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ForschungsVerbund Sonnenenergie FVS Sonne – Die Energie des 21. Jahrhunderts Strategien zur Kostensenkung von Solarzellen Themen 2000

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ForschungsVerbundS o n n e n e n e r g i eFVS

Sonne – Die Energie des 21. Jahrhunderts

Strategien zur Kostensenkung von Solarzellen

Themen 2000

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schaffen. Ich hoffe, wir erleben bei der Solar-energie bald einen solchen Boom wie bei derWindkraft in den letzten Jahren.

Als ein Schirmherr der bundesweiten Kam-pagne "Solar – na klar!" liegt mir die Entwick-lung der Solarenergie natürlich besonders amHerzen. Dabei ist zu betonen, dass nicht nurdie Stromerzeugung, sondern auch die Wär-mebereitstellung aus erneuerbaren Energienhohe Bedeutung hat.

Neben den hier in Freiburg dargebotenen ex-zellenten fachlichen Inhalten dürfen wir abernicht vergessen, dass die Nutzung der Sonnen-energie für viele Bürger und Investoren derzeitnoch nur mit staatlicher Förderung möglich ist.Wissenschaft und Technologie sind herausge-fordert, daran zu arbeiten, die Nutzung derSonnenenergie noch effizienter und wirtschaft-licher zu gestalten. Ich setze darauf, dass dieFreiburger Tagung neue Impulse für Existenz-gründer, Erfinder und Unternehmer setzt.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Be-merkung zum globalen Aspekt einer nachhalti-gen Energieversorgung machen, auch weil sichdankenswerterweise die deutsche Sektion desWeltsolarverbandes (ISES) an der Koordinie-rung und Organisation dieser Veranstaltungbeteiligt. Wir dürfen nicht vergessen, dass der-zeit noch ca. 2 Milliarden Menschen auf derErde keinen Zugang zur Elektrizität haben. Fürviele Menschen in den Entwicklungsländern istdie Sonne die einzig nutzbare Energiequelle.Hierfür noch bessere kleine, effiziente undpreiswerte Systeme und Geräte zu entwickeln,ist besonders für die dezentrale ländliche Elek-trizitätsversorgung wichtig und würde einenentscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Ent-wicklung in diesen Ländern leisten.

Der gemeinsamen Tagung von DGS und FVSin Freiburg wünsche ich viel Erfolg bei der Wei-terentwicklung der Nutzung der Solarenergie.

Jürgen TrittinBundesminister für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit

Erneuerbare Energien sind deutlich im Auf-wind. Solarenergie, Wind- und Wasserkraft,Biomasse und Geothermie werden die Energie-träger der Zukunft sein. Die gemeinsame Tagung der Deutschen Gesellschaft für Son-nenenergie (DGS) und des ForschungsVer-bunds Sonnenenergie (FVS) in Freiburg bietetdie Gelegenheit, sich umfassend und kompe-tent zum Stand, zu den Möglichkeiten undTrends bei der Nutzung der Sonnenenergie zu informieren.

Die Bundesregierung hat mit der Verabschie-dung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)eine wichtige Voraussetzung geschaffen, diePosition der erneuerbaren Energien im Wett-bewerb mit den konventionellen Energieträ-gern zu stärken. Ziel des Gesetzes ist es, imInteresse des Klima- und Umweltschutzes einenachhaltige Entwicklung der Energieversor-gung zu ermöglichen und den Beitrag erneuer-barer Energien an der Stromversorgung deut-lich zu erhöhen. Zielvorgabe ist, den Anteilerneuerbarer Energien am gesamten Energie-verbrauch bis zum Jahr 2010 mindestens zuverdoppeln.

Besonders die nunmehr gesetzlich geregelteVergütung für Strom aus solarer Strahlungs-energie mit 99 Pfennig pro Kilowattstundewird der solaren Stromerzeugung einen deutli-chen Schub verleihen. Auch für die anderenSparten der erneuerbaren Energien wurden mitder Vergütungsregelung des EEG gute Voraus-setzungen für deren Weiterentwicklung ge- 3

Geleitwort

FVS Themen 2000

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FVS Themen 2000Diese Publikation wurde durch das BMBF gefördert.

Sonne – Die Energie des 21. Jahrhunderts

Strategien zur Kostensenkung von Solarzellen

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ForschungsVerbundS o n n e n e n e r g i eFVS

InhaltGeleitwortJürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Sonne – Die Energie des 21. Jahrhunderts

Regenerative Energien im 21. Jahrhundert – additiv oder alternativ? Dr. Joachim Nitsch • DLR

Photovoltaik – Stand und PerspektivenProf. Walther Fuhs • HMI

Solarthermie – Wärme und Kraft von der SonneDr. Gerd Eisenbeiß, Bernhard Milow, Dr. Robert Pitz-Paal • DLR und Dr. Volker Wittwer • Fraunhofer-ISE

Biomasse – gespeicherte Sonnenenergie aus der Vielfalt der Pflanzenarten – Potenziale, Bereitstellung, Konversion Prof. Konrad Scheffer • Institut für Nutzpflanzenkunde

Windenergie – Erfolge und PerspektivenDipl.-Ing. Jens Peter Molly • Deutsches Windenergie-Institut

Stromversorgung mit erneuerbaren Energien – dezentrale Strukturen und modulare SystemtechnikProf. Werner Kleinkauf, Oliver Haas Universität Gesamthochschule KasselDr. Bruno Burger, Philipp Strauß • ISET, Günther Cramer • SMA

Solare Vollversorgung für EuropaHarry Lehmann • Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie

Solares Bauen – Neue Märkte und Konzepte Prof. Joachim Luther, Dr. Karsten Voss • Fraunhofer ISE

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Kostenreduktionspotenziale bei der Herstellung von PV-ModulenProf. P. Woditsch • Deutsche Solar GmbH

EFG-Silicium: Material, Technologie, und zukünftige EntwicklungT. Lauinger, W. Schmidt, B. Wösten, • Angewandte Solarenergie - ASE GmbHDr. J.P. Kalejs • ASE Americas Inc.

Neue Konzepte für SiliciumsolarzellenS. Glunz • Fraunhofer ISE

Silicium-Dünnschichtsolarzellen auf Glas – heutige und zukünftige TechnologienDr. B. Rech • Institut für Photovoltaik, FZJP. Lechner • Angewandte Solarenergie - ASE GmbH

Hochtemperatur-Prozessierung für kristalline Silicium-DünnschichtsolarzellenDr. S. Reber, Dr. A. Eyer • Fraunhofer ISE

Kristallienes Silicium auf Glas - Herstellung und Materialeigenschaften.Dr. K. Lips, Dr. O. Nast, Dr. M. Birkholz, Prof. W. Fuhs • HMI

CdTe Dünnschichtsolarmodule auf dem Weg zur ProduktionDr. D. Bonnet • ANTEC Solar GmbH

Wissenschaftlicher und technischer Status der elektrochemischen Farbstoff-SolarzelleDr. K. Schwarzburg, Prof. F. Willig • HMI

Bionik solarer Energiesysteme als Orientierungshilfefür Forschung und Technologieentwicklung Prof. H. Tributsch • HMI

CIS-DünnschichtsolarmoduleDr. M. Powalla • ZSW, B. Dimmler, K.-H. Groß • Würth Solar GmbH & Co. KG

Potenziale der CuInS2-SolarzelleProf. M. Ch. Lux-Steiner, Dr. N. Meyer, K. Siemer • HMI

Entwicklung und Fertigung von CIS-Solarmodulen Dr. F. H. Karg • Siemens Solar

Standorte der Mitgliedsinstitute

Anschriften der Mitgliedsinstitute

Bildnachweise

Impressum

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Strategien zur Kostensenkung von Solarzellen

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Abbildung 1Struktur des globalenSzenarios ”SolareEnergiewirtschaft” fürdas Jahr 2050 nachLändergruppen (links)und Primärenergien(rechts) im Vergleichzu 1997; (Zahlenwer-te in den Kästchenstellen die jahres-durchschnittlche Pro-Kopf-Leistung inkW in der jeweiligenLändergruppe dar).

kerem Ausmaß die ökologische Stabilität derErde gefährden und kann mittelfristig – imZuge der Verknappung und Verteuerung vonRessourcen – auch die ökonomische und politi-sche Stabilität in Frage stellen. Hinzu tritt dasnach wie vor extreme Wohlstandsgefälle zwi-schen Industrie- und Entwicklungsländern, dasseine Ursache auch in dem unausgewogenenZugang zu erschwinglicher und ausreichendverfügbarer Energie hat und das wiederumselbst Auslöser für viele Krisen und Konflikte, so-wie für umweltschädigende Entwicklungen ist.

Regenerative Energien (REG) können Wesent-liches dazu beitragen, diese Probleme zu lösen.Sie können ein Vielfaches des zukünftigenWeltenergiebedarfs auf ökologisch nachhaltigeWeise decken und damit zahlreiche Ursachender oben benannten Gefahren und Risikenbeseitigen oder zumindest mildern. Von derinzwischen weitgehend erfolgten Anerkennungder beträchtlichen technischen Potenziale derREG bis zu etablierten, energiewirtschaftlichrelevanten Märkten mit ausgereiften, wettbe-werbsfähigen Technologien sind allerdingsnoch zahlreiche Hürden zu überwinden. Dabeimüssen die sich abzeichneten Rahmenbeding-ungen liberalisierter und globalisierter Energie-märkte konstruktiv aufgegriffen werden, damitder angestrebte Wandel ökologisch wirksamist, einem möglichst hohen volkswirtschaftli-chen Nutzen mit sich bringt und gesellschaft-lich akzeptiert wird.

Eine Analyse aktueller globaler Energieszena-rien zeigt, dass alle Untersuchungen von be-trächtlichen Beiträgen der REG zur Mitte desnächsten Jahrhunderts ausgehen. Die Anteileliegen zwischen 25 und 75% am jeweiligenEnergieverbrauch. Aber lediglich Konzepte, diegleichzeitig von einer deutlich effizienterenEnergiewandlung und -nutzung ausgehen sindin der Lage, die längerfristigen Klimaschutz-ziele zu erreichen und die fossilen Ressourcen

1. Regenerative Energien imRahmen einer nachhaltigenglobalen Energiewirtschaft

Die Menschheit muss im 21. Jahrhundert eineglobal nachhaltige Entwicklung einleiten, wennihre Lebensgrundlagen nicht ernsthaft gefähr-det werden sollen. Aus ökologischer Sicht be-deutet dies, die Endlichkeit nicht regenerierba-rer Ressourcen und die begrenzte Aufnahme-fähigkeit von Ökosystemen für Abfälle und

Emissionen in allen Entwicklungsbereichen zubeachten und alle Lösungsansätze daran aus-zurichten. Nachhaltigkeit umfasst aber mehrals nur den Schutz natürlicher Lebensgrund-lagen. Gerechtigkeit, soziale Stabilität und aus-reichende Bildungs- und Arbeitschancen sindvon ebenso großer Bedeutung, wenn derMenschheit der Weg in eine zukunftsfähigeGemeinschaft gelingen soll.

Beide Aspekte der Nachhaltigkeit treten bei derEnergieversorgung in besonderem Ausmaß inErscheinung. Ein weiterhin starkes Wachstumdes globalen Energieverbrauchs und die darausresultierenden Emissionen wird in immer stär-

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Regenerative Energien im 21. Jahr-hundert – additiv oder alternativ ?

Dr. Joachim Nitsch • Regenerative Energien im 21. JahrhundertFVS • DGS Themen 2000

Dr. Joachim Nitsch1

DLR Stuttgart

[email protected]

Ländergruppen

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*) Pro-Kopf-Verbrauchin kW/Kopf

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[EJ/

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EnergiequellenKernenergie

ErneuerbareEnergien

Fossile Energien

Entwicklungs-länder

Ehem. UdSSR,Osteuropa

Westliche Ind.länder (OECD)

2,2*)

2,2*)

2,0

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5,6

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1 Wesentliche Beiträge zu diesem Manuskript haben geleistet: Ole Langniß, Michael Nast und Franz Trieb, DLR Stuttgart

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Abbildung 2Wachstum desBeitrags regenerativerEnergien an der globalen Stromversor-gung im Szenario”Solare Energiewirt-schaft” bis zum Jahr2050

zu schonen. Eine derartige Zielsetzung ver-langt insbesondere von den Industrieländerneine drastische Erhöhung der Energieproduk-tivität und damit einhergehend, eine deutlicheVerringerung ihrer absoluten Energieverbräu-che. Abb. 1 zeigt am Beispiel des Primärener-gieverbrauchs des Szenarios “Solare Energie-wirtschaft (SEE)” die prinzipielle Struktur derfür das Jahr 2050 anzustrebenden globalenEnergieversorgung. Mit halbiertem fossilenEnergieeinsatz, einem 75%-igen REG-Anteil,“nur“ noch 11 Mrd. t CO2/a Treibhausgasenund einer Angleichung der spezifischen Pro-Kopf-Verbräuche von ”Nord” und ”Süd” bis auf den Faktor 1,5 ist man den eingangs ge-nannten Nachhaltigkeitszielen ein bedeuten-des Stück näher gekommen.

2. Beispiel: Globale Stromver-sorgung – was können rege-nerative Energien leisten ?

Die zukünftige Rolle der REG im globalen Ener-giesystem kann besonders gut am Beispiel derDeckung des Stromverbrauchs gezeigt werden.Strom ist ein stark nachgefragter Energieträ-ger, weil er in vielen Anwendungsbereichen un-verzichtbar ist und universell genutzt werdenkann. Entsprechend hoch ist der Verbrauch inden Industrieländern. Sie verbrauchen 75%des weltweiten Stroms - die USA allein 26%,die EU 17%, die übrigen westlichen Industrie-länder (OECD) 19% und die östlichen Indust-rieländer 12%. Wegen des großen Nachhol-bedarfs der Entwicklungsländer muss deshalbgerade hier mit einem besonders starkenWachstum gerechnet werden.

Aus den Zielvorgaben des Szenarios ergebensich die Anforderungen für den notwendigenBeitrag der REG an der zukünftigen globalenStromversorgung. Die resultierenden Wachs-tumsraten sind sehr anspruchsvoll. Für einerechtzeitige und angemessene Mobilisierungmüssen sie bis zum Jahr 2020, also 20 Jahrelang, mit jährlichen Wachstumsraten von durch-schnittlich 16 bis 17%/a wachsen. Sie deckendann ein Drittel des Strombedarfs. Danach genügen Wachstumsraten unter 10%/a damitmit rund 70% Anteil im Jahr 2050 regenerative

Energien zur dominierenden Energiequelle desnächsten Jahrhunderts werden. Solche Wachs-tumsraten sind bei günstigen Rahmenbedin-gungen durchaus möglich. So ist der Weltmarktfür Windkraftanlagen in den letzten 10 Jahrendurchschnittlich um über 30%/a gewachsen.

Der Ausbau von REG im Szenario ”SEE” kann diein Abb. 2 dargestellte Struktur annehmen [1]. Der Ausbau der Wasserkraft orientiert sich bis2020 an den Vorstellungen der InternationalenEnergieagentur. Bis 2050 kann sich ihr Beitraggegenüber dem derzeitigen Beitrag von 2635TWh/a verdoppeln. Die Wasserkraft bleibtdamit die nächsten 40 Jahre die bedeutendsteregenerative Quelle für die Stromerzeugung.Eine sich äußerst dynamisch entwickelnde En-ergietechnologie ist die Windenergie mit jährli-chen weltweiten Zuwachsraten von rund 3700MW/a (1999). Im Szenario orientiert sich ihrZuwachs am Ziel eines 10% igen Anteils ander globalen Stromversorgung des Jahres 2020,wie es die Europäische Windenergie Vereini-gung (EWEA) vorrechnet . Einschließlich Off-shore-Anlagen entspricht dies dann einer instal-lierten Leistung von 900 GW.

In Weiterführung dieser Wachstumsdynamikschließt die Windenergie mit abklingendenZuwachsraten bis zum Jahr 2040 zur Wasser-kraft auf und übertrifft sie im Jahr 2050 miteinem Beitrag von 5800 TWh/a bzw. 2200 GW.Die weitere und verstärkte Etablierung vonBiomasse und Erdwärme verlangt bis 2010

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Solarthermie

Geothermie

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Kernenergie

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ven Erschließung der Potenziale der solarenStrahlungsenergie speziell in den vielfach ein-strahlungsreichen Entwicklungsländern. Siewachsen daher im Szenario SEE mit vergleich-baren Wachstumsraten. Für solarthermischeKraftwerke werden konkrete Zubaukonzeptebis zum Jahr 2010 als Grundlage benutzt.Demnach wird bei durchschnittlichen Markt-wachstumsraten um 25%/a mit 250 TWh/a(bzw. 70 GW) die 1%-Marke im Jahr 2020überschritten. Ein weiteres kontinuierlichesWachstum von ca. 10%/a führt zu einem Bei-trag dieser Technologie von 3100 TWh/a bzw.600 GW im Jahr 2050. Solarthermische Kraft-werke tragen dann mit 10% zur globalenStromversorgung bei. Vergleichbare Ziele –also Überschreiten der 1%-Marke im Jahr 2020und der 10%-Marke im Jahr 2050 – können imRahmen dieses Szenarios für die Marktentwick-lung der Photovoltaik gesetzt werden. Dieserfordert ein mittleres globales Marktwachstumbis 2010 von 30%/a, von 15%/a zwischen2010 und 2020 und von weiteren 4%/a auf ho-hem Niveau in den darauffolgenden 30 Jahren.Der Beitrag der Photovoltaik an der globalenStromversorgung erreicht auf diese Weise bis2010 eine Leistung von 26 GW (1999 warenes etwas mehr als 1 GW), im Jahr 2020 bereitsvon 240 GW und im Jahr 2050 von 2400 GWund deckt dann ebenfalls 10% des globalenStrombedarfs. Die in jüngster Zeit aufgetrete-nen Wachstumsraten des globalen Photovoltaik-marktes von rund 30%/a unterstützen dieseWachstumsvorstellungen und zeigen, dass sieaus technologischer und logistischer Sichtmöglich sind, wenn entsprechende günstigeenergiepolitische Rahmenbedingungengeschaffen werden.

3. Verdopplung regenerativerEnergien in Deutschland bis2010 – die ”Eintrittskarte” füreine breite Nutzung.2

Das Ziel einer Verdopplung des Beitrags vonREG bis 2010 ist nur ein Teilziel einer umfas-senderen energiepolitischen Strategie, die über

Wachstumsraten um 10%/a, was sich ange-sichts ihrer günstigen ökonomischen Datenund ihrer technologischen Reife relativ leichtbewerkstelligen lässt, wenn entsprechendeenergiepolitische Prioritäten gesetzt werden.Der Ausbau der Erdwärme erfordert neben derweiteren Erschließung günstiger geologischerVorkommen, wie z.B. in Island, Italien und denUSA, den zügigen Einstieg in die Stromerzeu-gung auf der Basis der ”Hot-Dry-Rock”-Tech-nik. Die Stromerzeugung aus Biomasse undErdwärme ist wegen ihrer gesicherten Verfüg-barkeit, ihrer hohen jährlichen Ausnutzungs-dauern und ihrer relativ geringen Kosten vongroßer Bedeutung für eine wirksame Erschlie-ßung des Strommarktes durch REG.

Der Beitrag der solaren Strahlungsenergie ist mitderzeit 2 TWh/a noch nahezu vernachlässigbar.Langfristig muss sie jedoch aufgrund der prak-tisch ”unbegrenzten” Potenziale die Hauptlasteiner globalen Energieversorgung tragen. DieTechnologien zu ihrer Nutzung müssen dahermit sehr großer Intensität erschlossen werden,um innerhalb der nächsten Jahrzehnte einenangemessene Rolle im ”Konzert” der REG ein-nehmen zu können. Dabei werden beide Tech-nologien – die solarthermische und die photo-voltaische Stromerzeugung – benötigt. Für die solarthermische Stromerzeugung spre-chen die bereits heute sehr günstigen Stromge-stehungskosten im rein solaren Betrieb vonunter 20 Pf/kWh und die Möglichkeit der gün-stigen Einpassung in bestehende Kraftwerks-und Verbundnetzstrukturen, da sie auch mitfossiler Zufeuerung betrieben werden können.Längerfristig ist die gesicherte Verfügbarkeitdes (thermisch gespeicherten) Stroms vongroßer Bedeutung. Die Photovoltaik profitiertvon ihrer enormen Flexibilität hinsichtlich Leis-tungsgröße sowie von ihrer Robustheit, ihrerlangen Lebensdauer und Wartungsarmut. In Teilmärkten wie der netzfernen Stromversor-gung ist sie schon heute wettbewerbsfähig.Längerfristig treten die beachtlichen Kosten-senkungspotenziale aufgrund wachsenderMärkte und technologischer Fortschritte hinzu.Beide Technologien ergänzen sich daher in sehrgünstiger Weise bei der notwendigen intensi-

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Dr. Joachim Nitsch • Regenerative Energien im 21. JahrhundertFVS • DGS Themen 2000

2 In diesem Abschnitt wird ein Teil der Ergebnisse der Untersuchung: “Klimaschutz durch Nutzung erneuerbarer Energien”, DLR/WI/ZSW/IWR/Forum im Auftrag des BMU und des UBA, Stuttgart, Wuppertal, Berlin, Oktober 1999 wiedergegeben.

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Jahrzehnte durchgehalten werden muss unddie im Erfolgsfall zu einem sehr weitgehendenUmbau der bestehenden Energieversorgungs-strukturen führen wird. Das Verdopplungszielist die “Eintrittskarte” für eine relevante undrechtzeitige Teilnahme aller REG-Technologienan der zukünftigen Energieversorgung.

Was für die Windenergie bereits heute gilt, näm-lich eine attraktive Wachstumsbranche zu sein,die man sich aus unserer Energie- und Indus-trielandschaft nicht mehr wegdenken kann,soll dann für alle Technologien bzw. Energie-arten zutreffen. Das Verdopplungsziel mussdaher so strukturiert sein, dass eine Abwägungzwischen einer möglichst kräftigen Erschlie-ßung kostengünstiger Technologien, wie derBiomasse und der Windenergie, und einer aus-reichenden Mobilisierung der Technologienmit noch kleinen Marktvolumina, wie Solarkol-lektoren, Photovoltaik und Erdwärme stattfin-det. Außerdem soll erreicht werden, dass dernoch geringe Beitrag zur Wärmeversorgungdeutlicher wächst als der Beitrag zur Stromver-sorgung mit ihrem hohen Sockel an Wasser-kraft. Potenzialgrenzen sind bis zu diesem Zeit-punkt nur für die Wasserkraftnutzung von Be-deutung. Berücksichtigt man diese Kriterien, so entsteht die in Abb. 3 dargestellte Strukturder REG im Jahr 2010 [2], [3].

Die Stromerzeugung aus REG steigt mit52TWh/a auf einen Anteil von 10,2 %. Dergrößte Anteil am Zuwachs kommt mit 70%von der Windenergie. Sie übertrifft 2010 mit

25 TWh/a bereits die Wasserkraft. Die größtenSteigerungsraten entfallen jedoch auf die Pho-tovoltaik, die ihren Beitrag verzwölffacht unddann 700 MW Leistung besitzt und auf Stromaus Biomasse und Biogas, die ihren Beitragmehr als verdreifachen. Die Wärmeerzeugungaus REG ist mit 34 TWh/a zu 2,3% an der

Deckung des entsprechenden Bedarfs beteiligt.Sie stützt sich stark auf die Biomasse einschließ-lich Biogas, die 60% des gesamten Zuwachsesdekken. Auch hier haben aber die Technologienmit noch ”kleinen” Märkten, nämlich solarther-mische Kollektoren mit 19 Mio. m2 Kollektor-fläche und die Erdwärme mit 1,3 TWh/a diegrößten Steigerungsraten. Der Beitrag der Kol-lektoren steigt um das Siebenfache, derjenigeder Erdwärme um das Zwölffache. Die ange-strebte Ausweitung der Wärmeversorgung ver-langt einen deutlichen Einstieg in Nahwärme-versorgungen, die heute erst sehr geringe An-teile haben. Sie stellen im Jahr 2010 rund 30%der gesamten Wärme (10 TWh/a) und damitetwa fünfzehnmal mehr heute. Insbesondere istes erforderlich, solare Wärme in wachsendemUmfang über Nahwärmeversorgungen bereit-zustellen, weil sich nur so ihr Beitrag zur Dek-kung der Raumwärme deutlich steigern lässt.

Der Gesamtbeitrag der REG mit 4,4% am Pri-märenergieverbrauch im Jahr 2010 und ent-sprechend an der Reduzierung der CO2 -Emis-sionen mag manchem als relativ gering erschei-nen. Trotzdem erfordert es noch außerordentli-che Anstrengungen, dieses Ziel für alle Techno-

Abbildung 3Struktur des Beitragsregenerativer Energienim Jahr 2010 beieiner ungefähren Verdopplung ihresAnteils an derEnergieversorgung

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Stro

m,

[ TW

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TWh/

a ]

Ziel 2010:52 TWh/a

Wasser

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0,1 0,6 0,9

6,7

13,4

24,1

1,70,1

1,30,6

-Wärmeerzeugung--Stromerzeugung-

Wind Biomasse Photovoltaik Kollektoren Biomasse Biogas Erdwärme

Ziel 2010:34 TWh/a

1999:28 TWh/a

1999:15 TWh/a

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giebereitstellung so erhält man Hinweise da-rauf, wie die Differenzkosten sich bis zum Jahr2010 entwickeln. Derzeit betragen diese Diffe-renzkosten rund 1,5 Mrd. DM/a (Abb. 4; linkerBalken). Etwa 1,1 Mrd. DM wurden 1999 überöffentliche Mittel und das StrEG aufgebracht,der Rest sind Eigenleistungen der Investoren.Die zukünftige Entwicklung dieser Differenz-kosten ist stark vom Verlauf der Energiepreiseabhängig. Setzt man eher vorsichtig einenmittleren realen Preisanstieg von 2%/a für dienächsten 10 Jahre voraus [4], so erhöhen sichdie Differenzkosten infolge der zusätzlichenInvestitionen bis 2010 auf etwa 4 Mrd. DM/a(vgl. Abb. 4; dritter Balken). Dabei ist schonberücksichtigt, dass sich viele Anlagen mit stei-genden Stückzahlen verbilligen. Steigen dieanlegbaren Preise stärker, verringern sich dieermittelten Differenzkosten entsprechend. Beieinem durchschnittlichen jährlichen Preisan-stieg von 4%/a, der im Jahr 2010 zu mittlerenStromkosten von 15 Pf/kWh und zu mittlerenWärmekosten von 12,7 Pf/kWh führen würde,verursachen die kostengünstigen Technologiender Windenergie- und Biomassenutzung so gutwie keine Differenzkosten mehr. Das Förderzielder Konkurrenzfähigkeit im Energiemarkt wäredann also für diese Technologien erreicht. Beinoch stärkeren Preisanstiegen sind sie sogarkostengünstiger als die herkömmliche Energie-versorgung. Teurere Technologien, wie Photo-voltaik und Kollektoren benötigen aber auchdann noch eine zusätzliche Unterstützung.Verharren dagegen die Energiepreise auf demniedrigen Niveau des Jahres 1999, so erhöhensich die Differenzkosten des Verdopplungszielsim Jahr 2010 auf über 5 Mrd. DM/a und wür-den bei jedem weiteren Zubau nach 2010ständig weiter steigen. Ein kräftiger Ausbau derREG wäre also in diesem Fall nicht möglich.

Die Modellrechnungen auf der Basis desVerdopplungsziels machen deutlich, dass derAusbau von REG die Kombination von zweienergiepolitischen Maßnahmenpaketen ver-langt:

• Zum einen erfordert der weitere Ausbau den Einsatz effektiver Instrumente, die ge-eignet sind, für eine begrenzte Zeit die noch steigenden Differenzkosten zu mobili-sieren. Ausgehend vom derzeit niedrigen

logien zeitgerecht umzusetzen. Die Windener-gie dürfte zwar ihren Beitrag ohne Schwierig-keiten erreichen und aus heutiger Sicht sogarüberschreiten. Auch die Photovoltaik hat dankder beträchtlichen Unterstützung durch das100 000-Dächer-Programm und die 99 Pf/kWh-Regelung des neuen Erneuerbare Energie Gesetz(EEG) sehr günstige Ausgangsbedingungen dasZiel von 700 MW Leistung im Jahr 2010 zu er-reichen (Ende 1999: 65 MW). Ebenfalls ist Be-wegung in den Bau von Biogasanlagen gekom-men. Die erforderlichen starken Marktzuwäch-se bei den Kollektoren, bei der Erdwärme undauch bei der Biomasse, dort speziell im Bereichder Kraft-Wärme-Kopplung, sind dagegen nochkeinesfalls gesichert. Auch die Steigerung derWasserkraftleistung bis 2010 um 900 MW istkeine einfache Aufgabe.

Die Verwirklichung des Verdopplungsziels führtzu deutlich wachsenden Investitionen in REG.Die kumulierte Investitionssumme zwischen2000 und 2010 beläuft sich auf rund 60 Mrd. DM.Dabei erhält der Wärmemarkt ein annäherndgleiches Gewicht wie der Strommarkt.

Je rund 20 Mrd. DM werden in die Windener-gie und in Kollektoranlagen investiert, etwa 10 Mrd. DM in Biomasseanlagen. Vergleichtman die aus diesen Investitionen resultierendenEnergiekosten der REG im zeitlichen Ablauf mit”anlegbaren” Preisen der konventionellen Ener-8

Abbildung 4Differenzkosten desAusbaus regenerativerEnergien im Jahr2010 in Abhängigkeitdes Anstiegs der anlegbaren Preise derherkömmlichen Energieversorgung;Vergleich mit Status1999.

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Mittlerer Energiepreisanstieg

Erdwärme

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Kollektoren

Photovoltaik

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Energiekostenniveau konventioneller Ener-gien erfordert die angestrebte Verdopplung deutlich steigende Anreize in Form von wei-teren Förderprogrammen des Bundes und der Länder über das bisherige Maß hinaus. Das aus dem bisherigen Stromeinspeisungs-gesetz (StrEG) hervorgegangene EEG ist hierfür ein gutes Beispiel. Es kann nicht ge-wartet werden, bis REG “von selbst” wirt-schaftlich werden; der Zeitverlust wäre zu groß und bloßes Abwarten kann dazu füh-ren, dass aussichtsreiche technologische Entwicklungen und sich gerade entwickelnde Märkte zusammenbrechen.

• Auf Dauer können jedoch diese Differenz-kosten bei real konstanten oder nur schwach steigenden Energiepreisen mittels Förder-programmen nicht aufgebracht werden. Auch ihre indirekte Mobilisierung durch die ”Umlenkung” der erforderlichen Investitio-nen mittels Vorrangregelungen, wie Einspei-segesetze oder Quoten, kann in liberalisier-ten Energiemärkten nur für einen begrenz-ten Zeitraum erfolgen. Die Differenzkosten verlieren dann den Charakter einer “An-schubfinanzierung” und rücken in die Nähe von “Dauersubventionen”. Ein anhaltender Einstieg in eine nachhaltigere Energieversor-gung mittels REG verlangt mittelfristig zwin-gend die Korrektur heutiger Energiepreise, welche die externen Kosten der herkömmli-chen Energieversorgung nicht enthalten. Es ist also wesentlich, die ökologische Steuer-reform konsequent weiterzuführen und die ”Subventionierung” der fossilen und nuklea-ren Energieversorgung in absehbarer zu beenden, damit erneuerbare Energien in liberalisierten Energiemärkten faire Wettbe-werbschancen erhalten.

