#10 Das Gesetz

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#10 . Winter . 01/2013

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#10 — 01/2013

Transcript of #10 Das Gesetz

  • #10 . Winter . 01/2013

  • E D I T O R I A L

    aum ein ema der Bibel wird unter Christen kontroverser und vielfltiger diskutiert als Das Gesetz. Auch bekannte Pastoren, Lehrer und Autoren, die in der Lehre weitestgehend einer Meinung sind, kommen beim

    Gesetz nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Manche sind der Meinung, dass das Gesetz Gottes keine Rolle fr die Nachfolge spiele. Andere wiederum sehen im Neuen Testament keine Aufhebung des Gesetzes. Zur

    Errettung fhre das Gesetz zwar in keinem Falle, als Richtlinie fr die Nachfolge sei es aber nach wie vor enorm wichtig. Auch wir konnten in dieser Ausgabe keine absolute inhaltliche Stringenz erreichen. In den Gemeinden herrscht oft ein Klima zwischen den Polen Gesetzlichkeit (selbstgemachte Gebote und Geset-ze, die jegliches Vertrauen in das Evangelium vermissen lassen) und Gesetzlosigkeit (Abkehr vom Gesetz in jeglicher Form). Beide Extreme sind aufgrund der Heiligen Schrift zu verurteilen. Anstatt dessen sollte ein ausgewogenes, vernnftiges, nchternes und dierenziertes Bild des biblischen Gesetzes vertreten. Dazu wollen wir insbesondere mit dieser Ausgabe anregen. Fakt ist, dass Jesus selbst besttigte, dass er nicht gekommen sei, das Gesetz aufzulsen (Matthus 5,17). Fakt ist auch, dass das Gesetz fr einen Christen keinen Beitrag zu seiner Errettung leisten kann (Galater 3,13). Christus ist das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit(!), fr jeden der glaubt (Rmer 10,4). Fakt ist aber auch, dass der Fluch des Geset-zes fr alle Unglubigen bestehen bleibt (Galater 3,10). Das Gesetz Gottes lsst auerdem tief in das Herz Gottes blicken. Es zeigt uns sehr klar und deutlich, wie sich Gott den Menschen vorgestellt hat. Ist es gerechtfertigt, wenn ein Nachfolger Christi ausruft wie einst David: Wie habe ich dein Gesetz so lieb! (Psalm 119,97)?Wir glauben ja. (PV)

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  • A U T O R E N

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    Waldemar Justus(*1987) ist Ehemann und eologiestudent.

    Zudem ist er als Autor und Herausgeberdes Blogs www.jesus24.de aktiv.

    Raphael Schuster(*1988) ist Student am Reformatorisch-eologischen

    Predigerseminar (RTS) in Hannover und bendet sich dort derzeit im Masterstudiengang.

    Andreas Mnch(*1984) ist Ehemann, eologiestudent, Prediger,

    Blogger auf www.schriftgelehrt.de und Autordes Buches Der wahre Gott der Bibel.

    Waldemar Dirksen(*1982) ist derzeit Referendar in Bonn.

    Als Mitgrnder, Mitherausgeber und Redakteur gehrt er zu den regelmigen Autoren von Timotheus.

    Hans-Jrgen Holzmann(*1970) ist Ehemann, Vater von fnf Kindern, Predigerund hauptberuich in der Immobilienwirtschaft ttig.

    Er ist als Redakteur und Autor fr Timotheus ttig.

    Hans-Werner Deppe(*1968) ist Ehemann, Vater von zwei Kindern sowie

    Autor und Prediger. Er ist Grnder und seit ber zehn Jahren Verleger des bibeltreuen Betanien Verlages.

  • Gott hat auf dieGesetzestafeln das

    geschrieben,was die Menschen nichtin ihrem Herzen lasen.

    AUGUSTINUS VON HIPPO354-430 n. Chr.

    Die Vorrechtedes Evangeliums

    sind die Stolpersteinefr den Gesetzlichen.

    CHARLES HADDON SPURGEON1834-1892 n. Chr.

    Augustinus von Hippo gehrt zu denKirchenvtern, die durch ihre Schriften

    bis heute die christliche Welt prgen.Der Reformator Johannes Calvin

    wurde spter in einemhohen Ma von Augustinus beeinusst.

    Dennoch war er aucheine streitbare Person.

    Bei Augustinus gilt (wie bei allen):Prfet alles, behaltet das Gute!

    Wer kennt ihn nicht: denFrsten aller Prediger? ObwohlCharles Haddon Spurgeon schon seitber 120 Jahren tot ist, besitzenseine wohlbekannten Predigten bisheute ungebrochene Strahlkraft!

    Quelle: www.evangeliums.net/zitateText & Grak: Peter Voth

  • In unserer neuen Beziehung zu Gottals Seine Kinder stehen

    wir unter dem Gesetz der Liebeund der Gnade, wir sind Christus

    als dem Erstgeborenenunter vielen Brdern verpflichtet;

    als Seine Glieder sind wir verpflichtet,Ihm als unserem Haupt zu gehorchen.

    ROBERT CLEAVER CHAPMAN1803-1902 n. Chr.

    Robert C. Chapman gehrtwohl eher zu denunbekannterenPersnlichkeiten derKirchengeschichte.Dennoch wird noch heuteber seine Integritt, Demutund Nchstenliebe gesprochen.Er wurde von Spurgeon einmal,als der heiligste Mann,den ich je traf bezeichnet.Zu Lebzeiten wurde erauch Apostel der Liebegenannt.

    Gesetz ist,was wir tun sollen;Evangelium aber,

    was Gott geben will.

    MARTIN LUTHER1483-1546 n. Chr.

    Der ReformatorMartin Lutherist wohl diebekanntestePerson derchristlichenKirchengeschichte.Prgend bis heute.

  • D I E K O N T I N U I T TD E R B I B E L

    Chris Harrison

    Diese Infograk von Chris Harrison verdeutlicht die inhaltliche Kontinuitt der ganzen heiligen Schrift. Jeder der dargestellten 63.779 Bgen

    verbindet zwei Parallelstellen.Die verschiedenen Farben und Farbverlufe veranschaulichen die Distanz der jeweiligen

    Referenzen. Unterhalb der Skala zeigen die Balken jedes Kapitel der Bibel an. Die abwechselnd

    weien und grauen Balken stellen die 66 Bcher der Bibel dar.

    Auf eindrckliche Weise wird hier die Harmonie und Einheit der Bibel sichtbar. Die Grak deutet auerdem an, dass das Wort Gottes eine Quelle haben muss, denn die Bibel entstand ber einen Zeitraum von ca. 1500 Jahren und wurde von

    mindestens 40 Autoren geschrieben. Quell

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  • Im Alten Vorderen Orient wurden bereits viele Bnde zwi-schen Knigen und Vlkern geschlossen. Doch dieser Bund, welcher in der einsamen Wste Sinai zustande kam, war einzigartig. Denn am Sinai schloss Gott, der Allmchtige,

    persnlich mit Israel einen Bund und gab ihnen etwasWeltbewegendes das Gesetz des Mose.

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    as Gesetz des HERRN ist vollkommen und erquickt die Seele; das Zeugnis des HERRN ist zuverlssig und macht den Einfltigen weise.

    Die Vorschriften des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz; das Gebot des HERRN ist lauter und macht die Augen hell. Die Furcht des HERRN ist rein und besteht in Ewigkeit. Die Rechtsbestimmungen des HERRN sind Wahrheit, sie sind gerecht allesamt; sie, die kstlicher sind als Gold, ja viel gediegenes Gold, und ser als Honig und Wabenhonig. Psalm 19,8-11 In diesen Versen tut der Psalmist etwas Auerge-whnliches. Er rhmt mit hochlobenden Worten etwas, das wir heutzutage als nicht unbedingt lobenswert erachten ein Gesetz! Knig David, der Autor dieses Psalms, spricht zuerst vom Gesetz des HERRN und verwendet im Verlauf seiner Lobrede noch fnf weitere Synonyme dafr. Er spricht von Vorschriften, Zeugnissen, Geboten, Rechtsbestimmun-gen und der Gottesfurcht. Worauf David sich bezog, war das Gesetz des Mose, die Tora. Dieses alttestamentliche Gesetz ist selbst fr viele bibeltreue Christen ein Buch mit sieben Siegeln. Die Begeisterung, mit welcher der israelitische Knig das Gesetz rhmte, ist fr uns hug nur schwer nachzuvollziehen. Manche Christen gehen sogar davon aus, dass das mosaische Gesetz fr uns heute keinerlei Bedeutung mehr habe. Vielleicht geht es dir ja hnlich damit. Lass mich dir also aufzeigen, was es mit dem Gesetz des Mose wirklich auf sich hat.

    WAS IST DAS MOSAISCHE GESETZ?Das hebrische Wort fr Gesetz (tora) kann auch mit Weisung oder Belehrung bersetzt werden. Aus diesem Grund halten manche Ausleger auch die deutsche ber-setzung Gesetz fr nicht so passend, da Gesetze im klassi-schen Sinne lediglich einen Teil der Tora ausmachen. Unter dem mosaischen Gesetz verstehen wir die Worte Gottes, welche dieser durch Mose dem Volk Israel gab. Nachdem Gott das Volk durch Mose aus gypten gefhrt hatte, schloss Er mit Israel in der Wste Sinai einen Bund. Solche Bnde waren zur Zeit des Alten Testaments eine gngige Praxis. Ein Knig oder

    Herrscher schloss mit einem Untergebenen, etwa einem Knig oder Volk, einen Bund. Der Untergebene verpichtete sich zur Treue gegenber seinem Herrn und dieser gelobte, ihn vor Feinden zu schtzen. Die Rechte und Pichten der jeweiligen Parteien wurden schriftlich festgehalten und meist in einem Heiligtum und/oder Palast aufbewahrt. Die Einhaltung des Bundes hatte Wohlstand und Sicherheit (Segen) zur Folge. Bei Bundesbruch drohte eine Strafe (Fluch). Im Falle von Israel ist das Segen-und-Fluch-Prinzip ausfhrlich in 3. Mose 26 und 5. Mose 28 erklrt. Wir lesen von der Vorbereitung auf die Gesetzge-bung in 2. Mose 19. Gott erschien dem Volk auf dem Berg Sinai, wobei Mose als der Mittelsmann zwischen Gott und dem Volk fungierte. Ein Auszug daraus liest sich so: Und nun, wenn ihr willig auf meine Stimme hren und meinen Bund halten werdet, dann sollt ihr aus allen Vlkern mein Eigentum sein; denn mir gehrt die ganze Erde. Und ihr sollt mir ein Knigreich von Priestern und eine heilige Nation sein. Das sind die Worte, die du zu den Shnen Israels reden sollst. Darauf ging Mose hin, rief die ltesten des Volkes zusammen und legte ihnen all diese Worte vor, die ihm der HERR geboten hatte. (2. Mose 19,5-7) Im weiteren Verlauf lesen wir, wie Gott dem Volk die Gesetze gab, beginnend mit den Zehn Geboten, welche durch zahlreiche Ergnzungen erweitert wurden (vgl. 2Mose 20,1 23,33). Spter kamen noch Vorschriften fr den Bau der Stiftshtte (2Mose 25-30) sowie umfas-sende Vorschriften fr den Gottesdienst dazu (das dritte Buch Mose). Mose, der Fhrer des Volkes, empng nicht nur das Gesetz von Gott, sondern er schrieb es auch auf: Und Mose schrieb dieses Gesetz auf und gab es den Priestern, den Shnen Levi, die die Lade des Bundes des HERRN trugen, und allen ltesten von Israel (5Mose 31,9). Des Weiteren erklrte Mose dem Volk das Gesetz Gottes und legte es fr sie aus: Und dies ist das Gesetz, das Mose den Shnen Israel vorlegte. Dies sind die Zeugnisse, die Ordnungen und die Rechtsbestimmungen, die Mose zu den Shnen Israel redete, als sie aus gypten zogen (5Mose 4,44.45).

