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Werner Killian/Karsten SchneiderUmgestaltung des öffentlichen Sektors

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Werner Killian/Karsten Schneider

Betriebs- und Dienstvereinbarungen

Umgestaltungdes öffentlichen Sektors

Analyse und Handlungsempfehlungen

Bund-Verlag

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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.ddb.de abrufbar.

© 2003 by Bund-Verlag GmbH, Frankfurt am MainRedaktion: Edgar Bergmeier/Henriette Pohler, DüsseldorfHerstellung: Birgit GastUmschlag: Angelika Richter, HeidesheimSatz: Dörlemann Satz, LemfördeDruck: Ebner & Spiegel, UlmPrinted in Germany 2003ISBN 3-7663-3520-0

Alle Rechte vorbehalten,insbesondere die des öffentlichen Vortrags,der Rundfunksendungund der Fernsehausstrahlung,der fotomechanischen Wiedergabe,auch einzelner Teile.

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Vorwort

Anfang der 90er Jahre erfasste eine Welle der Verwaltungsmoderni-sierung die deutschen Behörden. In Bundes-, Landes- und insbeson-dere Kommunalverwaltungen setzte in diesem Zeitraum ein bis heuteandauernder Reformprozess ein. Diese Modernisierungsbemühun-gen übertreffen hinsichtlich Wirkung und Umfang die Reformpro-jekte und Entbürokratisierungsversuche der vorangegangenen Jahr-zehnte bei weitem. Kritisch analysieren sie die öffentliche Verwaltungals Ganzes, sowohl deren Aufgaben und Organisationsformen alsauch ihre Arbeitsweise.

Das Spektrum an umfassenden Umstrukturierungsmaßnahmenim öffentlichen Sektor wird durch die Neupositionierung Deutsch-lands in der globalisierten Wirtschaft und die Krise der öffentlichenFinanzen begrenzt. Sie erzeugen in zweifacher Hinsicht einen star-ken Reformdruck: Einerseits sollen erhebliche Einsparungen, ande-rerseits trotz geringerer finanzieller Mittel mehr Bürgernähe undhöhere Dienstleistungsqualität der öffentlichen Verwaltungen erzieltwerden.

Auch wenn die Gewerkschaften im Rahmen des Modernisierungs-prozesses eine bedeutende Rolle gespielt haben und immer nochspielen, die gewerkschaftliche Politik zudem in Kooperationen mitder Arbeitgeberseite zum Tragen kommt (z.B. in der gemeinsamenInitiative »Kommunen der Zukunft«), ist die betriebliche Ebene derArbeitsbeziehungen im Zuge der Entwicklung aufgewertet worden.Dies entspricht insbesondere den Absichten der Verwaltungsmoder-nisierung, weitgehend identische globale Reformziele den spezifischenRahmenbedingungen und politischen Konstellationen einzelner Ver-waltungen anzupassen, um so einen individuellen Modernisierungs-pfad zu finden. Vor diesem Hintergrund wurden mittlerweile eineganze Reihe von betrieblichen Vereinbarungen zur Modernisierungdes öffentlichen Sektors abgeschlossen. Vielfach liegt hierin die in-

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6 Vorwort

haltliche Basis für konkrete lokale Projekte und die neue Zusammen-arbeit zwischen Politik, Verwaltungsleitung und Arbeitnehmerver-tretern.

In vorliegendem Band werden insgesamt 86 betriebliche Vereinba-rungen ausgewertet, die zwischen Personalvertretungen und Verwal-tungsspitzen – teilweise unter Einbeziehung der Gewerkschaft – ver-einbart wurden. Darin regeln die Parteien zahlreiche Gesichtspunkteder Reform.

Die Auswertung dieser Vereinbarungen thematisiert folgende not-wendige Fragen:y Was sind die festgelegten Ziele der Verwaltungsmodernisierung?y Welche Themen werden behandelt und wie lauten die jeweiligen

materiellen Inhalte?y Welche prozessualen Regelungen sind vereinbart worden?y Welche Beteiligungsformen haben die Betriebsräte für sich reali-

sieren können und wie gestaltet sich die Partizipation der Beschäf-tigten?

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1. Rahmenbedingungen der Modernisierung des

öffentlichen Sektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2. Regelungsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.1 Umgestaltungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.1.1 Allgemeine Zielkataloge und Handlungsfelder . . . . 152.1.2 Haushaltskonsolidierung und Beteiligung . . . . . . . 172.1.3 Veränderte Wettbewerbssituation für die öffentliche

Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182.1.4 Enthierarchisierung und Dezentralisierung . . . . . . 202.1.5 Qualitätsmanagement und Bürger- bzw. Kunden-

orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.1.6 Personalentwicklung und Leistungsanreize . . . . . . 222.1.7 Leistungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.2 Rationalisierungsschutz und Nachteilsausgleich . . . . . . . 242.2.1 Ausschluss betriebsbedingter Entlassungen . . . . . . 252.2.2 Ausnahmeregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 272.2.3 Aufgabenabbau und Übergangsregelung . . . . . . . 282.2.4 Umsetzungen, Besitzstandswahrung und

Rückgruppierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292.3 Entwicklung der Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . 31

2.3.1 Aufgabenkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.3.2 Abnahme interner Dienstleistungen . . . . . . . . . . 342.3.3 Organisationsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 35

2.4 Personalentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.5 Arbeitszeitregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.6 Regelungen zum Konzern Stadt (bzw. zu Eigengesellschaften

und -betrieben) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

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2.6.1 Grundsätzliches zum Konzern Stadt . . . . . . . . . . . 492.6.2 Wettbewerbsfähigkeit, Übergangsfristen und

Verfahrensregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 522.6.3 Vergleichbare bzw. »faire« Wettbewerbsbedingungen . . 532.6.4 Kriterien für Ausgliederungsentscheidungen . . . . . . 542.6.5 Personalüberleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572.6.6 Zusätzlich vereinbarte Beteiligungsrechte . . . . . . . 582.6.7 Kooperation der Interessenvertretungen im Konzern Stadt 59

2.7 Einführung von Bürgerbüros . . . . . . . . . . . . . . . . 65

3. Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente . . 703.1 Beteiligung der Personalvertretungen . . . . . . . . . . . . 71

3.1.1 Regelungen der »allgemeinen Mitbestimmung« . . . . 713.1.2 Beteiligung an Reformgremien . . . . . . . . . . . . . 753.1.3 Unternehmensmitbestimmung . . . . . . . . . . . . . 78

3.2 Direkte Partizipation der Beschäftigten . . . . . . . . . . . 793.3 Beteiligung der Gewerkschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 85

4. Offene Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

5. Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . 90

6. Beratungs- und Gestaltungshinweise . . . . . . . . . . . . 946.1 Gestaltungsraster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 946.2 Ausgangspunkte für die gestaltende Einflussnahme durch

die Interessenvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976.3 Rechtliche Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

7. Bestand der Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108Das Archiv Betriebliche Vereinbarungen der

Hans-Böckler-Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

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Abkürzungsverzeichnis

Abs. AbsatzAG Arbeitgeber

BAG BundesarbeitsgerichtBAT Bundes-AngestelltentarifvertragBGB Bürgerliches GesetzbuchBMT-G Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher

Verwaltungen und Betriebe, eigentlich »BMT-G II«bzw. beziehungsweise

ca. circa

d.h. das heißt

EDV Elektronische Datenverarbeitungetc. et ceteraEU Europäische Unionevtl. eventuell

f./ff. folgende

ggf. gegebenenfallsGmbH Gesellschaft mit beschränkter HaftungGPR Gesamtpersonalrat

i.H.v. in Höhe voni.S.d. im Sinne desi.V.m. in Verbindung mit

JAV Jugend- und Auszubildendenvertretung

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10 Abkürzungsverzeichnis

KGSt Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungs-vereinfachung

LPVG Landespersonalvertretungsgesetz

Nr. Nummer(n)NSM Neues SteuerungsmodellNW Nordrhein Westfalen

o.g. oben genannte/rOE OrganisationsentwicklungÖPNV Öffentlicher PersonennahverkehrÖTV Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Transport und

Verkehr

PE PersonalentwicklungPR Personalrat

QM Qualitätsmanagement

SBV SchwerbehindertenvertretungSGB Sozialgesetzbuch

u.a. und andere / unter anderemu.Ä. und Ähnliche(s)usw. und so weiteru.U. unter Umständen

v.a. vor allemver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaftvgl. vergleiche

z.B. zum Beispielz.T. zum Teilz.Z. zur Zeit

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Rahmenbedingungen der Modernisierung des öffentlichen Sektors 11

1. Rahmenbedingungender Modernisierungdes öffentlichen Sektors

Die Ursachen der Umgestaltung des öffentlichen Sektors sind viel-schichtig und daher nicht eindeutig auf einzelne Beweggründe redu-zierbar. (1.) Zum einen hat die Globalisierung der Wirtschaft unddie Vollendung der Europäischen Union längst auch die öffentlichenVerwaltungen erreicht. Dies führt zu zunehmendem Wettbewerbund lässt den öffentlichen Sektor zu einem wichtigen Standortfaktorwerden. Das deutsche Verwaltungsmodell hat in diesem Zusammen-hang seine Vorbildfunktion im internationalen Vergleich verloren.Andere Verwaltungen wie z.B. die der Niederlande, der USA oderNeuseelands werden als effektiver und effizienter wahrgenommen.Gleichzeitig wird ihnen ein höheres Maß an demokratischer Qualitätzugeschrieben, für die Bundesrepublik hingegen ein Modernisie-rungsrückstand festgestellt. (2.) Zum anderen gebietet die mittler-weile beispiellose Krise der öffentlichen Haushalte ein tief greifendesUmdenken im administrativen Sektor. Immer deutlicher spüren dieKommunen seit Einführung des Länderfinanzausgleichs für die ge-samte Bundesrepublik im Jahr 1995 z.B. die Folgen der primär schul-denfinanzierten deutschen Wiedervereinigung. Gleichzeitig steigendurch zunehmende Arbeitslosigkeit die Ausgaben für Sozialhilfe,die von den Kommunen getragen werden. (3.) Dritter Impuls für dieReformbewegung ist die abnehmende gesellschaftliche Akzeptanzder öffentlichen Verwaltung. Hinter den Schlagworten Bürgernäheoder Dienstleistungsorientierung verbirgt sich die Forderung nach einerVerwaltungsmodernisierung, die Bürgern wie Unternehmen indivi-duelle Leistungen hoher Qualität sichert.

Kurz: Eine Verwaltungsreform muss in jedem Fall höhere Ziel-genauigkeit (hinsichtlich Erfüllung öffentlicher Aufgaben), effizien-tere Wirtschaftlichkeit (bei Aufgabenerledigung) und stärkere Legi-timation (Durchsetzung von Bürger- und Unternehmensinteressen)bewirken.

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12 Rahmenbedingungen der Modernisierung des öffentlichen Sektors

Die aktuellen Reformbemühungen des öffentlichen Sektors sind ge-genwärtig in drei Entwicklungslinien zu unterteilen:y Aufgrund des Sparzwanges kommt es zu einer eher unsystema-

tischen Überprüfung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Sek-tors. Daraufhin werden einzelne Organisationseinheiten in ihrerRechtsform geändert (und bleiben Bestandteil des öffentlichenBereiches) oder ausgegliedert und dabei teilweise aus öffentlicherin privatwirtschaftliche Befugnis überführt. Ein Versuch, durchLockerung bestehender gesetzlicher oder tarifvertraglicher Rege-lungen wirtschaftlicher handeln zu können. Die Privatisierung ver-spricht im Falle einer Veräußerung zusätzliche Einnahmen für denHaushalt und trägt darüber hinaus marktliberalen Ordnungsvor-stellungen Rechnung. In der Verwaltungspraxis wie in der entspre-chenden wissenschaftlichen Literatur wird dieser Modernisierungs-strang vielfach unter dem Begriff Konzern Stadt diskutiert. AmEnde der organisatorischen Entwicklung soll der öffentliche Sek-tor einem privatwirtschaftlichen Konzern vergleichbare Strukturenaufweisen.Eine Sonderform der Entwicklung bildet die punktuelle Zusam-menarbeit des öffentlichen und privatwirtschaftlichen Sektors beider Erledigung öffentlicher Aufgaben (Public-Private-Partner-ship).

y Die Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente in die öffent-liche Verwaltung soll Zuständigkeiten und Verantwortung de-zentralisieren und die Steuerungsfähigkeit von Verwaltungsspitzeund Politik verbessern – eine Form des Verwaltungsumbaus, dieNew Public Management bzw. Neues Steuerungsmodell genannt wird.Moderne Strategien der Personalentwicklung und des Personal-managements sowie neue Arbeitsformen flankieren derartige Mo-delle. Maßnahmen dieser binnenorganisatorischen Modernisie-rung umfassen z.B. die Definition von Produkten, die Einführungeines quantitativen und qualitativen Controllingsystems und Be-richtwesens, die Finanzsteuerung über Budgets und die Ablösungdes kameralistischen Haushaltswesens durch eine transparenteKosten- und Leistungsrechnung. Neue Formen der Arbeitsgestal-tung wie z.B. die Etablierung von Qualitätszirkeln oder Projektar-beit sowie die Individualisierung der Leistungsverantwortungdurch Leistungskontrollen oder individuelle Leistungszulagensind in diesem Zusammenhang zu nennen.

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Rahmenbedingungen der Modernisierung des öffentlichen Sektors 13

y Das Modernisierungsziel Legitimation – im Sinne von Akzeptanzbzw. Durchsetzungsfähigkeit von Politik – wird in einer Vielzahlvon Projekten zur Optimierung des Dienstleistungsservices öffent-licher Einrichtungen verwirklicht. Die Eröffnung von Bürgerbürossei hier als Beispiel genannt. Nach bisherigen Erfahrungen führenvielfältige Initiativen bereits zu Fortschritten in diesem Bereichund ebnen den Bürgern den Weg »vom Untertan zum Kunden«.

Die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung orientiert sich viel-fach am Leitbild der »schlanken Verwaltung«. Dabei dienen Manage-mentkonzepte aus der Privatwirtschaft als Vorbild. Von Denkmodel-len der lean production werden oft Konzepte der lean administrationabgeleitet, ohne dabei die Eigentümlichkeiten der öffentlichen Ver-waltung, ihrer Aufgaben und Organisationen in ausreichendemMaße zu berücksichtigen. Eine weitere Vorbildfunktion kommt neuenSteuerungskonzepten aus dem Ausland zu. So war z.B. die nieder-ländische Stadt Tilburg für deutsche Kommunalverwaltungen langeZeit das Referenzmodell moderner, wirtschaftlicher und demokrati-scher Verwaltung.

In der kommunalen Praxis kommt vielfach das Neue Steuerungs-modell der »Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsver-einfachung (KGSt)« zur Anwendung, das sich an den TilburgerKonzepten und Erfahrungen orientiert. Die KGSt fasst unter diesemModell mehrere Bausteine zusammen. Bekanntester davon ist diedezentrale Ressourcenverantwortung, deren primäres Ziel der Abbauübermäßiger und unwirtschaftlicher Hierarchie- und Kontrollbezie-hungen ist. Anders als bisher erhalten die Fachbereiche und -abtei-lungen Entscheidungsbefugnis und Verantwortung für den Einsatzder Ressourcen (Geld, Personal, Arbeitsmittel). So sollen Kreativi-täts- und Motivationspotenziale für eine sparsamere und kunden-freundlichere Leistungserbringung freigesetzt und gleichzeitig einestärkere Ergebnisverantwortung einzelner Verwaltungsmitarbeitererzielt werden.

Die beschriebenen Schwerpunkte der Umgestaltung deuten aufein wichtiges Erfolgskriterium der Modernisierung hin: Staatlicheund kommunale Reformmaßnahmen sollen sich rechnen und letzt-lich zu Einsparungen führen. Es verwundert daher nicht, dass eineVielzahl von Kritikern mittlerweile von einer »Verbetriebswirtschaft-lichung« der öffentlichen Verwaltung spricht. Vor diesem Hinter-

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14 Rahmenbedingungen der Modernisierung des öffentlichen Sektors

grund stellt sich die Frage, ob der reformerische Eifer letztlich nichtauf einen einzigen Faktor zurückzuführen ist: die leeren Kassen deröffentlichen Hand. Die Modernisierer nehmen zwar Schlagwortewie Bürgernähe oder Steigerung der Dienstleistungsqualität gerne in ihreZielkataloge auf, eine entsprechende systematische Umsetzung lässtaber meist auf sich warten. Initiativen für mehr direkte Beteiligungder Bürger, durch die Qualität und Akzeptanz der Verwaltung ge-steigert werden könnten, sind nur in wenigen Fällen Gegenstandkonkreter Projekte.

Trotz aller Unterschiede in den Reformkonzepten und -projektenzeigt sich, dass dem Faktor Arbeit für die Modernisierung der Verwal-tung eine besondere Bedeutung zukommt. Denn die angestrebtenResultate der Reorganisation beinhalten ein verändertes Arbeitsver-ständnis und einen veränderten Zugriff auf die Arbeitskraft der Mit-arbeiter. Gleichzeitig kommt den Beschäftigten eine bedeutendereRolle bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation und -inhalte zu.

Die Gewerkschaften des öffentlichen Sektors beteiligten sich ins-besondere deshalb von Beginn an aktiv am Modernisierungsprozessund regten ihn stellenweise sogar an. Die damalige ÖTV starteteschon auf ihrem Gewerkschaftstag 1988 in Hamburg die Initiative»Zukunft durch öffentliche Dienste (ZöD)« und gab damit der Ge-werkschaftspolitik der folgenden Jahre inhaltliche Orientierung.Die gewerkschaftlichen Reformziele verbinden sozialpolitische An-sprüche (z.B. den qualitativen Ausbau des Sozial- und Gesundheits-wesens) sowie Vorstellungen von einer demokratie- und leistungs-förderlichen Verwaltungsstruktur mit Forderungen nach sicherenArbeitsplätzen bei humaner Arbeitsplatzgestaltung und Partizipationvon Mitarbeitern, Betriebs- wie Personalräten und Gewerkschaften.

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Umgestaltungsziele 15

2. Regelungsinhalte

2.1 Umgestaltungsziele

Die Ziele der Umgestaltung des öffentlichen Sektors werden in denDienst- und Betriebsvereinbarungen häufig in Präambeln oder ein-zelnen Unterpunkten aufgegriffen.

2.1.1 Allgemeine Zielkataloge und Handlungsfelder

In den allgemeinen Zielbestimmungen werden zumeist (geänderte)Bürgererwartungen, attraktive Arbeitsbedingungen und finanzielleRahmenbedingungen der Verwaltungen aufgeführt. Damit sind diedrei Eckpfeiler öffentlicher Verwaltungstätigkeit der heutigen Zeitberücksichtigt.

»Präambel

Der Kreisausschuss und die Personalvertretung sind sich darübereinig,y dass die Beteiligten gemeinsam alle Anstrengungen unterneh-

men wollen, um ein leistungsfähiges und attraktives Dienstleis-tungsangebot für die Bürgerinnen und Bürger des Kreises[Name] sicherzustellen;

y dass es eine dringende Aufgabe ist, die Arbeitsbedingungenfür die Beschäftigten attraktiver zu gestalten;

y dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesonderedie enger werdenden finanziellen Gestaltungsspielräume, in denkommenden Jahren eine große Herausforderung an die Kreativi-tät und den Gestaltungswillen aller Beteiligten darstellen werden.«

(Kreisverwaltung, 081100/20)

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16 Regelungsinhalte

Einige Vereinbarungen enthalten darüber hinaus einen Katalog vonHandlungsfeldern, welche die KGSt als Elemente des Neuen Steue-rungsmodells konzipierte. Häufig werden die Felder aber nur ge-nannt und nicht weiter zu Zielen verdichtet.

Ȥ 2 Handlungsfelder

Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass zur Schaffung derSteuerungs- und Organisationsstruktur ein Veränderungsprozessin folgenden Bereichen erforderlich ist:y Haushalts- und Rechnungswesen (Budgetierung, Kosten- und

Leistungsrechnung)y Dezentrale Zusammenführung von Fach- und Ressourcenver-

antwortungy Outputorientierte Steuerung durch Kontraktmanagement auf

der Grundlage von Produktbeschreibungeny Personalmanagement (z.B. Personalführungs- und beteiligungs-

orientiertes Personalentwicklungskonzept – sowie beteiligungs-orientierte Organisationsentwicklung)

y Berichtswesen und Controllingy Technikunterstützung«

(Kreisverwaltung, 081100/10)

Bemerkenswerter Weise beschränken sich die Zieldefinitionen derausgewerteten Vereinbarungen häufig nicht auf die eigentlichen Ziele –Zweck, gewünschtes Ergebnis, Kundenanforderungen und Erfolgs-kriterien. Immer wieder werden Einzelmaßnahmen (Tätigkeiten,Aktivitäten, Aufgaben) geregelt. Dies wiederum offenbart eingrundsätzliches Problem: die Differenzierung von Maßnahmen undZielen. Die Verständigung auf Ziele ist als Bedingung für ein gemein-sames Agieren mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, weshalbman sich häufig auf konkrete Einzelmaßnahmen einigt – ein Verfah-ren, dem die notwendige Flexibilität fehlt. Die oben zitierten Verein-barungen fallen demgegenüber eher dadurch auf, dass sie sich in ih-ren Zielkatalogen weitgehend von der Maßnahmenebene abheben.

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Umgestaltungsziele 17

2.1.2 Haushaltskonsolidierung und Beteiligung

Angesichts der kommunalen Finanzprobleme befasst sich eine be-trächtliche Zahl von Vereinbarungen mit dem Thema Haushaltskonso-lidierung. Größtenteils handelt es sich dabei um Personalabbau, dafrühere Kostendämpfungsmaßnahmen alle Möglichkeiten, Sachmitteleinzusparen, praktisch ausschöpften. Bei den untersuchten Verein-barungen fällt auf, dass die Interessenvertretungen an der Realisierungvon Einsparerfolgen oft beteiligt werden. Aufgabenkritik lautet vielmalsdas gesetzte Ziel, um zu vermeiden, dass personalwirtschaftliche Maß-nahmen zu einer unverhältnismäßigen Belastung einzelner Beschäf-tigter führen. In diesem Zusammenhang wird insbesondere einemsozialverträglichen Beschäftigungsabbau, dem Erhalt von Mitarbeiter-qualifikation und -motivation, verbesserter Bürger- bzw. Kundenori-entierung und dem Bestreben, Einsparungen (möglichst) nicht zu Las-ten dieser Ziele zu erreichen, große Bedeutung beigemessen.

»Präambel

Stadtdirektor und Personalrat sind sich darüber einig, dass1. die angespannte und sich rapide verschlechternde Finanz-situation der Stadt [Name] erhebliche, insbesondere aufgabenkri-tische Anstrengungen zur dauerhaften Konsolidierung des städti-schen Haushaltes erforderlich machen.

Die Realisierung der Konsolidierungsmaßnahmen mit perso-nalwirtschaftlichen Auswirkungen ist ohne eine vertrauensvolle,konstruktive und auf eine möglichst frühzeitige Informationgerichtete Zusammenarbeit mit den Beteiligten nicht denkbar.Darüber hinaus werden sich im Rahmen der Modernisierung derVerwaltung auch in den nächsten Jahren strukturelle und perso-nalwirtschaftliche Veränderungen ergeben.

Zur Vermeidung von Verlusten an Qualifikation und Motivationbei den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und zumErhalt der Leistungsfähigkeit der Verwaltung sind flankierendeMaßnahmen in enger Abstimmung zwischen Verwaltung und Per-sonalvertretung der Stadt [Name] zu planen und durchzuführen.

Es besteht Einvernehmen darüber, dass Sparmaßnahmen nebenSachkosten auch Personalkosten (bei Wegfall und/oder Reduzie-rung des Umfanges städtischer Aufgaben) betreffen.

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18 Regelungsinhalte

2. sich die Verwaltung der Stadt [Name] dem ständigen Wandelvon Ansprüchen und Anforderungen in einem permanenten Pro-zess anpassen muss. Zielkategorien der Verwaltungsreform sind:y Bürger-Nutzer-Orientierung; Stärkung des ganzheitlich ver-

standenen Dienstleistungsauftrages der Verwaltung an Handeines klar formulierten Verwaltungsleitbildes,

y Orientierung an den politischen Vorgaben des Rates als Vertre-tung der Bürgerschaft, vor allem im Hinblick auf Gemeinwohl-orientierung und die Zukunftsperspektiven der Stadt,

y Mitarbeiterorientierung zur Stärkung von Motivation, Arbeits-zufriedenheit und Effektivität,

y Verstärkte Orientierung an Effizienz/Wirtschaftlichkeit undTransparenz durch Umsetzung dazu geeigneter organisatori-scher, technischer und betriebswirtschaftlicher Maßnahmen.

y Der Erneuerungs- und Umstrukturierungsprozess orientiertsich im übrigen an den Grundlagen und Zielen der im Rat ein-gebrachten Vorlage zur Verwaltungsreform vom [Datum].

Aus der Aufgabenkritik, der Haushaltssicherung und den Maß-nahmen zur Verwaltungsmodernisierung wird folgen, dass einTeil der Beschäftigten den bisherigen Arbeitsplatz verliert. Diedamit verbundenen Probleme sollen sozialverträglich gelöstwerden.

Die Interessen zwischen der Stadt [Name] und ihren Beschäftig-ten auszugleichen, jeweils angemessen zu berücksichtigen und dieReform unter den nachfolgenden Bedingungen aktiv, initiativ undpartnerschaftlich auszugestalten, ist Gegenstand dieser Vereinba-rung.«

(Stadtverwaltung, 081100/53)

2.1.3 Veränderte Wettbewerbssituation für dieöffentliche Wirtschaft

Beschleunigt durch die EU-Wettbewerbspolitik wurde in der öffent-lichen Wirtschaft ein Prozess zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeitin Gang gesetzt, der sich auch in betrieblichen Vereinbarungen wi-derspiegelt. Beispielsweise in der Nahverkehrssparte einer Stadtwer-ke-Gesellschaft, die sich fortan dem Wettbewerb stellen will.

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Umgestaltungsziele 19

»Präambel

Im Rahmen der Regionalsanierung des ÖPNV sind auch dieVorgaben aus dem EU-Recht zur Schaffung von Wettbewerb imÖPNV mit Wirkung vom 1. 1. 1996 in nationales Recht umgesetztworden. Die öffentlichen ÖPNV-Unternehmen müssen sich daherkünftig auf die Entstehung von Wettbewerb in ihren Bedienungs-gebieten einstellen und ihre Kostensituation verbessern, um kon-kurrenzfähig bleiben zu können. Aufgrund dieser schwierigen Si-tuation in den ÖPNV-Unternehmen verständigen sich Stadtwerkeund Betriebsrat auf den Abschluss dieser Vereinbarung. Sie dientder Sicherung des sozialen Friedens, dem Erhalt der Arbeitsplätzeund der wirtschaftlichen Existenz der Stadtwerke-Mitarbeiter/in-nen sowie des Unternehmens durch Stärkung der Wettbewerbs-fähigkeit.«

(Sonstige öffentliche Einrichtung, 081100/42)

Detaillierter beschreibt die »gemeinsamen Erklärung« von Arbeit-nehmer- und Arbeitgebervertretern einer Flughafengesellschaft ihreProjekte, indem sie insbesondere auf Nutzerorientierung, Konsensder Beteiligten und Qualitätsstandards eingeht.

»Gemeinsame Erklärung von Aufsichtsrat und Vorstand zum

Projekt Take off – [Name] auf neuem Kurs«

[…] Die Flexibilität der Organisation, die Kostenstrukturen, Leis-tungstransparenz und Förderung der Eigenverantwortung müssenoptimal weiterentwickelt werden. […]

Hierbei haben die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat deut-lich gemacht, dass auch sie die Notwendigkeit eines Konsolidie-rungskonzeptes sehen. Alle Beteiligten wollen unter Beweis stel-len, dass ein Unternehmen, das sich im Eigentum der öffentlichenHand befindet, am Markt bestehen und die wirtschaftliche Er-tragskraft langfristig sichern kann.

Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist auch eine strikte Kun-denorientierung der [Name]. Dies gilt sowohl im Innen- als auchim Außenverhältnis.

Ein solcher Veränderungsprozess kann nur dann erfolgreichdurchgeführt werden, wenn er im Konsens mit den Beteiligtenangegangen wird und das Wissen, Können und Wollen aller Be-

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20 Regelungsinhalte

schäftigten mobilisiert. Hierzu ist es unabdingbar, dass alle Betrof-fenen in die Umgestaltung einbezogen werden. Ziel muss es sein,die erreichte Dienstleistungsqualität und damit die Wettbewerbs-fähigkeit der [Name] dauerhaft unter Wahrung des sozialen Aus-gleichs zu sichern. […]«

(Sonstige öffentliche Einrichtung, 081100/45)

Vergleiche mit Zieldefinitionen der öffentlichen Verwaltung ergabeninsgesamt, dass solche im Bereich der öffentlichen Wirtschaft deut-lich weniger detailliert formuliert sind. Sie verweisen im Prinzip nurauf die Notwendigkeit der Kooperation von Arbeitnehmern undArbeitgebern bei der (möglichst sozialverträglichen) Gestaltung vonverbesserter Wettbewerbsfähigkeit.

2.1.4 Enthierarchisierung und Dezentralisierung

Die für diesen Band ausgewerteten Vereinbarungen definieren Ent-hierarchisierung bzw. (operative) Dezentralisierung1 nur in begrenztemUmfang als Ziele. Entsprechende Textstellen enthalten in großemUmfang auch Beschreibungen konkreter Einzelmaßnahmen mit dererklärten Absicht insbesondere der Kostenreduzierung.

»10. Entscheidungswege vereinfachen

Durch Team- und Gruppenarbeit soll ein Beitrag zum Abbau vonhierarchischen Entscheidungswegen geleistet werden. Damit wer-den zwei Ziele verfolgt: Entscheidungskompetenz und Ergebnis-verantwortung werden konsequent delegiert, und es wird die Re-duzierung von Kosten, auch von Personalkosten, angestrebt.«

(Stadtverwaltung, 081100/56)

Werden auch andere Ziele neben der Kostenreduzierung genannt, blei-ben mögliche Zielkonflikte ausgeblendet. Solche Kontroversen kön-nen entstehen bezüglich definierter Leistungsmengen und -qualitätenz.B. in den Bereichen Grünflächen oder Jugendpflege. In der folgenden

1 Mit dem Begriff »operative Dezentralisierung« werden unterschiedliche Modelle der Teamarbeitumschrieben. Die »strategische Dezentralisierung« umfasst demgegenüber die Ausgliederungs-projekte im öffentlichen Sektor.

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Umgestaltungsziele 21

Vereinbarung wird nach der einleitenden, kurzen Zielbestimmungsofort zu operativen Maßnahmen übergegangen.

»Präambel

Die Stadtverwaltung und der Personalrat stimmen darin überein,dass die Verwaltung der Stadt [Name] ihre Organisationsstruk-turen verändern muss, um eine höhere Leistungsfähigkeit der Ver-waltung, größere Bürgerfreundlichkeit und attraktivere Arbeitsbe-dingungen für die Beschäftigten zu erreichen.

Um dieses Ziel zu erreichen, befindet sich die Stadtverwaltungin einem Umstrukturierungsprozess, in dem die organisatorischeSteuerung ihrer Leistungserstellung grundlegend geändert wer-den muss, um einey flexiblere Leistungserstellung mit geringerem Steuerungsauf-

wand,y Konzentration auf Zielfindung und Zielerreichungskontrolle

undy Erweiterung des Gestaltungsspielraumes der Mitarbeiter mit

der Chance zur Erbringung einer persönlich verantwortetenLeistung zu erreichen.

Dieser Prozess erfordert einey Stärkung dezentraler Entscheidungs- und Ergebnisverantwor-

tung,y Straffung und Zusammenfassung fachlicher, finanzieller und

personeller Entscheidungsbefugnisse auf dezentraler Ebene so-wie Kosten- und Leistungsrechnung,

y Förderung wirtschaftlichen Verhaltens u.a. auch durch Anreiz-systeme durch großzügige Auslegung von Haushalts-, Besol-dungs- und Tarifrecht.

Die veränderte Steuerung des Leistungsprozesses der Stadtver-waltung betrifft den Rat und seine Gremien, Verwaltungsleitungund Ämter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen.«

(Stadtverwaltung, 081100/61)

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22 Regelungsinhalte

2.1.5 Qualitätsmanagementund Bürger- bzw. Kundenorientierung

Der Bürger ist die eigentliche Bezugsgröße der öffentlichen Verwal-tungstätigkeit. Dem entsprechend ergibt sich die Existenzberechtigungdes öffentlichen Sektors aus dessen Nützlichkeit für den Bürger. Er-staunlich ist in diesem Zusammenhang, dass erst in den letzten zehnJahren die Bürger- bzw. Kundenorientierung als Ziel öffentlicher Verwal-tungstätigkeit deutlich akzentuiert wird und oft auch als Stichwort inbetrieblichen Vereinbarungen zu finden ist. Folgende Regelung bein-haltet einen umfassenden Qualitätsmanagement-Ansatz bezüglich derVerwaltungstätigkeit, welcher ganz auf den Bürger abgestimmt ist.

»13. Vorschlagswesen und Qualitätsmanagement

Das Vorschlagswesen wird schrittweise zu einem umfassendenQualitätsmanagement ausgebaut. Es wird ein Qualitätsmanage-mentkonzept erarbeiten.

Qualitätsmanagement bedeutet hier, die Leistungen der Ver-waltung und die Abläufe des Verwaltungshandelns (Prozesse)konsequent aus dem Blickwinkel des Bürgers, Empfängers undKunden (intern und extern) zu betrachten, mit dem Ziel, einengrößtmöglichen Service, eine hohe Sorgfalt und Arbeitsgüte – un-ter Berücksichtigung der Kosten – zu erreichen.«

(Stadtverwaltung, 081100/56)

Ernüchternd ist allerdings, angesichts einschlägiger Untersuchungenfestzustellen, dass im Allgemeinen das Ziel Bürgerorientierung bis aufAusnahmefälle (insbesondere Bürgerbüros) in keinem engen Zusam-menhang mit der tatsächlichen Umsetzung steht (vgl. KGSt 1998).Inwieweit dies auch auf die vorliegenden Vereinbarungen zutrifft,wäre gesondert zu untersuchen.

2.1.6 Personalentwicklung und Leistungsanreize

Die Beschäftigten sind die wichtigste Produktivkraft der öffentlichenHand. Problematisch ist daher, dass vielfach auf Kostenreduktionund Sparen gesetzt wird, ohne das Potenzial der Beschäftigten genü-gend zu pflegen bzw. zu aktivieren. Nur einige wenige Vereinbarun-

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Umgestaltungsziele 23

gen nutzen die Chance, Einsparungen mit Personalentwicklungs-maßnahmen zu verbinden. Dabei sollen zugleich die Kosten gesenktund die Dienstleistungsqualität erhöht werden.

»VII. Personalentwicklung

[…](2) Finanzielle Reformgewinne werden zugunsten der Beschäftig-ten und für Qualitätsverbesserungen für Bürgerinnen und Bürgerreinvestiert. Die Mittel für Beschäftigte werden vorrangig für dieVerbesserung der Arbeitsbedingungen, die Personalentwicklungund zugunsten sozialer Maßnahmen verwendet. […]«

(Stadtverwaltung, 081100/64)

Allgemeiner formuliert lautet dazu folgende Regelung.

»3. Handlungsfelder

[…] Die Beteiligten sind sich weiter darüber einig, dass für einenerfolgreichen Umbauprozess engagierte und motivierte Mitarbei-ter/innen unverzichtbar sind; restriktive und personalwirtschaft-lich demotivierende Maßnahmen wie Einstellungs- und/oderBeförderungssperre bzw. ähnliche Maßnahmen sind deshalbgrundsätzlich zu vermeiden. Im Gegenteil: Es besteht grundsätz-liches Einvernehmen, dass von managementbedingten Einsparun-gen bei den Personalkosten auch die Mitarbeiter/innen profitieren(z.B. durch Aufstockung der Fortbildungsmittel, leistungsorien-tierte Bezahlung).«

(Stadtverwaltung, 081100/65)

2.1.7 Leistungskontrolle

Die Einführung von Kennzahlen und Controlling ermöglicht eineDatenerhebung, die Rückschlüsse auf einzelne Mitarbeiter zulässt.Die Potenziale quantitativer Kennziffern können jedoch nur dann ambesten ausgeschöpft werden, wenn die Beschäftigten aktiv an derenMessung mitwirken bzw. die Erhebung nicht stören. Daher – undaus Gründen des Personen- und Datenschutzes – wird den Beschäf-tigten z.T. versichert, die erhobenen Daten würden nicht zur Leis-tungskontrolle verwendet.

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24 Regelungsinhalte

»3. Grundsätze der Organisationsuntersuchung

[…](2) Für alle betroffenen Beschäftigten muss gewährleistet sein,[…]y dass die für die IST-Zustandsanalyse erhobenen Leistungsda-

ten nicht zur individuellen Verhaltens- und Leistungskontrolleherangezogen werden,

y dass bessere Arbeitsbedingungen geschaffen werden. […]«(Stadtverwaltung, 081100/23)

2.2 Rationalisierungsschutzund Nachteilsausgleich

Obwohl die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst so sicher sind wiein kaum einer anderen Branche, ist die Angst vor dem Verlust desArbeitsplatzes als Resultat des allgemeinen Haushaltsnotstandes unddes zunehmenden Wettbewerbs weit verbreitet. Paradoxer Weisefühlen sich die Beschäftigten des öffentlichen Sektors in gegenwärti-ger Lage oftmals bedroht. Arbeitgeber und -nehmervertreter diesesSektors reagieren auf die Sicherheitsbedürfnisse der Beschäftigtenmit deutlichem Entgegenkommen im Rahmen der betrieblichen Ver-einbarungen zur Umgestaltung des öffentlichen Dienstes. Ein Groß-teil der Vereinbarungen wird von den Themen Rationalisierungsschutzund Nachteilsausgleich dominiert. Im Einzelnen werden folgende Be-reiche geregelt:y Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen undy Ausnahmeregelungen zu diesem Grundsatz,y Bestimmungen zur Verknüpfung von Stellenreduzierung und Auf-

gabenabbau, um eine übermäßige Arbeitsbelastung Einzelner zuverhindern, sowie

y Regelungen zur Besitzstandswahrung (d.h. der Sicherung tarif-licher Eingruppierung u.Ä.).

Im Folgenden werden die Regelungen in diesen Feldern näher be-leuchtet.

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Rationalisierungsschutz und Nachteilsausgleich 25

2.2.1 Ausschluss betriebsbedingter Entlassungen

Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen gehört zu denmeist diskutierten Regelungspunkten innerhalb der Vereinbarun-gen. Abgesichert werden darin nicht nur bestehende Beschäfti-gungsverhältnisse, sondern z.T. auch die wöchentliche Arbeitszeitund die Einkommenshöhe. Eine Reihe von Vereinbarungen erörtertdarüber hinaus auch die Verringerung der Personalkosten unterverschiedenen Aspekten: Es finden sich sowohl Bestimmungen zur(oftmals freiwilligen) Arbeitszeitverkürzung als auch zur allgemei-nen Festlegung darauf, Stellenabbau nur durch die übliche Perso-nalfluktuation zu betreiben. Folgende Vereinbarung formuliert dazuallgemein.

»V. Schutz der Beschäftigten

a) Aus Anlass der Organisationsentwicklung erfolgen keine be-triebsbedingten Beendigungskündigungen und keine Änderungs-kündigungen zum Zweck der Einkommenssenkung oder Arbeits-zeitreduzierung.[…]«

(Kreisverwaltung, 081100/50)

Dieses allgemeine Prinzip eröffnet durchaus konkrete Möglichkei-ten, Kündigungen zu vermeiden. So ist im folgenden Beispiel ausdem Nahverkehr festgelegt, dass Beschäftigungsabbau zu Gunsteneiner Tochtergesellschaft, die Angestellte zu einem geringeren Tarifbeschäftigt, nur durch die übliche Fluktuation möglich ist.

»§ 2 Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen

Im Zusammenhang mit der Leistungsübertragung auf die [Name]werden betriebsbedingte Kündigungen im Verkehrsbetrieb ausge-schlossen. Der Umfang und der Zeitpunkt der an die [Name] zuvergebenden Leistungen richten sich nach der üblichen Personal-fluktuation im Fahrdienst. Auch wenn die übliche Personalfluktua-tion zur Übertragung von Leistungen an die [Name] nicht ausrei-chen sollte, werden die Stadtwerke die betroffenen Arbeitnehmergleichwohl weiterbeschäftigen.«

(Sonstige öffentliche Einrichtung, 081100/42)

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26 Regelungsinhalte

Einzelne Vereinbarungen nutzen tarifliche Öffnungsklauseln, dieeine Differenzierung der Arbeitszeiten erlauben, oder nutzen tarif-vertraglich vereinbarte Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit.

»3. Schutz der Beschäftigten – Rahmenbedingungen

3.1 Auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen wird ver-zichtet. Statt dessen werden die tariflichen Möglichkeitender Arbeitszeitverkürzung und Teilzeitarbeit voll genutzt.Ziel ist die Leistungssteigerung und nicht der Wegfall vonArbeitsplätzen. […]«

(Kreisverwaltung, 081100/09)

Außerdem finden sich gelegentlich besondere Schutzrechte für be-stimmte Beschäftigtengruppen.

»2. Schutz der Beschäftigten

[…]2.2 Die Belange schwerbehinderter Beschäftigter sind beson-

ders zu berücksichtigen. […]«(Stadtverwaltung, 081100/19)

In Einzelfällen wird Beschäftigten, die von Reform- bzw. Sanierungs-maßnahmen betroffen sind, ein besonderes Kündigungsrecht einge-räumt, das (aus Arbeitnehmersicht unter Umständen positive) Kon-ditionen beinhaltet.

»3. Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

[…]3.2.6 Beschäftigte, deren Arbeitsplatz von Maßnahmen der Ver-

waltungsstrukturreform/Haushaltskonsolidierung unmittel-bar betroffen sind, haben abweichend von der gesetzlichenoder tariflichen Kündigungsfrist die Möglichkeit, ihr Ar-beitsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von 6 Wochenzum Monatsende zu beenden.

3.2.7 Vereinbarungen über die Rückzahlung von Kosten für Aus-,Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen finden in den Fällender Ziffer 3.2.6 keine Anwendung.«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

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Rationalisierungsschutz und Nachteilsausgleich 27

2.2.2 Ausnahmeregelungen

Der Grundsatz zum Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen ent-hält Ausnahmen. Zwei Beispiele werden im Folgenden dargelegt.a) In der Regel genießen nur Beschäftigte, die sich in einem Normal-

arbeitsverhältnis befinden, also nicht widerruflich beschäftigt sind,ein solches Recht.

b) Außerdem besteht für die Beschäftigten auch die Möglichkeit,das Arbeitsverhältnis mit einer weitgehenden Absicherung zubeenden.

Ein Beispiel für Regelung a) ist folgende Textpassage, die einzelneBeschäftigtengruppen vom Recht auf Weiterbeschäftigung aus-schließt.

Ȥ 5 Soziale und wirtschaftliche Sicherung der MitarbeiterInnen

[…]Der Kündigungsschutz gilt nicht für geringfügig Beschäftigte, fürnebenberuflich Tätige und Studierende, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3SGB V versicherungsfrei sind (§ 3 Buchstabe n) BAT, § 3 Buchstabed) BMT-G II).

MitarbeiterInnen, die das 65. Lebensjahr schon vollendet habenund lediglich aufgrund der Rechtsprechung des BAG zu § 41Abs. 4 SGB VI beschäftigt werden, werden von dem Kündigungs-schutz ebenfalls nicht erfasst.«

(Stadtverwaltung, 081100/07)

Ein (aus Arbeitnehmersicht relativ positives) Beispiel für Regelung b)findet sich in folgendem Textabschnitt.

»Einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen

(1) Der Magistrat wird spätestens bis zum Ende des Jahres […] fürdie Dauer eines Jahres eine Regelung über die einvernehmlicheBeendigung von Arbeitsverhältnissen i. V. m. einer Absicherungder ausscheidenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchArbeitslosengeld und Rente einführen.[…]«

(Stadtverwaltung, 081100/67)

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2.2.3 Aufgabenabbau und Übergangsregelung

Häufig finden sich in den Regelungen zum Rationalisierungsschutzund Nachteilsausgleich auch Bestimmungen, die Stellen- und Aufga-benabbau miteinander verbinden. Sie sollen eine übermäßige Belas-tung der verbliebenen Beschäftigten verhindern, denn Stellenabbaubei gleich bleibender Aufgabenlast birgt das Risiko von erheblicherArbeitsverdichtung. Die folgende Vereinbarung ist ein allgemeinesBeispiel für eine solche Regelung.

»2. Sozialverträgliche Umsetzung

2.1 Bei notwendigem und unabweisbarem Stellenabbau werdenkeine betriebsbedingten Entlassungen vorgenommen.Personaleinsparungen sollen nur vorgenommen werden,nachdem Aufgaben eingeschränkt oder weggefallen sindoder technische/organisatorische Veränderungen durchge-führt wurden.

[…]«(Stadtverwaltung, 081100/01)

Darüber hinaus finden sich auch Regelungen, die den Grundsatz,Arbeit nicht zu verdichten, flexibler handhaben, um Übergänge flie-ßender gestalten zu können.

»§ 3 Schutz der Beschäftigten – Rahmenbedingungen

[…]8. Bei einem Personalabbau vor einem Aufgabenabbau sind fol-

gende Regelungen vorzusehen:a) Werden Beschäftigte ausnahmsweise zusätzlich zu ihrem vol-

len Arbeitsgebiet mit Aufgaben ausgeschiedener oder umge-setzter Beschäftigter betraut, werden Ausgleichsmaßnahmenvereinbart. Diese sind außerhalb dieser Rahmenvereinbarungzu regeln, in Form von großzügigen Freizeitausgleichsmög-lichkeiten, tariflichen Ausgleichszahlungen bei befristeten hö-herwertigen Tätigkeiten etc.Diese Regelungen gelten für Vollzeit- wie für Teilzeitkräfte.

b) Spätestens 6 Monate nach Übernahme der Zusatzaufgabenist die Mehrbelastung auf die Normalwochenarbeitszeit zureduzieren.

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Sollte dies nach diesem Zeitraum nicht zu realisieren sein, er-folgt eine Wiederbesetzung der freien Stelle innerhalb von3 Monaten.

[…]«(Stadtverwaltung, 081100/29)

2.2.4 Umsetzungen, Besitzstandswahrungund Rückgruppierungen

Neben Regelungen zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigun-gen und zum Aufgabenabbau finden sich auch solche für den häu-figen Fall, dass Beschäftigte andere Aufgabenfelder übertragenbekommen. Die Veränderung der Aufgabe innerhalb der Organi-sation kann für ähnlich viel Aufregung sorgen wie die Erwartungbetriebsbedingter Kündigungen. Besonders betroffen von Umset-zungen, speziell von Übertragung neuer, oft schlechter bewerteterAufgaben sind z.B. Teile des mittleren Managements, aber auchBeschäftigte in aufzulösenden oder umstrukturierten Bereichen.Um die Kooperationsbereitschaft der Beschäftigten sicherzustellen,wird der Verzicht auf Kündigungen an die Bedingung gebunden,dass sich die Mitarbeiter auf »zumutbare« Umsetzungen einlassenmüssen. Über das Maß an Zumutbarkeit entscheidet ggf. die Eini-gungsstelle.

Ȥ 6 Wahrung des sozialen Friedens

[…](3) Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform werdengrundsätzlich keine betriebsbedingten Kündigungen und Rück-gruppierungen ausgesprochen. Betriebsbedingte Kündigungensind zulässig, wenn der/die Mitarbeiter/in zumutbare Umsetzun-gen, zumutbare Übertragung anderer Aufgaben oder eine zumut-bare Anpassungsfortbildung ablehnt. Über den Begriff der Zu-mutbarkeit entscheidet im Zweifelsfall die Einigungsstelle gemäߧ67 ff. LPVG.[…]«

(Stadtverwaltung, 081100/24)

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In einigen Fällen werden Beschäftigte direkt in die Pflicht genom-men, Veränderungen des eigenen Status im Zuge der Umstrukturie-rungsmaßnahmen in Kauf zu nehmen. Nur dann gilt für sie die Be-sitzstandswahrung.

»2. Schutz der Beschäftigten

[…]Bei der Durchführung von Verwaltungsreform und Haushaltskon-solidierung finden keine betriebsbedingten Kündigungen statt.Ebenso wird auf Rückgruppierungen verzichtet, wenn bei Umset-zungen ein Einvernehmen erzielt wird (vgl. 2.5). […]«

(Stadtverwaltung, 081100/43)

Als günstig für die Beschäftigten erweist sich folgendes Verfahren,da es deren Besitzstände sichert.

»5. Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen

[…]y Ist eine Umsetzung auf eine gleich zu bewertende Stelle nicht

möglich, so soll im Einvernehmen mit dem Betroffenen vorü-bergehend eine Umsetzung auf eine niedriger bewertete Stelleerfolgen. Dabei ist bei Teilzeitkräften allerdings auch die Fragedes Einsatzortes zu beachten. Es wird eine Besitzstandswah-rung für Lohn bzw. Gehalt – einschließlich tariflicher Ände-rungen bezogen auf die bisherige Eingruppierung – zugesagt.Tariferhöhungen werden nicht verrechnet. Ist bei einer Umset-zung auf eine niedriger zu bewertende Stelle nach drei zumut-baren Angeboten ein Einvernehmen mit dem Betroffenen nichtzu erzielen, kann eine Änderungskündigung ausgesprochenwerden. Ziel der Personalverwaltung sowie der Ämter undInstitute ist es, eine erneute Umsetzung auf eine zumutbarePlanstelle vorzunehmen, deren Soll-Bewertung der ursprüng-lichen Stelle entspricht. Lehnt der Betroffene die erneute Um-setzung auf eine der ursprünglichen Bewertung entsprechendePlanstelle ab, endet die zugesagte Besitzstandswahrung. DieBeteiligung des Personalrats in jedem Einzelfall bleibt unbe-rührt.«

(Stadtverwaltung, 081100/56)

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Entwicklung der Verwaltungsorganisation 31

Die nachfolgende Regelung sichert bei Aufgabenverlagerung konse-quent die Interessen der Beschäftigten und berücksichtigt dabei auchdas Problem der Bewährungszeiten.

Ȥ 6 Arbeitsplatz- und Einkommenssicherung

(1) Aufgabenverlagerungen aufgrund der Reorganisation desPersonalwesens führen nicht zu Kündigungen oder Änderungs-kündigungen mit dem Ziel der tariflichen Herabgruppierung.Zurückgelegte Bewährungszeiten bleiben gewahrt, wenn der neueArbeitsplatz einen entsprechenden Aufstieg zulässt.[…]«

(Stadtverwaltung, 081100/81)

2.3 Entwicklung der Verwaltungsorganisation

Das Stichwort Entwicklung der Verwaltungsorganisation umfasst hier dreiAspekte, die sowohl Aufgaben und Leistungsintensität des öffent-lichen Sektors hinterfragen als auch den Prozess der Verwaltungs-modernisierung thematisieren:y die Aufgabenkritik, welche Umfang und Qualität der Aufgabenerle-

digung zum Gegenstand hat,y Regelungen zur Abnahme interner Dienstleistungen, die das Zusam-

menspiel verschiedener Organisationseinheiten steuern sollen, so-wie

y die Organisationsentwicklung; gemeint ist der Prozess der Umstruk-turierung als solcher.

Die drei genannten Aspekte werden nachfolgend im Einzelnen dar-gelegt.

2.3.1 Aufgabenkritik

Am Beginn einer grundlegenden Verwaltungsreform stehen zahlrei-che Fragen zu den Aufgaben einer Behörde sowie zu Form und Qua-lität der Leistungserbringung. Auch wenn gesetzliche Vorgaben unddie Dominanz der Politik das Spektrum möglicher Antworten viel-fach einengen, stellt die Aufgabenkritik einen wichtigen Baustein der

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32 Regelungsinhalte

Modernisierungsbewegung dar. Denn zum einen gibt es im kom-munalen Bereich freiwillige Aufgaben, die u.U. entfallen könnenoder deren Erledigung zumindest eingeschränkt werden kann. Zumanderen stellt sich die Frage, ob spezielle öffentliche Aufgaben unbe-dingt in das Ressort der Verwaltung fallen oder auch von privatenDienstleistern übernommen werden können.

Bei der Aufgabenkritik spielen ordnungs- oder wirtschaftspoliti-sche Vorstellungen eine Rolle. Denn die Forderung nach einemRückzug des Staates und der Erledigung öffentlicher Aufgabendurch private Unternehmen steht in Zusammenhang mit der jewei-ligen politischen Grundhaltung. Ein Aspekt, der in den Betriebsver-einbarungen nicht zum Tragen kommt. In der Praxis stehen finan-zielle Ziele von Aufgabenkritik im Vordergrund. Eine umfassende,kritische Analyse der Aufgaben ist daher besonders in Zeiten knap-per Ressourcen von herausragender Bedeutung und – wie das fol-gende Beispiel zeigt – ein zentrales Instrument der Haushaltskonso-lidierung.

»2. Maßnahmen

[…]2.2 Zentrales Instrument für eine erfolgreiche Haushaltskonso-

lidierung ist eine konstruktive Aufgabenkritik.Darunter ist die Einbeziehung der Interessen und Bedürfnisseder Verwaltung ebenso zu verstehen, wie die der Beschäftig-ten. Deshalb ist sie als partizipatorischer Prozess auszugestal-ten. Nicht nur der Vollzug kommunaler Dienstleistungen,sondern auch ihr Zweck werden in die Kritik einbezogen.Verwaltung und Personalrat sprechen sich gegen einen Stel-lenabbau im Wege der pauschalen Kürzung aus.«

(Kreisverwaltung, 081100/09)

Im Zusammenhang mit der Aufgabenkritik werden in den Verein-barungen meist auch die Interessen der Beschäftigten thematisiert.Offensichtlich sind sich alle Beteiligten darüber im Klaren, dass eineweitgehende und prinzipielle Aufgabenkritik immer auch die Arbeits-verhältnisse als Ganzes betrifft. Selbst modernisierungsfreundlicheInteressenvertretungen würden daher entsprechenden Regelungenmeist nicht zustimmen, enthielten sie nicht Schutzmechanismen fürdie Mitarbeiter.

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Entwicklung der Verwaltungsorganisation 33

Aufgabenkritik thematisiert stets auch die Frage »Make or Buy« –also die Erledigung in Eigenregie oder die Auftragsvergabe an einprivatwirtschaftliches Unternehmen. In den vorliegenden Dienstver-einbarungen wird dieser Aspekt unter dem Schlagwort Aufgabenkri-tik jedoch kaum behandelt. Gehen Regelungen stellenweise über dieVereinbarung globaler Ziele hinaus, dann fokussieren sie die Verbes-serung interner Abläufe. Wie die nächste Textpassage zeigt, spielendabei auch die Potenziale technischer Innovationen oder die bürger-freundliche Aufgabenerledigung eine Rolle.

»§ 2 Maßnahmen

[…]4. Ein weiteres Instrument für eine erfolgreiche Haushaltskonso-lidierung ist eine konstruktive Aufgabenkritik. Hier sind die Inte-ressen und Bedürfnisse der Bürgerschaft ebenso einzubeziehen,wie die der Stadtverwaltung und ihrer Beschäftigten. Deshalb istAufgabenkritik als partizipatorischer Prozeß auszugestalten. Nichtnur der Vollzug kommunaler Dienstleistungen, sondern auch ihrZweck werden in die Kritik genommen.