Geht man in der Basisvariante von einer jährli-chen 2%igen Energiepreiserhöhung aus, alsovon Differenzkosten, die im Verlauf eines Jahr-zehnts von 1,5 auf 4 Mrd. DM/a steigen, soentspricht diese Entwicklung einem mittlerenAufschlag von 0,25 Pf/kWhel für Strom undvon 0,10 Pf/kWhth für Brennstoffe. Diese Er-höhungen sind im Vergleich zu den steuerli-

chen Belastungen dieser Energieträger und zuden üblichen Preisschwankungen sehr gering.Wesentlich ist allerdings, dass das entsprechen-de Maßnahmenbündel in der Lage ist, dieseDifferenzkosten zu mobilisieren und effizienteinzusetzen, um damit die noch fehlende Wirt-schaftlichkeit bei den meisten Technologienzur Nutzung von REG auszugleichen. Das mo-netäre Äquivalent der vorgeschlagenen Förder-instrumente steigt von 1050 Mio. DM/a imJahr 1999 auf 2600 Mio. DM/a im Jahr 2010,was als Mittelwert über das gesamte Jahrzehnteiner Verdopplung des derzeitigen Wertesgleichkommt. Wesentlich ist, dass sich die Ge-wichtung von der Dominanz budgetwirksamerMittel mit 370 Mio. DM/a noch im Jahr 1997deutlich zu den Instrumenten ”ModifiziertesStrEG” 3 und ”Quote im Wärmemarkt” verla-gert, die unmittelbar auf die Energieverbrauchereinwirken. Sie stellen im Jahr 2010 mit 1800Mio. DM/a rund 70% der Fördermittel bereitim Gegensatz zu 1997 mit lediglich 40%. Der Bedarf an budgetwirksamen Mitteln, alsovon direkten Förderprogrammen des Bundes,der Länder und der Kommunen, erhöht sichauf maximal 745 Mio. DM/a (2010) und liegtdamit im Mittel des Jahrzehnts lediglich umein Drittel über dem derzeitigen Wert von 440 Mio. DM/a. Die freiwilligen Eigenleistun-gen, die auch den geschätzten Markt für Grü-nen Strom und die Eigenleistungen der Energie-versorger einschließen, haben mit rund 37%einen etwa gleichbleibenden, bemerkenswerthohen Anteil.

Mit dem gesamten Maßnahmenbündel werden im Zeitraum 2000 bis 2010 rund 21 Mrd. DM an Fördermitteln zum verstärktenAusbau von REG mobilisiert. Dem stehen indemselben Zeitraum etwa das Dreifache, näm-lich insgesamt 60 Mrd. DM, an getätigten In-vestitionen gegenüber. Bezogen auf die bud-getwirksam eingesetzten Mittel ist es sogar dasNeunfache. Dies ist ein günstiges Verhältnis füreine gezielte Anschubfinanzierung. In demMaße, wie über Energiepreissteigerungen oderMaßnahmen der ökologischen Steuerreformdie Differenzkosten zwischen Energiesystemenauf der Basis von REG und herkömmlichen

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3 Das seit dem 1. April 2000 geltende EEG entspricht in seinen monetären Auswirkungen weitgehend dem hier behandelten modifizierten StrEG.

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Das Szenario ”Solare Energiewirtschaft” greiftdiese Rahmenbedingungen für die deutscheEnergieversorgung auf und beschreibt den fürREG erforderlichen Wachstumspfad und die zuihrer sinnvollen Einbettung erforderlichen”Vorleistungen” im Bereich von REN und KWK.Selbst unter der Annahme einer im Vergleichzu heute zweifachen Wirtschaftsleistung imJahr 2050 kann durch konsequente Mobilisie-rung technischer Einsparpotenziale der Ver-brauch an Endenergie auf rund 60% des der-zeitigen Verbrauchs reduziert werden. Bei einermit heute vergleichbaren Qualität der Energie-bereitstellung decken zu diesem Zeitpunkt REG60% des Energiebedarfs; die gesamten CO2 -Emissionen erreichen mit 200 Mill. t/a bzw.20% des Wertes von 1995, die Zielmarke derEnquete-Kommission. Bereits im Jahr 2010wird 20% weniger Energie verbraucht, dieCO2-Emissionen liegen, trotz Halbierung desKernenergiebeitrags, mit 660 Mill. t/a bei 75%des Wertes von 1995. Im Jahr 2030 beträgtdas Energieverbrauchsniveau noch zwei Dritteldes heutigen Wertes (bei annähernd konstan-tem Stromverbrauch), die CO2-Emissionen sindauf 460 Mill. t/a gesunken [5].

Das Szenario zeigt auch, wie die Umstruktu-rierung der Stromversorgung verlaufen sollte,wenn Klimaschutz und Risikominimierungdurch Verzicht auf die Kernenergie als gleich-gewichtige Ziele angesehen werden. BeimUmbau der Stromversorgung in RichtungNachhaltigkeit können zwei Etappen unter-schieden werden. Der erste, fünfzehn- biszwanzigjährige Abschnitt ist – neben verstärk-ten Stromeinsparanstrengungen – im wesentli-chen durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gekennzeichnet, deren Bei-trag an der Brutto-Stromerzeugung von 9%auf 25 bis 30% wächst . Im Szenario werdendiese Zubauziele durch einen Rückgang der Erzeugung aus Kondensationskraftwerken um15% (Kernenergie, Braunkohle bei gleichzeiti-ger Zunahme von Erdgas) erreicht. Vom Zu-wachs bei der Kraft-Wärme-Kopplung profitiertneben Steinkohle vor allem das Erdgas, so dassder gesamte Steinkohleeinsatz zur Stromerzeu-gung konstant bleibt und derjenige des Erd-gases auf das 2,5-fache wächst. Der Braun-kohleeinsatz sinkt dagegen bis 2010 auf 75%des heutigen Wertes. Trotz Halbierung des

Energiesystemen sinken, verringern sich auchdie zu mobilisierenden Fördermittel. Treten mittelfristig ”ökologisch korrekte” Ener-giepreise an die Stelle der heutigen Preisgestal-tung an den Energiemärkten, kann auf andereUnterstützungsmaßnahmen zur Markteinfüh-rung von REG verzichtet werden. Dies ist für den Zeitraum nach 2010 bis aufwenige Ausnahmen (z. B. Photovoltaik) unbe-dingt anzustreben.

4. Perspektiven regenerativer Energien inDeutschland bis 2050

Mit dem Einsatz des genannten Maßnahmen-bündels kann eine Verdopplung des Beitragsvon REG innerhalb eines Jahrzehnts erreichtwerden; die Marktvolumina der Technologien– bis auf diejenigen der Wasserkraft und derWindenergie – vergrößern sich um das Fünf-bis Zehnfache. Dabei wird vorausgesetzt, dass indemselben Zeitraum der liberalisierte Energie-markt aus seiner derzeitigen Umbruchphaseherausgetreten, hinreichend ökologisch flan-kiert ist und ausgewogene Marktbedingungenfür die hier behandelten Technologien, aberauch für andere umweltschonende und effizi-ente Energietechnologien, herrschen. Ebenfallswird unterstellt, dass der Ausbau von REG ineine insgesamt nachhaltigere Energiepolitikeingebunden ist. Weiterhin wird davon ausge-gangen, dass die politischen Bemühungen, dieKlimaschutzziele gemäß den Kyoto - Vereinbar-ungen umzusetzen, erste Erfolge zeitigen unddie längerfristigen Zielsetzungen dann konkre-ter Bestandteil einer nachhaltigen Energiepoli-tik sind. Unter diesen Voraussetzungen kannsich die durch das Verdopplungsziel 2010 ein-geleitete Wachstumsdynamik für REG fortset-zen. Hinzu kommt, dass zu diesem Zeitpunktein ausreichend hoher Bedarf an neuen An-lagen in der Energieversorgung bestehen wird,da heutige Überkapazitäten abgebaut seinwerden. In Kombination mit einer zeitlich vor-rangigen Mobilisierung von Energieeffizienz-potentialen bei Umwandlung und Nutzungkönnen Klimaschutz und Ressourcenschonungmit Aussicht auf Erfolg erreicht werden.

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Beitrags der Kernenergie sinken die CO2 -Emissionen der Stromerzeugung von derzeit320 Mio. t/a auf 295 Mio. t/a infolge desAusbaus der Kraft-Wärme-Kopplung, desAnstiegs der REG-Stromerzeugung und derVerschiebung des Brennstoffeinsatzes zumErdgas. Diese Etappe des Umbaus der Strom-versorgung kann nur eingeleitet werden, wenn in den kommenden Jahren Kraftwerks-neubauten vorrangig auf der Basis von Kraft-Wärme-Kopplung und REG vorgenommenwerden und dadurch Kondensationsleistungzurückgedrängt wird. Dies macht deutlich,dass es unter den derzeitigen Bedingungen des liberalisierten Strommarktes auch bei der Kraft-Wärme-Kopplung nicht nur um einen Be-standsschutz gehen kann, sondern wirksameMaßnahmen ergriffen werden müssen, welcheeine nennenswerte Ausweitung ihres Anteilsinnerhalb eines Jahrzehnts erlauben (z. B. mit-tels der derzeit diskutierten Quotenregelung).Auch die inzwischen für die Kernenergie ver-einbarten Restlaufzeiten und der entsprechen-de Rückbau der Kraftwerke sind eine wesentli-che Erleichterung für den relevanten Ausbauvon KWK und REG in der Stromerzeugung.

Die zweite Etappe des Umbaus der Stromver-sorgung in Richtung Nachhaltigkeit ist durcheinen deutlichen Zuwachs von REG-Anlagengekennzeichnet, der nach 2010 mit sich be-schleunigender Marktdynamik bei allen Tech-nologien einsetzt. Der Gesamtbeitrag fossil gefeuerter Kraftwerke wird in diesem Zeitab-schnitt stark durch sehr effiziente erdgasgefeu-erte Kraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungs-anlagen geprägt, darunter auch Brennstoffzel-len. Erstere übernehmen in zunehmendemMaße auch den Ausgleich zwischen dem fluk-tuierendem Stromangebot aus Wind undSonnen und der Stromnachfrage. Hinzu tritt ab 2015 importierter Strom aussolarthermischen Kraftwerken, Wasser- undErdwärmekraftwerken. Im Jahr 2030 deckt dieWindenergie einschließlich Offshore-Anlagenbereits 70 TWh/a, Biomassekraftwerke 30 TWh/a (Abb. 5). Auch die Photovoltaik leistet mit 12 TWh/a bereits einen beachtlich-en Anteil. Etwa 40 TWh/a REG-Strom wirdimportiert. REG haben die 30%-Marke bei der Stromerzeugung überschritten.

Nach 2030 werden REG zur Hauptquelle derStromerzeugung; im Jahr 2050 decken sie 60%der Stromnachfrage. Es dominiert die Wind-energie mit 105 TWh/a (42 GW Leistung ein-schließlich Offshore-Anlagen), gefolgt von derPhotovoltaik mit 40 TWh/a (45 GW Leistung),der Biomasse und der Erdwärme mit je 35 TWh/a und der Wasserkraft mit 25 TWh/a. Der Importanteil an der Bruttostromerzeugungbeträgt 21 %, die Nutzung von REG ist inner-halb eines europäischen Stromverbundnetzesoptimiert.

Weitere 25 % des Stroms kommen aus mit Erdgas, Biomasse und Kohle betriebenenAnlagen der Kraft-Wärme-Kopplung. Der restliche Beitrag fossiler Energien bei Kon-densationskraftwerken stützt sich weitgehendauf gasgefeuerte Gas-Dampf- und Gasturbi-nenanlagen. Die CO2 -Emissionen der Strom-erzeugung, welche bereits im Jahr 2030 auf230 Mio. t/a gesunken waren, betragen im Jahr 2050 nur noch 90 Mio. t/a. Die Nutzungder Kernenergie ist gegen 2020 eingestellt worden; die Braunkohle wird spätestens im Jahr 2040 nicht mehr benötigt.

Damit ist das Potenzial der REG bei weitemnoch nicht ausgeschöpft. Wasserkraft- und Bio-masse stoßen zwar zwischen 2020 und 2030an ihre Nutzungsgrenzen, die anderen inländi-schen Potenziale sind aber erst zu 30 – 35%erschlossen. Importpotenziale stehen noch ingroßem Ausmaß zur Verfügung. Auch nach2050 sind daher beträchtliche Spielräume für

Abbildung 5Struktur der Strom-erzeugung aus rege-nerativen Quellen in Deutschland imSzenario "SolareEnergiewirtschaft" bis 2050.

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2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050

32 4053

74

104

141

185

224

269

316

365

Import, Wasser,Erdwärme

ImportSolar-KW

Photovoltaik

Wind, einschl.Offshore

Erdwärme

Biomasse

Wasserkraft

400

350

300

250

200

150

100

50

0

Rege

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6. Schlußfolgerungen

Als Fazit der Betrachtungen im Rahmen desSzenarios “Solare Energiewirtschaft“ kann fest-gehalten werden, dass ein konsequenter Aus-bau einer Stromversorgung auf der Basis vonREG bis in hohe Anteile über 50% nicht aufeine festgefügte Struktur konventioneller Kraft-werke trifft. Die Ausgestaltung einer derartigenStromversorgung wird nicht durch die heutigeKraftwerksstruktur und deren Erfordernisse ein-geengt. Im Zuge von Ersatz- und Neuinvesti-tionen wandelt sich auch der konventionelleKraftwerkspark und kann in einem weiten Be-reich so gestaltet werden, dass zusammen mitden solaren Anlagen eine jederzeit sichere, effi-ziente und auch ökonomisch günstige System-lösung entstehen kann. Kurzfristig ist wesent-lich, dass anstehende Neuinvestitionen inausreichendem Maße bei gasgefeuerten Anla-gen vorgenommen werden. Dies wird aber imliberalisierten Energiemarkt zur Zeit sowiesoverfolgt. Weniger gesichert ist dagegen dieebenfalls erforderliche Ausweitung von Anlagenzur Kraft-Wärme-Kopplung. Langfristig wirdder Bedarf an reinen Grundlastkraftwerken imZuge des Ausbaus von REG stark zurückgehenund es werden flexible Anlagen mit geringenFixkosten und kleineren Leistungen favorisiert.Diese aus der Sicht einer verstärkten Nutzungvon REG wünschenswerten Strukturänderungensind auch weitgehend mit den durch den libe-ralisierten Strommarkt gesetzten Rahmenbe-dingungen kompatibel.

Mit einer zeitlichen Verzögerung zum Strom-bereich wird auch der Wärmemarkt von denUmstrukturierungen ergriffen. Hier liegt derSchwerpunkt zunächst eindeutig bei der Mobili-sierung der großen Einsparpotenziale im Alt-baubestand. Das Verdopplungsziel für REGschafft jedoch auch hier die Voraussetzungenfür einen Übergang zu einer Wärmeversorgungauf REG-Basis. Im Szenario hat daher der Aufbau von Nahwärmeversorgungen, die ausBiomasse-Heizzentralen und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen sowie aus Solar- und Erd-wärmeanlagen versorgt werden, einen hohenStellenwert. Auch in diesem Bereich zeigt sich,dass Effizienzsteigerungen in bestehenden Ein-richtungen und Anlagen und der Umbau desEnergiesystems Hand in Hand gehen müssen,

eine weitgehende Deckung des Strombedarfsdurch REG vorhanden, wenn eine Strategie der ausgewogenen Erschließung aller REG-Quellen innerhalb eines europäischen Strom-verbundes verfolgt wird. Im Szenario ”SEE” lie-gen die Anteile einzelner Energiearten im Jahr2050 zwischen 5 und 15% bzw. erreichen beimassiver Erschließung maximal 20% (BeispielWind) und ergänzen sich daher in ihren Erzeu-gungscharakteristiken. Der Anteil deutlich fluk-tuierender REG, wie Wind und Photovoltaikwird einen Wert von 30% nicht wesentlichüberschreiten, was bei entsprechenderAnpassung der übrigen (fossilen) Kraftwerkebeherrschbar ist. Importstrom ist wegen derSpeichermöglichkeiten in solarthermischenKraftwerken keinen kurzzeitigen Fluktuationenunterworfen; Wasserkraft hat lediglich saisona-le Schwankungen, Geothermie ist einer fossi-len Grundlastversorgung gleichwertig.

Das angestrebte REG-Wachstum ist auch mitder Alterstruktur der bestehenden Kraftwerkeund den daraus resultierenden Bedarf an Ersatzinvestitionen kompatibel. Bei Annahmeeiner einheitliche Nutzungsdauer aller Kraft-werke von 35 Jahren sind im Jahr 2010 noch65% der bestehenden Kraftwerke in Betrieb,im Jahr 2020 sind es nur noch 25%. Ab 2002entsteht eine Deckungslücke, die durch Strom-import, Verlängerung der Nutzungsdauer be-stehender Kraftwerke oder durch Neubau ge-deckt werden kann. Diese ”Deckungslücke”entspricht bereits im Jahr 2010 einer Kraft-werksleistung von 20–25 GW. Infolge des zu-nächst nur langsam wachsenden REG-Beitragsbesteht also ab diesem Zeitpunkt ausreichen-der Spielraum, bei anstehenden Neuinvestitio-nen auch die Erfordernisse einer wachsendenEinspeisung von Strom aus diesen Energien zu berücksichtigen. Auch für den angestreb-ten verstärkten Ausbau der Kraft-Wärme-Kop-plung besteht genügend Spielraum. Die für eine Stromversorgung mit hohem REG-Anteil wenig geeignete Grundlastkapazitätkann bis 2030 abgebaut werden, wenn Neu-investitionen in derartige Kraftwerke, also inKernkraftwerke, Braunkohle- und große Stein-kohlekraftwerke unterbleiben.

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um langfristig tragfähige Versorgungsstruktu-ren zu schaffen.

Die hier am Beispiel des Szenarios ”SolareEnergiewirtschaft” skizzierten Wechselwirkun-gen bei der erforderlichen Umstrukturierungder Energieversorgung machen deutlich, dassein substantieller Ausbau der Nutzung von REGinnerhalb des nächsten Jahrzehnts eine unver-zichtbare Voraussetzung darstellt, wenn dielängerfristigen Ziele einer deutlichen Reduktionvon CO2-Emissionen fristgerecht erreicht wer-den sollen Dabei ist sowohl das Zeitfenster alsauch die Höhe der mobilisierbaren Beiträgevon Bedeutung. Die ersten ”Etappenziele” beimKlimaschutz könnten zwar auch ohne den Aus-bau von REG erreicht werden. Nach einer weit-gehenden Ausschöpfung dieser kostengünsti-gen CO2-Reduktionspotentiale in den Berei-chen ”Energieeinsparung und Kraft-Wärme-Kopplung” würde der weitere Reduktionspro-zess jedoch ins Stocken geraten.

Für zwei weitere Handlungsfelder in der Energiepolitik ist die substantielle Nutzung von REG ebenfalls unerlässlich und muss in abseh-barer Zeit mit sichtbaren Erfolgen vorangebrachtwerden. Der eine Bereich stellt die Reduktionbzw. der gewünschte Verzicht auf die Nutzungder Kernenergie mit der Zielsetzung der Risiko-minimierung dar, der auch äquivalenten Ein-satz von REG verlangt, wenn das Klimaschutz-ziel nicht verletzt werden soll. Das zweite Handlungsfeld betrifft die Befriedi-gung der rasch wachsenden Energienachfragein den weniger entwickelten Ländern. Die globalen Ziele des Klimaschutzes und derRessourcenschonung können nur erreicht wer-den, wenn diesen Ländern rechtzeitig und inausreichendem Maße ausgereifte und kosten-günstige, dezentrale und zentrale REG-Techno-logien angeboten werden können. Der selbst-verständliche kommerzielle Einsatz dieser Tech-nologien in den Industrieländern innerhalb desnächsten Jahrzehnts ist dafür eine entscheiden-de Voraussetzung. Zeitgleich müssen aber dieschwierigen Probleme der Finanzierung undder Integration dieser Technologien in eineteilweise noch wenig entwickelte Infrastrukturder Entwicklungsländer gelöst werden.

Literatur

[1] J. Nitsch: ”Entwicklungsperspektiven erneuerbarer Energien und ihre Bedeu-tung für die Energieversorgung vonEntwicklungsländern.” In Tagungsband: ”Märkte der Zukunft – Erneuerbare Energien für Entwicklungsländer.” Tagung des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg, Friedrichshafen, 17.11.1999

[2] G. Altner; H.-P. Dürr, G. Michelsen, J. Nitsch: Zukünftige Energiepolitik – Vorrang für rationelle Energienutzung und regenerative Quellen, Bonn 1995.

[3] J. Nitsch, M. Fischedick, N. Allnoch, F. Staiß u.a.: Klimaschutz durch Nutzung erneuerbarer Energien. Studie im Auftrag des BM für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und des Umweltbun-desamtes, Stuttgart, Berlin, Nov. 1999.

[4] Prognos AG (Hrsg): Energiereport III – Die längerfristige Entwicklung der Energiemärkte im Zeichen von Wett-bewerb und Umwelt. Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart, 2000

[5] J. Nitsch, F. Trieb: Potenziale und Perspektiven regenerativer Energieträger. Gutachten im Auftrag des Büros für Technikenfolgen-Abschätzung am Dt. Bundestag Stuttgart, März 2000.

weiterführende Literatur:

Dt. Bundestag (Hrsg.): Mehr Zukunft für die Erde. Schlußbericht der Enquete-Kommission ”Schutz der Erdatmosphäre”. Economica Verlag, Bonn 1995

J. Nitsch, J. Luther u.a.: ”Strategien für eine nachhaltige Energieversorgung –ein solares Langfristszenario für Deutschland.” In: Strategien für eine nachhaltige Energieversorgung. Workshop des Forschungsverbunds Sonnenenergie. Hrsg: H. Hertlein, Köln 1998

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Abbildung 1TheoretischerWirkungsgrad [1]und im Laboratoriumerzielte Wirkungs-grade von c-Si, GaAs,CuInSe2

und CdTe [2].

wie die Dünnschichthalbleiter CuInSe2 (CIS)und CdTe. Die Höhe der Balken kennzeichnetdas beste bislang im Laboratorium mit Zellenkleiner Fläche realisierte Ergebnis: Si 24,6%,GaAs 25,1%, CuInSe2 18,8% und CdTe 15,6%.Im Labor haben sich diese Technologien alsoschon nahe an die theoretischen Grenzen her-angearbeitet. Diese wissenschaftlichen undtechnologischen Erfolge können aber in einerProduktion bei der es auf kostengünstige Pro-zesse und hohe Ausbeute ankommt, nicht um-gesetzt werden. So haben derzeit PV-Moduleaus einkristallinem oder multikristallinemSilicium Wirkungsgrade von 12 – 15%.

Der modulare Aufbau sowohl der PV-Moduleals auch der Systeme ermöglicht der Photo-voltaik eine breite Palette von Einsatzmöglich-keiten, die von den verschiedensten Konsum-erapplikationen im Bereich niedriger Leistungüber die Anlagen im kW-Bereich für Wohn-häuser bis hin zu großen PV-Anlagen mit Leist-ungen bis in den MW Bereich reichen. Wir ha-ben uns längst im täglichen Leben an solche Anlagen gewöhnt. Die Abb. 2 zeigt als Beispieldie von Siemens Solar auf dem Münchner Mes-segelände erstellte Anlage mit einer Leistungvon 1 MWP, eine Anlage gleicher Größe wurdein Herne errichtet. Die Ergebnisse zeigen, dassman mit solchen Anlagen auch in unseren Brei-ten sinnvoll elektrische Energie erzeugen kann.Im Mittel kann man mit einer installierten Lei-stung von 1 kWP in Deutschland pro Jahr elek-

1. Einleitung

Die Geschichte der Photovoltaik beginnt mitden Untersuchungen von A.C. Becquerel, der1839 fand, dass an Kontakten verschiedenerStoffe bei Belichtung Photospannungen auftre-ten können. Es hat etwa hundert Jahre gedau-ert, bis man diese Effekte verstanden hat. Dazubedurfte es der Entwicklung der Quantenme-chanik und der Halbleiterphysik. In die Anfangs-zeit der Halbleiterphysik fiel bereits 1954 dererste Vorschlag für eine Solarzelle des heutigenTyps nämlich eines pn-Übergangs in einemSilizium-Einkristall. Erst in der letzten Dekadehat sich daraus eine zunehmend bedeutsameIndustrie entwickelt. Beachtliche Kostensen-kungen führten zu einer stetigen Zunahme desMarktvolumens, die jährliche Wachstumsratebetrug im Mittel fast 20%. Gleichwohl ist derAnteil der Photovoltaik an der Energieerzeu-gung noch äußerst gering. Dies wird auchnach Auslaufen des 100.000-Dächerprogrammsnoch so sein. Die interessante Frage ist, ob diePhotovoltaik das Potenzial dafür hat, sich so zu entwickeln, dass sie, wie Energieszenarienprognostizieren, einen relevanten Beitrag zumMix der regenerativen Energien liefern kann. Diese Frage zerfällt in mehrere Teilfragen:Welche Entwicklungen sind technologisch mög-lich? Wie wird sich die Nachfrage (Märkte) entwickeln? Welche Rolle spielt bei einer solchenEntwicklung die öffentliche Förderpolitik?Obwohl diese Fragen alle gleichgewichtig sind,befasst sich dieser Beitrag ausschließlich mit derersten Frage, der technologischen Machbarkeit.

2. Stand der Entwicklung

Für den Wirkungsgrad einer Solarzelle gibt eseine theoretische Grenze. Abb. 1 zeigt diesentheoretisch erreichbaren Wirkungsgrad als Funk-tion der Energielücke des Halbleiters. Danachist es günstig, mit Halbleitern zu arbeiten, dieEnergielücken um 1 bis 1,5 eV haben. In diesemBereich liegen Silicium und Galliumarsenid so-14

Photovoltaik – Stand und Perspektiven

Prof. Walther FuhsHMI

[email protected]

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Abb. 1 EG/eV

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trische Energie von etwa 850 kWh erzeugen.Während netzgekoppelte PV-Anlagen mit dertraditionellen Stromerzeugung konkurrierenmüssen, sind netzferne Anwendungen in vielenFällen ökonomisch die richtige Lösung und ren-tabel. Dies ist zur Zeit der eigentliche Markt derPhotovoltaik, denn 30% der Weltbevölkerunglebt noch immer netzfern. In der ersten Hälfteder 90er Jahre war deshalb der überwiegendeAnteil der installierten Anlagen netzfern. In denletzten Jahren ist aber der Einsatz von netzge-koppelten Anlagen dank der Förderprogrammeerheblich angewachsen und vor allem inDeutschland dominant.

Der PV Markt ist in den letzten zehn Jahren mit Wachstumsraten von 15-20% jährlich ge-wachsen. 1999 wurden weltweit Module miteiner Leistung von insgesamt 200 MWP ausge-liefert. Der überwiegende Anteil mit über 80%basiert dabei auf der traditionellen Silicium Wafertechnologie (siehe Abb. 3), bei der ca.300 µm dicke Scheiben von einkristallinem(42,1%) oder blockgegossenem multikristalli-nen Silicium (42,3%) zu Zellen prozessiert wer-den. Zu diesen Technologien muss man auchdas Bandziehverfahren (EFG: edge defined filmfed growth) rechnen, das besondere Bedeutunggewinnen kann, weil es das Zerschneiden inWafer und die damit verbundenen Materialver-luste vermeidet. Das amorphe Silicium (a-Si) istdie einzige Dünnschichttechnologie, die bis-lang den Durchbruch zur Massenproduktiongeschafft hat und sich am Markt etablierenkonnte.

3. Ökologische Bewertung

Photovoltaik hat aus ökologischer Sicht eineReihe von Vorteilen gegenüber konventionel-len Technologien für die Energieerzeugung.Photovoltaikanlagen verursachen keinen Lärmund erzeugen weder toxische noch klimatischbedenkliche Emissionen. Nach bisherigen Er-fahrungen und Untersuchungen ist auch dieHerstellung der Anlagen aus Sicht der Sicher-heit und des Umweltschutzes unbedenklich [5].Im Zentrum einer ökologischen Bewertung derPhotovoltaik steht die Frage, wieviel Energiezur Fertigung eines Photovoltaiksystems aufge-wendet werden muss (kumulierter Energieauf-wand KEA) und wie lange das System betrie-ben werden muss, um diese Energie wiedereinzufahren (energy pay back time EPBT).

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Abbildung 2 PV-Anlage vonSiemens Solar miteiner Leistung von 1 MWP auf demMessegelände inMünchen-Riehm [3].

Abbildung 3Marktanteile der PV-Technologien1999 [4]

CIS0.5 MW0.2 %

amorphes Silicium24.8 MW12.3 %

EFG5.25 MW2.6 %

Silicium-Bänder1.05 MW0.5 %

einkristallines Silicium84.51 MW42.1 %

multikristallines Silicium84.99 MW42.3 %

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stallines Silicium bei 5 Jahren. Andere Arbei-ten in der Literatur gehen von einem Wert von 3-5 Jahren aus. So gibt Siemens Solar für die 1 MW Anlage in München-Riehm einen Wertvon 4,5 Jahren an, was einem Erntefaktor von6,5 entspricht [3]. Bei den Dünnschichtsolar-zellen wird eine erhebliche Senkung auf Werteunter 2 Jahre erwartet. Solche Daten zeigen,dass PV-Anlagen in der Tat während ihrerLebensdauer ein Vielfaches der zur Produktionaufgewendeten Energie einspielen und in diesem Sinne nachhaltig sind.

4. Kostenstruktur der Photovoltaik

Das wesentliche Hindernis einer breiteren Nutzung der Photovoltaik sind die hohenKosten von derzeit etwa 1,30 – 1,50 DM/kWh.Abb. 5 zeigt, dass Anlagenkosten grob zu 60%bei den Modulen und zu 40% bei den System-und Baukosten entstehen. Bei den Modulenentfallen grob 65% der Kosten auf die Zellen(Material und Prozessierung). Mit zunehmen-der Anlagengröße steigt dabei der Anteil derModulkosten.

Die Kosten kleiner netzgekoppelter Systemehaben sich in den letzten 10 Jahren durchFortschritte sowohl bei den PV-Modulen alsauch den Systemkomponenten fast halbiert.

Die Kosten für PV-Module entwickelten sich,wie man es von einem typischen industriellenMassenprodukt erwartet: Die Entwicklung folgt einer ”Lernkurve”. In einer solchen Dar-stellung (Abb. 6) trägt man in einer doppelt-

In der Vergangenheit wurde sehr häufig als”Killerargument” gegen die Photovoltaik vor-gebracht, dass sie nicht in der Lage sei, die zurHerstellung aufgebrachte Energie während ihrerLebensdauer zu ernten. Die Beantwortung die-ser Frage benötigt eine detaillierte Prozessket-tenanalyse der Herstellungsprozesse. Die in derLiteratur veröffentlichten Werte zum KEA streu-en recht breit, sie unterscheiden sich durchAnnahme unterschiedlicher Szenarien und sindwohl auch in manchen Fällen durch systemati-sche Fehler belastet. Die Abb. 4 fasst EPBT-Daten zusammen, die mit KEA-Werten aus derLiteratur zu den verschiedenen Zellentechnolo-gien nach geringfügiger Vereinheitlichung er-rechnet wurden [6]. Naturgemäß streuen dieAussagen bei kristallinem Silicium wegen derunterschiedlichen Eingangsannahmen erheb-lich. Betrachtet man die Mittelwerte (fette Punk-te), so liegt die Rückzahlzeit für monokristalli-nes Silicium bei etwa 7 Jahren und für multikri-

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Prof. Walther Fuhs • Photovoltaik – Stand und PerspektivenFVS • DGS Themen 2000

Abbildung 4Energierückzahlzeit(EPBT) von verschiedenenPV-Anlagen [6].

