big Band«. Ich konnte

mir nicht vorstellen, dass die mal waszusammen gemacht haben, doch esklingt großartig. Die Arrangements sindsuper, und die Musik ebenso. Ansonstenzählen James Brown – Roots of a revolu-tion, George Benson – Weekend in LA,Rufus – Streetplayer, The Crusaders –Images und The Billy Cobham/GeorgeDuke Band – Live on Tour in Europe zumeinen Favoriten. Fünf Alben, die ichimmer wieder rauskrame, wenn ich län-gere Zeit unterwegs bin.«

Liest du auch viel oder hast du dazukaum noch Zeit?»Schon, aber meist sind es christliche

Bücher, wie zurzeit »Faith & Confessi-on«. Es geht darum, wie man seinenGlauben für sich nutzen kann oder wienegative Sprache die Menschen beein-flussen kann. Ein äußerst anregendesBuch, das dich dazu bringt, mehr überdas nachzudenken, was man so tageintagaus von sich gibt. Mir wurde klar, wieviele Leute eigentlich nur negativeÄußerungen zum Leben machen, ständigunzufrieden mit sich und der Welt sind.Das habe ich versucht, für mich zu än-dern, wobei ich ohnehin nicht viele Pro-bleme in dieser Richtung hatte und habe.Ich erziehe meine Kinder so und binselbst ein extrem positiver Mensch mitgroßem Optimismus. Ich bin mit sieben

Geschwistern aufgewachsen in einemarmen Vorort von Los Angeles, dabraucht man Glauben und Optimismus.Ich lebe gut – und alles, was Gott mirdarüber hinaus ermöglicht, sehe ich alsGeschenk und nicht als Selbstverständ-lichkeit an. Das erleichtert das Lebenmanchmal schon. Daher lese ich auchhäufig in der Bibel – oder natürlich auchin Büchern über Musik, Biografien usw.– um jetzt nicht alle Leser ganz abzu-schrecken.«

Dein Glauben ist dir aber schonwichtig, und du bist einer der wenigenSchlagzeuger, die vor Gigs beten, wieich es damals in Montreal beobachtenkonnte?»Oh ja, das ist für mich etwas Norma-

les, und mein Glauben ist immer meinMittelpunkt im Leben. In den letztenJahren habe ich viel über mich gelernt.Alles, was ich mache, ist nicht so wich-tig wie das, woran ich glaube. Wenn manin den Charts ist, ist man kein bessererMensch als jemand, der das nicht schafft.Der Glauben ist mir wichtiger als dieArbeit, und meine Familie ist mir eben-falls wichtiger als alles drum herum. Ichbin sicherlich kein perfekter Mensch,sonst wäre ich ja kein Christ. Und dasGute am Glauben ist: Lenny ist genausowie ich, und wir beten gemeinsam vorjeder Show. Wir sind uns bewusst dar-über, wie gut es uns geht und möchtenGott dafür danken, dass er uns klar ge-macht hat, welche Talente in unsschlummern, dass wir sie erkannt habenund entsprechend nutzen. Daher kann

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Mein Leben macht michglücklich und dankbar

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ich Lob nur aus der Sicht sehen, dass esmir gelungen ist, meine Talente vollauszuschöpfen. Dafür danke ich Gotttäglich. Daher ist eine Titelstory in ei-nem Schlagzeug-Magazin auch nichtwichtig für mein Ego. Ich bin sehr stolzdarauf – sicher, aber es ist eher etwas fürspäter, um den Kids mal zu zeigen, wasihr Dad früher so gemacht hat.«

Du bist ein so ausgeglichenerMensch. Was wäre aus dir geworden,wenn du die Musik und das Schlagzeugnicht für dich entdeckt hättest?»Ich denke, ich wäre Farmer geworden

mit einer großen Hühnerzucht. MeineMutter ist mit uns Kindern von Los An-geles nach Oregon gezogen, als wir allenoch recht jung waren. Mit fünfzehn

Jahren habe ich dann Hunde gezüchtet,und später hatte ich eine Hühnerfarm mitüber siebenhundert Stück Federvieh.Leider haben sich die Hunde und dieHühner nicht so gut vertragen, was meinBusiness letztendlich über Nacht ruinier-te. Aber ich habe schon immer alles mitviele Akribie betrieben, eben »Sekt oderSelters« – egal, was es war. Daher könn-te ich auch behaupten »I was the realForrest Gump«, denn in gewissen Ab-schnitten ähneln sich unsere Lebensläu-fe.«