Im Rahmen einer konstruktiven Aufgabenkritik stehen insbe-sondere folgende Fragestellungen im Vordergrund:a) Ist die Aufgabenerfüllungy überhaupt notwendig?y in dem Umfang notwendig?y zielorientiert?y bürgerorientiert?b) Sind die Ressourcen Personal und Sachmittel wirtschaftlich

eingesetzt?Personal (schlanke Verwaltung)y können Verwaltungsabläufe vereinfacht werden (Rationalisie-

rung, kürzere Wege)?y Ist die Kompetenzverteilung richtig oder kann mehr auf nach-

geordnete Bedienstete delegiert werden?y Ist der Technikeinsatz ausreichend?y Kann Doppelzuständigkeit vermieden werden?Sachmittely Können Kosten reduziert werden?y Sind Kosten-Nutzen-Überlegungen (Wirtschaftlichkeit) anzu-

stellen?

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34 Regelungsinhalte

y Können höhere Einnahmen erzielt werden?y Wie können Folgekosten verhindert oder minimiert werden?Aufgabenkritische Überlegungen und Vorschläge werden in ers-ter Linie von den Ämtern und Abteilungen unter Beteiligung derBeschäftigten – also von unten nach oben – und von der bereitstätigen Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung erwartet.

Darüber hinaus sind auch die Vorschlägey aus dem Gemeinderat (soweit sie sich aus den Haushaltsbera-

tungen als Prüfungsaufträge ergeben haben),y aus der Bürgerschaft sowiey von einzelnen Beschäftigtenin die Überlegungen einzubeziehen.[…]«

(Stadtverwaltung, 081100/29)

2.3.2 Abnahme interner Dienstleistungen

Die Abnahme interner Dienstleistungen stellt eine Vorgabe dar, mitder geregelt ist, dass innerhalb einer Verwaltung keine Leistungenvon Dritten bezogen werden dürfen, wenn eine eigene Organisa-tionseinheit vergleichbare Leistungen erbringt. Ein Beispiel ist dieVergabe von Druckaufträgen an die eigene Hausdruckerei, ohnevorher weitere Wettbewerbsangebote einzuholen. Die ausgewerte-ten Vereinbarungen behandeln dieses Thema ausschließlich auf Ge-meinde- oder Stadtebene. Angesichts der engen organisatorischenund politischen Zusammenhänge auf dieser Verwaltungsebene istdies ist nicht verwunderlich. Insgesamt liegen sieben Vereinbarun-gen vor, in denen hierzu Stellung bezogen wird.

Inhaltlich weist dieser Themenbereich weitgehend Übereinstim-mungen auf. In fast allen einbezogenen Regelungen vereinbaren Ar-beitgeber- und Arbeitnehmerseite Folgendes:y Die Auftragsvergabe muss sich an wirtschaftlichen Gesichtspunk-

ten orientieren. Dies bedeutet auch, dass ein Verwaltungsbereichnicht auf Dauer zu nicht wettbewerbsfähigen Preisen arbeitendarf. Bei gleichen Preisen hat jedoch Eigenleistung Vorrang.

y Den verwaltungsinternen Leistungseinheiten wird ein gewisserZeitraum dafür eingeräumt, die Konkurrenzfähigkeit zum priva-

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Entwicklung der Verwaltungsorganisation 35

ten Wettbewerb herzustellen. In diesem Zeitraum besteht eine Ab-nahmeverpflichtung für die anderen Organisationseinheiten.

y Bei der Angebotsprüfung sind neben wirtschaftlichen auch andereAspekte zu berücksichtigen. Meist wird in diesem Zusammenhangauf soziale bzw. tarifliche Standards hingewiesen. Aber auch Öko-logie oder Zertifizierung können entsprechende Faktoren darstellen.

Ȥ 7 Abnahmeverpflichtung

Ein Ziel der Verwaltungsreform ist, sicherzustellen, dass die städ-tischen Dienstleister konkurrenzfähig auch gegenüber privatenAnbietern sind. Letztlich sollen die Auftraggeber innerhalb derVerwaltung unter Beachtung noch zu definierender Kriterien (z.B.soziale Standards, ökologische Gesichtspunkte, Zertifizierungetc.) nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zwischen internenund externen Angeboten wählen können.

Allerdings muss den Leistungsanbietern ein angemessener Zeit-raum zugestanden werden, um Konkurrenzfähigkeit in dem obenbeschriebenen Sinne herzustellen. Für diesen angemessenen Zeit-raum – mindestens aber bis zum [Datum] – besteht für die verwal-tungsseitig erbrachten Dienstleistungen eine Abnahmeverpflich-tung. Für eigenwirtschaftliche Bereiche, die nach dem [Datum]gegründet werden, besteht eine Mindestabnahmeverpflichtungfür 18 Monate. Die Entscheidung über eine evtl. Verlängerungdieser Zeiträume erfolgt möglichst einvernehmlich mit den jeweilszuständigen Personalräten.«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

2.3.3 Organisationsentwicklung

Die Verwaltungsmodernisierung wird nur in wenigen Fällen vonklaren, zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite vereinbartenRegelungen zur Organisationsentwicklung begleitet. Auch wenn derprozessuale Charakter der Reform in Verwaltungspraxis und -theo-rie weitgehend erkannt und akzeptiert ist, enthalten lediglich neunder 86 ausgewerteten Texte Hinweise darauf, wie die organisatori-sche Entwicklung vonstatten gehen soll.

Im Einzelnen sind die entsprechenden Formulierungen von unter-schiedlicher Intensität. Sie reichen von rein appellativen Äußerungen

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36 Regelungsinhalte

bis hin zu umfassenden Vorgaben bezüglich Ziele und Gestaltungdes Modernisierungsprozesses.

In folgender Vereinbarung einer Landesverwaltung findet sich derBegriff Organisationsentwicklung beispielsweise als bloße Nennung.

Ȥ 2 Neue Arbeitsmethoden und Qualifizierung

[…]Der mit der Modernisierung verbundene Organisationsentwick-lungsprozess kann nur bewältigt werden, wenn Personal- undOrganisationsentwicklung aufeinander abgestimmt und Verwal-tungs- wie auch Beschäftigtenziele miteinander verbunden wer-den. Der zwischen den Spitzenorganisationen der Gewerkschaftenund dem Senat vereinbarten Präambel zur strategischen Personal-entwicklung kommt hier eine Schlüsselfunktion zu. […]«

(Landesverwaltung, 081100/52)

Wesentlich ausführlicher lautet die Regelung in folgendem Koopera-tionsvertrag, der neben den betrieblichen Akteuren auch die Ge-werkschaft ÖTV einbezieht.

»I. Ziele

[…]y Die Landkreisverwaltung [Name] ist in ihrer heutigen Struktur

reformbedürftig und darum auf der Grundlage einer Organisa-tionsentwicklung im Sinne einer Modernisierung umzustruktu-rieren.

y Unter einer Organisationsentwicklung ist ein mittelfristiger Ver-änderungsprozess zu verstehen, der von den Angehörigen derVerwaltung selbstbewusst gelenkt und aktiv mitgetragen wird.

[…]y Ziel ist auch, ein quantitativ umfassendes und qualitativ be-

darfsgerechtes Dienstleistungsangebot für die Bürgerinnen undBürger zu gewährleisten. Potentiell von einer OE-Maßnahmebetroffene Bürgerinnen und Bürger können in den Prozess ein-bezogen werden.

[…]y Es sollen Arbeits- und Führungsmethoden entwickelt und rea-

lisiert werden, die die Motivation und Leistungsfähigkeit der

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Personalentwicklung 37

Beschäftigten gewährleistet. Insofern unterstützen die Vertrags-parteien die Arbeit der Mitarbeiter/innen-Initiative ›Organisa-tion in der Landkreisverwaltung‹ [AG-Name] und räumen derArbeitsgruppe ein Mitwirkungsrecht an dem OE-Prozess ein.

y Unabdingbar ist eine umfassende Analyse der Aufgaben hin-sichtlich ihrer Notwendigkeit, des Umfangs (Reduktion und Er-weiterung), der Art der Erledigung und ihres Kostendeckungs-grades.

y Eine Privatisierung ist nicht Ziel der Organisationsentwicklung.[…]«

(Kreisverwaltung, 081100/50)

Das Fehlen von Hinweisen auf Organisationsentwicklung in der über-wiegenden Mehrzahl der Vereinbarungen bedeutet nicht, dass indiesen Texten keine Regelungen zum Prozess der Umgestaltung ge-troffen werden. Diese sind in vielen Verträgen unter den StichwortenBeteiligung oder Reformgremien durchaus enthalten. Ist jedoch ausdrück-lich von Organisationsentwicklung die Rede, entspricht dies einer gewis-sen inhaltlichen Festlegung. Denn mit dem Begriff verbindet sich eineweitergehende Gestaltungsoffenheit und ein bestimmtes methodi-sches Verständnis von Verwaltungsreform. Gemäß dieser Vorstellungfolgt die Modernisierung nicht dem Weisungsprinzip, sondern ist als»Bottom-up-Prozess« zu verstehen, in den die Betroffenen – Mitarbei-ter wie Bürger – ihre jeweiligen Interessen einbringen können.

2.4 Personalentwicklung

Der Faktor Arbeit ist bezüglich der Umgestaltung des öffentlichenSektors von herausragender Bedeutung. Das spiegelt sich sowohl inden Reformkonzepten unterschiedlichster politischer Richtungen alsauch in den vorliegenden betrieblichen Vereinbarungen wider. In24 der 86 Vereinbarungen wird das Thema Personalentwicklung be-handelt, zehn weitere beschäftigen sich mit der Berufsausbildung in deröffentlichen Verwaltung.

Personalentwicklung war in Behörden und öffentlichen Betriebenlange Zeit ein Fremdwort. Zwar wurde schon immer Fort- und Wei-terbildung oder Personalführung praktiziert, die Bezeichnung Perso-

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38 Regelungsinhalte

nalverwaltung wird ehemaligem und leider auch noch vielfach aktuel-lem Handeln jedoch am ehesten gerecht: Die Ziele und Vorstellun-gen der Mitarbeiter spielten bei der Personalplanung keine Rolle, beiBeförderungen entschied das Dienstalter und nicht die Befähigung.Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung hat sich das Verständnisvon Personalarbeit auch im öffentlichen Sektor gewandelt. Heuteweiß man auch in Behörden, dassy Personalentwicklung die gezielte Steuerung und Förderung der

Personalressourcen umfasst,y für die Aus- und Weiterbildung Konzepte zu entwickeln sind, de-

ren Erfolg ständig überprüft werden muss,y individuelle Förderung der Mitarbeiter den Einsatz fördernder

Instrumente (z.B. Fördergespräche, Entwicklungsplanung, Anreiz-systeme) bedarf und

y neue Arbeitsformen wie Team- oder Projektarbeit die Arbeits-struktur und -motivation deutlich erhöhen.

Die Mehrzahl der vorliegenden Vereinbarungen behandelt dasThema Personalentwicklung allerdings eher knapp. Oft wird in diesemZusammenhang lediglich auf die Weiter- bzw. Fortbildung einge-gangen oder die Vereinbarung begnügt sich mit einem Appell unddem Hinweis auf spätere Absprachen.

Ȥ 9 Personalentwicklungskonzept

Es soll ein Personalentwicklungskonzept erstellt werden, das auchindividuelle berufliche Förderung der Beschäftigten berücksich-tigt. Die notwendigen Eckpunkte werden in der Strukturkommis-sion beraten.«

(Stadtverwaltung, 081100/07)

»§ 4 Beschäftigtenorientierung

[…](2) Die Beschäftigten sind durch entsprechende Aus- und Fort-

bildungsmaßnahmen für die neue Verwaltungsstruktur zuqualifizieren. Die Beteiligten beabsichtigen – soweit erforder-lich – dazu eine besondere Vereinbarung über die Grundsätzezu schließen.

[…]«(Kreisverwaltung, 081100/10)

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Personalentwicklung 39

Demgegenüber sind in einigen wenigen Verträgen einzelne Schritteder Personalentwicklung detailliert festgelegt. Ein Beispiel ist dieausführliche Beschreibung, wie Mitarbeiter durch ein dreimonatigesTrainee-Programm individuell gefördert werden sollen. Die nächs-ten beiden Textpassagen stehen für ein umfassendes Verständnisvon Personalentwicklung und sind damit Modell für ähnliche Ver-einbarungen.

Ȥ 7 Personalentwicklung

1. Die strukturelle Neuorientierung der Verwaltung erfordert Per-sonalentwicklungsmaßnahmen, welche die Reformziele und dasLeitbild der Stadtverwaltung [Name] berücksichtigen.

Schwerpunkte der kurz- und mittelfristigen Personalentwick-lungsplanung sollen sein:y Förderung der Möglichkeiten und Befähigungen zu eigenver-

antwortlichem Handeln und Entscheiden in Sachbearbeitungs-funktionen (z.B. Delegation, Teamstrukturen).

y Förderung der Zusammenarbeit durch Entwicklung von unse-ren Reformzielen entsprechenden Managementkompetenzenund Führungsinstrumentarien (z.B. Zielvereinbarung, Mitar-beitergespräche, Beurteilungswesen).

y Förderung und Systematisierung von Maßnahmen zur konti-nuierlichen Verbesserung einer ergebnis- und bürgerorientier-ten Aufgabenwahrnehmung (z.B. Qualitätsmanagement).

2. Inhalte, Zielgruppen und Methoden von Personalentwicklungs-maßnahmen bedürfen einer regelmäßigen Überprüfung und An-passung an sich ändernde Gegebenheiten. Sie sollen mit Maßnah-men und Projekten der Organisationsentwicklung einhergehenund mit diesen abgestimmt sein.«

(Stadtverwaltung, 081100/53)

»4. Maßstäbe für die Reformmaßnahmen

[…]c) Personalplanung und -entwicklung

Qualifizierung im großen Umfang ist als Grundlage der Per-sonal- und Organisationsentwicklung unverzichtbar. Qualifi-zierungsmaßnahmen zur Personalplanung und -entwicklungsollen die individuellen und beruflichen Neigungen und In-

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40 Regelungsinhalte

teressen der Beschäftigten in fachlicher und verhaltensmäßi-ger (soziale Kompetenz) Hinsicht berücksichtigen. Ziel ist einQualifizierungskonzept, das sich an den Anforderungen qua-lifizierter Aufgabenerledigung orientiert und damit beruflichePerspektiven in der Fachhochschule für Technik und Wirt-schaft [Bundesland] eröffnet. Im Rahmen der haushaltsmäßi-gen Möglichkeit wird die Fachhochschule für Technik undWirtschaft [Bundesland] das entwickelte Qualifizierungskon-zept zügig umsetzen.

[…]e) Motivation

Die Leistungsfähigkeit der Struktureinheiten wird wesent-lich durch Motivation und Engagement der Beschäftigtenbestimmt. Diese sollen gefördert werden durch: Steigerungder Verantwortlichkeit der/des Einzelnen am Arbeitsplatz,Vereinfachung von Entscheidungswegen, Erhöhung derTransparenz von Führungsentscheidungen, insbesonderedurch rechtzeitige Information der betroffenen Beschäftig-ten und deren Einbeziehung in Entscheidungsprozesse.Dazu sollen auch Gespräche mit dem Ziel geführt werden,den Beschäftigten bei der Gestaltung ihrer individuellenArbeitszeit im Rahmen der Möglichkeiten bei den Arbeits-abläufen und -zusammenhängen mehr Souveränität einzu-räumen.

[…]«(Landesverwaltung, 081100/83)

Die z.T. sehr ausführlichen Regelungen zum Thema Personalentwick-lung lassen sich nur schwer zu wenigen Kernaspekten zusammenfas-sen. Demgegenüber zielen die Texte zur Ausbildung im Wesent-lichen auf zwei Gesichtspunkte, die sich wiederholt finden lassen:y Verwaltungen und öffentliche Betriebe können schon aus arbeits-

marktpolitischen Gründen auch in Zeiten leerer Kassen nicht aufdie Ausbildung junger Menschen verzichten.

y Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung ist zumindest füreinen gewissen Zeitraum ein Arbeitsplatz zu garantieren, auchwenn dies den Stellenplänen widerspricht.

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Personalentwicklung 41

»4. Ausbildung

4.1 Die Beteiligten sind sich einig in dem Ziel, insbesondere derJugendarbeitslosigkeit in [Name] entgegenzuwirken. DieStadt [Name] wird unter Ausschöpfung aller bestehendenMöglichkeiten Ausbildungsplätze anbieten.

4.2 Die Übernahme von Auszubildenden nach bestandenerPrüfung wird angestrebt; eine Zusage der Übernahme kanngrundsätzlich nicht gegeben werden. Beamtenanwärter/in-nen und Auszubildende für die Berufe der/des Verwaltungs-fachangestellten und der/des Fachangestellten für Büro-kommunikation werden bei Vorliegen aller persönlichenVoraussetzungen ohne Befristung übernommen. Die Über-nahme erfolgt zunächst bis zur Einweisung in eine Plan-stelle, längstens für die Dauer von 2 Jahren und 6 Monaten,mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden. Alle anderenAuszubildenden werden nach bestandener Prüfung undbei Vorliegen aller persönlichen Voraussetzungen zunächstmindestens für die Dauer von 12 Monaten in einem befris-teten Arbeitsverhältnis beschäftigt.

4.3 Die Möglichkeiten der zeitlichen Befristung von Arbeitsver-hältnissen nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz in derjeweils gültigen Fassung bleiben unberührt.«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

»§ 3 Schutz der Beschäftigten – Rahmenbedingungen

[…]4. Übernahme von Auszubildenden:a) Bei der Besetzung frei werdender Stellen, sofern nicht eine

interne Umsetzung möglich ist, wird die Stadtverwaltung[Name] auf eine angemessene Einstellungschance für die vonihr ausgebildeten Nachwuchskräfte achten. Das Hauptamtist ermächtigt, Auszubildende im unmittelbaren Anschlussan die Ausbildung überplanmäßig in einem unbefristetenArbeitsverhältnis weiterzubeschäftigen, wenn sichergestelltist, dass längstens nach Ablauf von 6 Monaten eine entspre-chende besetzbare Planstelle verfügbar sein wird. In besonde-ren Fällen, wenn ein Eigeninteresse der Stadt besteht, kanndie überplanmäßige Beschäftigung bis zu 9 Monate erfolgen.

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42 Regelungsinhalte

b) Sind Auszubildende von sich aus bemüht, außerhalb derStadt [Name] ein Arbeitsverhältnis zu bekommen, so leistetdie Stadt unterstützende Hilfe bei der Vermittlung zu ande-ren Arbeitgebern.

c) Auszubildende, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlos-sen haben, werden, wenn sie trotz Bemühen keine andereStelle gefunden haben, für längstens 6 Monate in ein befris-tetes Arbeitsverhältnis bei der Stadt übernommen, soweitnicht personen- oder verhaltensbedingte Gründe entgegen-stehen.«

(Stadtverwaltung, 081100/29)

2.5 Arbeitszeitregelungen

Die Regelung der Arbeitszeit steht grundsätzlich nicht in direktemZusammenhang mit der Umgestaltung des öffentlichen Sektors.Dennoch finden sich in einigen Betriebsvereinbarungen entspre-chende Passagen. Die Gründe hierfür liegen zum einen in den Ein-sparmöglichkeiten, die sich durch neue Arbeitszeitmodelle ergeben:Personalkostenreduzierung ist auch durch Änderung der Arbeitszeitan Stelle von Beschäftigungsabbau realisierbar. Zum anderen ha-ben zahlreiche Modernisierungsmaßnahmen Auswirkungen auf dieGestaltung der Arbeitszeit. Dies betrifft z.B. Beschäftigte in Bürger-büros.

Die Inhalte der Arbeitszeitregelungen sind kaum auf einen Nen-ner zu bringen. Neben knappen, allgemeinen Bestimmungen, dieeinzelne Aspekte wie z.B. den Abbau von Überstunden oder dieMöglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung eher in Form einer Absichts-erklärung abhandeln, gibt es umfangreiche und detaillierte Nor-mierungen. Für den ersten Typ stehen die beiden folgenden Bei-spiele.

Ȥ 10 Teilzeitarbeit

Teilzeitarbeit wird gefördert. Die bestehenden Möglichkeiten zurEinräumung von Teilzeitarbeit werden unter Wahrung der be-trieblichen Belange großzügig gehandhabt.

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Arbeitszeitregelungen 43

§ 11 Beurlaubungspraxis

Die Praxis der Beurlaubung ohne Bezüge ist an den Bedürfnissendes Personalhaushaltes zu orientieren; die bestehenden Vorschrif-ten sind deshalb großzügig auszulegen.«

(Stadtverwaltung, 081100/07)

»Schutz der Beschäftigten

[…]Der Abbau von Überstunden hat Vorrang vor dem Abbau vonPersonal.[…]Die Einrichtung von Teilzeit-Beschäftigtenstellen wird gefördert.Dabei sind betriebliche Belange zu berücksichtigen.«

(Stadtverwaltung, 081100/36)

Dem klaren Ziel, durch Neuregelung der Arbeitszeit Personalmittelzu sparen und zur Haushaltskonsolidierung beizutragen, entspre-chen die Vereinbarungen der nächsten Textpassagen.

»§ 6 Vorübergehende Arbeitszeitverkürzung um 9,09% –

35 Stunden-Woche

(1) In der Zeit vom [Datum] bis zum [Datum] wird die jeweils gel-tende Arbeitszeit aller MitarbeiterInnen der [Name], die imZeitpunkt des Inkrafttretens dieser Dienstvereinbarung beider [Name] im Arbeitsverhältnis beschäftigt sind, um 9,09%nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen bei grundsätz-lich unveränderter Weiterzahlung der gegenwärtigen monat-lichen tariflichen Vergütung gekürzt, so dass sich für vollbe-schäftigte MitarbeiterInnen eine regelmäßige wöchentlicheArbeitszeit von 35 Stunden ergibt.

[…](3) Während des Zeitraumes der Arbeitszeitverkürzung bemisst

sich die Vergütung nach § 34 BAT (Vergütung Nichtvoll-beschäftigter) entsprechend der verminderten Arbeitszeit.Die danach eintretende Minderung der monatlichen Bezügewird durch eine monatliche außertarifliche Zulage ausgegli-chen, so dass sich die Bezüge gegenüber dem [Datum] durchdie Arbeitszeitverkürzung nicht ändern (garantierte Bezüge).

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44 Regelungsinhalte

Die Minderung des einzelvertraglichen Urlaubsgeldes undder Weihnachtszuwendung wird nicht ausgeglichen.Während der Arbeitszeitverkürzung eintretende Verkürzun-gen der wöchentlichen Arbeitszeit werden auf die Arbeits-zeitverkürzung angerechnet; während der Arbeitszeitverkür-zung eintretende Vergütungserhöhungen werden auf dieaußertarifliche Zulage angerechnet, so dass sich diese Erhö-hungen abgesehen vom einzelvertraglichen Urlaubsgeld undder Weihnachtszulage erst auswirken, wenn die Bezüge desMonats [Datum] überstiegen werden. […]

(4) Die Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung erfolgt durch eineVerkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit. Andere Formender Umsetzung (freie Tage, Jahresarbeitszeit) setzen eine tech-nische Arbeitszeiterfassung voraus. Über entsprechende Än-derungen der Dienstvereinbarung AÜZ und der Dienstver-einbarung GI AZ werden unverzüglich nach Abschluss dieserDienstvereinbarung Verhandlungen aufgenommen.

Bis zum [Datum] ist die betriebsbedingte Beendigungs-Kündi-gung aller MitarbeiterInnen, deren Arbeitszeit nach diesen Be-stimmungen verkürzt wird, ausgeschlossen.«

(Sonstige öffentliche Einrichtung, 081100/60)

»3. Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

[…]3.3 Arbeitszeitermäßigung

3.3.1 Die Beteiligten streben an, Teilzeitbeschäftigung zu fördernund auf eine weitergehende Flexibilisierung der Arbeitszeithinzuwirken, soweit die Aufgabenerfüllung dadurch nicht ge-fährdet wird. Die Verwaltung verpflichtet sich, Anträgen vonMitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Arbeitszeitermäßi-gung zu entsprechen, soweit nicht schwerwiegende dienst-liche Gründe im Einzelfall dagegensprechen.

3.3.2 Jede Arbeitszeitermäßigung i.S.d. Ziffer 3.3.1 wird entspre-chend den gesetzlichen und tariflichen Vorschriften zeitlichbefristet.Auf Wunsch der/des Beschäftigten kann vereinbart werden,dass nach einer Mindestfrist von zwei Jahren bei Eintritt ei-ner besonderen sozialen Notlage die Arbeitszeitermäßigung

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Arbeitszeitregelungen 45

vorzeitig widerrufen und eine Rückkehr binnen einer Fristvon 6 Monaten ab der schriftlichen Mitteilung der Notlageermöglicht wird.

3.3.3 Die Beschäftigten sind vor einer Arbeitszeitermäßigung überarbeits-, beamten- und versorgungsrechtliche Konsequen-zen zu informieren.

3.4 Unbezahlte Beurlaubung

3.4.1 Vor dem Hintergrund der erforderlichen Personalkosten-reduzierung werden die Möglichkeiten der unbezahlten Be-urlaubung unter weitestgehender Ausnutzung der gesetz-lichen/tariflichen Möglichkeiten erweitert.Jede/r Mitarbeiter/in kann auf Antrag ohne Angabe vonGründen unbezahlt beurlaubt werden, soweit nicht schwer-wiegende dienstliche Gründe im Einzelfall dagegenspre-chen. Die Rechte und Pflichten aus dem Beschäftigungsver-hältnis ruhen während dieser Beurlaubung und leben imAnschluss wieder auf.«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

Demnach haben Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite beschlossen,zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen Teilzeitbeschäfti-gung zu fördern und unbezahlte Beurlaubungen zu ermöglichen. Inder ersten Textpassage stimmt die zuständige Personalvertretungsogar einer moderaten Kürzung der Bezüge wegen Verkürzung derArbeitszeit zu. Dies bezieht sich jedoch ausschließlich auf Urlaubs-und Weihnachtsgeld sowie zukünftige Lohnzuwächse. Gleichzeitigwird für die betroffenen Beschäftigten Kündigungsschutz vereinbart.

Der nachstehende Text fasst die verschiedenen Aspekte zum ThemaArbeitszeit geradezu exemplarisch zusammen. Demnach sind im Rah-men der Verwaltungsmodernisierung folgende Arbeitszeitregelun-gen Gegenstand betrieblicher Vereinbarungen:y Förderung von Teilzeitbeschäftigung,y Altersteilzeit (hier gekoppelt an ein Modellprojekt),y Abbau von Überstunden,y Einführung neuer flexibler Arbeitszeitmodelle.

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46 Regelungsinhalte

»§ 2 Umverteilung von Arbeit durch Teilzeitbeschäftigung

(1) In den vergangenen Jahren ist die Forderung nach vermehrterTeilzeitarbeit als ein Baustein zur Verringerung der Massen-arbeitslosigkeit zum gesellschaftlichen Konsens geworden.Da die Verkürzung von Arbeitszeiten ein wirksames Mittelist, um zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalbder Stadtverwaltung zu schaffen, ist es notwendig, über einegemeinsam getragene Teilzeitoffensive beschäftigungswirk-sam Arbeitszeit auf mehr Schultern zu verteilen. Mit einergemeinsamen Werbung für vermehrte Inanspruchnahme vonTeilzeitarbeit soll die Akzeptanz dafür erhöht werden.

(2) Mit den nachfolgenden Regelungen soll allen Beschäftigtendie Möglichkeit eröffnet werden, auf Arbeitszeitbestandteilezu verzichten. Die dadurch freiwerdenden Arbeitszeitkontin-gente werden kostenneutral für Neueinstellungen verwendet.