Abbildung 5Spezifische Kosten(pro kWP installierterLeistung) von netzgekoppeltenPV-Anlagen unter-schiedlicher Größe.Quelle: BINE 1998,Kiefer, Fraunhofer ISE

Planung, Installation

Elektrotechnik

Montagegestell

Wechselrichter

Module

18000

16000

14000

12000

10000

8000

6000

4000

2000

0

DM

1 kWp

LeistungQuelle: BINE 1998

5 kWp 20 kWp 1 MWp

12

10

8

6

4

2

0

Lit. Daten

mean EPBT

mono-Si

EPBT

[Ja

hre

]

multi-Si

Technologie

a-Si CIS CdTe

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logarithmischen Skala die spezifischen Kosten(EURO/WP) zu einer Zeit t über dem bis zu die-ser Zeit t akkumulierten Produktionsvolumenauf. Derzeit beträgt der Modulpreis um 4 EURO/WP und es wurden bislang insgesamtModule mit einer Leistung von fast 1 GWP pro-duziert. Die Daten erstrecken sich auf einenZeitraum von etwa 1970 bis 1999. Diese Dar-stellung beschreibt durch Betrachtung desgesamten bis zu einem Zeitpunkt produziertenVolumens den in der Produktion erzieltenRationalisierungseffekt und Erfahrungszuwachs.Es ergibt sich wie auch für andere Industrie-produkte in dieser Auftragung eine Gerade,aus deren Verlauf sich ablesen lässt, dass eineVerdopplung des Produktionsvolumens zueiner Kostendegression von etwa 20% führte.

Diese Entwicklung beruht nicht einfach aufden Rationalisierungseffekten durch Aufbaugrößerer Fertigungskapazitäten sondern ganzwesentlich auf technologischen Fortschrittenund Durchbrüchen in der Weiterentwicklungder klassischen Silicium-Wafertechnologie. Man muss aber beachten, dass hier nur dieModulkosten betrachtet wurden. Es kommt imgleichen Umfang auch auf die Systemkostenan, deren Anteil bei PV-Anlagen bei etwa 40%liegt. Die Preisentwicklung lässt sich im Fall derSystemkosten wegen der Vielfalt und Verschie-denheit der Anwendungen nicht leicht in einersolchen Lernkurve darstellen. In der Vergangen-heit wurden beträchtliche Kostensenkungendurch technische Neuentwicklungen wie z.B.bei den Wechselrichtern erzielt. In Zukunftwird sicher die Miniaturisierung und zuneh-mende Verwendung standardisierter System-komponenten zu weiteren Kostensenkungenüber Rationalisierungseffekte bei größerenStückzahlen führen.

Auf der Basis der bisherigen Entwicklungenkann man eine Prognose für die mittlereZukunft wagen. Lässt sich die Wachstumsratedes PV-Marktes von etwa 20% jährlich fortset-zen, so wird das jährliche Produktionsvolumenvon derzeit 200 MW/a auf 1.200 MW/a imJahr 2010 ansteigen. Das akkumulierte Pro-duktionsvolumen wird dann bei 7.000 MW lie-gen und, extrapoliert man die Lernkurve, sowird der Modulpreis etwa 2 EUR/WP betragen. Verläuft die Kostensenkung bei den System-

komponenten ähnlich, so werden die Kostender Photovoltaik 2010 damit um etwa 50%niedriger als heute sein. Es ist nützlich, sich dieBedeutung solcher Zahlen klarzumachen. Sie bedeuten, dass in den nächsten 10 JahrenAnlagen mit einer Leistung von etwa 6 GWzusätzlich errichtet werden müssen. Diese Zahlist beeindruckend hoch. Man muss aber davornicht erschrecken. Allein schon die bekanntenZielplanungen der Europäischen Union (3 GW)und von Japan (5 GW) liegen über den extra-polierten Erwartungen. Entscheidend wirddabei natürlich die Entwicklung der Nachfragesein. Falls die in Deutschland installierte PV-Leistung (derzeit etwa 40 MW) in demselben

Tempo wächst, wird der Anteil der Photovol-taik an der Stromerzeugung in Deutschland2010 bei 0,1% liegen. Dies ist energiewirt-schaftlich zwar sehr wenig, extrapoliert manaber weiter, so erwartet man das Überschrei-ten der wichtigen 1% Marke etwa 2020, undbereits 2030 könnte der Beitrag an derStromerzeugung bei 10% liegen.

5. Technologische Optionen

Zukünftige Kostensenkungen werden sicher-lich durch zunehmende Automatisierung undStandardisierung unterstützt werden. Dieskann aber nicht ausreichen, es wird erheb-licher technologischer Erfolge mit neuenMaterial- und Zellentechnologien bedürfen.Dieser Abschnitt stellt einige der technologi-schen Optionen vor, die es für eine solcheEntwicklung gibt. 17

FVS • DGS Themen 2000Prof. Walther Fuhs • Photovoltaik – Stand und Perspektiven

Abbildung 6Lernkurve vonPhotovoltaikmodulenQuelle: ASE 1999

100 € /WP

MWP kumuliert

10

1 10 100 1000

1

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Sie bieten daher Aussicht auf substantielle Senkungen der Herstellungskosten und derEnergierückzahlzeit (Abb. 4). Die am weitestenfortgeschrittenen Dünnschichttechnologiensind derzeit amorphes Silicium (a-Si), Verbin-dungshalbleiter Cu(In,Ga)(S,Se)2 (CIS) undCdTe [8]. Am reifsten ist die Technologie desamorphen Siliciums und seiner Verbindungen,die inzwischen die Barriere zu Massenfertigungüberschritten hat. Solche Module werden derzeit mit Wirkungsggraden von 6 – 8% an verschiedenen Stellen produziert und haben sich einen Marktanteil von etwa 12% erobert. Mit Cu(In,Ga)Se2 (CIGS) und CdTe wurden beeindruckende Wirkungsgrade von 18,8%und 15,6% im Laboratorium erzielt. Mit derCIS Technologie wurde in einer Pilotfertigung der bislang weltweit höchste Modulwirkungs-grad (1,20 x 0,4 m2) mit 12,1% realisiert [9]. Für beide Technologien, CIS und CdTe, werdenderzeit in Deutschland Pilotanlagen mit demZiel einer Ausweitung zu einer Produktionsan-lage im 10 MW Bereich errichtet. Weiter ent-fernt von der industriellen Umsetzung sind der-zeit noch Dünnschichtsolarzellen aus kristalli-nem Silicium auf kostengünstigem Fremdsub-strat. Auf lange Sicht als Zelle der dritten Gene-ration ist eine kristalline Dünnschichtzelle ausSilicium vor allem deshalb attraktiv, weil sie dasPotenzial zu hohem Wirkungsggrad besitzt,ausreichende Ressourcen vorhanden sind unddie Materialien ökologisch unbedenklich sind.

Das Potenzial der Dünnschichttechnologienwurde ebenfalls in einer europäischen Studiebewertet [10]. Es wurde dabei gezeigt, dassDünnfilmtechnologien in einer Produktions-anlage von 60 MWP/Jahr Herstellungskostenfür Module von weniger als 1 EUR/WP erwar-ten lassen. Dabei ergab sich, dass bezüglichder Herstellungskosten fast kein Unterschiedzwischen den einzelnen Technologien (a-Si:H,CIS, CdTe) zu erwarten ist. Ob sich solche Erwartungen erfüllen lassen, wird davon abhän-gen, ob es gelingt Verfahren zu entwickeln, die großflächige Abscheidung mit hoher Rate,mit einfacher Prozesstechnologie und hoherAusbeute vereinigen.

5.1 Silicium-Technologie

Die traditionelle Si-Wafertechnologie hat nochein hohes Entwicklungspotenzial, sie wird auflange Zeit die tragende Technologie der Photo-voltaik sein. Mit dem Ziel zur Senkung der Ma-terialkosten werden neue Verfahren für die Sub-stratherstellung (z.B. solargrade silicon und dasEFG- Bandziehverfahren) entwickelt. Die Ver-wendung dünnerer Absorber wird zu beträcht-lichen Materialeinsparungen führen, wenn manlernt, die Prozessierung dünner Si-Absorber inder Produktion sicher zu beherrschen. Es gibtAnsätze für Verbesserungen der Zellentechno-logie von ein- oder multikristallinem Silizium,die zu höheren Modulwirkungsgraden (nahe20%) führen können.

Eine umfangreiche europäische Studie [7], an der PV-Firmen und Forschungseinrichtungenbeteiligt waren, kam zu dem Schluss, dass füreine Kostensenkung die Ausweitung der Markt-größe entscheidend sei. In dieser Studie wurdedie Realisierbarkeit einer Produktionsanlage ei-ner Größe von 500 MW/Jahr auf der Basis derkristallinen Si-Technologie (einkristallines, multi-kristallines Silicium und EFG-Si) untersucht. Eszeigte sich, dass der Realisierung einer solchenAnlage keine Materialfragen oder apparativeProbleme entgegenstehen, und dass auf die-sem Produktionsniveau mit verschiedenen kri-stallinen Si-Technologien ohne wesentliche tech-nologische Extrapolation Module zu einem Preisum 1 EUR/WP gefertigt werden können. DieKostensenkungen ergaben sich hauptsächlichdurch Verbilligung im Einkauf der Materialien,Standardisierung der Maschinen und Automati-sierung. Am günstigsten lag mit 0,71 EUR /WP

das durch den EFG-Prozess (edge defined FilmGrowth) bandgezogene Silicium, gefolgt vonmultikristallinem Silicium mit 0,91 DM/WP.

5.2 Dünnschichttechnologien

Dünnschichtsolarzellen sind dabei, sich als Zellen der zweiten Generation im Markt zu bewähren und zu etablieren. HochproduktiveDünnschichttechnologien verbinden geringenMaterial- und Energieverbrauch mit einfacher Prozesstechnologie und der Möglichkeit zurkostengünstigen großflächigen Fertigung. 18

Prof. Walther Fuhs • Photovoltaik – Stand und PerspektivenFVS • DGS Themen 2000

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5.3 InnovativeZellenstrukturen

In vielen Laboratorien werden neue Bauelement-konzepte entwickelt, die auf eine Erhöhung derWirkungsggrade und kostengünstigere Herstel-lung zielen. Zwei solche Beispiele sollen hiergenannt werden: Multispektralzellen und Injek-tionssolarzellen. Der maximal mögliche Wirk-ungsgrad einer Solarzelle ist durch die Energie-lücke des absorbierenden Halbleiters bestimmt,für Silicium beträgt er 33% (Abb. 1). Der entscheidende intrinsische Verlustmecha-nismus entsteht dabei dadurch, dass der Über-schuss der Photonenenergie über die Energie-lücke EG als Wärmeenergie verloren geht. Diesführt dazu, dass Silicium den blauen, kurzwelli-gen Spektralbereich des Sonnenspektrums nursehr unvollständig nutzen kann. Kombiniertman Zellen aus mehreren Halbleitern mit ver-schiedenen Energielücken EG1 und EG2, so kön-nen solche Verluste durch die vollständigereNutzung des Sonnenspektrums beträchtlich ge-senkt werden (Multispektral- oder Tandemzel-len). So beträgt für eine Tandemstruktur auszwei Halbleitern mit EG1=1,0 eV und EG2=1,9 eVder mögliche Wirkungsgrad 44%. Im Laborwurden solche monolitischen Zellen auf derBasis von III-V Halbleitern wie GaInP und GaAsfür Anwendungen im Weltraum oder in kon-zentrierenden Systemen bereits mit einemWirkungsgrad von 30,3% realisiert. Attraktiv istdie Realisierung einer solchen Zelle mit Hilfe derbilligeren Dünnschichttechnologie der Chalko-pyrithalbleiter Cu(In,Ga) (S,Se)2. In dieserStoffgruppe kann die Energielücke über die Zu-sammensetzung im Bereich 1,0-2,4 eV variiertwerden. Die Abb. 7 zeigt das Schema einer sol-chen Zelle aus CuInSe2 (1,0 eV) und CuGaSe2

(1,68 eV). Der theoretische Wirkungsgrad einersolchen Kombination liegt bei 38%. Die Realisie-rung solcher Zellenkonzepte liegt wahschein-lich weit in der Zukunft. Sie versprechen hoheWirkungsgrade auch für die kostengünstigenDünnschichttechnologien. Auf Prozessverbilligung zielen Zelltypen, die ultradünne Absorber (100 nm) benutzen.Damit das Sonnenlicht in solchen Schichteneffizient genutzt werden kann, muss das Absor-bermaterial hochabsorbierend sein und dieaktive Fläche durch Strukturierung vergrößertwerden. Das Prinzip besteht darin, dass

schnelle Ladungstransferprozesse an denHeterogrenzflächen zur effektiven Trennungder lichterzeugten Elektron-Loch-Paare führen.Ein solches Prinzip wurde in den Farbstoff-Sensibilisierungszellen als elektrochemischeSolarzelle mit einem Laborwirkungsgrad um 10 % realisiert [11]. Attraktiv ist die Entwick-lung einer ultradünnen Solarzelle auf Festkör-perbasis, die dieses Prinzip nutzt.

6. Schlussbemerkungen

Die Photovoltaik hat in dem vergangenen Jahrzehnt eine sehr erfolgreiche Entwicklunggenommen. Extrapolation der bisherigen Ent-wicklung in die Zukunft zeigt, dass die Photo-voltaik sich zu einem auch energiewirtschaft-lich relevanten Faktor entwickeln kann. Es gibt die dafür notwendigen technologischen Optionen. Dies braucht aber Zeit: Bis 2010wird die jährliche Produktion von PV-Modulenin den Giga-Watt-Bereich vorstossen und erstum 2020 wird der Beitrag zur Erzeugung elek-trischer Energie die 1% Barriere überschreitenkönnen. Bei der Beurteilung der technologi-schen und wissenschaftlichen Perspektiven istdie hier vorgenommene Extrapolation recht 19

FVS • DGS Themen 2000Prof. Walther Fuhs • Photovoltaik – Stand und Perspektiven

Spektrum des SonnenlichtsIRUV

400 500 600 700 800 900 λ [nm]

AR-Schichtn+-ZnOn-ZnSe

p-CuGaSe2

p+-CuxGaySe2n+-ZnOn-ZnSe

p-CulnSe2

Aktive Schicht für blaues Licht

Aktive Schicht für rotes Licht

Metall

Glas

Abbildung 7Schema einer Multi-spektralzelle auf derBasis der Chalkopyri-te Cu(In,Ga)(S,Se)2.Quelle: HMI

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7.Literatur

[1] P. Würfel, Physik der Solarzellen, Spektrum, Akad. Verlag (1995)

[2] Prog. Photovolt. Res. Appl. 8 (2000) 187

[3] E. Cunow, B. Giesler, P. Hopf und G. Maier, Proc. 2nd World Conference on Photovoltaic Solar Energy Conversion (1998) 2472

[4] Photon (3/2000) 26

[5] V. M. Fthenakis und P. D. Moskowitz, Prog. Photovolt. Res. Appl. 8 (2000) 27

[6] J. Möller, D. Heinemann und D. Wolters, Proc. 2nd World Conference onPhotovoltaic Solar Energy Conversion (1998) 2279

[7] APAS-Studie T. M. Bruton et.al., Proc. 14th European Photovoltaic SolarEnergy Conference (1997) 11

[8] W. Fuhs und R. Klenk, Proc. 2nd World Conference on Photovoltaic Solar Energy Conversion (1998) 381

[9] F. Karg, Technical Digest 11th Int. Photovoltaic Science and Engineering Conference (1999) 627

[10] APAS-Studie J. M. Woodcock et. al., Proc.14th European PhotovoltaicSolar Energy Conference (1997) 857

[11] M. Grätzel und A. J. McEvoy, Proc.14th European Photovoltaic Solar Energy Conference (1997) 1820

konservativ. Sie stützt sich auf das, was inProjekten in den Instituten des Forschungs-Verbundes Sonnenenergie und anderenForschungseinrichtungen schon als Konzeptexistiert. Wenn man solch lange Zeiträume betrachtet,ist aber vielleicht doch etwas mehr Vision erlaubt. So liegt z.B. der thermodynamischeWirkungsgrad der photoelektrischen Energie-wandlung bei über 80%, und es könnte in einiger Zukunft neue Materialien und neueWandlungsprinzipien geben, von denen wirheute noch nichts ahnen. So etwas könnte entstehen durch Wechselwirkung mit anderenBereichen der Naturwissenschaften wie Nano-technologien oder Biowissenschaften. Wer Transistoren in den 50er Jahren oder auch60er Jahren sah, konnte nicht ahnen, wie da-raus leistungsfähige integrierte Mikroelektronikentsteht, die heute mehr und mehr unser Leben bestimmt. Zur Realisierung einer Energie-welt, in der die Photovoltaik eine wichtigeRolle spielt, braucht es nicht nur des Aufbausgigantischer Fertigungskapazitäten. Es werdendazu Innovationen benötigt, die entlang derLernkurve zu Kostensenkungen führen können.Zur Erarbeitung der neuen Optionen für die be-nötigten Technologien und deren Erschließung,braucht es weiter intensiver Forschung in denGrundlagen und in den Anwendungen.

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Prof. Walther Fuhs • Photovoltaik – Stand und PerspektivenFVS • DGS Themen 2000

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FVS • DGS Themen 2000Dr. Gerd Eisenbeiß • Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne

Kurzfassung

Die Strahlung der Sonne kann Wärme auf sehrunterschiedlichen Temperaturniveaus in ver-schiedenen Anwendungsfeldern bereitstellen;Kollektoren für warmes Wasser, Nahwärme-und Prozesswärme-Anlagen sowie thermischeKraftwerke sind technisch weitgehend reif,wirtschaftlich relativ günstig, aber erst teilweisein Märkten erfolgreich. Diese Situation wirdanalysiert, es werden Marktchancen erörtertund Forschungsprojekte mit Kostensenkungs-potenzial vorgestellt.

1. Einleitung

Da man die Sonnenstrahlung in den meistenAnwendungen auffangen und einsammelnmuss, ist Solarenergie bezogen auf die gewon-nene Energiemenge relativ teuer. Deshalb ist es vorteilhaft, wenn energiesparende Maßnah-men und Solarenergienutzung zusammenwir-ken können. Prinzipiell kann das Sonnenlicht ingroßen Flächen in Wärme umgewandelt wer-den, die dann einzusammeln ist; oder aber dasLicht wird durch Spiegel oder Linsen konzen-triert und dann in den kleineren Fokusflächenin Wärme konvertiert. Der weit verbreiteteFlachkollektor entspricht dem ersten Typ, wäh-rend die konzentrierenden Systeme mit Spie-geln und Linsen ihre Anwendung eher in südli-chen Ländern haben, wo die Solarstrahlungweniger diffus einfällt als in Mitteleuropa.

In der Öffentlichkeit und vielen Zeitungen wirdSonnenenergie immer wieder mit Photovoltaik,also der Umwandlung von Licht in Strom, gleichgesetzt. Das ist manchmal ein Nachteil für einebreite Akzeptanz der Solartechnik. Denn dieTechnologien der Solarthermie liefern Nutzener-gie weit kostengünstiger, haben energiewirt-schaftlich eine viel größere Bedeutung und tra-gen wesentlich mehr zur Reduzierung vonCO2-Emissionen bei als Photovoltaik (PV).

Es reicht allerdings nicht aus, Kilowattstunden-kosten zu vergleichen und dabei den Unter-schied in der ökonomischen Wertigkeit vonWärme und Elektrizität zu beachten. Es kommtauch darauf an, die jeweiligen Märkte und diedort jeweils angebotenen Alternativen zu be-trachten. So konkurriert teurer PV-Strom füreine ländliche Hütte in Afrika mit ebenfalls teu-rem Strom aus Dieselgeneratoren, währendStrom aus einem mittelgroßen thermischen So-larkraftwerk mit deutlich billigerem Netzstromaus fossil befeuerten Kraftwerken konkurrierenmuss. Konkurriert Solarwärme in Deutschlandmit elektrischer Warmwasserbereitung, siehtdie Rechnung ebenfalls viel günstiger aus alsim Wettbewerb mit einer Gastherme.

Bei der längst begonnenen Einführung im Wärmemarkt hat sich gezeigt, dass die Solar-thermie keine Milliarden schweren Subventio-nen braucht, um aus Nischen heraus zu wach-sen. Allerdings geht es auch nicht ohne jedestaatliche Unterstützung, wenn die Preise für Gas und Öl sehr niedrig liegen.

Solare Wärme kann in drei Arten gewonnenund zu unserer Energieversorgung genutztwerden:

• Zur Erwärmung von Brauchwasser und Heizung durch Kollektoren

• Zur Bereitstellung von Prozesswärme auf höherem Temperaturniveau

• Zur Erzeugung von Strom in solarthermi-schen Kraftwerken.

Ein weiterer attraktiver Weg thermischer Solar-nutzung wird auf dem Gebiet des solarenBauens gegangen, bei dem Gebäudegestaltungund insbesondere die Gebäudehülle in ihrerWärmeschutzfunktion und ihrenWärmegewinnen durch solare Einstrahlungganzheitlich betrachtet werden.

Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne

Dr. Gerd Eisenbeiß DLR

[email protected]

Bernhard MilowDLR

[email protected]

Dr. Robert Pitz-PaalDLR

[email protected]

Dr. Volker Wittwer Fraunhofer-ISE

[email protected]

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Dr. Gerd Eisenbeiß • Solarthermie – Wärme und Kraft von der SonneFVS • DGS Themen 2000

2. Solarkollektoren

Solarkollektoren sind keine bestaunten Neuheiten mehr. Die Technik ist im kleinen Maßstab ausgereift. Zur Zeit findet jedoch ein Umbruch zur industriellen Produktion statt. Neue Technologien ermöglichen die Beschich-tung von Absorberblechen mit bisher nichtge-kannten Qualitätsmerkmalen (Absorption undEmission). Das wiederum ermöglicht die Ent-wicklung neuer großflächiger Kollektoren mitneuen Kollektorgehäusen.

Im Abdeckungsbereich sind entspiegelte Schei-ben in Entwicklung, die bessere Wirkungsgra-de und neue architektonische Konzepte ermög-lichen. Derzeit erschliessen neue Systeme auchdie Fassade. Hier ergeben sich neue großeMärkte.

In Deutschland sind inzwischen über 2,5 Mio m2 verkauft und installiert worden,weltweit dürften es deutlich über 30 Mio m2

sein. Sie produzieren größenordnungsmäßig

15 TWh Wärme, also soviel wie 1,5 Mio TonnenÖl, und sparen entsprechende CO2-Emissionenein. Jährlich dürften etwa 10% hinzukommen,was immerhin einen Umsatz von 2 Mrd. Euroausmacht. Der Markt in Deutschland hat sichin den letzten Jahren sehr gut entwickelt (Abb.1)und auch die Prognosen des Fachverbandes fürSolarenergie für die Zukunft (Abb. 2) sind rechtoptimistisch. Derzeit werden allein in Deutsch-land im Kollektorbereich mit etwa 500 Mitar-beitern 700 Millionen DM umgesetzt.

Die Erfahrungen mit Anlagen der solarenWarmwasserbereitung zeigen, dass im Nachrü-stungsfall Wärmekosten möglich sind, die zwarimmer noch beim Drei- bis Fünffachen einerGastherme liegen, aber doch für viele Haus-eigentümer erschwinglich sind. Wie bei ande-ren thermischen Solartechniken profitiert derSolarkollektor ökonomisch von der Kombinationmit der Gastherme oder der Ölheizung; alsErfahrungswert gilt, dass die Kollektoranlageetwa die Hälfte des Warmwasserverbrauchsdecken sollte.

Bei richtiger Planung von neu zu errichtendenHäusern werden ökonomisch sinnvolle Gesamt-energiesysteme unter Einschluss von Kollekto-ren möglich. Ein bekanntes Beispiel ist die Kom-bination von sogenannten Passivhäusern mitKollektoren und einer kleinen elektrischen Wär-mepumpe. Hier tragen die Kollektoren nebeneiner maßgeblichen Deckung des Warmwasser-bedarfs auch zur Deckung des geringen Heiz-bedarfs bei.

Tendenziell deutet sich bei der Entwicklung im Wohnungsbau sowohl im Neubau als auchbei der Sanierung des Bestandes ein Wechsel-spiel zwischen Reduzierung des Energiebedarfsdurch rationellere Nutzung und komplementä-re Deckung durch solare Systeme an. Bei derzu erwartenden starken Reduktion des Rest-energiebedarfes ergeben sich völlig neue An-sätze für Reserve- und Speichersysteme. NeueKonzepte, die sich zur Zeit in einer Vielzahl vonDemonstrationsvorhaben marktnah zu bewäh-ren haben, werden ermöglicht durch den Ein-satz von zentralen und dezentralen Wärmespei-chern in Verbindung mit kleinen Blockheizkraft-werken, später auch auf Brennstoffzellenbasis.Trotzdem bleibt die solare Warmwasserberei-

Abbildung 1Solarkollektor-markt Deutschland

Abbildung 2MarktprognoseDeutschland

Flachkollektoren

Jähr

lich

inst

allie

rte

Kolle

ktor

fläch

e in

100

0 m

2

450

400

350

250

200

150

100

50

0

Vakuumröhrenkollektoren1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998* 1999*

*vorläufige Schätzwerte

Flachkollektoren

Jähr

lich

inst

allie

rte

Kolle

ktor

fläch

e in

100

0 m

2 3500

3000

2500

2000

1500

1000

500

0

1995

1996

1997

1998

*

1999

*

2000

2001

2002

2003

2004

Vakuumröhrenkollektoren Prognose

*vorläufige Schätzwerte

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FVS • DGS Themen 2000Dr. Gerd Eisenbeiß • Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne

tung bei Einzelhausanwendungen mit besten-falls 0,25 DM/kWh recht teuer, wo sie nichtelektrische Warmwasserbereitung ersetzt.

Wer die Abstimmung mit Reihenhausnachbarnnicht scheut, kann es vor allem bei der Sanie-rung mit einer Gemeinschaftsanlage billigerhaben; hier schlägt im kleinen der Vorteil derVernetzung gegenüber der mitunter überschätz-ten Autarkie durch: man denke nur an den Ge-winn der Nicht-Gleichzeitigkeit des Verbrauchsoder der Urlaubszeit.

Auch in nördlichen Breiten ist Heizen mit Son-ne keine Illusion, allerdings auch noch keinewirtschaftliche Option. Skandinavien undDeutschland erproben zur Zeit in einer Reihevon Demonstrationsprojekten solare Nahwär-mekonzepte für ganze Siedlungen. Hier ist imUnterschied zur Warmwasserbereitung ein zen-trales Problem, die Solarwärme vom Sommerin den Winter zu bringen; deshalb benötigendiese Projekte Saisonspeicher, die zentralWarmwasser einspeichern und im Winter wie-der zur Verfügung stellen. UnbefriedigendeZwischenergebnisse dieser Projekte betreffenallerdings nicht die Speicher selbst, sonderndie Gesamtauslegung, bauliche Realisierungund Betrieb des Gesamtsystems der zu behei-zenden Häuser sowie von Kollektor-, Speicher-und Heizungsanlage. Wirtschaftlich sind solcheNahwärmesysteme selbst bei solaren Deckungs-graden von 65% mit 3 bis 5 DM/kWh/a deut-lich günstiger als Kleinanwendungen im Einzel-haus mit Kurzzeitspeicher (8 bis 15 DM/kWh/a).Technisch sind hier auch in unseren Breitenkonzentrierende Systeme nicht ohne Chance,wie eine Vergleichsrechnung für den StandortWürzburg (Abb. 5) zeigt; bei höheren Tempe-raturen sind eben die Wärmeverluste des Kollek-tors gegenüber der Umgebung bei konzentrie-renden Systemen kleiner, weil die heiße Flächewesentlich kleiner ist.

3. Solare Prozesswärme

Für industrielle Anwendungen sind die typi-schen Temperaturbereiche der Prozesswärme80 bis 200°C; dies gilt auch für Absorptions-kälte-Anlagen. Die typische Wärmeleistung solcher Anlagen reicht von weniger als 100 kW

bis in den MW-Bereich. Der Prozesswärme-bedarf in diesem Temperaturbereich wird inder EU auf bis zu 300 TWh pro Jahr geschätzt,dies entspricht 8% des Endenergiebedarfs.Solare Anlagen konkurrieren mit fossil gefeu-erten Anlagen mit oder ohne Wärme-Kraft-Kopplung; dabei sind die heutigen Kosten fürAnlagen mit Kollektorfeldern von 2000 bis3000 m2 nur etwa doppelt so teuer wie diefossile Referenz – ein Abstand, der durch er-wartete Kostensenkungen bei den solaren Komponenten durch Massenfertigung, Wett-bewerb und Komponentenverbesserung mittelfristig überbrückbar erscheint.

Nach verschiedenen frühen Experimenten und Demonstrationsanlagen hat die US-FirmaIST einen gewissen Erfolg mit dem Vertrieb vonRinnenkollektoren in Aluminium-Leichtbauweise.Es wurden fünf solche Prozesswärmeanlagenmit Wärmeleistungen von 140 bis 1.170 kWgebaut (Kollektorfelder von 223 bis 2.677 m2),die noch heute erfolgreich betrieben werden (Abb. 3). Günstige Kollektorpreise (installierteKosten je nach Feldgröße von 400 bis 600DM/m2), Betreibermodelle mit langfristigenWärmeabnahmeverträgen sowie steuerlicheHilfen können unter den klimatischen Bedin-gungen der südlichen USA zu solaren Wärm-preisen führen, die unter denen von Erdgas-systemen liegen.

Das DLR betreibt in Köln seit 1999 ein 168 m2

großes IST-Kollektorfeld mit zwei Kollektorschlei-fen als solares Testbett. Ziel dieses von der AGSolar des Landes NRW unterstützten Projektessind Untersuchungen zum Einsatzpotenzial inEuropa und eigene Weiterentwicklungen.

Abbildung 3 Der IST-Rinnenkollektor

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Dr. Gerd Eisenbeiß • Solarthermie – Wärme und Kraft von der SonneFVS • DGS Themen 2000

Das IST-Kollektorsystem besteht aus Modulenmit einer Apertur von 2,3 m und einer Längevon 6,1 m. Der Reflektor besteht aus einem inParabelform eingespannten Aluminiumblech,das mit einer Reflektorfolie beklebt ist.

Die verwendete Folie hat bereits eine gute Be-ständigkeit gegen Witterungseinflüsse nachge-wiesen. In der Brennlinie ist innerhalb einesGlashüllrohrs ein selektiv beschichtetes Stahl-rohr als Absorberrohr angeordnet. Bis 250 °Cist eine Evakuierung des Zwischenraums nichterforderlich. Der Aufwand für Aufbau und War-tung des Systems erwies sich erwartungsgemäßals sehr gering. Die einzelnen Kollektormodulesind verhältnismäßig leicht (ca. 80 kg) und

können von ungelerntem Personal ohne Hebe-zeug einfach montiert werden; sie werden inStahlstützpfeiler horizontal eingehängt. Bis zufünf Kollektorreihen mit insgesamt 420 m2

können mit einer einzigen robusten sensorge-steuerten Antriebseinheit der Sonne nachge-

führt werden. Sie werden bis auf eine etwavierwöchentliche Inspektion autonom betrieben.

