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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 1 1 Aussagenlogik Junktoren , z.B. , , ¬, , ,, Aussagenvariablen (Atome), z.B. p,q,r,s,... Definition 1 (induktiv) Die Menge (P ) aller (aussagenlogischen) Formeln mit Aussagenvariablen aus der Menge P ist definiert durch: 1. Alle Aussagenvariablen p P sind Formeln. (P (P )). 2. und sind Formeln. 3. Sind ein einstelliger Junktor und ϕ eine Formel, dann ist auch ϕ eine Formel. 4. Sind ein zweistelliger Junktor und ϕ und ψ Formeln, dann ist auch ϕ ψ eine Formel.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 1

1 AussagenlogikJunktoren , z.B. ∧,∨,¬,→,↔, t, f

Aussagenvariablen (Atome), z.B. p, q, r, s, . . .

Definition 1 (induktiv) Die Menge AL(P) aller (aussagenlogischen)

Formeln mit Aussagenvariablen aus der Menge P ist definiert durch:

1. Alle Aussagenvariablen p ∈ P sind Formeln. (P ⊆ AL(P)).

2. t und f sind Formeln.

3. Sind ∗ ein einstelliger Junktor und ϕ eine Formel,

dann ist auch ∗ϕ eine Formel.

4. Sind ∗ ein zweistelliger Junktor und ϕ und ψ Formeln,

dann ist auch ϕ ∗ψ eine Formel.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 2

Interpretation (für ϕ ∈ AL(P)) Zuordnung W : P → 0, 1.

Menge aller Interpretationen für Formeln ϕ ∈ AL(P)

W(P) = W : P → 0, 1 = 2P

Definition 2 Jede aussagenlogische Interpretation W mit W(ϕ) = 1

heißt Modell (oder erfüllende Belegung der Aussagenvariablen) für ϕ.

Menge aller Modelle von ϕ ∈ AL(P):

Mod(ϕ) = W : P → 0, 1 | W(ϕ) = 1

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 3

Definition 3 Eine Formel ϕ ∈ AL(P) heißt

erfüllbar , wenn sie ein Modell hat

(Mod(ϕ) 6= ∅)

Beispiel: ¬p→p

unerfüllbar (Widerspruch), wenn sie kein Modell hat

(Mod(ϕ) = ∅,

für jede Interpretation W gilt W(ϕ) = 0),

Beispiel: p∧ ¬p

allgemeingltig (Tautologie), wenn jede Belegung ein Modell für

ϕ ∈ AL(P) ist

(Mod(ϕ) = W(P),

für jede Interpretation W gilt W(ϕ) = 1).

Beispiel: p∨ ¬p

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 4

Definition 4 Menge aller Modelle einer Menge Φ ⊆ AL(P) von

Formeln:

Mod(Φ) =⋂

ϕ∈Φ

Mod(ϕ)

(Eine Interpretation W : P → 0, 1 ist ein Modell für eine Menge

Φ ⊆ AL(P) von Formeln, wenn W Modell für jede Formel ϕ ∈ Φ ist.)

Jede Interpretation ist ein Modell für die Formelmenge ∅.

Definition 5 Zwei Formeln ϕ und ψ mit Mod(ϕ) = Mod(ψ)

heißen semantisch äquivalent (ϕ ≡ ψ).

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 5

Normalformen

CNF

DNF

Definition 6 Eine Formel ψ ∈ AL(P) heißt Folgerung aus der

Menge Φ ⊆ AL(P) von Formeln (Φ |= ψ), falls Mod(Φ) ⊆ Mod(ψ)

gilt.

Satz 1 |= ϕ gilt genau dann, wenn ϕ allgemeingültig ist.

Satz 2 Zwei Formeln ϕ und ψ sind genau dann äquivalent,

wenn ϕ |= ψ und ψ |= ϕ gilt.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 6

Definition 7 Ein Kalkül besteht aus einer Menge von Axiomen

(Formeln) und einer Menge von Regeln, mit deren Hilfe aus den

Axiomen und einer Eingabemenge weitere Formeln gebildet werden

können.

Definition 8 Eine Formel ψ ist im Kalkül K aus einer Formelmenge Φ

herleitbar (Φ ⊢K ψ), wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

• ψ ist ein Axiom

• ψ ist eine Formel aus Φ

• ψ kann in endlich vielen Schritten aus Axiomen oder Formeln aus

Φ hergeleitet werden. Ein Schritt beinhaltet die Anwendung der

Regel aus R auf bereits hergeleitete Formeln.

In K aus Φ ableitbare Formeln ψ heißen in K aus Φ beweisbar .

(Φ ⊢K ψ)

In K aus ∅ ableitbare Formeln heißen in K beweisbar . (⊢K ψ)

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 7

Satz 3 Korrektheit und Vollständigkeit von K

Es seien Φ eine Formelmenge und ψ eine Formel.