2.1 Altersteilzeit

(3) Der Tarifvertrag Altersteilzeit wird entsprechend den Intentio-nen der Tarifvertragsparteien möglichst umfassend umgesetzt.Beschäftigte, die die persönlichen Voraussetzungen erfüllen,sollen Altersteilzeitbeschäftigung in Anspruch nehmen können.Die dadurch frei werdenden Stellenkapazitäten werden alle vor-rangig zur Übernahme von Auszubildenden (im Stadtbetrieb202 Praktikanten/-innen) beschäftigungswirksam eingesetzt.

(4) a) Im Rahmen eines auf zwei Jahre befristeten »Modellpro-jektes Teilzeit« erhalten alle Beschäftigten die Möglichkeit,auf Arbeitszeitanteile befristet oder unbefristet zu verzichten.Die Stadtverwaltung garantiert, dass die zur Verfügung ge-stellten Arbeitszeitanteile wiederbesetzt werden.[…]d) Das Modellprojekt soll wissenschaftlich begleitet undausgewertet werden. Die Gewerkschaft ÖTV wird zur Rea-lisierung dieses Anliegens sowohl mit der Hans-Böckler-Stif-tung als auch mit dem geschäftsführenden Hauptvorstandin Kontakt treten, um eine Realisierung und Finanzierungsicherzustellen.

§ 3 Abbau von Überstunden/Mehrarbeit

(1) Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass regelmäßiggeleistete Überstunden und Mehrarbeit beschäftigungswirk-

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Regelungen zum Konzern Stadt 47

sam abgebaut werden, auch wenn dies nicht immer auf einebreite Akzeptanz trifft und zum Teil schwierige organisatori-sche Maßnahmen erfordert.

[…]§ 4 Einführung neuer Arbeitszeitmodelle flexibler Arbeitszeit

Um die vorstehend skizzierten Projekte zu realisieren, bedarf esin vielen Organisationsbereichen neuer Formen der Arbeitszeit-organisation. Dabei stimmen die Parteien überein, dass Verän-derungen von Arbeitszeiten für die Betroffenen Chancen undRisiken beinhalten. Aus diesem Grunde werden die mit der Ge-werkschaft ÖTV verbundenen Personalräte und die Verwaltunggemeinsam neue Arbeitszeitwahlmöglichkeiten für einzelne Or-ganisationseinheiten diskutieren und prüfen, ob und wie dieInteressen der Beschäftigten und der Stadtverwaltung unter ar-beitsmarktpolitischen Gesichtspunkten zusammengeführt wer-den können. Die potentiell davon Betroffenen sind frühzeitig ein-zubinden. Die dabei entstehenden Arbeitszeitmodelle werdendokumentiert.«

(Stadtverwaltung, 081100/92)

2.6 Regelungen zum Konzern Stadt (bzw. zuEigengesellschaften und -betrieben)

Im Laufe der 90er Jahre kam es im öffentlichen Sektor zu einer deut-lichen Zunahme von Ausgliederungen. Diese sind auch für dieZukunft in großer Zahl geplant. Besonders häufig sind Ausgliede-rungen in den Bereichen Gesundheit (Krankenhäuser, Alten- undKrankenpflege), Entsorgung, Versorgung und Nahverkehr. Zahlreiche pri-vate Rechtsformen gibt es insbesondere in der Versorgung und imNahverkehr. Insgesamt ist eine Tendenz zur Herausbildung des Kon-zerns Stadt feststellbar (Killian/Schneider 1999, 19ff./61ff.).

Der Begriff Konzern Stadt wurde ursprünglich programmatisch ge-nutzt (Banner 1993, 58ff.; KGSt 1993, 13f.). Im Rahmen dieser Auswer-tung dient er als sachliche Beschreibung der durch Ausgliederungund Binnendezentralisierung zunehmend differenzierten Strukturenim kommunalen Sektor.

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48 Regelungsinhalte

Die Ursachen der organisatorischen Dezentralisierung liegeneinerseits in den von der EU eingeleiteten Wettbewerbsöffnungen imBereich der öffentlichen Wirtschaft, andererseits in den Haushalts-schwierigkeiten der Kommunen. Die Haushaltsprobleme der öffent-lichen Hand resultieren vor allem aus der deutschen Wiedervereini-gung. Darüber hinaus führen die Kommunen mittlerweile zu 70 bis80% Bundes- und Landesaufgaben aus. Besonders seit den 90er Jah-ren ist mit der Übertragung einer Aufgabe allerdings keine Ausstat-tung mit entsprechenden Mitteln mehr verbunden (prominentesBeispiel: Kindergartenplätze). Stattdessen kommt es sogar zu einerMittelreduktion. In der wissenschaftlichen Diskussion wird daherzunehmend die Frage gestellt, ob von einer kommunalen Selbstver-waltung noch ernstlich die Rede sein kann. Die Wettbewerbsöffnun-gen durch die EU bedeuten für die Kommunen eine weitere Redu-zierung der Einnahmen.

Beide Aspekte – Haushaltsprobleme wie Wettbewerbsöffnung –zwingen die Kommunen dazu, den wirtschaftlichen Bereichen mehrAutonomie zu überlassen, deren ökonomische Aufgaben zu beto-nen und im Gegenzug deren politische Verantwortung zurückzuneh-men. Die Gründung von Eigengesellschaften ist also die entspre-chende Antwort auf veränderte Rahmenbedingungen, zumal dieBeteiligung strategischer Partner – wie z.B. großer privater Energie-wirtschaftskonzerne – nur in privatrechtlichen Rechtsformen möglichist.

Allerdings ist festzustellen, dass Wirtschaftlichkeit in keinemzwingenden Verhältnis zur Rechtsform steht, Betätigung in öffent-licher Rechtsform kann ebenso effizient sein wie in privater. Dieszeigt z.B. eine empirische Analyse britischer Reformerfahrungen(Naschold u.a. 1996, 25ff.). Ähnliches lässt sich auch für die Ausglie-derungsbewegung in Deutschland diagnostizieren (Schneider 2002,116ff.).

Vergleicht man die Dezentralisierung im privaten mit der imöffentlichen Sektor, zeigen sich Gemeinsamkeiten, aber auch Unter-schiede. Die Kommunen folgen den in der Privatwirtschaft bereitsseit den 80er Jahren erkennbaren Dezentralisierungstendenzen.Während aber bei privaten Konzernen die formale Dezentralisie-rung durch eine schärfere Trennung von operativem und strategi-schem Geschäft oft sogar eine verstärkte Zentralisierung (auf derEbene der Holdinggesellschaft) zur Folge hat (Kotthoff 1998, 88f.),

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Regelungen zum Konzern Stadt 49

droht der kommunale Sektor aufgrund nur schwach konturierterpolitischer Steuerungsinstrumenten auseinander zu fallen (Schnei-der 2002).

Das Problem der Herausbildung des Konzerns Stadt führt fürdie Interessenvertretungen und die Arbeitgeber zu vielfältigen Prob-lemen:y Das vordringliche Ziel dabei ist, interne Strukturverbesserungen

umzusetzen und auf diesem Wege Zusammenhalt bzw. Steuerungzu sichern. Formelle Privatisierungen sollen dementsprechendmöglichst verhindert werden.

y Die Wettbewerbsfähigkeit der öffentlichen Wirtschaft und derenRahmenbedingungen sind zu verbessern. Insbesondere geht esdarum, den Betrieben und Unternehmen der öffentlichen Wirt-schaft Zeit für die Umorientierung auf die neuen eher betriebs-wirtschaftlichen Ziele zu geben.

y Des Weiteren birgt der Wettbewerb die Frage nach der Vergleich-barkeit von Wettbewerbsbedingungen: Die teilweise vergleich-bar guten sozialen Bedingungen im öffentlichen Dienst dürfennicht zu einem Wettbewerbsnachteil für die öffentliche Wirtschaftwerden.

y Häufig werden auch Kriterien für die Legitimität von Ausglie-derungen bzw. die Ausgestaltung von Eigengesellschaften fest-gelegt.

y Gelegentlich finden sich darüber hinaus Rahmenbestimmungenzur Ausgestaltung von Personalüberleitungsverträgen bzw. -tarif-verträgen.

y In einzelnen Fällen werden auch zusätzliche Beteiligungsrechte inEigengesellschaften und -betrieben vereinbart.

y Zunehmend finden sich auch Vereinbarungen zur Ausgestaltungder Kooperation von Interessenvertretungen (und Arbeitgeber-vertretern) im Konzern Stadt.

2.6.1 Grundsätzliches zum Konzern Stadt

Viele Vereinbarungen enthalten Grundsatzbekundungen dahinge-hend, dass formelle bzw. materielle Privatisierungen subsidiär seinsollen, also nur umgesetzt werden, wenn andere Maßnahmen nichtzum gewünschten Erfolg geführt haben.

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50 Regelungsinhalte

»3. Grundsätze der Organisationsuntersuchung

[…](4) Bei der Strukturveränderung gilt der Grundsatz »Optimieren

vor Privatisieren«.[…]«

(Stadtverwaltung, 081100/23)

An Stelle von Privatisierung werden effektive bzw. effiziente Struk-turen und Ergebnisse angestrebt. Relativ selten sind hingegen Ver-einbarungen dahingehend, nur ein bestimmtes »Kerngeschäft« durchdie Verwaltung selbst, alles Übrige in betrieblicher bzw. eigengesell-schaftlicher Form ausführen zu lassen.

»4. Schutz der Beschäftigten

[…]4.4 Unter dem Leitbild »Dienstleistungsunternehmen Stadt«

verfolgt die Stadt [Name] mit ihrer Verwaltungs- und Struk-turreform u.a. das Ziel, die Verwaltungstätigkeit zu effekti-vieren bzw. zu optimieren.

4.4.1 Für den Magistrat bedeutet dies in besonderem Maße, dieKommunalverwaltung auf das »Kerngeschäft« zu beschrän-ken, nämlich nur noch Hoheits- und von ihm definierte Leis-tungsaufgaben zu erbringen und die übrigen Aufgaben,insbesondere die mit betrieblichem Charakter, in dezentralesowie weitgehend selbständig arbeitende Eigenbetriebeoder Eigengesellschaften auszulagern, ohne sie dadurch ausder Gesamtverantwortung und -steuerung des »KonzernsStadt« zu entlassen.Dabei ist in jedem Fall sicherzustellen, dass die bisherigenRechte der Beschäftigten erhalten bleiben; die Regelungendes BAT, des BMT-G und der Zusatzversorgung gelten alsMindestnormen.

[…]«(Stadtverwaltung, 081100/17)

Es fällt auf, dass hier sowohl die Steuerung der Teile des KonzernsStadt als auch die Besitzstandswahrung der Beschäftigten mit den or-ganisatorischen Änderungen verbunden werden.

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Regelungen zum Konzern Stadt 51

Eine andere Form von Grundsatzvereinbarung ist die Folgende.Sie bestimmt, dass es grundsätzlich zu keiner Ausgliederung kom-men soll. Entspricht der Arbeitgeber diesem Grundsatz nicht, musser die von den Beschäftigten geleisteten Beiträge zur Sicherung derWettbewerbsfähigkeit zurückerstatten.

Ȥ 3

Die Stiftung verzichtet während der Laufzeit der Vereinbarungauf die Gründung einer Service-GmbH und die Durchführungvon Outsourcing-Maßnahmen. Es soll in diesem Zeitraum auf dieEinleitung von betriebsbedingten Kündigungen und die Vorbe-reitung von Outsourcing-Maßnahmen verzichtet werden. Solltenentsprechende Maßnahmen trotzdem unabweislich erforderlichsein, so verpflichtet sich die Stiftung, diese dem Ausschuss nach§ 2 des Tarifvertrages vorzulegen. Betroffene Beschäftigte, dieeinen Solidarbeitrag geleistet haben, erhalten diesen zurück.«

(Sonstige öffentliche Einrichtung, 100100/128)

Sofern es bereits zu einer beträchtlichen Zahl von Ausgliederungengekommen ist, stellt sich die Frage, wie die Einheitlichkeit und derZusammenhalt des Verbundes gesichert werden können. Mit die-sem Problem setzt sich die folgende Vereinbarung auseinander. Siegewichtet besonders die gegenseitige Auftragsvergabe und die Ko-operationsmöglichkeit von Betriebs- und Personalräten.

»6. Konzern Stadt

Die Stadt [Name] wirkt darauf hin, dass die Vereinbarungen die-ser gemeinsamen Erklärung auf den gesamten Konzern ausge-dehnt werden.

Sie verpflichtet sich, bei allen städtischen Beteiligungen mög-lichst einheitliche Strukturen zu entwickeln und wirkt darauf hin,dass innerhalb des Konzerns Aufträge in weitreichendem Umfangan städtische Betriebe vergeben werden. Alle Betriebs- und Perso-nalräte des Konzerns erhalten die Möglichkeit, wie ein Konzern-betriebsrat in einer Arbeitsgemeinschaft zu arbeiten und regel-mäßig Sitzungen abzuhalten. Dazu wird eine entsprechendeVereinbarung abgeschlossen.«

(Stadtverwaltung, 081100/85)

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52 Regelungsinhalte

2.6.2 Wettbewerbsfähigkeit, Übergangsfristenund Verfahrensregelungen

Verschärfter Wettbewerb und finanzieller Druck zwingen die öffent-liche Hand, sich zu restrukturieren und die eigene Leistungsfähig-keit zu erhöhen. Im folgenden Beispiel wurde dieser Zwang an diedezentralen Einheiten weitergegeben. Gelingt es ihnen nicht, inner-halb kurzer Zeit Wettbewerbsfähigkeit herzustellen, ist der Weg fürPrivatisierung oder Fremdvergabe frei. Dem Personal gesteht die Re-gelung zwei weitere Absicherungen zu. Zum einen ist der Personal-ausschuss zu informieren und die Wettbewerbssituation im Zusam-menhang erneut zu analysieren. Zum anderen sind Besitzstände undEinfluss der Stadt zu wahren.

»3. Stärkung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit

Die Verwaltung strebt das Ziel an, ihre Leistungs- und Wettbe-werbsfähigkeit zu verbessern. Deshalb sind vor einer Entschei-dung, die Aufgabenerledigung Privaten zu übertragen, alle orga-nisatorischen und technischen Möglichkeiten zu prüfen, dieWirtschaftlichkeit zu erhöhen.

Die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung im Verhältniszu privaten Anbietern ist spätestens nach Ablauf von zwei Jah-ren nachzuweisen; der Beginn des Zwei-Jahres-Zeitraumes wirddurch Organisationsverfügung des Stadtdirektors festgelegt. So-fern dies innerhalb eines für die einzelne Maßnahme festzulegen-den Zeitraumes nicht realisierbar ist, ist der Personalausschuss zuinformieren und über die Vergabe an Dritte zu beraten.

Organisationseinheiten der Stadtverwaltung [Name] können ineine andere Betriebs-/Rechtsform überführt werden, wenn diesaus wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Angestrebt wirddabei eine Rechtsform mit überwiegender Beteiligung der Stadt[Name], Übernahmevereinbarungen für die betroffenen Mitarbei-ter/innen und die Absicherung deren sozialen Besitzstandes imSinne dieser Vereinbarung sind dabei sicherzustellen.«

(Stadtverwaltung, 081100/01)

Es wird suggeriert, dass private Rechtsformen eher zu wirtschaft-licher Aufgabenerfüllung beitragen. Dezentralen Einheiten wirdmit Ausgliederung gedroht, falls sie keine Einsparungen bzw. Wirt-

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Regelungen zum Konzern Stadt 53

schaftlichkeitsverbesserungen erarbeiten. Eine Begründung für dievermeintlich höhere Wirtschaftlichkeit privater Rechtsformen wirdnicht gegeben.

2.6.3 Vergleichbare bzw. »faire«Wettbewerbsbedingungen

Ein besonderes Problem in Wettbewerbssituationen ist, dass auf demMarkt nicht die Qualität von Arbeitsprozessen – etwa leistungsge-rechte Bezahlung oder adäquate Arbeitszeit – berücksichtigt, sondernKaufentscheidungen anhand von Preisen und Produktqualität getrof-fen werden. Das verschafft Anbietern mit geringen Investitionskos-ten, wie z.B. für Arbeitskraft, spezifische Vorteile. Tarifverhandlungenhaben in diesem Zusammenhang die Funktion, Unterbietungs-wettbewerb um Lohnhöhen auszuschließen. Unterschiedliche Tarif-niveaus konnten sich insbesondere angesichts der historisch beding-ten Unterscheidung von öffentlicher und privater Wirtschaft und demAusschluss von Konkurrenz zwischen beiden Sektoren herausbilden.Gravierende Unterschiede finden sich im Nahverkehr, wo die Tarifeder Privaten ca. 30% unter denen der öffentlichen Hand liegen. SeitÖffnung der öffentlichen Wirtschaft für den Markt bemühen sich dieGewerkschaften, die Tarifverhandlungen öffentlicher und privater Be-treiber aufeinander abzustimmen um ein insgesamt akzeptables Ge-füge unterschiedlicher Tarifstandards zu verwirklichen. Da dies kurz-fristig nicht möglich ist, gehen eine Reihe von Verwaltungsleitungenund Gewerkschaften zwischenzeitlich folgendermaßen vor: Sie ak-zeptieren Wettbewerbsvorteile, die durch untertarifliche Bezahlungentstehen, nicht und versuchen, die Steigerung der Wettbewerbsfä-higkeit nur durch andere Maßnahmen zu erreichen, wie im folgendenBeispiel einer Kreisverwaltung dokumentiert wird.

»4. Schutz der Beschäftigten

[…]4.3 Der Kreisausschuss wird – vorbehaltlich gegenteiliger Kreis-

tagsbeschlüsse – sicherstellen, dass vor beabsichtigten Pri-vatisierungsmaßnahmen von Teilbereichen der Kreisverwal-tung die betroffenen Bereiche die Möglichkeit erhalten, in

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54 Regelungsinhalte

einem angemessenen Zeitraum ihre Wirtschaftlichkeit undWettbewerbsfähigkeit unter Beweis zu stellen.Wirtschaftlichkeitsdifferenzen, die auf den Tarif- und Sozial-versicherungsschutz der Arbeitsplätze des Kreises [Name]bzw. entsprechende Regelungen für Beamte und Beamtin-nen zurückzuführen sind, werden hierbei akzeptiert.In jedem Fall ist sicherzustellen, dass die bisherigen Rechteder Beschäftigten, die Regelungen des BAT, des BMT-G undder Zusatzversorgung als Mindestnorm im Sinne einer per-sönlichen Besitzstandswahrung erhalten bleiben.«

(Kreisverwaltung, 081100/20)

2.6.4 Kriterien für Ausgliederungsentscheidungen

Ausgliederungen werden in den vorliegenden Vereinbarungen oft anbestimmte Kriterien und Voraussetzungen gebunden. In der Regelwerden die Subsidiarität privater Rechtsformen und die Konzentra-tion auf Verbesserungen innerhalb der gegebenen Strukturen undRechtsformen festgelegt und davon ausgehend konkrete Kriterienals Prüfungsgrundlage entwickelt. Im Allgemeinen sind diese Krite-rien die Interessen der Nutzer, der Arbeitnehmer, der Verwaltungs-leitung und der politischen Steuerung.

»2. Maßnahmen

[…]2.4 Die hoheitliche Aufgabenerfüllung ist die »Urform« kommu-nalen Handelns. Hierzu bietet die Bayerische Gemeindeordnungeine Reihe von Organisationsmöglichkeiten.

Bei einer geplanten Vergabe von Leistungen oder bei Formal-privatisierungen ist stets zu prüfen, ob die ins Auge gefasstenZiele nicht auch in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft erreicht wer-den können. Es gilt der »Vorrang innerer Reformen«. Wenn wirt-schaftlichere bzw. effizientere Aufgabenerfüllung durch Vergabeoder Rechtsformänderungen angestrebt werden, müsseny die Interessen der Leistungsempfänger (z.B. Gebührenminimie-

rung)y öffentliche Interessen

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Regelungen zum Konzern Stadt 55

y die öffentliche Kontrolle durch gewählte Stadtratsmitgliedersowie

y die Interessen der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer (Absiche-rung der arbeits- und tarifrechtlichen Regelungen)

y die Folgewirkungen für die Gesamtstadt zentrale Kriterien sein.Die Ergebnisse der Prüfung sind vor einer Entscheidung mit denVertragspartnern zu erörtern.[…]«

(Stadtverwaltung, 081100/02)

Der Kriterienkatalog dieser Vereinbarung wird im Folgenden in an-derer Form aufgegriffen. Auch hier werden – in konkreterer Form –die Interessen von Bürgern, Beschäftigten, Politik und Verwaltungs-leitung genannt. Wie in der zuvor zitierten Vereinbarung wird einePrüfung anhand der genannten Kriterien verlangt.

»§ 3 Privatisierung, Um- und Ausgründungen

1. Ein Ziel der Verwaltungsreform ist die Wettbewerbsfähigkeitder Verwaltung. Dazu sind zunächst interne Möglichkeiten zurKostenreduzierung zu prüfen. Daher sind Privatisierungen so-wie Um- und Ausgründungen keine vorrangigen Ziele derVerwaltungsreform.

2. Soweit Aufgaben, die bisher von der Verwaltung wahrgenom-men werden, auf Private übertragen werden sollen, ist ein be-triebswirtschaftlicher Vergleich unter Einbeziehung eines Ver-gleichs des Qualitätsstandards vorzunehmen.Prüfungskriterien sind u.a.:y gesetzliche Rahmenbedingungeny Verwaltungsvereinfachungy kommunale Steuerung und Kontrolley Kosten/Nutzen-Vergleich für Bürger/innen und Verwaltungy soziale Auswirkungen auf Mitarbeiter/innen.

3. Soweit feststeht, dass Aufgaben nach einer Prüfung gemäßAbs. 2 wirtschaftlich und organisatorisch sinnvoller außerhalbder Verwaltung erledigt werden können, ist bei Ausgründun-gen (Stadt als Mehrheitsgesellschafter) anzustreben, dass diebisherigen Rechte der Beschäftigten erhalten bleiben.

[…]

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56 Regelungsinhalte

5. Die Entscheidungskompetenzen des Rates bleiben unberührt.6. Dem Personalrat werden die i.V.m. Abs. 2. erstellten Unterla-

gen und Informationen umfassend und rechtzeitig zur Verfü-gung gestellt.«

(Stadtverwaltung, 081100/53)

Einige Vereinbarungen koppeln Ausgliederungsentscheidungen pri-mär an Wirtschaftlichkeitskriterien. Diese werden dabei nicht seltensehr weitgehend gefasst: Wirtschaftlichkeit dürfe nicht anders alsdurch (formelle) Privatisierungen erreichbar sein, und dieser positiveEffekt müsse nachgewiesen werden.

»5 Privatisierungen

5.1 Privatisierungen sind keine primären Ziele der Verwaltungs-strukturreform. Der Rat der Stadt [Name] wird bisherige Verwal-tungsbereiche oder Eigenbetriebe nur dann in privatrechtliche Un-ternehmensformen umwandeln bzw. überführen, wenny die angestrebte Optimierung nicht durch effizienzsteigernde

Maßnahmen unter Beibehaltung einer öffentlich-rechtlichenRechtsform erreicht werden kann und

y die Vorteile einer Privatisierung nachweisbar sind.Dabei ist grundsätzlich die Mehrheitsbeteiligung der Stadt anzu-streben. Kann dies im Ausnahmefall nicht gewährleistet wer-den, soll nach Möglichkeit im jeweiligen Gesellschaftervertragein Beherrschungsverhältnis zugunsten der Stadt festgeschriebenwerden.[…]«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

Diese harten Kriterien erstaunen angesichts der skizzierten Probleme,Wirtschaftlichkeitsvorteile von privaten Rechtsformen nachzuweisen.Es ist schwer vorstellbar, dass der Beweis tatsächlich – zumal im vor-hinein – zu führen ist, wenn auf Absenkung der Tariflöhne verzichtetwird (was bei Ausgliederungen zumeist ausgeschlossen wird, sieheden nächsten Abschnitt).

In einer Vereinbarung aus dem Hochschulbereich werden dieWirtschaftlichkeitskriterien im Sinne eines Kostenvergleichs konkre-

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Regelungen zum Konzern Stadt 57

ter gefasst und – wie schon in den ersten beiden Vereinbarungen –mögliche Folgewirkungen mitberücksichtigt.

Ȥ 9 Rechtsformenwandel und Privatisierung

[…]10. Eine betriebswirtschaftliche Begründung der Aufgabenprivati-sierung (Outsourcing) ist gegeben, wenn die Kosten einer Leis-tung innerhalb der [Name] (= interne Leistungserstellung) höhersind als die Kosten des Zukaufes der Leistung bei vergleichbarerQualität.

Zu berücksichtigen sind bei der betriebswirtschaftlichen Be-gründungy die Kosten der internen Erstellung der Leistung, einschließlich

einer Optimierungy die Kosten des Kaufes der Leistung (externe Leistungserstel-

lung)y die Kosten des Abbaus der Leistungserstellung innerhalb der

[Name] undy die Kosten der Transaktion zwischen den Vertragspartnern (in-

klusive Qualitätssicherung und Vertragsmanagement).«(Sonstige öffentliche Einrichtung, 080200/29)

2.6.5 Personalüberleitung

In vielen Vereinbarungen schreiben Rahmenbestimmungen vor,was im Falle einer Ausgliederung mit den Beschäftigungsverhältnis-sen geschieht. Dabei wird praktisch immer über die einjährige Fristdes § 613a BGB hinausgegangen. Diese Norm regelt vor allem dasunveränderte Weiterbestehen der Arbeitsverhältnisse im Falle derÜberleitung. Oft wird die Beteiligung der Interessenvertretungs-gremien bzw. der Gewerkschaft verabredet. Nicht zu unterschätzenist die Wirkung von Übergangsregelungen für die Interessenvertre-tungstätigkeit, ohne die es zu (zeitlichen) Lücken der Vertretungkommen kann. Für den Übergang werden die bisherigen tariflichenStandards und Zusatzleistungen unbefristet als Mindeststandardfestgelegt.

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58 Regelungsinhalte

Ȥ 6 Ausgliederung von Aufgaben

Wenn die Untersuchung die Auslagerung von Aufgaben in einrechtlich selbständiges Unternehmen empfiehlt, sind zwischenPersonal abgebender Dienststelle und dem Personal aufnehmen-den Unternehmen Personalüberleitungsverträge unter einver-nehmlicher Beteiligung des zuständigen Personalrats zu vereinba-ren, die insbesondere die Weitergeltung von Tarifverträgen, derZusatzversorgungskasse und Fragen der betrieblichen lnteressen-vertretung regeln.

Dabei ist in jedem Fall sicherzustellen, dass die bisherigenRechte der Beschäftigten erhalten bleiben; die Regelungen desBAT, des BMT-G und der Zusatzversorgung gelten als Mindest-normen.«

(Sonstige öffentliche Einrichtung, 081100/13)

2.6.6 Zusätzlich vereinbarte Beteiligungsrechte

Bei Umwandlungen zu Eigenbetrieben bzw. eigenbetriebsähnlichenEinrichtungen kommt es oft zur Vereinbarung von Mitbestim-mungsrechten, die über gesetzliche Möglichkeiten hinausgehen.Dies betrifft z.B. viele Eigengesellschaften, die über weniger als 2000Beschäftigte verfügen und in deren Aufsichtsrat daher gemäß demMitbestimmungsrecht nur eine Drittelparität der Arbeitnehmerver-treter möglich ist. In solchen Fällen wird häufig eine volle Parität zu-sätzlich vereinbart. Gleiches gilt für Unternehmen mit weniger als500 Beschäftigten bei Abmachung einer Drittelparität, Ähnliches fürEigenbetriebe in Werksausschüssen.