Die bisher gemessenen Daten (Abb. 4) zeigen im fraglichen Temperaturbereich Wirkungs-grade deutlich über 50%. Weitere Verbesse-rungsmöglichkeiten sind identifiziert.

Basierend auf den Messergebnissen des IST-Kollektorsystems in Köln hat das DLR Simula-tionsmodelle für das Programmsystem TRNSYSentwickelt, die eine verlässliche Ertragsvorher-sage für bestimmte Standorte erlauben. In Abb. 5 sind die auf diese Weise berechnetenJahreserträge unter der Annahme von 100%Verfügbarkeit für drei verschiedene Kollektor-typen (IST-Parabolrinne, Arcon-Flachkollektorund SK 6-Vakuumröhre) und für zwei verschie-dene Standorte (Faro in Portugal und Würz-burg in Deutschland) als Funktion der mittle-ren Kollektoraustrittstemperatur gegenüberge-stellt. Erwartungsgemäß sind die Erträge imSüdeuropa etwa doppelt so hoch und die Wärmekosten nur etwa halb so hoch wie inDeutschland.

Andererseits liefern die Parabolrinnensystemein Deutschland potenziell ähnlich hohe Erträgewie Systeme mit Vakuumröhrenkollektoren;dabei übertreffen sie Flachkollektorsysteme beieiner mittleren Kollektortemperatur von mehrals 60 °C. Bei dem erheblich größeren Direkt-strahlungsanteil im Mittelmeerraum sind Para-bolrinnenkollektoren anderen Kollektorsyste-men im gesamten betrachteten Temperaturbe-reich im Ertrag deutlich überlegen.

Die Energiebereitstellungskosten hängen insbesondere beim Parabolrinnensystem vonder Kollektorfeldgröße ab. Da beim IST-Kollek-torsystem eine einzelne Nachführeinheit ein Kollektorfeld mit etwa 400 m2 nach dem Son-nenstand ausrichtet, macht es kostenmäßigSinn, Systeme erst ab dieser Größe zu betreiben. Für Anlagen mit 1000 m2 Kollektorfläche bietet IST installierte Kollektoren zu etwa 500 DM/m2 an. Ähnliche Angebote für Syste-me dieser Größe (z. B. Nahwärmesysteme inDänemark) liegen vom FlachkollektorherstellerArcon vor. Dagegen werden in der Literaturdoppelte so hohe Preise für installierte Vaku-umröhrenkollektoren genannt. Basierend auf

Abbildung 4Wirkungsgrade vonIST-Kollektoren

Abbildung 5BerechneteJahreserträge verschiedenerKollektoren

Messung Sandia

0 50 100 150 200Temperaturdifferenz zur Umgebung [°C]

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Wirk

ungs

grad

[%

]

Messung DLR

50 75 100 125 150 175 200

Mittlere Kollektortemperatur (°C)

Flachkollektoren Vakuum-Röhre Parabolrinne

Standort Faro (Portugal)

Standort Würzburg (Deutschland)

1400

1200

1000

800

600

400

200

0Jahr

eser

trag

(kW

h/m

2a)

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Aussichtsreiche Ansätze für Demonstrations-projekte sind zur Zeit beispielsweise die Klima-tisierung eines Hotels in der Türkei mittels einerIST-Parabolrinnenanlage in Verbindung mit ei-ner Absorptionskältemaschine, die Ergänzungeines dänischen Flachkollektorfelds zur Nahwär-meerzeugung mit Parabolrinnenkollektorenoder die solare Dampferzeugung für die Här-tung von Porenbeton.

Um für solare Prozesswärmsysteme auch ver-brauchsnahe Dachflächen nutzen zu könnenund die dabei auftretenden Windlasten zu be-herrschen, entwickelt das DLR gemeinsam miteinem deutschen Hersteller und mit Unterstüt-zung der AG Solar NRW einen facettiertenRinnenkollektor (Abb. 7). 25

FVS • DGS Themen 2000Dr. Gerd Eisenbeiß • Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne

diesen Zahlen und unter Berücksichtigung des höheren Wartungsaufwandes für Parabol-rinnen im Vergleich zu Flach- und Vakuumröh-renkollektoren (10 DM/m2 und Jahr gegenüber5 DM/m2 und Jahr) und unter Annahmen fürZinssatz (i = 8%) und Abschreibungsdauer (n = 15 Jahre) und den berechneten Jahreser-trägen lassen sich spezifische Wärmekosten er-mitteln. Diese Wärmekosten sind für die ver-schiedenen Kollektorsysteme und Standorteund in Abhängigkeit von der mittlerenKollektortemperatur in (Abb. 6) dargestellt.

Die Abbildung zeigt, dass die Vakuumröhre beider betrachteten Anlagengröße kostenmäßigin keinem Fall eine Alternative zur Parabolrinnedarstellt. Überraschend ist auch, dass die Para-bolrinne dem Flachkollektor selbst am betrach-teten deutschen Standort bei mittleren Kollek-tortemperaturen oberhalb von 70 °C kosten-mäßig überlegen ist.

Bei diesen Vorteilen der Parabolrinnentechnikstellt sich die Frage, warum sie im Vergleich zuden anderen Kollektorsystemen in Europa nochnicht weiter verbreitet sind. Die Gründe dafürsind vielschichtig; sie werden im folgendenerläutert und kommentiert.

Prozesswärmenutzer sind in Regel Industrie-unternehmen, die auch ökologisch bedingteMehrkosten ungern akzeptieren. In Diskussio-nen zwischen DLR mit interessierten Unter-nehmen konnte aber herausgearbeitet werden,dass ein Teil der durch solare Installationen verursachten Mehrkosten von Mehreinnahmengedeckt werden könnte. Hierbei spielen Image-und Marketingeffekte eine wichtige Rolle.Akzeptabel erscheint für den überwiegendenAnteil der Unternehmen, einen Teil jener Kos-tenersparnis in ein Solarsystem zu investieren,die eine Optimierung des Prozesswärme-Versorgungssystems ergibt. Darüber hinaus zeigen auch kommunale Prozesswärmenutzer(z.B. für Klärschlammtrocknung) ein politischmotiviertes Entgegenkommen bei solarenMehrkosten. Es sind also Chancen vorhanden,Anwendungen zu realisieren und mittels ersterMarkterfolge die Fertigung entsprechenderAnlagen zu verbilligen, wenn auch für dieseSolartechnik finanzielle Starthilfe vom Staatgeleistet wird.

Abbildung 7FacettierterRinnenkollektordes DLR

50 75 100 125 150 175 200

Mittlere Kollektortemperatur (°C)

Wär

mek

oste

n [D

M/k

Wh]

Flachkollektoren Vakuum-Röhre Parabolrinne

Standort Faro (Portugal)

Standort Würzburg (Deutschland)

0.40

0.35

0.30

0.25

0.20

0.15

0.10

0.05

0.00

Abbildung 6SpezifischeWärmekosten verschiedenerKollektorsysteme

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Kosten-Bewertung der solaren Wasserentsal-zung gewonnen.

Mit einem Erfolg solarthermischer Kraftwerkeim Sonnengürtel der Welt dürfte auch die sola-re Meerwasserentsalzung reüssieren. Ein spezi-fischer Forschungsbedarf ist jedoch heute nichtzu erkennen.

Als Spezialanwendung solarer Prozesswärmeseien noch Solarkocher erwähnt. Die Kon-zepte reichen von einfachen ”Kochkisten” biszu Anlagen in komplexer Anordnung, wobeidie Aggregate zur Wärmebereitstellung(Solarkollektoren) und die Kochstelle räumlichgetrennt sein können (Abb. 8). Derartige Ein-richtungen (vor allem als Großküchen) bein-halten dann häufig auch Wärmespeicher, umden Kochgewohnheiten in den Zielländernentgegen zu kommen, wo meist eine warmeMahlzeit in den frühen Abendstunden zuberei-tet wird. Allen Solarkochern ist das Entwurfs-prinzip für einen Selbstbau in den Ländern desSonnengürtels gemeinsam. Das bedeutet, dassnotwendige Werkzeuge und Vormaterialienlokal verfügbar sein müssen. Eine Konsequenzdaraus sind gewisse Einschränkungen beimWirkungsgrad der Anlagen, teils auch ein etwaserhöhter Bedienungsaufwand. Dies äußert sichetwa in relativ großen Spiegelflächen, um dienicht vollkommene Wärmedämmung derKocher zu kompensieren, oder in mit Gewichts-belastung oder Federwerk betätigten Einrich-tungen zur Verfolgung der Sonne durch diekonzentrierenden Parabolspiegel.

Hohe Anforderungen an eine robuste Mecha-nik haben dazu geführt, dass einfache Typender Solarkochern die weitaus größte Verbrei-tung gefunden haben. Die Ausführung mitkonzentrierenden Kollektoren bleiben vor allemGroßküchen und Einrichtungen wie Schulenvorbehalten. Die Kapazität solcher Systemekann für bis zu 400 Mahlzeiten täglich reichen,Brennstoffeinsparungen von rund 100 kg Holztäglich sind mittels solcher Anlagen erzielbar.

Der Kostenrahmen für Solarkocher reicht vonrund 500 DM für kleine Kochgeräte (Famili-engröße) im Selbstbau bis zu 20.000 DM fürein Kochaggregat einer Gemeinschaftsküche(auch hier auf der Basis eines Selbstbaus wesent-26

Dr. Gerd Eisenbeiß • Solarthermie – Wärme und Kraft von der SonneFVS • DGS Themen 2000

Grundsätzlich attraktiv wäre der Einsatz solarerProzesswärme zur Wasserentsalzung in groß-technischen Einheiten von mehreren tausendm3 pro Tag. Bewährte Destillations-Verfahren(z. B. MED Multi EffectDistillation) müssten mitthermischen Solarkraftwerken ähnlich gekop-pelt werden, wie dies heute mit großen Dampf-kraftwerken üblich ist – also als Zweizweckan-lagen für Strom und Entsalzung mittels billigerAbwärme der Dampfturbinen. Einzweckanlagenmit direkter Beheizung der Destillationskolon-nen sind selten, weil die eingesetzte Energieverhältnismäßig teuer ist.

Für die solare Wasserentsalzung wurden in der Vergangenheit verschiedene Technologienexperimentell getestet, wobei lediglich erstekleine solare Entsalzungsanlagen als reine Pro-zesswärme-Anlagen gebaut und versuchsweisebetrieben wurden. Erwähnt sei das spanisch-deutsche Forschungs- und Entwicklungsprojektzur Entsalzung auf der Plataforma Solar deAlmería (PSA) vor 10 Jahren. Mit diesem Projektwurde das größte und aktuellste solarthermi-sche Versuchsvorhaben zur Entsalzung (STD) in jüngerer Zeit realisiert. Es war als Einzweckanlage für reinen Solarbe-trieb mit einer Entsalzungskapazität von 3 m3

Wasser pro Stunde mit dem MED-Verfahrenkonzipiert. Es verwendete zur solaren Beheizungdie auf der PSA bereits vorhandenen ACUREX-Parabolrinnen. Mit dieser Anlage wurden wertvolle Erfahrungen und Grundlagen für die

Abbildung 8Kochkiste undKochstelle mitgetrenntemSolarkollektor

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FVS • DGS Themen 2000Dr. Gerd Eisenbeiß • Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne

licher Teile und einer Lieferung nur weniger me-chanischer Komponenten, etwa jene zur Nach-führung der Parabolspiegel).

4. Solarthermische Kraftwerke

Solarthermische Kraftwerke beruhen auf derMöglichkeit, direkte Solarstrahlung mittels Spiegeln zu konzentrieren und in der Focus-fläche Arbeitsmedien auf hohe Temperaturenzu erhitzen. Je nach Spiegelgestaltung kann die Fokusfläche ein Absorberrohr in der Brenn-linie einer Parabolrinne sein (Abb. 9) oder einStrahlungsempfänger nahezu punktförmiger Gestalt im Brennpunkt eines Spiegelparabo-loids (Abb. 10). Varianten ergeben sich aus derGröße der Spiegelfläche: bis zu Spiegeldurch-

messern von gut zehn Metern sind einheitlicheParaboloidspiegel möglich und üblich – zumeistmit einem Stirlingmotor als Energiewandler vonetwa 20 kW Leistung versehen. Für größereLeistungen bis über 100 MW wird das optischerforderliche Paraboloid aus einzelnen Facettenzusammengesetzt, so dass das Solarfeld ausvielen nachführbaren Heliostaten besteht. Alle diese Technologien sind heute mehrfachrealisiert und demonstriert. Am eindrucksvoll-sten ist sicher noch immer die solarthermischeKraftwerkskapazität von etwa 350 MW inKalifornien, aus der mit über 8 TWh die meistebisher erzeugte solare Elektrizität stammt.

Warum sind diese Technologien nicht erfolg-reicher im Markt, obwohl sie doch zumindest in der Variante der kommerziell erprobten Rin-nenanlagen den weitaus billigsten Solarstromzu liefern vermögen – sicher unter 10 cent/kWhim Sonnengürtel der Welt?

Die Antwort ist vielschichtig, endet aber miteiner sehr optimistischen Prognose. Zunächstsind alle Solartechniken mehr oder weniger un-wirtschaftlich, wenn man sie mit spitzem Blei-stift kalkuliert und mit fossil befeuerten Anla-gen vergleicht. Insofern sind nur jene erneu-erbaren Energien in breite Anwendungengekommen, denen mit teilweise groß-zügigen staatlichen Programmenund Rahmenbedingungen (wieden Stromeinspeiseregelun-gen) nachhaltig geholfenworden ist. SolarthermischeKraftwerke haben bis aufden Sonderfall Kalifornien(Abb. 12) vor mehr als zehnJahren nirgends vergleichbareHilfe erfahren, weil sie nicht injenen reichen Ländern des Nor-dens errichtet werden können, indenen zudem eine hohe öffentliche Em-pfindlichkeit hinsichtlich Umwelt- und Klima-gefahren besteht. Wenn heute in DeutschlandStromvergütungen von bis zu 1 DM pro kWhfür Solarstrom gewährt werden, verhilft das sehrviel teureren Solartechnologien zu Marktchan-cen, nicht aber der Solarthermie, weil solarerImportstrom nicht von der Regelung profitiert.Es ist zwar richtig festzustellen, dass solar-thermischer Strom etwa aus Südspanien oderMarokko selbst an einer Freiburger Steckdosebilliger wäre als Solarstrom vom FreiburgerDach, aber politisch ist es eben so, dass deut-sche Politik sich nur für deutsche Stromerzeu-gung verantwortlich fühlt. Dass solarthermi-sche Kraftwerke nicht in deutschen Wahlkreiseneingeweiht und betrieben werden können, ist sicherlich auch eine relevante Feststellung.

Abbildung 9Linienfokussierungin einerParabolrinne

Abbildung 10Punktkonzen-tration in einemDish-Stirling-System

Abbildung 11Punktkonzen-tration in einerSolarturmanlagemit Heliostaten-feld (Heliostatesind zweiachsignachgeführteEinzelspiegel).

Empfänger

Konzentrator

Parabolrinnensystem

Abb. 9

Empfänger

Heliostate

Solarturm-System

Empfänger

Konzentrator

Dish-Stirling-System

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Blickt man auf jene Länder, die ein geeignetesKlima für solarthermische Kraftwerke haben, so ist eine weitere Feststellung wichtig: dieseLänder – ob Industrieländer wie die USA oderärmere Länder wie Ägypten – haben spätstensmit der Liberalisierung der Strommärkte einSystem geschaffen, in dem nur das betriebs-wirtschaftlich günstigste eine Chance auf Reali-sierung hat. Damit können erneuerbare Ener-gien nur reüssieren, wenn es Geldgeber gibt,die Anschubfinanzierung und eine umweltori-entierte Preisbildung bieten können.

Die auf diesem Gebiet tätige Industrie, das DLR und ihre internationalen Partner haben die-se nachteilige Situation frühzeitig verstanden.Eine Konsequenz war, die internationalen Geld-geber für Nachhaltigkeitskonzepte, also insbe-sondere die Weltbank mit dem Global Enviro-mental Facility (GEF), von der Leistungsfähigkeitder solarthermischen Kraftwerkstechnik zu übe-zeugen. Man kann heute feststellen, dass diesgelungen ist; auch das DLR hat daran gehörigenAnteil, weil es nicht nur geforscht, sondernauch strategisches Marketing betrieben hat.

Mit der erklärten Bereitschaft der Weltbank,nicht nur Solarkraftwerke als Einzelprojekt zuunterstützen, sondern ganze Strategien de-gressiv mitzufinanzieren, hat z. B. die ägypti-schen Regierung entschieden, eine Reihe vonsolarfossilen Hybridkraftwerken zu errichten.

Neben ähnlichen Planungen in anderen außer-europäischen Ländern wie Indien, Mexico,Marokko oder den Vereinigten ArabischenEmiraten ist innerhalb der EU die Entwicklungin Spanien von besonderer Bedeutung. Dortstand man Ende 1999 dicht vor einer gesetzli-chen Regelung, Solarstrom via Stromeinspei-severgütung mit etwa 0,36 DM/kWh zu bezu-schussen. Leider konnte das Verfahren nichtvor der Wahl im März abgeschlossen werden,so dass die begonnen Planungen für mehreresolarthermische Kraftwerke verschiedener

Technologie unterbrochen werden mussten.Die Regelungen, die sich nun andeuten, liegennur bei einem Drittel der erwarteten Vergü-tung; sie können jedoch übergangsweise durchinvestive Zuschüsse ergänzt werden. Man mussnun abwarten, ob und was kommt. Auch dasTheseus-Projekt auf Kreta ist trotz enttäuschendgeringer Förderung seitens EU weiterhin einsolarthermische Kraftwerks-Projekt mit erhebli-cher Bedeutung als Referenzfall europäischerindustrieller Leistungsfähigkeit in dieser Tech-nologie.

Solarthermische Kraftwerkstechnik knüpft andie herkömmliche Technik von Dampfkraft-werken an. Sie verwendet also nicht nur dieausgereiften Komponenten wie Turbinen undGeneratoren, sondern sie integriert damit aufkostengünstige Weise die Eigenschaft, ohne

Abbildung 12Das Solarkraftwerkbei Kramer Junction(CA) mit 150 MW.

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Inverter und teure Speicher Wechselstrom nach Bedarf liefern zu können; Abb. 13 zeigtein Prinzip-Schaltbild. Dies gilt für Rinnen-Kraftwerke ebenso wie für Turmkraftwerke.

Natürlich wird es in Zukunft nicht bei Solar-kraftwerken bleiben können, die in erheblich-em oder gar weit überwiegendem Maße Gasals Brennstoff einsetzen. Deshalb schauen In-genieure und Wissenschaftler bereits auf dieFrage, wie man durch Speicherung Solarstromsolargerecht erzeugen, aber bedarfsgerecht zur

Verfügung stellen kann. Ein Weg ist in Barstow(USA, CA) demonstriert worden: dort hat mandie Solarwärme auf dem Turm der SOLAR-TWO-Anlage (Abb. 14) zunächst in ein Wärme-trägermedium aus flüssigem Salz eingekoppelt,das einem kalten Speicher entnommen undeinem heißen Speichertank auf 560°C zuge-führt wird. Aus diesem Tank kann man dannbedarfsgerecht Salz entnehmen und einemDampferzeuger zuführen, der wiederum einenTurbo Generatorsatz mit Dampf vesorgt. Die intrinsischen Speichereigenschaften dieserTechnik bezahlt man also mit einem gewissenVerlust an Temperatur und Wirkungsgrad.Europäische Fachleute sind von der Qualitätund Wirtschaftlichkeit diese Weges nicht ganzso überzeugt wie diejenigen, die die Technikentwickelt und demonstriert haben. Langfristigsind in jedem Fall billigere Speicherlösungenfür Solarkraftwerke erforderlich.

Nicht nur diese Barstow-Technik, sondern jedes solarfossile Dampfkraftwerk muss sich dieFrage gefallen lassen, ob es das Gas effizientgenug einsetzt; schließlich baut man heuteCombined-Cycle-Kraftwerke mit Wirkungsgra-den, die auf 60% zugehen, so dass jeder Gas-einsatz in reinen Ranking-Prozessen in Bezugauf CO2-Vermeidung suboptimal ist. Einerseitsbedeutet dies, dass reine Dampfkraftwerke deskalifornischen SEGS-Typs tatsächlich nur sehrbeschränkt Gas als Zufeuerung einsetzen dürfen.

Abbildung 13Prinzip-Schaltbildeines solar-fossilenHybrid-Kraftwerks

Abbildung 14 Der Power TowerSOLAR TWO beiBarstow (USA, CA)

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Kombiniert man Solarfelder als Dampfquellemit einem modernen Combined-Cycle-Kraft-werk, so ist sehr genau darauf zu achten, dassdas System im Gasbetrieb nicht wesentlicheWirkungsgradeinbußen hinzunehmen hat. Hier haben detaillierte Simulationsprogrammeihre Aufgabe, wie sie an einigen Stellen derWelt, u.a. im Deutschen Zentrum für Luft- undRaumfahrt (DLR), gut koordiniert entwickeltworden sind. Zwei mögliche Konfigurationenzeigt Abb. 15.

Thermodynamisch günstiger ist es, den er-zeugten Solardampf in den Abhitzekessel desKraftwerks einzukoppeln (Option A in Abb. 15).Berechnungen des DLR zeigen, dass die einge-koppelte Solarenergie in einem solchen Systemmit einem Wirkungsgrad von mehr als 43% in Strom umgewandelt wird. Dies ist deutlichmehr als bei der Einkopplung in ein reinesDampfkraftwerk des SEGS Typs, bei dem nur38% erreicht werden. Auch im Nachtbetriebohne Sonne erreicht ein optimiertes ISCCSSystem praktisch den gleichen Wirkungsgradvon 57% brutto wie ein optimiertes fossilesReferenz-Kraftwerk. Einschränkend zu bemer-ken ist jedoch, dass diese sehr guten Werte nur erreicht werden können, wenn der Anteilder solar erzeugten Leistung mit zehn bis zwan-zig Prozent klein ist gegenüber der gesamtenKraftwerksleistung. Wird das Kraftwerk in der

Grundlast rund um die Uhr betrieben, stam-men daher nur weniger als fünf Prozent derJahresproduktion von der Sonne.

Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Konzep-te für solarthermische Stromerzeugung. Z.B.verfolgen Wissenschaftler und Unternehmen inAustralien die Strategie, im Brennpunkt großerParaboloidkonzentratoren Dampf zu erzeugenund diesen Dampf auf eine Sammelschiene zugeben, die zur Turbine führt. Abb. 16 zeigt denPrototypen eines ”Big Dish” in Canberra. Manplant eine ganze Serie solcher Anlagen imNorden Australiens kommerziell zu errichten.Israel hat u.a. auf ein Turm-Konzept (”reflective

Abbildung 15Zwei möglicheKonfigurationen einesCombined-Cycle-Kraft-werks

Abbildung 16Der australischeBig Dish zurDampferzeugung(Fläche 400 m2)

Abb. 16

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tower”) gesetzt, bei dem der Receiver am Fuß des Turmes angeordnet ist und das an derTurmspitze von einem Spiegel nach unten re-flektierte konzentrierte Licht auffängt.

Eine interessante Frage stellt sich bei Systemender Leistungsklasse um 10 kW, wo Photovoltaikund solarthermische Dish-Stirling-Systeme (Abb. 17) um dezentrale, netzferne Anwendun-gen im Wettbewerb liegen. Landläufig wirddarauf verwiesen, dass die Investitionskostenvon etwa 6000 Euro/kW für beide Systeme inder selben Größenordnung liegen könnten. Bei den Lifecycle-Kosten und dem Kostensen-kungspotenzial beider Technologien könnte esaber durchaus zugunsten der Dish-Systemeausgehen, wenn diejenigen PV-Systemfachleuterecht haben, dass die Lifecycle-Kosten einesautarken PV-Systems nur zu etwa 12% vom in-novativen Kern, der Photozelle stammt. Wo eineGaszusatzverbrennung möglich ist, könntensich hybrid ausgelegte Dish-Stirling-Systememit Heat-Pipe-Receiver als noch günstiger er-weisen; europäische und amerikanische Sys-teme werden gerade getestet.

Photovoltaik wird in diesem Jahrhundert mithoher Wahrscheinlichkeit einen enormen Marktbedienen können und müssen, wo noch lange

Zeit Netze fehlen. Aber es wird der Photovol-taik langfristig schwer fallen, Netze zu ersetzenoder auch nur ihren Vormarsch aufzuhalten.Zu groß ist der Vorteil einer Vernetzung – öko-nomisch wegen der Nichtgleichzeitigkeit vielerVerbraucher und gesellschaftspolitisch, weilVernetzung und nicht Autarkie dem menschli-chen Wesen entspricht. Wo immer der Wohl-stand wächst – und das ist für alle Regionender Welt zu erhoffen – wird das Netz und dieNetzstromversorgung aus den jeweils billigstenGeneratoren im wirtschaftlichen Wettbewerbobsiegen. Da wird es in den Metropolen derWelt schwer werden, solarthermischen Stromaus dem Sonnengürtel der Welt solar zu schla-gen, wenn fossile Energieträger nicht zur Ver-fügung stehen. Sicher hängt diese Tendenzaus-sage an unserer Fähigkeit, die jeweiligen Kos-ten der Technologienutzung durch Forschung und Entwicklung weiter zu senken. Deshalbseien abschließend einige Themen und Projek-te genannt, die dazu beitragen sollen:

Eine Gruppe von europäischen Projekten mitden Namen PAREX, EUROTROUGH und DISSsowie amerikanische Arbeiten dienen der Ver-besserung der Rinnentechnik bei Komponen-ten und Materialien sowie Betriebs- und War-tungsverfahren. Am weitesten greift das spa-

Abbildung 17Dish-Stirling-Anlagen auf derPlataforma Solarde Almería

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nisch-deutsche DISS-Projekt auf der Plata-forma Solar de Almería (Abb. 18), das die solare Dampferzeugung im Kollektor direkt erschlies-sen will, statt der in den bisherigen Anlagenüblichen Thermoöl-Erhitzung, die einen weite-ren Wärmetauschprozess zur Dampferzeugungerfordert. Die Beteiligten untersuchen z. Z. verschieden konzipierte Anlagen einer solchendirekten Dampferzeugung und wollen heraus-finden, welche Konstruktion optimal zur Kosten-senkung beiträgt.

Auch bei der Turmtechnik wird an kostensen-kenden Konzepten für Heliostate und Receivergearbeitet. Am weitesten und jedenfalls ther-

modynamisch am konsequentesten sind jeneArbeiten beim DLR und beim Weizman-Institut(Israel), die Solarwärme in die Brennkammereiner Gasturbine einbringen, z. B. als solar vor-geheizte Brennluft. Denn auf diese Weise wirddie solare Wärme mit den höheren Wirkungs-graden eines G&D-Prozesses genutzt. Das DLRhat auf der Plataforma Solar de Almería zu-nächst am Einzelmodul gezeigt, dass dieses Kon-zept mit einem druckbeaufschlagten, geschlos-senen Receiver mit Sekundärkonzentrator funk-tioniert (Abb.19); nun führt das DLR zusam-men mit spanischen Partnern ein Demonstra-tionsprojekt für die Verfahrenstechnik dreier inReihe geschalteter fortgeschrittener Moduledurch.

5. Auf ins solare Jahrhundert

Auch wenn die Aussagen dieses Artikels wiederholt intrasolare Vergleiche ziehen, umdie große Bedeutung der thermischen Solar-energienutzung zu unterstreichen, soll dochbetont werden, daß die Menschheit in diesemJahrhundert – und zwar schon in den näch-sten Jahrzehnten – alle solaren und erneuerba-ren Energien brauchen wird. Anders wird man das Zieldreieck aus ökonomischer, öko-logischer und sozialer Nachhaltigkeit nichterreichen (Abb. 20).

Abbildung 18 Die DISS-Anlage aufder PSA zur Erprobung derdirektenDampferzeugung

Abbildung 19 Das REFOS-Projekt zur solaren Luftvor-wärmung beiGasturbinen

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Es ist oft darauf hingewiesen worden und ver-dient Wiederholung: ohne Durchbruch bei derbreiten Nutzung erneuerbarer Energien wirdein humanes Leben schon in der nächsten Ge-neration kaum möglich sein. Es gibt wohl keineAnnäherung an das weithin zumindest verbalakzeptierte Ziel der Nachhaltigkeit ohne nach-haltige Lösung des Energieproblems, die unab-hängig von der jeweiligen Einzelmeinung zustrittigen Fragen von Kohle und Kernenergienicht geleistet werden kann. Energie ist undbleibt ein Schlüsselfaktor für die Weiterentwick-lung der Menschen, für die Überwindung derArmut bei den einen und für Sicherung undAusbau des schon hohen Wohlstandes bei denanderen; beides ist gleichermaßen wichtig fürdie Erhaltung des sozialen und internationalenFriedens.

Dabei plädieren die Autoren nicht für solarenAbsolutismus, der verkennen würde, dass noch beträchtliche Zeit insbesondere Kohleaber auch Öl, Gas und Kernenergie die Arbeits-pferde der Weltenergieversorgung bleiben wer-den. Aber es kommt eben auch heute schondarauf an, den Mix zu verändern und erneuer-baren Energien im Energiemarkt Verbreitungzu sichern.

Abbildung 20Weltkarte miterneuerbaren undanderenEnergiequellen

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in Erprobung. Entscheidende Kriterien bei derlandwirtschaftlichen Bereitstellung von Biomas-se sind günstige Energie- und Ökobilanzen, d.h.hohe Flächenerträge bei Vermeidung umwelt-schädigender Maßnahmen und Nutzung einerVielfalt von Pflanzenarten, wie es mit dem Zwei-kultur-Nutzungskonzept möglich ist. An einemRechenbeispiel wird der Flächenbedarf für dieVersorgung eines Dorfes mit Strom und Wär-me dargestellt.

2. Bedeutung der Biomasseals Energiequelle, Potenziale

Die Substitution fossiler Energieträger durchregenerative Energiequellen wird hauptsächlichdurch Biomasse erfolgen (Lehmann, [5] 1998,Vahrenholt, [10] 1999) Während mit Photo-voltaik, Wind- und Wasserkraft nur Strom mitmehr oder weniger großen Angebotsschwan-kungen produziert werden kann, steht dieseQuelle speicherfähiger Sonnenenergie für alleBereiche des Energiemarktes ohne Angebots-schwankungen entweder originär oder nachbiologischen, chemischen oder physikalischenUmwandlungen als Gas oder Flüssigkeit zurVerfügung.

Abb. 1 gibt einen Überblick über technischeMöglichkeiten der Konversion und Verwertungvon Biomasse. Ein Blick auf die Anteile einzel-ner Energieformen am Endenergieverbrauch inDeutschland macht deutlich, dass eine klima-und ressourcenwirksame Substitution fossilerEnergie hauptsächlich im Wärme- und Treib-stoffbereich erfolgen muss, weil der Anteil desStroms am Endenergieverbrauch nur 17%beträgt. Dabei wird auch die zukünftig bedeut-same Wasserstoff-Technologie (stationärer undmobiler Einsatz von Brennstoffzellen) aus Kos-

1. Zusammenfassung

Der Energieträger Biomasse wird in den kommenden Jahrzehnten den größten Beitrag zu einer solaren Energiewende leisten. Für die Bundesrepublik Deutschland beträgt das ener-getisch nutzbare Potenzial mindestens 20%vom derzeitigen Energieverbrauch und erhöhtsich entsprechend dem Umfang an Energieein-sparmaßnahmen.

