04-Rechtliche Rahmenbedingungen in Italien im Vergleich zu Deutschland … · Italien im Vergleich...
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Dr. Michael Buse
Rechtsanwalt u. Avvocato
„Rechtliche Rahmenbedingungen in
Italien im Vergleich zu Deutschland“
5. Internationaler Deutscher Steuerberaterkongress – Italien 2010
Florenz, 30. September und 1. Oktober 2010
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Individualismus gegen Gemeinsinn
das Prinzip von Treu und Glauben bestimmt nur Art und Weise der (vertraglich) geschuldeten Leistung, ist aber darüber hinaus kein das gesamte Rechtsleben beherrschender Grundsatz, z.B.:
• kein hypothetischer Parteiwille („als redliche Parteien nach Treu und Glauben vereinbart“)
• kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben (Vorsicht: Art. 31 Absatz 2 EGBGB, 10 Absatz 2 Rom I-VO)
• keine Inhaltsprüfung von AGB (§ 307 BGB: „unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben“)
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kulturell höhere Gewaltakzeptanzim traditionell gewalttätigeren Italien
rigides staatliches Gewaltmonopol, z.B. • Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen des privaten
Notwehrrechts (vgl. Art. 2044 Cod. Civ, 52 Cod. Pen. §§ 227 ff BGB, 32 StGB);
• Notstand nur zur Abwehr drohender schwerer Gefahren für Leib und Leben (Art. 2045 Cod. Civ., § 228BGB), keine Selbsthilfe (§ 229 BGB), kein Jedermann-Recht der vorläufigen Festnahme (§ 127 Absatz 1 Satz 1 StPO);
• kein allgemeines (§ 273 BGB) und kein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht (§ 369 HGB);
• „Rausschmeißer“
Streitsüchtigkeit4.800 Rechtsstreite je 100.000 Einwohner
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organisiertes Verbrechen und Korruption
• Antimafiagesetzgebung
• Geldwäsche: Besitz von Bargeld bis 4.999,99 Euro, ab 5.000 Euro grundsätzlich nur Rektaschecks
• Transparenz
Nach Einführung des automatisierten Verfahrens zur Einreichung der Jahresabschlüsse durch das EHUG zum 1. Januar 2007 war die Zahl der Ordnungsgeldverfahren gegen börsennotierte Gesellschaften „erstaunlich hoch“, bei den rund 500.000 nicht börsennotierte Unternehmen war rund die Hälfte betroffen
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Bereitschaft zu Leistung und Entbehrungen gegen Ausbildung
• „Existenzminimum“ bedürftigkeitsabhängige Grundsicherung für Erwerbsfähige –„Minimo vitale“ nur für Rentner und Nichterwerbsfähige
• Sicherheit am Arbeitsplatz
• Sonn- und Feiertagsarbeit
• im Straßenverkehr ist mit unvorhersehbaren Regelwidrigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer zu rechnen
• Verbot von Autoreparaturen in Heimarbeit
• Ciocca, Ricchi per sempre?, Bollati Boringhieri, 2007, S. 26
• Gesetz Nr. 122 vom 5. Februar 1992
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Vertragsfreiheit
• Vertragsfreiheit gehört zu den grundlegenden Prinzipien unserer Rechtsordnung und ist als Teil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (GG Art. 21) verfassungsrechtlich gewährleistet
• Secondo la giurisprudenza costante di questa Corte, l’autonomia contrattuale dei singoli è tutelata a livello di costituzione solo indirettamente, in quanto strumento di esercizio di libertà costituzionalmente garantite
Beispiel: prestito ipotecario vitalizio (lifetime mortages) eingeführt durch Art. 11 legge finanziaria 2005
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Pessimistisch und tollerant gegen optimistisch und intollerant
aufklärerisches Kodizidenken, Rechtspositivismus – wirtschaftliche Betrachtungsweise und Interessenjurisprudenz;
„nach der zur Zeit bei dem Kassationsgerichtshof vorherrschenden Rechtsprechung“ und widersprechende Urteile in ein und demselben Fall -ständige Rechtsprechung des BGH
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zum abstrakten Denken neigende Natur der Deutschen
Juristenausbildung
Staatsexamen – Laurea
Fallösungstechnik
Rechtssprache
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ausufernde Gesetzgebung
– Italien rund 21.700 staatliche Gesetze und 70.000 Rechtsverordnungen zuzüglich 25.000 regionale Gesetze – Deutschland weniger als 10.000
– Finanzierbarkeit-Durchsetzbarkeit?