»6 Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnliche Einrichtungen

Bei Eigenbetrieben, bei denen eine Mitarbeiterbeteiligung nichtgesetzlich vorgeschrieben ist und eigenbetriebsähnlichen Einrich-tungen i.S. der Gemeindeordnung wird die Beteiligung der Be-schäftigten insoweit sichergestellt, als auch in diesen BetriebenMitarbeitervertreter/innen in analoger Anwendung der gesetz-lichen Vorschriften gewählt werden, die mit Stimmrecht an denSitzungen des Werksausschusses teilnehmen.«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

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Regelungen zum Konzern Stadt 59

2.6.7 Kooperation der Interessenvertretungenim Konzern Stadt

Die Kooperation von Betriebs- und Personalräten im Konzern Stadtist differenziert geregelt. Nicht nur die Arbeitgeber haben ein Steue-rungsproblem in Konzernstrukturen; auch die Arbeitnehmerseiteverliert an Zusammenhalt. Besonders problematisch sind dabei feh-lende rechtliche Verbindungsmöglichkeiten zwischen Betriebs- undPersonalräten. Jede Art der Kooperation ist prinzipiell freiwilligerNatur. Um diesbezüglich Zusammenarbeit zu ermöglichen, wird ge-legentlich eine Willenserklärung von Gewerkschaft und Stadtver-waltung abgegeben. In vorliegendem Fall wurde darüber hinaus einVerfahren zur Beilegung von Konflikten vereinbart.

»§ 7 Zusammenarbeit Personalrat/Betriebsräte

Im Hinblick auf die Umstrukturierung der Stadtverwaltung undihrer Tochtergesellschaften zum »Konzern Stadt« wird eine Ver-einbarung über eine verstärkte Zusammenarbeit der Betriebs- undPersonalräte angestrebt. Die Stadt, ihre Tochtergesellschaften, dieInteressenvertretungsorgane sowie die Gewerkschaften arbeitenzur Erreichung dieses Ziels kooperativ zusammen.

§ 8 Beilegung von Meinungsverschiedenheiten

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten, die sich imZusammenhang mit der Umstrukturierung zum »KonzernStadt [Name]« oder aus der Auslegung dieses Vertrages erge-ben, wird die Politische Lenkungsgruppe (siehe § 5 Abs. 2) zuSondersitzungen einberufen.

(2) Zu den Sondersitzungen wird von der Oberbürgermeisterinauf Wunsch einer der Unterzeichner zeitnah eingeladen. DieÖTV nimmt an diesen Sitzungen mit zwei Vertretern/-innenteil.

(3) Sollte es in der Sondersitzung nicht zu einer einvernehm-lichen Lösung des Konfliktes kommen, setzen die Regelun-gen gemäß LPVG ein.«

(Stadtverwaltung, 081100/65)

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60 Regelungsinhalte

Die Betriebsräte der dezentralen Einheiten einerseits sowie dieUnternehmensleitungen andererseits sind bei den bisher zitiertenVereinbarungen nicht berücksichtigt. Für den Aufbau freiwilliger Ko-operationsformen der Interessenvertretungen im Konzern Stadt be-darf es aber langfristiger Vertrauensbeziehungen (Schneider 2002,155ff.). Daher ist der in den beiden folgenden Vereinbarungen ge-wählte Weg vermutlich Erfolg versprechender. Alle Betriebs- undPersonalräte sowie alle Arbeitgeber im Konzern Stadt haben die – da-rüber hinaus differenzierteren – Vereinbarungen unterzeichnet. Ers-tere institutionalisiert die Kooperation im Konzern Stadt unter Einbe-ziehung der Arbeitgeber der dezentralen Einheiten. Mit dem Vorteil,dass das Gremium nicht an den mit umfassenden operativen Gestal-tungsmöglichkeiten ausgestatteten Geschäftsführungen und Vor-ständen der dezentralen Einheiten »vorbei agiert«.

Ȥ 1 Zielsetzung

(1) Die die Vereinbarung schließenden Partner sind sich darübereinig, dass aufgrund der Zuständigkeit der Stadt [Name] fürGrundsatzfragen, die den Beteiligungsrechten der Personal-und Betriebsräte unterliegen, die Notwendigkeit besteht, einRepräsentationsorgan aller Beschäftigten nach Maßgabe derBestimmungen dieser Vereinbarung zu errichten. Dies ergibtsich aufgrund des Fehlens gesetzlicher Bestimmungen überdie Einrichtung einer Arbeitnehmervertretung in gemischt öf-fentlichen-privaten Unternehmensgruppen.Zielsetzung ist es, eine Verbesserung der Kooperation zwi-schen Anteilseigner, Vorständen und Geschäftsführern sowieVertreterinnen/Vertretern der Arbeitnehmer/innen der betrof-fenen Unternehmen herzustellen.

(2) Zu diesem Zweck bilden die Vereinbarungspartner eine ge-meinsame Informationsplattform, wo gezielt und vertrauens-voll Informationen und Positionen ausgetauscht, diskutiertund ggf. Entscheidungen vorbereitet werden können.

[…](4) Zwischen den Vereinbarungspartnern besteht Einvernehmen

darüber, dass eine gegenseitige, rechtzeitige und umfassendeInformationsverpflichtung besteht, um möglichst frühzeitigEntscheidungen vorzubereiten, die dem Interesse der Stadt

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Regelungen zum Konzern Stadt 61

und ihrer Bürger/innen, den Unternehmen sowie den Be-schäftigten dienen. […]

(5) Die Informationsplattform als Gremium hat keine Entschei-dungsbefugnisse. […]

§ 2 Mitglieder der Informationsplattform

(1) Ständige Mitglieder der Informationsplattform sind als Ver-treter des Magistrats der Stadt [Name]:y Oberbürgermeister,y Bürgermeister undy Stadtkämmerer.Die Vorstände bzw. Geschäftsführer folgender städtischerUnternehmen sind ständige Mitglieder der Informations-plattform:y [Name] Verkehrs- und Versorgungs-GmbHy [Name] Verkehrsgesellschafty Städtische Werkey Klinikum [Name]y Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft [Name]Die maximal 12 Mitglieder der Arbeitnehmerinnen-/Arbeit-nehmerseite werden durch ein von den -Arbeitnehmer-vertretungen und von der Gewerkschaft ver.di selbst festzu-legendes Verfahren bestimmt.

[…]

§ 3 Vorsitz und Geschäftsführung

[…](4) Das Gremium tagt bei Bedarf, mindestens jedoch einmal

halbjährlich. Die Koordination der Sitzungstermine erfolgtdurch das Büro des Oberbürgermeisters. Die Anmeldungder Tagesordnungspunkte sollte drei Wochen vor dem ge-planten Sitzungstermin im Büro des Oberbürgermeisters er-folgen.Die Tagesordnung wird spätestens zwei Wochen vor Sit-zungstermin durch das Büro des Oberbürgermeisters ver-sandt.«

(Stadtverwaltung, 081100/87)

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62 Regelungsinhalte

Die folgende Vereinbarung reagiert auf den Mangel, dass eine Ko-operation von Betriebs- und Personalräten rechtlich nicht vorgese-hen ist. Diese Lücke soll auf der freiwilligen Basis regelmäßiger undvertrauensgeprägter Beziehungen geschlossen werden.

»§ 1 Grundsätze und Begriffe

(1) Die Vertrag schließenden Parteien sind sich darüber einig,dass die Stadt [Name] und die in ihrem Allein- oder Mehr-heitsbesitz stehenden Unternehmen sowie deren Konzernun-ternehmen im Sinne der §§ 15 ff. Aktiengesetz einen Konzernbilden (im folgenden Konzernunternehmen genannt). Diezum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung hierzuzählenden Unternehmen sind in der Anlage zum Vertrag auf-geführt.Aufgrund der Zuständigkeit der Stadt [Name] für Grund-satzfragen, die Beteiligungsrechten der Personal- und Be-triebsräte unterliegen, und aufgrund des Fehlens gesetzlicherBestimmungen über die Einrichtung einer Konzern-arbeit-nehmervertretung in gemischt öffentlichen-privaten Unter-nehmensgruppen, wird die Notwendigkeit gesehen, ein Re-präsentationsorgan aller Konzernbeschäftigten (im folgendenKonzernarbeitnehmervertretung genannt) nach Maßgabe derBestimmungen dieser Vereinbarung zu errichten.

[…]

§ 2 Beteiligte Arbeitnehmervertretungen

(1) Die Konzernarbeitnehmervertretung der Stadt [Name] be-steht aus den Vertretern der Arbeitnehmervertretungen allerKonzernunternehmen.

(2) Soweit innerhalb eines Unternehmens mehrere Vertretungs-gremien gebildet sind, werden die Beschäftigten in der Kon-zernarbeitnehmervertretung durch vom Gesamtbetriebsratbzw. Gesamtpersonalrat entsandte Vertreter repräsentiert.

(3) Ist in einer Unternehmensgruppe ein Konzernbetriebsratgebildet worden, so sind die Vertreter für die Konzern-arbeitnehmervertretung vom Konzernbetriebsrat zu ent-senden.

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Regelungen zum Konzern Stadt 63

§ 3 Zusammensetzung der Konzernarbeitnehmervertretung

Die Arbeitnehmervertretungen gem. § 2 entsenden je angefan-gene 1000 Konzernbeschäftigte einem Vertreter/in in die Konzern-arbeitnehmervertretung.

§ 4 Zuständigkeiten

(1) Die Konzernarbeitnehmervertretung behandelt insbesondereFragen, die die Konzernbeschäftigten gemeinsam betreffenund von denen die Konzernarbeitnehmervertretung meint,dass sie konzerneinheitlich geregelt sein sollten. Sie hat dieAufgabe, die Fragen mit dem Oberbürgermeister der Stadt[Name] zu beraten und einer Klärung zuzuführen sowie ent-sprechende Betriebs- und Dienstvereinbarungen vorzube-reiten. Zu deren Rechtsverbindlichkeit sind jedoch Verein-barungen zwischen den Arbeitnehmervertretungen und demgeschäftsführenden Organ des jeweiligen Unternehmens ab-zuschließen.

(2) Einzelne Arbeitnehmervertretungen können die Konzern-arbeitnehmervertretung beauftragen, eine Angelegenheit fürsich behandeln zu lassen. In diesem Fall behält die beauf-tragende Arbeitnehmvertretung jedoch die Entscheidungs-befugnis.

(3) Die Zuständigkeiten der örtlichen Betriebsräte, Gesamtbe-triebsräte bzw. Konzernbetriebsräte, der Personalräte und desGesamtpersonalrates werden durch die Tätigkeit der Kon-zernarbeitnehmervertretung nicht berührt.

(4) Die Konzernarbeitnehmervertretung kann Projektgruppenund Ausschüsse einsetzen. Die Projektgruppen und Aus-schüsse können sich aus Mitgliedern der Konzernarbeitneh-mervertretung, der Betriebsräte, Gesamtbetriebsräte, Kon-zernbetriebsräte, Personalräte oder des Gesamtpersonalrateszusammensetzen.

(5) Zwischen den Vertragsparteien besteht Einvernehmen darü-ber, dass in Konzernangelegenheiten, welche die Beschäftig-ten betreffen, eine gegenseitige Informationsverpflichtungbesteht mit dem Ziel, möglichst Entscheidungen vorzuberei-ten, die dem Interesse des Gesamtkonzerns und dessen Be-schäftigten dienen.

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64 Regelungsinhalte

(6) Die Konzernarbeitnehmervertretung schlägt im Einverneh-men mit den Fraktionen dem Rat der Stadt drei Vertreter/in-nen zur Wahl als sachkundige Einwohner in den Ausschussfür Beteiligungssteuerung vor.

(7) Der Oberbürgermeister verpflichtet sich, die Konzernarbeit-nehmervertretung über die wirtschaftliche Entwicklung desGesamtkonzerns, die Veränderung von Beteiligungsverhält-nissen sowie über die Entwicklung einzelner Geschäftsfelderzu informieren, soweit sie den Gesamtkonzern betreffen undRechtsvorschriften einer solchen Information nicht entgegen-stehen. Darüber hinaus berichtet der Oberbürgermeister übergeplante Aufgabenverlagerungen oder Organisationsverän-derungen innerhalb des Gesamtkonzerns so frühzeitig, dassdie Überlegungen der Konzernarbeitnehmervertretung nochin die Beratungen einfließen können.

§ 5 Geschäftsführung der Konzernarbeitnehmervertretung

(1) Die Geschäftsführung der Konzernarbeitnehmervertretungwird in einer von ihr zu beschreibenden Geschäftsordnunggeregelt.

(2) Die Stadt [Name] stellt der Konzernarbeitnehmervertretungfür ihre Tätigkeit Sachmittel und Büropersonal in erforder-lichem Umfang zur Verfügung.

(3) Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass eine Aus-weitung der bisherigen Personal- und Sachkosten möglichstvermieden werden soll. Sollte sich dies als nicht praktikabel er-weisen, verpflichten sich die Parteien, Verhandlungen mit demZiel einer einvernehmlichen Lösung aufzunehmen.

§ 6 Rechtsstellung der Mitglieder der Konzernarbeitnehmerver-

tretung

Die Tätigkeit in der und für die Konzernarbeitnehmervertretunggilt als Personalrats- bzw. Betriebsratstätigkeit im Sinne der ein-schlägigen Gesetze.«

(Stadtverwaltung, 081100/91)

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Einführung von Bürgerbüros 65

2.7 Einführung von Bürgerbüros

Bei der Reform des öffentlichen Dienstes werden immer häufiger dieBedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt. Allerdingsist es bislang vor allem bei Willensbekundungen geblieben. Nurin einer Hinsicht gibt es deutliche, praktische Veränderungen: derneuen Einrichtung von Bürgerbüros. Diese dienen dem Zweck, Bürge-rinnen und Bürgern eine oft unüberschaubare Suche nach zustän-digen Sachbearbeitern im Rathaus zu ersparen. Rathausangestelltesollen die Anliegen Beratungssuchender an zentraler Anlaufstelleentgegennehmen und möglichst abschließend bearbeiten. Aufgabeist nun, die Bürgerbüros organisatorisch zu gestalten und dabei dieRechte Bediensteter und der Interessenvertretung zu sichern. In denvorliegenden Vereinbarungen werden dabei wiederholt folgendePunkte geregelt:y Arbeitsschutz, -gestaltung und Ergonomie,y Qualifizierung und Beteiligung der Interessenvertretungsgremien

und der Beschäftigten,y Teambildung (Gruppenarbeit) und Leitungsverantwortung,y Kompetenzen des Teams und Aufgaben des Teamsprechers,y Konfliktregelungsmechanismen und Anforderungen an die Be-

schäftigten,y Arbeits- und Öffnungszeiten.

Im Folgenden wird zunächst eine Regelung zur Ergonomie bzw. Ar-beitsplatzgestaltung zitiert.

»§ 2 Arbeitsplätze

(1) Es werden Mischarbeitsplätze geschaffen. Mischarbeitsplätzesind Arbeitsplätze, bei denen der Aufgabenbereich der jewei-ligen Mitarbeiter/innen eine Bedienung von Bildschirmgerätenzur Datenerfassung und Datenwiedergabegewinnung vonmax. 50% der täglichen Arbeitszeit erforderlich macht. Im Bür-gerbüro soll jede/r Mitarbeiter/in befähigt sein, alle Aufgabenerledigen zu können. Die »Nachbearbeitungsplätze« sind alsdirekte Bürgerkontaktplätze einzurichten.

(2) Erfordert die Tätigkeit in der Regel arbeitstäglich mindestensvier Stunden ständigen (fast dauernden) Blickkontakt zum

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66 Regelungsinhalte

Bildschirm oder laufenden Wechsel zwischen Bildschirm undVorlage, wird innerhalb einer jeden Stunde einer solchenTätigkeit eine Arbeitsunterbrechung von 15 Minuten ge-währt. Diese Unterbrechungen werden auf die Arbeitszeitangerechnet.Es ist unzulässig, diese der Erholung dienenden Arbeitsunter-brechungen zusammenhängend zu nehmen oder an den Be-ginn oder das Ende der täglichen Arbeitszeit zu legen.

(3) Im übrigen gilt die Dienstvereinbarung über die Regelung vonArbeitsbedingungen für Mitarbeiter/innen an Bildschirm-Arbeitsplätzen in der jeweils gültigen Fassung.«

(Stadtverwaltung, 081100/35)

Die Arbeitszeit bedarf für Bürgerbüros angesichts besonderer An-forderungen einer weitergehenden Regelung und Anpassung. EineStadtverwaltung hat dies in der folgenden Form gelöst.

Ȥ 8 Arbeitszeit

[…](2) Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie

die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentagewerden im Rahmen rechtlicher Vorschriften eigenständig undabschließend von den Teams rechtzeitig im voraus geplant.Bei der Planung des Beginns und des Endes der täglichenArbeitszeit sowie der möglichen Über- oder Unterschreitun-gen sind die betrieblichen Erfordernisse zu wahren und dieInteressen des einzelnen Team-Mitgliedes zu berücksichti-gen. […]

(3) Erfolgt ein Arbeitseinsatz, dürfen bei vollbeschäftigten Arbeit-nehmern/innen vier (samstags drei Stunden) und bei nichtvollbeschäftigten Arbeitnehmer/innen zwei Stunden am Tagnicht unterschritten werden (Mindestarbeitszeit). […]«

(Stadtverwaltung, 080101/95)

Eine Stadtverwaltung regelt die Beteiligungsrechte der Interessen-vertretung bei der Umstrukturierung zu einem Bürgerbüro beson-ders individuell. Sie legt dabei Wert auf eine entsprechende Qualifi-zierung der Belegschaftsvertretung.

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Einführung von Bürgerbüros 67

Ȥ8 Information und Qualifizierung der Interessenvertretungen

1. Die rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des GPR, derörtlichen PR, der Schwerbehindertenvertretung (SBV), der Ju-gendausbildungsvertretung (JAV) und der Frauenbeauftragtenüber geplante Reorganisationsmaßnahmen ist Bestandteil allerMaßnahmen.

2. Durch Qualifizierung und Beratung des GPR, der örtlichenPR, der SBV, JAV und der Frauenbeauftragten soll die Betei-ligung der Interessenvertretungen an der Reorganisation der[Name] sichergestellt werden.

[…]«(Stadtverwaltung, 080200/29)

Auch die Arbeitnehmer müssen für die neue Tätigkeit im Bürger-büro qualifiziert werden. In den auszuwertenden Vereinbarungenfand sich dazu nur ein einziges Beispiel, das nur wenig konkret istund überdies nur die EDV-Nutzung betrifft.

Ȥ 5 Schulung

Die Mitarbeiter/innen im Bürgerbüro sind über ihre neuen Aufga-ben und ihre Tätigkeiten an Personal Computern eingehend undumfassend zu unterrichten. Ihnen ist ausreichend Zeit und Gele-genheit zur Schulung und Einarbeitung zu geben.«

(Stadtverwaltung, 081100/35)

Abschließend dokumentiert eine umfangreiche Regelung viele orga-nisatorische Detailfragen bezüglich der Arbeit in Bürgerbüros – vonArbeitszeiten und Aufgabenbeschreibungen bis zu Konfliktregelungund Teamarbeit.

Ȥ 2 Teambildung/-organisation

(1) Die Besetzung der Teams erfolgt durch Vollzeit- und Teilzeit-kräfte. Bei der Neubildung eines Teams ist für den Einsatzvon Teilzeitkräften erforderlich, dass diese hinsichtlich desArbeitseinsatzes zeitlich nicht an bestimmte Tageszeiten ge-bunden sind, sondern sich innerhalb der Teams der flexiblenArbeitszeitgestaltung anpassen. Nach Einrichtung der Teams,bei Personalwechsel, kann das Team entscheiden, ob zeitlich

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68 Regelungsinhalte

gebundene Teilzeitkräfte, insbesondere Teilzeitkräfte mit Fa-milienaufgaben, in das Team aufgenommen werden. […]

(3) Teambesprechungen finden in regelmäßigen Abständen,mindestens einmal wöchentlich, während der Arbeitszeitstatt. Zeitpunkt und Dauer werden von dem jeweiligen Teambestimmt.

§ 3 Aufgaben der Leitung (Gruppensprecherin/Gruppensprecher)

(1) Die Leitung vertritt das Bürgerbüro nach außen. Die Leitunghat Koordinationsfunktion für den Bereich des Bürgerbüros,soweit dies nicht in den Aufgabenbereich der Teamsprecher/innen fällt und stimmt sich regelmäßig mit den Teamspre-chern/innen ab. Sie übernimmt in Ausnahmefällen (z.B. inKonfliktfällen) die Moderation der Teams und ist Vorgeset-ze/r der Team-Mitglieder. Die Leitung übernimmt herausge-hobene Sachbearbeitung (z.B. Widerspruchsbearbeitung).[…]

§ 4 Kompetenzen der Teams

Die Teams organisieren die interne Aufgabenverteilung/Arbeits-einteilung (zeitliche und inhaltliche Organisation der Arbeit, Op-timierung der Ressourcennutzung, Sicherstellung des Informa-tionsflusses). Dabei sind die zeitlichen und betrieblichen sowie dieQualitätsanforderungen einzuhalten.

§ 5 Teamsprecherin/Teamsprecher

(1) Bei der Neubildung eines Teams wird von den Team-Mit-gliedern ein/eine Teamsprecher/in und deren/dessen Vertre-ter/in für maximal ein Jahr in offener oder geheimer Wahlgewählt, der/die das Team innerhalb des Bürgerbüros ver-tritt.

(2) Spätestens nach Ablauf eines Jahres wählen die Team-Mit-glieder erneut einen/eine Teamsprecher/in und dessen/derenVertreter/in. Eine Wiederwahl sollte nach Möglichkeit vermie-den werden. Im Falle des Ausscheidens des/der Teamspre-chers/in oder des/der Vertreter/in wählt das Team ebenfallseinen/eine neue/n Teamsprecher/in bzw. einen/eine neue/nVertreter/in.

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Einführung von Bürgerbüros 69

(3) Der/die Teamsprecher/in bleibt Mitglied des Teams, ist ne-ben den fachlichen Aufgaben für die Koordination der Team-abläufe verantwortlich (z.B. Einberufung der Teambespre-chungen, Koordination des Arbeitseinsatzes) und moderiertdie Teambesprechungen. Sie/er hat dabei keine arbeits- oderdisziplinarrechtlichen Weisungsbefugnisse.

§ 6 Konfliktregelungen

(1) Konflikte im Team werden grundsätzlich kooperativ und au-tonom innerhalb des Teams gelöst.

(2) Bei Konflikten, die ausnahmsweise nicht innerhalb desTeams gelöst werden können, ist die Leitung zu beteiligen.Sie/er erarbeitet zusammen mit den Team-Mitgliedern einenLösungsvorschlag. Ist keine einvernehmliche Lösung zu er-zielen, entscheidet die Leitung unter Beteiligung des/derTeamsprecher/innen über die weitere Vorgehensweise (z.B.Einschaltung des/der nächsthöheren Vorgesetzten).

§ 7 Anforderungen

[…](5) Die Team-Mitglieder erhalten Gelegenheit, an fachlichen/

teamspezifischen Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen,die sie in die Lage versetzen, den im Team gestellten Anfor-derungen gerecht zu werden.

(6) Jedes Team stellt für jedes Kalenderjahr einen Qualifizie-rungsplan auf, in dem die Teilnahme der Team-Mitglieder anQualifizierungsmaßnahmen im Rahmen des Angebotes desFortbildungsprogrammes festgelegt wird. Der Qualifizie-rungsplan ist mit der Leitung abzustimmen und ggf. währenddes Kalenderjahres fortzuschreiben.«

(Stadtverwaltung, 080101/95)

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70 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

3. Mitbestimmungsrechte,-prozeduren und -instrumente

Die Gestaltung der Arbeitsorganisation und -abläufe unterliegtprinzipiell nicht der Mitbestimmung. Personalvertretungen habenwegen der Organisationshoheit der Verwaltungs- bzw. Betriebslei-tung in der Konzeptionsphase lediglich allgemeine Informations-und Beratungsrechte. Bei der Umsetzung von Reformprojekten istdie Lage jedoch anders zu bewerten: Die Einführung neuer Perso-nalentwicklungs- und -beurteilungsinstrumente oder neuer Technik,neue Vergütungssysteme, Veränderungen der Arbeitsplätze oderder Arbeitszeit betreffen die Aufgaben der Personalvertretungenelementar.

Dies bedeutet nicht, dass Beschäftigtenvertretungen erst nachAbschluss strategischer Planungen und Entscheidungsfindung anMitbestimmungsprozeduren beteiligt werden, um Nachteile fürdie Beschäftigten abzumildern. In der Praxis setzt die Mitarbeit derPersonal- und Betriebsräte schon wesentlich früher ein und gehtüber das, was in den Vertretungsgesetzen geregelt ist, hinaus.Im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung ist eine deutlicheAusweitung und Ausdifferenzierung der Mitbestimmungsproze-duren und -instrumente festzustellen, oft verbunden mit einem»Co-Management« zwischen Belegschaftsvertretung und Verwal-tungsspitze.

Als Co-Manager verlassen die Personalvertreter ihr klassischesRollenverständnis: Sie werden zu Veränderungsagenten und Pro-motoren, die mit der Verwaltungsleitung die Modernisierung vo-rantreiben. Dies geschieht, wie die Praxis zeigt, nicht immer prob-lemlos und ist für die betrieblichen Interessenvertreter durchaus mitRisiken verbunden. Die Beschäftigten unterscheiden nicht mehrtrennscharf zwischen Personalrat und Verwaltung, negative Moder-nisierungsfolgen werden folglich auch dem Personalrat angelastet.Misstrauen seitens der eigenen Klientel und die Zuweisung einer

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Beteiligung der Personalvertretungen 71

Art »Klagemauerfunktion«, bei der Kritik am Reformprozess vor-nehmlich bei der Mitarbeitervertretung abgeladen wird, sind wei-tere negative Aspekte.2

3.1 Beteiligung der Personalvertretungen

Die vorliegenden Vereinbarungen spiegeln die beschriebene Aus-weitung der Mitbestimmung teilweise deutlich wider. In fast allenTexten finden sich Passagen, die auf die Rechte der Beschäftigtenver-tretung eingehen. Eine große Anzahl der Vereinbarungen formuliertdetaillierte Regelungen, die das Zusammenspiel von Leitung undPersonalrat auf eine neue Basis stellen. Inhaltlich sind drei Themen-bereiche zu unterscheiden, die im Folgenden jeweils einzeln behan-delt werden:y Regelungen zur »allgemeinen Mitbestimmung«,y Beteiligung an Reformgremien und entsprechende Entscheidungs-

regeln,y Regelungen zur Unternehmensmitbestimmung.

3.1.1 Regelungen der »allgemeinenMitbestimmung«

Im Hinblick auf die Mitbestimmung im Allgemeinen verweisen fastalle ausgewerteten Vereinbarungen auf die gesetzlichen Personalver-tretungsrechte. Diese, so wird betont, würden durch die betrieb-lichen Absprachen nicht berührt – eigentlich eine Selbstverständlich-keit. Angesichts der Tatsache jedoch, dass Beschäftigtenvertretungenzahlreich in die Reformgremien eingebunden sind und das Kon-fliktpotenzial entsprechend hoch ist (vgl. die Probleme eines »Co-Managers«), erschien dieser Hinweis vielen Interessenvertretungenwichtig.

2 Zur Rolle der Beschäftigtenvertretung im Modernisierungsprozess vgl. Greifenstein/Kißler2000.

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72 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

»3. Schutz der Beschäftigten – Rahmenbedingungen

[…]Die gesetzlichen Beteiligungsrechte des Personalrates beim Kreis[Name] nach dem Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG NW)sind im Sinne ihrer Schutzfunktion uneingeschränkt zu beachten.«

(Kreisverwaltung, 081100/09)

In diesem Kontext wird vielfach auch auf die Rechte der Frauenbe-auftragten oder Schwerbehindertenvertretungen hingewiesen.

