1. Elternrecht als Elternverantwortung (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) · Schutzauftrag Teil 2 (2) 3...

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Schutzauftrag Teil 2 (2) 1 1. Elternrecht als Elternverantwortung (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) Elternrecht und Kindesrechte sind keine Gegensätze. Hierzu führt das Bundesver- fassungsgericht in seiner Entscheidung vom 29. Juli 1968 (BVerfGE 24, 119) aus: „Dieser Grundrechtsschutz darf aber nur für ein Handeln in Anspruch genommen werden, das bei weitester Anerkennung der Selbstverantwortlichkeit der Eltern noch als Pflege und Erziehung gewertet werden kann, nicht aber für das Gegenteil: die Vernachlässigung des Kindes. Die Verfassung macht dies durch die Verknüpfung des Rechts zur Pflege und Erziehung mit der Pflicht zu dieser Tätigkeit deutlich. Diese Pflichtbindung unterscheidet das Elternrecht von allen anderen Grundrechten (….). In Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind Recht und Pflicht von vornherein unlöslich miteinander verbunden; die Pflicht ist nicht eine das Recht begrenzende Schranke, sondern ein wesensbestimmender Bestandteil dieses Elternrechts, das insoweit treffender als „Elternverantwortung “ bezeichnet werden kann (….). Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG schützt danach die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie dieser natürlichen Verantwortung gerecht werden wollen; er schützt nicht diejenigen Eltern, die sich dieser Verantwortung entziehen.“ Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG erlegt den Eltern die Pflicht auf, ihr Kind zu erziehen. Ziel der Erziehung ist das Wohl des Kindes. Das Wohl des Kindes ist eine Ausprägung der Menschenwürde aus Art. 1 Satz 1 GG. Diese umfasst sämtliche Grundrechte. Besondere Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen, ist daher rechtsdogmatisch nicht sinnvoll. Da das Elternrecht niemals ohne Bezug zum Kindeswohl ausgeübt werden kann, also ein fremdnütziges Recht ist, bezeichnet man es einprägsamer als „Elternverantwortung“. Ein Gegensatz zwischen Elternrecht und Kindesrecht existiert rechtsdogmatisch nicht, da das Elternrecht von vornherein durch die Verwirklichung der Kinderrechte begrenzt ist (BVerfGE 24, 119, 143). Anders als für die schulische Erziehung (Art. 7 Abs. 1 GG) hat der Staat kein originäres Erziehungsrecht. Man spricht daher auch vom „Elternprimat“. Der Staat ist verpflichtet, selbst den Elternprimat zu achten, ihn aber auch gegen Übergriffe durch Dritte zu schützen. Die Eltern dürfen „grundsätzlich frei von staatlichen Einflüssen und Eingriffen nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie Pflege und Erziehung der Kinder gestalten und damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen“ (BVerfGE 59, 360, 376).

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

1

1. Elternrecht als Elternverantwortung (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG)

Elternrecht und Kindesrechte sind keine Gegensätze. Hierzu führt das Bundesver-

fassungsgericht in seiner Entscheidung vom 29. Juli 1968 (BVerfGE 24, 119) aus:

„Dieser Grundrechtsschutz darf aber nur für ein Handeln in Anspruch genommen werden,

das bei weitester Anerkennung der Selbstverantwortlichkeit der Eltern noch als Pflege und

Erziehung gewertet werden kann, nicht aber für das Gegenteil: die Vernachlässigung des

Kindes. Die Verfassung macht dies durch die Verknüpfung des Rechts zur Pflege und

Erziehung mit der Pflicht zu dieser Tätigkeit deutlich. Diese Pflichtbindung unterscheidet das

Elternrecht von allen anderen Grundrechten (….). In Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind Recht und

Pflicht von vornherein unlöslich miteinander verbunden; die Pflicht ist nicht eine das Recht

begrenzende Schranke, sondern ein wesensbestimmender Bestandteil dieses Elternrechts, das

insoweit treffender als „Elternverantwortung“ bezeichnet werden kann (….). Art. 6 Abs. 2

Satz 1 GG schützt danach die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie dieser

natürlichen Verantwortung gerecht werden wollen; er schützt nicht diejenigen Eltern, die sich

dieser Verantwortung entziehen.“

Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG erlegt den Eltern die Pflicht auf, ihr Kind zu erziehen. Ziel der

Erziehung ist das Wohl des Kindes. Das Wohl des Kindes ist eine Ausprägung der

Menschenwürde aus Art. 1 Satz 1 GG. Diese umfasst sämtliche Grundrechte. Besondere

Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen, ist daher rechtsdogmatisch nicht sinnvoll. Da

das Elternrecht niemals ohne Bezug zum Kindeswohl ausgeübt werden kann, also ein

fremdnütziges Recht ist, bezeichnet man es einprägsamer als „Elternverantwortung“. Ein

Gegensatz zwischen Elternrecht und Kindesrecht existiert rechtsdogmatisch nicht, da das

Elternrecht von vornherein durch die Verwirklichung der Kinderrechte begrenzt ist (BVerfGE

24, 119, 143). Anders als für die schulische Erziehung (Art. 7 Abs. 1 GG) hat der Staat kein

originäres Erziehungsrecht. Man spricht daher auch vom „Elternprimat“. Der Staat ist

verpflichtet, selbst den Elternprimat zu achten, ihn aber auch gegen Übergriffe durch Dritte zu

schützen. Die Eltern dürfen „grundsätzlich frei von staatlichen Einflüssen und Eingriffen nach

eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie Pflege und Erziehung der Kinder

gestalten und damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen“ (BVerfGE 59, 360,

376).

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2. Wächteramt des Staates (Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG)

In obengenannter Entscheidung führt das Bundesverfassungsgericht hierzu aus:

„… Wenn Eltern (…) versagen, greift das Wächteramt des Staates nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2

GG ein; der Staat ist nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Pflege und

Erziehung des Kindes sicherzustellen. Diese Verpflichtung des Staates folgt nicht allein aus

dem legitimen Interesse der staatlichen Gemeinschaft an der Erziehung des Nachwuchses,

aus sozialstaatlichen Erwägungen oder etwa aus allgemeinen Gesichtspunkten der

öffentlichen Ordnung; sie ergibt sich in erster Linie daraus, dass das Kind als

Grundrechtsträger selbst Anspruch auf den Schutz des Staates hat. Das Kind ist ein Wesen

mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im

Sinne der Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. Eine Verfassung, welche die Würde des

Menschen in den Mittelpunkt ihres Wertesystems stellt, kann bei der Ordnung

zwischenmenschlicher Beziehungen grundsätzlich niemandem Rechte an der Person eines

anderen einräumen, die nicht zugleich pflichtgebunden sind und die Menschenwürde des

anderen respektieren. Die Anerkennung der Elternverantwortung und der damit verbundenen

Rechte findet daher ihre Rechtfertigung darin, dass das Kind des Schutzes und der Hilfe

bedarf, um sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen

Gemeinschaft zu entwickeln, wie sie dem Menschenbild des Grundgesetzes entspricht (…).