– Notstandsgesetze
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„Bambini Mamoni“Kassationsgerichtshof Urteil vom 22. April 2009 Nr. 9556: „i doveri di cui all’art. 147 c.c., sono di natura inderogabile e finalizzati a correggere
comportamenti non corretti e, quindi, meritevoli di costante opera educativa, onde realizzare una personalità equilibrata, consapevole della relazionalità della propria esistenza e della protezione della propria ed altrui persona da ogni accadimento consapevolmente illecito.”
BGH Urteil vom 24. März 2009: „Normal entwickelte Kinder im Alter von fast fünf einhalb Jahren können zwar eine
gewisse Zeit ohne unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit und Aufsicht gelassen werden. Zu ihrer Entwicklung gehört die Möglichkeit zum Aufenthalt und Spielen im Freien, ohne dass sie auf „Schritt und Tritt“ zu beaufsichtigen sind. Daher gesteht die Rechtsprechung Kindern ab einem Alter von vier Jahren einen Freiraum zu, wobei allerdings eine regelmäßige Kontrolle in kurzen Zeitabständen für erforderlich gehalten wird“.
BGH Urteil vom 24. März 2009: „Kinder im Alter von sieben bis acht Jahren legen in der Regel den Schulweg allein
zurück“.
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Verfassung
• GG Präambel
Staatsgerichtete Abwehrrechte• GG Art. 1
Costituzione parte prima: Diritti e doveri dei cittadini
Bundesstaat• GG Art. 20
• ZentralstaatArt. 1 und 114 Cost.
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Bundestag
• GG Art. 38
Bundesrat
• GG Art. 51
„Il Parlamento si compone della Camera dei deputati e del Senato della Repubbblica” Art. 55 Cost.
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Bundespräsident
• GG Art. 54
Presidente della Repubblica
• Art. 83ff Cost.
Kammer, Senat, 3 Delegierte je Region
Amtsdauer 7 Jahre
Passives Wahlrecht 50 Jahre
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Bundeskanzler
• GG Art. 63ff
Art. 92ff Cost.
• Il Presidente del Consiglio dei Ministri dirige la politica generale del Governo e ne è responsabile.
Mantiene l’unità di indirizzo politico ed amministrativo, promuovendo e coordinando l’attività dei ministri (Art. 95)
• Il Governo deve avere la fiducia delle due Camere. Ciascuna Camera accorda o revoca la fiducia mediante mozione motivata e votata per appello nominale (Art. 94)
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Länder
• GG Art. 70
Regioni
• Art. 114
La Regione è costituita dai Comuni, dalle Province, dalle Città metropolitane, dalle Regioni e dallo Stato
• Art. 117 legislazione esclusiva dello Stato, concorrente, delle Regioni
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Verfassungsbeschwerde
• GG Art. 93
Referendum abrogativo
• Art. 75 Cost.
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Judikative
• der Exekutive gleichgeordnet oder untergeordnet? Richterstaat?