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    Auch wenn die eigentlichen Worte von Gott stammten, so war es Mose, der die Aufgabe erhielt, das Gesetz zu empfangen und aufzuschreiben. Doch Mose schrieb nicht nur ein paar Gesetzesparagraphen, sondern fgte das Ganze zu einem historischen Geschichtswerk zusammen, das wir heute als die 5 Bcher Mose kennen. So zhlt z.B. das Buch Genesis ebenfalls zum Gesetz des Mose (ein paar kleine Details stammen nicht direkt von Mose wie z.B. der Bericht ber seinen Tod in 5. Mose 34). Diese fnf Bcher waren fr die Glubigen im Alten Testament das Wort des Herrn oder das Gesetz des Herrn. So sagte David seinem Sohn Salomo: Bewahre, was der HERR, dein Gott, zu bewahren geboten hat, dass du auf seinen Wegen gehst, indem du seine Ordnungen, seine Gebote und seine Rechtsbestimmungen und seine Zeugnisse bewahrst, wie es im Gesetz des Mose geschrieben ist, damit du Erfolg hast in allem, was du tust, und berall, wohin du dich wendest (1Knige 2,3). Auch Glubige wie Knig Joasch (2Knige 14,6), der Schriftgelehrte Esra (Esra 7,6) und der Prophet Daniel (Daniel 9,11) studierten das Gesetz des Mose und richteten ihr Leben danach aus. Einige Psalmen, allen voran Psalm 119 und 19, oenbaren uns die ehrfrchtige Einstellung der gottesfrchtigen Israeliten der Tora gegenber. Zur Zeit des Neuen Testaments wurde der Begri Gesetz fr das ganze Alte Testament verwendet. So konnte z.B. Paulus die Psalmen und die Propheten zitieren und von dem Gesetz reden (vgl. Rmer 3,9-19). Dennoch benutzt die Bibel den feststehenden Begri das Gesetz des Mose, womit die ersten fnf Bcher der Bibel gemeint sind, einschlielich der geschichtlichen Erzhlungen.

    WARUM GAB GOTTDAS GESETZ DES MOSE?Um den Grund der Gesetzgebung zu verstehen, mssen wir die Situation Israels genauer betrachten. Auf die Frage, warum Gott das Gesetz durch Mose gab, nden wir 3 Antworten.

    1. Israel brauchte Regeln als GemeinschaftDamit Israel als Volk Bestand haben konnte, brauchte es, wie jede andere menschliche Lebensgemeinschaft, verbindliche Regeln und Vorschriften. Da sie Gottes Volk waren, bestimmte Er diese Regeln. Weil das Leben aus vielen Aspekten besteht, gab Gott Israel alle mgli-chen Weisungen und Gebote in Bezug auf Ehe, Familie, Gottesdienst, Arbeit, Feste, usw. Um sich ihrer Identitt bewusst zu sein, mussten sie ihre Herkunftsgeschichte kennen, weshalb Mose auch das Buch Genesis (1Mose) schrieb. Denn dort lesen wir von der Grndung des Volkes Israel, die Patriarchengeschichte.

    2. Israel sollte ein heiliges Volk seinWhrend der Sklaverei in gypten wurde Israel ber Jahrhunderte von einer schlimmen Form des Gtzen-dienstes geprgt. Nun waren sie unterwegs in das verhei-ene Land Kanaan. Die Vlker Kanaans waren nicht besser als die gypter und handelten ebenfalls Gott zuwider. So verbrannten sie z.B. ihre Kinder, um ihren Gttern zu opfern. Als Gottes Volk, welches Er sich zu Seinem Eigentum erlst hatte, sollte sich Israel von seinen Nachbarn in jeglicher Hinsicht unterscheiden. Um gottesfrchtig leben zu knnen, mussten sie den Willen Gottes kennen, welchen sie im Gesetz des Mose schriftlich vorliegen hatten. Einer der grundlegenden Befehle von Gott an Sein Volk lautete: Denn ich bin der HERR, der euch aus dem Land gypten heraufgefhrt hat, um euer Gott zu sein: So sollt ihr heilig sein, denn ich bin heilig! (3. Mose 11,45) Heiligkeit bedeutet Absonderung, also dass etwas fr eine bestimmte Sache geweiht oder bestimmt ist. Israel war Gottes Volk und weil Er heilig ist, sollte auch Israel sich durch einen heiligen Lebenswandel auszeichnen. Dieser Befehl ist einzigartig! In keinem anderen Geset-zestext des Alten Vorderen Orient hat man einen derarti-gen Befehl gefunden. Was es bedeutete, heilig zu sein, konnte Israel nur lernen, wenn sie klare Unterscheidun-gen von rein und unrein, gottgefllig oder gottverhasst kannten. All das fanden sie im Gesetz des Mose.

    3. Israel musste lernen aus Gnade zu lebenIndem das Volk die Heiligkeit Gottes durch das Gesetz kennenlernte, erfuhren die Israeliten auch eine wichtige Tatsache ber sich selber sie konnten den Ansprchen Gottes nicht gengen! Die Geschichte Israels hat deutlich gezeigt, dass sie nicht dazu imstande waren, dass Gesetz vollkommen zu halten. Ihre sndige Natur zwang sie geradezu, die Gebote Gottes zu brechen, so dass sie erkannten, dass sie alleine von der Gnade Gottes abhngig waren. Sie hatten beim Bundesschluss Gott hoch und heilig versprochen Seine Gebote zu halten. Sie wussten um den Zorn Gottes, welcher sie bei Nichtein-haltung des Gesetzes treen wrde. Und dennoch versagten sie auf ganzer Linie, Gott gehorsam zu sein.

    AUCH WENN DIE EIGENTLICHEN

    WORTE VON GOTT STAMMTEN,

    SO WAR ES MOSE,

    DER DIE AUFGABE ERHIELT,

    DAS GESETZ ZU EMPFANGEN UND

    AUFZUSCHREIBEN.

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    Das Gesetz appellierte an ihren ueren Menschen, nach dem Motto Tu dies und tu jenes nicht! Doch das Problem lag an ihrem Herzen, denn das konnte durch die Forderungen des Gesetzes nicht gendert werden. Um das zu begreifen, gab Gott ihnen das mosaische Gesetz. Einige Jahrhunderte spter kndigte Gott dem Volk einen neuen Bund an und diesen wrden sie nicht brechen knnen: Sondern das ist der Bund, den ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schlieen werde, spricht der HERR: Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben. Und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein (Jeremia 31,33). In dieser Hinsicht wirft das mosaische Gesetz einen Schatten auf Jesus Christus hin, indem es die Notwen-digkeit der Gnade Gottes aufzeigt. Der Apostel Johan-nes hat es so formuliert: Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden (Johannes 1,17). Beim Abendmahl mit Seinen Jngern setzte Jesus diesen neuen Bund ein, indem Er sprach: Und er nahm einen Kelch und dankte und gab ihnen den und sprach: Trinkt alle daraus! Denn dies ist mein Blut des Bundes, das fr viele vergossen wird zur Vergebung der Snden (Matthus 26,27.28). Das Gesetz des Mose hatte also eine dreifache Funk-tion: Es sollte Israel eine Identitt geben und die Dinge des Lebens regeln. Darber hinaus sollte es Israel ein Gespr fr die Heiligkeit Gottes vermitteln, woran sie wiederum die Notwendigkeit der Gnade Gottes erken-nen sollten.

    WAS HAT DAS MOSAISCHE GESETZMIT UNS ZU TUN?Gut, vielleicht fragst du dich, was das Gesetz des Mose aber nun mit deinem Glaubensleben zu tun hat? Hier sind ein paar Antworten:

    Gott stellt sich uns vorDas mosaische Gesetz ist fr uns Christen vor allem deshalb so wertvoll, weil Gott sich uns dort vorstellt. Auch wenn unsere Lebenssituation sich von der Israels deutlich unterscheidet, so ndert sich Gottes Charakter nicht. Der Gott des Alten Testamentes ist immer noch derselbe, auch wenn Er zu unterschiedlichen Zeiten anders handelt. Beim Lesen der fnf Bcher Mose kannst du lernen, was es heit, dass Gott allmchtig, allgegenwrtig, zornig, gndig, heilig und vieles mehr ist. Auerdem schrieb Mose im Gesetz ber Jesus Chris-tus. Dieser sagte zu Seinen Jngern: Dies sind meine Worte, die ich zu euch redete, als ich noch bei euch war, dass alles erfllt werden muss, was ber mich geschrieben steht in dem Gesetz Moses und in den Propheten und Psalmen (Lukas 24,44). Wer das Gesetz des Mose liest, wird von Jesus Chris-tus lesen, wenn auch Sein Name nicht direkt darin vorkommt.

    Manche Gesetze waren zeitlich begrenztViele Gesetze hatten auch nur eine zeitliche Funktion und gelten heute weder fr Juden noch fr uns. So macht das Neue Testament deutlich, dass mit dem Sterben Jesu der Tempel- und Opferdienst unweigerlich abgelst wurde (Hebrer 8-10).

    Auch erklrte Jesus alle Speisen fr rein (Markus 7,19). Viele Dinge, die Gott fr Israel als Nation festlegte, werden heute vom Staat geregelt (wie etwa die Strafe von Verbrechen), welchem wir uns als Christen unterordnen sollen (vgl. Rmer 13,1-7).

    Entdecke das Prinzip hinter dem GesetzDen grten Gewinn von dem mosaischen Gesetz haben wir, wenn wir die dahinter liegenden Prinzipien verstehen. So ist es z.B. aullig, dass sich die einzelnen Gesetze aus 2. Mose mit den Ausfhrungen aus 5. Mose nicht immer gleichen. Einige Gesetze sind etwas anders formuliert, werden ergnzt oder werden gar nicht wiederholt. Das lag daran, dass sich die Situation des Volkes gendert hatte. Bei der ersten Gesetzgebung lagerte das Volk in der Wste Sinai. In 5. Mose befand sich das Volk nach fast 40 Jahren Wstenwanderung kurz vor der Landeinnahme Kanaans. Eine neue Gene-ration war herangewachsen und musste auf die Zukunft vorbereitet werden. Daraus wird ersichtlich, dass es bei dem Gesetz des Mose vor allem auf das Prinzip ankam und weniger auf die sture Einhaltung eines umfassenden Regelkatalogs (diesem Irrtum unterlagen spter die Phariser zur Zeit Jesu). Das Volk sollte lernen, ein gottesfrchtiges Leben zu fhren und Gott und seinen Nchsten zu lieben.

    Ein bleibendes Gebot Gott und seinen Nchsten liebenUnser Herr, Jesus Christus wurde einmal nach dem wichtigsten Gebot im Gesetz gefragt. Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dies ist das grte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nchsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hngt das ganze Gesetz und die Propheten (Matthus 22,37-40). Gott und seinen Nchsten zu lieben entspricht ebenfalls der Lehre der Apostel, welche fr uns Christen verbindlich ist. Das Gebot ist das gleiche geblieben, auch wenn sich die praktische Umsetzung gendert hat. Der gottesfrchtige Israelit zur Zeit Mose drckte seine Liebe Gott gegenber aus, indem er dankbar fr erhaltene Segnungen war, sich von gottlosen Orten, Menschen und Aktivitten fernhielt und ber Sein Wort nachdachte und es befolgte. Genau das knnen und sollen wir auch tun. Und was die praktische Nchstenliebe angeht, so ndest du diesbezglich wertvolle Prinzipien im mosai-schen Gesetz. Auch wenn dein Nachbar keinen Esel mehr hat, den du gemeinsam mit ihm aufrichten kannst, weil das arme Tier unter seiner Last zusammen-gebrochen ist (vgl. 5. Mose 22,1-4), so knntest du ihm doch dabei helfen, sein Auto anzuschieben, wenn es mal liegengeblieben ist. Dies ist nur ein Beispiel unter vielen und du wirst berrascht sein, was du alles im mosai-schen Gesetz entdecken wirst. Wenn du das nchste Mal die fnf Bcher Mose liest, dann bete doch vorher wie der Psalmist: ne meine Augen, damit ich schaue die Wunder aus deinem Gesetz (Psalm 119,18).

  • Es ist ein heikles ema, was der Christ mit dem mosaischen Gesetz zu tun hat. Gar nichts? Soll er es halten? Hat es

    einen bestimmten Nutzen, und wenn ja, welchen? Welche Gefahr liegt in einem Missverstndnis des Gesetzes? In

    unserer Zeit lehrmiger Oberchlichkeit stehen gerade heute Christen in dieser Gefahr wie einst die Galater, oder

    aber in der Gefahr, das Gesetz gnzlich zu missachten.

  • n meinem Bekanntenkreis kam es einmal zu einer Kontroverse, nachdem ein Prediger in einem

    Vortrag die provokant klingende Aussage Mose ist tot (ein Zitat von Luther aus seiner Schrift

    Eine Unterrichtung, wie sich die Christen in Mose sollen schicken) in Bezug auf das alttestamentliche Gesetz aufgestellt hatte. Er wollte damit erklren, dass die Zehn Gebote fr Christen nicht bindend sind, und verwies dazu auf dieses Zitat von Luther sowie auf den Galaterbrief. Bei der einen Gruppe der Zuhrer fhrte das zu einem Aufschrei und sie bestanden darauf, dass Paulus im Galaterbrief lediglich das Zeremonialgesetz fr berholt erklrte, nicht aber das Moralgesetz. Die andere Gruppe hingegen stimmte dem Redner zu und neigte zu einer grundstzlich ablehnenden Haltung gegenber dem mosaischen Gesetz. Zu welcher Gruppe wrdest du dich rechnen? Wie sollen wir als Christen zum alttestamentlichen Gesetz stehen? Was lehrt Paulus im Galaterbrief ber das Gesetz, und teilt er es in Zeremonial- und Moralgesetz auf? Und was ist Sinn und Zweck des Gesetzes? Diese Fragen wollen wir im Folgenden zu klren versuchen.

