08-Aus aller Welt_Mai 2009_US_Zeitungskrise

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8 WOCHENPOST 10. Mai 2009 AUS ALLER WELT US-Traditionsblättern droht reihenweise das Aus Gesucht: Mittel gegen das Zeitungssterben Das neue E-Lesegerät „Kindle DX“ soll die Existenzkrise der US-Zeitungskrise lindern. Foto: AFP Vereidigung: 33 Rekruten der Schweizer Garde legten in dieser Woche ihren Diensteid auf Papst Benedikt XVI. ab. Die Vereidigung findet alljährlich am 6. Mai statt. An diesem Tag im Mai 1527 fielen während der Plünderung in Rom (Sacco di Roma) 148 Schweizer Soldaten. Sie schafften es aber, für Papst Klemens VII. die Flucht zur Engelsburg freizukämpfen. Foto: AFP Papst Benedikt besucht Israel Operation „Weiße Soutane“ MAALE HAHAMISCHA Ein Groß- aufgebot aus rund 60.000 Sicher- heitskräften soll Papst Benedikt XVI. bei seiner bevorstehenden Israel-Reise schützen. Der Einsatz unter dem Arbeitstitel „Weiße Soutane“ werde aber so unauffäl- lig wie nur irgend möglich von- statten gehen, versicherte Poli- zeichef David Cohen in Jerusalem. Die Polizisten und Grenzschützer sollten im ganzen Land unterwegs sein, einige von ihnen auch in Zivil, erläuterte Cohen. Der Papst-Besuch vom morgigen Montag (11. Mai) bis Freitag sei ein „historisches“ Ereignis von großer Bedeutung für Israel und die Welt. Die Sicherheitsvorkehrungen seien ein „sehr komplexes“ Unterfangen, er gehe aber davon aus, dass es nicht zu Pannen komme. Fast die Hälfte der Sicherheitskräf- te - rund 28.000 - sind nach An- gaben von Polizeivertreter Aharon Franco allein für den Papst-Besuch in Jerusalem abgestellt. „Jerusa- lem ist ein sehr sensibler Ort, vor allem die Altstadt und der Ostteil“, sagte Franco. Benedikts Reisepro- gramm sieht unter anderem eine Fahrt durch die Altstadtgassen im Papamobil vor. Dabei sollen ihn seine eigenen Wachen und Israels Inlandsgeheimdienst Schin Beth schützen. Vom Gebrauch des Pa- pamobils in Nazareth wurde dem Papst indes abgeraten - der Schin Beth befürchtet Proteste radika- ler Palästinenser. Der Papst plant auch einen Abstecher in die Pa- lästinensergebiete, wo er am 13. Mai ein Flüchtlingslager und ein Kinderkrankenhaus in Bethlehem im Westjordanland besuchen will. AFP Von SILKE SANDKÖTTER Nachrichten und Informati- onen werden heute im Internet gesucht. Kostenlos, denn wer ist schon bereit, für Informationen zu zahlen? Darf man zahlreichen Studien - darunter auch einer Untersuchung der Annenberg School for Communication an der Universität von Südkalifor- nien (USC) – glauben, dann sind die wenigstens Leser bereit, für Informationen zu zahlen. Immer mehr von ihnen wenden sich nämlich von den traditionellen Printmedien ab. In den USA kämpfen zahlreiche renommier- te Tageszeitungen längst ums Überleben. Die Zahlen, die vom Zeitungsmarkt in den USA gemeldet werden, sind erschreckend: Um über sieben Pro- zent sind die Auflagen der fast 400 großen US-Tageszeitungen im ers- ten Quartal gesunken. Das Damok- lesschwert des „Zeitungssterbens“ schwebt über dem US-Zeitungs- markt. Und dieses Schwert hat auch bereits kräftig zugeschla- gen. Traditionsblätter in Denver und Seattle haben ihr Erscheinen eingestellt. In Detroit erscheinen beide „Tageszeitungen“ nur noch dreimal wöchentlich. Die New York Times musste ihr neues Gebäude (erst 2007 fertig gestellt) verkaufen, etliche Stel- len streichen und Gehälter kürzen. Dem traditionsreichen „Boston Globe“ droht nach fast 140 Jahren das Aus. In San Francisco wird es bald gar keine lokale Tageszeitung mehr geben. In Seattle erschien der „Seattle Post-Intelligencer“ Ende März zum letzten Mal. Und diese Liste ließe sich jetzt noch ohne Probleme fortsetzen. Die Tribune-Gruppe zu der der „Chica- go Tribune“ und die „Los Angeles Times“ gehören, meldete Ende des vergangenen Jahres Insolvenz an. Hintergrund der Zeitungskrise sind die sinkenden Anzeigenerlöse. Die Leser wandern zudem in Richtung Internet ab und erwarten die In- halte dort umsonst. Das trifft nicht nur die kleinen, sondern auch die großen Titel. Krampfhaft wird des- halb in den USA nach einem Heil- mittel für das große Zeitungsster- ben gesucht. Jetzt hoffen die Zeitungen auf eine Rettung in Form des elektronischen Presse-Lesegeräts Kindle DX, das in dieser Woche gemeinsam von Amazon und den Zeitungen „New York Times“ und „Washington Post“ vorgestellt wurde. Das soll nun die Lösung bringen. Doch das erscheint irgendwie wie ein hilfloser Hoffnungsschimmer. Wer bezahlt schon 370 Euro für ein Kindle, um anschließend auch noch einmal Geld für Zeitungsin- halte hinzublättern? Doch was ist die richtige Lösung? Der amerikanische Medienexperte Jeff Jarvis rät in einem in dieser Woche veröffentlichten Spiege- linterview, dass die Verlagshäuser sich der neuen Konkurrenz stellen müssen und mit Bloggern oder mit sozialen Netzwerkseiten aktiv zusammenarbeiten sollen. Sicher eine richtige Idee, aber trotzdem kann das auf Dauer nicht bedeu- ten, dass wir all unsere Informati- onen von Bloggern und Bürgerre- portern bekommen. Zugegeben, die machen ihre Aufgabe mitunter sehr gut, aber trotzdem ist ihre Ar- beit nicht mit Qualitätsjournalis- mus zu vergleichen. Journalismus mit vernünftigen Recherchen und einer Unabhängigkeit von Politik und Unternehmen kostet Geld. Und dieses Geld ist momentan in den US-Medien nicht vorhanden. Kürzlich habe ich gelesen, dass Walter Isaacson, Präsident des Aspen Instituts, vorschlägt, exis- tenzbedrohte Zeitungen durch eine Stiftungslösung zu retten. Und dieses Stiftungskapital soll auch vom Staat kommen. Geld vom Staat für eine Zeitung? Eine absolut absurde Idee.