Hier muss der Staat wachen und notfalls das Kind, das sich noch nicht selbst zu schützen

vermag, davor bewahren, dass seine Entwicklung durch den Missbrauch der elterlichen

Rechte oder eine Vernachlässigung Schaden leidet.

In diesem Sinne bildet das Wohl des Kindes den Richtpunkt für den Auftrag des Staates gemäß

Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG (…). Dies bedeutet nicht, dass jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit

den Staat berechtigt, die Eltern von der Pflege und Erziehung auszuschalten oder gar selbst

diese Aufgabe zu übernehmen; vielmehr muss er stets dem grundsätzlichen Vorrang der

Eltern Rechnung tragen. Zudem gilt auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Art

und Ausmaß des Eingriffs bestimmen sich nach dem Ausmaß des Versagens der Eltern und

danach, was im Interesse des Kindes geboten ist. Der Staat muss daher nach Möglichkeit

zunächst versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder Wiederherstellung

eines verantwortungsgerechten Verhaltens der natürlichen Eltern gerichtete Maßnahmen sein

Ziel zu erreichen. Er ist aber nicht darauf beschränkt, sondern kann, wenn solche

Maßnahmen nicht genügen, den Eltern die Erziehungs- und Pflegerechte vorübergehend und

sogar dauernd entziehen; in diesen Fällen muss er zugleich positiv die Lebensbedingungen

für ein gesundes Aufwachsen des Kindes schaffen. …“

Die Gefährdungsschwelle, ab der der Staat als staatlicher Wächter tätig werden muss, ist erst

erreicht, wenn eine Beeinträchtigung des Kindeswohls erheblich, nachhaltig und absehbar ist.

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Beeinträchtigungen unterhalb dieser Schwelle muss das Kind hinnehmen – Eltern sind

insoweit Schicksal – ebenso wie die Epoche oder Region, in die man hineingeboren wird (so

Coester, JAmt 2008, 2). Der Staat hat nicht das Beste für das Kind zu gewährleisten, sondern

es nur vor dem Schlimmsten zu bewahren.

Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG weist dem Staat die Pflicht zu, darüber zu wachen, dass die Eltern

ihrer Erziehungsverantwortung gerecht werden. Bei einer Gefährdung oder Schädigung des

Kindeswohls muss die „staatliche Gemeinschaft“ die Gefahr abwehren oder die Störung

beseitigen. Das staatliche Wächteramt ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

auszuüben. Dies bedeutet, dass es nicht auf Eingriffsmaßnahmen beschränkt werden kann,

sondern auch präventive Vorfeldmaßnahmen erfasst. Leistungen rangieren vor Eingriffen.

„Der Staat muss zunächst versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder

Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der natürlichen Eltern gerichtete

Maßnahmen sein Ziel zu erreichen“ (BVerfGE 24, 119, 145). Nur wenn diese Maßnahmen ihr

Ziel nicht erreichen, muss der Staat den Eltern die Erziehungsrechte vorübergehend oder

dauernd entziehen. Der Staat handelt dabei durch das Familiengericht im Zusammenwirken

mit dem Jugendamt. Das Jugendamt muss das Familiengericht anrufen, wenn die

Gefährdungsschwelle des § 1666 BGB erreicht ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine

gegenwärtige oder zumindest nahe bevorstehende Gefahr besteht, dass das Kindeswohl

erheblich in körperlicher, geistiger oder seelischer Hinsicht beeinträchtigt wird. Nur wenn das

Familiengericht nicht rechtzeitig tätig werden kann, hat das Jugendamt die Pflicht, ein Kind

unmittelbar aus der Familie herauszunehmen.

Die „staatliche Gemeinschaft“ sind aber nicht nur Jugendamt und Familiengericht, sondern

alle Organe der staatlichen Gewalt, also auch Schule, Polizei, Sozialleistungsbehörden, nicht

aber freie Träger.

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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3. Schutzauftrag (§ 8a SGB VIII)

Der Schutzauftrag nach § 8a SGB VIII konkretisiert lediglich das Wächteramt aus Art. 6

Abs. 2 Satz 2 GG, das zudem (überflüssigerweise) „aus didaktischen Gründen“ (Wiesner,

2007, S. 169) wiederholt wird. Der Schutzauftrag nach § 8 SGB VIII regelt nichts, was sich

nicht schon aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG, den Aufgabennormen des SGB VIII (insbesondere

§ 42 SGB VIII) und den Regelungen der Leistungen im SGB VIII (§§ 11 – 41 SGB VIII)

ergibt. Insoweit stellt er ein vom Gesetzgeber den Fachkräften im Jugendamt ausgestelltes

Armutszeugnis dar. Er ist zudem der Versuch, dem SGB VIII eine neue „Statik“ zu geben,

weil dieses Gesetz im Überschwang eines „Perspektiven- und Paradigmenwechsel“ den

Schwerpunkt auf die Leistungen legte und Eingriffe verschämt im hinteren Teil des Gesetzes

versteckte. Jugendhilfe ist aber notwendigerweise Hilfe durch Leistung und Eingriff.

Familienstützende Familienergänzende

Leistungen Leistungen (z.B. Beratung) (z.B. Tageseinrich-

tungen

Familienersetzende

Leistungen

(z.B. Heimerziehung)

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

5

Das staatliche Wächteramt (Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG = § 1 Abs. 2 S. 2 SGB VIII)

Tagesbetreuung

Leistungen

(präventives Wächteramt)

Jugendarbeit

Beratung und Unterstützung

Hilfe zur Erziehung

(bei Erziehungsdefizit)

JA

(§ 8a Abs. 3

SGB VIII)

Familiengericht

(§ 1666 BGB)

Schwelle des § 1666 BGB

Eingriffe

(repressives Wächteramt)

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Die staatlichen Wächter (Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG

= § 1 Abs. 2 S. 2 SGB VIII)

Familiengericht

Jugendamt

Elternrecht

(Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG

= § 1 Abs. 2 S. 1

SGB VIII)

Schule

Polizei

Gesundheitsamt

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

7

Schaubild: Wächteramt/Schutzauftrag des Jugendamtes

Rechtsquelle: für den Staat allgemein aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG

für das JA speziell aus § 1 Abs. 2 S. 2, § 8a

SGB VIII

Adressat: öffentlicher Träger der Jugendhilfe

Inhalt: (Wächter-)Amtspflichten über (elterliches)

Erziehungsrecht

Voraussetzungen: Überschreiten der Gefährdungsschwelle (§ 1666 BGB)