    ANTINOMISMUS BEI PAULUS?Zunchst aber die Frage: War Paulus antinomistisch also gegen (anti) das Gesetz (nomos)? Das sei ferne, mchte man da mit Pauus sagen und genau das sagt er tatschlich auf diese Frage in Rmer 3,31 u.a. , denn der Antinomismus ist eine Irrlehre, die das Gesetz in Bausch und Bogen verwirft und auf der falschen Seite vom Pferd fllt, indem sie Gesetzlosigkeit gutheit. Wenn wir den Galaterbrief aufmerksam lesen, stellen wir fest, dass Paulus erstens nur das ablehnt, was die judaistischen (gesetzlichen) Irrlehrer unter dem Gesetz verstanden also die pharisische Fehlinterpretation des Gesetzes, und dass er zweitens sehr wohl den positiven Nutzen des Gesetzes fr den Christen herausstellt. Schauen wir uns zuerst an, wovor Paulus die Galater warnt und was er ablehnt.

    DAS PROBLEM BEI DEN GALATERNDen Brief an die Galater schrieb Paulus quasi mit Blau-licht; es war eine allerhchste Notlage. Die Kennzei-chen: ein nur knapper, wenig huldreicher Gru, kein Lob, kein Dank, keine Bitte um Gebet. Stattdessen sofort krftige Worte: dass er uns herausreie aus der gegenwrtigen bsen Welt (1,4 auch aus der religis-gesetzlichen Welt); und: Ich wundere mich, dass ihr euch so schnell abwendet ein anderes Evangelium der sei verucht er sei verucht (1,6-9). Was war los bei den Galatern? In den galatischen Gemeinden machten sich judais-tische Irrlehrer breit (heimlich eingedrungene falsche Brder; 2,4), die forderten, dass zu Jesus bekehrte Heiden beschnitten werden mssten, um errettet zu sein und zum Volk Gottes zu gehren (6,12-13; siehe auch 2,3; 5,2-3.11). Diese Lehre war natrlich ein frontaler Angri auf das Evangelium von der Errettung allein aus Gnade allein durch Glauben. Wer sich beschneiden lsst, identiziert sich damit als Jude, stellt sich unter das jdische Gesetz und ist somit schuldig, das ganze Gesetz zu halten so sagt es Paulus in 5,3. Und dabei unter-scheidet Paulus nicht zwischen Zeremonial- und Moral-gesetz, sondern spricht ausdrcklich vom ganzen Gesetz. Heidenchristen sollen sich nicht beschneiden lassen, denn damit wrden sie sich sowohl unter die zeremoniellen Ordnungen des mosaischen Gesetzes stellen als auch unter dessen moralische Verpichtun-gen. Aber stehen Christen nicht sowieso unter dieser Picht, die moralischen Anforderungen des alttesta-mentlichen Gesetzes zu erfllen?

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  • UNTERSCHEIDUNG ZWISCHENMORAL- UND ZEREMONIALGESETZ?Es ist schwierig, die vielen Gebote des mosaischen Gesetzes klar in Moral- und Zeremonialgesetze aufzutei-len. Was ist zum Beispiel mit Speise-Geboten sind sie zeremoniell oder moralisch? Schlielich hat Jesus alle Speisen fr rein erklrt (Markus 7,19). Und ist es mit den Kleidungs-Geboten nicht ganz hnlich? Wer wrde behaupten, dass es Christen nach 3. Mose 19,19 verbo-ten ist, zwei verschiedene Textilien gleichzeitig als Kleidung zu tragen? Und eine der am debattiertesten Fragen: Wie ist es mit dem Sabbatgebot? Ist es morali-scher oder zeremonieller Art? Auch der Sabbat ist eine gottesdienstliche Verordnung, die wie alle zeremoniellen Gebote eine hhere, geistliche Wahrheit als Schatten abbildet (Christus ist unser Sabbat), aber es ist Bestand-teil der Zehn Gebote. Die Schrift und insbesondere der Galaterbrief sprechen nicht von einer solchen Unterscheidung, sondern nur vom ganzen Gesetz. Und die Beschnei-dung besiegelt, dass man unter diesem ganzen Gesetz steht. Was bedeutet das? Der Galaterbrief setzt dies gleich mit unter Knechtschaft bzw. unter Sklaverei (unter die Elemente der Welt versklavt, 4,3), unter dem Fluch (3,10), unter der Snde (3,22) und unter einem Zuchtmeister (3,25; 4,2). Den Gegenpol dazu nennt Paulus im Rmerbrief: nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade (Rmer 6,14.15). Fr die Phariser und Judaisten bedeutete unter Gesetz zu sein, dadurch etwas vor Gott zu gelten, dass man eigene Gesetzeswerke leistet seien sie zeremoniel-ler oder moralischer Art , oder dass man einfach nur zum jdischen Volk unter Gesetz dazugehrt. Doch Gott hat das Gesetz nicht gegeben, um menschlichen Stolz zu frdern, sondern menschliche Demut es dient nicht der Selbstgerechtigkeit, sondern der Selbstverur-teilung. Das Problem der Phariser und Judaisten war, dass sie dies nicht erkannten und den Sinn des Gesetzes ins Gegenteil verkehrten: Israel aber, das einem Gesetz der Gerechtigkeit nachstrebte, ist nicht zum Gesetz gelangt. Warum? Weil es nicht aus Glauben, sondern als aus Werken geschah ... Denn da sie Gottes Gerechtigkeit nicht erkannten und ihre eigene aufzurichten trachte-ten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unter-worfen. Denn Christus ist des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit (Rmer 9,31 10,3). Die Galater standen nun in der Gefahr, dieser judaistischen Gesetzlichkeit dem Streben, durch die Beschneidung und weitere Gesetzeswerke vor Gott etwas zu gelten zu erliegen. Paulus weist immer wieder die Vorstellung zurck, dass Gesetzeszugehrigkeit oder Gesetzeswerke irgendeinen geistlichen Wert haben. Insgesamt 14 Mal sagt er, dass geistliche Segnungen nicht aus oder durch Gesetz kommen (Galater 2,16.21; 3,2.5.10.11.18.21.23; 4,4.5.21; 5,4.18). Er spricht sich also nicht nur gegen die Wiedereinfhrung berholter zeremonieller Gesetze aus, sondern gegen das Prinzip, durch das Gesetz etwas erreichen zu wollen, das im Widerspruch steht zu durch den Glauben an das Evangelium und durch den Geist.

    WOZU DAS GESETZ NICHT TAUGTUND NIEMALS TAUGTEIn Galater 2 und 3 verdeutlicht Paulus, dass das Gesetz zu drei Dingen nicht taugt, von denen die Judaisten oenbar meinten, dass es doch dazu tauge. Paulus formuliert diese drei Unmglichkeiten immer mit einem rhetorischen wenn im Sinne von wenn es so wre, dann Erstens bringt das Gesetz keine Gerechtigkeit ein es kann nicht gerecht machen bzw. rechtfertigen. Paulus schreibt in 2,21: denn wenn Gerechtigkeit durch Gesetz kommt, dann ist Christus umsonst gestorben. Bemerkenswerterweise geht es hier im Zusammenhang nicht nur um die anfngliche Rechtfertigung bei der Bekehrung, sondern um ein fortlaufend gerechtes Leben, denn Paulus schreibt ja direkt vorher: was ich jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes (2,20). Und anschlieend belehrt er die Leser: Nachdem ihr im Geist angefangen habt, wollt ihr jetzt im Fleisch vollenden?(3,3). Die Galater meinten also wohl, man wrde bei der Bekehrung zunchst einmalig durch Gnade gerechtfertigt, msse dann aber in Pichterfllung des Gesetzes weiterleben. Am Beispiel von Abraham, der als Urjude und Vater des wahren Volkes Gottes (3,7) schon lange Zeit vor dem Gesetz durch Glauben gerechtfertigt wurde, zeigt Paulus, dass das Gesetz weder zur erstmaligen noch zur fortdauernden Rechtfertigung diente. Wer nach Gerech-tigkeit auf Grundlage des Gesetzes strebt, fr den gilt: Verucht ist jeder, der nicht bleibt in allem, was im Buch des Gesetzes geschrieben ist, um es zu tun (3,10; ein Zitat aus 5Mose 27,26). Auch hier unterscheidet Paulus wieder nicht zwischen Moral- und Zeremonial-gesetz, sondern schreibt von allem, was im Gesetz geschrieben steht. Fr den Snder bedeutet das Gesetz niemals Gerechtigkeit, sondern immer Fluch, und dieser Fluch wurde durch Christi Werk am Kreuz erfllt und getilgt (3,13). Zweitens macht uns das Gesetz nicht zu Erben: denn wenn das Erbe aus dem Gesetz kommt, so kommt es nicht mehr aus der Verheiung (3,18). Gott hat einem Volk seinem Volk! ein ewiges Erbe verheien. Die Judaisten beriefen sich auf Mose und meinten, aufgrund des Gesetzes zu diesem Volk zu gehren. Doch zu Gottes Volk gehrt man nicht durch Mose und sein Gesetz, sondern durch Abraham und seine Verheiung. Das Gesetz bringt Fluch, aber die Verheiung Abrahams bringt Segen nicht nur gebrtigen Juden, sondern allen Nationen (3,14), die durch Glauben Kinder Abrahams werden knnen (3,7.29). Der wahre Nach-komme und Erbe Abrahams ist nmlich Jesus Christus (3,16), und alle, die sich durch Glauben mit ihm identi-zieren, sind in ihm seine Miterben.

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  • Das mosaische Gesetz hingegen ist in der israelitischen Heilsgeschichte nur ein zeitweiliger Einschub: Es wurde vierhundertdreiig Jahre spter [nach Abraham] hinzugefgt bis der Nachkomme [Jesus Christus] kme (3,17.19). Dies sollte auch all jenen Christen zu denken geben, die fr die Zukunft erwarten, dass das Judentum und das mosaische Gesetz in einem tausend-jhrigen Zwischenreich wieder eingefhrt werden. Es kann kein Zurck zum Gesetz geben, denn Gottes Heilsgeschichte hat nach dem Kommen Christi und seiner Erfllung des Gesetzes keinen Rckwrtsgang; das wre ein Zurckwenden zu den schwachen und armseligen Elementen (Gal 4,9; vgl. Hebr 8,13). Drittens kann das Gesetz kein ewiges, geistliches Leben geben: Denn wenn ein Gesetz gegeben worden wre, das lebendig machen knnte, dann wre wirklich die Gerechtigkeit aus dem Gesetz (3,21). Auch hierin irrten wohl die Judaisten. Das Gesetz deckt Snde auf und verurteilt zum ewigen Tod und nicht zum ewigen Leben. Wenn der Mensch auf das Gesetz geworfen ist als Grundlage fr ein Leben mit Gott, dann strzt ihn das sofern er keine gestrte Wahrnehmung der Realitt hat in Verzweiung und Todesfurcht. Er kann nicht anders, als gegen das Gesetz verstoen und kann keine Pluspunkte sammeln, um seine Verste aufzuwiegen ebenso wenig wie es einem Bankruber hilft, Almosen zu spenden, um dem Gefngnis zu entgehen. Gefng-nis ist allerdings ein gutes Stichwort, um nun dazu zu kommen, wozu das Gesetz denn nun tatschlich taugt.

    WOZU DAS GESETZ TAUGT FRHER WIE HEUTEDie Juden waren von Mose bis Christus durch das Gesetz sage und schreibe rund 1500 Jahre in einer Art Gefngnis! Sie waren unter die Snde eingeschlossen unter Gesetz verwahrt, eingeschlossen (3,22-23). Das Gesetz war ihr Zuchtmeister (griech. wrtl. Pda-goge, d.h. Kinderwrter), um nicht zu sagen ihr Folterknecht. Gott hat sich viele, viele Jahrhunderte lang Zeit genommen, um ihnen die Honung auf Selbstgerechtigkeit auszutreiben und ihnen dieses eine beizubringen: Gerechtigkeit kann nur aus Glauben an den verheienen Erlser kommen! Gott hat das Gesetz nicht zum Stolz, sondern zur Demtigung gegeben, und diese Demtigung ist heilsnotwenig. Der selbstgerechte Stolz des Snders muss gebrochen werden. Er muss diese Sehnsucht bekommen, aus dem Gefngnis der Snde und des Gesetzes befreit zu werden, aber diese Sehnsucht kann er nur im Gefngnis des Gesetzes bekommen. Deshalb ist das Prinzip des Gesetzes Gottes Anspruch und Urteil absolut notwendig fr die Evangelisation und auch fr die Heiligung. Wem wir das Evangelium verknden, dem mssen wir auch zunchst die gerechten Forderungen Gottes verdeutlichen. Bereits in Kapitel 2 hatte Paulus dies deutlich gemacht: Auch die Juden (wir in 2,17) sind obwohl sie das Gesetz haben oder gerade weil sie das Gesetz haben Snder und brauchen die Rechtfertigung durch Jesus Christus. Christus ist nicht gekommen, um Selbst-gerechten zu dienen (auch nicht selbstgerechten Juden), sondern um Snder zu erlsen Juden wie Heiden.