Der größte Anteil kommt aus dem landwirt-schaftlichen Anbau von Energiepflanzen. Während mit Windkraft und Photovoltaik nurStrom produziert werden kann, der bei uns 17%des Endenergieverbrauches ausmacht, ist dieals Biomasse gespeicherte Sonnenenergie inalle Energieformen umwandelbar. Zu ihrer Her-stellung stehen die verschiedensten Konver-sionsverfahren wie Vergärung, Verbrennung,Vergasung, Pyrolyse, Ethanol-, Methanol, Was-serstoffsynthese, Motor-BHKW, Stirlingmotor,Brennstoffzelle u.a.m. zur Verfügung oder sind34

Biomasse – gespeicherte Sonnenenergie aus der Vielfalt der Pflanzenarten – Potenziale,Bereitstellung, Konversion

Prof. Konrad SchefferUniversität Gh Kassel,

Institut für

Nutzpflanzenkunde

Steinstr. 19

D-37213

Witzenhausen

[email protected]

Abbildung 1Möglichkeiten derUmwandlung undVerwertung vonBiomasse alsEnergieträger

Prof. Konrad Scheffer • Biomasse – gespeicherte SonnenenergieFVS • DGS Themen 2000

Biomasse

Stärke, Zucker

BiogasCH4 u.a.

SynthesegasH2, CO u.a.

Pyrolyseöl

Methanol

Ethanol

MethylesterDieselmotor

Ottomotor

gasförmig flüssig mobil stationär

Umwandlungsprodukte Verwertung

Elektromotor

Brennstoff-zelle

Brennstoff-zelle

Heizwerk Wärme

WärmeStrom

Strom

Strom

Strom

Wärme

Wärme

Wärme

Dampf- BHKW

Motor- BHKW

Stirling- BHKW

ÖL

▲▲

▲▲

▲▲

▲ ▲▲

▲▲

gereinigtungereinigt

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tengründen auf Biomasse und weniger aufelektrolytischer Wasserspaltung basieren. Derweltweite jährliche Zuwachs an Biomasse mitder in ihr gespeicherten Energie übertrifft dasMehrfache des Weltenergieverbrauchs. DerEnergiewert der Nahrung für die Weltbevölke-rung beträgt von dieser Gesamtbiomasse je-doch nur ca. 1%. In Deutschland steht nachunseren Schätzungen ein nutzbares Potenzialan Biomasse von 2.343 Petajoule (PJ) zur Ver-fügung. Das entspricht 16% des Primärenergiebzw. 24% des Endenergiebedarfs. Die Differenzzwischen Primär- und Endenergieverbrauchberuht hauptsächlich auf den Wärmeverlustenbei der Stromproduktion. Da der größte Teilder Biomasse für die Wärme- und Treibstoff-produktion verwendet und Strom aus Biomas-se durch verlustarme Kraft-Wärme-Kopplungerzeugt werden wird, sollte das Substitutions-potenzial der Biomasse eher auf den Endener-gieverbrauch bezogen werden. Neben denWärmeverlusten bei der Stromproduktion re-sultiert die Differenz zwischen Primär- undEndenergie zu 20% aus dem stofflichen Ver-brauch fossiler Energieträger. Viele Roh- undWertstoffe werden zukünftig aus der Vielfaltder Pflanzenarten hergestellt. Die Differenz verringert sich weiter, wenn diese nach Endeihrer Funktion nicht kompostiert, sondernenergetisch genutzt werden (vgl. Abb. 2).

Abb. 3 gibt eine Übersicht über die Biomas-seherkünfte. Den größten Anteil kann mit1.561 PJ die Landwirtschaft bereitstellen, wäh-rend aus der Forstwirtschaft bei intensivererNutzung der Wälder 680 PJ, aus Landschaftund Kommunen 102 PJ zur Verfügung stehenkönnten. Zusätzlich können organische Abfälleaus der Industrie energetisch genutzt werden.

3. Bereitstellung der Biomasse

Im Ressourcen- und Klimaschutz liegen allge-mein anerkannte Umweltwirkungen der ener-getischen und stofflichen Biomassenutzung.Zusätzlich bieten jedoch diese Nutzungsfor-men große Chancen einer Entlastung natürli-cher und bewirtschafteter Biotope durch öko-logisch orientierte Landnutzungsformen. Diese liegen in: • Schutz bzw. Erhöhung von Pflanzen-

und Tierartenvielfalt,• Verhinderung einer Eutrophierung

schutzwürdiger Biotope,• Erhaltung genetischer Ressourcen,• Verhinderung von Bodenerosion,• Vermeidung von Nährstoff- und

Pestizideinträgen in das Grundwasser,• Verringerung der Emissionen von Gasen,

die Klima, Boden und Gewässer belasten.

Die geforderten ökologischen Landnutzungs-formen müssen zusätzlich eine hohe Effizienzin der Flächenproduktivität (hohe Erträge beiniedrigem Energieaufwand) haben, um zusätz-lich zur Deckung des Nahrungs- und Futter-bedarfs noch Energie- und Wertstoffe bereit-stellen zu können. Dazu ist auch, wie Jahrhun-derte zuvor, eine intensivere, aber nachhaltigeNutzung der Wälder notwendig.

FVS • DGS Themen 2000Prof. Konrad Scheffer • Biomasse – gespeicherte Sonnenenergie

Abbildung 2Schema der energeti-schen und stofflichenNutzung einer Vielfaltvon Pflanzenarten

Abbildung 3Aufkommen vonBiomasse aus verschiedenenProduktionsbereichenund verfügbaresEnergiepotenzial (PJ)

Biomasse

35

Thermische Nutzung

Baustoffe

Folien

Formteile

Papier

Schmierstoffe

Textilien

Verpackungsmaterial

u.v.m

Landwirtschaft (1561 PJ)

Reststoffe(Stroh, Gülle)

Energie-pflanzen

Durchforstungs-holz

Restholz

Holzplantagen

Aufwüchse von- Naturschutz-

flächen- Straßen- und

Gewässerrändern

Aufwüchse vonGrünflächen,Laub,Sträucher,Bäume,Bioabfall

Holzabfälle,Abfälle aus Lebensmittel-verarbeitung

Forstwirtschaft (680 PJ)

Landschaft (102 PJ)

Kommunen

Industrie

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Einerseits fordern wir eine ökologisch verträgli-che Produktion der Biomasse, andererseits müs-sen sich Chancen für Landwirte eröffnen, indezentralen Anlagen selbst Energie zu produ-zieren, damit über zusätzliche Wertschöpfungbäuerliche Existenzen gesichert werden können.Der Landwirt wird zum Energiewirt (vgl. [2]Graß, Scheffer, 2000). Die in Abb. 4 aufgezeig-ten Nutzungsmöglichkeiten von Feuchtbio-masse stellen eine solche Chance dar.

Den einfachsten, technisch erprobten Wegstellt die Fermentation zu Biogas dar. Dabeikönnen auch die auf dem Bauernhof anfallen-den tierischen Exkremente (Gülle) mitgenutztwerden. Der Nachteil der Fermentation vonBiomasse besteht in der geringeren Energie-ausbeute und dem zusätzlichen Wärmebedarffür die Beheizung des Fermenters.

Zukünftig werden die Techniken der Vergasungoder Pyrolyse bedeutsamer, weil hiermit eineum ca. 30 % höhere Energieausbeute zu erzie-len ist. Die Aufbereitung des Siliergutes zuBrennstoff für Vergasung und Pyrolyse erfolgtdurch Entwässerung mit einer Schneckenpresseauf einen Trockensubstanzgehalt von 60%,und ist damit vergleichbar mit Holzhackschnit-zeln und Braunkohle. Als Vergasungsprozesswürde sich die allotherme Vergasung (externeEnergiezufuhr) am besten eignen, weil hierzufeuchte Biomasse benötigt wird. Wir hoffen,daß in wenigen Jahren Anlagengrößen mitelektrischen Leistungen von <300 kW zur Ver-fügung stehen. Wie aus Abb. 1 ersichtlich,kanndas Synthesegas - von Teerstoffen befreit - einMotor-BHKW oder ungereinigt einen Stirling-motor antreiben.

Durch den Entwässerungsvorgang erfolgt eineerhebliche qualitative Aufwertung des Brenn-stoffes, denn mit dem Wasser werden demBrennstoff auch in ihm gelöste Mineralstoffeentzogen. Bis zu 50% des in den Pflanzen ent-haltenen Stickstoffs und 40 bis 80% der übri-gen Mineralstoffe werden aus dem Brennstoffentfernt. Damit vermindern sich u.a. durchStickstoff bedingte NOx-Emissionen und durchChlorid und Kalium hervorgerufene Korrosions-schäden ([3] Heinz et al., 1999). Versuche zur Verbrennung und Vergasung von entwässerterMaissilage in größeren Anlagen haben sehr

Unsere Nutzungskonzepte erstrecken sich auflandwirtschaftliche Nutzflächen, Naturschutz-flächen, Wege- und Gewässerränder sowiekommunale Grünflächen. Voraussetzung fürdie Umsetzung o.g. Ziele ist die Ernte, Lager-ung und Brennstoffaufbereitung von feuchterBiomasse ([8] Scheffer, 1998; [9] Stülpnagel,1998).

3.1. Lagerung undAufarbeitung

Die Grenze zwischen trockenen und feuchtenBiomassen, die als Energieträger Verwendungfinden sollen, ist ein Wassergehalt von 15%.Biomassen mit einem Wassergehalt von 15%,der sich zur Ernte eingestellt hat oder durchTrocknung auf dem Feld herbeigeführt wurde,sind lagerstabil. Steigt der Wassergehalt über15%, so ist eine Trocknung oft nicht möglich.Diese Biomassen verrotten unter Substanzver-lust, Geruchsbildung, Gefahr der Selbstent-zündung und Schadgasemissionen. Konservier-ungsverfahren, wie sie in der Lebensmittel-technologie angewandt werden, sind zu teuer.

Gegenwärtig können nur mit Hilfe von Milch-säurebakterien unter anaeroben Bedingungen,also in Form der in der Landwirtschaft zurFutterkonservierung praktizierten Silageberei-tung, feuchte Biomassen in großen Mengenkonserviert werden. Anaerobe Verhältnisse setzen hohe Verdichtung voraus. Daher mussdas Material stark zerkleinert und ausreichendfeucht (>50% Wassergehalt) sein. Nahezu allenicht holzartigen Pflanzenarten sind auf dieseWeise konservierbar. 36

Prof. Konrad Scheffer • Biomasse – gespeicherte SonnenenergieFVS • DGS Themen 2000

Abbildung 4Zwei Nutzungswegefür feuchtkonservierteBiomasse mit derMöglichkeit ihrerKombination

Gülle

Gärrückstand(Dünger)

Strom

mechanische Entwässerung

Brennstoff

BHKW

Presse-wasser

(Dünger)

Fermentation zu Biogas Vergasung, Pyrolyse

WärmeStrom

BHKW

Wärme

feuchte Biomasse(Silage)

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gute Emissionswerte ergeben (Scheffer et al.,1996). Mit der Silierung sind 7% und der Ent-wässerung 12% Substanzverluste verbunden.Substanzverluste bei der Entwässerung beste-hen aus sedimentierbaren festen und aus lösli-chen Bestandteilen, wie Mineralstoffen, Milch-säure und anderen organischen Säuren. BeiZufuhr des Presswassers in eine Biogasanlagekönnen die organischen Bestandteile vollgenutzt werden (vgl. Abb. 4).

3.2. Feuchtbiomassevom Acker

Das neue Anbausystem beruht auf der Erntevon möglichst zwei Kulturen pro Jahr. EineZweifachnutzung wird möglich, da die Ausreifeder Erstkulturen nicht abgewartet und somitVegetationszeit für den Anbau einer Zweitkul-tur gewonnen wird. Die Zweitkultur wird nachder Ernte der Erstkultur ohne Bodenbearbei-tung zwischen die Stoppeln gesät. Die Stop-peln der Vorfrucht bieten einen idealen Schutzvor Bodenerosion.

Beispiele für überwinternde Kulturen sind dieheimischen Getreidearten, des weiteren Rapsund Rübsen, Futterpflanzen und Stickstoff fixie-rende Winterleguminosen. Als Folgekulturenkönnen die hoch produktiven Pflanzen Maisund Hirse sowie Sonnenblumen, Hanf, Ölret-tich und Gräser angebaut werden (vgl. Abb. 5).

Artenvielfalt und Nutzung pflanzengenetischerRessourcen sind in beliebiger Vielfalt möglich.Da Reifetermine nicht abgewartet werdenmüssen, kann fast jede Form von Sorten- undArtenmischungen gewählt werden. An diePflanzenarten werden keine besonderen Quali-tätsansprüche gestellt. Damit erweitert sich dasSpektrum der nutzbaren Herkünfte bis hin zurNutzung vieler sonst nur in Genbanken aufge-hobener pflanzengenetischer Ressourcen. Wieunsere Versuche mit Gerste ([1] v. Buttlar, 1996)gezeigt haben, können alte Sorten einen höhe-ren Gesamtertrag als moderne Sorten bringen.Ackerwildpflanzen (Unkräuter) sind für Kultur-pflanzen nicht nur Konkurrenten um Standort,Wasser und Nährstoffe sowie Wirtspflanzenund Zwischenwirte für Krankheiten und Schäd-linge, sondern auch mit ihren Blüten und

Blättern Nahrungsgrundlage für viele Nütz-linge eines Agrarökosystems. Sie sind somit Teilder Artenvielfalt, die angestrebt wird.

Bei dem Zweikulturnutzungssystem und derthermischen (und stofflichen) Verwertung derBiomasseaufwüchse können im Gegensatz zuanderen Anbauverfahren und Verwertungs-richtungen die Ackerwildpflanzen weitgehendtoleriert werden, weil diese Pflanzenarten einenTeil des Gesamtertrages ausmachen. NebenHerbiziden scheidet auch die Anwendung vonFungiziden und Insektiziden aus, weil bei frü-her Ernte Schaderreger wenig Ertragsverlustehervorrufen ([4] Karpenstein-Machan,1997).

Die jährlichen Erträge an Trockenmasse (TM)liegen bei ausreichenden Niederschlägen und guter Bodenqualität um mindestens 50% höher als bei konventionellem Anbau von Ener-giepflanzen wie Triticale. Die von uns erzielten Erträge von 18 bis 25 t TM/ha entsprechen einem Heizöläquivalent von ca. 8.000 bis 11.000 Liter/ha.

3.3. Energetische Pflanzennutzung alsNaturschutzmaßname

Teils mit kleineren, teils mit größeren Fragmen-ten ist die gegenwärtige Agrar- und Forstland-schaft von naturnahen Landschaftselementendurchsetzt. Obwohl ihr Flächenanteil relativgering ist, leben in diesen Gebieten die Mehr-zahl der schutzwürdigen Pflanzen- und Tierar-ten ([3] Stülpnagel, 1998). Nicht der Verbleib 37

FVS • DGS Themen 2000Prof. Konrad Scheffer • Biomasse – gespeicherte Sonnenenergie

Abbildung 5Abhängigkeit dernutzbarenPflanzenvielfalt vomWassergehalt zumZeitpunkt der Ernte

trocken feucht> 50 %< 20 % 20-50 %

W a s s e r g e h a l treifes Getreide 1 Schilfgräser 3

Heu 2 Holzhackschnitzel 3

1 Nachtrocknung Ernterisiko 2 zu hohe anorg. Elementgehalte 3 Begrenzte Lagerfähigkeit 4 Ernte vor der Samenreife

Getreide (in Milch-/Teigreife)Getreide-ArtenmischungenRapsRübsenGrasGetreide/Winterleguminosen+ Ackerwildpflanzen 4

Mais und HirseSonnenblumenHanfÖlrettichSenfPhaceliaGras u.a.m.

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In unserem Fall ist nur ein einmaliges Befahrennotwendig, um die Grünmasse zu bergen, weildas Ernten von der Witterung unabhängig und jederzeit möglich ist, wenn die Samen derPflanzen gereift sind und die Vermehrung derTiere im Schutz der Vegetation erfolgt ist.

Auf Grund gesetzlicher Vorschriften kommt fürdie Entsorgung von Abfallbiomasse neben derVerbrennung hauptsächlich nur die Kompos-tierung in Frage. Diese ist jedoch mit hohenKosten, Geruchs- und Schadgasemissionen undAbsatzschwierigkeiten des Kompostes verbun-den. Daher sollte auch die Verwertung kom-munaler Abfallbiomassen auf thermischemWege erfolgen.

4. Flächenbedarf und regio-nale Wertschöpfung bei einerStrom- und Wärmeversor-gung eines Dorfes mit 500Einwohnern

Abb. 6 gibt den geschätzten Strom- undWärmebedarf von 500 Einwohnern und diedamit verbundenen Ausgaben wider.

Die Energiebereitstellung erfolgt bei diesemRechenbeispiel über die Nutzung von feucht-konservierter Biomasse in einer Biogasanlageund von Stroh (oder Restholz) in einer Heizan-lage zur Deckung des hohen Wärmebedarfs inden Wintermonaten.

Aus Abb. 7 geht der Flächenbedarf für dieEnergieversorgung des Dorfes hervor. Bei ei-nem (sehr niedrig kalkulierten) Ertrag von 16 t/ha beträgt er für die Biogasanlage 130 ha.Mit dieser Biomasse produziert das Biogas-BHKW soviel Wärme für Heizung und Warm-wasserbereitung, daß der Bedarf in den Über-gangs- und Sommermonaten gedeckt ist. Dieproduzierte Strommenge übersteigt den Be-darf um das Doppelte.

Die Wertschöpfung aus der Feuchtbiomassebeträgt somit 400.000 DM für Strom und100.000 DM für Wärme, wobei bei der mone-tären Bewertung der Wärme ein Abzug von

der auf diesen Flächen aufgewachsenen Bio-massen, sondern ihre Abfuhr und Nutzung zueinem die Fauna nicht schädigenden Terminsind Grundlage für die Stabilität dieser arten-reichen Kulturlandschaft. Der Eintrag vonatmosphärischem Stickstoff über den Regenund die zusätzliche Fixierung von Stickstoffdurch Leguminosen führt sonst zu einer Eutro-phierung der Flächen und damit verbundenenzu einer Verarmung an Artenvielfalt.

In vergleichbarem Umfang fallen Biomassen anStraßen-, Weg- bzw. Ackerrändern sowie anSee-, Fluss- und Bachufern an. Auch hier findetin hohem Maße eine Eutrophierung statt, weildie Aufwüchse entweder stehenbleiben, odergemäht und liegengelassen werden. Besondersan Straßenrändern ist neben der sichtbarenArtenverarmung auch mit einer Grundwasser-belastung mit Nitrat-Stickstoff zu rechnen, weilzusätzlich das auf die Straßen fallende nähr-stoffhaltige Regenwasser durch den Autover-kehr auf die Ränder gespritzt wird.

Der gesamten Biomasse, die auf den beschrie-benen Landschaftselementen wächst, ist, soweitnicht holzartigen Ursprungs, gemeinsam, dasssie sehr hohe Gehalte an brenntechnisch stö-renden Mineralstoffen wie Chloriden, Stickstoffund Kalium enthält. Bei ihrer Bergung als Heuwürden diese im Brennstoff verbleiben, beiSilierung und mechanischer Entwässerung wer-den sie im Gehalt deutlich reduziert. Darüberhinaus ist Heubereitung an Weg- und Gewässer-rändern technisch nicht möglich und auf Na-turschutzflächen mit hohem, den Boden bela-stendem Fahrverkehr durch Mähen, Wendenund Abfahren des Aufwuchses verbunden. 38

Prof. Konrad Scheffer • Biomasse – gespeicherte SonnenenergieFVS • DGS Themen 2000

Landwirtschaft und Gewerbe

Privathaushalte

Summe:

Summe: 530.000,- DM

Strom

250.000 kWh

750.000 kWh

1.000.000 kWh

x 0,20 DM/ kWh

= 200.000.- DM

Wärme

50.000 Liter Heizöl

500.000 Liter Heizöl

550.000 Liter Heizöl

x 0,6 DM/Liter Heizöl

(~ 0,06 DM/kWh)

= 330.000.- DM

Abbildung 6Strom und Wärme für 500 Einwohner(Mengen und Kosten)

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20.000 DM erfolgte, weil im Sommer dieWärme nicht voll genutzt werden kann. Damitverdoppelt sich der Geldrohertrag der land-wirtschaftlichen Nutzfläche.

Einschließlich der Strohnutzung ergibt sicheine Gesamtwertschöpfung von 730.000 DM.Subtrahiert man den Geldrohertrag von Getrei-de oder Raps (bisherige Nutzung der 130 ha)von ca. 230.000 DM, so ergibt sich für dieLandwirtschaft und damit für die Kaufkraft derRegion eine zusätzliche Wertschöpfung von ca. 500.000 DM.

5. Literatur

[1] Buttlar, v., Chr.: Erhaltung pflanzengeneti-scher Ressourcen über den Weg der ener-getischen Nutzung von Ganzpflanzen – am Beispiel der Wintergerste. Diss. Kassel/Witzenhausen, (1996) S.193

[2] Graß, R. u. K. Scheffer: Der Landwirt als Energiewirt. II. Internationale Eurosolar-Konferenz im Rahmen der Grünen Woche Berlin, Konferenzband, Eurosolar-Verlag Bonn (2000)

[3] Heinz, A., R. Stülpnagel, M. Kaltschmitt, K. Scheffer, D. Jezierska: Feucht- und Trockengutlinien zur Energie-gewinnung aus biogenen Festbrenn-stoffen – Vergleich anhand von Energie- und Emissionsbilanzen sowie anhand der Kosten. Hrsg.: Universität Stuttgart, Institut für Energiewirtschaft und Ratio-nelle Energieanwendung (IER). Forschungsbericht. Band 63 (1999) ISSN 0938-1228

[4] Karpenstein-Machan, M.: Perspektiven eines pestizidfreien Anbaus von Energiepflanzen zur thermischen Verwertung im System der Zweikulturnut-zung. Konzepte für den Energiepflanzen-bau, DLG-Verlag Frankfurt, (1997) S.183

[5] Lehmann, H.: Ein solares Energie-versorgungskonzept für Europa. ForschungsVerbund Sonnenenergie,”Themen 98/99”, (1998) S. 12 – 18

[6] Rinke, G.: Verminderung von Ammon-iakemissionen aus Gülle durch die Zu-mischung von michsäurehaltigem Rest-wasser aus der mechanischen Entwässe-rung feuchtkonservierter Biomasse als regenerativer Energieträger. Diss. Kassel/Witzenhausen, (1999) S. 183

[7] Scheffer, K., Stülpnagel., R., Geilen, U. u. Oefelein, T.: Einfluß von Aufberei-tung und Lagerung auf die Brennstoff-eigenschaften feuchter Biomassen. Schriftenreihe Nachwachsende Rohstoffe, Bd. 6, Landwirtschaftsverlag Münster, (1996) S. 89 – 107

[8] Scheffer, K.: Ein produktives, umweltfreundliches Ackernutzungskon-zept zur Bereitstellung von Energie und Wertstoffen aus der Vielfalt der Kultur-pflanzen – Ansätze für neue Wege. Beitr. der Akademie für Natur- und Umwelt-schutz Baden-Württemberg, Bd. 27, (1998) S. 65 – 80

[9] Stülpnagel, R.: Förderung der Artenvielfalt und Verbesserung der Brennstoffqualität durch die thermische Nutzung von feucht-konservierten Aufwüchsen aus Naturschutz und Grünflächen. Beitr. der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, Bd. 27, (1998) S. 93 – 116

[10] Vahrenholt, F.: Globale Marktpotentialefür erneuerbare Energien. Deutsche Shell AG, (1999) S. 15 39

FVS • DGS Themen 2000Prof. Konrad Scheffer • Biomasse – gespeicherte Sonnenenergie

Abbildung 7Flächenbedarf zur Strom- undWärmeversorgungvon 500 Einwohnern

130 ha Feuchbiomasse(16 t TM/ha

160 ha Stroh(6 t/ha)

~ 600.000 l Heizöl

Strom

200.000 kWh

nutzbare Wärme

200.000 kWh

400.000 kWh

Biogasanlage

Heizanlage

Summe: 200.000 kWh 600.000 kWh

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ten Programme nicht nur dieses Ziel erreich-ten, sondern auch eine beispiellose technischeund wissenschaftliche Entwicklung auslösten,die alle Forschungsprogramme in ihrer Wirkungweit übertrafen. Daraus lässt sich schließen,dass anwendungsnahe Forschung nur zusam-men mit der Wirtschaft zum erhofften Erfolg,nämlich der Markteinführung beitragen. Die Forschungs- und Entwicklungsprogrammeder achtziger Jahre für Windenergieanlagen imMegawattbereich wurden dagegen in einemmarkt- und damit wettbewerbsfreien Raumdurchgeführt und führten deshalb nicht zu un-ternehmerischen Investitionsentscheidungenzur Serienfertigung und damit Markteinfüh-rung. Die Hoffnungen der Politik, allein durchForschungsförderung die serienreife von Wind-energieanlagen und damit das Anwendungs-interesse der Energieversorger auszulösen,mussten Ende der achtziger Jahre als fehlge-schlagen bezeichnet werden.

Das zurückliegende Jahrzehnt zeigte nochmehr. Nicht alle der in den verschiedenenStaaten der Welt durchgeführten Fördermaß-nahmen zu Gunsten der Windenergie, zeigtenErfolg. So gibt es Staaten, die wie Deutschlandeinen schnellen Ausbau der Windenergie er-lebten und erleben und solche, in denen trotzder existierenden staatlichen Unterstützungkeine dynamischen Entwicklungen einsetzten.Beispiele hierfür sind Grossbritannien undFrankreich. In Großbritannien wird die Mengedes eingespeisten Stroms nach einem Quoten-modell reguliert und in Frankreich durch ein 500 MW Programm limitiert. Beides führtezwar zu einem gewissen Ausbau der Wind-energie, der aber für Erzeuger und Industrieoffenbar wenig Investitionsanreize bot. So kam es z. B. in Frankreich nicht zur Ent-wicklung einer heimischen Herstellerindustie. Und in Großbritannien waren die in den acht-ziger und Anfang der neunziger Jahre nochvorhandenen Hersteller mangels eines heimi-schen Marktes zum Untergang verurteilt.

Zusammenfassung

Die Nutzung der Windenergie nahm währendder vergangenen zehn Jahre einen nicht fürmöglich gehaltenen weltweiten Aufschwung.Waren in Deutschland zu Beginn der neunzigerJahre gerade mal 20 MW Leistung installiert, sowaren es mit Ablauf dieses Jahrzehnts bereits4445 MW, also über zweihundertmal mehr.Ähnlich dynamisch war die Entwicklung fürganz Europa, wenn auch oft erst als Folge desBooms in Deutschland. Spanien ist in derZwischenzeit mit mehr als 2000 MW auf dembesten Wege, Deutschland in wenigen Jahrenals führende Windenergienation zu verdrängen.Getragen wurde und wird dieser schnelle Aus-bau der Windenergie durch eine parallel verlau-fende Entwicklung zu grösseren Windenergie-anlagen mit einer sich stetig verbesserndenTechnik und Zuverlässigkeit. In nur zehn Jahrenwuchs die durchschnittliche Leistungsinstalla-tion pro Anlage um das Sechsfache von 155 kWauf 935 kW. Und die weitere Größenentwick-lung lässt derzeit noch keine Grenze erkennen.Mit Leistungen bis 5 MW und Rotordurchmes-sern deutlich über 100 m setzen die in der Entwicklung befindlichen Großanlagen für denOffshore-Bereich neue Maßstäbe. Dies alles wirdvon einem neuentstandenen Industriesektorgetragen, der schon allein mit dem Markt inDeutschland 1999 einen Umsatz von mehr als3,2 Milliarden DM erzielte.

1. Einleitung

Durch geeignete gesetzliche Rahmenbeding-ungen, ergänzt durch unterstützende Förder-programme des Bundes und der Länder, nahmdie Entwicklung der Windenergie in Deutsch-land im letzten Jahrzehnt einen für alle uner-wartetet schnellen Aufschwung. Aus ”Garagen-firmen“ wurden rasch weltweit tätige Unter-nehmen mit Umsätzen in Millardenhöhe.Bemerkenswert ist auch, dass die von staatlicherSeite zur Förderung des Marktes in Kraft gesetz-40

Windenergie –Erfolg und Perspektiven

Dipl.-Ing.Jens Peter Molly Deutsches

Windenergie-Instiut

GmbH (DEWI)

Ebertstr. 96

D-26382

Wilhelmshaven

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FVS • DGS Themen 2000Dipl.-Ing. Jens Peter Molly • Windenergie – Erfolg und Perspektiven

Anders dagegen Deutschland, Dänemark undSpanien, in denen es Stromeinspeisungsge-setze gibt, die ein freies Spiel der Marktkräfteermöglichen und dem entscheidungsfreudigenHersteller und Investor die Aussicht auf Erfolgund Wachstum eröffnen. So ist es nicht ver-wunderlich, dass aus diesen drei Ländern über95% aller Hersteller kommen.

2. Entwicklung der Anlagentechnik

Die Entwicklung der heutigen Windenergie-anlagentechnik beruht auf einem Prozess, dervor 25 Jahren begann. Seinerzeit herrschte dieMeinung unter den Experten aus Technik undPolitik vor, man müsse und könne Megawatt-anlagen serienreif entwickeln. Man setzte dar-auf, daß diese Megawattanlagen von den Ener-gieversorgern zur Energieproduktion beschafftund zur Stromerzeugung eingesetzt werdenwürden. Das Schwergewicht staatlicher Förde-rung lag damit auf der Entwicklung von Pro-totypen wie Growian. Eine Grundeinstellung,die bis Ende der achtziger Jahre reichte undzur Errichtung mehrerer Prototypen der Mega-wattklasse der ersten und zweiten Generationführte. Zu Growian gesellten sich Namen wieWKA 60, Aeolus I und II, Monopteros, ELSAM-2000, Mod-2 und Mod-5, WTS 75, etc. um nureinige aus der Reihe der fehlgeschlagenen Ent-wicklungen zu nennen. Erst mit Beginn derMarktförderung in den USA, später in Däne-mark und Deutschland, setzte eine technischeEntwicklung bei Kleinanlagen der Größe 50 kWein, die durch den Konkurrenzkampf eines ent-stehenden Marktes zur funktionsfähigen undgleichzeitig wirtschaftlich verkaufbaren Wind-energieanlage führte. Heute gibt es Anlagenmit 1,5 - 2,5 MW, die mit nahezu 50% Anteilam deutschen Markt ihre Funktionsfähigkeitnachgewiesen haben. Vorwiegend für die An-wendung im Offshore-Bereich sind Anlagen bis5 MW in Entwicklung (Abb. 1).

Basierend auf dem bereits bewährten „däni-schen Konzept“, der Begrenzung der Nennlei-stung durch aerodynamischen Strömungsabrissam Rotorblatt, der sogenannten Stallregelung,und einer direkten Kopplung des Asynchron-generators ans Netz, begann die Technikent-

wicklung mit dem denkbar einfachsten unddaher am wenigsten störanfälligen Konzept.Konsequenterweise erlebte dieser Typ vonAnlagen dann auch in Kalifornien, dem erstenwirklichen Windenergiemarkt in den achtzigerJahren, einen beispiellosen Siegeszug. Durchden Erfolg bestätigt wurde dieses Konzept un-verändert in die einsetzende Größenentwick-lung der Anlagen übernommen und ist bisheute - auch im Megawattbereich - eine ange-wandte Technik. Trotz negativer Erfahrungenmit dem Stallregelungsprinzip bei einer derzwei NIBE Anlagen in Dänemark, konnte essich bis in den Megawatt Bereich mit Rotor-durchmessern von über 60 m halten.Allerdings wird der Anteil der Stallregelung beiden ganz großen Windenergieanlagen durchdie augenblickliche Entwicklung langsam ver-drängt, unter anderem durch die Schwierig-keiten der erstmals in der 500/600-kW-Klassefestgestellten ”stall induced vibrations”, diewenn überhaupt nur mit Kunstgriffen, ausrei-chend zu beherrschen sind.