Mittel: individuell

präventiv

repressiv

Einsatz nach Grundsatz

der Verhältnismäßigkeit: Leistungen für Eltern Eingriffe ins

Elternrecht

Allgemeine Hilfen HzE Inobhutnahme

Anrufung d. FamG

(§§ 16-24 SGB VIII) (§ 27 SGB VIII) (§ 42 Abs. 1 S. 1 (§ 8a Abs. 3

Nr. 2b

SGB VIII) SGB VIII)

generell

Erlaubnisvorbehalte Einstellungsverbot

§ 43

(Kindertages-

pflege)

§ 44

(Vollzeitpflege)

§ 45

(Einrich-

tungen)

(§ 72a)

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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aus Kunkel Jugendhilferecht, 6.Auflage 2010

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Schaubild Strafbarkeit bei Unterlassen (§ 13 StGB)

1

Erfolgseintritt

(= Rechtsgutverletzung)

+

2

Pflicht zur Abwendung des Erfolgs

(= Garantenstellung)

+

3

Ursächlichkeit des Unterlassens für Erfolgseintritt

(= Kausalität)

+

4

Vorsatz oder Fahrlässigkeit hinsichtlich des Erfolgseintritts

(= Schuld)

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Schaubild:

Zuständigkeit für Handlungspflicht bei Garantenstellung/Schutzauftrag

Wächteramt

Abwendung unmittelbarer Gefahr für Kind

Garantenstellung

Handlungspflichten

bei eigener Zuständigkeit ohne eigene

Zuständigkeit

(sachlich, örtlich, funktionell)

für Aufgabenerfüllung nach § 2 SGB VIII Informationspflicht der fall-

zuständigen Fachkraft im JA

durch öffentlichen Träger selbst Übertragung auf freien Träger

Wahrnehmung des Schutzauftrags Sicherstellungspflicht für

Schutzauftrag

durch Vereinbarung nach § 8a Abs. 2

SGB VIII

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

Überblick über die Systematik des SGB VIII (= Art. 1 §§ 1-105 KJHG)

Allg. Rege- lungen

(§§ 1-10)

Aufgaben der

Jugend- hilfe

(§§ 11-60)

Daten- schutz

(§§ 61-68)

Träger, Zusam- menarbeit,

Gesamtverant- wortung

(§§ 69-81)

Zentrale Aufgaben

(§§ 82-84)

Zuständigkeit, Kostenerstattung

(§§ 85-89h)

Kostenbeteiligung

(§§ 90-97a)

Statistik

(§§ 98-103)

Straf- und Bußgeld-

vorschriften

(§§ 104, 105)

Leistungen Andere Aufgaben (§§ 11-41) (§§ 42-60)

Förderung der Förderung in Erziehung in Tageseinrich- Individuelle Hilfen - Inobhutnahme (§ 42) der Familie tungen u. Kinder- (§§ 27-41)

- Pflegeerlaubnis§§ 43,44) - Jugendarbeit (§§ 16-21) tagespflege

- Heimaufsicht (§§ 45-48a) (§§ 11, 12) (§§ 22-26)

- Familiengerichtshilfe - Jugendsozial-

(§ 50) arbeit (§ 13) - Beratung und Belehrung - erzieherischer in Adoptionsverfahren Kinder- und allgemeine Förderung in Tagesein- Kinder- Hilfe zur Einglie- Hilfe für (§ 51) Jugendschutz Förderung besonderen richtungen tages- Erziehung derungs- junge Voll- - Jugendgerichtshilfe (§ 14) der Familie Lebenslagen (§ 22a) pflege (§ 27) hilfe für jährige (§ 52)

(§ 16) (§§ 17-21) (§ 23) seelisch (§ 41) - Beistandschaft, Pfleg-

- Erziehungs- behinderte schaft, Vormundschaft

- Familien- - Partnerschafts- - Kindergärten Rechts- beratung (§ 28) Kinder u. (§§ 52a-58a) bildung u. Trennungs- anspruch - Soziale Grup- Jugendliche - Urkundswesen (Abs. 2 beratung (§ 17) (§ 24 Abs.1) penarbeit (§ 29) (§ 35a) (§§ 59-60)

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Nr. 1) - Beratung - Erziehungsbei-

- Familien- Alleinerzie- stand/Betreuungs- beratung hender (§ 18) Vorhalte- helfer (§ 30) (Abs. 2 - Gemeinsame - Horte pflicht - Sozialpädag. Nr. 2) Wohnformen - Krippen (§ 24 Abs.2) Familienhilfe (§ 31) - Familien- für Mütter/Väter - Erziehung in Tages- erholung und Kinder (§ 19) gruppe (§ 32) (Abs. 2 - Betreuung u. Ver- - Vollzeitpflege (§ 33) Nr. 3) sorgung bei Aus- - Heimerziehung (§ 34)

fall eines Eltern- - Intensive sozialpädagog. teils (§ 20) Einzelbetreuung (§ 35) - Unterstützung bei Unter- bringung zur Erfüllung nach Hilfeplan (§ 36) und in der Schulpflicht (§ 21) Steuerungsverantwortung (§ 36a)

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

§ 8a SGB VIII als „Patchwork-Regelung“

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§8a

Art. 6 Abs. 2 GG § 13 StGB

Datenschutz nach

SGB I

und SGB X § 839 BGB

und

§ 823 BGB

§ 27 SGB VIII

§ 50 SGB VIII

i.V.m.

§ 1666 BGB

§ 72 SGB VIII

§ 42 SGB VIII

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Schaubild: Einrichtungen und Dienste der Jugendhilfe nach § 8a Abs. 2 SGB VIII

Einrichtungen

Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19)

Tageseinrichtungen (§ 22)

Krippe/Krabbelstube Kindergarten Hort

Kinderhäuser

Beratungsstellen Jugendschutzstellen

(§§ 11, 17, 28) (§ 42)

Heime

Jugendwohnheime

(§ 13)

Erziehungsheime

(§ 34)

Behindertenheime

(§ 35a)

JA

Dienste

Erzieherische Dienste durch ASD/KSD, z.B.

Erziehungsberatung

(§ 28)

Erziehungs-

beistandschaft/

Betreuungshilfe

(§ 30)

Sozialpädagogische

Familienhilfe

(§ 31)

Intensive

sozialpädagogische

Einzelbetreuung

(§ 35)

Besondere Soziale Dienste, z.B.

Adoptions-

vermittlung

(§ 2

AdVermG)

Jugend-

gerichtshilfe

(§ 52)

Jugendarbeit

(§ 11)

Jugendschutz

(§ 14)

Pflege-

stellensdienste

(§§ 23,33)

Trennungs- und

Scheidungs-

beratung (§ 17)

Andre Aufgaben, z.B.

