1 Von der „verborgenen Kraft“ zum Ökonomiefaktor Prinzipien und Anwendungen der Katalyse.

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1 Von der „verborgenen Kraft“ zum Ökonomiefaktor Prinzipien und Anwendungen der Katalyse
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Von der „verborgenen Kraft“ zum Ökonomiefaktor

Prinzipien und Anwendungen der Katalyse

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Gliederung

• Historisches zum Begriff „Katalyse“ V 1• Prinzipien der Katalyse• Formen der Katalyse

1. homogene Katalyse V 2

2. heterogene Katalyse V 3

3. enzymatische Katalyse V 4

4. Autokatalyse V 5• Anwendungen von Katalysatoren

1. Abgaskatalysator D 1, V 6

2. Ostwald-Verfahren V 7• Ausblick• Schulrelevanz

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Historisches zum Begriff „Katalyse“

• Anfang 19. Jh. Thénard, Döbereiner (V1: Zerfall von H2O2 an

Silber)

• 1835 J.J. Berzelius

• Begriff „Katalyse“: von griech. Καταλύειν = auflösen

Definition: „verborgene Kraft“„bloße Gegenwart“ ruft „chemische Tätigkeiten hervor, die ohne sie nicht stattfänden“

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Historisches zum Begriff „Katalyse“

• Um 1900 W. Ostwald

• 1909-1913 F. Haber, A. Mittasch:

Ammoniaksynthese → Meilenstein

Definition: Katalyse ist die Beschleunigung eines langsam verlaufenden Vorgangs durch die Gegenwart eines fremden Stoffes (des Katalysators). Ein Katalysator erhöht die Geschwindigkeit der Reaktion ohne im Endprodukt zu erscheinen.

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Prinzipien der Katalyse

Thermodynamik

• Lehre von den Energie-änderungen

• Voraussage, ob eine bestimmte chemische Reaktion unter gegebenen Bedingungen ablaufen kann

• Keine Aussagen über Geschwindigkeit

Kinetik

• Lehre von der Geschwindigkeit

• Abhängigkeit der RG von der

- Konzentration (Zeitgesetz)- Temperatur (Arrhenius-Glei- chung- Katalysatoranwesenheit

Energetik

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Wie wirkt ein Katalysator?

• Energiediagramm

Theorie des aktivierten Komplexes

Annäherung der Eduktmoleküle

→ Anstieg von Epot um EA

→ Erreichen eines Maximums bei Bildung des aktivierten Komplexes

→ Umlagerung der Atome

→ Absinken von Epot

→ Katalysator: Einwirkung auf die Aktivierungsenergie!

Aktivierter Komplex

Edukte

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Positive und negative Katalyse

Positive Katalysatoren

• Senken EA

• Erhöhen die RG

• Beschleunigen die GW-Einstellung

Negative Katalysatoren

(Inhibitoren)

• Wirken entgegengesetzt zu positiven Katalysatoren

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Formen der Katalyse

Katalyse

HomogenHeterogenisiert

Homogen(auch Enzyme)

Heterogen

Übergangsmetall-Katalysatoren

Säure/Base-Katalysatoren

Trägerkatalysatoren Vollkatalysatoren

Autokatalyse PTC

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Homogene Katalyse

• Katalysator und Reaktanten liegen in gleicher Phase vor (Gas- oder Lösungsphase)

• „Überträger“• Reaktionsmodell:

A + K AK

1. Edukt Katalysator Zwischenprodukt

AK + B AB + K

2. Edukt Produkt

K

A + B AB

→ Bildung von Zwischenverbindungen!

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V2: Nachweis von Zwischenverbindungen beim katalytischen Zerfall von Tartrat-Ionen

Erklärung:

-1 +3/2 Co2+ -2 +4 +4

Gesamtreaktion: 5 H2O2 + C4H4O62- 6 H2O + 2 HCO3

- + 2 CO2 ↑

1A + B

Raum-TC

2A + B

40-50°CC

3A + B

40-50°C-----

langsamerFarbwechsel

Gasentwicklungschneller

Farbwechsel

keine Reaktionfarblos

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-1 +2 -2 +3

Schritt 1: ½ H2O2 + [Co(H2O)6]2+ OH- + [Co(H2O)6]3+

rosa blau

Schritt 2: [Co(H2O)6]3+ + n C4H4O62-

[Co(C4H4O6)n]3-2n + 6 H2O

grün

Schritt 3: [Co(C4H4O6)n]3-2n + 4 ½ H2O2 + OH- + 6 H2O

2 HCO3- + [Co(H2O)6]2+ + 6 H2O + n-1 C4H4O6

2- + 2 CO2 ↑ rosa

Fazit: 1. Co2+ = Redoxkatalysator2. Zusatz von Co2+ und T-Erhöhung: Zunahme der RG3. Beobachtung von Zwischenstufen bei homogenen Katalysen!4. Der Katalysator liegt nach der Reaktion unverändert

vor!

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Heterogene Katalyse• Katalysator und Reaktanten liegen in verschiedenen Phasen vor:

Katalysator: f, Reaktanten: g oder l• „Kontakt“ • Katalysatorwirkung durch „aktive Stellen“• Einfluss von Promotoren• Teilprozesse:

1. Diffusion2. Physisorption oder Chemi-

sorption3. Reaktion4. Desorption5. Diffusion

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Physisorption - Chemisorption

Frage: Warum läuft die katalysierte Oberflächenreaktion schneller ab als die Reaktion in der Gasphase?

• Ursache der Adsorption: nicht voll abgesättigte Valenzen der Atome an der Oberfläche

• Gründe für katalytische Wirkung durch Adsorption: 1. Erhöhung der Konzentration 2. Schwächung der Bindungen 3. sterische Faktoren

• wenn EWW = ΔHkond(Gas): Van-der-Waals-Kräfte → Physisorption• wenn EWW > ΔHkond(Gas): Atombindungen → Chemisorption

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Erklärung V1: Zerfall von Wasserstoffperoxid an Silber

-1 Ag -2 0

Reaktion: H2O2 H2O + ½ O2 ↑

Erklärung: Oberfläche Ag-Pulver > Oberfläche Ag-Blech

→ Möglichkeiten zur Adsorption bei Ag-Pulver größer

→ pro Zeiteinheit Umsetzung von mehr H2O2

Fazit: Zerteilungsgrad des Katalysators entscheidend

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V3: Beschleunigte Zersetzung von KClO3 durch MnO2

• Ohne Katalysator

Reaktion > 500°C→ Glimmspanprobe negativ

+5 -1 +7

4 KClO3 KCl + 3 KClO4

+7 -1 0

3 KClO4 3 KCl + 6 O2 ↑

• Mit Katalysator

Reaktion bei 150°C→ Glimmspanprobe positiv

+5 -2 MnO2 -1 0

2 KClO3 2 KCl + 3 O2 ↑

+5 +4 -1 +6

KClO3 + 3 MnO2 KCl + 3 „MnO3“

+6 -2 +4 0

3 „MnO3“ 3 MnO2 + 3/2 O2 ↑

Fazit: Eingriff des Katalysators in den Mechanismus!

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Zwischenbilanz

Katalysatoren sind Stoffe, die

1. am Ende der Reaktion unverändert vorliegen.

2. in der Bruttogleichung nicht auftreten.

3. in den Reaktionsmechanismus eingreifen!

4. keinen Einfluss auf die GW-Lage haben!

5. ΔG nicht verändern!

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Enzymatische Katalyse

• Katalyse durch Proteine• „Biokatalysatoren“• In Lebewesen von Bedeutung, da Reaktionen bei

Körpertemperatur• Bildung von Enzym-Substrat-Komplexen (Schlüssel-

Schloss-Prinzip)

• Aktivität und Selektivität→ Substratspezifität→ Wirkspezifität→ Desaktivierung

E S

Aktive Stelle

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V4: Zersetzung von Harnstoff mittels Urease

Reaktion: OC(NH2)2 + H2O CO2 ↑ + 2 NH3(aq)

NH3(aq) + H2O NH4+

+ OH-

OH- + HInd Ind- + H2O farblos rot-violett

Erklärung: 1. Farbwechsel des Indikators zeigt Zersetzung des Harnstoffs an

2. Verlust der Wirksamkeit des Katalysators durch Erhitzen und Zusatz von Schwermetallen

Urease

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Denaturierung und Vergiftung• Hitzedenaturierung

> 45 °C

• „Vergiftung“ des Enzyms

E

Sekundär- und Tertiär-struktur zerstört

Aktives Zentrum zerstört → keine Katalysatorwirkung mehr

E E Ag+Ag++

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Autokatalyse

• Katalytische Beeinflussung einer Umsetzung durch ein (Zwischen-) Produkt:

A B + C

• Rückkopplung (feedback)

• Bildung des Katalysators während der Reaktion

• Zunächst: Anstieg von RG bei T = const.