Auch andere Eigenschaften der Stallregelungführen zum Verlassen dieses Regelungskon-zepts. Ungenügende Eingriffsmöglichkeit in dieRegelbarkeit der Anlagen ebenso wie die deut-lich höheren mechanischen Belastungen derRotorblätter bevorteilen die komplizierterenPitch geregelten Turbinen. Bei diesen gibt esneuerdings zwei Varianten, die ”Active-Stall-“

Abbildung 1Größenentwicklungder Windturbinen.Anlagen bis 5 MW in Entwicklung

1985 1989 1992 1994 1998 2001

Ø 70 m

1.500 kW

4.500 kW

600 kW

500 kW

300 kW

50 kW

Ø 46 m

Ø 37 m

Ø 30 m

Ø 15 m

Ø 112 m

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1700

1600

1500

1400

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1100

1000

900

800

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Dipl.-Ing. Jens Peter Molly • Windenergie – Erfolg und PerspektivenFVS • DGS Themen 2000

und die konventionelle ”Pitch-Regelung“.Während bei der ersten Art mit wenigen Winkel-graden der Blattverstellung der Stall aktiv aus-gelöst wird, ist bei der zweiten Variante eineAuftriebsverminderung des Blattprofils durchAnströmwinkelverkleinerung gegeben. Im er-sten Fall führt der Stall zu hohen aerodynami-schen Belastungen, was eine schwere Blatt-struktur zur Aufnahme der Kräfte verlangt,während im zweiten Fall mit über die Nennlei-stung zunehmendem Wind die aerodynami-schen Belastungen sinken, also Struktur- unddamit Masseeinsparungen möglich sind. Obsich Active Stall durchsetzen kann, wird davonabhängen, ob sich das Prinzip auf Dauer ge-genüber dem anderen technisch und damitletztlich wirtschaftlich behaupten kann.

3. Marktentwicklung in Deutschland, Europa und der Welt

Während der letzten zehn Jahre entwickeltesich der weltweite Markt der Windenergie ausserordentlich schnell (Abb. 2), vorwiegendgetrieben durch die Aufstellungszahlen inDeutschland. Waren 1990 gerade mal etwa 30 MW in Deutschland installiert, so waren esEnde 1999 mit fast 4500 MW 150 mal soviel.Allein 1999 wurden mit 1568 MW mehr als1/3 der gesamten installierten Leistung inDeutschland aufgebaut (Abb. 3). 1991 verkün-dete die Umweltministerin von Niedersachsen,es sei das Ziel des Landes im Jahr 2000 minde-stens 1000 MW mit etwa 8000 Windturbinenin Niedersachsen zu betreiben. Mit 1204 MWEnde 1999 wurde das Ziel nicht nur erreichtsondern überschritten. Mit nur 2124 Windtur-binen wurde wegen des enormen Größen-wachstums der Anlagen nur etwa ein Viertelder vorausgesagten Anzahl aufgestellt. Aus einer Branche, die vorwiegend aus enthu-siastischen Kleinherstellern bestand, wurde einIndustriezweig, der allein in Deutschland imJahr 1999 mehr als 3,2 Milliarden DM umsetztund damit direkt und indirekt mehr als 50.000Personen beschäftigt. Mit der Zunahme desUmsatzes ging eine Marktbereinigung einher.Einigen Herstellern gelang es nicht, sich zu be-haupten, andere schlossen sich zu größerenEinheiten zusammen, während wieder anderedurch multinationale Konzerne aufgekauft wur-den, die im sich schnell entwickelnden, welt-weiten Markt der Windenergie ein großes Geschäft witterten und sich entsprechend en-gagierten. Damit sind auch die Chancen einerweltweiten, nachhaltigen Windenergieentwick-lung verbessert. Denn große Konzerne könnenin diesem immer noch risikoreichen und vonder Politik abhängigen Geschäft auftretendeDurststrecken finanziell besser durchstehen.

Neben Deutschland wurde Spanien in Europazu einem weiteren Motor der Windenergieent-wicklung. Mit heute bereits über 2000 MWinstallierter Leistung und künftigen Zuwachsra-ten von über 1000 MW pro Jahr, könnte Spa-nien Deutschland als Windenergieland Nr. 1 innaher Zukunft ablösen. In diesem weniger

Abbildung 2Durchschnittliche Windturbinengrößeder Neuinstallationpro Jahr

Abbildung 3Entwicklung derInstallierten Leistungin Deutschland pro Jahr

Leis

tung

pro

Anl

age

/kW

Anl

age

1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

1000

900

800

700

600

500

400

300

200

100

0

1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

kumulierte installierte Leistung

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durch einen Zuwachs im Jahr 1999 von über3900 MW erreicht, gegenüber 1998 eineSteigerungsrate von 50%. Der größte Anteildavon entfiel mit 3200 MW auf Europa, wobeiauf Deutschland mit fast 1600 MW widerum50% kamen. Möglich wurden diese enormenSteigerungsraten durch die 1999 aufgestelltenWindturbinen der Megawattklasse, die überdie Hälfte aller Installationen in Deutschlandausmachten. Neue Märkte entstehen in Europain der Türkei, die einen großen Bedarf an neuzu installierender Kraftwerksleistung in dennächsten 25 Jahren benötigt, wovon bis zu7000 MW aus dem Wind kommen könnten.Ein riesiges Entwicklungspotenzial zur Wind-

dicht besiedelten und mit höheren Windge-schwindigkeiten gesegneten Land bildete sicheine ähnliche Windenergiestruktur wie inDeutschland und Dänemark. Lokale Hersteller,Projektentwickler und Betreiber bilden auchdort eine alle Elemente umfassende, lokaleMarktstruktur. Immer mehr Länder interessie-ren sich für die Einführung der Windenergie,so dass die Prognosen für die Welt für die näch-sten fünf Jahre von Jahr zu Jahr nach oben kor-rigiert werden müssen und derzeit mit etwa45000 MW beziffert werden. Der größte Anteilentfällt davon auf Europa (Abb. 4), wo für Ende2004 rund 35000 MW prognostiziert werden.Die heute weltweit rund 13900 MW wurden

43

FVS • DGS Themen 2000Dipl.-Ing. Jens Peter Molly • Windenergie – Erfolg und Perspektiven

Installierte LeistungEnde 1999, MW

Installierte Leistungim Jahr 1999, MW

prognostizierte Leistung bis 2004,MW

USA

Kanada

Süd- und Mittelamerika

Summe AmerikaDeutschland

Spanien

Dänemark

Niederlande

Großbritannien

Italien

Schweden

Griechenland

Irland

Portugal

Finnland

Österreich

Frankreich

Norwegen

Türkei

Schweiz

Andere europ. Länder

Summe EuropaV.R. China

Indien

Japan

Andere asiatische Länder

Summe AsienMittlerer Osten

GUS

Andere Länder

Summeandere Kontinente

Summe Welt

2.445

126

97

2.6684.442

1.812

1.738

433

362

277

220

158

74

61

39

34

25

13

9

3

39

9.739262

1035

68

11

1.37618

19

5

161

13.934

477

43

28

5481.568

932

325

54

24

80

44

103

10

10

21

9

4

4

0

0

4

3.19225

43

38

9

1150

0

2

68

3.924

4.845

626

697

6.16812.142

9.912

3.338

1.208

1.312

1.477

1.145

808

329

261

244

214

725

863

579

123

219

34.8991.362

2.185

518

161

4.226273

419

185

2.121

47.414

Abbildung 4Status und weltweite Entwicklung derWindenergie

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Dipl.-Ing. Jens Peter Molly • Windenergie – Erfolg und PerspektivenFVS • DGS Themen 2000

energienutzung haben auch die Länder Süd-amerikas, wo Brasilien mit seinen sehr gutenWindbedingungen und einem vor der Voll-endung stehenden Stromeinspeisungsgesetzwohl als erstes die ökonomischen Voraussetzun-gen für eine großflächige Anwendung schaffenwird. Die Windenergie steht weltweit aber erstam Anfang einer Entwicklung, die nicht nurfossile Energieressourcen schont, sondern dieUmwelt vor den Schadstoffen eines zusätzli-chen Energiehungers der Weltbevölkerungbewahrt und Arbeitsplätze schafft. Selten ist esder Politik gelungen, durch Fördermaßnahmeneinen neuen Industriezweig so effektiv underfolgreich auf die Erfolgsschiene zu bringen.

4. ErforderlicheRahmenbedingungen für dieEntwicklung der Windenergie

Wird die Entwicklung der Windenergie in ein-zelnen Ländern näher betrachtet, so kann fest-gestellt werden, dass für den Erfolg wenigerdie Windverhältnisse ausschlaggebend waren,als vielmehr die gesetzlichen und administrati-ven Rahmenbedingungen. Überall dort, woStromeinspeisungsgesetze für eine Mindest-vergütung und die Abnahme des Stroms sorg-ten, entwickelte sich die Windenergie sehr dy-namisch (Dänemark, Deutschland, Spanien).Dort wo Quoten und Ausschreibungsmodellevorherrschten, war der Markt so uninteressant,dass sich die interne Industrie nicht entwickelnkonnte und von der Bildfläche verschwand, so-fern sie überhaupt existierte (Frankreich, Hollandund England). Am umfassendsten sind wohl dieRahmenbedingungen in Deutschland geregelt.Mit dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) istder weitere Ausbau der Windenergie gesichert,basierend auf den schon früher geregelten po-sitiven Bedingungen des Baugesetzbuchs, dasIndustrieflächen für Windparks vorschreibt, wenndie Gemeinden einen geregelten Ausbau wol-len. Denn wenn sie ausgewiesen sind, dannkönnen nur in diesen Gebieten Windturbinenaufgestellt werden. Wenn Gemeinden solcheFlächen aber nicht ausweisen, dann ist dieWindturbine privilegiert und kann praktischüberall aufgestellt werden ohne großeMöglichkeiten der Ablehnung.

Die Regelung im Baugesetzbuch führte zueiner umfangreichen Flächenausweisung fürdie Windenergie, so dass bis heute genügendFlächen für den Ausbau zur Verfügung stehen.

Eine ähnlich positive Vorschrift findet sich, mit wahrscheinlich nicht erwarteter Wirkung,im neuen EEG. Dort wird geregelt, dass dieEnergieversorger den Ausbau der Hochspan-nungsebene zu bezahlen haben. Bisher sindviele Projekte gescheitert, weil die Energiever-sorgungsunternehmen (EVU) eine Aufnahmeder Energie, mit dem Argument verweigerten, die Hochspannungsebene sei kapazitätsmäßigerschöpft. Die neue Regelung veranlasst dieEnergieversorger, die Netzaufnahmekapazitä-ten einer erneuten Prüfung zu unterziehen, mitdem Ziel, einen vorzeitigen, Kosten verursa-chenden Ausbau zu vermeiden. Neu am EEGist auch, dass jetzt EVU’s von den erhöhtenVergütungen für die Windenergie ebenfallsprofitieren und sich deshalb beispielsweise beiGroßwindparks im Offshore-Bereich engagie-ren könnten. Außerdem wird ein bundesweiterAusgleich der ungleichen finanziellen Belastun-gen aus der Windenergie geregelt, so dassküstennahe Energieversorger mit ihrer hohenStromaufnahme aus Windenergie künftig nichtmehr benachteiligt sind.

Neues Förderziel ist die Anwendung derWindenergie im Offshore-Bereich. Im EEGwird der Offshore-Nutzung eine erhöhte Ver-gütung gewährt, vorausgesetzt der Offshore-Windpark geht vor Ende des Jahres 2006 inBetrieb. Bei den vielen bisher ungelösten recht-lichen und administrativen Schwierigkeiten einrelativ knapper Zeitraum. Das EEG regelt auchdie Aufnahme der Energie aus dem Offshore-Bereich, eine Regelung die bisher fehlte unddaher zum Streit mit den EVU führte. Die mög-lichen zur Nutzung geeigneten Flächen inNord- und Ostsee weisen eine Kapazität füreinige tausend MW auf, die wegen der hohenWindgeschwindigkeiten über See aus energeti-scher Sicht besonders interessant sind.

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5. Künftige Entwicklung derWindenergieDrei Bereiche der künftigen Windenergieent-wicklung können betrachtet werden. Die Chan-cen für eine weitere Verbreitung der Nutzungauf der Welt, der Schritt zu Offshore Windparksund die für die technische Entwicklung not-wendige Forschung, die eng mit der Verbesse-rung der Wirtschaftlichkeit einhergehen wird.

Weltweite Entwicklung

Märkte wie Deutschland, Dänemark, Spanienund neuerdings auch wieder USA, die durcheine sehr dynamische Entwicklung der Wind-energie geprägt sind, sind Vorbild für immermehr Länder, sich auch in der Windenergie zu engagieren. Zwei grundsätzlich verschiede-ne Motivationen liegen dabei vor. Das Ziel derSchadstoffreduktion das hauptsächlich denIndustrienationen der nördlichen HemisphäreAnsporn ist, und der Mangel an Energie, derEntwicklungs- und Schwellenländer zu neuenWegen in der Energieversorgung führt. Dererste Schritt zur Windenergienutzung ist dort,wie in den industrialisierten Ländern, die Ein-speisung ins Netz. Allerdings muss sich derNutzer verstärkt mit der Tatsache beschäftigen,dass die Einspeisung der Energie meist inschwache, nicht sehr stabile Netze erfolgt, dieschnell an ihre Kapazitätsgrenze stossen kön-nen.

Bei genauerer Betrachtung der internen Situa-tion kommen viele Länder zum Schluss, dasskleinere Anlagen im Bereich von einigen zehnkW im Verbund mit einem Diesel ein wichtige-res Anwendungsziel wäre, als der netzparalleleBetrieb. Projekte in dieser Richtung stossenaber auf wenig Gegenliebe bei den Herstellern,da die notwendige Betreuung solcher meistsehr abgelegen betriebenen kleinen Anlagenzu kostenintensiv für die Firmen wäre. Die fälschlicherweise als riesiger Markt bezeichneteWind-Diesel-Anwendung ist demnach nur einriesiges Potenzial, dass unter heutigen Gesichts-punkten nicht erschlossen werden kann. Dies wird erst dann geschehen, wenn in diesenLändern durch netzgebundene Anwendungdie für kleine Windturbinen erforderliche Basis

für Fertigung, Wartung und Betreuung ge-schaffen werden konnte und die Konkurrenz-situation der in diesen Ländern am Markt täti-gen Hersteller die Suche nach neuen Anwend-ungsbereichen verlangt. Die Erschliessung desWind-Diesel-Potenzials ist somit erst im zwei-ten Schritt der Windenergienutzung zu erwar-ten. Alle Versuche, den zweiten vor dem erstenSchritt tun zu wollen, werden wohl nur in Aus-nahmefällen von Erfolg gekrönt sein.

Offshore-Anwendung

Mit der zunehmenden Belegung der Onshore-Standorte rückt der Betrieb von Windparks im küstennahen Offshore-Bereich in den Blick-punkt des Interesses. Gleichzeitig haben dieWindturbinen heute Einheitsgrößen von über 2 MW erreicht, die eine Offshore-Anwendungerst sinnvoll machen. Jeder der großen, welt-weit tätigen Hersteller hat bereits heute Off-shore-Anlagen mit einer Leistung zwischen 2,5 und 5 MW in der Entwicklung. Dänemarklegte einen Entwicklungsplan mit 4000 MWoffshore auf, von dem die ersten Stufen imJahr 2001/2002 verwirklicht wird. In der Nord-see und auch Ostsee werden von deutschenProjektentwicklern Windparks mit Blockgrößenvon bis zu 500 MW geplant, die vor Ende desJahres 2006 in Betrieb gehen sollen, damit sienoch die Vergünstigung einer im EEG festge-legten erhöhten Vergütung in Anspruch neh-men können.

Mit der Offshore-Anwendung gehen auch neue technische Probleme einher. Korrosiondurch die Salzatmosphäre, Erosion durch Wassertröpfchen, Wartungsarmut und hoheLebensdauer verbunden mit der Optimierung der Fundamentierung unter dem Gesichts-punkt der Wassertiefe und Wellenbewegungsowie die Energieübertragung an Land sind die Fragen die es zu lösen gilt. Auch der Trans-port und Aufbau der geplanten großen Mega-watt-Windturbinen verlangen neue Lösungs-ansätze. Damit ergibt sich zu den schon vor-handenen Fragestellungen eine ganze neuePalette an Problemen, die zur Lösung ansteht.

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ForschungHeutige Forschung und Entwicklung in derWindenergie wird in Deutschland von staatli-cher Seite als nicht mehr erforderlich einge-stuft, da Windenergie ein kommerziellesStadium erreicht habe und man deshalb dieForschung der Industrie überlassen könne.Häufig wird unter Forschung im Bereich Wind-energie nur die Verbesserung der Windenergie-anlage gesehen, was aber falsch ist, da in derAnwendung sehr viele ungelöste Fragen aufge-taucht sind, die dringend einer Beantwortungbedürfen, um die wirtschaftlichen Risiken zu reduzieren. Forschung und Entwicklung um-fassen daher zwei wesentliche Bereiche derWindenergie, die Anlagentechnik und die An-wendung.

Bei der Windenergieanlage selbst wird heutejegliche Forschungs- und Entwicklungsaktivitätin den Firmen durch das ungebremste Größen-wachstum der Anlagen dominiert. Es gehtdarum, die nächste Windturbinengröße tech-nisch zu beherrschen, damit sie verkauft wer-den kann. Der Konkurrenzkampf der Firmenuntereinander wird fast alleine über die Größeder Anlagen ausgetragen, nicht über derenQualität, Langlebigkeit oder durch Detailopti-mierung erreichten besonderen Wirtschaftlich-keit. Ein Meter mehr Rotordurchmesser mitdem entsprechend höheren Jahresenergie-ertrag ist auf dem Markt mehr wert als dieVerlängerung der Lebensdauer einzelnerKomponenten. Dieser Entwicklungswettlaufwird erst dann aufhören, wenn das Größen-wachstum ein natürliches Ende gefunden hat.Erst dann werden Entwicklungen zur Kosten-reduktion, Lebensdauererhöhung oder auchbesondere Regelungsstrategien zur Erhöhungdes Energieertrags eine wesentliche Rolle alsUnterscheidungsmerkmal der Produkte spielen.Mit anderen Worten, Forschung und Entwick-lung zur Verbesserung der Windenergieanlagenwird noch lange ein Thema sein müssen, umdie Konkurrenzfähigkeit der Windenergie imVergleich mit anderen Energieträgern zu ver-bessern.

Im Anwendungsbereich der Windenergie tatensich mit der weltweiten Verbreitung der Wind-energie ganz neue Probleme auf. Die gerade in

Dänemark und Norddeutschland übliche An-wendung im turbulenzarmen Flachland mitder dort gegebenen sicheren rechnerischenBestimmung der Windressource spiegelte eineBeherrschung der Materie vor, die in Wahrheitnicht vorhanden ist. Deutlich wurde dies mitdem Betrieb von Windenergieanlagen im hü-geligen bis bergigen Binnenland Deutschlandsund erst recht in den oft schroffen Gelände-strukturen der Mittelmeeranrainerstaaten.

Im sogenannten komplexen Gelände versagendie bisherigen Vorhersagemodelle für denlangjährigen Windenergieertrag am Standort.Die oft erheblichen Turbulenzen schädigen die Windenergieanlagen oder reduzieren ihreLebenserwartung durch deutlich schnellereErmüdung des Materials. Die Risiken für Inves-toren und Banken steigen, aber auch für dieFirmen, die die Windgutachten erstellen, aufderen Ertragsprognose hin zwei- bis dreistelligeMillionensummen investiert werden. Um dieim komplexen Gelände auftretenden Verän-derungen des Windes und dessen Auswirkun-gen besser vorhersagen zu können, sind erheb-liche Forschungsaufwendungen erforderlich,die sich allerdings auch wirtschaftlich auszah-len, wenn es gelingt, durch verbesserte Mo-delle die Risiken zu vermindern. Wegen dererforderlichen aufwändigen Modellierung desWindes über komplexen Geländestrukturenhandelt es sich hier um echte Grundlagenfor-schung, aus der sich der Staat, wenn er dieverstärkte Windenergienutzung will, nicht zu-rückziehen darf. Da weltweit gesehen nicht dieebene, flache Geländestruktur der Normalfallfür den Betrieb von Windparks ist, sondern dasBergland, ist dieser Forschungsbereich für eineweltweite Verbreitung der Windenergie vonganz besonders grundlegender Bedeutung.

6. Schadstoffvermeidung,Energierückzahlzeit, Recyclingund Kostensenkungspotenzial

In einer Abschätzung [2] wird für das Jahr2005 ein Anteil von 4,5% (21.390 GWh) derWindenergie an der Stromversorgung Deutsch-lands prognostiziert. Damit ergibt sich das inAbb. 5 dargestellte CO2-Vermeidungspotenzial.

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Jahr von etwa 15% möglich, aber kaum reali-sierbar. Im Bereich der MW-Anlagen stellen100 Stück heute 100 bis 200 MW Jahrespro-duktion dar, eine Menge die nur wenige Her-steller erreichen. Den nächsten Sprung auf1000 Einheiten pro Jahr erreicht kein heutigerHersteller, denn dies bedeutete 1000 MW bis2000 MW pro Jahr und Firma. Die weltweiteProduktion 1999 betrug aber nur knapp 4000MW, geliefert von mehr etwa 15 Herstellern,das heißt die Durchschnittsproduktion liegt beiungefähr 250 MW pro Hersteller. Ein weiteresReduktionspotenzial liegt in der technischenVerbesserung der Anlagen. Allerdings findetheute im wesentlichen der Konkurrenzkampf

Die Energierückzahlzeit für die Herstellung derWindenergieanlagen, deren Aufbau und Ab-bruch wird in der Größenordnung von sechsbis zehn Monaten veranschlagt, je nach demWindaufkommen am Standort. Untersuchungenzum Recycling oder Weiterverwertung vonWindenergieanlagen nach dem Erreichen derLebensdauer haben gezeigt, dass die befürch-teten Probleme für die Entsorgung der Kunst-stoffteile wie Rotorblätter und Gondelverklei-dungen kein spezielles Problem darstellen. Die Mengen stellen trotz der grossen Stückzah-len von heute keinen grossen Beitrag dar imVergleich zu anderen Bereichen mit glasfaser-verstärkten Kunststoffen (GFK) [3,4].

Das Kostenreduktionspotenzial bei der Herstel-lung von Windenergieanlagen ist heute nochnicht ausgeschöpft. Allerdings muss auch fest-gehalten werden, dass die oft angesprochenenSerieneffekte nicht so gravierend sein können,wie beispielsweise im Automobilbau, weil dieStückzahlen wesentlich geringer sind. Kosten-reduktionen durch Massenfertigung lassen sichnach gängigem Verständnis nur mit Zehnerpo-tenzsprüngen in der Fertigungsmenge realisie-ren. So ist eine Kostenreduktion durch diesenEffekt von 100 Anlagen auf 1000 Anlagen im

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PotenziellerJahresenergietrag

1,9%* - 3,0%**

4,9%* - 7,8%**

8251 GWh (31.12.99)

21390 GWh (Prognose 2005)

5,7%* - 9,1%**

14,7%* - 23,5%**

*Substitution von Kohle, Öl, Gas und Kernenergie **Substitution von Kohle, Öl, Gas

Anteil am Reduktionsziel 25%der CO2-Emission derEnergieversorgung

Anteil am Reduktionsziel 25% der CO2-Emission derStromversorgung

Abbildung 5CO2 Vermeidungs-potenzial inDeutschland bei derVerwendung vonWindenergie zurStromerzeugung [2]

0,93 kg/kWh

0,60 kg/kWh

0,89 kg/kWh

0,58 kg/kWh

7,67 Mio. t CO2

4,95 Mio. t CO2

7,34 Mio. t CO2

4,786 Mio. t CO2

19,89 Mio. t CO2

12,84 Mio. t CO2

19,04 Mio. t CO2

12,41 Mio. t CO2

spez. CO2-Vermeidung Jahresenergieertrag - Prognose bis 2005Stand 31.12.1999

Abbildung 6Beitrag der Wind-energienutzung amCO2-Reduktionszielder Bundesrepublik [2]

Brennstoffersparnis entsprechend dem Strommix (1995) ohne Kernenergie

Brennstoffersparnis entsprechend dem aktuellen Strommix (1995)

Brennstoffersparnis aus Kohle, Öl und Gas

Brennstoffersparnis aus Kohle, Öl, Gas und Kernenergie

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Dipl.-Ing. Jens Peter Molly • Windenergie – Erfolg und PerspektivenFVS • DGS Themen 2000

über die Größe der Anlage statt und nicht mit dem Versuch, sie preiswerter zu machen.Dennoch wird auch diese Entwicklung in ab-sehbarer Zeit verstärkt einsetzen und wahr-scheinlich ein Kostenreduktionspotenzial vonweiteren 10 bis 20% erschließen. Weiter istanzunehmen, dass konventionelle Energieträ-

7. Literatur

[1] BTM Consult ApS: World Market Update 1999, Ringkobing, March 2000

[2] Rehfeldt, K. Potenziale der Offshore-Windenergienut-zung und ihr Beitrag zum Klimaschutz. Workshop Offshore-Windenergienutzung,Technik, Naturschutz, Planung,27.06.2000, Wilhelmshaven

ger künftig verstärkt die von ihnen verursach-ten Umweltschäden finanziell tragen müssen,so dass in zehn bis zwanzig Jahren die Wind-energie keine besonderen Rahmenbedingungenmehr benötigen wird, um mit den konventionel-len Energieerzeugern konkurrieren zu können.

[3] Hinsch, Christian; Söker, Holger. Wenn die Gondeln Trauer tragen.... Entsorgungsmöglichkeiten von Windkraftanlagen, DEWI Magazin Nr. 6, Februar 1995

[4] Kehrbaum Ralph, Perspektiven eines Recycling von Windkraftanlagen, DEWI Magazin Nr. 7, August 1995

Abbildung 7DEWI Windenergie-Testfeld nördlich vonWilhelmshaven mitAnlagen derMegawatt-Klasse und Messmasten

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FVS • DGS Themen 2000Prof. Werner Kleinkauf • Stromversorgung mit erneuerbaren Energien

Überblick*

Um dem Sektor Stromverbrauch und seinenhohen globalen Wachstumsraten nachhaltiggerecht zu werden, müssen erneuerbare Ener-gieträger zukünftig verstärkt Beiträge zur Lö-sung dieser Versorgungsaufgabe leisten. DieVerfügbarkeit von vielseitig verwendbaremWechselstrom ist dabei für die Entwicklungeines Landes von besonderer Bedeutung.

Ausgehend von üblichen Wechselstromstan-dards, werden Techniken zur Stromversorgungmit erneuerbaren Energien beschrieben, diesowohl zur Integration in Stromnetze undderen Ausweitung als auch zum Aufbau vonseparaten Stationen und Inselnetzen geeignetsind. Es wird eine einfach zu entwerfende An-lagenstruktur vorgestellt, die aus verschiede-nen Komponenten zur Energieaufbereitungund Speicherung besteht. Sie ist systemgerechtaus modular zu erweiternden und kostengün-stig zu produzierenden Bausteinen der Strom-versorgung und zugehöriger Kommunika-tionstechnik zusammengesetzt.

Beispiele zeigen die verbrauchergerechte Ge-staltung und den Entwurf von Hybridsyste-men und die kostengünstige Wartung dezen-tral aufgestellter Systeme.

1. Einleitung

Wandel zu mehr Nachhaltigkeit kennzeichnetseit einiger Zeit die Energiewirtschaft in denIndustrieländern und greift auch auf Schwellen-und Entwicklungsländer über. Diese Situationeröffnet eigentlich beste Möglichkeiten, bishe-rige Gepflogenheiten und Verhaltensweisen

auch hinsichtlich ihrer langfristigen Eignungzu überprüfen.

Die derzeit laufende Liberalisierung der Energie-märkte erfüllt diese Anforderung nur begrenztoder erschwert sogar teilweise Fortschritte, dieder Nachhaltigkeit im Bereich Energieversorgungdienen. Neben den Faktoren Ökonomie undVersorgungssicherheit müssen auch Ressour-cen-, Umwelt- und Klimaverträglichkeit beachtetwerden. Auf breite Zustimmung stößt prinzi-piell auch die verstärkte Nutzung erneuerbarerEnergien, da sie zumindest langfristig in derLage ist, wesentliche Beiträge zur weltweitenEnergieversorgung zu leisten und aus Gründender Nachhaltigkeit auch leisten muß [1].

Die Frage, welche Maßnahmen diesen Vorstel-lungen zum Wandel in der Energieversorgungam ehesten gerecht werden, wird jedoch sehr unterschiedlich beantwortet. Zweifellosbedarf es energiepolitischer Rahmenbedingun-gen, die in den Wettbewerb um MärkteZukunfts- und Vorsorgeaspekte auf nationaler,europäischer und globaler Ebene einbringen.Weiterhin müssen natürlich geeignete Umwan-dlungstechniken zur Nutzung erneuerbarerEnergiepotenziale zur Verfügung stehen. Diese Energiewandler sollen sowohl den Anfor-derungen der Verbraucher, den besonderenEigenschaften der Primärenergie (Sonnen-,Windenergie usw.), der Eingliederung in beste-hende Versorgungssysteme sowie den ökologi-schen und ökonomischen Bedingungengerecht werden.

Im vorliegenden Bericht wird auf entsprech-ende Strukturen und technische Fähigkeiten von Anlagen und Komponenten zur Nutzungerneuerbarer Energiequellen eingegangen.

Stromversorgung mit erneuerbarenEnergien – Dezentrale Strukturenund modulare Systemtechnik –

Prof. Dr.-Ing.Werner KleinkaufUniversität Gh Kassel

Wilhelmshöher Allee 73

D-34119 Kassel

[email protected]

Co-Autoren:

Dr. Bruno Burger, ISET

Dipl.-Ing.Günther Cramer, SMA Regelsysteme

GmbH

Hannoversche Str. 3

D-34266 Niestetal

Dipl.-Ing.Oliver Haas Universität Gh Kassel

Wilhelmshöher Allee 73

D-34119 Kassel

Dipl.-Ing.Philipp StraußISET

* Die in diesem Artikel dargestellten Ergebnisse und Erkenntnisse gehen aus Arbeiten hervor, die vom BMBF bzw. BMWi/BEO, der EU und SMA Regelsysteme GmbH gefördert wurden.

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Prof. Werner Kleinkauf • Stromversorgung mit erneuerbaren EnergienFVS • DGS Themen 2000

Dabei konzentrieren sich die Ausführungenauf Systeme zur Stromversorgung, den welt-weit wohl am stärksten steigenden Energiesek-tor (s. Abb. 1). Denn Verfügbarkeit elektrischerEnergie ist aufgrund ihrer vielseitigen Verwend-barkeit für die Entwicklung und die Wettbe-werbsfähigkeit eines Landes unverzichtbar.