Amtsbeistandschaft/

Amtspflegschaft/

Amtsvormundschaft

(§ 55)

Beurkundungen/

Beglaubigungen

(§ 59)

Wirtschaftliche

Jugendhilfe

(§§ 39 ff und

90 ff)

Einrichtungen der Jugendarbeit (§ 11)

Häuser der

offenen Tür/

Jugendhäuser

Jugend-

zentren

Jugend-

verbands-

heime

Jugend-

bildungs-

stätten

Familienbildungsstätten (§ 16)

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

16

Das Jugendamt als „Schaltstelle“ des Schutzauftrages

nach § 8a SGB VIII

Vereinbarung

JA (Abs. 1)

Anhaltspunkte verifizieren

Risikoabschätzung

- mehrere Fachkräfte

- Einbeziehung der Beteiligten

Hilfeangebot

falls bei Gefahr im

erforderlich Verzug:

Anrufung des FamG Inobhutnahme

(Abs. 3 S. 1) (Abs. 3 S. 2 i.V.m.

§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 2)

Inanspruchnahme

(Hinwirken bzw. Einschalten)

anderer Stellen (Abs. 4)

Polizei

Sozialleistungsträger

Psychiatrie

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freie Träger (Abs. 2)

Handeln entsprechend

dem des JA

Einbeziehung erfahrener

Fachkraft

Werben um Annahme von

Hilfen

Informationspflicht des

JA

Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Schaubild : Hilfen des Jugendamts je nach Gefährdungsgrad

Hilfen nach SGB VIII

Generelle Angebote

Individuelle Hilfen

ohne Gefähr-

dungssituation

bei abstrakter

Gefährdungs-

situation

Individuelle,

konkrete

(einfache)

Gefährdung

des

Kindeswohls

+

Erziehungs-

mangel

Individuelle, kon-

krete

(schwerwiegende)

Gefährdung des

Kindeswohls i.S.d.

§ 1666 BGB*

+

Erziehungsmangel

Individuelle,

konkrete und

dringende

Gefährdung

des Kindes

durch seinen

Aufenthalt

Jugend-

arbeit

(§ 11)

Familien-

bildung u.

-beratung

(§ 16)

Jugend-

sozial-

arbeit

(§ 13)

Hilfe zur

Erziehung

(§ 27)

bei elterlicher

Verweigerung:

Anrufung des

Familiengerichts

(§ 8a Abs. 3)

Inobhut-

nahme

(§ 42)

richterlicher

Eingriff

(§ 1666 BGB)

mit unmittelbarem

Zwang durch Polizei

(§ 42 Abs. 6)

z.B. kann

Jugendamt zum

Amtspfleger

oder –vormund

bestellt werden

(§ 55)

*Interventionspunkt für den Schutzauftrag

nach § 8a bei Gefährdung i.S.d. § 1666 BGB

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Schaubild: 3-stufiges Verfahren nach § 8a

3

2

Handeln

durch

Vermittlung von

Hilfen

Information des JA

Information des

Familiengerichts

Einschaltung anderer

Stellen (z.B. Polizei,

Gesundheitsdienste)

Inobhutnahme

1

Bewerten

des individuellen

Schadensrisikos

Eltern und Kind

beteiligen

insoweit erfahrene

Fachkraft einbeziehen

Erkennen

der Anhaltspunkte

Eigene Beobachtungen

Mitteilungen des

Kindes

Mitteilungen Dritter

- Eltern/Verwandte

- Nachbarn

- Schule

- Arzt/Krankenhaus

Schutzauftrag Teil 2 (2)

19

Gefährdung des Wohls des Kindes i.S.d. § 1666 BGB

körperlich

nachhaltig

absehbar seelisch (Dauer)

(Zeit)

geistig

erheblich

(Tiefe)

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

20

Schaubild 5: Zweispurigkeit des Hilfeverfahrens nach § 8a SGB VIII

Anhaltspunkte für Gefährdung i.S.d. § 1666 BGB

liegen vor liegen nicht vor

weiteres Verfahren nach § 8a

umfassendes Hilfeangebot Hilfeangebot außerhalb des

(außerhalb und innerhalb § 8a-Verfahrens (z.B. Beratung nach

des SGB VIII) §§ 16, 17 oder Förderung in

Tageseinrichtung/Tagespflege nach § 22

oder HzE nach § 27

oder Eingliederungshilfe nach

§ 35a SGB VIII)

„Noteingang“

„Haupteingang“

Leistungen nach SGB VIII

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21

Schaubild: Anhaltspunkte und Gefährdungsrisiko

Feststellung der Anhaltspunkte

generell: hohe Wahrscheinlichkeit

absehbare Zeit

gewichtige Anhaltspunkte für

Gefährdung durch

z.B.: - Vernachlässigung

- Misshandlung/Missbrauch

- Konflikte

Schaden i.S.v. § 1666 BGB

= erhebliche und dauerhafte

Beeinträchtigung der

- leiblichen,

- geistigen oder

- seelischen Entwicklung

Ausgangsfrage: Ist der bekannt gewordene Anhaltspunkt generell geeignet, mit

hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit einen Schaden i.S.v.

§ 1666 BGB hervorzurufen?

Abschätzung des Gefährdungsrisikos im individuellen Fall (bewerten)

Wenn generelleAnhaltspunkte festgestellt:

individuell: hohe Wahrscheinlichkeit

Schaden i.S.v. § 1666 BGB

Resilienz Ressourcen Hilfen

Schutzfaktoren Risikofaktoren

Ausgangsfrage: Wie hoch ist in dem individuellen Fall, also insbesondere nach

Bewertung der Resilienz, Ressourcen und bereits geleisteter

Hilfen, die Wahrscheinlichkeit, dass in absehbarer Zeit ein

Schaden i.S.v. § 1666 BGB eintritt?

Ergebnis: Bei hoher Wahrscheinlichkeit setzen die Handlungspflichten

nach § 8a SGB VIII ein.

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Schaubild: Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII

Selbstmelder

(Abs. 1 S. 1 Nr. 1)

dringende Gefahr Unterbringung des Kindes (Abs.1 S.2)

(Abs. 1 S. 1 Nr. 2) Clearing/Versorgung (Abs. 2)

unbegleiteter Minderjähriger

(Abs. 1 S. 1 Nr. 3)

Unterrichtung des PSB

(Abs. 3 S. 1)

Widerspruch Kein Widerspruch

Übergabe des Kindes oder Einschaltung Hilfeplanverfahren

(Abs. 3 S. 2 Nr. 1) des FamG (Abs. 3 S. 4)

= Ende (Abs. 3 S. 2 Nr. 2)

(Abs. 4 Nr. 1)

Ende: Entsch.