• Selbstverwaltung der Gerichte und der Staatsanwaltschaft: Consiglio superiore della Magistratura – Justizminister als Dienstherren
• „Es geht also nicht darum, was der Gesetzgeber – wer immer das sein mag – beim Erlaß des Gesetzes „gedacht hat“, sondern darum, was er vernünftigerweise gedacht haben sollte“
• Methoden dienen nicht dazu, Entscheidungen zu fällen sondern zu begründen
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Gerichtsaufbau
Giudice di Pace – Amtsgericht
Tribunale – Landgericht
Corte d’Appello - Oberlandesgericht
Kassationsgerichtshof - BGH, BFH, BAG BSG
Corte Costituzionale - BVerfG
Kassations- gegen Revisionsverfahren
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anhängige Verfahren :
• Zivilgerichte insgesamt 5.265.000 gegen 1.908.000
• Strafverfahren insgesamt 3.271.000 gegen 955.000
• Gesamtkosten Justiz 8.000.000.000 gegen …
• Anträge auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer: 30.000
• Kassationsgerichtshof 100.609 - BGH 3.877, BFH 5.998, BAG 1.717 und BGB 1.286
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Verfahrensdauer
• Kassationsgerichtshof durchschnittlich 37 Monate, BGH gut die Hälfte aller Verfahren innerhalb eines Jahres, BAG sechs Monate
• Forderungsbeitreibung Italien bei Unternehmen Vergleichsquote ⅓, Verzicht auf 36% der Forderung 1.210 Tage – Deutschland 394
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Verhältnis Staat Kirch
• Kruzifix-Beschluss BVerfG 16. Mai 1995 - EGMR 3. November 2009
• Konkordat und Annullierung
• “Die kirchliche und weltlichen Obrigkeiten Italiens aber nehmen diese volkstümliche Religiosität meist als bizarren, beklagenswerten, seltener als bekämpfungswürdigen Aberglauben wahr – zu tief erscheint ihnen die Kluft zwischen der allein der Vernunft fähigen Elite und dem Volk und seiner animalischen, instinkt- und triebhaften Existenz. Dieses ganz besondere Nicht-ernst- oder doch zumindest Nicht-für-bare-Münze-Nehmen aufgrund humanistischer Prägungen …“
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Wirtschaftsverfassung
Italienische Verfassung: Grundfreiheiten und umfassende Planwirtschaft, Artt 35 ff., 41, 42 Absatz 3, 43 - GG keine bestimmte Wirtschaftsordnung (BVerfG)
Cod. Civ. Starker staatlicher Einfluß - BGB: liberale Grundhaltung, Freiheit und Gleichheit aller Bürger. Beschränkung des Staatseinflusses auf das unumgängliche Minimum
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Handelsrecht
HGB – Codice del commercio im Codice Civile aufgegangenKaufmann• HGB § 1„(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. (2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach
Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
ImprenditoreArt. 2082 Codice CivileÈ imprenditore chi esercita professionalmente un’attività economica organizzata al fine
della produzione o dello scambio di beni o di servizi.Art. 2195 Codice CivileSono soggetti all’obbligo dell’iscrizione nel registro delle imprese gli imprenditori che
esercitano …CC 1942
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Prokura
• HGB § 49
„(1) Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.
(2) Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist.“
Institore Art. 2203ff Codice Civile
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Insichgeschäft
• BGB § 181
„Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.“
Art. 1395 Codice Civile „ … autorizzato specificamente …”
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Jahresabschluß
HGB §§ 242, 264 Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Lagebericht
Bilancio: stato patrimoniale, conto economico, relazione sulla gestione, nota integrativa (Art. 2423ff Codice Civile)
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Gesellschaftsrecht
Art. 2247 esercizio in comune di un’attività economica allo scopo di dividerne gli utili:
• Geschäftsgegenstand muss auf Betrieb eines Gewerbes ausgerichtet sein
• Verbot des Patto leonino
divieto del patto leonino
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Rechtsformen
Kapitalgesellschaften• società per azioni (SpA) – Aktiengesellschaft (AG)• società a responsabilità limitata (SrL) – Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbH• società in accomandita per azioni (SapA) – KGaA• GmbH & Co KG• SE
Personengesellschaften• società semplice – offene Handelsgesellschaft OHG• società in nome collettivo snc – offene Handelsgesellschaft OHG• società in accomandita semplice sas – Kommanditgesellschaft KG• associazione in partecipazione – stille Gesellschaft
ATI associazione temporanea d’impresa ist keine Gesellschaft .