Dann gilt Φ ⊢K ψ genau dann, wenn Φ |= ψ.

Bemerkung:

K ist korrekt , d.h. jede aus einer Formelmenge Φ herleitbare Formel

ψ ist eine Folgerung aus Φ.

K ist vollständig , d.h. jede Folgerung ψ aus einer Formelmenge Φ

kann mithilfe von K hergeleitet werden.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 8

2 Mengen, Relationen, Funktionen

2.1 Mengen

Definition 9 [Georg Cantor 1895]

Eine Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter,

wohlunterschiedener Dinge unserer Anschauung oder unseresDenkens, welche Elemente der Menge genannt werden, zu einem

Ganzen.

Vereinigung: A ∪ B = x| x ∈ A oder x ∈ B

x ist genau dann Element der Menge A ∪ B, wenn

x Element von A oder von B ist

Durchschnitt: A ∩ B = x| x ∈ A und x ∈ B

x ist genau dann Element der Menge A ∩ B ist, wenn

x aus A und aus B ist

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 9

Definition 10 Es sei M eine Menge. Die Menge A : A ⊆M aller

Teilmengen von M heißt die Potenzmenge von M.

Sie wird mit 2M oder P(M) bezeichnet.

Definition 11 Es seien M eine Menge und A ∈ 2M. Dann heißt

A := x | x ∈M und x /∈ A

das Komplement von A (in M).

Satz 4 (DeMorgansche Regeln) Es seien A,B ∈ 2M. Dann gelten

A ∪ B = A ∩ B und A ∩ B = A ∪ B

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 10

2.2 Relationen

Kreuzprodukt A× B := (x, y) | x ∈ A und y ∈ B

Definition 12 Eine Teilmenge R von A1 ×A2 × · · · ×An heißt

(n-stellige) Relation über A1, . . . , An.

Definition 13 Es seien M eine Menge und R eine zweistellige

Relation über M.

Wir nennen die Relation R

reflexiv , falls für alle x ∈M stets (x, x) ∈ R gilt,

symmetrisch , falls aus (x, y) ∈ R stets (y, x) ∈ R folgt,

transitiv , falls aus (x, y) ∈ R und (y, z) ∈ R stets (x, z) ∈ R folgt,

antisymmetrisch , falls aus (x, y) ∈ R und (y, x) ∈ R stets x = y folgt.

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Definition 14 Es seien M eine Menge und ≈ eine zweistellige

Relation über M.

Wir nennen ≈ eine Äquivalenzrelation über M, falls ≈ reflexiv,

transitiv und symmetrisch ist.

Definition 15 Es sei M 6= ∅ eine Menge. Eine Teilmenge Z der

Potenzmenge 2M heißt Zerlegung (Klasseneinteilung) von M, falls

1.⋃

A∈ZA = M

2. A 6= ∅ für alle A ∈ Z und

3. A ∩ B = ∅ für alle A,B ∈ Z, A 6= B gelten.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 12

Definition 16 Es seien ≈ eine Äquivalenzrelation über M und

a ∈M. Wir nennen

[a]≈ := b | b ∈M und a ≈ b

die von a erzeugte Äquivalenzklasse .

Definition 17 Es seien M eine Menge und eine zweistellige

Relation über M.

Wir nennen eine Halbordnungsrelation über M, falls reflexiv,

transitiv und antisymmetrisch ist.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 13

Definition 18 Es sei M eine durch halbgeordnete Menge, und es

sei T Teilmenge von M. Wir nennen a ∈M

minimales Element von T , falls a ∈ T und b 6≺ a für alle b ∈ T gilt.

Minimum von T , falls a ∈ T und a b für alle b ∈ T gilt.

untere Schranke von T , falls a b für alle b ∈ T gilt.

Infimum von T , falls a das Maximum der Menge

b | b ∈ M und b ist untere Schranke von T ist.

Supremum von T , falls a das Minimum der Menge

b | b ∈ M und b ist obere Schranke von T ist.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 14

Definition 19 Es seien R ⊆ A×B, S ⊆ B×C zweistellige Relationen.

Verbindung

R S :=(a, c) | es gibt ein b ∈ B mit (a, b) ∈ R und (b, c) ∈ S

Umkehrrelation R−1 :=(b, a) | (a, b) ∈ R

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Definition 20 Es seien M eine Menge und R ⊆M×M eine

zweistellige Relation über M.

Wir nennen R∗ die reflexive und transitive Hülle von R, falls R∗ die

kleinste reflexive und transitive Relation ist, die R umfasst. Wir nennen

R+ die transitive Hülle von R, falls R+ die kleinste transitive Relation

ist, die R umfasst.

Ferner seien IM :=(a, a) | a ∈M

, R0 := IM und Rn := R Rn−1

für n ≥ 1.

Satz 5 Es sei R ⊆M×M eine Relation auf einer Menge M. Dann

gilt R+ =⋃∞

i=1 Ri und R∗ =

⋃∞i=0 R

i.