über HzE

(Abs. 4 Nr. 2)

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Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII

Begriff:

Vorläufige Unterbringung eines Minderjährigen ● bei einer geeigneten Person ● in einer Einrichtung oder ● in einer sonstigen betreuten Wohnform (z.B. Jugendschutzstelle etc.) und Wegnahme von einer anderen Person

Zweck: Vorläufige Krisenintervention zum Schutz des Minderjährigen

Gesetzliche Grundlage: § 42 SGB VIII

Voraussetzungen (Abs. 1):

● Bitte des Minderjährigen um Obhut („Selbstmelder“) ● Dringende Gefahr für das Wohl des Minderjährigen + kein

Widerspruch des PSB oder keine rechtzeitige Entscheidung des FamG

● Unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus dem Ausland

Rechtliche Verbindlichkeit:

Pflicht des Jugendamtes zur und Recht des Minderjährigen auf Inobhut-nahme.

Nebenpflichten (Abs. 2): ● Unverzügliche Möglichkeit zur Benachrichtigung einer Person des Vertrauens

● Beaufsichtigung, Erziehung und Aufenthaltsbestimmung ● Sicherstellung von Unterhalt und Krankenhilfe ● Hilfe und Unterstützung

Beteiligung der Perso-nensorgeberechtigten (Abs. 3):

Den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten muss die Inobhut-nahme unverzüglich mitgeteilt und das Gefährdungsrisiko mit ihnen abgeschätzt werden. Bei Widerspruch: ● Unverzügliche Übergabe des Minderjährigen oder ● Entscheidung des Familiengerichts Wenn kein Widerspruch: ● Unverzügliche Einleitung eines Hilfeplanverfahrens (§ 36 Abs. 2

SGB VIII) Wenn Personensorge- oder Erziehungsberechtigte nicht erreichbar: ● Entscheidung des Familiengerichts

Ende der Inobhutnahme (Abs. 4):

● Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder

● Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem SGB VIII.

Freiheitsentziehende Maßnahmen (Abs. 5):

Unterbringung in geschlossener Einrichtung ist nur möglich, um Gefahr für Leib und Leben abzuwenden:

● Mit Genehmigung des FamG oder unverzüglicher Nachholung (§ 1631b BGB)

● Unverzügliche Herbeiführung einer familiengerichtlichen Entschei-dung

● Beendigung der Freiheitsentziehung nach 24 Stunden ohne gerichtliche Entscheidung.

Vollzugshilfe (Abs. 6): Pflicht der Polizei, dem JA mit unmittelbarem Zwang zu helfen.

Örtliche Zuständigkeit: Jugendamt des tatsächlichen Aufenthalts des Minderjährigen (§ 87 SGB VIII)

Kosten der Inobhut-nahme:

Kostenübernahme zunächst durch das örtlich zuständige Jugendamt (§ 91 SGB VIII); Kostenbeitrag kann aber von den Eltern des Minderjährigen und Kostenerstattung vom Jugendamt des g.A. gefordert werden (§ 89b SGB VIII).

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Schutzauftrag Teil 2 (2)

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Eingriff durch Familiengericht (§ 1666* BGB)

Voraussetzungen

Rechtsfolge

Kindeswohl

massiv

gefährdet

durch

a. Sorgerechtsmissbrauch oder

b. Vernachlässigung oder

c. unverschuldetes Versagen

oder

d. Verhalten Dritter

bei mangelnder Bereit-

schaft oder Fähigkeit

der Eltern zur Gefah-

renabwehr

Maßnahmen des

Familiengerichts,

insbesondere

- körperlich

(Versorgung,

Körperpflege,

Schutz vor Gefahren,

Aufsicht)

- geistig

(Bildung)

- seelisch (stabile

Bindung, Liebe, Zuwendung,

Akzeptanz)

Zu a.:

z.B. körperliche oder seelische Miss-

handlungen (sexueller Missbrauch

oder übermäßige Züchtigung), Ver-

weigerung notwendiger ärztlicher

Maßnahmen, Verweigerung notwen-

diger Ausbildung (Nichterfüllung der

Schulpflicht), unberechtigte Um-

gangsverbote, Verleitung zu Krimi-

nalität oder Prostitution.

Zu b.:

z.B. mangelhafte Ernährung,

Bekleidung und Betreuung;

unzureichende Aufsicht, fehlende

Erziehung.

Zu c.:

Objektive Vernachlässigung des

Kindes ohne erweisbares Verschulden

wie z.B. bei Starrsinnigkeit, Alkoho-

lismus oder Zwangslagen.

Zu d.:

z.B. Aufenthalt bei Zuhältern,

Terroristen oder in einer Sekte.

- Ermahnungen, Verwar-

nungen, Verhaltens-

gebote;

- Ersetzung von elterlichen

Willenserklärungen;

- Wohnungswegweisung

des misshandelnden

Elternteils;

- gegenüber Dritten:

Kontaktverbote,

Herausgabeanordnungen,

„Go-Order“;

- Entziehung von Teilen

der Personensorge (z.B. des Aufenthalts-

bestimmungsrechts und der

Verfahrensrechte nach § 36

SGB VIII) oder der gesamten

Personensorge oder der

gesamten elterlichen Sorge.

* nach Neufassung vom 12.7.2008

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25

Kindeswohlgefährdung i. S. d. § 1666 BGB - Übersicht über die Rechtsprechung hierzu –

Eine nachhaltige und schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls wurde in

den folgenden Fällen angenommen.

1. Sexueller Missbrauch

2. Körperliche Misshandlung, wobei eine eventuelle Rechtfertigung nach türkischem

Recht nicht anerkannt wird.

3. Soziale Deviation der Eltern durch Drogen- oder Trunksucht oder Zuhälterei

4. Hineinzwingen in einen ungeeigneten Beruf; Abhalten des Kindes vom Schulbe-

such; Schulschwänzen.

5. Hineinzwingen in eine Ehe.

6. Anhalten des Kindes zum Betteln oder zu strafbaren Handlungen oder zu Unzucht

oder das Zugänglichmachen pornografischer Darstellungen.

7. Hysterische Tobsuchtsanfälle und Ausweisung aus dem Elternhaus in blinder Wut.

8. Verhinderung des Briefwechsels oder des Umgang mit Geschwistern oder Groß-

eltern.

9. Versagen von Impfschutz bei Reisen in seuchengefährdete Gebiete.

10. Weigerung, ein Kind operieren oder eine Bluttransfusion vornehmen zu lassen.

11. Uneinsichtigkeit bei der Befolgung ärztlich angeordneter Medikamentierung und

bei Ernährungsfehlern.

12. Ablehnung psychiatrischer Untersuchung bei offensichtlicher Fehlentwicklung

eines Kindes.