    So sollten Juden und insbesondere die Judaisten erken-nen, dass das Gesetz ihnen keinen Vorrang einbrachte, sondern sie vielmehr verurteilte. Die positive Wirkung des Gesetzes? Es ttet es verurteilt zum Tod. Wer das fr sich persnlich eingesehen hat, der ist durchs Gesetz dem Gesetz gestorben (2,18). Was bringt mir die Beschftigung mit dem Gesetz ein? Ich erkenne: Ich bin mit Christus gekreuzigt (2,19). Nicht das Gesetz ist auer Kraft, sondern ich bin auer Kraft gegenber dem Gesetz, da das Urteil bereits an Christus vollzogen wurde. Aber was fr eine Demtigung und welchen Liebesdank erfordert das von mir! Jetzt lebe ich fr Christus, der mich geliebt und sich selbst fr mich hingegen hat (2,20). Der Zweck des Gesetzes ist es also zu allen Zeiten, uns zu verdeutlichen, dass wir nicht Ruhm, sondern das Kreuz verdient haben, und unsere Honung und Liebe von uns selbst wegzulenken auf unseren Herrn Jesus Christus.

    FAZIT ETWAS HHERESWir haben hier nun gesehen, dass der Snder aus oder durch Gesetz vor Gott nichts sein kann. Das bedeutet aber auf keinen Fall, dass der Christ keine moralische Richtschnur hat. Im Neuen Testament werden alle Zehn Gebote wiederholt und besttigt (mit Ausnahme des Sabbatgebots). Die Bergpredigt Jesu liefert uns als seinen Jngern keinen kleineren Mastab als das mosai-sche Gesetz. Die hchsten und zusammenfassenden Gebote, Gott und den Nchsten zu lieben, fordern nicht nur unser ueres Verhalten, sondern unser ganzes Herz. Gott sei Dank hat Christus sowohl das mosaische Gesetz als auch diese daraus hergeleiteten neutestamentlichen Ansprche erfllt. Er ist unsere Gerechtigkeit aber auch unser Mastab. Aus Gnade drfen wir danach streben und darauf hoen, dass Gott in uns wirkt, um das Gesetz des Christus zu erfllen. Das Gesetz sagt: So ist Gott. Und es sagt: So sollt auch ihr sein. Aber wir knnen es nicht, obwohl exakt wie im AT auch fr uns Christen gilt: Seid heilig, denn ich bin heilig (1Petrus 1,16; 3Mose 11,45). Wir drfen aber nicht leichtfertig achselzuckend ber unsere Unfhigkeit hinweggehen und uns stattdessen auf eine billige Gnade berufen. Nein, Gnade ohne Gesetz wre keine Gnade. Es sollte uns tatschlich in Verzweiung strzen, dass wir Gottes Mastab nicht entsprechen knnen. Nur aus dieser Verzweiung heraus, die Paulus auch in Rmer 7 ausdrckt, kann man begreifen, was die rettende Gnade in Christus ist. Was sollen wir nun mit dem Gesetz tun? Es als das wertschtzen, wozu Gott es auch uns oenbart hat! Er gab es, um den angeborenen Realittsverlust des Snders zu heilen, ihn seiner Schuld zu berfhren und ihn zu Christus zu fhren und ihm Christus vorzustel-len, der das Gesetz in allen Belangen erfllt hat: mora-lisch (kniglich, was das gerechte Leben des Gesetzes betrit), priesterlich (zeremoniell, was den Gottesdienst des Gesetzes betrit) und prophetisch (als der, von dem das Gesetz spricht).

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  • Das mosaische Gesetz hat Bestand, bis Himmel und Erde vergangen sind. Aus diesem Grund sind Glubige dem

    Gesetz in moralischer Hinsicht verpichtet. Das Gesetz ist allerdings fr Glubige nicht ein Mittel zur Errettung, son-

    dern eine Regel zum Leben.

  • hr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, um das Gesetz oder die Propheten aufzulsen. Ich bin nicht

    gekommen, um aufzulsen, sondern zu erfllen! Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und

    Erde vergangen sind, wird nicht ein Buchstabe noch ein einziges Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten aust und die Leute so lehrt, der wird der Kleinste genannt werden im Reich der Himmel, wer sie aber tut und lehrt, der wird gro genannt werden im Reich der Himmel. Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Phariser nicht weit bertrit, so werdet ihr gar nicht in das Reich der Himmel eingehen! Matthus 5,17-20 ber das Verhltnis von Christen zum Gesetz gibt es unterschiedliche Auassungen. Mit besonderem Einfallsreichtum versuchen einige Bibelausleger die Gltigkeit des Gesetzes wegzuerklren, obwohl aus den Evangelien und den apostolischen Briefe dazu keine stichhaltige Begrndung abgeleitet werden kann. Bei der Bibelauslegung drfen einzelne Aussagen nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Eine isolierte Betrachtung einzelner Lehraussagen birgt die Gefahr, die Heilige Schrift zu vergewaltigen. Um die wahre Bedeutung von einzelnen Aussagen zu erfassen, muss stets der Kontext fruchtbar gemacht werden. Wir mssen uns hten, die Schrift willkrlich auszulegen. Mit hchster Przision gilt es, das Wort der Wahrheit zu teilen.

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  • GLTIGKEIT DES GESETZESDie Gltigkeit des mosaischen Gesetzes wird im Neuen Testament mehrfach betont. In der Bergpredigt hat Jesus die Autoritt des Gesetzes weder abgeschwcht noch seine Ansprche gelockert, sondern dessen wahre und zutiefst herausfordernde Bedeutung in moralischer Hinsicht hervorgehoben. Mit folgenden Worten hlt Jesus an der Autoritt des Gesetzes fest: Bis Himmel und Erde vergangen sind, wird nicht ein Buchstabe noch ein einziges Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist (Matthus 5,18). Im Lukas-Evangelium wird die Autoritt des Gesetzes in hnlicher Form bekrftigt: Es ist aber leichter, dass Himmel und Erde vergehen, als dass ein einziges Strichlein des Gesetzes falle (Lukas 16,17). Gott ist der Urheber des Gesetzes und als dieser sorgt er in seiner Souvernitt fr dessen Fortbe-stand. Die groen Wahrheiten und die moralischen Prinzipien sind unum-stlich. Fr Gott ist deren Gltigkeit weitaus wichtiger als der Fortbestand von Himmel und Erde. Mit markanten Worten bekennt sich auch Paulus zur Autoritt des Gesetzes: Heben wir nun das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! Vielmehr besttigen wir das Gesetz (Rmer 3,31). Gesetz und Glaube widersprechen sich nicht. Im Gegenteil: Durch den Glauben wird das Gesetz besttigt. Diesen feinen Zusammenhang mssen wir zunchst erken-nen.

    GESETZ UND GLAUBEDas mosaische Gesetz treibt uns in die Honungslosigkeit, weil es uns aufgrund unserer Snden verucht und uns erbarmungslos im Abgrund unserer Verdorbenheit liegen lsst. Nun kam Christus und erlste uns von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch wurde um unsretwillen (Galater 3,13). Aus diesem Grund ist Christus das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit fr jeden, der glaubt (Rmer 10,4). Fr wen ist Christus das Ende des Gesetzes? Die Antwort lautet: fr jeden, der glaubt. Das Gesetz ist nicht der Weg, um vor Gott gerecht zu werden. Damit hat Christus ein Ende gemacht. Christus allein ist der Weg, um vor Gott gerecht zu werden. Das Wort vom Kreuz hat das Gesetz nicht umgestoen, sondern es hlt das Gesetz aufrecht. Durch das Kreuz Christi wurden die Forderungen des Gesetzes vollstndig erfllt. Also das Gesetz ist nach wie vor gltig, allerdings nicht als ein Mittel zur Errettung fr den Glubigen. Durch das Gesetz wird niemand vor Gott gerechtfertigt; der Gerechte wird aus Glauben leben (Galater 3,11). Das Gesetz vermag nicht, den sndigen Menschen in die Beziehung zum himmlischen Vater zu fhren. Der Weg zum Vater ist allein Jesus Christus. Allein durch den Glauben an Jesus

    DAS GESETZ IST NICHT DER WEG, UM VOR GOTT GERECHT ZU WERDEN.

    DAMIT HAT CHRISTUS EIN ENDE GEMACHT. CHRISTUS ALLEIN IST DER

    WEG, UM VOR GOTT GERECHT ZU WERDEN.

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  • Christus werden wir gerettet. Folglich steht der Glubi-ge nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade.D. Martin Lloyd-Jones gibt in einer seiner Predigten eine unfassende Antwort auf die Frage: Wie steht der Christ zum Gesetz? Der Christ steht insofern nicht mehr unter dem Gesetz, wie das Gesetz ein Bund der Werke ist. ... Seine Errettung hngt nicht mehr von seiner Erfllung des Gesetzes ab. Er ist vom Fluch des Gesetzes befreit. Er ist nicht mehr unter dem Gesetz als eine Art Bundesbeziehung zwischen ihm und Gott. Das entbindet den Christen aber nicht vom Gesetz als einer Regel fr das Leben. Ich denke, die grten Schwierig-keiten bei dieser Frage entstehen, weil wir uns nicht ber das Verhltnis von Gesetz und Gnade im Klaren sind. ... Wir tendieren dazu, eine falsche Sicht des Gesetzes zu haben, weil wir es als etwas betrachten, was der Gnade entgegensteht. Dem ist aber nicht so! Das Gesetz steht nur insofern im Gegensatz zur Gnade, als es ehemals einen Bund des Gesetzes gab, nun aber haben wir es mit dem Bund der Gnade zu tun.1 Fr den glubigen Menschen wird das Gesetz Gottes zum Herzensanliegen. So bekennt Paulus: Ich habe Lust an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen (Rmer 7,11). David gibt uns einen vertief-ten Einblick in sein persnliches Verhltnis zum Gesetz: Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Ich sinne darber nach den ganzen Tag. Dein Gebot macht mich weiser als meine Feinde, denn es ist ewiglich mein. Ich bin verstndiger geworden als alle meine Lehrer, denn deine Zeugnisse sind mein Nachsinnen. Ich bin einsichtiger als die Alten, denn ich achte auf deine Befehle (Ps. 119,97-100).

    PRAKTISCHE BEDEUTUNGDES GESETZESDas Gesetz in seiner tiefen Bedeutung oenbart unsere heimlichen Begierden, die oft unser Herz beherrschen. Von unseren Begierden htten wir nichts gewusst, wenn das Gesetz nicht gesagt htte: Du sollst nicht begehren! (Rmer 7,7). Mit einer heuchlerischen Frmmigkeit lsst sich die Herrschaft unserer Begierden verbergen. Dabei kann es uns gelingen, vor den Menschen als rechtschaene Christen in Erscheinung zu treten. Mit einer pharisischen Gerechtigkeit werden wir allerdings nicht in das Himmelreich kommen (vgl. Matthus 5,20). Die Gerechtigkeit der Phariser und Schriftgelehrten war oberchlich und daher war ihre Frmmigkeit nur Schein. Sie lie das Herz unberhrt. Wahre Gerechtigkeit im Leben eines wiedergeborenen Christen kommt jedoch aus dem Herzen. Lieber Leser, begnge dich nicht mit einer oberch-lichen Gerechtigkeit. Sie ist untauglich und in Gottes Augen verwerich. Praktische Gerechtigkeit soll dein Herzensanliegen sein. Denn eine uerlich betonte Gerechtigkeit ohne innere bereinstimmung ist pure Heuchelei. Echte Gerechtigkeit geht von innen nach auen. Daher schae zuerst Ordnung in deinem Kopf. Entferne den Schmutz aus deinem Gedankenleben. Hasse vor allem dein Doppelleben - nach auen hin fromm, aber innerlich zgellos. Sei bemht um innere Reinheit. Innere Reinheit wirkt immer positiv auf das uerliche Leben (vgl. Matthus 23,26). Sorge darum, dass deine Gerechtigkeit nicht eine Sache deiner eigenen Philosophie ist, sondern mit dem Gesetz Gottes bereinstimmt. Gottes Gesetz soll dein absoluter Mastab fr deine Gerechtigkeit sein. Gehe mit deinen Snden hart ins Gericht. Dulde sie nicht. Gottes Gebote sollen Durchschlagskraft auf dein Leben haben.

    DAS MOSAISCHE GESETZ TREIBT UNS IN DIE HOFFNUNGSLOSIGKEIT,

    WEIL ES UNS AUFGRUND UNSERER SNDEN VERFLUCHT UND UNS

    ERBARMUNGSLOS IM ABGRUND UNSERER VERDORBENHEIT LIEGEN LSST.