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2.3 Funktionen

Definition 21 Eine Relation R ⊆ A× B heißt eindeutig , falls aus

(a, b1), (a, b2) ∈ R stets b1 = b2 folgt.

Eine Relation f ⊆ A× B heißt Funktion aus A in B, falls f eindeutige

Relation ist.

Definition 22 Es sei f ⊆ A× B eine Funktion.

Wir nennen f eine Funktion von A in B, falls der Definitionsbereichdom(f) = a | a ∈ A und es gibt ein b ∈ B mit f(a) = b

mit A übereinstimmt.

Wir nennen f eine Funktion aus A auf B, falls der Wertebereichran(f) = b | b ∈ B und es gibt ein a ∈ A mit f(a) = b

mit B übereinstimmt.

Wir nennen f eine Funktion von A auf B, falls dom(f) = A undran(f) = B gelten.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 17

Definition 23 Eine Relation R ⊆ A× B heißt eindeutig umkehrbar ,

falls R−1 eine Funktion ist.

Definition 24 Wir nennen eine Funktion f ⊆ A× B eineindeutig , falls

f eindeutige und eindeutig umkehrbare Relation ist.

Definition 25 Eine Funktion f :⊆ A −→ B heißt

injektiv , falls für alle y ∈ B gilt: |x : f(x) = y| ≤ 1,

surjektiv , falls für alle y ∈ B gilt: |x : f(x) = y| ≥ 1,

bijektiv , falls für alle y ∈ B gilt: |x : f(x) = y| = 1.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 18

3 Allgemeine Algebren

Definition 26 Ein Paar (A,Ω) heißt (universelle) Algebra , falls

1. A eine nichtleere Menge (Trägermenge) ist, und

2. Ω ⊆⋃

n∈NA(An), d.h. Ω eine Menge von Operationen auf A ist.

Definition 27 Eine Algebra der Form (H, · ) heißt Halbgruppe , falls ·

eine zweistellige assoziative Operation auf H ist.

Wir nennen e ∈ H neutrales Element (oder Einselement ) von (H, · ),

falls a · e = e · a = a für jedes Element a ∈ H gilt.

Wir nennen n ∈ H Nullelement von (H, · ), falls a · n = n · a = n für

jedes Element a ∈ H gilt.

Hat (H, · ) ein neutrales Element e und gilt für Elemente a, b ∈ H die

Beziehung a · b = e = b · a, so nennen wir die Elemente a und b

zueinander invers .

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 19

Eine Halbgruppe (H, · ) mit Einselement heißt Monoid .

Definition 28 Eine Algebra (S,⊕,⊗,¬ mit

zweistelligen Operationen ⊕ und ⊗ und einer einstelligen Operation ¬

heißt Boolesche Algebra , falls

1. (S,⊕) kommutatives Monoid mit neutralem Element 0 ∈ S ist,

2. (S,⊗) kommutatives Monoid mit neutralem Element 1 ∈ S ist,

3. für die Operation ¬ gilt:

a⊕ (¬a) = 1 für alle a ∈ S und

a⊗ (¬a) = 0 für alle a ∈ S

4. die Distributivgesetze

a⊗ (b⊕ c) = (a⊗ b) ⊕ (a⊗ c) für alle a, b, c ∈ S und

a⊕ (b⊗ c) = (a⊕ b) ⊗ (a⊕ c) für alle a, b, c ∈ S

gelten.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 20

Definition 29 Eine Algebra der Form (R,+, · , 0) heißt Halbring , falls

1. +, · zweistellige assoziative Operationen auf R sind,

2. + kommutative Operation auf R ist,

3. 0 ∈ R neutrales Element der Halbgruppe (R,+)

4. und Nullelement der Halbgruppe (R, · ) ist, und

5. die Distributivgesetze (a+ b) · c = a · c+ b · c und

a · (b+ c) = a · b+ a · c gelten.

Wir nennen e ∈ R Einselement von (R,+, · , 0), falls a · e = e · a = a

für jedes Element a ∈ R gilt.

Definition 30 Die Signatur Σ einer Algebra (A,Ω) besteht aus der

Menge aller Paare (f, s), wobei f ∈ Ω und s die zu f gehörige

Stelligkeit ist.

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Definition 31 Zwei Algebren (A,Ω) und (A ′,Ω ′) heißen gleichartig ,

falls es eine eineindeutige aritätserhaltende Abbildung ψ von Ω auf

Ω ′ gibt.

(Man sagt auch, (A,Ω) und (A ′,Ω ′) haben dieselbe Signatur.)

Definition 32 Eine Abbildung h : A → A ′ heißt Homomorphismus

einer Algebra (A,Ω) in eine (unter ψ gleichartige) Algebra (A ′,Ω ′),

falls für alle ω ∈ Ω und alle ai ∈ A die Gleichung

h(

ω(a1, . . . , an))

= ψ(ω)(

h(a1), . . . , h(an))

gilt.