Gibt es Stücke, die du als Inspirationfür Schlagzeuger empfehlen würdestund die du als »dein« Spiel empfindestbzw. als perfekte Interpretation deiner-seits?»Da muss ich überlegen, vieles davon

ist nämlich schon länger her, wenngleichauch nicht so alt wie meine Lieblings-CDs. Sicherlich gehört die Drum CareDrum Loop CD dazu – und die ist janoch recht neu. Ansonsten gäbe es nochzwei Titel von Lenny, »What GoesAround Comes Around« von der »MamaSaid«-CD und »Cold Turkey« – eineSingle, die 1990 nur in Europa erschien.Dann »Natural High« von Vanessa Para-dis' Livealbum und »Roni« von BobbyBrown aus dem Jahr 1989. Und natürlichein Song von meiner Funky Drummer-CD »Love Land«. Ich denke, das sindfünf Stücke, die meinen Stil am bestenzeigen.«

Du gibst ja auch Motivationsstundenbzw. Informationen übers Internet bzw.per Telefon gegen Bezahlung weiter?»Das ist noch relativ neu: Man kann

eine bestimmte Zeit buchen über meineWebseite, die ich dann zur Verfügungstehe. Das nennt sich »Insider-Session«.Ich habe schon Leute gehabt, die sichnach der Stunde bewusst waren, dass ichsie zwar vom Dasein als Musiker befreit,sie aber dafür auf den richtigen Weggebracht habe. Viele Menschen wissen

nicht, wie viel Arbeit es sein kann, alsMusiker zu überleben bzw. ein angeneh-mes Leben zu führen. Hinzu kommt,dass viele nicht bereit sind, überhauptetwas für ihre Karriere zu investieren.Ich habe immer schon CDs gekauft, auchals ich noch wenig Geld hatte. Wennman etwas wirklich will und es gut ma-chen will, muss man auch etwas investie-

ren – das verstehen viele nicht. Denen isteine Unterrichtsstunde von beispielswei-se 50 Dollar zu teuer, aber sie kaufenSchuhe für zweihundert Dollar. Um seinTalent wirklich erfolgreich zu fördern,muss man Zeit, Geld und Energie inve-stieren. Wer das nicht akzeptiert, wird esauch nicht schaffen. Und dies sowieviele andere Dinge bespreche ich bei denso genannten »Insider-Sessions«, die mirauch einen gewissen Abstand ermögli-chen, meine Freizeit so zu gestalten, dasssie nicht nur mit meinem Business zu-sammenhängt.«

Wie ist deine generelle Einstellung zuPro Tools, Sample Sounds oder Remi-xes ?»Ich denke, das sind die heutigen

Zeiten – da hat sich vieles geändert. Ichsehe solche Dinge nicht sehr persönlich.Wenn ein Produzent meint, er müsse dieSounds ändern, Samples nutzen usw. –fein: Ich habe nichts dagegen. In denmeisten Fällen bin ich doch »nur« derDrummer und bediene ein Produkt, ei-nen Künstler usw. Das ist auch etwas,was man in diesem Business schnelllernen sollte. Im Studio bist du eigentlichnur jemand, der eine Dienstleistungabgibt, nicht mehr und nicht weniger. Dakann ich nicht erwarten, dass sich allesnach mir richtet. Bei meiner Solo-CDwar es anders, aber da bezahle »ich«auch die Musik und daher klingt sie so,wie ich es mir vorgestellt habe. Wennman als Musiker bei solchen Dingenimmer nur gegen den Strom schwimmt,wird man sich mit der Zeit aufreiben –und das ist nicht besonders gut für dieKreativität. Daher sehe ich solche Dingeschon recht gelassen. Natürlich leidet dieMusikindustrie auch gleichzeitig unterdiesen Sachen und es gibt A&Rs, die direrklären, dass sie auf der CD keineSingle hören, ohne überhaupt auch nureinen Funken von Musikverstand zubesitzen. Aber auch das sind die moder-nen Zeiten; und die lassen sich nicht