13. Beschneidung eines Mädchens.

14. Vernachlässigung des Kindes durch fehlerhafte Ernährung oder Pflege, wenn weit-

gehende Verwahrlosung droht.

15. Psychische Erkrankungen wie paranoide Psychosen der Eltern, auch wenn sie nur

in Schüben auftreten.

16. Langjährige Traumatisierung des Kindes.

17. Langjährige Heroinsucht der Mutter oder Alkoholabhängigkeit.

18. Beeinträchtigung der sprachlichen Entwicklung des Kindes.

19. Mangelnde Einsicht in die Notwendigkeit der Unterbringung des Kindes in einer

heilpädagogischen Einrichtung.

20. Unfähigkeit zum Aufbau emotionaler Beziehungen.

21. Gleichgültigkeit, Labilität und Antriebsarmut der alleinerziehenden Mutter.

22. Erstickende Erziehungshaltung (sog. over-protection) der alleinerziehenden

Mutter.

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Anregung der Schule/Einrichtung an das Familiengericht

An das Amtsgericht

- Familiengericht – in

Verfahren gemäß § 1666 BGB

Sehr geehrte Damen und Herren,

bezüglich unseres Schülers/unserer Schülerin …………………………… sorgebe-

rechtigt ………………………………. regen wir als familiengerichtliche Maßnahmen

zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung

die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft an mit dem Wirkungskreis

Schulangelegenheiten, Zuführung zur Schule.

Der Schüler/die Schülerin hat seit Beginn des Schuljahres …………….. Unterrichts-

stunden versäumt, wodurch das Erreichen des Schulabschlusses in Frage gestellt wird.

Beweis: anliegende Aufstellung und Bewertung durch den Klassenlehrer/die Klassen-

lehrerin …………………….. vom …………………………

Darüber hinaus führt das Verhalten des Schülers/der Schülerin zu folgenden Proble-

men:

Die Sorgeberechtigten wurden mehrfach auf das Fehlverhalten hingewiesen und zu

Gesprächen eingeladen.

Beweis: Durchschrift des Briefes.

Hierauf reagierten sie wie folgt:

Mangels Mitwirkung durch die Sorgeberechtigten konnte die Situation nicht verbessert

werden.

Mit freundlichen Grüßen

(Schulleiter)

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§ 203 StGB

ein G e h e i m n i s *

wird jemand a n v e r t r a u t (gerade) als

Abs. 1: Angehörigem einer Berufsgruppe: Abs. 2: öffentlichem Funktionsträger:

Nr. 1: Arzt usw.

Nr. 2: Berufspsychologe

Nr. 4: Berater in öff. anerk. Beratungsstelle

Nr. 4a: Berater in Beratungsstelle nach §§ 3 u.

8 SchwangerschaftskonfliktG

Nr. 5: Staatl. anerk. Sozialarbeiter/Sozial-

pädagoge

oder

jew. deren Gehilfen/Auszubildenden (Abs. 3)

Nr. 1: Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB)

Nr. 2: Für den öffentl. Dienst besonders

Verpflichteter (§ 11 Abs. 1 Nr. 4

StGB i.V.m. Verpflichtungsgesetz)

O f f e n b a r u n g s b e f u g n i s bei

Abs. 1

Abs. 2

(1) Einwilligung

- ausdrückliche

- stillschweigende (konkludente)

- mutmaßliche (nur, wenn ausdrückliche

oder stillschweigende nicht möglich)

(2) Bundesgesetzliche (höherrangige)

Mitteilungspflicht (z.B. § 138 StGB)

(3) Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB)

- gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut

- nicht anders abwendbar**

- Abwägung der Güter

- das Rechtsgut muss wesentlich höher-

wertig sein gegenüber dem Berufs-

geheimnis

- wie bei Absatz 1

- zusätzlich: bei Aufgabenerfüllung

der öffentlichen Verwaltung

+

datenschutzrechtlicher Zulässigkeit

(hier: nach §§ 68-75 SGB X

i.V.m. §§ 64, 65 SGB VIII)

* (1) Tatsache, die sich auf (2) bestimmte Person bezieht und (3) nur Einzelnen oder

beschränktem Personenkreis bekannt ist und (4) an deren Geheimhaltung der Betroffene

ein schutzwürdiges Interesse hat auch (5) über den Tod hinaus.

** Vgl. hierzu § 12 KindschutzG RP und § 1 Abs. 5 KindschutzG BW

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41

Schweigepflichtentbindung

Ich/Wir versichere(n) hiermit, dass ich/wir derzeit für das Kind /den/die Jugendliche(n)

--------------------------------------------------------------

in vollem Umfang sorgeberechtigt bin/sind. Ich/wir ermächtige(n) die Mitarbeiter der

Institution/Einrichtung ……………………………………………. Auskünfte zum Zwecke

von …………………………………… bei den/der folgenden Institution(en)/Person(en)

einzuholen.

Nicht Zutreffendes bitte deutlich streichen!

Kindergarten:

Schule:

Hausarzt:

Kinderarzt:

Erziehung- und Familienberatungsstelle:

Jugendamt:

Bank:

Sonstige:

___________________________________________________________________________

Gleichermaßen entbinde(n) ich/wir den ……………………………………………………..

von seiner Schweigepflicht gegenüber den o.g. Instituten bzw. Personen.

Diese Schweigepflichtentbindung kann jederzeit in einzelnen Bereichen oder insgesamt

widerrufen werden.

___________________________________________________________________________

______________________ _____________________

____________________

Ort, Datum Unterschrift

Unterschrift

1. Verteiler an

2. z.Vg.

Az. (Original):

Az. (Kopie):

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42

Rangordnung der Datenschutznormen

Verfassung: Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung

(Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG)

EU-Recht: EU-RL (95/46)

Einfach gesetzliche Regelung: Bundesdatenschutzgesetz

Landesdatenschutzgesetz

Bereichsspezifische Regelung: Sozialgesetzbuch I und X

SGB II SGB VIII SGB IX

SGB XII

Jugendhilfe Amtsbeistand-

allgemein schaft/

-pflegschaft/

-vormundschaft

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43

Rechtsquellen des Sozialdatenschutzes in der Jugendhilfe*

I. Es gelten für alle personenbezogenen Daten im Sozialleistungsbereich:

(1) Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG (Grundrecht auf informationelle

Selbstbestimmung)

(2) § 35 SGB I

(3) §§ 67-85a SGB X (ohne die Anlage zu § 78a, §§ 79, 81 Abs. 2 S. 1 u. Abs. 4 S. 1-2

SGB X**

, 82 S. 2, 84a Abs. 2)

(4) Landesdatenschutzgesetz (Kontrolle durch den Landesdatenschutzbeauftragten;

Verzeichnis der Datenverarbeitungsanlagen; evtl. behördliche Daten-

schutzbeauftragte (z.B. § 11 LDSG Rheinland-Pfalz: ja; § 10 LDSG Baden-

Württemberg: freigestellt).