Hierbei sei ω eine n-äre Operation in (A,Ω).

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 22

Definition 33 Es sei (A,Ω) eine Algebra, Wir nennen B ⊆ A

abgeschlossen unter Ω, falls für alle ω ∈ Ω aus ai ∈ B stets

ω(a1, . . . , an) ∈ B folgt.

Ist B ⊆ A unter den Operationen ω ∈ Ω abgeschlossen, so nennen

wir (B,Ω) eine Unteralgebra von (A,Ω).

[ Kurzschreibweise: (B,Ω) ⊆| (A,Ω) ]

Definition 34 Eine binäre Relation ∼ heißt Kongruenzrelation auf

einer Algebra (A,Ω), falls

1. ∼ Äquivalenzrelation auf der Menge A ist, und

2. für alle ω ∈ Ω und alle ai, a′i ∈ A die Beziehung

ω(a1, . . . , an) ∼ ω(a ′1, . . . , a

′n) aus ai ∼ a ′

i folgt.

Notation: [a]∼ := a ′ : a ′ ∼ a für die von a ∈ A erzeugte

Äquivalenzklasse.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 23

Satz 6 (Homomorphiesatz) Es seien (A,Ω) und (A ′,Ω ′) (unter ψ

gleichartige) Algebren, und es sei h : A → A ′ ein Homomorphismus

von (A,Ω) in (A ′,Ω ′).

Dann definiert die Beziehung

a ∼ a ′ genau dann, wenn h(a) = h(a ′)

eine Kongruenzrelation auf (A,Ω), und es gibt einen

Isomorphismus ϕ von (A/∼,Ω) in (A ′,Ω ′) derart, dass

h(a) = ϕ(h∼(a)) für alle a ∈ A gilt.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 24

Diagramm zum Homomorphiesatz

(A,Ω) -h

(

h(a) | a ∈ A,Ω ′)

⊆| (A ′,Ω ′)

@@

@@

@R

h∼

ϕ

(A/∼,Ω)

Folgerung 7 Es seien (A,Ω) und (A ′,Ω ′) (unter ψ gleichartige)

Algebren, und es sei h : A → A ′ ein Homomorphismus von (A,Ω) in

(A ′,Ω ′).

Dann ist h(a) | a ∈ A abgeschlossen bezüglich der Operationen aus

Ω ′, m.a.W. (h(a) | a ∈ A,Ω ′) ist eine Unteralgebra von (A ′,Ω ′).

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 25

4 Terme und Σ-Algebren

Menge SF von Funktionssymbolen

funktionale Signatur: ΣF ⊆ SF × N

Definition 35 (induktiv) Die Menge Term(Σ) aller Grundterme über

Σ ist die kleinste Menge mit folgender Eigenschaft:

Für jedes n ∈ N, jedes f ∈ Σ(n) und alle (t1, . . . , tn) ∈ Term(Σ)n gilt

f(t1, . . . , tn) ∈ Term(Σ).

Damit gilt insbesondere Σ(0) ⊆ Term(Σ).

Für alle Signaturen Σ mit Σ(0) = ∅ gilt Term(Σ) = ∅.

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funktionale Signatur ΣF, Menge X von Variablen

Definition 36 (induktiv) Die Menge Term(Σ, X) aller Terme über Σ

mit Variablen aus X ist die kleinste Menge mit folgenden

Eigenschaften:

1. X ⊆ Term(Σ, X)

2. Für jedes n ∈ N, jedes f ∈ Σ(n) und alle

(t1, . . . , tn) ∈ Term(Σ, X)n gilt f(t1, . . . , tn) ∈ Term(Σ, X).

Bemerkung: Term(Σ) = Term(Σ, ∅)

Definition 37 Zu einer funktionalen Signatur Σ heißt S = (A,VS) eine

Σ-Algebra , falls

1. A eine nichtleere Menge (Trägermenge oder Universum genannt)

ist und

2. für jedes n ∈ N und jedes f ∈ Σ(n) gilt VS(f) : An → A.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 27

funktionale Signatur Σ, Σ-Algebra S = (A,VS)

Definition 38 Die Funktion VS = VS(t) mit VS : Term(Σ) → A ordnet

jedem Σ-Grundterm t = f(t1, · · · , tn) ∈ Term(Σ) seinen Wert VS(t)

in der Σ-Algebra S zu:

VS(t) = VS(f)(VS(t1), · · · , VS(tn)).

Spezialfall für t = c ∈ Σ(0) : VS(t) = VS(c)

Definition 39 Grundterme s, t ∈ Term(Σ, ∅) mit VS(s) = VS(t)

heißen (semantisch) äquivalent in der Σ-Algebra S.