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10. Mai 2009 bezahlt schon 370 Euro für ein Kindle, um anschließend auch noch einmal Geld für Zeitungsin- halte hinzublättern? Die New York Times musste ihr Das neue E-Lesegerät „Kindle DX“ soll die Existenzkrise der US-Zeitungskrise lindern. Foto: AFP Von SILKE SANDKÖTTER

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8 WOCHENPOST 10. Mai 2009A U S A L L E R W E LT

US-Traditionsblättern droht reihenweise das Aus

Gesucht: Mittel gegen das Zeitungssterben

Das neue E-Lesegerät „Kindle DX“ soll die Existenzkrise der US-Zeitungskrise lindern. Foto: AFP

Vereidigung: 33 Rekruten der Schweizer Garde legten in dieser Woche ihren Diensteid auf Papst Benedikt XVI. ab. Die Vereidigung findet alljährlich am 6. Mai statt. An diesem Tag im Mai 1527 fielen während der Plünderung in Rom (Sacco di Roma) 148 Schweizer Soldaten. Sie schafften es aber, für Papst Klemens VII. die Flucht zur Engelsburg freizukämpfen. Foto: AFP

Papst Benedikt besucht Israel

Operation „Weiße Soutane“ MAALE HAHAMISCHA Ein Groß-aufgebot aus rund 60.000 Sicher-heitskräften soll Papst Benedikt XVI. bei seiner bevorstehenden Israel-Reise schützen. Der Einsatz unter dem Arbeitstitel „Weiße Soutane“ werde aber so unauffäl-lig wie nur irgend möglich von-statten gehen, versicherte Poli-zeichef David Cohen in Jerusalem. Die Polizisten und Grenzschützer sollten im ganzen Land unterwegs sein, einige von ihnen auch in Zivil, erläuterte Cohen. Der Papst-Besuch vom morgigen Montag (11. Mai) bis Freitag sei ein „historisches“ Ereignis von großer Bedeutung für Israel und die Welt. Die Sicherheitsvorkehrungen seien ein „sehr komplexes“ Unterfangen, er gehe aber davon aus, dass es nicht zu Pannen komme. Fast die Hälfte der Sicherheitskräf-

te - rund 28.000 - sind nach An-gaben von Polizeivertreter Aharon Franco allein für den Papst-Besuch in Jerusalem abgestellt. „Jerusa-lem ist ein sehr sensibler Ort, vor allem die Altstadt und der Ostteil“, sagte Franco. Benedikts Reisepro-gramm sieht unter anderem eine Fahrt durch die Altstadtgassen im Papamobil vor. Dabei sollen ihn seine eigenen Wachen und Israels Inlandsgeheimdienst Schin Beth schützen. Vom Gebrauch des Pa-pamobils in Nazareth wurde dem Papst indes abgeraten - der Schin Beth befürchtet Proteste radika-ler Palästinenser. Der Papst plant auch einen Abstecher in die Pa-lästinensergebiete, wo er am 13. Mai ein Flüchtlingslager und ein Kinderkrankenhaus in Bethlehem im Westjordanland besuchen will. AFP