»2. Formen der Beteiligung

[…]Die Beteiligungsrechte der Personalvertretung, der Frauenbeauf-tragten, der Schwerbehinderten- und der Jugend- und Auszu-bildendenvertretung sowie der Beschlussgremien des Kreiseswerden durch das Tätigwerden des Lenkungsausschusses nichttangiert.«

(Kreisverwaltung, 081100/20)

Die beiden obigen Beispiele stehen für eine ganze Reihe ähnlicherVereinbarungen, die das Thema Mitbestimmung lediglich mit Hinweisauf die gesetzlichen Mitwirkungsrechte abhandeln. Daneben gibtes auch andere, ausführliche Regelungen, die ihr Hauptaugenmerkauf die frühzeitige Information der Personalvertretungen richten.Das Informationsrecht wird vielfach an das Recht auf die Einbindungbzw. Beteiligung im Reformprozess gekoppelt. In den beiden folgen-den Beispielen werden eine ganze Reihe allgemeiner Mitbestim-mungsrechte der Belegschaftsvertretung bei der Umstrukturierungfestgelegt.

Ȥ 10 Rechte und Verpflichtungen des Personalrats

(1) Qualifizierungsrecht des PersonalratesDer Personalrat hat das Recht, an allen Qualifizierungsmaß-nahmen zur Reform teilzunehmen. Seine sonstigen Ansprü-che auf Schulungen seiner Wahl gemäß LPVG NW bleibendavon unberührt. Der Personalrat hat das Recht, sich in ver-tretbarem Rahmen durch externe Sachverständige beraten zulassen.

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Beteiligung der Personalvertretungen 73

(2) Beteiligung des PersonalratesDer Personalrat hat das Recht, Vertreterinnen und Vertreterin die LG, FBK, die Projektgruppen und die Arbeitsgruppenzu entsenden und sich jederzeit über deren Tätigkeit zu infor-mieren.

(3) Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und Informationsrechte desPersonalrates werden durch diese Dienstvereinbarung grund-sätzlich nicht berührt.

(4) Die Beteiligung des Personalrates in den oben genanntenGremien (§§ 6, 7 und 8) wird als eine erste umfassendeUnterrichtung im Sinne des § 65 Abs. 1 LPVG NW gewertet.Die Mitglieder des Personalrates in den oben genannten Gre-mien verpflichten sich, laufend dem gesamten Personalratüber den Meinungsbildungsprozess zu berichten.

Der Personalrat sichert eine zügige Beratung und Entscheidungin den zustimmungs- und mitwirkungspflichtigen Maßnahmenin den Fällen der Beteiligung nach Abs. 4 zu. Die Dienststellenlei-tung kann zu Entscheidungen, die auf einvernehmlicher Beratungin der Lenkungsgruppe beruhen, auch kurzfristig die Zustimmungdes Personalrates erwarten.«

(Stadtverwaltung, 081100/08)

»6. Personalratsbeteiligung

6.1 Der Personalrat wird frühzeitig und vollständig über Verän-derungen der finanziellen Handlungsspielräume informiert.Er erhält in vierteljährlichen Abständen eine schriftliche Un-terrichtung über die haushaltskonsolidarischen Effekte deraufgabenkritischen Maßnahmen/Reformmaßnahmen.

6.2 Die Ergebnisse der Projektgruppen sowie der ämterbezoge-nen Organisationsuntersuchungen sind dem Personalratschon vor Einleitung des förmlichen Beteiligungsverfahrenszur Kenntnis zu geben unter konkreter Darstellung aller er-kennbaren, insbesondere der personellen Folgemaßnahmen.

6.3 Wenn sich im Vorfeld des gesetzlichen Beteiligungsverfah-rens Meinungsverschiedenheiten zwischen der Verwaltungund dem Personalrat abzeichnen, sollte in informellen Ge-sprächen der Versuch unternommen werden, Kompromissezu finden.

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74 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

Der Personalrat ist unter den dargestellten Rahmenbedingungenbereit, an den personellen Folgemaßnahmen aus der Haushalts-konsolidierung und der schrittweisen Umsetzung der Maßnahmenzur Neustrukturierung der Verwaltung konstruktiv mitzuwirken.«

(Kreisverwaltung, 081100/06)

In einer Großstadtverwaltung wird der dortigen Interessenvertre-tung für die Arbeit im Modernisierungsprozess eine zusätzliche Frei-stellung gewährt:

»Der Gesamtpersonalrat erhält im Zusammenhang mit Maßnah-men zur Verwaltungsreform eine zusätzliche Freistellung von 0,5Stellen bis [Datum].«

(Kreisverwaltung, 081100/64)

Angesichts der hohen Zusatzbelastung durch die meist sehr umfang-reichen Modernisierungsprojekte ist dies aus Sicht der Beschäftig-tenvertretung sicher sinnvoll. Es verwundert, dass in anderen Ver-waltungen entsprechende Passagen nicht zu finden sind.

Abschließend sei besondere Aufmerksamkeit auf eine Vereinba-rung gelenkt, die Reformmaßnahmen benennt, für welche die Ver-tragsparteien Mitbestimmung für besonders wichtig erachten. Fürdie Personalvertretung resultiert daraus eine solide inhaltliche Basisfür die Interessenvertretungsarbeit.

»3. Verfahren

3.1 Ziel ist es, die Personalvertretung möglichst frühzeitig überalle Reform- oder Konsolidierungsvorhaben zu informieren undalle anstehenden Fragen möglichst einvernehmlich zu klären.Hierbei geht es insbesondere um folgende Maßnahmen:y Umgründungen von Ämterny Auslagerung von Aufgabeny Grundsätzliche Festlegungen zu Stellenbesetzungssperren,

Nichtbesetzung von Stellen oder Stellenstreichungeny Wesentliche Änderungen der Arbeitsorganisationy Maßnahmen zum Abbau bzw. zur Abflachung von Hierarchieny Maßnahmen, die sich auf grundsätzliche Fragen der Frauenför-

derung oder Veränderungen am Frauenförderplan beziehen

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Beteiligung der Personalvertretungen 75

y Bedeutsame Veränderungen von Aus-, Fort- und Weiterbildungy Kündigungen von Dienstvereinbarungeny Abweichungen von Regelabspracheny Erarbeitung von Leitlinien und Regeln bei der Delegation der

Personalverantwortungy Abbau und Veränderungen von Sozialleistungeny Beurteilungssystemey Leistungs- und Anreizsystemey Einführung von Personal- und Informationssystemen[…]3.4 Über die von der Arbeitsgruppe erarbeiteten und vom Ober-bürgermeister gebilligten Vorschläge werden die betroffenen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Fachreferate bzw. im Mit-teilungsblatt der Stadtverwaltung rechtzeitig informiert.[…]3.7 Um sachkundig handeln zu können, kann die Personalvertre-tung entsprechende Fortbildungsangebote wahrnehmen.[…]«

(Stadtverwaltung, 081100/43)

3.1.2 Beteiligung an Reformgremien

Insgesamt 21 von 86 Vereinbarungen setzen sich mit der Beteiligungder Interessenvertretung in Reformgremien auseinander. Da beson-dere Gremien zur Gestaltung der Arbeitsorganisation in den gesetz-lichen Regelungen zur Personalvertretung nicht vorgesehen sind, istdiese Zahl bemerkenswert und ein Indiz dafür, dass die Interessen-vertretungen dank der Modernisierungswelle eine deutliche Auf-wertung erfuhren.

Die entsprechenden Gremien, beispielsweise als Lenkungsgruppe,Strukturkommission oder Steuerungsgruppe bezeichnet, setzen sich wiefolgt zusammen:y Leitung der Dienststelle (z.B. Bürgermeister oder Landrat, Bei-

geordnete, Dezernenten),y Leiter/Vertreter der Querschnittsämter bzw. -abteilungen (Perso-

nal, Organisation, Finanzen),y Personal- bzw. Betriebsratsmitglieder,y Gewerkschaftsvertreter.

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76 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

Während die ersten drei Gruppen immer vertreten sind, ist die Ein-beziehung der Gewerkschaften zwar oft vereinbart, nicht aber dieRegel. Als zusätzliche Mitglieder sind in einigen VereinbarungenFrauenbeauftragte oder externe Berater/Moderatoren benannt.

Aus den Vereinbarungen wird der Projektcharakter der Verwal-tungsmodernisierung deutlich. Die Steuerungsgremien erfüllen dem-nach eine zeitliche Koordinierungsfunktion, während die Projektgrup-pen die eigentliche Projektarbeit ausführen. In diesen Arbeitsgruppenist meist auch die Beteiligung der Beschäftigten vorgesehen. Dienächste Textpassage verdeutlicht dieses Prinzip, das sich in vielenReformverwaltungen bewährt hat.

»2.4 Der Lenkungsausschuss soll Arbeitsgruppen bilden, die ein-zelne Maßnahmen in den Fachämtern oder Abteilungen vorberei-ten und dem Lenkungsausschuss zuarbeiten.

Grundsätzlich soll allen interessierten Beschäftigten die Mitar-beit an den Arbeitsgruppen möglich sein. Über die konkrete Zu-sammensetzung entscheidet im Einzelfall der Lenkungsausschuss.

Der Personalrat ist berechtigt, an diesen Arbeitsgruppen miteiner Vertreterin bzw. einem Vertreter teilzunehmen.«

(Kreisverwaltung, 081100/20)

Nur wenige Vereinbarungen weisen den Gremien konkrete Aufgabenzu. Ihre Bezeichnung und Besetzung lassen jedoch erkennen, dass sienicht für die Diskussion von Detailfragen, sondern für die Erarbeitungwesentlicher Entwicklungslinien zuständig sind. Insoweit ist die nach-stehende Beschreibung von zentralen Aufgaben einer Strukturkom-mission nicht exemplarisch für alle vorliegenden Vereinbarungen.

»(3) Die Strukturkommission berät zum frühestmöglichen Zeit-punkt alle Aspekte der Haushaltsstrukturmaßnahmen, insbeson-dere1. wesentliche Änderungen der Aufbau- und Ablauforganisation

der Stadtverwaltung. Dabei sollen unnötige Hierarchien abge-baut, die Dezentralisierung von Aufgaben geprüft und Trans-parenz und Bürgernähe erhöht werden.

2. Vergabe oder Privatisierung von Arbeiten oder Aufgaben, diebisher von den Beschäftigten der Stadt [Name] erfüllt werdensowie Eckpunkte von möglichen Überleitungsverträgen,

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Beteiligung der Personalvertretungen 77

3. allgemeine Maßnahmen zur Stellen- und Personalwirtschaft,4. allgemeine Maßnahmen zur Verbesserung der Motivation und

der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,5. Einführung neuer Arbeitsmethoden,6. Veränderung von Leistungen der Stadt sowohl gegenüber der

Bürgerschaft als auch gegenüber den Mitarbeiterinnen undMitarbeitern einschließlich denkbarer Alternativen.«

(Stadtverwaltung, 081100/67)

Darüber hinaus diskutieren einige Vereinbarungen die Arbeitsweiseder Reformgremien. Entsprechende Regelungen betreffen:y zeitliche Vorgaben bezüglich des Tagungsrhythmus oder be-

stimmter Planungsschritte (z.B. jährliche Arbeitsplanung),y Vorschlagsrechte auch für die Personalvertretungen sowiey Ziele und Formen der Entscheidungsfindung.

In diesem Zusammenhang ist die Entscheidungsfindung von beson-derem Interesse. Sie ist in Vereinbarungen deutlich öfter thematisiertals die beiden ersten Aspekte. Im Kern fordern die entsprechendenRegelungen von den Reformgremien, einen Konsens zu finden, dervon allen Gremiumsmitgliedern vertreten wird. Teils tragen dieseAufforderungen appellativen Charakter.

»Zielsetzung ist, bestehende Probleme möglichst einvernehmlichauszuräumen.«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

Darüber hinaus treffen drei Vereinbarungen klare Verfahrensabspra-chen für den Fall der Nichteinigung.

»(7) Bei Nichteinigung zu einem Tagesordnungspunkt wird in derStrukturkommission innerhalb einer Frist von zwei Wochenerneut beraten. Diese Zeit soll genutzt werden, um die jewei-ligen Positionen zu überprüfen und nach gemeinsamen Eini-gungsmöglichkeiten zu suchen.

(8) Der Gesamtpersonalrat erklärt seine Bereitschaft, in den Fäl-len der Nichteinigung im Rahmen der personalvertretungs-rechtlichen Verfahren bei Umsetzung von Konsolidierungs-

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78 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

maßnahmen – auch wenn sie einzelne Beschäftigte betreffen –alle Möglichkeiten der Einigung voll auszuschöpfen und dassdie Anrufung von Einigungsstellen nur die Ausnahme seinkann.Die Beschlüsse der Strukturkommission werden von denMitgliedern in ihren jeweiligen Gremien vertreten.«

(Stadtverwaltung, 081100/073)

»(2) In den Projektgremien besteht Konsensprinzip. Zur Sicher-stellung der Beteiligung der Personalvertretung im laufenden Pro-jekt wird bei Dissens wie folgt verfahren:y Legen die Vertreter der Personalvertretung in Projektgremien

unterhalb der Projektlenkung ihr Veto ein, wird der Personal-vertretung innerhalb von 5 Arbeitstagen die Möglichkeit gege-ben, in ihrem Gremium die Position der Personalvertretungenzu klären.

y Besteht das Veto weiterhin, wird die Projektlenkung einberufen.Kommt eine Einigung auch hier nicht zustande, wird der Dissensim zuständigen Gemeinderatsgremium (Reform- und Struktur-ausschuss bzw. Verwaltungsausschuss) entschieden. Währendder Sitzungspausen des Gemeinderats entscheidet das Gremiumder Fraktionsvorsitzendenbesprechung oder deren Vertreter.

y Die Stadtverwaltung ist berechtigt, das Projekt weiterzuführen,verpflichtet sich jedoch, keine unumkehrbaren Maßnahmen zutreffen.«

(Stadtverwaltung, 081100/64)

3.1.3 Unternehmensmitbestimmung

Viele Städte und Kreise befinden sich auf dem Weg zu konzernähn-lichen Strukturen. Für die Interessenvertretungen ergeben sich da-raus Fragen bezüglich der Einflussnahme auf das unternehmerischeHandeln und dessen Kontrolle. Vor diesem Hintergrund verwundertes, dass nur zwei Vereinbarungen dieses Thema behandeln.

3 Die dritte Vereinbarung ist im Wortlaut nahezu identisch. Hier hat sich eine Großstadtverwal-tung am Bespiel einer benachbarten Großstadt orientiert.

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Direkte Partizipation der Beschäftigten 79

Eine Vereinbarung weist lediglich darauf hin, dass »für die Auf-sichtsorgane der Eigenbetriebe und der Gesellschaften Beteiligungsmodelle fürMitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entwickeln sind« (Stadtverwaltung,081100/39). In der anderen Textpassage ist detailliert festgelegt, wel-che Sachverhalte der Zustimmung des Aufsichtsrates – dessen Mit-glieder u.a. Beschäftigtenvertreter sind – bedürfen (Stadtverwaltung,081100/90).

3.2 Direkte Partizipation der Beschäftigten

In 15 der 86 ausgewerteten Vereinbarungen wird das Thema Beschäf-tigtenpartizipation ausdrücklich behandelt. Zudem erwähnen drei wei-tere Vereinbarungen die Beteiligung der Mitarbeiter an Projektgrup-pen. Dies ist ein Indiz dafür, dass sich sowohl Arbeitgeberseite alsauch Beschäftigtenvertretungen darüber im Klaren sind, dass Re-formprojekte ohne die Akzeptanz und Motivation der Mitarbeiterletztlich zum Scheitern verurteilt sind. Gleichzeitig ist darin einHinweis auf einen fundamentalen Perspektivenwechsel erkennbar:Waren die Mitarbeiter in den Augen nicht weniger Verwaltungslei-tungen lange Zeit bloße »Verfügungsmasse«, die man beliebig einzu-setzen und qua Befehl zu steuern können glaubte, setzt sich mehrund mehr die Erkenntnis durch, dass motivierte, qualifizierte Mitar-beiter die Basis effektiver und effizienter moderner Dienstleistungs-arbeit sind. Die gesteigerte Wertschätzung der eigenen Mitarbeiterspiegelt sich zum einen in einem neuen Verständnis von Personal-entwicklung wider (vgl. Kapitel 2.4). Zum anderen kommt sieauch durch die bewusste Einbeziehung der Beschäftigten in den Re-formprozess zum Ausdruck, wie folgender Vereinbarungsausschnittzeigt.

»5. Einbeziehung der Mitarbeiterinnen am Umgestaltungsprozess

Die MitarbeiterInnen sind die wichtigste Ressource für die Moder-nisierung der Verwaltung. In ihrer Kreativität liegt das entschei-dende Potential zur Erhöhung von Effizienz und Qualität. EineMitwirkung der MitarbeiterInnen am Prozess der Umgestaltungder Verwaltung ist erwünscht.

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80 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

Zum Zweck eines verbesserten Informationsflusses und zurEinbringung mitarbeiterorientierter Vorschläge werden die z.Z.laufenden und zukünftigen Vorhaben zum Verwaltungsumbauund zur Haushaltskonsolidierung von Verwaltung und Personal-rat daraufhin überprüft1) in welche Projekt- oder Arbeitsgruppen der Personalrat durch

Vertreter eingebunden werden möchte,2) in welcher Form die von einer konkreten Maßnahme betroffe-

nen MitarbeiterInnen in die entscheidungsvorbereitende Pro-jekt-/Arbeitsgruppenarbeit einzubeziehen sind. Dies kann z.B.über Mitarbeiterlnnenversammlungen, Mitarbeiterlnnenbefra-gungen oder Delegation einer/s in einer Mitarbeiterlnnenver-sammlung gewählten Vertreterin/Vertreters erfolgen.«

(Kreisverwaltung, 081100/06)

Insgesamt betrachtet wurden zur Thematik Beschäftigtenpartizipationvergleichsweise detaillierte Regelungen vereinbart, die über bloßeAbsichtserklärungen hinausgehen.

Im Wesentlichen lassen sich die Textpassagen zur Mitarbeiterbe-teiligung in zwei Kategorien einordnen:y Regeln zu Mitarbeiterbeteiligung in Projekten bzw. Projektgrup-

pen der Verwaltungsmodernisierung,y Absprachen zu neuen innovativen Arbeitsformen wie z.B. Team-

arbeit oder die Arbeit in Qualitätszirkeln.

Letzteres belegt der nachstehende Abschnitt.

»2. Form und Umgang der Mitarbeiterbeteiligung

[…]2.4 Qualitätszirkel

2.4.1 Aufgabe und Sinn der Qualitätszirkel ist es,y im Rahmen des Reformprozesses Möglichkeiten zu entwickeln

und aufzuzeigen, die Aufbau- und Ablauforganisation des Ar-beitsbereiches zu optimieren und

y dauernd Probleme des jeweiligen Arbeitsbereiches und seinesunmittelbaren Umfeldes zu beleuchten mit dem Ziel einer Ver-besserung der Qualität der Arbeitsergebnisse, -prozesse und-bedingungen (Qualitätsmanagement).

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Direkte Partizipation der Beschäftigten 81

2.4.2 Für jeden organisatorisch sinnvoll abgrenzbaren Aufgaben-bereich kann von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternein Qualitätszirkel gewählt werden. Einzelheiten der Wahlsind bzw. werden zwischen Verwaltung und Personalrat ein-vernehmlich geregelt.

2.4.3 Die Qualitätszirkel wählen eine/n Moderator/in und eine/nStellvertreter/in. Die Moderatorinnen/Moderatoren tref-fen sich in regelmäßigen Abständen zum Informations- undGedankenaustausch und wählen wiederum aus ihrem Kreiseine/n Sprecher/in und eine/n Stellvertreter/in.

2.4.4 Die Qualitätszirkel haben ein Initiativrecht für Beratungs-themen in der Strukturkommission und können entspre-chende Vorschläge unterbreiten.«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

Die nächsten beiden Beispiele befassen sich mit der Beteiligung derBeschäftigten an Projekten bzw. Projektgruppen. Dort werden Ver-fahren gewählt, die je nach Qualität des einzelnen Umstrukturie-rungsprozesses eine individuelle Beteiligung des Arbeitnehmers er-möglichen.

Ȥ 4 Beteiligung

Aus dem Konzept der Präambel zur strategischen Personalent-wicklung ergibt sich eine Verpflichtung zur Beteiligung und Mit-wirkung von Beschäftigten an Personal- und Organisationsent-wicklungsprozessen. Als wesentlicher Schritt ist im Rahmen diesesModernisierungsprozesses für die Implementierung neuer be-triebswirtschaftlicher Instrumente und deren Anpassung eine ge-zielte Beteiligung betroffener Beschäftigter zu organisieren.

Um eine qualifizierte Teilhabe aller Beschäftigten am Moder-nisierungsprozess zu ermöglichen, haben die Dienststellen regel-mäßig und frühzeitig über übergreifende und bereichsspezifischeZiele, Planungs- und Realisierungsschritte und – soweit bekannt –über die möglichen Folgen für die konkrete Arbeitsplatzsituationzu informieren. Die Einzelheiten sind entsprechend der jeweiligenspezifischen Situation zwischen der Dienststelle und dem Perso-nalrat zu verabreden und möglichst in Dienstvereinbarungen ab-zusichern.

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82 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

Von den Behörden werden unter Beteiligung der Personalrätegeeignete Strukturen geschaffen (z.B. Projektgruppen, Planungs-gruppen etc.), die den Reformprozess inhaltlich tragen und eineBeteiligung der Beschäftigten am Prozess sicherstellen. Für dieseGruppen sind in jedem Fall Zielsetzung (einschließlich der Zieleder Beteiligung), Zusammensetzung, Ausstattung und Verant-wortlichkeiten festzulegen.

Um die Möglichkeiten zur Beteiligung aller zu stärken, müssenbei der Planung solcher Gruppen die verschiedenen Zeitinteres-sen von Männern und Frauen, Ganz- und Teilzeitbeschäftigtenetc. mitberücksichtigt werden.«

(Landesverwaltung, 081100/52)

»Dienstvereinbarung über die Einführung einer umfassenden

Mitarbeiterbeteiligung bei der Stadt [Name][…]

Definition

Unter aktiver Mitarbeiterbeteiligung verstehen die Parteien Infor-mationsveranstaltungen, Projektarbeit, Mitarbeiterbefragungenund ggf. Mitarbeiterentscheide.[…]

Handlungsfeld

Die Parteien sind sich darüber einig, dass alle innerbetrieblichenAngelegenheiten mit Auswirkungen auf die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter geeignet sind, im Rahmen der Mitarbeiterbeteiligungbehandelt zu werden, sofern gesetzliche Regelungen dem nichtentgegenstehen (z.B. Personalangelegenheiten, dem Rat vorbe-haltene Entscheidungen).

Verfahren

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Dienststelle und Personal-vertretungen sind berechtigt, ein aus jeweils zwei Mitgliedern derDienststelle und der Personalvertretungen gebildetes Gremiummit dem Ziel anzurufen, für eine innerbetriebliche Maßnahmeeine Mitarbeiterbeteiligung anzubieten bzw. durchzuführen.

Das Gremium hat innerhalb einer Frist von 4 Wochen über dasBegehren zu entscheiden und diese Entscheidung innerbetrieblichin geeigneter Form bekannt zu machen. Sofern dem Wunsch auf

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Direkte Partizipation der Beschäftigten 83

Mitarbeiterbeteiligung nicht entsprochen wird, sind möglicheHinderungs- oder Versagungsgründe zu benennen. Bei Vorschlä-gen zur Mitarbeiterbeteiligung aus dem Kreis der Beschäftigten istvor einer endgültigen negativen Entscheidung eine Anhörung der/des Vorschlagenden vorzunehmen.

Das Gremium legt in Absprache mit den betroffenen Dienst-stellenteilen fest, ob, in welcher Form und in welchem Umfangeine Mitarbeiterbeteiligung unter Anwendung der Checkliste er-folgen soll.

Die Mitglieder des Gremiums sind verpflichtet, die Aufrechter-haltung eines geordneten Dienstbetriebes zur pflichtgemäßen Auf-gabenerfüllung bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.

Die Entscheidungen müssen im Sinne der Präambel zu dieserVereinbarung einvernehmlich getroffen werden. Beide Parteienhaben dabei die jeweiligen besonderen Interessenlagen der Ge-genseite zu achten und sind verpflichtet, in Anerkennung der weit-reichenden Einwirkungsmöglichkeiten dieser Vereinbarung aufdie Handlungsabläufe der Verwaltung verantwortungsvoll mitdieser Dienstvereinbarung umzugehen.«

(Stadtverwaltung, 081100/66)

Die zuletzt zitierte Vereinbarung verdeutlicht darüber hinaus, dassBeschäftigtenpartizipation auf dieser Basis nicht den Charakter einer»Goodwill-Veranstaltung« einnehmen kann: Verwaltungsleitung wieBeschäftigtenvertretung sind aufgrund des Vertrages verpflichtet,den Beschäftigten eine Begründung vorzulegen, wenn eine bean-tragte Mitarbeiterbeteiligung verweigert wird.

Eine spezielle Dienstvereinbarung beschäftigt sich mit dem zeit-lichen Mehr-Aufwand für die Mitarbeiter, den die aktive Beteiligungam Modernisierungsprozess mit sich bringt. Das Engagement derBeschäftigten wird hier durch Überstundenausgleich oder die Zah-lung von Sitzungsgeld honoriert.

»Vereinbarung zur Verwaltungsreform

1. Im Verlauf des Verwaltungsreformprozesses wird es insbeson-dere für die Leiter der Projektgruppen, die Projektgruppenmit-glieder (fester und erweiterter Projektgruppenkreis) und dieModeratoren – im Folgenden die Berechtigten genannt – zu

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84 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

zusätzlicher Arbeit kommen, die neben dem Tagesgeschäft er-ledigt werden muss.

2. Um diese zusätzliche Arbeit anzuerkennen und die »normaleArbeit« nicht übermäßig zu belasten, werden Überstunden fürdie Teilnahme an Projektgruppensitzungen, Moderationenund Workshops, die im Rahmen der Verwaltungsreformdurchgeführt werden, wie folgt honoriert:

3. Die Berechtigten haben ein Wahlrecht zwischen zwei Model-len. (anliegende Erklärung)y Die Überstunden können über den Zeitraum der Projekt-

arbeit angesammelt werden und zu einem späteren Zeit-punkt, soweit es mit den dienstlichen Belangen zu vereinba-ren ist, abgebaut werden. Die Überstunden werden auf demZeitkonto dokumentiert, bleiben aber bei Auswertung/Kon-trollen unberücksichtigt und führen somit nicht zu einerÜberschreitung des maximalen Gleitzeitguthabens.

y Für die Teilnahme an Sitzungen wird den Berechtigten einSitzungsgeld in Höhe von 30,– DM/Sitzung gewährt. Beimehreren Veranstaltungen an einem Tag werden höchstens50,– DM Sitzungsgeld gezahlt. Dies gilt auch für ganztägigeVeranstaltungen.

Diese Regelung setzt voraus, dass die Mitarbeiter und Mitarbei-terinnen außerhalb der Dienstzeit an den Veranstaltungen teil-nehmen. Das Sitzungsgeld wird viermal jährlich abgerechnet.Der/die Berechtigte hat das ausgewählte Modell mit dem/derjeweiligen Vorgesetzten/Amtsleiter/-in abzustimmen.

4. Zur Honorierung der zusätzlichen Arbeit in den Projektgrup-pen erhalten die Gruppen unabhängig von der unter Nr. 3ausgewählten Regelung einen Zuschuss i.H.v. 1000,– DM/Jahrzur freien Verfügung.

[…]6. Vor- und Nachbereitungszeiten für die Veranstaltungen sind

von dieser Regelung ausgenommen.7. Diese Regelung gilt nicht für Beteiligte, die an den o.a. Veran-

staltungen teilnehmen, ohne Mitglied einer Projektgruppeoder Moderator zu sein, also für Zuhörer.