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GmbHKapitalaufbringung und -beschaffung• Stammkapital 10.000 €• Einzahlung in Höhe von 25% der Bareinlage zuzüglich Agio auf Sperrkonto• Ersatz durch Bürgschaft einer Bank oder Versicherer• Einlagefähig alle einer Bewertung zugänglichen Vermögensgegenstände
einschließlich Dienstleistungen bei Absicherung durch Bank- oder Versicherungsbürgschaft oder Kaution
• Wirtschaftliche Neugründung einer Mantel-GmbH unproblematisch• Einmanngründung Volleinzahlung und Publizität• Möglichkeit zur Kapitalerhöhung im Wege des genehmigten Kapitals• Möglichkeit zur Ausgabe von Schuldverschreibungen an institutionelle
Anleger, die bei Weiterveräußerung an nicht gewerbliche Anlieger für die Bonität haften
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Kapitalerhaltung
• Bei Verlust über ⅓ des Stammkapitals Einberufung der Gesellschafterversammlung (Art. 2482-bis Codice Civile) und, wenn hierdurch gesetzliches Mindestkapital unterschritten wird, Kapitalerhöhung oder Umwandlung (Art. 2482-ter Codice Civile) sonst Auflösung (Art. 2484 Codice Civile)
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Gesellschafterdarlehen
Art. 2467 Codice Civile
Rangrücktritt oder Pflicht zur erneuten Zurverfügungstellung, wenn Rückzahlung in dem der Konkurseröffnung vorangehenden Jahr erfolgt ist,
soweit
Finanzierung gewährt wurde bei übermäßiger Verschuldung oder wenn Zuführung von Eigenkapital angemessen gewesen wäre.
Analoge Anwendung auf AG?
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Auskunftsanspruch
• Gesellschafter, die von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind, haben gegenüber den Geschäftsführern Anspruch auf umfassende jederzeitige Auskunft und Einsichtin Bücher und Geschäftsunterlagen
• Hinzuziehung von Freiberufler
• Abschriften
• Beschränkung durch Treu und Glauben, Verbot des Rechtsmißbrauchs konkrete Gefahr von Nachteilen
• Geheimhaltungsinteresse (str.)
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Gesellschafterrechte (1/2)
weitgehende Satzungsautonomie
Kernkompetenzen, insbesondere
• Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer und Prüfer
• Satzungsänderungen
• Grundlagengeschäfte
• Beschlusserzwingung durch Minderheit (⅓) oder einen Geschäftsführer
Gesellschaftersonderrechte z.B.
• Abweichende Gewinnverteilung
• Geschäftsführerbestellung
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Gesellschafterrechte (2/2)
Beschlussfassung
• in Sitzungen oder
• im Umlaufverfahren, oder
• per Telephon- und Videokonferenz
Teilnahme der Geschäftsführer an Sitzungen der Gesellschafterversammlung
Universalversammlung nicht ohne Teilnahme oder (stillschweigende) Zustimmung der Geschäftsführer und Prüfer
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AustrittsrechteArt. 2437ff, 2497-quater, 2355-bis Codice Civile zwingend:• Änderung des Geschäftsgegenstands oder der Rechtsform• Verschmelzung oder Spaltung• Sitzverlegung ins Ausland• Fortsetzung der Gesellschaft nach Auflösung• Beseitigung satzungsmäßiger Austrittsrechte• Vornahme von Geschäften, die eine wesentliche Änderung des
satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands bewirken• Satzungsänderungen betreffend Gewinnverteilung und Sonderrechte• Bei unbefristeter Gesellschaftsdauer unter Einhaltung einer Frist von mind.