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  • Werbeslogans wie Man gnnt sich ja sonst nichts! oder Die Freiheit nehm ich mir! sind in aller Munde, teilweise sogar weltweit bekannt. Was bedeutet es aber ganz konkret

    fr uns als junge Christen, frei zu sein und inFreiheit zu leben?

  • ch denke, dass jeder glubige Christ diesen Worten von Paulus zustimmen wird. Vielleicht

    bekrftigen wir diesen Vers sogar in unseren Kirchengemeinden und Gottesdiensten mit

    einem lauten Amen. Doch wenn wir uns einmal hinterfragen, was wir da berhaupt lauthals ausrufen, werden wir berrascht sein, welche verschiedenen und teilweise auch widersprchlichen berzeugungen sich hinter einem solchen Bekenntnis verbergen knnen. Vermutlich gibt es wirklich wenige emen des Glaubens, die so oft missverstanden werden wie das der christlichen Freiheit. Um zu verstehen, wie ein Leben ganz praktisch in der gottgewollten Freiheit aussieht, mssen wir erst einmal herausnden, wovon wir berhaupt durch Jesus Christus befreit wurden.

    WOVON WURDEN WIR BEFREIT?Du wirst eine bemerkenswerte Entdeckung machen, wenn du einmal deine Bibel nach dem Begri Freiheit durchsuchst. Erstaunlicherweise ist festzustellen, dass das hebrische Wort fr Freiheit (hebr. chuphshah) tatschlich nur ein einziges Mal im Alten Testament (3Mose 19,20) auftaucht. Umso interessanter ist es, dass dagegen Freiheit im Neuen Testament gleich ein dutzendmal auftaucht. Das leuchtet sptestens dann ein, wenn Jesus Christus selbst sagt, dass man ausschlie-lich durch ihn wirklich frei wird (Johannes 8,36). Dabei geht das Neue Testament gewissermaen davon aus, dass vorbehaltlos jeder Mensch ein Leben in Unfrei-heit fhrt. Dabei spielt es auch berhaupt keine Rolle, welche soziale oder politische Stellung ein Mensch innehat (Rmer 3,11f; Galater 4,3; Oenbarung 6,15). Dieser Zustand der Unfreiheit wird mit dem dramati-schen Wort der Sklaverei beschrieben! Um auch nur annhernd zu begreifen, was es bedeu-tet, dass Jesus Christus uns wirklich frei macht, mssen wir das Bild begreifen, welches die Bibel ber die Sklaverei zeichnet. Es handelt sich hierbei nmlich nicht vorrangig um deine individuelle Lebensgestaltung bzw. uerliche Freiheit. Wie sollte es auch? Erinnerst du dich noch an das Eingangszitat aus dem Galaterbrief?

    Wenn Paulus die Freiheit eines Christen anpreist, wird er sicherlich eine grere, weitaus bedeutendere Dimen-sion meinen. Er wurde schlielich als Missionar und Apostel verachtet, verlstert, verfolgt, geschlagen und eingesperrt (1Korinther 4,9). Die notwendige Befrei-ung aus der Sklaverei meint im Neuen Testament vorrangig eine geistliche Erlsung unserer Seelen! Natr-lich ist es nicht zu verwerfen, wenn wir uns als Christen fr die Wrde und Freiheit des Menschen auf sozialer Ebene diakonisch engagieren. Ganz im Gegenteil, wir haben als Christen an dieser Stelle sogar einen Auftrag in der Welt zu erfllen! Doch die gottgeschenkte Freiheit meint in der Bibel zuallererst die Befreiung von den Mchten der Snde (Johannes 8,34-36; Rmer 6,18.22), des Todes (Rmer 6,23; 8,21) und des Gesetzes (Rmer 8,2; Galater 5,1). Der letzte der drei aufgefhr-ten Aspekte wird uns nun weiter beschftigen: Wir sind befreit vom Gesetz!

    BEFREIT VOM GESETZWenn wir erfahren, dass wir von der Snde, dem Tod und dem Gesetz befreit wurden, neigen auch wir Chris-ten oftmals dazu, alle drei genannten Dinge als schlecht abzustempeln und vielleicht sogar als bsartig zu verwer-fen. Aufgepasst! So einfach ist es nicht. Die Bibel erklrt uns, dass die Gebote Gottes uns zum Leben gegeben sind. Ja, sie sind sogar heilig, gerecht und gut (Rmer 7,10-12)! Gottes Gesetz fordert von uns Gerechtigkeit und Heiligkeit im bermenschlichen Ma. Sollte so ein Gesetz etwa schlecht sein? Steht es uns zu, dieses Gesetz zu verurteilen (Jakobus 4,11)? Wie knnen wir etwas als schlecht erachten, was Jesus Christus doch so hoch schtzte und es sogar fr wert hielt, jedes Wort und jegliche Forderungen komplett einzuhalten bzw. zu erfllen? Warum sollte der Anspruch Gottes, ein Leben nach seinem Willen zu fhren, bsartig sein? Der Refor-mator Johannes Calvin schreibt ber das Gesetz: Aber Mose und alle Propheten hatten doch vor allem die Absicht, die Art der Vershnung zwischen Gott und dem Menschen zu lehren deshalb nennt ja auch Paulus Christus des Gesetzes Ende. Wenn es also um den Weg

    Zur Freiheit hat Christus uns befreit! Galater 5,1a

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  • der Vershnung zwischen Gott und Mensch geht, steht es uns somit nicht zu, das gute und heilige Gesetz Gottes zu verteufeln, sondern mit Respekt zu achten. Auch wenn du noch am Anfang deiner Jesusnachfolge stehst und das alttestamentliche Gesetz vielleicht nur vage kennst, eines wird dir bis hierhin bereits einleuchten: Gott ist gut und seine Mastbe sind gerecht, aber auch bermenschlich. Das gute und gttliche Gesetz bertrit unser schlechtes und sndiges Leben. Und weil wir eben aus Gottes Augen in unserer Schuld gefangen und verstrickt sind, dient uns das Gesetz letztlich zum Tod. Ein Gefhl der Unzulnglichkeit gegenber Gottes Anspruch macht sich in uns breit. Diese Erfahrung der persnlichen Kapitulation ist ausschlaggebend fr Gottes gute Botschaft an uns. Denn wenn ich meine Gefangenschaft unter dem Gesetz nicht begreife, dann wird es mir nur sehr schwer fallen, die Freiheit im Heili-gen Geist zu verstehen, zu ergreifen und berzeugend darin zu leben. Wir haben nmlich allen Grund zu feiern: Denn mit Christus ist der Weg des Gesetzes zu Ende. Jetzt wird jeder, der an ihn glaubt, gerecht gesprochen. (Rmer 10,4) Jeder bermenschliche Anspruch Gottes und alle gttlichen Forderungen wurden 100%ig eingehalten. Jesus Christus hat das Ziel erreicht, indem er das Gesetz gehalten und komplett erfllt hat. ER ist wirklich der Einzige, der ein absolut gerechtes und gottesfrchtiges Leben gelebt hat. Jesus hat uns vom Gesetz als ein Weg und ein Mittel zur geistlichen Erlsung unserer Seelen befreit. Das Evangelium, diese gute Botschaft, erinnert uns daran und bewahrt uns davor, die von Gott geforderte bermenschliche Gerechtigkeit auch nur einen Moment in uns selbst zu suchen. Die Freiheit, zu der uns Christus frei gemacht hat (Galater 5,1), zu der wir berufen sind (Galater 5,13) und die wir in Christus haben (Galater 2,4), ist, dass wir gar nichts aus eigener Leistung tun knnen, um vor Gott gerecht sein zu knnen. Rechtfertigung vor Gott ist allein in Jesus, dem Sohn Gottes, zu nden. Denn Jesus behlt seine Stellung vor Gott nicht fr sich allein, sondern teilt sie mit uns aus Gnade. Deswegen sind wir von dem Gesetz befreit und nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade (Rmer 6,14; Johannes 1,17).

    WO DER GEIST DES HERRN IST,DA IST FREIHEITWelche Konsequenzen hat es nun, dass wir als Christen nicht mehr unter dem Gesetz versklavt sind? Was bedeu-tet es praktisch, dass wir befreit wurden und somit unter der Gnade leben? Hierzu dient nun eine biblische Erzhlung zur Veranschaulichung. Jesus ging in das Haus von Petrus. Dessen Schwiegermutter war von einem heftigen Fieber befallen und lag im Bett. Jesus berhrte ihre Hand. Da verschwand das Fieber, und sie stand auf und diente ihm (Matthus 8,14-15). Nun, worauf soll uns diese Heilungsgeschichte Jesu aufmerksam machen? Oftmals wird die christliche Freiheit dazu missbraucht, um an eine Freiheit von Geboten und Gehorsam festzuhalten. Wenn das Gesetz nicht mehr das Mittel ist, wie ich zu Gott kommen kann, dann kann man doch nun auf jegliche Gebote

    pfeifen, oder? Doch was geschieht mit der Schwieger-mutter von Petrus, nachdem Jesus sie von ihrem Fieber befreit hat? Sie steht nicht auf, um den Fernseher anzumachen und zu chillen. Nein, sie stand auf und diente Jesus! Jesu Befreiung setzt zum Dienst frei. Das neue Leben im Heiligen Geist ist keine Freiheit vom Gehor-sam, sondern eine Freiheit zum Gehorsam! Es ndet nmlich eine gewaltige Verwandlung und Transformati-on in unserem Herzen statt. Wir sind fr Gott keine Sklaven mehr, sondern seine geliebten Kinder. Guterzo-gene Kinder verhalten sich ganz bestimmt nicht schlech-ter als die Haussklaven. Nein, sie handeln vorbildlich in Freiheit, weil sie die Wesensart ihres Vaters lieben. Die Herzensausrichtung des Vaters hat sich auf seine Kinder bertragen, tief in ihrer geistlichen DNA angelegt. Gottes Kinder handeln nun nicht mehr aus gesetzlichem Zwang, sondern aus tiefer innerer Gewiss-heit und persnlicher berzeugung. Gott schenkt uns seinen guten Geist, wodurch wir eine vllig neue Lebensqualitt empfangen. Wir werden in eine Stellung hineinversetzt, die in uns den Wunsch bewirkt, Tag fr Tag immer mehr unserem grten Vorbild zu entspre-chen (Galater 5, Rmer 8). Wer in dieser gottgegebenen und von Christus proklamierten Freiheit leben mchte, fhrt kein Leben nach strikten Gesetzeslisten, sondern ein Leben im Geist. Das bedeutet, dass Gottes Gesetz in uns lebt, es dringt nach auen und kommt immer mehr in unserem Alltag zur Entfaltung. Freiheit ist deswegen im Gegensatz zur Gesetzlichkeit keines-wegs statisch zu verstehen, sondern eine hchst dynami-sche Angelegenheit. Die neugewonnene Freiheit soll in unserem Leben wachsen, zunehmen und zu immer mehr Freiheit fhren (Galater 5,1). Es handelt sich um einen lebendigen Prozess, der uns in der Freiheit wachsen lsst (Sprche 4,18). Diese Dynamik bezeichnet das Neue Testament als das Gesetz der Freiheit (Jakobus 1,25; 2,12), des Glaubens (Rmer 3,27), des Geistes (Rmer 8,2) oder als das Gesetz Christi (Galater 6,2). Je mehr wir auf Jesus Christus und sein Wort vertrauen, desto freier sind wir. Der Herr aber ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, ist Freiheit. (2Korinther 3,17)

    DAS NEUE LEBEN IM HEILIGEN

    GEIST IST KEINE FREIHEIT VOM

    GEHORSAM, SONDERN EINE

    FREIHEIT ZUM GEHORSAM!

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  • 3 PRAKTISCHE AUSWIRKUNGENDER FREIHEIT

    1. Freiheit in der Beziehung zu mirIch habe bei der Beschftigung mit diesem ema gemerkt, dass immer wieder Unsicherheiten in mir aufkamen. Gibt es nicht doch noch die ein oder andere Vorbedingung, an die ich als Christ zwingend gebunden bin? Es muss doch da noch ein Gebot geben, was ich halten muss. Irgendetwas, damit ich mir meinen Status vor Gott wenigsten ein bisschen verdienen kann. Solche Gedanken sind keine Seltenheit. Doch Vorsicht: Selbst-gerechtigkeit lsst gren! Wenn Gerechtigkeit durch Gesetz kommt, dann ist Christus umsonst gestorben. (Galater 2,21b) bergeh diesen Aspekt nicht zu schnell und prf dein Herz. Reicht dir die Gnade Jesu wirklich aus oder hngst du die Messlatte ein Stckchen hher, um auf Nummer sicher zu gehen? Immer wieder erinnert mich der Heilige Geist durch die Bibel daran, dass ich in Jesus bereits frei bin! Der Heilige Geist befreit mich von meinen selbstzentrierten Gedanken und schenkt mir Frieden, Ruhe und ein gutes Gewissen (1Timotheus 1,5; 1Petrus 3,21). Und damit mein Gewissen nicht durch selbstauferlegte menschliche Gebote verschmutzt wird, sollten wir dem freimachenden Evangelium immer mehr Raum in unserem Gewissen geben. Das ist gewis-sermaen eine Erinnerung daran, dass wir befreit sind und in entsprechender Heiligung leben sollen (Epheser 1,4; 1essalonicher 4,3). Und somit ist es bereits ein bernatrliches Wirken Gottes, wenn sich das Nach-denken ber eine verlockende Snde, schon wie eine begangene Snde anfhlt. Das ist genau das Gegenteil von Gesetzlichkeit. Es ist die dynamische Kraft der Freiheit, die wir nur in der gttlichen Gnade nden knnen. Diese Freiheit des Gewissens solltest du nicht an dir vorbergehen lassen. Ein befreites und reines Gewissen ermglicht dir eine tiefe Erfahrung der Gnade Gottes!