(s ≡S t)

Definition 40 Für jede funktionale Signatur Σ mit Σ(0) 6= ∅ heißt die

Σ-Algebra T(Σ) = (Term(Σ), VT(Σ)), in welcher für alle (f, n) ∈ Σ und

alle (t1, . . . , tn) ∈ Term(Σ)n gilt VT(Σ)(f)(t1, . . . , tn) = f(t1, . . . , tn)

Grundtermalgebra zu Σ.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 28

Menge A mit n-stelligen Relationen R ⊆ An

relationale Signatur Σ ⊆ SR × N (analog zu funktionaler Signatur)

Definition 41 Zu einer relationalen Signatur Σ ist S = (A,VS) eine

relationale Σ-Struktur , falls

1. A eine nichtleere Menge (Trägermenge oder Universum) ist und

2. für jedes n ∈ N und jedes Relationssymbol (R, n) ∈ Σ gilt

VS(R) ⊆ An.

Gegeben sei eine relationale Signatur Σ = ΣR.

Definition 42 Für zwei Σ-Strukturen S1 = (A,VS1) und S2 = (B, VS2

)

heißt eine Funktion h : A → B Homomorphismus von S1 in S2 genau

dann, wenn für alle (R, n) ∈ Σ und alle (a1, · · · , an) ∈ An gilt:

Aus (a1, · · · , an) ∈ VS1(R) folgt (h(a1), · · · , h(an)) ∈ VS2

(R).

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 29

Definition 43 Zwei Σ-Strukturen S1 = (A,VS1) und S2 = (B, VS2

)

heißen isomorph , falls eine Bijektion h : A → B existiert, sodass für

alle (R, n) ∈ Σ und alle (a1, · · · , an) ∈ An gilt:

(a1, · · · , an) ∈ VS1(R) genau dann, wenn

(h(a1), · · · , h(an)) ∈ VS2(R).

funktionale Signatur ΣF, relationale Signatur ΣR

gemeinsame Signatur Σ = ΣF ∪ ΣR

Definition 44 Zu einer Signatur Σ = ΣF ∪ ΣR heißt S = (A,VS) eine

Σ-Struktur , falls

1. A eine nichtleere Menge (Trägermenge oder Universum) ist,

2. für jedes n ∈ N und jedes f ∈ Σ(n) gilt VS(f) : An → A und

3. für jedes n ∈ N und jedes Relationssymbol (R, n) ∈ Σ gilt

VS(R) ⊆ An.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 30

gemischte Signatur Σ = ΣF ∪ ΣR

Definition 45 Für zwei Σ-Strukturen S1 = (A,VS1) und S2 = (B, VS2

)

heißt eine Funktion h : A → B

Homomorphismus von S1 in S2 genau dann, wenn für alle n ∈ N und

alle (a1, · · · , an) ∈ An gilt:

1. für alle f ∈ Σ(n)

F gilt:

h(VS1(f)(a1, · · · , an)) = VS2

(f)(h(a1), · · · , h(an)),

2. für alle R ∈ Σ(n)

R gilt:

Aus (a1, · · · , an) ∈ VS1(R) folgt (h(a1), · · · , h(an)) ∈ VS2

(R).

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 31

Definition 46 Zwei Σ-Strukturen S1 = (A,VS1) und S2 = (B, VS2

)

heißen isomorph , falls eine bijektive Funktion h : A → B existiert,

sodass für alle n ∈ N und alle (a1, · · · , an) ∈ An gilt:

1. für alle f ∈ Σ(n)

F gilt:

h(VS1(f)(a1, · · · , an)) = VS2

(f)(h(a1), · · · , h(an)),

2. für alle R ∈ Σ(n)

R gilt:

(a1, · · · , an) ∈ VS1(R) genau dann, wenn

(h(a1), · · · , h(an)) ∈ VS2(R).

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 32

5 Graphen

Definition 47 (V, E) heißt gerichteter Graph (Digraph), wenn

• V Menge von Knoten (auch Ecke genannt, vertex)

• E ⊆ V2 Menge von Kanten (edge).

Definition 48 (V, E) heißt ungerichteter (schlingenfreier) Graph ,

wenn

• V Menge von Knoten

• E ⊆(

V2

)

Menge von KantenNotation: ab statt a, b

mit(

V

2

)

= M ⊆ V | M enthält genau 2 Elemente

Graph (ohne Zusatz): endlich, ungerichtet, schlingenfrei

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 33

Der Graph (V, E) heißt

leer genau dann, wenn V = ∅ und E = ∅,

isoliert genau dann, wenn E = ∅,

vollständig genau dann, wenn E =(

V2

)

.

Kn – vollständiger Graph mit n Knoten

Knotengrad

Graph (V, E)

G = (V, E) definiert Funktion gradG : V → N,

wobei für alle a ∈ V gilt:

gradG(a) = |NG(a)|

gradG(a) heißt Grad des Knotens a.