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Ich werde immer an unterschiedlichen Projektenarbeiten, »man kann ja nie wissen . . . «

wirklich aufhalten. Da muss jeder sehen,wie er besteht. Ich denke, es ist immernoch genügend Platz für gute Musik, fürMusiker, die ihre Instrumente beherr-schen und auch bei Konzerten zu über-zeugen wissen. Und genau die werdenletztendlich in dieser Sparte überleben.Das denke ich zumindest – und damitstehe ich nicht alleine da. Miles Davishat schon gesagt »The cream alwayscomes to the top« und ich glaube, daranhat sich nichts geändert. All diese Drum-computer haben das Schlagzeug nicht»wirklich« verdrängt, und das Internethat nicht alle Zeitschriften in den Kon-kurs geführt. All die Typen, die jetzt dasniedrige Niveau der Musikindustriebeherrschen, werden es nicht schaffen,die Musik ganz zu vernichten. Natürlichgibt es nicht mehr so viel Arbeit im Stu-dio, Konzerte sind schlechter besuchtund Radiostationen halten sich mit guterMusik auch sehr bedeckt. Aber vieleLeute haben noch ein gutes Ohr für guteMusik – und da ich Optimist bin, denkeich, das wird uns helfen.«

Das könnte doch ein wirklich gutesSchlusswort zum Ende unseresGesprächs sein. Wer mehr Infos zu Zorohaben möchte, ihn vielleicht auch malfür eine Insider-Session buchen will,kann das über seine Internetseite tun.Infos zu seinem Equipment, das erwährend der »Baptism«-Tour benutzthat, findet ihr im Equipment-Kasten –und alles Weitere zu seinem Equipmentfindet ihr ebenfalls auf seiner Webseite.

Text & FotosHeinz Kronberger

CDs, Videos, Laser Discs & DVDs &Drum Loop Software, die von undüber Zoro erhältlich ist und ihn ambesten repräsentieren:Lenny Kravitz – Mama Said (VirginRecords)Lenny Kravitz – Cold Turkey (Euro-pean release only – Import)Vanessa Paradis – Vanessa ParadisLive At The Olympia In Paris (Re-mark Records – Import)The New Edition – Christmas AllOver The World (MCA Records)Al McKay All Stars – Al Dente (AlMcKay of Earth, Wind & Fire) Zoro – The Funky Drummer Bobby Brown – His Prerogative(MCA Records)The World’s Greatest Artists SingLennon: A Tribute: With Lenny Kra-vitz (Sony Music)Lenny Kravitz – Lenny Kravitz VideoRetrospective (Virgin Vision/Pioneer)Zoro – The Commandments of R&BDrumming: (DVD) (Warner Bros.Publications)Vanessa Paradis – Video Collectionwww.DrumCore.com – Loop SampleLibrary

RECORDING

Weitere Infos gibt es zudem auf:www.zorothedrummer.com

INTERNET

Zoro

ZORO’S – »BAPTISM« TOUR SET-UPDrumset: DW – Red Sparkle mit 24K-Gold Hardware6.5˝ x 14˝ Brass Snaredrum mitPuresound SpiralteppichToms in 12˝ x 9˝, 13˝ x 10˝ und 14˝ x11˝ sowie 16˝ x 16˝ Standtom, zweiBassdrums in 20˝ x 16˝Cymbals: Sabian 14” HHX GrooveHats, 20” HH Thin Crash, 20” Satu-ration Crash, 21” HHX Groove Ride,52” Sabian GongHardware & Pedale: komplett DW –24 Karat Gold Plated! Delta 5500THHiHat sowie zwei Delta 5000 AHAccelerator PedaleSticks: Vic Firth ZORO SIGNATUREMODELFelle: Evans G2 Coated auf der Sna-redrum mit Hazy 300 Resofell, G2Coated auf allen Toms mit G1Coa-ted als Resos,G1Coated auf der Bassdrum mit EQ- 3 Frontfellen und 5˝ Resonanzöff-nungen, Evans Mini Mads für Snareund Toms sowie Evans – EQ Padsfür die BassdrumMikrofone regulär von Audix / MayInternalD1 - Snare, D2 & D4 - Toms, D6 -Bassdrum, SCX –1 HC HiHat,SCX – 1C OverheadsPercussion: Latin PercussionCongas, Bongos, Mini-Timbales,Mambo Cowbell sowie Jam BlocksIn Ear Monitor von Future Sonics,Cases von SKB,Click Track/Metronome: YamahaClick StationBass Drum Beater: Zoro DanmarSignature sowie weiteres Zubehörwie Quickstix Stick Holder, Pureso-und Spiralteppiche und Grip PeddlerBel ag für die Trittflächen aller Pedale.

EQUIPMENT