    2. Freiheit in der Beziehung zu GottAls Jesus gefragt wurde, welches Gebot das Wichtigste im Gesetz sei, antwortete er: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand (Matthus 22,37). Jeder, der ehrlich zu sich selbst ist, wird erken-nen, dass es auch mit aller Anstrengung nicht mglich sein wird, dieses Gebot der vlligen Selbsthingabe an Gott vollkommen zu erfllen. Welchen Platz haben denn nun Gottes Gebote in unserer Beziehung zu Gott? Solche Bibelverse erwecken zunehmend den Anschein, dass wir Gottes Gebote nicht so richtig loswerden knnen. Du wirst merken, dass diese Frage noch knii-ger wird, wenn du die ersten beiden Johannesbriefe studierst (1Johannes 2,3-8; 3,22-24; 2Johannes 4-6). Immer wieder lautet das Gebot an uns: Liebe Gott! Also gibt es doch wieder eine Vorbedingung? Das Geheimnis ist wieder in der unendlichen Gnade Gottes zu nden: Lasst uns lieben, denn Jesus hat uns zuerst geliebt. (1Johannes 4,19) An einer anderen Stelle sagt Jesus: Wenn ihr mich

    liebt, so werdet ihr meine Gebote halten. (Joh 14,15) Merkst du den gravierenden Unterschied? Es geht hierbei nicht um einen Kampf, um Gottes Gnade und Liebe zu verdienen. Ganz im Gegenteil! Es geht eher um eine entsprechende Antwort und Reaktion auf die persnlich erfahrene Gnade und Liebe Gottes. Gottes Gebote zu bewahren und zu halten ist lediglich ein Ausdruck Gott zurckzulieben. Automatisch entsteht ein inneres Bedrfnis Gott mit dem eigenen Leben zu preisen. Deswegen werden Gott unsere ernsten Bem-hungen nach Heiligung gefallen und nicht von ihm verworfen. Warum? Weil wir Jesus selbst als Vorbild nehmen und seinem guten Beispiel folgen. Aber nicht aus Selbstgerechtigkeit, sondern aus Dankbarkeit! Mich berkommt bei diesem Gedanken eine unerklrliche Ehrfurcht. Eine Ehrfurcht Gott gegenber, dass er mit meiner Unvollkommenheit gndig umgeht und mir seine bedingungslose Liebe schenkt. Er gibt mir immer wieder neu die Strke gem seiner Gebote zu leben. Und weil wir uns auf Jesus Christus verlassen, haben wir den freien Zugang zu Gott und drfen zuversichtlich und vertrauensvoll zu ihm kommen. (Epheser 3,12)

    3. Freiheit in der Beziehung zu meinem NchstenWie wir gesehen haben, hat unsere Freiheit nichts mit einem Freibrief zur hemmungslosen Snde zu tun. Genauso wenig wird diese neue Freiheit eine Rck-sichtslosigkeit gegenber unserem Nchsten in uns bewirken (Matthus 22,39; Rmer 13,9; Galater 5,14). Und dies ist sein Gebot: dass wir an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben, wie er es uns als Gebot gegeben hat (1Johannes 3,23). Und weil Liebe keineswegs unanstndig ist (1Korinther 13,5), verlangt unsere neue Freiheit auch manchmal eine Freiheit zur Enthaltsamkeit und Rcksichtnahme von uns. Nutze also deine Freiheit, damit dein Gegenber auferbaut und gestrkt wird (1Korinther 14,26). Wenn deine Freiheit das Gegenteil bewirkt, dann verzichte am besten darauf. Wer in seiner geliebten Freiheit hochmtig und berheblich handelt, zeigt keine groe Liebe gegenber den Kindern Gottes (Rmer 15,1; 1Korinther 8,9; 1Korinther 10,25). Wenn du jedoch nun eine Liste von Dos & Donts erwartest, dann muss ich dich leider enttuschen. Oft mssen wir situativ entscheiden, welche Handlungen in Gottes Augen weiser sind. Auch wenn vieles in unserem Leben an sich nicht falsch und verwerich ist, mssen wir (wie Jesus) rcksichtsvoll mit den Schwachen im Glauben umgehen (Rmer 14,1). Bete vielmehr fr deinen Nchsten, der schwach im Glauben ist. Gottes Anliegen ist es gewiss nicht den Glaubensschwachen in seiner Schwachheit zu belassen! Denn jeder von uns soll in die gottgewollte Freiheit gelangen, damit unsere Gedanken, unsere Gefhle und unser Gewissen rein und frei sind (Titus 1,15). Denn: Zur Freiheit hat Chris-tus uns befreit! (Galater 5,1a). Diese Freiheit nehm ich mir! Soli Deo Gloria.

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  • Auch die bekannteste Bekenntnisschrift der reformierten Kirche gibt Aufschluss ber die rechte Auslegung des

    biblischen Gesetzes. Es besttigt auf beeindruckende Weiseseine Ntzlichkeit fr einen Nachfolger Christi.

  • as ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? Mit dieser auf den ersten Blick ungewhnlichen Frage beginnt eines der bedeutendsten und weitverbreitetsten Dokumente unter Christen bis heute: der Heidelberger Katechismus (1563). Katechismus

    kommt vom griechischen Wort fr widerhallen und erinnert uns an das wortverwandte Echo. Ein christli-cher Katechismus ist demnach das Echo, die Antwort auf unsere Fragen ber den christlichen Glauben. Es geht dabei aber nicht um irgendwelche Fragen irgend-welcher Leute. Ein Katechismus mchte keinen rein intellektuellen Wissensdurst stillen. Er ist nicht fr Leute gedacht, die blo theoretisches Interesse am christlichen Glauben haben. Ganz im Gegenteil: ein Katechismus allen voran der Heidelberger bietet praktische Unterweisungen fr jeden Glubigen. Seine Verfasser hatten nicht im Sinn, ber die herausfordern-den theologischen Fragen des christlichen Glaubens zu philosophieren, sondern Kindern, Jugendlichen und Alten, Kranken und Gesunden, Arbeitslosen und Reichen, Akademikern und Handwerkern Antworten auf ihre aktuellen, dringlichen und lebenswichtigen Fragen zu geben. Das wird gleich aus der seelsorgerlichen und sehr persnlichen ersten Frage und Antwort deutlich:

    Was ist dein einziger Trost imLeben und im Sterben? Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehre. Er hat mit seinem teuren Blut fr alle meine Snden vollkommen bezahlt und mich aus aller Gewalt des Teufels erlst; und er bewahrt mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt fallen kann, ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss. Darum macht er mich auch durch seinen Heiligen Geist des ewigen Lebens gewiss und von Herzen willig und bereit, ihm forthin zu leben.

    25

  • Aus der Beantwortung der zweiten Frage, was wir wissen mssen, damit dieser Trost unser Leben und Sterben erfllt, ergibt sich die einzigartige und einfache Gliede-rung des Heidelberger Katechismus. Sie hnelt dem Aufbau des Rmerbriefes: 1. Der erste Abschnitt (Frage 3-11) behandelt unsere Trennung von Gott durch unsere Snde (vgl. Jesaja 59,2). Der Katechismus beschreibt diese Situation mit dem Wort Elend, das ursprnglich Ausland und Fremde bedeutete (vgl. 1Mose 3,23f ). Gottes Forde-rung im Gesetz kann und will der Snder nicht nachkommen. 2. Der zweite Abschnitt (Frage 12-85) spricht von unserer Erlsung, die Jesus Christus durch sein stellver-tretendes Leben, Sterben und Auferstehen erworben hat. Anhand des apostolischen Glaubensbekenntnisses erklrt er uns das Evangelium. 3. Im dritten Abschnitt (Frage 86-129) geht es um unsere Dankbarkeit. Die zehn Gebote dienen dafr als Anleitung. Selbst das knnen wir nicht aus uns selbst. Dem, der ihn darum bittet, wie es uns im Unservater gezeigt ist, schenkt Gott aber die Gnade des Heiligen Geistes. Wie schon in dieser bersicht angeklungen, spielt das Gesetz im Heidelberger Katechismus eine wichtige Rolle. Das Gesetz zielt auf das Evangelium, auf Christus ab und wird dem Glubigen wiederum durch Christus angezogen. Gerade diese Ausgewogenheit weder fehlt das Gesetz, noch kommt das Evangelium zu kurz macht den Heidelberger Katechismus auch fr uns im 21. Jahrhundert wertvoll. Gleich zu Beginn von Abschnitt 1 erfahren wir, dass Gott uns das Gesetz gegeben hat, damit wir unser Elend erkennen. Der Mensch, den Gott ursprnglich gut und auf sich hin geschaen hat (Frage 6), hat sich von ihm abgewandt (Prediger 7,29). Snde ist demzufolge nicht nur eine menschliche Schwche, sondern Emprung gegen den Willen Gottes und Abfall von Gott.1 Der Katechismus geht hier nicht auf die einzelnen Gebote ein, sondern zitiert Jesu Zusammenfassung aus Matth-us 22, 37-40:

    Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit deinem ganzen Verstand! Dies ist das grte und wichtigste Gebot. Ein zweites ist ebenso wichtig: Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst! Mit diesen beiden Geboten ist alles gesagt, was das Gesetz und die Propheten fordern. Der Katechismus will uns deutlich machen, dass wir nicht nur einzelne Gebote gebrochen haben, sondern Gottes Gesetz auf seiner ganzen Linie immer wieder missachten (Galater 3,10). Wir sind von Natur aus geneigt, Gott und unseren Nchsten zu hassen (Frage 5). Indem du das Gesetz anschaust, fhrt Gott dir seine Gerechtigkeit, Ehre und Hoheit vor Augen (Frage 11). Betrachtest du dich ehrlich in diesem Licht, musst du bekennen, dass du in der Finsternis lebst (1Johannes 1,5f ). Ein Pastor hat diesen ersten Gebrauch des Geset-zes treend zusammengefasst: Ich kann mit dem Gesetz und mit allen meinen Bestrebungen die Snde und ihre Anklage nicht beseitigen, nicht hinrichten in meinem Fleisch. Wie oft ich auch das Gesetz zur Hand nehme, ich schnde es, statt damit auch nur einen einzigen bsen Gedanken des Herzens zu bewltigen.2 Gleich zu Beginn des zweiten Abschnitts ber die Erlsung beantwortet der Katechismus die Frage, ob nicht das Gesetz uns in diese ausweglose Situation gebracht hat (vgl. Rmer 7,7). Es heit, dass wir also nach gerechtem Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben (Frage 12). Das Gesetz entspricht dem Charakter Gottes vollkommen und ist nicht das Problem. Der Mensch selbst ist verkehrt. Soll folglich nach Gottes Willen das Gesetz zu seinem Recht kommen und ich nicht verdammt werden, kann der Hebel nicht bei mir angesetzt werden. Die Lsung dafr liegt nicht in meiner Bue und Reue, nicht in meinem Flehen um Vergebung, nicht in meinem verbesserten Lebenswandel, nicht in meiner Bekehrung, nicht in meinem Streit gegen die Snde, nicht im Kirchgang oder in meinen Liebeswerken, sondern sie liegt auer-halb von mir, in Christus.3 Ganz ohne mein Verdienst wird mir durch Glauben aus lauter Gnade die vollkom-mene Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit

    INDEM DU DAS GESETZ ANSCHAUST, FHRT GOTT DIR SEINE

    GERECHTIGKEIT, EHRE UND HOHEIT VOR AUGEN

    26

  • Christi zugerechnet, als htte ich nie eine Snde begangen noch gehabt und selbst den ganzen Gehorsam vollbracht, den Christus fr mich geleistet hat (Frage 60; vgl. 2Korinther 5,21). Selbst der Glaube, durch den ich Christus ergreife, gilt nicht als Verdienst. Aber durch den Glauben bin ich mit Christus verbunden. Zusam-men mit Luther knnen wir darum ausrufen: Glaubst du, so hast du! Daher kommt auch der Name Christen (Frage 32):