(5) Bundesdatenschutzgesetz: § 7 BDSG (i.V.m. § 82 SGB X); §15 Abs. 2 S. 2 u. 3

BDSG (i.V.m. §68 Abs. 3 S.2 SGB X); §20 Abs. 5 BDSG (i.V.m. § 84 Abs. 1a

SGBX) jeweils entsprechend und § 38 BDSG (i.V.m. § 75 Abs. 4 SGB X) direkt

Nur für Daten in Dateien (§ 67 Abs. 3 SGB X) gelten:

(1) § 84a Abs. 2 SGB X.

(2) Nur für automatisierte (§ 67 Abs. 3 S. 1 SGB X) Dateien: Anlage zu § 78a SGB X,

§§ 78b***

, 79 SGB X; § 8 BDSG entsprechend.

II. Hinzutreten in der Jugendhilfe:

§§ 61- 68 SGB VIII.

Ausnahmen:

(1) Für Beistandschaft/Amtsvormundschaft/Amtspflegschaft gilt nur § 68 SGB VIII.

(2) Im Adoptionswesen gilt für die Tätigkeit nach dem AdVermiG § 9d AdVermiG

i.V.m. SGB I u. X, für die Tätigkeit nach dem SGB VIII (§§ 50, 51, 36) das

SGB VIII.

(3) Für die Eingliederungshilfe gilt außerdem das SGB IX (§§ 10 Abs. 4, 21 Abs. 1, 23

Abs. 4).

III. Als strafrechtliche Sanktionsnormen gelten außerdem:

(1) für alle Beschäftigten im Sozial- oder Jugendamt: § 203 Abs. 2 StGB.

(2) für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen, Psychologen und Berater in bestimmten

Beratungsstellen: § 203 Abs. 1 StGB.

IV. Für das Adoptionsgeheimnis gilt außerdem § 1758 BGB.

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* Die Sozialdatenschutzbestimmungen des SGB gelten nur für die in § 35 SGB I genannten öffentlichen

Stellen, also nicht für die freien Träger der Jugend- und Sozialhilfe. Für diese gelten die Sozialdatenschutz-

regelungen aber dann, wenn sie vom öffentlichen Träger Sozialdaten übermittelt bekommen haben (§ 78

SGB X); in der Jugendhilfe darüber hinaus, wenn der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sich des Trägers

der freien Jugendhilfe als Erfüllungsgehilfe bedient (§ 61 Abs. 3 SGB VIII). **

§ 81 Abs. 4 S. 1-2 ist für die Jugend- und Sozialhilfe ohne Bedeutung, da keine Geltung für Länder-

behörden (§ 81 Abs. 4 S.3). ***

§ 78c gilt nicht für Länderbehörden (§ 78c S. 3)

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44

Begriff des Sozialgeheimnisses nach § 35 SGB I

Wahren des Sozialgeheimnisses

Schutz vor Eingriffen Sichern

in Daten durch von Daten

Erheben Verwenden

beim Be- bei Verarbeiten Nutzen

troffenen Dritten

Spei- Verän- Über- Sperren* Löschen*

chern dern mitteln

Weiter- Kenntnis-

gabe an gabe (durch

Dritte Bereithalten)

Berich- Anony-

tigen* misieren*

Pseudony-

misieren*

* Zwar Verarbeitungsvorgänge, aber keine Eingriffe, sondern Schutzinstrumente

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45

Schaubild: Normadressaten des § 35 SGB I

Sozialgeheimnis

öffentlicher Träger

Gewährleistungsakt Datenempfang

(§ 61 Abs. 3 SGB VIII) (§ 78 Abs. 1

S. 2 SGB X)

freier Träger

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46

Prüfschema für den (gesetzlichen) Datenschutz bei Trägern

der freien Jugendhilfe

1. Ist der freie Träger abgeleiteter Normadressat des § 35 SGB I?

Nur dann, wenn er

a) Daten vom öffentlichen Träger erhalten hat (§ 78 Abs. 1 S. 2 SGB X) oder

b) für den öffentlichen Träger JH-Aufgaben erfüllt und der Datenschutz durch

einen Rechtsakt (VA oder Vertrag) sichergestellt ist (§ 61 Abs. 3 SGB VIII).

Wenn ja, gilt für seine Übermittlungen:

bei nach § 78 SGB X erhaltenen Daten: weitere Übermittlung ist nur gem. § 69

Abs. 1 Nr. 1 SGB X möglich;

bei Aufgabenerfüllung nach § 61 Abs. 3 SGB VIII: weitere Übermittlungen

sind gem. §§ 69, 71 Abs. 1 Nr. 1, 73, 74, 75 SGB X möglich.

In beiden Fällen gilt:

Bei Übermittlungen nach § 69 SGB X ist zusätzlich § 64 Abs. 2, 2a SGB VIII

zu beachten.

Bei anvertrauten Daten sind § 76 SGB X und § 65 SGB VIII zu beachten.

In jedem Fall gilt für den Umfang des Datenschutzes § 35 Abs. 3 SGB I, für die

Datensicherung § 35 Abs. 1 SGB I, für die Rechte des Betroffenen auf Auskunft,

Löschung, Sperrung und Schadenersatz §§ 81-84a SGB X, für Sanktionen gelten

§§ 85, 85a SGB X.

2. Falls Datenschutz nicht abgeleitet, gilt er aufgrund vertraglicher Nebenpflichten

(§§ 241 Abs. 2, 242 BGB i.V.m. Dienst- oder Werkvertrag oder – bei kirchlichen

Trägern – aufgrund kirchlichen Datenschutzes).

3. Gehört ein Mitarbeiter einer der in § 203 Abs. 1 und Abs. 3 StGB genannten Be-

rufsgruppen an, gilt zusätzlich die strafrechtliche Schweigepflicht.

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Schaubild: Normwirkung des § 35 SGB I

§ 35 Abs. 2 SGB I: „Keine Übermittlung ohne Gesetz“ (SGB X i.V.m. SGB VIII)

§ 35 Abs. 3 SGB I: Ohne Übermittlungsbefugnis keine

Aussage

Aktenvorlage

Zeugnis vor Gericht

Beschlagnahme

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Schaubild: Weitergabe von Daten durch das Jugendamt

Beteiligung weiterer (externer)

Fachkraft zur Einschätzung

des Gefährdungsrisikos

Einrichtung eines

freien Trägers

anderes

andere Fachkraft Jugendamt

im Jugendamt

Familien-

Arzt

gericht

Fachkraft

= Nutzen

Polizei

Verwandte

Schule

des Kindes

= Übermitteln

bzw. Erheben

Weitergabe bzw. Erheben ist zulässig, wenn zur Erfüllung des Schutzauftrages

erforderlich.