180 und höchstens 360 Tagen• Konzernrechtliche Gründe• Zustimmungsvorbehalte für Aktienübertragungen
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Geschäftsführer• Gesellschafter und - bei Satzungsbestimmung - Nichtgesellschafter• Einzel- oder Gesamtgeschäftsführung und –vertretung oder Kollegialorgan• zwingende Zuständigkeit: Entwurf des JA, Spaltungs- und Verschmelzungsplan• schriftliche Beschlußfassung möglich• Bestellung durch Gesellschafterjederzeitige Abberufung durch Gesellschafter (evtl. Schadensersatz)durch Minderheitsgesellschafter im Weg der Haftungsklage,• Amtsniederlegung, allerdings Prorogation • Grundsätzlich besteht ein Vergütungsanspruch• Geschäftsführeranstellungsvertrag?• Vertretungsmacht im Außenverhältnis unbeschränkbar• keine Weisungsgebundenheit• Weitgehende Satzungsautonomie• Dual- und monistisches System?• Tel-Videokonferenz• Eilantrag? Abberufungsklage?
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Geschäftsführerhaftung
Haftung
• aus Verletzung gesetzlicher oder satzungsmäßiger Pflichten
• kaufmännische Sorgfalt
• widerstreitende Interessen
• verspätete Feststellung und Anmeldung der Auflösung
Gesamtschuld vorbehaltlich Entlastungsbeweis
• gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter, die vorsätzlich Schädigung beschlossen oder genehmigt haben
Klagebefugnis auch des Gesellschafters
gesetzliches Wettbewerbsverbot
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Übertragung von Geschäftsanteilen
• für Außenwirkung ist zumindest notarielle Beglaubigung (und Eintragung)erforderlich
• elektronische Signatur der Parteien und Einreichung durch StB ausreichend?
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Prüfung
„collegio sindacale“ – WP
• Stammkapital 120.000 €
• Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses
• Beherrschung einer Gesellschaft, die zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist
• Ausnahme kleine GmbH
Gerichtliche Sonderprüfung?
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AG
Gründung
Grundkapital mind. 120.000 €
Bareinlage Einzahlung mind. 25% sowie Agio, bei Einpersonengründung Volleinzahlung und Publizität, sonst Durchgriffshaftung (bei späterer Vereinigung aller Aktien in einer Hand Volleinzahlung und Publizität innerhalb 90 Tagen)
Wertgutachten ersatzweise insbes. vorhergehende Bilanzierung mit uneingeschränktem Testat oder Wertgutachten
Möglichkeit zur Erteilung besonderer, stimmrechtsloser Beteiligungsrechte für die Erbringer von Dienstleistungen
weitgehende Satzungsautonomie bei der Schaffung von Aktiengattungen
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Möglichkeit zur Bildung von zweckgebundenen Sondervermögen
Die Praxis hat hiervon kaum Gebrauch gemacht
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Gesellschafternebenabreden
Gegenstand
• Stimmrechtsausübung in AG oder in diese beherrschender Gesellschaft
• Einschränkung der freien Übertragbarkeit der Aktien oder der Anteile an beherrschender Gesellschaft
• Ausübung eines beherrschenden Einflusses auf AG
Höchstdauer fünf Jahre oder Recht zur Kündigung unter Einhaltung einer Frist von 180 Tagen
nicht klagbar, nur Schadensersatz (str.)