(V, E) heißt n-regulär (regulär) , falls für alle a ∈ V gilt gradG(a) = n.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 34

Satz 8 Für jeden Graphen (V, E) gilt∑

a∈V gradG(a) = 2|E|.

Folgerung 9 In jedem endlichen Graphen ist die Anzahl der Knoten

von ungeradem Grad gerade.

Definition 49 Zwei Graphen G = (VG, EG) und H = (VH, EH) heißen

isomorph (G ≃ H), falls eine Bijektion f : VG → VH existiert, sodass

für alle a, b ∈ VG gilt:

f(a), f(b) ∈ EH genau dann, wenn a, b ∈ EG.

Die Isomorphie ≃ ist eine Äquivalenzrelation auf der Menge aller

Graphen.

Äquivalenzklassen [G]≃ heißen Isomorphieklassen.

In := [(1, · · · , n, ∅)]≃

Kn := [(1, · · · , n,(

1,···,n2

)

)]≃

Pn := [(1, · · · , n, i, i+ 1|i ∈ 1, · · · , n− 1)]≃

Cn := [(1, · · · , n, i, i+ 1|i ∈ 1, · · · , n− 1 ∪ n, 1)]≃

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 35

Für Graphen G = (VG, EG) und H = (VH, EH) heißt H

Teilgraph von G genau dann, wenn VH ⊆ VG und EH ⊆ EG gilt,

echter Teilgraph von G genau dann, wenn H ist Teilgraph von G

und H 6= G,

induzierter Teilgraph von G genau dann, wenn VH ⊆ VG und

EH = a, b ∈ EG | a, b ⊆ VH

aufspannender Teilgraph von G genau dann, wenn H ist

Teilgraph von G und VH = VG

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 36

G ∗H = (VG ∪ VH, EG ∪ EH ∪ (VG × VH))

für VG und VH disjunkt

Graphenklassen: Km,n = Im ∗ In,

Sterne K1,n

allgemein Kn1,...,nm= In1

∗ · · · ∗ Inmfür m > 1

Definition 50 Ein Graph G = (V, E) heißt bipartit genau dann, wenn

eine Zerlegung V0, V1 von V (d.h. V0 ∩ V1 = ∅ und V0 ∪ V1 = V) mit

((

V0

2

)

∪(

V1

2

)

) ∩ E = ∅ existiert.

Ein Graph G = (V, E) ist genau dann bipartit, wenn ein Km,n = (V, E ′)

existiert, sodass E ⊆ E ′ ist.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 37

Definition 51 Das Komplement eines Graphen G = (V, E) ist der

Graph G = (V, E) mit

uv ∈ E genau dann, wenn uv 6∈ E gilt.

G heißt selbstkomplementär genau dann, wenn G ≃ G

Pfade, Kreise, Wege

Relation RG auf V2 im Graphen G = (V, E)

(u, v) ∈ RG (u und v sind zusammenhängend )

genau dann, wenn es einen Weg von u nach v in G gibt.

Bemerkung:

Für jeden Graphen G = (V, E) ist RG eine Äquivalenzrelation auf V .

Äquivalenzklassen [u]RGsind Knotenmengen induzierter Teilgraphen

von G

und heißen Zusammenhangskomponenten von G.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 38

Bäume

Definition 52 G = (V, E) heißt Baum , wenn

• G zusammenhängend ist und

• kein Teilgraph von G ein echter Kreis ist.

G = (V, E) heißt Wald , wenn kein Teilgraph von G ein echter Kreis ist.

v ∈ V mit grad(v) ≤ 1 heißt Blatt

Teilgraph H von G heißt Gerüst von G, falls

• H ein Baum und

• H ein aufspannender Teilgraph von G ist.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 39

Definition 53 Es sei G = (V, E) ein Graph. Ein Weg (e1, ..., en) ∈ E∗

heißt EULERscher Weg , falls E = e1, ..., en und ei 6= ej für i 6= j,

d.h. der Weg (e1, ..., en) ∈ E∗ enthält jede Kante aus E genau einmal.

Ist der Anfangsknoten v1, (e1 = v1, v2) gleich dem Endknoten

vn+1, (en = vn, vn+1), so spricht man von einem EULERschenKreis .

Satz 10 (Euler) Ein zusammenhängender Graph G = (V, E) ohne

Schlingen hat genau dann einen EULERschen Kreis, wenn der Grad

aller Knoten gerade ist.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 40

Definition 54 Es sei G = (V, E) ein Graph. Ein Weg (v1, ..., vn) ∈ V∗

heißt HAMILTONscher Weg , falls V = v1, ..., vn und vi 6= vj für

i 6= j, d.h. der Weg (v1, ..., vn) ∈ V∗ enthält jeden Knoten aus V

genau einmal.

Ist außerdem vn, v1 ∈ E, so spricht man von einem

HAMILTONschen Kreis .

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 41

Planare Graphen

Definition 55 Ein Graph G = (V, E) heißt planar , wenn er sich ohne

Überkreuzung von Linien in der Ebene zeichnen lässt.