    Warum wirst aber du ein Christ genannt? Weil ich durch den Glauben ein Glied Christi bin und dadurch an seiner Salbung Anteil habe [an der Gabe des Heiligen Geistes, R.S.], damit auch ich seinen Namen bekenne, mich ihm zu einem lebendigen Dank-opfer hingebe und mit freiem Gewissen in diesem Leben gegen die Snde und den Teufel streite und hernach in Ewigkeit mit ihm ber alle Geschpfe herrsche. Diese Frage mitten im zweiten Teil bietet uns einen guten bergang zum dritten Abschnitt, der Dankbar-keit. Wir knnen hier den Zusammenhang zwischen unserer Erlsung und unserem Dank gut erkennen. Es wird unterstrichen, dass die Dankbarkeit eben keine Leistung der Glubigen ist, sondern eine Frucht, die der Gemeinschaft mit Christus entspringt.4 Als Christ besitzt du ein klar vorgegebenes Lebensziel. Es geht um die Dankbarkeit fr deine Errettung, die Ehre Gottes, die fortwhrende Befestigung deines Glaubens (u.a. 1Petrus 1,6f ) und das Heil deiner Mitmenschen so deniert der Katechismus Dankbarkeit (Frage 86; vgl. Rmer 12,1). Der Heidelberger Katechismus macht auch klar, dass im Angesicht des Evangeliums ein undankbares und unbufertiges Leben das Reich Gottes nicht erben wird (Frage 87; u.a. 1Korinther 6,9f ). Nachdem wir nun erkannt haben, dass im Glaube der Ursprung der guten Werke und in der Ehre Gottes ihr Ziel liegt, kommt der Katechismus ein weiteres Mal auf das Gesetz zu sprechen. Dieses Mal in Form der zehn Gebote als der Norm der guten Werke (Frage 91).5 Von der 92. bis zur 115. Frage behandelt der Katechismus die Bedeutung des Gesetzes fr einen dankbaren

    Lebenswandel. Was will Gott zum Beispiel im neunten Gebot von mir? Ich soll gegen niemanden falsches Zeugnis geben, niemandem seine Worte verdrehen, nicht hinter seinem Rcken reden und ihn nicht verleumden. Ich soll niemanden ungehrt und leichtfer-tig verurteilen helfen und alles Lgen und Betrgen als Werke des Teufels bei Gottes schwerem Zorn vermei-den. Vor Gericht und in all meinem Tun soll ich die Wahrheit lieben, sie aufrichtig sagen und bekennen und auch meines Nchsten Ehre und guten Ruf nach Krften retten und frdern. Es lohnt sich sehr, diese lebensnahe Auslegung und Anwendung der zehn Gebote huger fr sich zu lesen. Wir bekommen dadurch auch ein gutes Muster in die Hand, nach dem wir andere Aussagen der Schrift verste-hen knnen. Schlielich fragt der Katechismus, ob wir Gottes Gebote denn vollkommen wie Gott es erwartet halten knnen (Frage 114). Die Antwort fllt ernch-ternd aus: Nein, ber einen geringen Anfang kommen wir nicht hinaus. Trotzdem beginnen wir jeden Tag neu in fester Absicht nach allen Geboten zu leben. Dann stellt sich notwendiger Weise die Frage, warum wird das Gesetz dann berhaupt gepredigt? (Frage 115) Erstens sollen wir unser ganzes Leben lang unsere sndige Art je lnger, je mehr erkennen und umso begie-riger Vergebung der Snden und Gerechtigkeit in Chris-tus suchen. Zweitens sollen wir unaufhrlich uns bem-hen und Gott um die Gnade des Heiligen Geistes bitten, dass wir je lnger, je mehr zum Ebenbild Gottes erneuert werden, bis wir nach diesem Leben das Ziel der Vollkommenheit erreichen.

    GOTTES GESETZ HAT FR DIEGLUBIGEN FOLGLICH EINENDREIFACHEN NUTZEN

    1. es frdert die Erkenntnis der Snde, 2. es dient zur Richtschnur fr den Wandel, 3. es hlt die Sehnsucht nach dem Ziel der Vollkommenheit wach.6

    Ich schliee mit den ermutigenden Worten eines reformierten Pastors ber den dritten Teil der Dankbar-keit und den noch nicht besprochenen Absatz des Gebets: Merke besonders, da auch das dritte Stck dazu gehrt. Wo die Dankbarkeit fehlt, da kann die Gewi-heit von der Erlsung nicht vorhanden sein. Je mehr sie [die Dankbarkeit, R.S.] trotzdem unvollkommen bleibt, desto mehr mssen wir unter Gebet und Flehen von ihr wissen wollen, das heit sie wertschtzen.7

    ES HLT DIE SEHNSUCHT NACH

    DEM ZIEL DER VOLLKOMMENHEIT

    WACH.

    27

  • Die Zehn Gebote wurden dem Volk Israel whrend derWstenwanderung von gypten nach Israel gegeben und bildeten die Grundlage fr das Leben des Volkes Israel, sowohl hinsichtlich ihrer Beziehung zu Gott als auch

    hinsichtlich ihres zwischenmenschlichen Miteinanders. Was haben die Zehn Gebote uns als Christen heute zu sagen?

  • ierhundert Jahre Geschichte Israels in pyp-ten gehen im Jahr 1440 v. Chr. zu Ende. Fr

    das 2-Millionen-Volk bedeutet das: Schluss mit der skrupellosen Ausbeutung, mit erniedrigen-

    der Sklavenarbeit und den grausamen Babymorden. Das befreite Volk bendet sich seit acht Wochen auf dem Weg ins verheiene Land. Die zehn Plagen in gypten, Gottes souvernes Eingreifen beim Durchzug durchs Rote Meer und die tgliche bernatrliche Gegenwart Gottes in der Wolken- und Feuersule sind ihnen bewusst. Ihr Zielland ist allerdings von heidnischen Vlkern bewohnt, die moralisch und religis pervers leben. Das Volk bendet sich in der Wste Sinai am Berg Horeb. Sein Anfhrer Mose begibt sich auf den Berg, wo Gott zu ihm redet und ihm die gesetzliche Grundla-ge fr das neue Land vorstellt, allem voran die Zehn Gebote. Mose berbringt die Worte Gottes an die ltesten des Volkes. Daraufhin verspricht das ganze Volk feierlich: Alles, was der HERR geredet hat, wollen wir tun! (2Mose 19,8). Anschlieend hat das Volk drei Tage Zeit, um sich auf die Begegnung mit Gott an diesem Berg vorzuberei-ten. Am frhen Morgen des dritten Tages erschallen und erscheinen dann Donner und Blitze von dem Berg. Das Volk steht feierlich aufgestellt am Fu des Berges. Der Berg raucht. Eine schwere Wolke und Feuer sind zu sehen. Der Posaunenschall wird immer lauter. Der Berg bebt. Das Volk zittert. Mose redet und Gott antwortet. Die Stimme Gottes wird gehrt. Der Bund mit Gott wird feierlich eingeweiht und besiegelt.

    WARUM SIND DIEZEHN GEBOTE NOTWENDIG?Fr das Leben im eigenen Land brauchte Israel ein Gesetz und festgelegte Moralmastbe zum Schutz der eigenen Identitt als Gottes Eigentumsvolk. Gottes eigenes Volk soll Gottes eigenes Gesetz als Lebensgrund-lage haben. Die Zehn Gebote sind Ausdruck des Willens Gottes. Somit bilden sie die Einleitung und das Funda-ment des ganzen mosaischen Gesetzes.

    Seine Worte und gerade auch die zehn Worte (5Mose 4,13) vom Sinai sind Nahrung und Medizin fr die Seele. Deshalb drfen wir uns und anderen diese Nahrung nicht vorenthalten. Gott hat geredet, und seine Worte einschlielich seiner Gebote mssen beach-tet und weitergeben werden. Was Gott geredet hat, mssen wir verkndigen und weiter verbreiten, damit wir und andere im Alltag vor Gott verantwortlich leben knnen. Die Bibel gibt dazu eine klare Anweisung: Und du sollst sie [die Worte, die Gott Mose gab] deinen Kindern einschrfen, und du sollst davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt und wenn du auf dem Weg gehst, wenn du dich hinlegst und wenn du aufstehst (5Mose 6,6-7). Gottes Gebote lassen uns keine Freiheit zu whlen, ob wir sie beachten oder nicht, sondern sie fordern von uns ein Verhalten, das nach Gottes Mastab gerecht ist. Gottes Worte sind keine Option, sondern Obligation keine Wahl oder Kr, sondern strenge und absolute Picht.

    DIE UNTERTEILUNG DER ZEHN GEBOTEDie Zehn Gebote haben zwei Teile. Auf der 1. Tafel mit den ersten vier Geboten geht es um unsere Pichten gegenber Gott. Hier wird die Beziehung zwischen Gott und Mensch deniert, unsere vertikale Beziehung nach oben. Unsere Beziehung zu Gott ist das Fundament fr unseren Umgang mit den Mitmenschen. Unser Herr hat genau dies gelehrt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand und du sollst deinen Nchsten lieben wie dich selbst (Matthus 22,37.39). Damit sind wir bei der 2. Tafel der Zehn Gebote, wo unsere Pichten gegenber dem Nchsten festgelegt werden. Diese Gebote fnf bis zehn bilden die horizontale Ebene. Die Ethik die Verhal-tensregeln - der im Bild Gottes geschaenen Menschen soll von Gottes Mastben geprgt sein.

    2. Mose 20,1-17

    29

  • Nur in der persnlichen Glaubensverbindung zu Gott durch Jesus Christus, der uns erlst und das Gesetz in jeder Hinsicht erfllt hat, erkennen wir: Gottes Gesetz ist sowohl fr unser irdisches als auch ewiges Dasein notwendig, sinnvoll und verleiht Freude. Unser Gebet sollte sein: ne meine Augen, damit ich Wunder schaue in deinem Gesetz (Psalm 119,118)!

    1. GEBOT

    Und Gott redete alle diese Worte und sprach: Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus dem Land gypten, aus dem Sklavenhaus herausge-fhrt habe. Du sollst keine andern Gtter haben neben mir. Beachten wir die vollstndige Aussage des 1. Gebots. Es ist nicht nur ein unpersnlicher Befehl, sondern beruht auf einer persnlichen Verbindung. Der Gesetz-geber ist der Erlser aus der Sklaverei gyptens. Diese Tatsache mssen wir bedenken, um Gottes Handeln mit seinem Volk und seine Gebote fr das neue Land grund-stzlich zu verstehen. Gott ist zum Einen der Retter und zum Anderen der heilige Gesetzgeber, der sich uns in verstndlicher Sprache persnlich oenbart. So verdeut-licht uns das 1. Gebot, um wen sich alles dreht und welche Stellung Gott in unserem Leben haben soll. Entsprechend lehrt das NT die Bedeutung fr uns als jene, die durch Christus errettet sind und daher den Sohn wie den Vater als Gott ehren und anbeten sollen: damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat (Johannes 5,23).

    2. GEBOT

    Du sollst dir kein Gtterbild machen, auch keinerlei Abbild dessen, was oben im Himmel oder was unten auf der Erde oder was in den Wassern unter der Erde ist. Du sollst dich vor ihnen nicht niederwerfen und ihnen nicht dienen. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eiferschtiger Gott, der die Schuld der Vter heimsucht an den Kindern, an der dritten und vierten Generation von denen, die mich hassen, der aber Gnade erweist an Tausenden von Gene-rationen von denen, die mich lieben und meine Gebote halten. Da wir im Bild Gottes geschaen sind, sind wir auch selber schpferisch ttig und kreieren gerne Dinge, an denen wir Gefallen haben. Ein Architekt erdenkt und plant ein Bauwerk, ein Maler ein Bild, ein Koch ein Men. Und wir sind so geschaen, dass wir etwas suchen, was wir verehren und anbeten, ein Gegenber, das unsere Seele erfllt. Und seit dem Sndenfall fhrt diese Veranlagung zum Gtzendienst. Dementgegen sollen wir bezglich der Anbetung Gottes nichts machen. Kein materieller Gegenstand soll uns irgend-wie von dem einzigartigen, heiligen, ewigen und unsichtbaren Gott ablenken. Warum? Weil Gott eiferschtig ist und weil ihm sehr viel, ja alles daran gelegen ist, dass sein Name das ist seine Identitt, seine Herrlichkeit, sein Charakter in seinem Volk fr absolut einzigartig geachtet wird.