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Austrittsrechte (1/2)
zwingend:
• wesentliche Änderung des Geschäftsgegenstands
• Sitzverlegung ins Ausland
• Fortsetzung der Gesellschaft nach Auflösung
• Beseitigung fakultativer Austrittsrechte
• Änderung der Bewertungsmaßstäbe des Abfindungsanspruchs
• Satzungsänderungen betreffend Stimm- und Gattungsrechte
• bei unbefristeter Gesellschaftsdauer unter Einhaltung einer Frist von mind. 180 und höchstens 360 Tagen
• konzernrechtliche Gründe
• Zustimmungsvorbehalte für Aktienübertragungen
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Austrittsrechte (2/2)
fakultativ
• Verlängerung der Dauer
• Einführung oder Beseitigung von Beschränkungen der freien Übertragbarkeit der Aktien
• Satzungsmäßige Gründe
Abfindung
• (vorherige) Bewertung durch Vorstand nach Anhörung des Kontrollorganes
• zum tatsächlichen Wert
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Hauptversammlung
Ordentlich und außenordentlich je nach Verhandlungsgegenstand
Folgeversammlung bei Nichterreichen des konstitutiven Quorums
Universalversammlung erfordert die Anwesenheit der Mehrheit der Mitglieder des Leitungs- und des Kontrollorgans
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Beschlussanfechtung (1/2)
gegen rechtswidrige Beschlüsse innerhalb 90 Tagen, bei Nichtigkeit (keine Niederschrift, Unmöglichkeit oder Rechtswidrigkeit des Beschlussgegenstands) 3 Jahre
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Beschlussanfechtung (2/2)
Anfechtungsberechtigt sind
• Aktionäre, die mind. 5%, bei börsennotierten Gesellschaften 1‰ des Grundkapitals ausmachen (sonst allenfalls Schadensersatzansprüche)
• das Leitungs- und das Kontrollorgan
• gegen nichtige Beschlüsse jedermann, der ein Feststellungsinteresse nachgewiesen kann
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Leitungs- und Kontrollorgan (1/4)
Traditionelles SystemConsiglio di amministrazione o amministratore unico e collegio sindacale o revisore o
società di revisioneVorstand bzw. Alleinvorstand und Kontrollorgan oder Wirtschaftsprüfer oder
Prüfungsgesellschaft
oder
Monistisches SystemConsiglio di amministrazione con comitato di controllo e revisore o società di revisioneVorstand mit Kontrollausschuss und Wirtschaftsprüfer oder Prüfungsgesellschaft
oder …
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Leitungs- und Kontrollorgan (2/4)
Dualistisches System
Consiglio di sorveglianza o consiglio di sorveglianza e revisore o società di revisione
Aufsichtsrat, Vorstand, Wirtschaftsprüfer oder Prüfungsgesellschaft
Dualistisches System
Persönliche Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder, insbesondere:
• Mindestens ein Mitglied muss WP sein (revisore legale)
• Die Mitglieder dürfen in Ihrer Unabhängigkeit nicht durch Arbeits- oder Dienstverträge mit der Gesellschaft, von dieser abhängigen oder mit dieser unter einheitlicher Leitung stehenden Gesellschaften eingeschränkt sein
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Leitungs- und Kontrollorgan (3/4)Dualistisches SystemZuständigkeiten des Aufsichtsrates:• Bestellung und Abberufung des Vorstands• Feststellung Jahresabschluss• Überwachung der Rechtmäßigkeit der Tätigkeit sowie der Angemessenheit und
des Funktionierens der innerbetrieblichen Organisation• Erhebung von Schadensersatzklagen gegen Vorstände• Beantragung gerichtlicher Sonderprüfung• Berichterstattung an Hauptversammlung• Nur bei Satzungsbestimmung Genehmigung strategischer Geschäfte und
Unternehmensplanung
Problem: Einberechnung italienischer Mandate iSv § 101 Abs. 1 Nr. 1 AktG ?