C

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V5: Briggs-Rauscher-Reaktion

Oszillierende Ioduhr +4 -1 -2 Mn2+ -1 0 0

BRges: IO3- + 2 H2O2 + CH2(COOH)2 + H3O+ ICH(COO)2 + 2 O2 + 4 H2O

Ursache des Farbwechsels:

periodische Schwankungen, d.h. Oszillation der intermediär gebildeten

Iodid- und Iod-KonzentrationProzess A

nicht-radikalischbei c(I-) > ckrit

Prozess A nicht-radikalisch

bei c(I-) > ckrit

Prozess Bradikalisch

bei c(I-) < ckrit

Prozess Bradikalisch

bei c(I-) < ckrit

Prozess CSteuerungsreaktionRegelung von c(I-)

Prozess CSteuerungsreaktionRegelung von c(I-)

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Der Abgaskatalysator

• Trägermaterial: Cordierit

• Oberfläche der einzelnen Kanäle: γ-Al2O3-Zwischenhaftschicht + Edelmetallschicht aus Rhodium-haltigem Platin

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Das Problem

Dreiwegekatalysator:1.Weg: 2 CO + 2 NO → N2 + 2 CO2

2. Weg: CH4 + 4 NO → 2 N2 + CO2 + 2 H2O

3. Weg: CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2O CO + O2 → 2 CO2

Problem

CO CnHm NOx

Aus unvollständiger Verbrennung

Verbrennungs-begleiterscheinung

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V6: Reinigung von Autoabgasen

Nachweis: 2 [Ag(NH3)2]+ + 2 H2O + CO → 2 Ag ↓ + 4 NH4+ + CO3

2-

schwarz

Fazit: Katalysator fördert Umsetzung von CO → geringere Silberabscheidung

2 CuO + 2 CO → 2 Cu + 2 CO2

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Das Ostwald-Verfahren• Erklärung: 1. dient zur Salpetersäure-Herstellung

2. katalytische Ammoniak-Verbrennung

3. Katalysator: Platin-Rhodium-Netz

• Reaktion: 4 NH3 + 5 O2 4 NO + 6 H2O bei 820-950 °C

Pt/Rh

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Versuch 7: Funkenfontäne in der Flasche

-3 0 Cr2O3 0 -2

Reaktion: 4 NH3(g) + 3 O2 (Luft) N2(g) + 6 H2O(g)

Erklärung: 1. Vermischen von NH3 mit Luftsauerstoff2. Lieferung der nötigen Energie durch Wärmeab- strahlung vom glühenden Oxid3. Funken durch erneutes Aufglühen des

Katalysators4. „Umherschwirren“ durch Gasauftrieb5. „Beschlagen“ des Glases durch Wasserdampf

Fazit: Veranschaulichung des Ostwald-Verfahrens

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Ausblick

• 90% der technischen Verfahren = katalytische Verfahren!

• Vorteile:1. gezielte Steuerung von Synthesen2. Reduktion von Abfällen3. Reduktion des Energieausstoßes

• In Zukunft hohe Bedeutung u.a. beiEnergieforschung (Brennstoffzellen)

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Schulrelevanz• Bestandteil der Energetik (Jahrgang 12/13)

• Berührungspunke mit

1. Technische Chemie: Großverfahren 2. Redoxchemie3. Umweltchemie: Abgaskatalysator, Ozonbildung 4. Biologie

• Hoher Anwendungsbezug

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„Was so die Alchemie erstrebt und

verheißen, hat die Natur, wenn schon in anderer Weise, von jeher in der Katalyse und Biokatalyse vollbracht, und der Chemiker des

19. und 20. Jahrhunderts hat nachahmend und lernend einiges hiervon erfassen können.“

A. Mittasch