[…]«(Stadtverwaltung, 081100/70)

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Beteiligung der Gewerkschaft 85

3.3 Beteiligung der Gewerkschaft

Von Beginn an haben die Gewerkschaften – insbesondere die da-malige ÖTV – die Reformbewegung konzeptionell begleitet sowieentsprechende Projekte vor Ort mit-initiiert und unterstützt. Im Ver-gleich zur Privatwirtschaft ist ihre Beteiligung an Reorganisations-projekten wesentlich umfangreicher – ein Hinweis darauf, dass dieGewerkschaften auch auf betrieblicher Ebene stark engagiert sind.Insgesamt nehmen sie eine gewisse Zwitterstellung ein: Einerseitssind sie nicht Betriebspartei und können daher nicht als selbststän-dige Akteure auf der betrieblichen Ebene agieren. Andererseits ha-ben die Arbeitnehmer das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit undkönnen so die Gewerkschaften bei Fragen bezüglich des Arbeitsplat-zes zu Rate ziehen. In der Praxis orientiert sich die Einbeziehung derGewerkschaft immer an den lokalen politischen Konstellationen.

Die konkrete Einbindung einer Gewerkschaft erfolgt auf zweiWegen, die hier kurz mit jeweiligen Textbeispielen dokumentiertwerden:

1. Der Gewerkschaft (meist werden die ÖTV und ihrer Nachfolge-rin ver.di genannt) wird in einem Teil der Vereinbarungen das Rechteingeräumt, Vertreter in die betrieblichen Reformgremien zu ent-senden.

»3. Reformkommission

3.1 Zur Klärung übergreifender und prinzipieller Fragen zur Ver-waltungsreform und zur Beratung und Erörterung von Konfliktenkann eine Reformkommission einberufen werden. An den Bera-tungen nehmeny fünf Vertreter/innen der Verwaltung,y drei Vertreter/innen der Personalräte undy zwei Vertreter/innen der ÖTVteil. Zielsetzung ist, bestehende Probleme möglichst einvernehm-lich auszuräumen.3.2 Die Reformkommission soll auf Antrag eines Beteiligten in-nerhalb von 14 Tagen zusammentreten. Antragsberechtigt sind derOberstadtdirektor, die Personalräte und die Gewerkschaft ÖTV.«

(Stadtverwaltung, 081100/38)

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86 Mitbestimmungsrechte, -prozeduren und -instrumente

»5. Organisation

[…]5.2 Zur Steuerung des Konsolidierungs- und Reformprozesseswird eine Lenkungsgruppe eingerichtet. Sie besteht aus der Leitungder Lenkungsgruppe (dem Referenten für Allgemeine Verwaltungund dem Stadtkämmerer), zwei Vertretern des Gesamtpersonal-rats, Vertretern der Geschäftsbereiche der Stadtverwaltung, einemVertreter der Gewerkschaft ÖTV und einem Vertreter des Beam-tenbundes. Ihre Aufgaben sindy Steuerung der Bestandsaufnahme und aufgabenkritischen

Analyse der kommunalen Dienstleistungen,y Erarbeitung, Bewertung und Begutachtung von Vorschlägen zu

Prozessoptimierung/Aufgabenkritik, Haushaltskonsolidierungund Verwaltungsreform,

y Vorberatung und Begutachtung von eingebrachten Vorschlä-gen zur Rechtsformänderung.

[…]«(Stadtverwaltung, 081100/02)

2. Die Gewerkschaft ist selbst Vertragspartner mit eigenen Rechten.Zu nennen sind hier z.B. die Kooperationsverträge oder tarifrecht-lichen Vereinbarungen (vgl. Kapitel 7).

»2. Abgestuftes Verfahren bei der Umsetzung der Maßnahmen

zur Verwaltungsreform

[…] Die Gewerkschaft ÖTV und der [Name] Innenminister inten-sivieren ihre Zusammenarbeit durch regelmäßige Gespräche überGrundsatzfragen der Verwaltungsreform. Diese finden vierteljähr-lich, bei Bedarf in kürzeren Abständen, statt.«

(Landesverwaltung, 081100/02)

Ȥ 4

Der Vorstand wird die Gewerkschaft ÖTV mindestens zweimaljährlich über die wirtschaftliche Lage der Stiftung informieren unddem Beauftragten Einblick in die Unterlagen gewähren.

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Beteiligung der Gewerkschaft 87

§ 5

Vorstand und Gewerkschaft ÖTV werden sich im Rahmen ihrerEinflussmöglichkeiten bemühen, die Rahmenbedingungen derKrankenhausfinanzierung mitzugestalten. Die Stiftung wird sichnachhaltig bei den Kostenträgem für kostendeckende Entgelteeinsetzen.«

(Sonstige öffentliche Einrichtung, 010100/24)

Die Unterscheidung zwischen den beiden Vereinbarungstypen istoffensichtlich: In der ersten Variante spielt die Gewerkschaft quasidie Rolle eines betrieblichen Akteurs, der z.B. das Recht auf eigeneAntragsstellung hat. Die Regelungen, die dem zweiten Typ zuzuord-nen sind, begründen demgegenüber nur vage Rechte in Bezug aufInformation und eine mehr oder weniger enge Zusammenarbeit zwi-schen der Arbeitgeberseite und der Gewerkschaft.

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4. Offene Probleme

Anhand der Auswertung der vorliegenden 86 Vereinbarungen er-gaben sich vier Problembereiche, bei denen es den Beteiligten offen-bar nur begrenzt gelang, die Potenziale betrieblicher Vereinbarungenauszuschöpfen.

1. Die Vereinbarungen sind durch allgemeine Formulierungen inBezug auf das Vorgehen und die Ziele der Verwaltungsmodernisie-rung sowie die damit verbundenen Probleme gekennzeichnet. Dieskann als Anzeichen der Verunsicherung angesichts der immer kom-plexer werdenden Lage des öffentlichen Sektors betrachtet werden.Da dieser jedoch in der Vergangenheit eher dazu neigte, (allzu) de-tailliert möglichst viele Eventualitäten zu regeln, ist die Tendenz zurRegelungsoffenheit aber auch positiv zu bewerten. Um zu Ergebnis-sen zu kommen, bedarf es nicht möglichst vieler Detailregelungen,sondern Prozessregeln, die im Falle von Konflikten und Meinungs-verschiedenheiten möglichst ergebnisorientierte Hinweise zur Lö-sung enthalten. Kritisch ist zu ergänzen, dass genau solche Regelun-gen eher selten sind.

2. Die Rolle der Interessenvertretung bleibt meist offen. Damitist der Spagat zwischen der Wahrnehmung klassischer Interessen-vertretungs- bzw. Schutzaufgaben gegenüber den Beschäftigten unddem gestaltenden Engagement in Reformgremien nicht gelöst undbringt für die Beschäftigtenvertretung Probleme mit sich. Die gestal-tende Rolle der Personal- und Betriebsräte (oft auch progressive bzw.Co-Management-Rolle genannt) zeigt nach Meinung vieler Beschäftig-ten kaum sichtbare Erfolge, was zu Forderungen nach der Beschrän-kung auf traditionelle Schutzaufgaben führt. Letztlich handelt es sichhierbei aber um eine Frage, die nur bedingt in betrieblichen Verein-barungen geklärt werden kann. Für die Vertragsparteien ist sie den-noch äußerst relevant: Denn sobald Vereinbarungen große Ziele inBezug auf Bürgerfreundlichkeit, Arbeitsqualität und Leistungsver-

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Offene Probleme 89

sprechen festschreiben, der Umgestaltungsprozess – wie in vergan-genen Jahren oft zu beobachten – jedoch letztlich nur auf Einsparun-gen abzielt, ist dies eher schädlich und trägt zu sinkender Glaubwür-digkeit bei.

3. Angesichts massiver Ausgliederungen (Stichwort KonzernStadt) und fehlender rechtlicher Kooperationsmöglichkeiten von Be-triebs- und Personalräten im öffentlichen Sektor erstaunt die relativkleine Zahl von Vereinbarungen zur Kooperation der Interessenver-tretungen im Bereich Konzern Stadt. Die Zusammenarbeit der Vertre-tungsgremien und der Aufbau von Vertrauensstrukturen können –wie die Praxis zeigt (Schneider 2002, 115 ff.) – viele Vorteile bringen,allerdings oft erst mittelfristig. Bis dahin haben die betrieblichen Ak-teure ihre Versuche meist schon eingestellt.

Besonders betroffen sind derzeit die Sektoren Energie und Gesund-heit, in denen Eigengesellschaften bzw. Teile der Gesellschaften im-mer häufiger verkauft werden. Obwohl Rahmen- bzw. Prozessrege-lungen denkbar wären, werden Fragen dazu in der Regel nicht imRahmen betrieblicher Vereinbarungen, sondern nur in Überleitungs-verträgen gelöst. Gelänge den Interessenvertretungen eine Koopera-tion im Konzern Stadt, wäre eine vorausschauende Politik, welche Pri-vatisierungen begrenzt oder gar vermeidet, eher realisierbar.

4. In welche Richtung sollen sich der öffentliche Sektor, die ein-zelnen Verwaltungen bzw. Verwaltungsgliederungen entwickeln? Inden Vereinbarungen finden sich kaum Hinweise zu dieser Frage. Dader Umbau des öffentlichen Dienstes jedoch nicht nur auf aktuellemVeränderungsdruck, sondern insbesondere auf konzentriertem Be-streben der Akteure beruhen sollte, sind betriebliche Regelungen zudiesem Thema wünschenswert. Will man verhindern, dass die Haus-haltsmisere und die EU-Wettbewerbspolitik eine kommunale Vor-sorge immer weiter zurückdrängen, bedarf es konkreter Vorschlägefür Maßnahmen bzw. politische Initiativen. Die Initiative »lebens-wert« des ver.di-Fachbereichs Gemeinden könnte dafür einen Ansatz-punkt bietet. Inwieweit entsprechende Potenziale für ein gemeinsa-mes Vorgehen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestehen,muss sich in der Praxis zeigen; eine gemeinsame Interessenlage kanndiesbezüglich prinzipiell vorausgesetzt werden.

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90 Zusammenfassende Bewertung

5. ZusammenfassendeBewertung

Betriebliche Vereinbarungen zur Umgestaltung des öffentlichen Sek-tors kommen meist erst zustande, wenn ein externer Veränderungs-zwang vorhanden ist. Sie sind also vor allem defensiver bzw. rea-gierender Natur. Der Wandel wird für die Beschäftigten sozial soweitabgefedert, dass die Arbeitsfähigkeit der Einrichtungen erhaltenbleibt. Zwar finden sich Regelungen zur Organisations- und Perso-nalentwicklung sowie zu veränderten Arbeitszeiten und zur Einfüh-rung von Bürgerbüros. Diese Vereinbarungen gehen aber oft nichtüber allgemeine Willenserklärungen und einzelne Detailregelungenhinaus. Nur vereinzelt finden sich Prozessgestaltungen, wie im Bei-spiel einer Kooperation der Interessenvertretungen im Konzern Stadt.

In fast allen Vereinbarungen sind demgegenüber Ausführungenzur Umsetzung von Einsparungen zu finden. Notwendig werdendiese wegen der anhaltenden Krise öffentlicher Haushalte, derenGründe vor allem in den Kosten der Wiedervereinigung, dem durchdie EU-Politik und das GATS-Abkommen ausgelösten Wettbe-werbsdruck und der aktuellen Konjunkturkrise zu suchen sind. Nurselten jedoch erfordert die Konkretisierung der Einsparpläne nebenPersonalabbau auch eine Reduzierung von Aufgaben.

Häufig formuliert wird darüber hinaus das Ziel, auf Ausgliede-rungen oder Privatisierungen zu verzichten oder dahingehende Ent-scheidungen zumindest deutlich zu erschweren. Inwieweit solcheFormulierungen in der Praxis wirkungsvoll sind, lässt sich an dieserStelle nicht abschließend beurteilen. Letztlich ist es Sache der Politik,über Ausgliederungen zu entscheiden und damit auch darüber zuurteilen, ob eine Maßnahme – aus ihrer Sicht – wirtschaftlich sinn-voll ist.

Eine weitere Erklärung für die oft vagen Formulierungen vonVeränderungszielen ist, dass es den betrieblichen Akteuren nichtgelang, gemeinsame Interessen und konkrete Projekte zu definieren.

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Zusammenfassende Bewertung 91

Möglicherweise konnten komplizierte Sachfragen nicht gelöst unddarum nur appellative Grundsätze fixiert werden.

Die Mehrzahl der Vereinbarungen regelt den Schutz der Besitz-stände. Meistens wird den Beschäftigten dabei die Weiterbeschäfti-gung und Eingruppierung garantiert. Oft finden sich dazu einzelneAusnahme- bzw. Detailregelungen. Der Bestandsschutz wird häufigüber die in § 613a BGB genannte einjährige Frist hinaus ausgedehnt.

Regelungen zur Ausweitung der Mitbestimmungsrechte der Inte-ressenvertretungen und der direkten Partizipation sind in einigen Ver-einbarungen enthalten. Zumeist ist sie allerdings auf die Beteiligungin Lenkungsgremien beschränkt. Nur in Einzelfällen beinhalten Re-gelungen tatsächlich neue Rechte (z.B. die Beteiligung in Aufsichts-räten oder Werksausschüssen in einer über gesetzliche Regelungenhinausgehenden Form).

Den Gewerkschaften, insbesondere der Vereinten Dienstleistungs-gewerkschaft (ver.di) und ihrer Vorgängerin ÖTV gelang es oftmals,als Verhandlungs- und Vertragspartner der Arbeitgeber anerkanntzu werden. Für die betrieblichen Akteure ergibt sich daraus der Vor-teil einer größeren Verbindlichkeit und Rechtssicherheit, z.B. beiAusgliederungen. Das hat rechtliche und vor allem politische Gründe.Letztlich kann die Gewerkschaft bei Konflikten den Arbeitgebernviel offener gegenübertreten, überdies erhöht die Unterschrift derGewerkschaft die rechtliche Qualität einer Vereinbarung. Sie erhältso teilweise tarifvertraglichen Charakter.

Die vorliegenden Vereinbarungen sind Ausdruck des Umstandes,dass in der öffentlichen Verwaltung sowohl Arbeitgeber- als auchArbeitnehmerseite gegenwärtig nur wenig geneigt sind, sich mit derstrategischen Positionierung und Ausrichtung des öffentlichen Sek-tors bzw. seiner Institutionen auseinanderzusetzen. Es gilt vielmehr,die vielen aktuellen Probleme zu lösen und sich »über die Zeit zu ret-ten«. Fraglich ist allerdings, ob es in naher Zukunft zu einer Entspan-nung der Lage kommen wird. Sollte dies nicht der Fall sein – wofüres einige Anzeichen gibt – ist eine Diskussion der strategischenNeuausrichtung nicht mehr zu umgehen. Welcher Art eine solcheNeuausrichtung sein sollte, muss im Einzelfall entschieden werden.Denkbare Konsequenzen sind etwa eine Anpassung von Verwal-tungsgröße und -organisation an vorhandene Mittel oder Maßnah-men, die einen bestimmten Bedarf an öffentlichen Dienstleistun-gen legitimieren, u.U. sogar durchzusetzen helfen. Letztlich sind für

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92 Zusammenfassende Bewertung

derart grundsätzliche Entscheidungen betriebliche Vereinbarungenaber nur bedingt geeignet.

Vereinbarungen zur Umgestaltung des öffentlichen Sektors sindin der Regel Instrumente dafür, Auswirkungen von verändertenRahmenbedingungen zu bewältigen. Einzelne Beispiele zeigen aber,dass Vereinbarungen nicht zwingend defensiven Charakter habenund den Wandel nur abfedern. Insbesondere die einzelnen Prozess-regelungen zu einer Kooperation der Interessenvertretungen imKonzern Stadt sind Beispiele dafür, wie betriebliche Akteure auch inschwierigen Zeiten versuchen können, auf die Ausgestaltung ihresWirkungsfeldes Einfluss zu nehmen. Dabei geht es nicht darum, al-les im Einzelnen zu regeln, sondern die Kooperation von Arbeitge-bern und Arbeitnehmervertretern bzw. der Interessenvertretungenuntereinander durch Konfliktlösungsverfahren zu arrangieren.

Insgesamt lassen sich viele der ausgewerteten Vereinbarungenauch als Ausdruck von Unsicherheit bezüglich der eigenen Positionund der zukünftigen organisatorischen Entwicklungen im öffent-lichen Sektor interpretieren. Verunsicherte Beschäftigtenvertretungentreffen auf Verwaltungs- und Betriebsleitungen, die ebenfalls keineklaren Vorstellungen von zukünftigen Aufgaben und sich entwickeln-den Strukturen des öffentlichen Sektors haben. Dieses Dilemma istnachvollziehbar: Externe Einflüsse, welche die Umbaubestrebungenwesentlich (mit-)verursachten, fordern heute Verantwortungsträgerheraus, die in immer stärkerem Maße die Grenzen eigener Hand-lungspotenziale erfahren.

Die beiderseitige Verunsicherung ist somit auch als Basis für eineneuartige Kooperation zwischen den betrieblichen Akteuren zu se-hen. Vor diesem Hintergrund sind eine Reihe von Vereinbarungenzu interpretieren, in denen sich die Interessenvertretungen eine weit-gehende Beteiligung an den Fragen der zukünftigen Gestaltung si-chern konnten. Jene Personal- und Betriebsräte haben die Chancenauf Beteiligung am Umbau des öffentlichen Sektors genutzt. DenInteressenvertretern ist es gelungen, ihren organisatorischen Einflussauszudehnen. Im Gegenzug machten sie der Arbeitgeberseite prin-zipielle Zugeständnisse und ließen sich so auf einen Prozess ein, densie zwar beeinflussen, aber kaum stoppen können.

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Gestaltungsraster 93

6. Beratungs- undGestaltungshinweise

6.1 Gestaltungsraster

Anhand der Auswertung der Vereinbarungen zum Umbau des öf-fentlichen Sektors ergeben sich zahlreiche Hinweise für die betrieb-liche Gestaltung. Diese sind im nachstehenden Gestaltungsrasterzusammengefasst. Es handelt sich hierbei nicht um einen geschlosse-nen Gestaltungsvorschlag oder eine Checkliste, die es abzuarbeitengilt, sondern um eine Übersicht zu den verschiedenen Aspekten undinhaltlichen Regelungen zum Thema. Das Raster soll den betrieb-lichen Akteuren Anregungen für eigene Überlegungen und mög-liche Regelungen liefern.

y Übergreifende Ziele der Verwaltungsmodernisierung– Sicherstellung eines leistungsfähigen und attraktiven Dienst-

leistungsangebots für die Bürgerinnen und Bürger– attraktivere Gestaltung der Arbeitsbedingungen für die Be-

schäftigten und Einführung neuer Arbeits- und Führungsme-thoden. Ziele: größere Arbeitszufriedenheit und verbesserteMotivation

– Schaffung einer auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten finan-ziell tragbaren Verwaltungs- und Dienstleistungsstruktur

– Abbau von negativen bürokratischen Aufbau- und Ablauf-strukturen

– Schaffung wettbewerbsfähiger Strukturen zur Vermeidung vonPrivatisierungen und zum Erhalt des öffentlichen Sektors unddes Sozialstaates

y Rationalisierungsschutz– Ausschluss betriebsbedingter Kündigung oder von Änderungs-

kündigungen zur Einkommenssenkung bzw. Arbeitszeitredu-zierung

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94 Beratungs- und Gestaltungshinweise

– besonderer Kündigungsschutz für bestimmte Beschäftigten-gruppen, z.B. schwerbehinderte Menschen

– Realisierung von Personaleinsparungen erst nach dem Abbauvon Aufgaben

– besonderes Kündigungsrecht für Mitarbeiter, die von Reform-oder Sanierungsmaßnahmen betroffen sind

– Festlegung, dass »zumutbare« Umsetzungen zur Vermeidungvon betriebsbedingten Kündigungen nur mit Zustimmung derbetroffenen Beschäftigten erfolgen können

y Aufgabenkritik– Aufgabenkritik als wichtiges Instrument der Haushaltskonsoli-

dierung: Überprüfung von Mitteln und Wegen der Aufgaben-erledigung (»Welche Aufgaben sind wie zu erledigen?«)

– Bezug zwischen Aufgabenkritik und Schutz der Beschäftigten(kein automatischer Stellenabbau bei Streichung einzelner Auf-gaben)

– Beteiligung der Beschäftigten und der Personalvertretung ander Aufgabenkritik

y Abnahme interner Dienstleistungen– Preisvergleiche zwischen externen und internen Dienstleistern,

Vorrang der Eigenleistung bei gleichen Preisen– Übergangsfristen für die Schaffung der Konkurrenzfähigkeit

gegenüber privaten Wettbewerbern– bei Angebotsprüfung neben finanziellen Überlegungen Berück-

sichtigung auch anderer Aspekte (soziale und tarifliche Stan-dards, ökologische Überlegungen, Zertifizierung u.Ä.)

y Organisationsentwicklung– Organisationsentwicklung als Vorgehensmethode bei der Mo-

dernisierung– begriffliche Definition, die den Prozesscharakter und die Gestal-

tungsoffenheit der Organisationsentwicklung betont– Einigung auf feste Vorgehensregelungen für die Organisations-

entwicklung (z.B. Zusammensetzung und Rechte von Moderni-sierungsgremien, Fristen)

y Personalentwicklung– umfassende Definition von Personalentwicklung. Mögliche

Ziele: gezielte Steuerung und Förderung der Personalpoten-ziale, Entwicklung von Aus- und Weiterbildungskonzepten undderen Überprüfung, individuelle Förderung der Mitarbeiter

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Gestaltungsraster 95

und Entwicklung neuer Arbeitsformen zur Steigerung der Mo-tivation

– Vereinbarung eines Personalentwicklungskonzepts (Bausteinez.B. Weiterqualifikation des vorhandenen Personals, Personal-auswahlverfahren, Schulung von Führungsnachwuchs undindividuelle Karriereplanung, Mitarbeitergespräche, Zielverein-barungen mit den Beschäftigten, Regelungen zur individuellenBeurteilung und Leistungsentlohnung)

y Ausbildung– Prüfung, ob Verwaltungen auch in Zeiten leerer Kassen aus ar-

beitsmarktpolitischen Gründen die Ausbildung junger Men-schen gewährleisten können

– Absprache fester Anstellungsfristen nach erfolgreicher Ausbil-dung, auch wenn Stellenpläne dem ggf. entgegen stehen

y Arbeitszeitregelungen– Grundsatzvereinbarung: Vorrang des Abbaus von Überstun-

den vor Personalabbau– Förderung von Teilzeitarbeit und der Beurlaubung ohne Bezüge

bei gleichzeitiger Regelung der Wiedereingliederung betroffe-ner Personen

– Vereinbarung von Altersteilzeitmodellen– Einführung moderner flexibler Arbeitszeitmodelle

y »Konzern Stadt«– Definition des Begriffs Konzern Stadt. Wichtiger Bezugspunkt:

Gemeinsamkeiten und Synergien des Konzerns unter öffent-licher Kontrolle

– Definition der Ziele des Konzerns: Erhöhung der Leistungsfä-higkeit und Erhalt des öffentlichen Sektors

– Vereinbarung von Übergangsfristen zur Schaffung von Wettbe-werbsfähigkeit der Konzernunternehmen

– Festlegung auf »faire« Wettbewerbsbedingungen, deren we-sentliche Kriterien die Tariftreue der privaten Anbieter sowieweitere Aspekte (soziale und ökologische Qualität des Ange-bots) sind

– Vereinbarung fester Regelungen für die Ausgliederung und dieÄnderung der Rechtsform mit dem Ziel, Privatisierungen mög-lichst zu vermeiden und zunächst interne Möglichkeiten derKostenreduzierung zu prüfen

– Personalüberleitung, in der die bisherigen Rechte der Beschäf-

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96 Beratungs- und Gestaltungshinweise

tigten erhalten bleiben und die Einjahresfrist des § 613a BGBausgedehnt werden kann

– Regelungen zur Kooperation der Interessenvertretungen imKonzern, gekoppelt mit einem Verfahren zur Beilegung vonMeinungsverschiedenheiten

– Vereinbarung einer Konzernmitbestimmungsebene mit festenAufgaben und Rechten

y Bürgerbüros– Vereinbarung von Aufgaben und organisatorischer Zuordnung

des Bürgerbüros– Festlegung des Freiwilligkeits- bzw. Zustimmungsprinzips bei

der Übernahme einer Tätigkeit im Bürgerbüro– Regelungen zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen (z.B. zur

Mischarbeit, Verfahrensregelungen der Teamarbeit, Schulungder Mitarbeiter, Besoldung)

– Festlegung der Öffnungszeiten des Bürgerbüros und dement-sprechende Absprachen zur Arbeitszeit. Wichtiger Punkt: Prin-zipien der Flexibilität und Selbstbestimmung

y Mitbestimmung der Interessenvertretung– Es gelten die Rechte nach dem jeweiligen LPVG als Mindestnorm

(Rechte auf Mitbestimmung, Mitwirkung und Information)– Festlegung der Themenbereiche bzw. Maßnahmen, in welche

die Interessenvertretung eingebunden werden soll, z.B. Um-gründung von Ämtern, Auslagerungen, Einführung von Per-sonal- und Informationssystemen, Veränderungen in der Aus-und Weiterbildung

– Vereinbarung besonderer Informationsrechte, z.B. frühzeitigeInformation über die Veränderung finanzieller Spielräume undgeplanter Projekte

– Absicherung umfassender Rechte auf Qualifikation und Bera-tung

– Beteiligung des Personalrats an Modernisierungsgremien, Re-gelungen zur Information der gesamten Interessenvertretungdurch die entsprechenden PR-Mitglieder

– Zuweisung der Aufgaben und Kompetenzen an Projektgremiensowie die Festlegung entsprechender Verfahrensregelungen(z.B. Vereinbarung eines festen zeitlichen Ablaufs)

– Einvernehmlichkeit in den Fragen der Verwaltungsmodernisie-rung, definiertes Verfahren für den Konfliktfall

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Ausgangspunkte für die gestaltende Einflussnahme durch die Interessenvertretung 97

y Direkte Partizipation der Beschäftigten– Ziele der Beschäftigtenbeteiligung: Schaffung von Akzeptanz,

Steigerung der Motivation, Transparenz, Einbeziehung der Be-schäftigteninteressen etc.

– Absicherung eines Rechts auf Information über die Planungenund Projekte zum Umbau bzw. zur Verwaltungsmodernisierung

– Absprachen zur Beteiligung der Beschäftigten im Modernisie-rungsprozess sowie in einzelnen Projekten (z.B. Teilnahme anProjektgruppen)

– Festlegung der Rechte der Mitarbeiter in den Projektgruppen(z.B. Initiativrecht, Vorschlagsrecht) bei gleichzeitiger Vereinba-rung einer Regel, wie mit Wünschen und Vorschlägen der Mit-arbeiter umzugehen ist

– Projektzeit als Arbeitszeit– Absprachen zu neuen, innovativen Arbeitsformen (z.B. Team-

arbeit, Qualifikationszirkel)y Beteiligung der Gewerkschaften

– Absicherung des Rechts der Gewerkschaften auf Teilnahme anden Projektgruppen (zumindest an den Lenkungsgremien)

– vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den betrieblichenAkteuren und den Gewerkschaften

– Information der örtlichen Gewerkschaft über Planungen zumUmbau des öffentlichen Sektors, Festlegung von Projekten, beidenen Informationsbedarf besteht (z.B. Privatisierungen)

– Gewerkschaften als Vertragspartner

6.2 Ausgangspunkte für diegestaltende Einflussnahme durchdie Interessenvertretung

Die Umgestaltung des öffentlichen Sektors wird von vielen Mit-arbeitern und Beschäftigtenvertretungen als Bedrohung wahrge-nommen. Auch wenn die Arbeitsplätze in der Verwaltung und denöffentlichen Betrieben noch vergleichsweise sicher sind, entfaltenSparmaßnahmen und Kostensenkungen in den Personaletats ent-sprechende Wirkungen. Betriebsbedingte Kündigungen sind zwar inder Mehrzahl der vorliegenden Vereinbarungen ausdrücklich ausge-

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98 Beratungs- und Gestaltungshinweise

schlossen, die Reduzierung der Personalkosten ist jedoch eines derzentralen Ziele, welches sich immer wieder in Modernisierungsagen-den finden lässt. Auf der Ebene der konkreten Regelungen stehendemnach durchaus Vereinbarungen, die zum Personalabbau beitragensollen. So wird z.B. die tarifliche Arbeitszeit bei gewissen Gehalts-kürzungen herabgesenkt, Vorruhestandsregelungen werden forciert.Der »Reformprozess« wird daher von nicht wenigen Beschäftigtenund Interessenvertretungen als »Personalabbauprozess« bewertet.