Die Zeichnung des planaren Graphen in der Ebene zerlegt die Ebene

in eine endliche Anzahl von zusammenhängenden Gebieten (auch

Flächen genannt), wobei wir das äußere (unbeschränkte) Gebiet

mitzählen.

Satz 11 (EULERsche Polyederformel) Ist G = (V, E) mit V 6= ∅ ein

zusammenhängender planarer Graph ohne Schlingen mit f Flächen,

so gilt

|V | + f = |E| + 2 .

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 42

Folgerung 12 Es sei G = (V, E) ein planarer Graph. Dann gilt

|E| ≤ 3 · |V | − 6 .

Ist G außerdem bipartit, so gilt

|E| ≤ 2 · |V | − 4 .

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 43

6 Prädikatenlogik

(Individuen-)Variablensymbole: v0, v1, . . .

(Individuen-)Konstantensymbole: c0, c1, . . .

Funktionssymbole: f(n)

0 , f(n)

1 , . . . (n = 1, 2, . . .)

Definition 56funktionale Signatur: ΣF ⊆ (ci, 0) | i ∈ N

︸ ︷︷ ︸Konstanten

∪ (f(n)

i , n) | i, n ∈ N ∧ n ≥ 1︸ ︷︷ ︸

mehrstellige Funktionen

Variablen: X := vi | i ∈ N

t ist prädikatenlogischer Term , falls t ∈ Term(ΣF, X).

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 44

Relationensymbole: R(n)

0 , R(n)

1 , . . . (n = 1, 2, . . .)

relationale Signatur: ΣR ⊆ (R(n)

i , n) | i, n ∈ N ∧ n ≥ 1

Junktoren: ¬, ∧,∨

Quantoren: ∃, ∀

Klammern: (, )

Definition 57 1. Induktionsanfang (Atome) Sind t1, t2, . . . , tnTerme und ist R(n)

j ein Relationensymbol, so ist R(n)

j (t1 . . . tn) ein

(Σ-)Ausdruck .

2. Induktionsschritt Sind ϕ1, ϕ2 (Σ-)Ausdrücke und ist v ein

Variablensymbol, so sind auch ¬ϕ1, (ϕ1 ∧ϕ2), und (ϕ1 ∨ϕ2)

sowie ∃vϕ1 und ∀vϕ1 (Σ-)Ausdrücke .

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 45

Definition 58 Es seien S = (A,VS) eine Σ-Struktur und

β : vi : i ∈ N → A eine Belegung.

Wir nennen Iβ : Term(ΣF, X) → A eine Σ-Interpretation der Terme ,

falls

für eine Variable v: Iβ(v) := β(v),

für eine Konstante c: Iβ(c) := VS(c), sowie

für einen zusammengesetzten Term f (t1 . . . tn):

Iβ(f (t1 . . . tn)) := VS(f)(

Iβ(t1), . . . , Iβ(tn))

gelten.

Notation: Iβav

:= I(β a

v )

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 46

Definition 59 Es seien S = (A,VS) eine Σ-Struktur und

β : vi : i ∈ N → A eine Belegung.

Wir nennen eine Abbildung Iβ der Σ-Ausdrücke in die Algebra(0, 1

,max ,min , 1− (·), 0, 1

)

eine Σ-Interpretation der

Ausdrücke , falls

für atomare Ausdrücke R (t1 . . . tn): genau dann

Iβ(R (t1 . . . tn)) = 1 gilt, wenn(

Iβ(t1), . . . , Iβ(tn))

∈ VS(R) ist,

und für alle Σ-Ausdrücke ϕ1, ϕ2 die Beziehungen

für die Junktoren ¬,∨ und ∧: Iβ(¬ϕ1) := 1− Iβ(ϕ1),

Iβ((ϕ1 ∨ϕ2)) := maxIβ(ϕ1), Iβ(ϕ2) und

Iβ((ϕ1 ∧ϕ2)) := minIβ(ϕ1), Iβ(ϕ2), sowie

für die Quantoren ∃, ∀: Iβ(∃vϕ1) := max Iβav(ϕ1) | a ∈ A und

Iβ(∀vϕ1) := min Iβav(ϕ1) | a ∈ A gelten.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 47

Freie und gebundene Variablen

ψ frei(ψ) geb(ψ)

(R(t1, . . . , tn))⋃n

i=1 Var(ti) ∅

¬ϕ frei(ϕ) geb(ϕ)

(ϕ1 ϕ2) frei(ϕ1) ∪ frei(ϕ2) geb(ϕ1) ∪ geb(ϕ2) ∈ ∧,∨

Qvϕ frei(ϕ) \ v geb(ϕ) ∪ v Q ∈ ∀, ∃

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 48

Definition 60 Eine Menge Φ von Σ-Ausdrücken heißt genau dann

erfüllbar , wenn es eine Σ-Struktur S = (A,VS), eine Belegung

β : X → A und eine Σ-Interpretation Iβ derart gibt, dass Iβ(ϕ) = 1

für alle Ausdrücke aus ϕ ∈ Φ erfüllt ist.