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Leitungs- und Kontrollorgan (4/4)
Haftung
• Vorstand und Aufsichtsrat haften gesamtschuldnerisch
• business judgement rule gilt
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Regelungen der Vertretungsbefugnis
Zulässig und üblich sind:
• Ausschluss einzelner oder mehrerer Vorstandsmitglieder von der gesetzlichen Vertretungsbefugnis
• Beschränkung der Einzelvertretungsmacht eines Vorstandsmitglieds auf einen bestimmten Sachbereich
• Kollektivvertretung nur in bestimmten Angelegenheiten
• Beschränkung auf Maßnahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit („amministrazione ordinaria “) vergleichbar mit „Holzmüller“-Grundsätzen
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Interessenkonflikt
• Eigenes oder fremdes Interesse
• Vorabunterrichtung
• begründeter Vorstandsbeschluss
• Schaden
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Konzernrechtliche Haftung
Art, 2497ff Codice CivileBeherrschung• Vermutet bei Pflicht zur Konsolidierung, Mehrheitsbesitz, beherrschender
Einfluss Kraft, Stimmanteil oder Vertrag, aufgrund Satzungsbestimmungen• Verstoß gegen die Prinzipien ordnungsgemäßer Unternehmensführung• Haftungsentfall durch Nachteilausgleich• Verpflichtete sind beherrschendes Unternehmen, Handelnde, Begünstigte• Berechtigte sind Gesellschafter und Gesellschaftsgläubiger
PublizitätBegründung von Beschlüssen
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Unternehmenskauf (1/3)
Anteilskauf:• Deutschland: Der Erwerb einer gesellschaftlichen Beteiligungen steht dem
Erwerb des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens jedenfalls dann gleich, wenn die Beteiligung eine beherrschende Stellung vermittelt
• Italien: Erwerb hat Beteiligung zum Gegenstand.Betriebskauf:• Unternehmen ist Sachgesamtheit• Gewährleistungsansprüche bestehen hinsichtlich einzelner mangelhafter
Gegenstände allenfalls, wenn deswegen das Unternehmen insgesamt als mangelhaft anzusehen ist
• Vertragsverhältnisse gehen mit über. Auf das übernommene Vermögen beschränkte Haftung des Erwerbers für Steuerverbindlichkeiten und in den Buchhaltungsunterlagen ausgewiesene betriebliche Verbindlichkeiten
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Unternehmenskauf (2/3)
Legal due diligence
§ 442 BGB Unterlassen grob fahrlässig?
Art. 1491 Codice Civile: Gewährleistungsanschluss nur bei leicht erkennbaren Mängeln
Gewährleistungsvereinbarungen
Keine § 444 BGB vergleichbare Regelung
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Unternehmenskauf (3/3)
Verjährung § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB oder je nach mangelhaftem Gegenstand (Bauwerk 5 Jahre) Nachbesserung
Art. 1495 Abs. 3 Codice Civile Verjährung ein Jahr
Achtung: Frist nicht disponibel!
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Cash pooling
zivilrechtliche Zulässigkeit grundsätzlich unbedenklich
Beschlussfassung durch Leitungsorgane wird für erforderlich gehalten
keine veröffentlichte spezifische Rechtsprechung (Trib. Pistoia Urteil vom 17. Februar 2010: cash pooling ist kein Hinweis auf pool leader als AG)
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Verschmelzung (leveraged)
Der Erwerb der Tochtergesellschaft soll mit deren Vermögenswerten oder zukünftigen Erträgen finanziert werden:
• Verschmelzungsvertrag muss die Finanzmittel angeben, die für die Rückführung der Verbindlichkeiten der aufnehmenden Gesellschaft vorgesehen sind (Art. 2501 Abs. 2 Codice Civile)
• Verschmelzungsbericht muss angeben, aus welchen Gründen die Maßnahme erfolgt, und einen Wirtschafts- und Finanzplan, in dem auch die Finanzierungsquellen angegeben werden, sowie Beschreibung der verfolgten Ziele enthalten (Art. 2501 bis Abs. 3 Codice Civile)
• Prüfung durch Verschmelzungs- und Abschlussprüfer (Art. 2501 Abs. 5 Codice Civile)
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Handelsvertreter (1/5)
Pflichtversicherung