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50

Schaubild 4: Weitergabe von Daten durch

Einrichtung eines freien Trägers

externe Fachkraft

andere

Einrichtung

andere Fachkraft Jugendamt

innerhalb der Einrichtung

Arzt

Fachkraft

= Nutzen Polizei

Verwandte

des Kindes

Schule

= Übermitteln

bzw. Erheben

Weitergabe bzw. Erheben ist zulässig, wenn zur Erfüllung des Schutzauftrages

erforderlich.

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51

Schaubild: Sozialdatenschutz in der Jugendhilfe

- Prüfstruktur -

§ 61 SGB VIII i.V.m.

§ 35 Abs. 1 SGB I

i.V.m.

§ 67 SGB X

Schutzbereich

Sozialleistungs

träger

personenbez.

Datum

§ 67 Abs. 5-7 SGB X Eingriff

§ 35 Abs. 2 SGB I i.V.m.

§§ 67a, b SGB X Eingriffsbefugnis („Schranke“)

Einwilligung Befugnisnorm

§ 67b Abs. 2 SGB X

§ 62 Abs. 2 SGB VIII

§ 62 SGB VIII Datenerhebung

Datenüber-

mittlung § 67d SGB X i.V.m.

§ 68 § 69 § 71 § 73 § 74 § 75

„Schranken-Schranke“

§ 76 SGB X

§ 65 SGB VIII (für anvertraute Daten)

§ 64 Abs. 2, 2a SGB VIII (nur für § 69 SGB X)

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Schaubild: Gesetzliche Übermittlungsbefugnisse

§ 68 SGB X

§ 69 SGB X

§ 71 SGB X

§ 73 SGB X

Polizei/Gericht

Beachte:

nur Adresse ...

Ersuchen

schutzwürdige

Interessen be-

achten

besondere

Zuständigkeit

andere Stellen zu:

(1) eigener Aufgaben-

erfüllung nach SGB

(2) Erfüllung einer Auf-

gabe nach dem SGB

durch andere Stelle

(3) gerichtlichem Ver-

fahren im Zusam-

menhang mit Auf-

gabenerfüllung nach

SGB

Polizei/Auslän-

derbehörde zur:

(1) Anzeige einer

geplanten

Straftat nach

§138 StGB

(2) Mitteilung einer

Jugendhilfe-

leistung an

Ausländerbe-

hörde nach § 87

AufenthG:

Strafgericht zur:

Durchführung

eines

Strafverfahrens

Beachte:

schwere

Straftat

+

Anordnung des

Richters

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53

Prüfschema zum Datenschutz bei Kindeswohlgefährdung

I. Übermittlungsbefugnis

1. Eingriff in Sozialgeheimnis? § 35 Abs. 1 SGB I i.V.m. § 61 Abs. 1 SGB VIII - Sozialleistungsträger (§§ 18 - 29 SGB I) - Sozialdatum (§ 67 Abs. 1 SGB X) - Übermittlung (§ 67 Abs. 6 Nr. 3 SGB X)

2. Zulässigkeit des Eingriffs? § 35 Abs. 2 SGB I i.V.m. §§ 67b, d SGB X i.V.m. a) § 68 SGB X

- (gültiges) Ersuchen der Polizei - übermittlungsfähiges Datum (Adresse ...)

b) § 69 SGB X i.V.m. § 64 Abs. 2, 2a SGB VIII - Erfüllung einer Aufgabe nach dem SGB (Abs. 1 Nr. 1) oder damit im

Zusammenhang stehendes gerichtliches Verfahren (Abs. 1 Nr. 2) - Erforderlichkeit für diese Aufgabenerfüllung - die Übermittlung darf den Erfolg einer Leistung gem. § 2 Abs. 2 SGB VIII

nicht gefährden - Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Sozialdaten

c) § 71 SGB X Abs. 1 Nr. 1 ist nur für geplante Straftaten, die in § 138 StGB genannt sind, anwendbar.

d) § 73 SGB X - Anordnung durch den Richter - Verbrechen (gem. § 12 StGB) oder Vergehen von erheblicher Bedeutung,

insbesondere § 176 StGB (sexueller Missbrauch von Kindern) § 225 StGB (Misshandlung von Schutzbefohlenen)

bei anvertrauten Daten zusätzlich:

II. Weitergabebefugnis 1. Eingriff gem. § 65 SGB VIII?

a) anvertrautes Datum b) bei persönlicher oder erzieherischer Hilfe

2. Zulässigkeit des Eingriffs? a) Nr. 1:

Einwilligung des Anvertrauenden b) Nr. 2:

Gefährdungsschwelle des § 1666 BGB +

Entscheidung des Familiengerichts +

Leistung des Jugendamts gem. § 2 Abs. 2 SGB VIII c) Nr. 3:

bei Zuständigkeitswechsel d) Nr. 4:

zur Abschätzung des Gefährdungsrisikos - Anonymisierung oder Pseudonymisierung

e) Nr. 5: Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB) - höherwertiges Schutzgut als die Schweigepflicht - gegenwärtige Gefahr für dieses Schutzgut - Weitergabe notwendig (= keine Alternative) zur Abwendung der Gefahr

Beachte: (1) Für Tätigkeit des AB/AP/AV gilt nur § 68 SGB VIII.

(2) Für Angehörige einer Berufsgruppe nach § 203 Abs. 1 StGB gilt zusätzlich

die strafrechtliche Schweigepflicht aus § 203 Abs. 1 StGB.

aus Kunkel, Jugendhilferecht, 6. Auflage 2010

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54

Schaubild: Datenerhebung nach § 62 SGB VIII

Betroffenenerhebung

beim Betroffenen selbst mit seiner Einwilligung bei Dritten

wenn:

Daten erforderlich sind für die Erfüllung einer

konkreten Aufgabe (z.B. § ...) nach dem SGB VIII

Dritterhebung (ohne Einwilligung)

gesetzlich vorge-

schrieben oder

zugelassen

Betroffenenerhebung

unmöglich oder

Dritterhebung

aufgabenspezifisch

+

erforderlich für

Betroffenenerhebung

zu aufwändig

+

keine

Beeinträchtigung

seiner

schutzwürdigen

Interessen

Betroffenenerhebung

würde Zugang zu

Hilfe gefährden

Leistungs-

gewährung

Leistungs-

erstattung

Schutzauftrag nach

§ 8a SGB VIII

oder für familienge-

richtliche Entschei-

dung nach § 1666

BGB als „Türöffner“

zu Leistungsgewäh-

rung

Aufgabe nach §§ 42

bis 48a, 52

SGB VIII

© Kunkel 2010