Die hier beispielhaft herausgegriffene Prognose(vergl. auch [1]) der weltweiten Steigerung desStromverbrauchs von derzeit 14.000 TWh auf22.000 TWh in 2020 und auf 42.000 TWh in2050 beruht überwiegend auf den Wachstums-raten in Schwellen- und Entwicklungsländern.Zur Verminderung der damit verbundenenUmweltbelastungen sowie zur Förderung sozia-ler und ökonomischer Entwicklung und Erschlie-ßung neuer Märkte kommt der Anwendungregional verfügbarer, erneuerbarer Energie-quellen große Bedeutung zu.

2. Standards zurStromversorgung

Der Einsatz erneuerbarer Energiequellen wirdwesentlich erleichtert, wenn bewährte tech-nische Standards des Aufbaus und der Erweite-rung von Stromversorgungssystemen so weitwie möglich übernommen oder so angepaßtwerden, daß keine Einschränkungen bei derVerwendung hinzunehmen sind.

2.1 Vorzüge desWechselstroms

Die weit überwiegende Anzahl elektrischer Geräte ist zugeschnitten auf einen Anschluß aneine sinusförmige ein- oder dreiphasige Wech-selspannung nahezu konstanter Höhe und Fre-quenz. Dies wird sich auch in Zukunft nichtändern, denn die üblichen Charakteristika undStandards haben folgende, positiveEigenschaften:

• Wechselspannung allgemein ist leicht trans-formierbar in unterschiedliche Spannungs-höhen (im Gegensatz zur Gleichspannung).

• Sinusförmige Wechselspannung hat eineelektrodynamisch unveränderbare Kurven-form trotz differenzierender bzw. integrie-render Baugruppen und Übertragungs-systeme.

• Symmetrische, dreiphasige Wechselspannunghat einen zeitlich konstanten Leistungsfluß (vergleichbar mit Gleichspannung) geeignetzur Energieübertragung (mittlerer und großer Leistungen) und zur Versorgung vonrotierenden Maschinen.

• Nahezu konstante Spannung u. Frequenzsind unverzichtbare Bedingungen für den Anlagenparallel- und Netzverbund-Betrieb.Übliche Werte im Haushalts- und Kleinge-werbebereich sind: 230 V / 400 V (einphasig / dreiphasig, + 6%, -10%, bzw. ± 10%), und 50 Hz (± 1%).

Je nach zu übertragender Leistung und zu über-brückender Entfernung werden andere Span-nungsebenen verwendet. Gleichstromsystemesind dagegen nur zur Energieversorgung mitsehr kleinen Leistungen oder für den Transportbzw. die Übertragung extrem großer Leistun-gen (z. B.Hochspannungs Gleichstromübertra-gung (HGÜ) im Giga-Watt-Bereich) von Bedeu-tung.

Abbildung 1Denkbare Entwicklungdes Weltprimärener-gieverbrauchs

Prim

ären

ergi

e/ 1

03TW

h

1 TWh = 109 kW/h (Quelle: Schell)

1900 1920 1940 1960 1980 2000 2020 2040 2060

400

300

200

100

0

• noch offen

• Geo-/OzeanischeEnergie

• Solarenergie

• neue Biomasse

• Windenergie

• Wasserkraft• trad. Biomasse

Kernkraft

• Erdgas

• Erdöl

• Kohle

1900 2020 2050

Entwicklung des elektrischen Energieverbrauchsnach World Energy Council / llASA

11-103

TWh

22-103

TWh

42-103

TWh

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2.2 Bausteine zum Aufbauvon Wechselstromsystemen

Autonome Versorgungssysteme können zuInselnetzen zusammengefaßt oder an Verbund-netze angeschlossen werden. Dazu ist es sinn-voll, die verschiedenen Anlagen hinsichtlichihrer Aufgaben und Eigenschaften in drei Klassen einzuteilen:

1. Sogenannte netzbildende Elemente müssen in der Lage sein, die geforderte Leistung ab-zudecken und zusätzlich vorgegebene Wertefür Frequenz und Spannung exakt einhalten.

2. Von netzspeisenden Elementen zur Spannungs- und Frequenzstützung wird erwartet, daß sie geregelt Wirk- und/oder Blindleistung (notwendig zur Spannungs-haltung) liefern.

3. Das Gesamtversorgungssystem muß schließ-lich so ausgelegt sein, daß von einfachen netzspeisenden Elementen zur Energielie-ferung ungeregelte Wirk- und Blindleistungs-beiträge eingebracht werden können.

Das Zusammenwirken von mehreren Versor-gungssystemen zu einem Anlagenverbund läßtsich, wie bei der Netzregelung üblich, dannüber Kennlinien (Statiken) gestalten. Diese Sta-tiken dienen der Lastaufteilung sowie der Fre-quenz- und Spannungshaltung, z.B. entspre-chend der Primär-Regelung von Netzen. Dane-ben sind auch spezielle Regelungsalgorithmenfür den Parallelbetrieb von Anlagen anzuwen-den bzw. müssen noch auf die gerätetechni-schen Gegebenheiten – insbesondere bei leis-tungselektronischen Einheiten – zugeschnittenwerden [2].

3. Strukturen undKlassifizierung der Technik

Die Anwendungsbereiche von erneuerbarenEnergien zur Wechselstromversorgung könnenin zwei Bereiche eingeteilt werden:

• Einspeisung in Netze und• Übernahme von Elektrifizierungsaufgaben.

Anlagen zur Stromerzeugung mit erneuerbarenEnergiequellen müssen Eigenschaften besitzen,

die grundsätzlich zur Versorgung von elektri-schen Geräten benötigt werden, dazu gehören:

• übliche gerätetechnische Anschlußwerte, d.h. sinusförmige Wechselspannung konstanter Höhe und Frequenz,

• lastgerechte Dynamik und Leistungsverfügbarkeit,

• ausbaufähige Anlagentechnik und• angemessener Preis.

Für den Ingenieur stellt sich damit die Kern-frage: Wie muß die Anlagentechnik gestaltetsein, daß sie sowohl den Anforderungen derElektrifizierung als auch der Einbindung inVersorgungsnetze gerecht wird?

Die elektrische Wechselstromversorgung läßtsich verbrauchsorientiert nach Leistungsklas-sen und Spannungsebenen staffeln (Abb. 2) [3]und reicht von der überregionalen Verbund-ebene mit Anlagen im 1000-MW-Bereich aufHochspannungsniveau über regionale Vernet-zung mittlerer Spannungshöhe bis hin zu loka-len Angeboten mit der Bildung von Nieder-spannungs-Inselnetzen und der Versorgungeinzelner Lasten im unteren kW-Bereich.

Die Gleichstrombereitstellung nimmt dabeizweifellos eine Sonderstellung ein und bleibtsehr kleinen Lasten im Watt-Bereich vorbehal-ten, wie z.B. der Versorgung von speziellenKleingeräten oder der Beleuchtung von kleinenHäusern oder Wohnungen in Entwicklungslän-dern mit sogenannten Solar-Home-Systems.

Abbildung 2Technik zur elektri-schen Energieversor-gung mit erneuerba-ren Energien – Energieträger,Leistungs- sowieEinsatzbereiche undVernetzungsgrad(Ergänzung von [3])

10W 100W 1kW 10kW 100kW 1MW 10MW 100MW …

Leistungsstaffelung

Solarstrahlung

Solarthermie

Windenergie

Wasserkraft

Öl, Gas, Biomasse

Speicherbedarf

Eins

atzb

erei

che

und

Vern

etzu

ngsg

rad

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Prof. Werner Kleinkauf • Stromversorgung mit erneuerbaren EnergienFVS • DGS Themen 2000

Sie setzen sich z. Zt. besonders erfolgreichdurch und bilden eine Vorstufe der Elektrifizie-rung im konsumtiven Bereich (Licht, Radio usw.).Sie erfüllen aber nicht die Ansprüche an eineuniversell geeignete, ausbaufähige Stromver-sorgung.

Beachtet man die speziellen Eigenschaften und derzeitigen Kosten verschiedener Energie-wandlungsverfahren, dann ergibt sich, daß z.B. die Nutzung der Solarstrahlung mit photo-voltaischen Zellen, die PV-Technik, vornehm-lich bei kleinen Leistungen und dezentralen An-wendungen besondere Stärken hat. Natürlichmuß in den meisten Fällen dann ein elektri-scher Speicher, s. Abb. 2, eine Batterie, odersogar ein öl- oder gasgefeuertes Aggregat er-gänzt werden, um zeitlich unabhängig Leistungverfügbar zu haben. Bei steigendem Leistungs-bedarf kommen dann z.B. Windenergieanlagenoder noch größere Einheiten wie solarther-mische Kraftwerke und natürlich auch Wasser-kraftanlagen hinzu.

Bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellenspielen zwei Bereiche eine herausragende Rolle:

• die Einspeisung in vorhandene Netze sowie deren Ergänzung und

• die Bildung autonomer Versorgungsstatio-nen, deren Erweiterung zu Inselnetzen und Übergängen zu regionalen sowie überregionalen Strukturen.

Interessante Aspekte eröffnen dabei sowohl dieErschließung großer Potenziale mit Maßnah-men zum Leistungsausgleich durch weiträumi-ge Vernetzung (länderübergreifender Verbund:z.B. die Verbindung leistungsstarker Windparksim Süden Europas mit Wasserkraftanlagen inNorwegen [4]) als auch die Bildung von erwei-terbaren, netzkompatiblen Stationen zur Elek-trifizierung. Der weiträumige, durchaus viel-versprechende Verbund leistungsstarker Versor-gungssysteme (Wind, Wasser, Solarthermie u. a.)ist vornehmlich eine strategische Aufgabe über-regionaler Versorgungsunternehmen. Er erfor-dert geeignete Netzstrukturen und ein speziellabgestimmtes Management, z. B. für dieWindenergienutzung im Off-Shore-Bereich.

Die Gestaltung von Anlagen zur autonomenStromversorgung und Bildung von Inselnetzenumfaßt dagegen nahezu alle Möglichkeitender Stromversorgungstechnik allgemein underfüllt daher auch die Voraussetzung zur Inte-gration von Anlagen in vorhandene Netzeunterschiedlicher Leistungsklassen.

Der in Abb. 2 mit einem Kreis gekennzeich-nete mittlere Bereich, die lokale Elektrifizierung entlegener Gebiete, stellt also eine besondersinteressante und große Herausforderung dar.Dieser stark expandierende Markt ist heuteüblicherweise noch Dieselaggregaten vorbehal-ten, eignet sich jedoch wegen der Dezentra-lität und den relativ hohen Stromgestehungs-kosten ausgezeichnet für den Einsatz erneuer-barer Energien.

4. Anlagen- undKommunikationstechnik

Die dezentrale Verfügbarkeit erneuerbarerEnergien – insbesondere von Solar- und Wind-energie – spiegelt sich auch in der Anlagen-technik und deren räumlicher Verteilung wieder.Im Verhältnis zur konventionellen Kraftwerks-technik handelt es sich oft um verhältnismäßigkleine Leistungseinheiten, die in der Nähe zumAbnehmer (Verbraucher oder Netz) angeord-net sind. Die flächenproportional anfallendeLeistung und die vielschichtigen Anwendungs-möglichkeiten geben besonderen Anlaß, übereine Anlagenstruktur nachzudenken, die so-wohl den Eigenschaften der erneuerbarenEnergien, den vielfältigen Einsatzbereichen alsauch einer Serienfertigung gerecht wird.Besondere Vorteile sind dabei durch eine Modu-larisierung [5] zu erreichen, die aufgabenorien-tiert sein sollte, um durch Flexibilität in derAnlagengestaltung den oben genannten Stan-dards zur Stromversorgung entsprechen zukönnen. Es kommt insgesamt also darauf an,eine Systemstruktur zu entwickeln, die aus mit-einander kombinierbaren, kostengünstigenBausteinen zur Wechselstromversorgungbesteht.

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ten zur Leistungssicherung oder auch durchandere Stromerzeuger wie Windenergieanla-gen.

Durch diese strikte, auf der Wechselstrom-Seitegekoppelte Komponentenstruktur ergibt sicheine Vielzahl von Vorteilen:

• für den Anlagenentwurf, • die Erweiterbarkeit, • die Sicherheit, • Standardisierbarkeit, • für die Möglichkeit der Qualitätssicherung • sowie der Serienfertigung.

Damit ist ein erhebliches Kostenreduktionspo-tenzial verbunden.

4.1 Anlagentechnik

Eine einfache Kombination setzt sich z. B. auszwei Grundbausteinen zusammen: Einem mo-dular erweiterbaren Photovoltaikgenerator alsEnergielieferant zur Wechselstromerzeugungund einem Batteriemodul mit Wechselrichterzur Netzbildung (Abb. 3). Diese beiden in Groß-serien herstellbaren Bausteine bilden, über de-finierte Schnittstellen zur Energie- und Signal-übertragung gekoppelt, eine Basiskonfigurationzur photovoltaischen Wechselstromversorgung.

Der Funktion des Batteriewechselrichterskommt dabei besondere Bedeutung zu, denner hat den Netzstandard zu garantieren, dieBatterie zu überwachen und zu führen sowiesich als modularer Baustein so in die Versor-gungsstruktur zu integrieren, daß er den An-forderungen eines Verbundbetriebes gerechtwird. Abb. 4 zeigt in Form des Strom- undSpannungsverlaufs die Reaktion eines derarti-gen Wechselrichters auf die Zuschaltung einermotorischen Last. Dieser Wechselrichter wurdein Kooperation zwischen dem SolarinstitutISET, der Universität Kassel und der Firma SMAentwickelt [6] und wird ein Kernbaustein für kleine, netzkompatible Versorgungsstationenund Inselnetze sein.

Ausbaufähig ist eine solche Modulstrukturdurch Einbindung von Verbrennungsaggrega-

Abbildung 3Dezentrale Stromver-sorgung – ModularenetzkompatibleHybridanlagentechnikmit standardisiertenSystembausteinen(Stromversorgungs-Baukasten)

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Abbildung 4Batterie mit Wechsel-richter zur Netzbil-dung – Strom- (I) undSpannungsverlauf (U)beim Einschalteneines 1,5-kWKompressors

Verbund-netz-

anschluß (optional)

Ver-braucher

im Inselnetz

PV mitInverter

Wind-konverter

Batterie-speicher

Transient-speicher

Verbrenn-aggregat

Ch1 25 V Ch2 100 A M25.Oms Ch4 4.8A

Sunny Island 3,3 KW

Ch1: UBat ➞

Ch2: lBat ➞

Ch3: UNetz ➞

Ch4: lNetz ➞

Ch3 250 V Ch4 10 A

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4.2 Kommunikationstechnik

Die bei den erneuerbaren Energien übliche und zu bevorzugende dezentrale Anlagentech-nik erfordert neue, kostengünstige Strukturenfür die Kommunikation. Aber auch die wachsen-den Anforderungen an Versorgungssysteme imliberalisierten Markt führen zu einem erhöhtenKommunikationsaufwand und bedingen die Ein-führung intelligenter Energieverteilsysteme [7].

In Abb. 5 sind drei Ebenen der Kommunikationdargestellt. Neben der energieseitigen Kopp-lung von Anlagen über den Wechselstrom Ener-giebus bedarf es zur Komponenten- und Anla-gensteuerung noch einer internen Kommunika-tions-Struktur zwischen den einzelnen Baustei-nen. Auf dieser unteren Ebene der Kommunika-tion im Bereich der Anlagentechnik steht dieÜbermittlung von Schaltbefehlen und die Erfas-sung der Betriebsdaten von Versorgungskom-ponenten im Vordergrund. Dazu gehören Mel-dungen, über Betriebszustände sowie Netzgrös-sen (Spannung, Frequenz, Wirk- und Blindleis-tungen) und für den Anlagenbetrieb relevanteKenngrößen (z. B. Speicherinhalt, Solarstrahlung,Windstärke etc.). Wenn die Entfernung derDatenübertragung nicht zu groß ist (<1 km),können hier einfache Übertragungssysteme(sogenannte Feldbusse) zum Einsatz kommen.

Insbesondere eignen sich die standardisiertenund am Markt eingeführten Installationsbusse[8], z.B. für die Integration in vorhandeneGebäudeautomationssysteme.

In dezentralen und autonomen Systemen kommunizieren die Versorgungskomponentenuntereinander und mit einer lokalen Betriebs-führung, die bei einem regionalen Netzver-bund auch die Verbindung zur mittleren, derregionalen Ebene ermöglicht.

Bei der Entwicklung der Komponenten sollteauf die Dialogfähigkeit besonderer Wert gelegtwerden. Damit sich Einheiten unterschiedlich-er Hersteller auf einfache Weise miteinanderverknüpfen lassen, wären auch die Standar-disierung von Schnittstellen und die Definition der Leistungsfähigkeit und ”Intelligenz” beson-ders wertvoll. Grundsätzlich sollte eine dezen-tral eingesetzte Versorgungsanlage so ausge-legt sein, daß sie auch ohne Signale einerübergeordneten Betriebsführung funktions-fähig bleibt.

In der mittleren Ebene, der regionalen Netz-leittechnik, geht es im wesentlichen um dieÜbermittlung von Netzdaten an eine zentraleNetzleitstelle, das Senden von Steuerbefehlenan Trafostationen und Netzschaltstellen sowievon Sollwertvorgaben an die untergeordnetenBetriebsführungen in der Komponentenebene.Während Netzschaltbefehle in der Regel er-eignisgesteuert und ohne Verzögerung gesen-det werden müssen, ist für die Meßdatenerfas-sung bereits ein 10-Minuten-Takt ausreichend.Auch die Weitergabe von Sollwerten an dieBetriebsführungseinheiten der Komponenten-ebene erfordert keine hohe Taktfrequenz. Auf der regionalen Ebene sind für die Signal-übertragung aufgrund großer EntfernungenWeitverkehrstechniken erforderlich. TypischerWeise werden hier Signalkabel, Funk- aberauch Powerline-Übertragungstechniken(Datenübertragung auf dem Schirm von Ener-giekabeln, Rundsteuerungssignale) eingesetzt.

In der oberen Ebene, der zentralen Netzleit-stelle, stehen hauptsächlich planende und über-wachende Aufgaben im Vordergrund. Dazusind ungefähr im Stundentakt Betriebsdatender Versorgungskomponenten notwendig.

Abbildung. 5:Kommunikation in der Energieversor-gung – Strukturenund Aufgaben

Obere Ebenezentrale Leittechnik

Zentrales Management- Zentrale Einsatzplanung- Fernüberwachung- Fern-Diagnose, -Reparatur- Controlling und Abrechnungswesen

Führung des Verteilernetzes- übergeordnete Betriebsführung- lokale Einsatzplanung- Netzbetrieb (Netzleittechnik)

Komponenten und Anlagensteuerung- Koordination zwischen den

Komponenten- Anlagenbetriebsführung

Mittlere Ebeneregionale Netzleittechnik

Untere Ebenelokale Anlagentechnik

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FVS • DGS Themen 2000Prof. Werner Kleinkauf • Stromversorgung mit erneuerbaren Energien

Schalthandlungen werden in der oberen Ebene normalerweise nicht ausgeführt, statt-dessen wird, durch entsprechende Parameter-vorgaben des Netzbetriebs, die zugehörigeregionale Verteilungsebene zu den Schalthand-lungen veranlaßt. Aufgrund der häufig sehrgroßen Entfernungen kommen hier Datenfern-übertragungen über Signalkabel oder Satelli-tenverbindungen zur Anwendung.

Die wiedergegebene Kommunikationsstrukturentspricht im wesentlichen auch den jetzigenGegebenheiten in der Energiewirtschaft. Beider Nutzung erneuerbarer Energiequellen sindjedoch verstärkt die Dezentralität und die ver-hältnismäßig geringen Leistungseinheiten derStromerzeuger zu berücksichtigen. Um hier zu einer wirtschaftlichen Basis zu kommen unddie Anlagen kostengünstig überwachen undFehler erkennen sowie Komponenten wartenund reparieren zu können, wird der Einsatzmodernster Fernwirk- und Überwachungssys-teme, z. B. von einer zentralen Leitstelle aus(Abb. 6), unerläßlich sein. Dies hat natürlichauch Auswirkungen auf die Auslegung der An-lagen und Komponenten. Sie müssen in beson-derem Maße dialogfähig sein.

5. Beispiele zum Aufbau vonStromversorgungssystemen

Eine extremes Beispiel der Modularisierungstellt die 1-MW-Photovoltaik-Anlage der Fort-bildungsakademie in Herne dar [9]. Insgesamt569 auf dem Dach installierte 1,5-kW-Wechsel-richter (Abb. 7) des Typs Sunny Boy der FirmaSMA-Regelsysteme wandeln den Gleichstromder nach architektonischen Gesichtspunkten

Abbildung 6Überwachung undSteuerung verteilterEnergiesysteme

Abbildung 71-MWp-PV-Anlage derFortbildungsakademiein Herne mitAnlagenstruktur

Energie und KommunikationEnergiestation

Regionale Versorgung /Inselnetze

Satelliten-übertragung

Funk-übertragung

Signalkabel

Energie- undSignal-übertragung

Leitzentrale

Lokale Versorgung /Autonome Systeme

Überregionale VersorgungVerbundnetze

Kraftwerk

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auf dem Gebäude verteilten PV-Modulein Wechselstrom um und speisen ihn in dasöffentliche Netz ein. Mit dieser modularenStruktur ist auch eine entsprechende sektoraleBetriebsdatenerfassung und -übertragung ver-bunden. Die erfaßten Meßdaten von bis zu 50 Sunny Boys werden gemeinsam mit der

Energie auf der Netzleitung (Powerline-Kom-munikation) zu einer Einheit zur Datenaufbe-reitung vom Typ Sunny Boy Control übertra-gen und von dort an eine computerbasierteAnlagenüberwachung weitergeleitet.Insgesamt ein Projekt, das angepaßt an dieflächige Energiesammlung durch Photovoltaik-Module den Vorteil einer modularen Gestal-tung der Anlagensystemtechnik eindrucksvolldemonstriert.

Das zweite Beispiel greift die große, weltweiteHerausforderung der Elektrifizierung entlegenerGebiete auf. Im Rahmen eines EU-Projekteswerden auf der griechischen Insel Kythnos [8]drei verschiedene Versorgungssysteme aufge-baut (Abb. 8). Zwei Systeme basieren auf einerKombination von Photovoltaik und Batterie-speicher. In ein weiteres wird zusätzlich einDieselaggregat integriert.

Die einphasige Wechselstromanlage versorgteinen einzeln stehenden Hof, während die bei-den Drehstromsysteme (Abb. 9) jeweils ein In-selnetz bilden, in das verteilt eingespeist wirdund an das 4 bzw. 7 Häuser angeschlossen sind.Die drei Anlagen werden im Herbst dieses

Abbildung 8Strukturen zur dezen-tralen Energieversor-gung auf der griechi-schen Insel Kythnos

Abbildung 9Geplante Installationder dreiphasigenAnlagen in der Buchtvon Gaidouromandraauf Kythnos

Wechsel-richter3,3 kW

Wechsel-richter2 kW

Batterie30 kWh

Batterie50 kWh

Batterie50 kWh

Dieselaggregat9 kVA

PV-Anlage2,2 kWP Passive

LastRotierende

Last

EinphasigesPV-Batterie-System3,3 kW

DreiphasigesPV-Batterie-System10 kW10 kW

10 kW

3x2 kW

3x2 kWP

3x2 kWP+1,2 kWP

3x2 kW+

1,2 kWDreiphasigesPV-Batterie-Diesel-System 18 kW

Energie-Bus 1˜/230 V

Energie-Bus 3˜/400 V

Energie-Bus 3˜/400 V

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FVS • DGS Themen 2000Prof. Werner Kleinkauf • Stromversorgung mit erneuerbaren Energien

Jahres installiert, und schon beim Entwurf zeig-te sich, welche Vereinfachungen durch die Ver-fügbarkeit von modular kombinierbaren Bau-steinen der Energieversorgung zu erreichensind.

6. Schlußfolgerungen

Um dem Gebot der Nachhaltigkeit in derEnergieversorgung folgen zu können, müssenin den kommenden Jahrzehnten große An-strengungen unternommen werden, Energiewesentlich rationeller zu verwenden und ver-stärkt neue Primärenergiequellen einzuführen,die den ökologischen und ressourcenschonen-den Anforderungen gerecht werden. Die erneuerbaren Energien haben dabei eineführende Rolle zu übernehmen. Da dem Sektorder Stromversorgung aufgrund seiner Bedeu-tung für die Entwicklung eines Landes weltweitdie größten Wachstumsraten vorausgesagt werden, kommt ihm besondere Aufmerksam-keit zu.

Neben den Kosten, den Finanzierungsmöglich-keiten und energiepolitischen Rahmenbedin-gungen wird die Struktur und Anwendbarkeitder Anlagen für die erfolgreiche Einführungvon Techniken zur Nutzung erneuerbarer Ener-giequellen ausschlaggebend sein.

Nachfolgend sind einige Bedingungen für denEinsatz erneuerbarer Energien aus systemtech-nischer Sicht heraus aufgelistet. Sie betreffensowohl die Technik an sich, als auch notwendi-ge Maßnahmen zur Weiterentwicklung undgehen auf die Herausforderung weltweiterElektrifizierung ein:

• Dezentrale Strukturen der Stromerzeugung und Fernwirksysteme begünstigen den Einsatz erneuerbarer Energien.

• Die erfolgreiche Erschließung von Anwendungspotenzialen setzt das Einhalten üblicher technischer Standards (Netzkompatibilität) voraus.

• Eine modular strukturierte, dialogfähige Anlagentechnik (Bausteinprinzip)– erleichtert die Nutzung erneuerbarer

Energiequellen,– ermöglicht die Erweiterbarkeit,

– verbessert die Integrationsfähigkeit (Hybridsysteme, Netze),

– vereinfacht den Betrieb und die Wartung,– eröffnet vielfältige Anwendungen,– fördert die Serienfertigung,– reduziert den Entwurfsaufwand und

die Herstellkosten.

Forschung- und Entwicklungsmaßnahmen zurWeiterentwicklung der Systemtechnik:

• Entwicklung dialogfähiger Komponenten und Systeme nach zu definierenden Standards (Plug&Play-Technik).

• Einbindung moderner Kommunikations-techniken zur Betriebsführung Überwach-ung, Wartung und Integration dezentraler Anlagentechnik.

• Weiterentwicklung der Hybridanlagen-technik (Baukastenprinzip) gestaffelt nach Leistungsklassen.

• Entwicklung leistungsfähiger Regelalgorith-men für den Parallelbetrieb von Versorgungs-komponenten (Stromrichtern).

• Kostenreduktion der Energieaufbereitung durch Entwicklung zugeschnittener Halbleiter zur Steuerung und Leistungsauf-bereitung (große Stückzahlen).

Abschließend soll noch eine Maßnahmezur Erweiterung des Anwendungsspektrums herausgestellt werden. Der Einstieg in den Bereich der Elektrifizierung durch Konzen-tration auf geeignete Zielländer erfüllt die aneine zukunftsträchtige Technik zu stellen-den Forderungen nach

• weltweiter Umsetzung gewonnener Erfahr-ungen und Fortschritte (z. B. des 100.000-Dächer-Programms) und

• Gewinnung neuer, expandierender Märkte.Mit der wachsenden Bedeutung der erneu-erbaren Energien ist auch die Beschäftigungmit und in der Energietechnik wieder be-sonders interessant geworden und eröffnet umfangreiche Perspektiven.

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Prof. Werner Kleinkauf • Stromversorgung mit erneuerbaren EnergienFVS • DGS Themen 2000

Literatur[1] Bundesumweltministerium

(Herausgeber): Erneuerbare Energien undNachhaltige Entwicklung. 2. Auflage, Berlin, Oktober 1999.

[2] A. Engler: Regelungstechnische Aspekte des Parallelbetriebs von Stromrichtern. In: Kasseler Symposium Energie-System-technik, Tagungsband `99. ISET, Kassel 1999.

[3] W. Kleinkauf, F. Raptis, O. Haas: Elektrifizierung mit erneuerbaren Energien – Hybridanlagen zur dezentra-len, netzkompatiblen Stromversorgung. In: Forschungsverbund Sonnenenergie Themen 96/97, Forschungsverbund Sonnenenergie, Köln 1997. ISSN 0939-7582.

[4] G. Czisch, M. Durstewitz, M. Hoppe-Kilpper, W. Kleinkauf: Windenergie gestern, heute und morgen. In: Husum Wind 1999, Kongreßband, Wellmann & Klein, Husum 1999.

[5] W. Kleinkauf, J. Sachau und H. Hempel:Modulare Energieaufbereitung und Anlagentechnik – Strategische Ansätze zur Gestaltung PV-gerechter Systemtechnik. In: Forschungsverbund Sonnenenergie ”Themen 92/93”, Forschungsverbund Sonnenenergie, Köln 1993. ISSN 0939-7582.

[6] B. Burger, P. Zacharias, G. Cramer u.W. Kleinkauf: Hybrid Systems – Easy in Configuration and Application. In: Proceedings of the Sixteenth European Solar Energy Conference and Exhibition, May 2000, Glasgow, UK.

[7] VDE ETG: ETG-Fachbericht Neue Kommunikationstechnologien für den Energiemarkt. VDE Verlag Berlin, Offenbach, 2000. ISSN 0341-3934.

[8] P. Strauß, R.-P. Wurtz, O. Haas, M. Ibrahim et al.: Stand-alone AC PV Systems and Micro Grids with New Standard Power Components – First Results of two European Joule Projects ”PV-MODE” and ”MORE”. In: Proceedings of the Sixteenth European Solar Energy Conference and Exhibition, May 2000, Glasgow, UK.

[9] G. Cramer: Solarkraftwerk mit modula-rem Aufbau. In: Elektronik, Heft 19/1999.WEKA Fachzeitschriftenverlag, Poing 1999. ISSN 0013-5658.

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FVS • DGS Themen 2000Harry Lehmann • Solare Vollversorgung für Europa

Eine zukunftsfähige Energieversorgung fürEuropa wird sich auf drei Säulen stützen müssen:erstens auf die erneuerbaren Energien, zwei-tens auf eine effiziente Nutzung der verfügba-ren Ressourcen und drittens auf eine bewußteEntscheidung über einen begrenzten aber aus-reichenden Konsum. Sonne-Effizienz-Suffizienzsind die Eckpfeiler einer zukunftsfähigen Ener-giewirtschaft. In Anbetracht der Tatsache, daßfür solch eine Entwicklung die meisten benötig-ten Technologien bereits entwickelt und erprobtsind, stellen sich zum jetzigen Zeitpunkt dieFragen:

• Wie können regenerative Energien in das europäische Energiesystem mit einem ausreichend hohen Verbreitungsgrad inte-griert werden? Funktioniert solch ein System dann das ganze Jahr?

• Wie kommen wir dorthin?• Wie hoch sind die Kosten und der Nutzen

einer solchen Strategie?• Welche anderen ökonomischen,

ökologischen und sozialen Ziele könnenauch realisiert werden?

• Welches sind die wesentlichen Hindernisse und Hemmnisse für solch eine Entwicklung?

Diese Fragen wurden in den letzten Jahreninnerhalb verschiedener Projekte untersucht –insbesondere in dem Projekt ”Long-Term-Inte-gration of Renewable Energies into the Euro-pean Energy System and its Potential Economi-cal and Environmental Impacts” [1] und in derSystemanalyse-Gruppe des Wuppertal-Instituts.Wir gingen dabei von ”Extrem”-Szenarien mitsehr unterschiedlichen aber ehrgeizigen, öko-nomischen, sozialen und ökologischen Zielenaus, die in den nächsten Jahrzehnten erreichtwerden sollen. Denn wenn ein europäischesEnergiesystem auf der Basis erneuerbarer Energieunter diesen hohen Ansprüchen darstellbar ist,ist die Realisierungswahrscheinlichkeit einessolaren Europas mit weniger ehrgeizigen Zielenund realistischeren Annahmen über die künfti-ge Entwicklung Europas um so höher.