Diese negative Einschätzung ist jedoch eindimensional. Der Um-bau des öffentlichen Sektors bietet für das Personal auch Chancen.Die Mitarbeiter erfahren gerade im Zuge der Binnenmodernisierungder Verwaltung neue Wertschätzung und Aufwertung seitens derpolitischen und administrativen Entscheidungsträger. Eine moderne,bürger- und leistungsorientierte Verwaltung ist ohne motivierte undgut ausgebildete Mitarbeiter nicht zu realisieren. Dies ist inzwischenauch in den Behörden allseits anerkannt und spiegelt sich z.B. in be-trieblichen Absprachen zur Personalentwicklung wider. Damit ein-hergehend werden die Beschäftigten als eigenständige Akteure imProzess des Umbaus wahrgenommen und ihnen in vielen Reform-projekten umfassende Beteiligungsmöglichkeiten eingeräumt. DieSituation für die Beschäftigten ist somit insgesamt als ambivalentzu bewerten. Ob sich jemand als Modernisierungsgewinner oder-verlierer fühlt, ist daher letztlich von der individuellen Situation ab-hängig.

Für die Personal- und Betriebsräte stellt sich die Situation viel-schichtiger und auch widersprüchlicher dar: So gleichen z.B. dieWahrnehmung der Schutz- und Gestaltungsfunktion oder die Ver-mittlung zwischen Modernisierungsgewinnern und -verliererneinem Balanceakt, bei dem nie sicher ist, ob der nächste Schritt derrichtige ist. Klassische Konfliktsituationen zwischen Bewahrern undModernisierern sind für die betrieblichen Beschäftigtenvertretungenvorprogrammiert. Letztendlich stellt sich die Frage, ob man sich alsgestaltender Co-Manager oder primär als Schutzinstanz für die Be-schäftigten versteht. Für jedes Vertretungsgremium und die einzel-nen Mitglieder stellt sich die Frage der Selbst- und Fremdwahrneh-mung im Hinblick auf die Modernisierungsdimension. Dies fordertvon jedem Beschäftigtenvertreter eine individuelle Stellungnahmeauf die Frage: »Bin ich unmodern, nur weil ich bestimmte Besitzstände derMitarbeiter verteidige?«

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Rechtliche Hinweise 99

Interessenvertretungen sollten Chancen auf eine aktive Betei-ligung am Umgestaltungsprozess im öffentlichen Sektor nicht ver-streichen lassen. Wenn sich Personal- und Betriebsräte auf die bloßeWahrnehmung der Schutzfunktion konzentrieren, ist zu befürchten,dass die neuen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichenRahmenbedingungen zu weitreichenden Veränderungen in den Ver-waltungen und Betrieben führen, ohne dass die Beschäftigtenvertre-tungen hierauf angemessen Einfluss ausüben könnten. Die inhalt-liche und prozessuale Regelung dieser Beteiligung über betrieblicheVereinbarungen bietet sich an und zeitigt, wie nicht wenige Beispielezeigen, für die Interessenvertretungen positive Resultate.

Für die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes bedeutet dieszweierlei. Erstens sind sie weiterhin in der Rolle gefordert, Ziele fürdie Zukunft des öffentlichen Sektors zu erarbeiten und sie innerhalbder eigenen Organisation sowie gegenüber Arbeitgebern und derÖffentlichkeit zu vertreten. Bislang weniger diskutierte Themen, wiez.B. die Problematik Konzern Stadt, werden hierbei eine größere Be-deutung erhalten. Zweitens müssen die lokalen Beschäftigtenvertre-ter in ihrer Arbeit wirksam unterstützt werden. In einigen Fällenwird die Gewerkschaft örtliche Initiativen auch selbst initiieren müs-sen. Ein gelungenes Beispiel hierfür ist die breit diskutierte Verein-barung zur Konzernarbeitnehmervertretung der Stadt Wuppertal.Die örtliche ÖTV nahm hier einschneidende Unterstützungs- undKoordinationsfunktionen wahr (vgl. Schneider 2002, 175ff.).

6.3 Rechtliche Hinweise

Die betrieblichen Vereinbarungen zur Umgestaltung des öffentlichenSektors stehen in einem Spannungsverhältnis zu tarifvertraglichenRegelungen. Bei Dienst- und Betriebsvereinbarungen geht es da-rum, betriebliche Arbeitsabläufe zu gestalten. In der Regel sind sol-che Vereinbarungen Basis für eine weitreichende Beteiligung derPersonal- bzw. Betriebsräte, die z.T. deutlich über deren rechtlicheZuständigkeiten hinausgeht. Dabei stehen den daraus erwachsen-den Chancen auch Gefahren gegenüber; letztlich muss die Interes-senvertretung auch eine gewisse Mitverantwortung für den Betriebbzw. die Dienststelle übernehmen.

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100 Beratungs- und Gestaltungshinweise

Die Entscheidung, ob eine Frage durch betriebliche Vereinbarun-gen und Tarifverträge zu regeln ist, erweist sich – nicht erst seitZunahme betrieblicher Öffnungsklauseln – oft als schwierig. Damitkönnen betriebliche Vereinbarungen prinzipiell anfechtbar sein. Beikonkreten Regelungen ist daher rechtzeitig darauf zu achten, alle re-levanten Akteure, also auch die lokalen Gewerkschaftsgliederungen,am Abschluss der Vereinbarung zu beteiligen.

Zu Kollisionen mit Tarifverträgen kommt es z.B. bei Veränderun-gen von Arbeitszeitregelungen. Hier ist es ratsam, Unterstützungdurch die Gewerkschaft einzuholen, damit die Vereinbarung nichtrechtlich ausgehebelt werden kann.

Eine besondere rechtliche Bedeutung können betriebliche Verein-barungen dann erhalten, wenn es um den Rationalisierungsschutzund den Nachteilsausgleich geht. Hier gelingt es den Interessenver-tretungen oft, politischen Druck aufzubauen, der die Geschäftslei-tungen, Vorstände und auch Verwaltungsleitungen (die ihrerseits aufdie Leitungen der dezentralen Einheiten Einfluss nehmen) dazu be-wegt, über den § 613a BGB hinaus Zugeständnisse zu machen. Auf-grund der schlechteren rechtlichen Basis betrieblicher im Vergleichzu tariflichen Vereinbarungen empfiehlt sich auch in solchen Fälleneine Beteiligung der Gewerkschaft.

Besonders deutlich wird der rechtlich unsichere Charakter bei Ver-einbarungen zu Konzern-Arbeitnehmervertretungen. Der KonzernStadt ist ein Mischgebilde, in dem je nach Rechtsform des einzelnenBetriebes das Betriebsverfassungsgesetz oder das jeweils gültige Per-sonalvertretungsgesetz gilt (vgl. hierzu grundlegend Plander 1998).Die Vereinbarungen besitzen daher eher eine politische als einerechtliche Bindungswirkung. Um sie durchsetzen zu können, musseinerseits zwischen den Akteuren eine hohe Bindungswirkung ent-stehen (z.B. durch regelmäßige institutionalisierte Treffen), anderer-seits die betriebliche oder außerbetriebliche Öffentlichkeit mobi-lisiert werden.

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7. Bestand der Vereinbarungen

Die vorliegende Auswertung basiert auf insgesamt 86 betrieblichenVereinbarungen. Es handelt sich hierbei um den Bestand, der bis Mitte2002 bei der Hans-Böckler-Stiftung vorlag. Da die überwiegende An-zahl der Vereinbarungen in ihrer Branchenzuordnung der öffentlichenVerwaltung zuzuschreiben ist, dominieren Dienstvereinbarungen ver-schiedenen Typs das Bild. Es gibt aber, wie die folgende Tabelle zeigt,eine ganze Reihe unterschiedlicher Vertragsarten. Dies weist daraufhin, dass die Modernisierung des öffentlichen Sektors zwischen Ar-beitgeber- und Arbeitnehmerseite auf unterschiedlichsten Ebenen undmit unterschiedlichsten Akteuren geregelt wird. Neben Dienstverein-barungen sind Kooperationsverträge unter Einbeziehung der Gewerk-schaft(en) ein häufig genutztes Regelungsinstrument.

Tabelle 1: Art der Vereinbarungen

HäufigkeitDienstvereinbarungen insgesamt 60

davon:Rahmendienstvereinbarung 16Gesamtdienstvereinbarung 7Rahmen-Gesamtdienstvereinbarung 1

Betriebsvereinbarungen insgesamt 2davon:Rahmenbetriebsvereinbarung 1

Haus- bzw. Betriebstarifvertrag 3Rahmentarifvertrag 1Kooperationsvertrag unter Einbeziehung

der Gewerkschaften 15Gemeinsame Erklärung 2Regelungsabsprache 2ohne Festlegung des Typs 1Summe 86

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102 Bestand der Vereinbarungen

Die Vereinbarungen stammen mehrheitlich aus dem kommunalenBereich. Dies entspricht zum einen der hohen Anzahl selbstständigerVerwaltungen und Betriebe in diesem Feld. Zum anderen dokumen-tiert dies den Schwerpunkt des Umbaus des öffentlichen Sektors.Gerade auf der Gemeinde-, Stadt- oder Kreisebene waren die erstenReformaktivitäten zu verzeichnen, auch heute noch liegen die inno-vativsten Projekte in diesem Gebiet. Staatliche Verwaltungen stehendemgegenüber zurück. Neben den insgesamt 78 Vereinbarungenaus Verwaltungen liegen noch jeweils vier Texte aus der öffentlichenWirtschaft und sonstigen öffentlichen Einrichtungen vor.

Tabelle 2: Herkunft der Vereinbarungen

HäufigkeitKommunalverwaltungen insgesamt 70

davon:Gemeinde- und Stadtverwaltungen 61Kreisverwaltungen 9

Landesverwaltungen 8Öffentliche Wirtschaft 4Sonstige öffentliche Einrichtungen 4

Wie die folgende Tabelle zeigt, stammen die meisten ausgewertetenVereinbarungen aus der Mitte der 90er Jahre. Das lässt eine gewisseZeitgleichheit erkennen zwischen den Anfängen der Modernisie-rungsbewegung und dem Abschluss betrieblicher Vereinbarungen.Offenbar setzten viele Verwaltungen von Anfang an auf einen be-trieblichen Konsens mit einer vertraglichen Basis.

Tabelle 3: Abschlussjahr der Vereinbarungen

Häufigkeit1993 31994 121995 141996 101997 131998 81999 42000 72001 3unbekannt 12

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Glossar 103

Glossar

Aufgabenkritik Dieser Begriff umschreibt die Überprüfungdes Umfangs und der Qualität öffentlicherLeistungen. Die zentralen Fragen dieses An-satzes zum Umbau des öffentlichen Sektorslauten: »Welche bisherigen Aufgaben kön-nen entfallen oder eingeschränkt werden?Welche Tätigkeiten können von privatenDienstleistern erfüllt werden?«

Bürgerbüro Die Einrichtung von Bürgerbüros verfolgt dasZiel einer bürgerorientierten Verwaltung.Damit sollen Legitimation und Akzeptanzdes Verwaltungshandelns gesteigert wer-den. In einer zentralen Anlaufstelle sollendie Anliegen der »Verwaltungskunden« an-genommen und – soweit möglich – auch ab-schließend bearbeitet werden.

Direkte Partizipation Im Allgemeinen wird direkte Partizipation (oderauch direkte Beschäftigtenbeteiligung) als Ergän-zung oder auch Gegensatz zur vermitteltenBeteiligung durch Betriebs- oder Personal-räte verstanden. Es lassen sich dabei ver-schiedene Formen unterscheiden, v.a. die(teil-)autonome Gruppenarbeit und Qua-litätszirkel. Aus Arbeitgebersicht ist die di-rekte Partizipation ein Mittel der Produk-tivitätssteigerung (siehe Enthierarchisierung).

Enthierarchisierung Von einer enthierarchisierten Verwaltung odereinem enthierarchisierten Unternehmen sprichtman, wenn Reformschritte eingeleitet wur-den, die zu einem »schlankeren« Organisa-

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104 Glossar

tionsaufbau führen. Als Beispiele hierfürsind die Prozessorganisation (zusammenhän-gende Aufgaben sollen hier weitestgehendvon einer Stelle verantwortlich durchgeführtwerden), die lernende Organisation oder auchdie o.g. direkte Partizipation zu nennen.

»Faire« Wettbewerbs- Von »fairen« Wettbewerbsbedingungen wirdbedingungen gesprochen, wenn konkurrierende Wettbe-

werber die gleichen Standards erfüllen müs-sen. Dies können ökologische (z.B. Kraft-Wärme-Kopplung), soziale (z.B. Tarifni-veaus) oder andere Vorgaben sein. Für öf-fentliche Dienstleister stellt dies derzeit eingroßes Problem dar. Die Liberalisierungsvor-gaben seitens der EU und des GATS-Ab-kommens betonen einseitig die rein ökono-mischen Aspekte des Wettbewerbs. PrivateMitbewerber können so durch niedrigereLöhne oder die Nichtbeachtung ökologischerStandards Wettbewerbsvorteile erzielen.

Konzern Stadt Bei dem Begriff Konzern Stadt handelt essich einerseits um einen politischen, ande-rerseits um einen beschreibenden Begriff.Beschreibend wird er genutzt, um die Aus-gliederungs- und Dezentralisierungsent-wicklungen im kommunalen Sektor zu ver-anschaulichen. Alternativ dazu wird auchder Begriff öffentlich-privatrechtliche Mischstruk-tur verwendet. Als politischer Begriff ver-anschaulicht der Konzern Stadt die Notwen-digkeit einer effektiven Steuerung vonAusgliederungen und eines erwünschtengrößeren Freiraums der Ämter und Fachbe-reiche in der öffentlichen Verwaltung.

Neues Das Neue Steuerungsmodell (NSM) ist einSteuerungsmodell Reformkonzept der »Kommunalen Gemein-

schaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung«(KGSt), an dem sich viele Kommunalverwal-tungen in ihren Modernisierungsbemühun-

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Glossar 105

gen orientieren. Vorbild dieses Modernisie-rungsansatzes sind die Konzepte und Erfah-rungen der niederländischen Stadt Tilburg.Im NSM sind verschiedene Bausteine enthal-ten. Der in der kommunalen Praxis bekann-teste ist die dezentrale Ressourcenverantwortung.

Öffentliche Wirtschaft Mit dem Begriff öffentliche Wirtschaft wird die»wirtschaftliche Betätigung« der öffentlichenHand umschrieben. Was hierunter zu fassenist, ist unscharf. Üblicherweise werden z.B.die Bereiche Energieversorgung, ÖPNV oderEntsorgung zur öffentlichen Wirtschaft ge-zählt.

Organisations- Organisationsentwicklung (OE) ist ein Instru-entwicklung ment/eine Methode zum umfassenden, lang-

fristigen Umbau einer Organisation. DieseMethode ist durch die Einbeziehung allerBetroffenen und eine gewisse Offenheit inBezug auf das Ergebnis gekennzeichnet. DerWandel vollzieht sich anhand von angelei-teten Lern- und Problemlösungsprozessen,die durch angewandte Methoden der So-zialwissenschaften (z.B. moderierte Grup-pendiskussionen, Mitarbeiterbefragungen,Workshops) begleitet werden.

Personalentwicklung Unter Personalentwicklung (PE) wird die Sum-me aller personalbezogenen Maßnahmeneines Unternehmens verstanden, die dazudienen, Mitarbeiter in ihrer Qualifikationund/oder Leistungsfähigkeit zu unterstützen.Moderne PE verbindet dabei die AspekteBildung, Karriereplanung und Arbeitsstrukturie-rung zu einem Konzept, das individuelle undbetriebliche Ziele miteinander verknüpft.

Projekt und Die Realisierung der Verwaltungsmoderni-Projektmanagement sierung erfolgt meist in Projektstrukturen.

Ein Projekt ist gekennzeichnet durch Einma-ligkeit der Aufgabe und des Ablaufs, einengewissen Grad an Komplexität sowie durch

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106 Glossar

Begrenzungen hinsichtlich Zeit und Res-sourcen (z.B. Personal, Finanzen). Die Auf-gaben des Projektmanagements bestehen inder Planung, Überwachung und Steuerungder entsprechenden Arbeitsschritte.

Qualitätsmanagement Nach DIN ISO 8402 stellt Qualitätsmanage-ment (QM) einen Oberbegriff für allequalitätsbezogenen Tätigkeiten dar. Dabeisind eine umfassende Qualitäts-Philosophie(»Qualität zeigt sich nicht nur im Produktoder der Dienstleistung eines Unterneh-mens, sondern in der gesamten Unterneh-mensorientierung und -struktur«) und derenmethodische Umsetzung miteinander ver-knüpft. Die Überprüfung der QM-Realisie-rung erfolgt auf Basis der Normenreihe ISO9000 und mündet in einer entsprechendenZertifizierung.

Rationalisierungs- Rationalisierungsschutz hat den Zweck, beischutz Durchführung von organisatorischen Ver-

änderungen die Belange der Arbeitnehmerzu berücksichtigen und soziale Härten mög-lichst zu vermeiden. Rationalisierungsschutzwird häufig tarifvertraglich (und zuneh-mend auch durch betriebliche Vereinbarun-gen) geregelt. Es finden sich auch gesetz-liche Regelungen, wie den § 613a BGB, deru.a. die Verpflichtung enthält, bei Überlei-tungen die Arbeitsverträge mindestens einJahr lang weiter einzuhalten.

Reformgremien In den Vereinbarungen zur Umgestaltungdes öffentlichen Sektors werden häufigverschiedene Gremien genannt, die bei derDurchführung organisatorischer Umgestal-tungen mehr oder weniger federführendbeteiligt sind (Projektgruppen, Lenkungs-ausschuss usw.). Diese werden in dem vor-liegenden Band, z.T. aber auch in den Ver-einbarungen selbst Reformgremien genannt.

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Glossar 107

Verwaltungs- Verwaltungsmodernisierung ist als Überbegriffmodernisierung für die verschiedenen Varianten der Binnen-

reform öffentlicher Verwaltungsorganisa-tionen zu verstehen. Auch wenn diese Um-schreibung frühere Phasen der aufbau- undablauforganisatorischen Veränderungen um-fasst, wird mit Verwaltungsmodernisierung meistder seit Beginn der 90er Jahre anhaltendeUmbauprozess bezeichnet.

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108 Literatur

Literatur

Monographien/Bücher/Arbeitshilfen

Banner 1993, Banner, Gerhard, Konzern Stadt, in: Hill, Hermann/Klages, Helmut (Hrsg.), Qualitäts- und erfolgreiches Verwal-tungsmanagement, Berlin, S. 57–67.

Greifenstein/Kißler 2000, Greifenstein, Ralph/Kißler, Leo, Personal-vertretung in Reformrathäusern. Zur Standortsuche von Perso-nalräten im Modernisierungsprozeß, Berlin 2000 (Moderni-sierung des öffentlichen Sektors, Bd. 17).

Killian/Schneider 1999, Killian, Werner/ Schneider, Karsten, Arbeitneh-mervertretung im »Konzern Stadt«. Ergebnisse einer Umfrage zumWandel betrieblicher Interessenvertretung, Kassel 1999 (Arbeits-papiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation, Bd. 65).

KGSt 1993, KGSt – Kommunale Gemeinschaftsstelle, Das NeueSteuerungsmodell. Begründung, Konturen, Umsetzung, Köln1993 (KGSt-Bericht, Nr. 5/1993).

KGSt 1998, KGSt – Kommunale Gemeinschaftsstelle. KGSt-Mit-gliederbefragung 1997: Verwaltungsmodernisierung und Ein-satz von Informations- und Kommunikationstechnik (TuI),Neues Steuerungsmodell und TuI-Einsatz, Köln 1998 (KGSt-Bericht, Nr. 10/1998).

Naschold u.a. 1996, Naschold, Frieder u.a., Leistungstiefe im öffent-lichen Sektor. Erfahrungen, Konzepte, Methoden, Berlin 1996(Modernisierung des öffentlichen Sektors, Sonderbd. 4).

Plander 1998, Plander, Harro, Mitbestimmung in öffentlich-privat-rechtlichen Mischkonzernen, Baden-Baden 1998.

Schneider 2002, Schneider, Karsten, Arbeitspolitik im »KonzernStadt«. Zwischen der Erosion des Zusammenhalts im kommu-nalen Sektor und den effizienzfördernden Wirkungen organisa-torischer Dezentralisierung, Baden-Baden 2002.

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Literatur 109

Fachartikel/Fachzeitschriften

Bogumil 1997, Bogumil, Jörg, Das Neue Steuerungsmodell undder Prozeß der politischen Problembearbeitung – Modell ohneRealitätsbezug?, in: Bogumil, Jörg/ Kißler, Leo (Hrsg.), Verwal-tungsmodernisierung und lokale Demokratie. Risiken undChancen eines Neuen Steuerungsmodells für die lokale Demo-kratie, Baden-Baden 1997, S. 33–43.

Kotthoff 1998, Kotthoff, Hermann, Mitbestimmung in Zeiten inte-ressenpolitischer Rückschritte. Betriebsräte zwischen Beteili-gungsofferten und »gnadenlosem Kostensenkungsdiktat«, in:Industrielle Beziehungen 1998, S. 76–100.

Lesenswertes/ergänzende Literatur

Boeßenecker u.a. 2001, Boeßenecker, Karl-Heinz/ Trube, Achim/Wohlfahrt, Norbert (Hrsg.), Verwaltungsreform von unten? Lo-kaler Sozialstaat im Umbruch aus verschiedenen Perspektiven,Münster 2001.

Cronauge 1999, Cronauge, Ulrich, Kommunale Wirtschaft zwischenRecht und Realität. Zur aktuellen Diskussion einer Anpassungdes Gemeindewirtschaftsrechts an wettbewerbliche Rahmen-bedingungen, in: Archiv für Kommunalwissenschaften 1999,S. 24–44.

Fritz/Scherrer 2002, Fritz, Thomas/ Scherrer, Christoph, GATS 2000.Arbeitnehmerinteressen und die Liberalisierung des Dienstleis-tungshandels, Düsseldorf 2002 (edition der Hans-Böckler-Stif-tung, Bd. 63).

KGSt 1993, KGSt – Kommunale Gemeinschaftsstelle, Das NeueSteuerungsmodell. Begründung, Konturen, Umsetzung, Köln1993 (KGSt-Bericht, Nr. 5/1993).

Killian/Schneider 1998, Killian, Werner/ Schneider, Karsten, »Kon-zern Stadt« und Interessenvertretung. Herausbildung neuerArbeitsbeziehungen im kommunalen Sektor, in: IndustrielleBeziehungen 1998, S. 270–297.

Kißler u.a. 1998, Kißler, Leo/ Wiechmann, Elke/ Graf, Melanie, Par-tizipation im Rathaus. – Des Kaisers neue Kleider? Ergebnisseeiner bundesweiten Befragung der Interessenvertretungen zurPartizipation im kommunalen Modernisierungsprozeß, Düssel-dorf 1998 (Graue Reihe – Neue Folge, Bd. 146).

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110 Literatur

Mühge 1997, Mühge, Gernot, Vereinbarungen zur kommunalen Ver-waltungsreform. – Auswertung –, Stuttgart 1997.

Nagel 2002, Nagel, Bernhard, Mitbestimmungsvereinbarungen inöffentlichen Unternehmen mit privater Rechtsform und Demo-kratieprinzip, Düsseldorf 2002 (edition der Hans-Böckler-Stif-tung, Bd. 70).

ÖTV 1997, Das Neue Steuerungsmodell der Kommunalen Gemein-schaftsstelle. Position der Gewerkschaft ÖTV, Stuttgart 1997.

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111

Das Archiv BetrieblicheVereinbarungen derHans-Böckler-Stiftung

Die Hans-Böckler-Stiftung verfügt über das einzige bedeutsameArchiv in Deutschland mit betrieblichen Vereinbarungen, die zwi-schen Unternehmensleitungen und Belegschaftsvertretungen ab-geschlossen wurden. Derzeit (Januar 2003) enthält unser Archiv etwa6500 Vereinbarungen aus ausgewählten betrieblichen Gestaltungs-feldern. Damit verfügen wir über eine breite Materialgrundlage, dieAussagen zu Trends betrieblicher Gestaltungspolitik und zu indus-triellen Beziehungen in deutschen Betrieben ermöglicht.

Regelmäßig werten wir betriebliche Vereinbarungen in einzelnenGebieten aus. Leitende Fragen dieser Veröffentlichungen sind: Wiesind die wichtigsten Punkte in einem Gestaltungsfeld geregelt? Wieändern sich Prozeduren und Instrumente der Mitbestimmung? Wel-che Anregungen geben die Vereinbarungen für die Praxis? Existierenungelöste Probleme? Originalzitate vermitteln einen anschaulichenEindruck zu den Regelungen und geben Hinweise für eigene Vorge-hensweisen oder Formulierungen.

Neben den Auswertungsbänden werden vielfältige Auszügeaus den Vereinbarungen zusammengestellt und auf CD-ROM undim Internet-Angebot der Hans-Böckler-Stiftung angeboten. Da-mit erhalten Praktiker Vorschläge zu konkreten Gestaltungsalter-nativen.

Bei Auswertungen und Zitaten aus Vereinbarungen wird aufstrenge Anonymität geachtet. Die Code-Nummer am Ende einesZitats bezeichnet den Standort der Vereinbarung in unserem Archivund stellt so eine interne authentische Quellenangabe dar, ohne denNamen oder Einzelheiten des Betriebes preiszugeben. Zum Text derVereinbarungen haben nur die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen desProjektes Zugang.

Das Internet-Angebot des Archivs betrieblicher Vereinbarungenist unmittelbar zu erreichen unter: www.betriebsvereinbarung.de

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112 Das Archiv Betriebliche Vereinbarungen der Hans-Böckler-Stiftung

Informationsanfragen und Rückmeldungen können per Emailadressiert werden an [email protected]. Tele-fonisch ist die Projektmitarbeiterin Henriette Pohler unter folgenderNummer erreichbar: 0211-7778-167.

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Stichwortverzeichnis 113

Arbeitszeitregelungen 42Aufgabenkritik 28, 31Ausbildung 40B

Bürgerbüro 65Bürgerorientierung 22D

Dezentrale Ressourcen-verantwortung 13

Dezentralisierung 20Direkte Partizipation 79f

»Faire« Wettbewerbs-bedingungen 53

G

Gewerkschaft 14, 85, 89H

Haushaltskrise bzw.-konsolidierung 14, 17

I

Interessenvertretung 59, 70, 88,89, 97

K

Konzern Stadt 12, 47, 89Kündigungsschutz 25N

Leistungskontrolle 23

Neues Steuerungsmodell 12O

Öffentliche Wirtschaft 18Organisationsentwicklung 35P

Personalentwicklung 22, 37Personalüberleitung 57Q

Qualitätsmanagement 22R

Rationalisierungsschutz 24Reformgremien 75T

Teamarbeit 67U

Umsetzung 29Unternehmensmitbestimmung

58, 78V

Verwaltungsmodernisierung 5,11, 88

Z

Ziele der Verwaltungs-modernisierung 15

Stichwortverzeichnis