    Jede Form der bildlichen Darstellung Gottes und auch des Herrn Jesus Christus wrde von seiner wahren Wirklichkeit ablenken. Heute wird das 2. Gebot oft auf ganz ranierte Weise missachtet. Kreative Gottesdienste werden propa-giert, die etwas frs Auge bieten mit visuellen Elementen durch Beamer oder Vorfhrungen (Performance). Eine Band oder ein Chor werden fr unerlsslich gehal-ten. Manche Gottesdienste sind regelrechte Kulturver-anstaltungen. Tanz, Pantomime und eater sollen die Anbetung Gottes zu einem sichtbaren Erlebnis der Sinne machen. Dagegen ist das Zusammenkommen der Christen in der Bibel sehr einfach beschrieben: Gottes Wort, Gesang aus dem Herzen, das Herrenmahl und das Gebet. Die Rckkehr zur Einfachheit wrde uns zu mehr echter Anbetung des unsichtbaren Gottes in Christus, dem Erstgeborenen aller Schpfung (Kolosser 1,15) fhren.

    3. GEBOT

    Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht zu Nichtigem aussprechen, denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen zu Nichtigem ausspricht. Wir missbrauchen Gottes Namen auch, wenn wir falsche Vorstellungen ber Gott verbreiten. Unsere Sicht von Gott unsere eologie muss allein von der Bibel her deniert werden. Die Selbstoenbarung Gottes in der Bibel schtzt uns vor falschen Vorstellungen ber Gott. Deswegen ist biblische Lehre absolut essenziell fr unser Leben und unseren Glauben.

    4. GEBOT

    Denke an den Sabbattag, um ihn heilig zu halten. Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Arbeit tun, aber der siebte Tag ist Sabbat fr den HERRN, deinen Gott. Du sollst an ihm keinerlei Arbeit tun, du und dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd und dein Vieh und der Fremde bei dir, der innerhalb deiner Tore wohnt. Denn in sechs Tagen hat der HERR den Himmel und die Erde gemacht, das Meer und alles, was in ihnen ist, und er ruhte am siebten Tag; darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn. Der Sabbat war fr Israel ein Bundeszeichen zwischen Gott und seinem Volk. Der 7. Tag der Woche war fr Erholung, Dank und Lob des Schpfers und Erlsers bestimmt. Das NT lehrt uns, dass die buchstbliche Einhaltung des Sabbats nach alttestamentlichen Vorgaben nicht mehr erforderlich ist (Rmer 14,5). Und doch lehrt uns dieses Gebot, dass der 7-Tage-Rhythmus schpfungsge-m und richtig ist. Wir brauchen den Sonntag zum Hren auf Gottes Wort und fr die Gemeinschaft mit ihm und den Kindern Gottes. Wir beginnen jeden ersten Tag der Woche mit Gottes Lob und Anbetung. Das ist der Sinn unserer Existenz und die Grundlage unsers Schaens an den folgenden Wochentagen. Der Tag des Herrn ist ein heiliger Tag. Hier nden wir Ruhe und Erholung fr Krper und Seele.

    30

  • 5. GEBOT

    Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit deine Tage lange whren in dem Land, das der HERR, dein Gott, dir gibt. An erster Stelle steht in den Geboten die Liebe zu Gott in den ersten vier Geboten. In der 2. Tafel geht es nun um das zwischenmenschliche Miteinander. Und das beginnt in der Familie. Die Familie ist keine menschli-che Idee, sondern Gottes ureigenster Entwurf, den er schon vor dem Sndenfall vorgesehen hatte. Die Snde erfordert jedoch eindeutige Regeln. Gottes verbindlicher Wille fr die Kinder und ihr Verhalten gegenber den Eltern wird hier vorgegeben. Respekt, Gehorsam und liebevolle Unterordnung sollen unsere Gottesebenbild-lichkeit reektieren! Das ist fundamental fr den Zusammenhalt von Alt und Jung.

    6. GEBOT

    Du sollst nicht tten. Im 6. Gebot werden der Schutz des menschlichen Lebens und die Achtung davor festgelegt. Die Menschen sind im Bild Gottes geschaen und mssen mit ihrem Leben untereinander respekt- und wrdevoll umgehen. Nicht umsonst haben die Vter des deutschen Grundge-setzes nach der leidvollen Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus auf diese biblische Grundlage zurckgegrien und das an den Anfang unseres Grund-gesetzes gestellt: Die Wrde des Menschen ist unantast-bar (Artikel 1,1). Wer das menschliche Leben antastet, greift Gott an! Der Mrder wird zum Zerstrer und Ruber der Herrlichkeit des Bildes Gottes. Die Missstnde sind heute gro. Denken wir allein an die Millionen von grausam im Mutterleib getteten Babys in unserer so hochmodernen und aufgeklrten Zeit! Wir sollen aber nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen; das 6. Gebot hat auch eine Bedeutung, die uns sehr persnlich betrit. Nach der Lehre unseres Herrn verletzen wir dieses Gebot, wenn wir hasserfllte Gedan-ken gegen ber den Nchsten hegen (Mt 5,23).

    7. GEBOT

    Du sollst nicht ehebrechen. Das 7. Gebot setzt den Schutzrahmen fr die Ehe fest. Die Ehe ist heilig, weil sie von Gott ist. Sie ist die einzig legitime, von Gott erdachte Form des Zusam-menlebens von Mann und Frau bzw. von Menschen in intimer Partnerschaft. Die Ehe muss in der Gesellschaft stets eine einzigartige Stellung behalten, denn sie ist die Gott entsprechende und gem seinem Bild entworfene Einrichtung fr den Schutz der Persnlichkeit, der Sexualitt und der Intimitt sowie fr die Bewahrung des seelischen, krperlichen, familiren und gesellschaft-lichen Zusammenhalts. Das Neue Testament oenbart uns noch mehr ber die Ehe: Die selbstlose und aufop-fernde Liebe Jesu Christi zu seiner Gemeinde ist das absolute Vorbild fr die Ehe (Eph 5,25). Unsere pervers geprgte Gesellschaft versucht genau dieses hohe Gut zu relativieren und zu abzuschaen.

    8. GEBOT

    Du sollst nicht stehlen. Das 8. Gebot sichert den Schutz des Eigentums. Das Miteinander sndiger Menschen erfordert Manahmen fr Sicherheit und Ordnung in Eigentumsfragen. Gott, der Eigentmer der ganzen Erde, legt groen Wert darauf, dass wir mit seinen Gaben und Gtern, die er uns zum Gebrauch in unterschiedlichem Ma geliehen hat, korrekt und gerecht umgehen.

    9. GEBOT

    Du sollst gegen deinen Nchsten nicht als falscher Zeuge aussagen. Das 9. Gebot legt fest, dass unsere Worte der Wahr-heit entsprechen mssen. Wir haben eine absolute moralische Verpichtung, die Wahrheit zu reden: sowohl in unseren privaten Gesprchen wie auch in jeglicher anderen Kommunikation. Was wir sagen, muss verlsslich, berzeugend und ehrlich sein, weil Gott selbst die Wahrheit ist und jede Form von Lge hasst.

    10. GEBOT

    Du sollst nicht das Haus deines Nchsten begeh-ren. Du sollst nicht begehren die Frau deines Nchsten, noch seinen Knecht, noch seine Magd, weder sein Rind noch seinen Esel, noch irgendet-was, was deinem Nchsten gehrt. Die Gebote 5-9 regeln den Umgang mit dem Nchs-ten und geben eindeutige Leitlinien. Hier beim zweifachen Verbot des Begehrens im 10. Gebot geht es jedoch um das Herz, das Zentrum unseres Willens. Gott will nicht nur, dass unser ueres Verhalten, sondern auch unsere innere Motivation und unsere berlegun-gen im Umgang mit dem Nchsten (das in den vorher-gehenden Geboten geregelt wird) aufrichtig und von Liebe geprgt sind. Dieses Gebot mit der doppelten Verneinung gegen das Begehren betrit unser Innerstes: unser Herz - die Quelle und Grundlage unserer Taten. Das Sndenbel der gefallenen Geschpfe beginnt eben nicht mit der Tat, sondern mit dem Willen, der Absicht, dem Gedan-ken und dem Begehren des Herzens, etwas zu tun. Das entspricht der Lehre unseres Herrn: Denn aus dem Herzen kommen hervor bse Gedanken: Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lsterungen; diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen (Matthus 15,19).

    NICHT ERLSUNG, ABER ERKENNTNISJesus selbst erklrt in der Bergpredigt diese Gebote, an denen unser Leben gemessen werden muss und fordert vollkommene Gerechtigkeit. Die Zehn Gebote schrfen somit unser Gewissen. Das Gesetz bringt nicht Erlsung von der Snde, sondern Erkenntnis der Snde (Rmer 3,20). Die Zehn Gebote haben eine notwendige pdagogische Funktion: Sie fhren uns wie ein ermah-nender Erzieher zu Christus als dem Erlser, der uns im Glauben seine Gerechtigkeit und keine geringere Gerechtigkeit wird vom Gesetz gefordert zueignet.

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  • I M P R E S S U MD A S G E S E T Z N R . 1 0 0 1 / 2 0 1 3

    Impressum

    H E R A U S G E B E RDie Redaktion

    R E D A K T I O NWaldemar DirksenViktor SudermannAndreas KuhlmannPeter VothHans-Werner DeppeHans-Jrgen Holzmann

    A R T D I R E C T O RPeter Voth

    L E K T O R A TReinhard Reichert

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    S H O Pcbuch.de/timotheus

    I N T E R N E Ttimotheusmagazin.decbuch.de/timotheusbetanien.de

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    E R S C H E I N U N G S W E I S ETimotheus ist ein Quartalsmagazin underscheint somit alle drei Monate: Januar (Winterausgabe) April (Frhlingsausgabe) Juli (Sommerausgabe) Oktober (Herbstausgabe)

    A L L G E M E I N E R H I N W E I SDie Erstausgabe #1 Nachfolge ist am 1. Oktober 2010 erschienen. Seit der Winterausgabe 2011 #2 Glaube wird das Timotheus Magazin vom Betanien Verlag herausgegeben, gedruckt und vertrieben( 2,90 pro Ausgabe; zzgl. Versandkosten). Das Timotheus Magazin ist kein Verein, sondern ein freies Produkt der Initiatoren. der Artikel bei den jeweiligen Autoren. Vervielfltigung nur mit Quellenangabe. der Bilder und Fotos bei den jeweiligen Rechteinhabern (siehe Bildnachweis).

    G A S T A U T O R E ND E R A U S G A B EAndreas MnchWaldemar JustusRaphael Schuster

    B I L D N A C H W E I SS. 1 Illustration Peter Voth/Gustave DoreS. 2,4,5,6,8,12,16,20,24,28,36 Illustration von Peter VothS. 7 Chris HarrisonS. 34,35 Betanien Verlag

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    M I S S I O N S T A T E M E N TTimotheus ist ein bibeltreues, reformatori-sches und berkonfessionelles Magazin, herausgegeben von freikirchlichen evangelischen Christen. Das Ziel ist die verstndliche, biblisch fundierte, interessante und herausfordernde Vermittlung biblischer Lehre.

    Bibeltreu bedeutet fr die Herausgeber, dass sie von der absoluten Zuverlssigkeit der Bibel als inspiriertes und irrtumsloses Wort Gottes berzeugt sind. Die theologische Ausrichtung lsst sich daher am besten mit den 5 Soli der Reformation beschreiben: Allein Christus, allein die Gnade, allein der Glaube, allein die Schrift, allein Gott die Ehre.

    Quellen

    G E S E T Z U N DE V A N G E L I U M(S. 16-19)1 D. Martyn Lloyd-Jones, Bergpredigt, Band 1 Predigten ber Matthus 5,3-48, 3L Verlag, 2003, Seite 235 f.

    G E S E T Z I MH E I D E L B E R G E RK A T E C H I S M U S(S. 24-27)1 elemann, Otto, Handreichung zum Heidelberger Katechismus fr Prediger, Lehrer und Gemeindeglieder. Detmold [Verlag von G. Schenk] 1892, 2. Auage, S. 23.2 Kohlbrgge, H.F., Erluternde und befestigende Fragen und Antworten zu dem Heidelberger Katechismus. Elberfeld [Verlag der niederl.-reform. Gemeine] 1854, 2. Au., S. 18.3 Ebd. S. 12f.4 Maris, J.W., Die Lehre vom christlichen Leben im Heidelberger Katechismus. In: Credo Was die Kirche bekennt.... Vortrge der Heidelberger Konferenz fr Reformierte eologie. Bd. 1. Sebastian Heck [Hrsg.]. Heidelberg [Verein fr Reformation in Deutschland e.V.] 2012, S. 74.5 Ebd. S. 77.6 elemann, Handreichung, S. 456.7 Koltho, E., Kurze Erklrung des Heidelberger Katechismus zur Vorberei tung auf den Unterricht. Bentheim [Verlag Elfried W. Bronger] 1937, S. 9.

    S O L U S C H R I S T U SS O L A G R A T I AS O L A F I D ES O L A S C R I P T U R AS O L I D E O G L O R I A

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  • 52 Geschichten aus Spurgeons Kindheit und Anfngen

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