In Italien tätige Handelsvertreter sind pflichtversichert in dem italienischen Berufsversorgungswerk ENASARCO, Ente Nazionale Assistenza Agenti e Rappresentanti di Commercio (www.enasarco.it). Der Beitragssatz liegt aktuell bei einzelkaufmännischen oder in Personengesellschaften organisierten HV bei 13,50% max. rund 14.000,00 € pro Jahr und ist je zur Hälfte vom Unternehmer und vom Handelsvertreter zu tragen, für in Kapitalgesellschaften organisierte HV gelten andere Sätze:
bis 13.000.000,00 € 2%
bis 20.000.000,00 € 1%
bis 26.000.000,00 € 0,50%
bis 26.000.000,00 € 0,10%
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Handelsvertreter (2/5)
Eintragungspflicht früher in HV-Rolle heute besondere Abteilung des Handelsregisters
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Handelsvertreter (3/5)
Vereinbarung von Mindestumsätzen grundsätzlich auch in AGB möglich
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Handelsvertreter (4/5)
Ausgleichsanspruch
Europarechtlich vereinheitlicht (Verordnung 86/653/EWG)
Art. 1751 Codice Civile
• Vorteile des Unternehmens aus Geschäftsverbindungen mit neuen Kunden oder aus wesentlich erweiterter Geschäftsverbindung mit alten Kunden;
• Provisionsverluste des Handelsvertreters
• Billigkeit
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Handelsvertreter (5/5)
Verhältnis des gesetzlichen Abfindungsanspruchs zu TarifrechtArt. 1751 Codice Civile alt (bis 1991)
Ausgleich bemessen nach den während der Dauer des Vertrages gezahlten Provisionen in der tarifvertraglich geregelten Höhe
TarifrechtIndennità di risoluzione del rapporto (FIRR), in jedem Fall der Vertragsbeendigung geschuldet, Zahlung durch ENASARCO mit vom Unternehmer eingezahlten BeiträgenIndennità supplettiva di clientela bei nicht vom Handelsvertreter veranlasster Kündigung durch den Unternehmer zugleich zur Abgeltung des gesetzlich Ausgleichanspruchs (ex-ante Betrachtung)
EuGH 23.03.2006 C-465 und Kassationsgerichtshof 1.06.2009 Nr. 12724: es gilt das für den Handelsvertreter bei ex post Betrachtung günstigste Ergebnis!
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Einzelprobleme
1. Haftungsbeschränkungen
• Art. 1229 Absatz 1 Cod. Civ.: grundsätzlich nur für leichte Fahrlässigkeit des Schuldners - § 276 Absatz 3 BGB grundsätzlich bis Vorsatz (AGB kein Ausschluß für Körper und Gesundheitsschäden, für sonstige Schäden nur für den Fall der einfachen Fahrlässigkeit)
2. Verjährung
• Art. 2936 Cod. Civ.: generelle Unzulässigkeit von Vereinbarungen über die Verjährung - § 202 BGB: generelle Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Verjährung
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Arbeitsrecht
Arbeitsvertrag
• Eingruppierung
• Trattamento di Fine Rapporto (TFR): betagte Lohn- oder Gehaltsforderungen
• Abführung von Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträgen durch AG
• Rigider und formalistischer Kündigungsschutz
• Arbeitskampfrecht
“kalter Streik”
gewerkschaftsschädigendes Verhalten
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Dr. Michael Buse Rechtsanwalt und Avvocato
Jahrgang 1962, erstes Staatsexamen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 1986, zweites Staatsexamen Stuttgart 1989, Laurea in Giurisprudenza staatliche Universität Mailand 1995, Eignungsprüfung für Rechtsanwälte Rom 1995, Diplom im Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht private Wirtschaftsuniversität Bocconi Mailand 1995/1996, Master im Versicherungsrecht (wissenschaftliche Leitung Prof. Dr. Mario Bin) 2008/2009, wissenschaftlicher Assistent an der Universität Freiburg 1987 bis 1989, Doktorand bei Prof. Dr. Rainer Frank (Freiburg) und Prof. Dr. Francesco Denozza (Mailand), Promotion mit einer rechtsvergleichenden Arbeit zum Verschmelzungsrecht, zugelassen an allen italienischen Gerichten, allen deutschen Amts- und Landgerichten sowie dem Oberlandesgericht München. Mitglied der Anwaltskammern Mailand und München. Verschiedene Veröffentlichungen, Vorträge und Seminarleitungen, Schiedsrichtertätigkeit sowie Vizepräsident der Deutsch-Italienischen Handelskammer Mailand.
Sprachen: Deutsch, Italienisch und Englisch
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