Von SILKE SANDKÖTTER

Nachrichten und Informati-onen werden heute im Internet gesucht. Kostenlos, denn wer ist schon bereit, für Informationen zu zahlen? Darf man zahlreichen Studien - darunter auch einer Untersuchung der Annenberg School for Communication an der Universität von Südkalifor-nien (USC) – glauben, dann sind die wenigstens Leser bereit, für Informationen zu zahlen. Immer mehr von ihnen wenden sich nämlich von den traditionellen Printmedien ab. In den USA kämpfen zahlreiche renommier-te Tageszeitungen längst ums Überleben.

Die Zahlen, die vom Zeitungsmarkt in den USA gemeldet werden, sind erschreckend: Um über sieben Pro-zent sind die Auflagen der fast 400 großen US-Tageszeitungen im ers-ten Quartal gesunken. Das Damok-lesschwert des „Zeitungssterbens“ schwebt über dem US-Zeitungs-markt. Und dieses Schwert hat auch bereits kräftig zugeschla-gen. Traditionsblätter in Denver und Seattle haben ihr Erscheinen eingestellt. In Detroit erscheinen beide „Tageszeitungen“ nur noch dreimal wöchentlich.

Die New York Times musste ihr

neues Gebäude (erst 2007 fertig gestellt) verkaufen, etliche Stel-len streichen und Gehälter kürzen. Dem traditionsreichen „Boston Globe“ droht nach fast 140 Jahren das Aus. In San Francisco wird es bald gar keine lokale Tageszeitung mehr geben. In Seattle erschien der „Seattle Post-Intelligencer“ Ende März zum letzten Mal. Und diese Liste ließe sich jetzt noch ohne Probleme fortsetzen. Die Tribune-Gruppe zu der der „Chica-go Tribune“ und die „Los Angeles Times“ gehören, meldete Ende des vergangenen Jahres Insolvenz an.

Hintergrund der Zeitungskrise sind die sinkenden Anzeigenerlöse. Die Leser wandern zudem in Richtung Internet ab und erwarten die In-halte dort umsonst. Das trifft nicht nur die kleinen, sondern auch die großen Titel. Krampfhaft wird des-halb in den USA nach einem Heil-mittel für das große Zeitungsster-ben gesucht.

Jetzt hoffen die Zeitungen auf eine Rettung in Form des elektronischen Presse-Lesegeräts Kindle DX, das in dieser Woche gemeinsam von Amazon und den Zeitungen „New York Times“ und „Washington Post“ vorgestellt wurde. Das soll nun die Lösung bringen. Doch das erscheint irgendwie wie ein hilfloser Hoffnungsschimmer. Wer

bezahlt schon 370 Euro für ein Kindle, um anschließend auch noch einmal Geld für Zeitungsin-halte hinzublättern?

Doch was ist die richtige Lösung? Der amerikanische Medienexperte Jeff Jarvis rät in einem in dieser Woche veröffentlichten Spiege-linterview, dass die Verlagshäuser sich der neuen Konkurrenz stellen müssen und mit Bloggern oder mit sozialen Netzwerkseiten aktiv zusammenarbeiten sollen. Sicher eine richtige Idee, aber trotzdem kann das auf Dauer nicht bedeu-ten, dass wir all unsere Informati-onen von Bloggern und Bürgerre-portern bekommen. Zugegeben, die machen ihre Aufgabe mitunter sehr gut, aber trotzdem ist ihre Ar-beit nicht mit Qualitätsjournalis-mus zu vergleichen. Journalismus mit vernünftigen Recherchen und einer Unabhängigkeit von Politik und Unternehmen kostet Geld. Und dieses Geld ist momentan in den US-Medien nicht vorhanden.

Kürzlich habe ich gelesen, dass Walter Isaacson, Präsident des Aspen Instituts, vorschlägt, exis-tenzbedrohte Zeitungen durch eine Stiftungslösung zu retten. Und dieses Stiftungskapital soll auch vom Staat kommen. Geld vom Staat für eine Zeitung? Eine absolut absurde Idee.