Wir sagen dann auch, Iβ sei Modell für (von) Φ.

Definition 61 Es sei Φ eine Menge von Ausdrücken, und es sei ϕ ein

Ausdruck. Wir sagen, ϕ folgt aus Φ (kurz: Φ |= ϕ), falls jede

Interpretation Iβ, die Modell für Φ ist, auch Modell von ϕ ist.

M.a.W., falls Iβ(ψ) = 1 für alle ψ ∈ Φ gilt, so muß auch Iβ(ϕ) = 1

gelten.

Definition 62 Ein Ausdruck ϕ heißt allgemeingültig (kurz: |= ϕ), falls

∅ |= ϕ gilt, d.h. Iβ(ϕ) = 1 für alle Σ-Strukturen S = (A,VS) und alle

Belegungen β : X → A gilt.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 49

Definition 63 Zwei Ausdrücke ϕ und ψ heißen semantisch

äquivalent (ϕ ≡ ψ), falls sowohl ϕ |= ψ als auch ψ |= ϕ gelten, d.h.

es gilt für alle Σ-Strukturen S = (A,VS) und alle Belegungen

β : X → A genau dann Iβ(ϕ) = 1, wenn Iβ(ψ) = 1 gilt.

Kalkül K für die Prädikatenlogik erster Stufe

Definition 64 Eine Menge von Ausdrücken Ψ heißt widerspruchsfrei

bezüglich ⊢K, falls es einen Ausdruck ψ mit Ψ 6⊢K ψ gibt.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 50

Der GÖDELsche Vollständigkeitssatz

Satz 13 Es seien Σ eine Signatur, Φ eine Menge von Σ-Ausdrücken

und ϕ ein Σ-Ausdruck.

Dann folgt aus Φ |= ϕ auch Φ ⊢K ϕ.

Satz über die Adäquatheit des Kalküls K

Satz 14 Es sei Σ eine Signatur, und es sei Φ eine widerspruchsfreie

Menge von Ausdrücken über Σ. Für Σ-Ausdrücke ϕ gilt genau dann

Φ |= ϕ, wenn Φ ⊢K ϕ erfüllt ist.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 51

Elementare Arithmetik

ΣF = (0.0), (s, 1), (+, 2), (·, 2), ΣR = (<, 2)

Terme z.B.: 0, s(0), s(0) + 0, s(s(0)) · s(0)

Definition 65 Es sei Φ eine Menge von Σ-Ausdrücken, die keine

freien Variablen enthalten. (d.h. Menge von Σ-Sätzen)

Φ heißt Theorie , wenn Φ erfüllbar ist und wenn alle Folgerungen aus

Φ bereits in Φ enthalten sind.

Also für Folg(Φ) := ϕ|Φ |= ϕ und ϕ ist Σ-Satz gilt Folg(Φ) = Φ

(Abgeschlossenheit unter Bildung von Folgerungen).

Bezeichnung: Theorie T = T(S) (Interpretation abhängig von S, aber

nicht von β)

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 52

Satz 15 Unentscheidbarkeit der Prädikatenlogik , Alonzo Church

Es gibt keinen Algorithmus, der einen beliebigen Satz (Ausdruck ohne

freie Variable) als Eingabe erhält und feststellt, ob er allgemeingültig

ist oder nicht.

Eine Theorie T ist vollständig, wenn für jeden Satz ϕ entweder ϕ ∈ T

oder ϕ 6∈ T gilt.

T ist rekursiv-axiomatisierbar, wenn die Axiomenmenge entscheidbar

ist (algorithmisch entscheidbar, ob ein Ausdruck ein Axiom ist).

Satz 16 1. Unvollständigkeitssatz , Kurt Gödel

Jede widerspruchsfreie und rekursiv-axiomatisierbare Theorie, die die

elementare Zahlentheorie umfasst, ist unvollständig.

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Grundlagen der Mathematik für Informatiker 53

T ist widerspruchsfrei, wenn es keinen Ausdruck ϕ mit T ⊢ ϕ und

T ⊢ ¬ϕ gibt.

Satz 17 Folgerung aus 2. Unvollständigkeitssatz , Kurt Gödel

Der Nachweis der Widerspruchsfreiheit einer Theorie, die die

elementare Zahlentheorie umfasst, lässt sich nicht mit Mitteln der

Theorie führen (es sei denn, die Theorie ist widerspruchsvoll).

Die Widerspruchsfreiheit der Mathematik kann mit mathematischen

Methoden nicht geführt werden. Entweder ist die Mathematik

widerspruchsvoll, oder aber wir können ihre Widerspruchsfreiheit nicht

beweisen.