In einem der untersuchten Szenarien, dem”Sustainable Szenario” (siehe Abb. 1 und 2), isteine Versorgung der EU mit einem Anteil vonüber 90% erreicht worden. Es zeigt sich in die-sem Szenario, daß eine dezentral und regionalorientierte Energieversorgung notwendig ist,um die Potenziale an Sonnenenergie aus-zuschöpfen.

Die Nutzung der vor Ort verfügbaren Ressour-cen an erneuerbaren Energien bedeutet: an denKüsten mehr die Windkraft, in ländlichen Gebie-ten mehr die Biomasse, in bebauten GebietenPhotovoltaik sowie mehr passive Nutzung(Solararchitektur) und aktive Wärmenutzung.Der Austausch der Überschüsse der Regionenmit Hilfe eines überregionalen Netzes ist einweiteres Merkmal dieser Energieversorgungs-struktur. Dieses Netz kann ein Stromnetz oderaber auch ein Gasnetz sein, in das dezentral

Solare Vollversorgung für Europa

Harry LehmannWuppertal-Institut für

Klima, Umwelt, Energie

GmbH

Döppersberg 19

D-42103 Wuppertal

[email protected]

Abbildung 1Entwicklung derEnergienachfrageund Produktion imSustainable Szenario[1]

4500

4000

3500

3000

2500

2000

1500

1000

500

0

Wat

t/Ko

pf

und

Jahr

1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050

Kohle Atom Wasserkraft Solar

ÖL Gas Wind Biomasse

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Harry Lehmann • Solare Vollversorgung für EuropaFVS • DGS Themen 2000

eingespeist wird. Der Transport von hochwer-tiger Biomasse ist eine weitere Möglichkeit.Dieses überregionale Netz dient auch der Spei-cherung von Überschüssen. Das Speicherme-dium kann Biogas sein oder auch mit Stromerzeugter Wasserstoff. In zentralen Großkraft-werken wird die Energie erzeugt, die noch zurBedarfsdeckung fehlt. Zentrale Kraftwerke kön-nen Wasserkraftanlagen, Biomassekraftwerkeoder thermische Solarkraftwerke sein. AuchKraftwerke, die in anderen Regionen erzeugteBrennstoffe wie zum Beispiel Wasserstoff oderBiogas benutzen, sind Teil des zentralen Teil-systems. Die unterschiedlichen Technologiender erneuerbaren Energien müssen sich dabeimit ihren unterschiedlichen Stärken undSchwächen gegenseitig ergänzen.

Eine wichtige Lehre des Sustainable Szenariosist die Erkenntnis, daß die Effizienzsteigerungund die Markteinführung erneuerbarer Ener-gien parallel stattfinden muß. Nur dann kanndie Verringerung des Verbrauchs an Energien,die gleichzeitige Steigerung an Kosten durchdie Markteinführung kompensieren, so daßnegative Effekte für die Wirtschaft vermiedenwerden können. Eine parallele Einführung ver-meidet auch das Entstehen sogenannter Inves-titionsbarrieren.

Die Überprüfung durch ein Simulationsmodellauf Stundenbasis zeigt, daß das ”SustainableSzenario” mit einigen Modifikationen in derLage ist, ganzjährig und zu jedem Zeitpunktund an jedem Ort der EU Energie (Strom,

Wärme und Brennstoffe) in ausreichenderMenge bereitzustellen.

Wenn man die Effizienzsteigerungen imIndustriesektor, im Verkehrssektor und bei denGeräten der Haushalte untersucht, so ist imSzenario mit vorsichtigen Werten gerechnetworden. Die durchschnittliche Steigerung derEffizienz ist 1,6% pro Jahr, verglichen mit demlangjährigen Durchschnitt der letzten Jahre von1,2%, nur ein Drittel höher. Betrachtet manden Gebäudesektor, so ändert sich das Bild.Um die klimapolitischen Ziele einzuhalten,werden in diesem Sektor, technologisch reali-sierbare, aber dennoch starke Steigerungen inder Effizienz und der Nutzung solarer Gewinneangenommen. Diese müssen auch im Baube-stand umgesetzt und die Sanierungsrate euro-paweit verdoppelt werden, um die in diesemSzenario dargestellte Entwicklung abbilden zukönnen.

Selbst unter den für die Potenziale der erneu-erbaren Energien restriktiven Annahmen desSustainable-Szenarios sind genügend Poten-ziale der einzelnen Technologien vorhanden.Dies Szenario zeigt auf, daß Europa in der Lageist, sich 100% aus erneuerbaren Energiequellen zu versorgen. Weicht man die ökologischen Ziele des Sus-tainable Szenarios (insbesondere die ökologi-sche Landnutzung/Landwirtschaft) etwas auf,so erhöhen sich die Potenziale drastisch. Gibtman die sicherlich nicht realistische Szenario-annahme der ”Eigenversorgung” Europas mitEnergie auf, so können andere Quellen hinzu-gezogen werden, wie z. B. solarthermischeKraftwerke in Nordafrika, Wasserenergie ausKanada oder Biomasse aus Rußland.

Die Kosten des erneuerbaren Energiesystemssind ca. 25% höher als die eines ”fossilen”Referenzsystems. Die benötigten Investitionensind in der Größenordnung eines Fünftels desUmsatzes der europäischen Energiewirtschaft.Dieses Kapital kann leicht aufgebracht werdendurch die im Szenario frei werdenden Mittelaus nicht mehr benötigten Importen an fossi-len Brennstoffen. Für die Errichtung und denBetrieb der erneuerbaren Energien müssenbrutto 4 Millionen Arbeitsplätze bis zum Jahre2050 geschaffen werden. Sie sind hauptsäch-

1990 2010 2030 2050

Energiepflanzen 0 12 174 280

Biomasse Reststoffe, Industrie 0 70 129 186

Biomasse Reststoffe, andere 0 160 63 34

Wärmepumpen 0 40 78 67

Solarthermische Anlagen (dezentral) 10 68 260 326

Solarthermische Kraftwerke 0 35 138 177

Wind onshore 0 15 41 51

Wind offshore 0 32 126 161

Wasserkraft 81 97 125 137

Wasserspeicher 0 5 8 9

Photovoltaik 0 23 103 153

Fossile und atomare Energietechnologien 4304 3349 1222 82

Abbildung 2Erzeugungsbeitrag der verschiedenenEnergieträger imSustainable Szenario.(in Watt Jahr pro Kopfder Bevölkerung) [1]

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FVS • DGS Themen 2000Harry Lehmann • Solare Vollversorgung für Europa

lich im Bereich der Biomasse zu suchen. Vonden 1,6 Millionen Personenjahren, die jährlichfür den Betrieb von Biomasseanlagen nötigsind, werden zwei Drittel durch Arbeitsplätzein der Land- und Forstwirtschaft abgedeckt.

Am Anfang einer Einführung erneuerbarerEnergietechnologien entstehen zunächst über-proportional viele Arbeitsplätze, von denenspäter einige durch Rationalisierungsprozessein der Wirtschaft wieder eingespart werden.Diese langfristige Studie steht nicht im Wider-spruch zu den anderen zitierten Untersuch-ungen.

Zur Ermittlung der Nettoarbeitsplätze wurdendie Arbeitsplatzeffekte für ein ”fossilen” Refe-renzfall berechnet. Vergleicht man die Beschäf-tigungseffekte des Sustainable Szenarios mitdenen des Referenzfalls, ergeben sich für dasauf erneuerbaren Energien basierende SystemBeschäftigungsmehreffekte in Höhe von340.000 bis 580.000 zusätzlichen Personen-jahren. In diesen Zahlen sind die Arbeitsplätzeim Bereich passive Sonnenenergienutzungnicht eingerechnet. Die in dieser Studie berech-neten Nettowerte können als niedrige und vor-sichtige Abschätzungen betrachtet werden.

Die Berechnungen der Szenarien im LTI-Projekt[1] zeigten deutlich, daß erneuerbare Energiendas Potenzial besitzen, eine solare Energiever-sorgung Europas zu realisieren. Obwohl hierfürschon viele ausgereifte Technologien zur Verfü-gung stehen, ist ihr derzeitiger Erfolg auf demEnergiemarkt sehr begrenzt, da er durch zahl-reiche Hindernisse und Engpässe behindertwird.

Die Instrumente zur Förderung der regenerati-ven Energien sind abhängig vom Zielwert undden Etappen, in denen die erneuerbaren Ener-gien eingeführt werden sollen. Geeignete poli-tische Rahmenbedingungen zu schaffen, umeffiziente Energienutzung und erneuerbareEnergietechnologien schnell in den Markt ein-zuführen, erfordert die Umsetzung eines Bün-dels an Maßnahmen. Diese Maßnahmen, dieseHandlungsoptionen sind bestimmt durch dieMenge der Hemmnisse, die der Markteinfüh-rung erneuerbarer Energietechnologien entge-genstehen. Ein banales Hemmnis ist die Tat-

sache, daß der Energiemarkt schon besetzt ist und die heute den Markt Beherrschendenwenig Interesse zeigen, selber erneuerbareEnergietechnologien einzuführen. Die Anstren-gungen zur Markteinführung der erneuerbarenEnergietechniken müssen daher technologi-scher und ökonomischer Natur sein.

Wichtigste Maßnahme ist, sofort anzufangen.Denn jeder Tag, an dem noch Gelder in ein”fossiles” System investiert werden, ist einer derdas Klimaproblem schwieriger macht. Deshalbmuss mit der Umsetzung der ”Sonnenstrate-gie” sofort begonnen werden.

Literatur

[1] ”Long-Term Integration of Renewables Energy Sources into the European Energy System”, LTI Research Team, Physica Verlag, 5/98

[2] Lehmann H., Reetz, T. : ”Zukunftsenergien - Strategien einer neuen Energiepolitik”; Birkhäuser; Basel,Berlin 1995

Technologie bereitgestellte Energie installierte Leistung jährliche Kosten

Biomasse

Wärme aus Solarthermie

Windenergie

Strom aus Solarthermie

Photovoltaik

Wasserkraft

Wärmepumpen

31,8%

20,5%

13,6%

11,3%

9,8%

8,8%

4,3%

12,0%

40,8%

10,4%

7,1%

18,2%

7,7%

3,8%

41,4%

9,9%

6,9%

2,6%

13,3%

21,2%

4,6%

Abbildung 3Anteile der verschie-denen erneuerbarenEnergietechnologienim SustainableSzenario im Jahr2050 (in vH); [1]

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1. Wohngebäude

Marktfähigen Konzepten ist gemeinsam, dassfür eine energetische Zielsetzung bei Begren-zung der Investitionskosten eine sinnvolleAbwägung zwischen den einzelnen Maßnah-men zur Steigerung der Energieeffizienz –Wärmedämmung, Wärmerückgewinnung,Regelungstechnik, etc. und Maßnahmen zurSolarenergienutzung wie Solarkollektoren,Photovoltaik, etc. – gesucht wird. Dies beginntbeim individuellen Einfamilienhaus, gilt aber inbesonderer Weise für Reihenhäuser, Mehrfaili-enhäuser oder Siedlungsprojekte des Immo-bilienmarkts. Nachdem die Solarenergienut-zung beim individuellen Einfamilienhaus denMarkt schon seit einigen Jahren erreicht hat,zeigen die aktuellen Demonstrationsprojekteden Markt von Morgen.

Kurzfassung

Zukunftsfähige Gebäude erfordern eine deutli-che Minderung des Energieverbrauchs. DieEnergieeinsparverordnung wird 2001 den Wegzu sinkendem Wärmebedarf von Neubautenfortschreiben. Darüber hinaus sind schon heuteGebäude bis hin zum Nullemissionshaus mitverfügbaren Strategien und Technologien undzu vertretbaren Kosten in der Praxis umsetzbar.Die erhöhte Energieeffizienz ist dabei die Basisfür die große Bedeutung der Solarenergie fürden Energiehaushalt der Gebäude.

Während der Energieverbrauch von Wohnge-bäuden vom Wärmebedarf für Heizung undWarmwasser dominiert wird, überwiegt inBürogebäuden der Stromverbrauch. GeeigneteSolarkonzepte basieren hier auf einem Ausbauder Tageslichtnutzung und der passivenKühlung, um den Stromverbrauch der techni-schen Gebäudeausrüstung zu verringern.

Solares Bauen – Neue Märkte und Konzepte

Prof. Joachim Luther • Solares Bauen – Neue Märkte und KonzepteFVS • DGS Themen 2000

Prof. Joachim Luther Fraunhofer ISE

[email protected]

Dr. Karsten VossFraunhofer ISE

[email protected]

Abbildung 1Der externe Energie-bedarf von Wohnge-bäuden (Endenergie)unterschiedlichenStandards im Ver-gleich. Die Zahlenan-gaben beziehen sichauf Einfamilienhäuser.

62

Größere Gebäude haben in der Regel einen geringeren Heizwärmebedarf (Kompaktheit) bei höherem Warmwasserbedarf(Verluste durch Zirkulation). Die Konzepte Wärmeschutzverordnung (WschVo) bzw. Energieeinsparverordnung (EnEV)beschreiben den heute gültigen bzw. ab 2001 vorgesehenen gesetzlichen Standard. Ab dem Niedrigenergiehaus 2001(NEH 2001) ist eine thermische Solaranlage berücksichtigt, für das Nullemissionshaus eine Solarstromanlage (PV). DieSolarstromanlage ist im Beispiel so dimensioniert, dass ihr primärenergetisch gewichteter Ertrag den Primärenergieauf-wand von Haustechnikstrom, Heizung und Warmwasserbereitung in der Jahresbilanz vollständig deckt. Der Stromver-brauch im Haushalt kann in allen Fällen durch erhöhte Geräteeffizienz ohne Komfortverzicht halbiert werden.

Bestand

WschVo 1995

EnEV 2001

NEH 2001

3-Liter Haus

Solar-Passivhaus

Nullheizenergie

Nullemission

kWh/m2a

0 50 100 150 200 250 300

Raumwärme

Warmwasser

Haustechnikstrom

HaushaltsstromPV

-25%

-25%

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FVS • DGS Themen 2000Prof. Joachim Luther • Solares Bauen – Neue Märkte und Konzepte

1.1 Solar-Passivhäuser

Passivhäuser sind eine Weiterentwicklung desNiedrigenergiehauses. Ein Passivhaus ist da-durch gekennzeichnet, dass die Wärmeverlusteder Gebäudehülle und der Lüftung soweitreduziert werden, dass allein die Nutzung derSonnenenergie über Fenster und Fassaden (z.B. mit transparenter Dämmung) genügt, umden Jahresheizwärmebedarf im hiesigen Klimaauf ein Niveau von etwa 15 kWh pro m2 zu senken. Ein sehr hoher baulicher Wärmeschutzbei hoher Ausführungsqualität und eine mecha-nische Wohnungslüftung mit Wärmerückge-winnung sind die dafür notwendigen Voraus-setzungen. Ohne die kontrollierte Wohnungs-lüftung mit Wärmerückgewinnung sind Passiv-häuser nicht möglich; erst durch den Einsatzvorgefertigter Bauelemente ist die hohe Quali-tät der Gebäudehülle wirtschaftlich erreichbar.Beide Aspekte verändern das Bauen. Solar-Passivhäuser nutzen die Solarenergie durch Kol-lektoren für Warmwasserbereitung und / oderdurch Photovoltaik zur Stromerzeugung. Bei-des ist deshalb von großer Bedeutung 1, weilder Energiebedarf und die damit verbundenenEmissionen bei der Passivhausbauweise von der Warmwasserbereitung und vomStromver-brauch im Haushalt dominiert werden Abb. 1.

Die ersten Solar-Passivhäuser entstandenAnfang der 90er Jahre mit den Reihenhäusernin Darmstadt-Kranichstein. Das 1991 fertigge-stellte Energieautarke Solarhaus des FraunhoferISE war ein, auf die vollständige Energieautar-kie erweitertes Solar-Passivhaus. Waren diesePioniergebäude durch Einsatz von Komponen-ten und Bauteilen als Prototypen noch mitextrem hohen Kosten verbunden, konnte imLaufe der Zeit der finanzielle Aufwand in Folgevon Erfahrungen und neuen Entwicklungendeutlich reduziert werden. Beispielhaft füraktuelle Projekte ist die Reihenhausanlage inNeuenburg (Abb. 2). Die sieben Gebäude wur-den mit Mehrkosten für Baukonstruktion undHaustechnik von etwa 15% der Baukostenerstellt. Eine hochwärmegedämmte Gebäude-hülle, energieeffiziente 3-fach-Verglasung,Lüftungswärmerückgewinnung, Luft-/ Erdre-

gister, Abluftwärmepumpe und Solaranlagesind die Bausteine des geringen Energiebe-darfs bei gleichzeitig hohem Wohnkomfort.Die Solarenergienutzung durch Fenster undSolaranlage deckt bei solchen Gebäuden zwi-schen 30 und 50% des gesamten Wärmebe-darfs (Abb. 4).

Voraussetzung der kostengünstigen Bauweiseist die integrale, ingenieurmäßige Planung aufder Basis der Erfahrungen von Vorgängerpro-jekten und ein hohes Maß an Vorfertigung.

1 Informationen zur Bundesförderung (KfW) für Passivhäuser im Internet: www.kfw.de

Abbildung 2Reihenhausanlage,Neuenburg(Architektur: Hansen,phasea baugestalt,Freiburg).

Abbildung 3Mehrfamilienhaus”Wohnen & Arbeiten”Vauban, Freiburg(Architekt: M. Gies,Freiburg).

Die Gebäude werden mit finanzieller Förderung der Energiestiftung Baden-Württemberg und derEnBW über zwei Jahre vermessen. Basis der Wärmeversorgung sind jeweils dezentrale Lüftungs-Kompaktgeräte und Solaranlagen.

Die Förderung durch die Bundesstiftung Umwelt ermöglichte eine intensive Energieplanung. ImRahmen der Arbeit in der Internationalen Energieagentur IEA und mit finanzieller Förderung desBMWi wird das Gebäude im Betrieb vermessen.

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In Baden-Württemberg fördert aktuell derEnergieversorger EnBW den Bau von 100 Solar-Passivhäusern mit thermischen Solaran-lagen und Kleinwärmepumpen (siehe Kap. 1.2). Mit der Evaluierung des Programms steht inZukunft ein breites Querschnittswissen überdie erreichte Energieeinsparungen, die Wirt-schaftlichkeit und die Betriebserfahrung zurVerfügung.

1999 entstand auf Initiative einer Bauherren-gemeinschaft und mit finanzieller Förderung

durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt DBU der erste mehrgeschossige Wohnungsbauals Solar-Passivhaus (Abb. 3). Bei Mehrkosten inHöhe von 9% der Baukosten werden die CO2-Emissionen gegenüber einer marktüblichenBauweise um 80% reduziert. Weitere Kosten-reduktionen können vor allem bei der Lüftungmit Wärmerückgewinnung ansetzen, die be-reits 1/3 der gesamten Mehrkosten ausmacht,während die 45 m2 große thermische Solar-anlage für Mehrkosten eines besseren Boden-belages realisiert wurde. Hieran zeigt sich diezunehmende wirtschaftliche Attraktivität vonSolaranlagen mit der Anlagengröße, währendLüftungsanlagen im Geschosswohnungsbaugegenüber Anlagen in kleinen Wohngebäudendurch Brand- und Schallschutzmaßnahmen teurer werden.2

Bei derart geringem Wärmebedarf ist derSchritt zum sogenannten Nullemissionshausnicht mehr weit. Die Idee: Der Jahressummedes Primärenergieverbrauchs wird das Energie-äquivalent der Stromerzeugung mit einer netz-gekoppelten Solarstromanlage gegenüberge-stellt. Das Stromnetz übernimmt mit seinenEnergieerzeuger die Aufgabe des zeitlichenAusgleichs von Angebot und Nachfrage. AmJahresende entspricht die Energieerzeugungdem Energieverbrauch (Abb.5). Nach erstenDemonstrationsprojekten wird dieses Konzeptderzeit in Freiburg mit der im Bau befindlichenSolarsiedlung im großen Maßstab umgesetzt 3.

64

Prof. Joachim Luther • Solares Bauen – Neue Märkte und KonzepteFVS • DGS Themen 2000

Abbildung 4Jahreswärmebilanzeines beispielhaftenSolar-Passivhausesaus dem Förderpro-gramm der EnBW(Haus Steuernagel,Büchenau). Die Bilanzbasiert auf der Aus-wertung von Mess-daten eines Jahres.

Abbildung 5Szenario für Energie-bedarf und Energieer-zeugung im Jahresver-lauf eines Nullemis-sionshauses auf derBasis der zeitlich auf-gelösten Messdatennach Abb. 4

2 Informationen zur Bundesförderung (BMWi, Bundesamt für Wirtschaft) für thermische Solaranlagen im Internet: www.bawi.de3 Informationsangebot im Internet. www.solarsiedlung.de

125

100

75

50

25

0

-25

-50

-75

-100

125

< -

Dec

kung

Beda

rf -

>

kWh/m2a

Mit Einsatz von 13 kWh/m2a Strom wird einGesamtwärme-bedarf von 110 kWh/m2

gedeckt (Faktor 8).Wesentliche Beiträge leistet die Solarenergienutzung mitFenstern undKollektoren.

WRG: Wärme-rückgewinnung, EWT: Erdwärme-tauscher

Gesamt-

wärme-

bedarf

110 kWh/m2a

Stromeinsatz

13 kWh/m2a

SolareDeckung

40%

Verteilverluste

Warmwasser

Lüftung

Transmission

interne Quelle

WRG EWT

Fenster

Solarkollektor

Wärmepumpe

Elektrowärme

Stromverbrauch HAUSTECHNIK: 13 kWh/m2 = 1.550 kWh/a

Stromverbrauch (EFFIZIENZ-) HAUSHALT: 2.000 kWh/a

Systemwirkungsgrad der Solarstromanlage: 10%

TGA: TechnischeGebäudeausrüstung(Haustechnik)

Stromverbrauch/-erzeugung, kumulierte kWh

Jahresverlauf

PV-Ertrag, 16 m2

Haushaltsverbrauch

PV-Ertrag, 13 m2

TGA-Verbrauch

2000

1500

1000

500

0

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1.2 Technologieentwicklung

Wegen des zunehmend geringeren Heizwär-mebedarfs ist eines der Entwicklungsziele, einekostengünstige aber effiziente Minimal-wärme-quelle zu erschließen, wenn es bei einer dezen-tralen Hausversorgung bleiben soll. Dazu eig-nen sich entweder die nicht leitungsgebunde-nen fossilen Brennstoffe (Flüssiggas, Öl, Holz-pellets) mit herunterskalierter Brennertechno-logie oder z.B. der Einsatz elektrischer Energie.Bei Einsatz von Strom sind die Umwandlungs-und Verteilungsverluste entscheidend, so dasserst der Einsatz von Wärmepumpen mit einerJahresarbeitszahl 4 oberhalb 3 eine sinnvolleVariante ergibt. Erfolgversprechend ist vorallem eine solche Variante, bei der die Erschlies-sungskosten einer Wärmequelle für die Wärme-pumpe entfallen. Dies gelingt bei Einsatz einerAbluftwärmepumpe, die die Restenergie derAbluft nach der passiven Wärmerückgewinnungnutzt. Wird ein Erdreichwärmeübertrager imWinter zum Vorwärmen der Frischluft einge-setzt, so reicht beim Baustandard des Solar-Passivhauses die sensible und latente (Konden-sationsenergie der Luftfeuchte) Wärme der Ab-luft aus, um zusammen mit der elektrischenAntriebsenergie der Wärmepumpe (400 W) dengrößten Teil des Restwärmebedarfs mit einerHeizleistung von 1,3 kW via Luftheizung zudecken. Solche Lüftungs-Kompaktgeräte sindu.a. die Energiezentralen der Gebäude inNeuenburg (Abb. 2 und Abb. 7).

Industrie und Forschung arbeiten seit einigerZeit gemeinsam an der Entwicklung undOptimierung solcher Versorgungskonzepte.Aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissenwurden Ansätze für die Verbesserung derGerätekonzeption entwickelt.

In einer langfristigen Entwicklung wird dieIntegration von Brennstoffzellen kleiner Leis-tung vorbereitet. Eine solche Brennstoffzellekann als Modul anstelle der Wärmepumpe indas Lüftungskompaktgerät integriert werden.

FVS • DGS Themen 2000Prof. Joachim Luther • Solares Bauen – Neue Märkte und Konzepte

Abbildung 6Lüftungs-Kompakt-gerät als Energiezen-trale für Solar-Passiv-häuser.

Abbildung 7Beispiel für den Heiz-betrieb mit einemKompaktgerät in derReihenhausanlageNeuenburg.

Passivhaus-Kompaktgerät Abluft Zuluft

Warm-wasser

Wärmepumpe

Kaltwasser Fortluft Außenluft

Erdreichwärmeübertrager

Plattenwärmeübertrager

Solarkollektor

SpeichermodulBESTANDTEILE :

• Erdwärmetauscher

• Plattenwärmeübertrager

• Kompressionswärmepumpe

• Speicher

• Heizstab

• Solarkollektor

4 Verhältnis von Wärmeertrag zu elektischem Energieeinsatz65

Ab 4.11.99 wurde ab 10 Uhr die Wärmepumpe zur Beheizung der Zuluft in Betrieb genommen. Zuvor sorgen allein das Erdregister und die Wärmerückge-winnung für eine ausreichende Temperierung der Zuluft.WRG: Wärmerück-gewinnung, EWT: Erdwärme-tauscher

50

40

30

20

10

0

-1000 02 04 06 08 10 12 14 16 18 20 22

Uhrzeit

Wärme-pumpe

WRG

EWT

Zuluft

Frischluft nach EWT

Außenluft

Tem

per

atur

in °

C

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Mit der Abwärme bei der Stromproduktionkann sowohl die Zuluft als auch das Brauch-wasser erwärmt werden. Der Brennstoff für die Brennstoffzelle könnte z.B. über Reforma-tion aus Erdgas bereitgestellt werden.Entsprechende Arbeiten sind unter anderemBestandteil eines vom Bundesministerium fürWirtschaft und Technologie geförderten Leit-projektes zum Thema „Neue Gesamtenergie-konzepte für Gebäude“.

Solares Heizen mit Kollektoranlagen bei hohersolarer Deckungsrate erfordert heute nochselbst bei geringstem Wärmebedarf sehr großeSpeichervolumina von 20 m2 und mehr. NeueImpulse liefert die seit einigen Jahren laufendeEntwicklung von thermochemischen Wärme-speichern auf der Basis von Sorptionsprozessen(Abb. 8). Ein derartiger Speicher besteht aus einemBehälter mit Silikagel als reversibler Adsorberfür Wasserdampf. Mit solarer Wärme wirdWasser desorbiert und das Silikagel daher ge-trocknet (Sommer). Der freigesetzte Wasser-dampf wird kondensiert und in einem zweitenBehälter aufbewahrt. Wird bei Wärmeanforde-rung die Verbindung zwischen beiden Behälterngeöffnet, kann das Wasser wieder unter Wär-mefreisetzung adsorbiert werden (Winter). Zielsind Speicherdichten in der Größenordnungvon 200 kWh/m2 bei nahezu verlustfreier

Speicherung. Damit würde bei gleichzeitigweitgehend verlustfreier Speicherung die Ener-giedichte konventioneller Warmwasserspeicherum das Vierfache übertroffen. Je höher dieSpeicherdichte zukünftiger Systeme in derPraxis sein wird, um so höher kann die solareDeckungsrate ansteigen, ohne dass großeVolumina in Gebäuden benötigt werden.Gleichwohl werden die marktfähigen Systemeauf hohe Deckungsraten und nicht auf eineVolldeckung ausgelegt werden. Dazu müssenSystemlösungen für den solaren und den nichtsolaren Anteil entwickelt werden.

2. Bürogebäude

Bürogebäude benötigen bei meist geringeremWärmebedarf mehr elektrische Energie alsWohngebäude (Abb. 9). Hauptursachen sinddie höhere Dichte an Personen und techni-schen Geräten, sowie strengere Anforderungenan die Lichtverhältnisse und das Raumklima.Große Baukörper (günstiges Verhältnis vonOberfläche zu Volumen), ein hoher elektrischerEnergieverbrauch (interne Wärmequellen) unddie im Vergleich zu Wohngebäuden kürzereNutzungszeit verringern die Bedeutung desHeizwärmebedarfs. Energiebedarf für die Was-sererwärmung spielt nur eine untergeordneteRolle und wird wegen der geringen Abnah-

Abbildung 8Langzeit-Wärmespei-cherung durch einSorptions-Speicher-system mit hoherEnergiedichte undgeringsten Verlusten,Systemschema

Heizungssystem

Kollektor

SommerWinter

Abwärme

Ventil

Absorber

Verdampfer/Kondensator

Sorptionsspeicher

66

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schnittstellen wird dazu beitragen, die Hand-habbarkeit im Planungsalltag der Zukunft wei-ter zu verbessern. Darüber hinaus müssen dieProgramme für die Behandlung neuartigerSysteme und Materialien erweitert und in Teil-bereichen sogar grundlegend überarbeitetwerden.

Beispiele für solche ”schlanken Bürogebäude“werden derzeit u.a. mit finanzieller Unterstüt-zung für den planerischen Mehraufwand unddie meßtechnsiche Evaluierung im Betrieb imRahmen des Förderprogramms ”SolarBau” desBundesministeriums für Wirtschaft und Techno-logie, BMWi, erstellt. Eine umfangreiche Doku-mentation der Bauprojekte steht im Internetunter ”www.solarbau.de“ zur Verfügung.

medichte zumeist durch dezentrale elektrischeSysteme gedeckt. Thermische Solaranlagensind daher in der Regel kein wirkungsvollerAnsatz zur Energiebereitstellung für Heizungund Warmwasserbereitung. Anders als beiWohnbauten ist der überwiegende Teil desStromverbrauchs durch die technische Gebäu-deausrüstung und nicht durch die Geräteaus-stattung bestimmt (Abb. 10). Dies ändert sicherst bei sehr „schlanken“ Gebäudekonzepten,wie sie im nachfolgenden Kapitel vorgestelltwerden.

Die unmittelbar mit dem Bezug von Energieverbundenen Kosten sind in der Mehrzahl derFälle nur ein Bruchteil der gesamten anfallen-den Kosten in einem Gebäude: In Bürogebäu-den dominieren die Gehälter der Mitarbeiter,während die unmittelbaren Energiekosten nuretwa 1% ausmachen. Wegen der hohen Be-deutung der Personalausgaben stehen optimaleBedingungen am Arbeitsplatz im Mittelpunkteiner Gebäudeplanung, um die Produktivitätdes Personals zu fördern. Thermischer undvisueller Komfort sind dabei entscheidendeAspekte und eng verbunden mit dem planeri-schen Konzept eines Gebäudes in den Berei-chen Lüftung, Kühlung und Beleuchtung.

2.1 ”Schlanke Bürogebäude“

Solarkonzepte für Bürogebäude basieren heutein erster Linie auf einer verbesserten Nutzungdes Tageslichts und dem Ersatz von aktiverKlimatisierung durch eine sogenannte ”passiveKühlung”. Solche Gebäude zeichnen sich durchniedrige Investitions- und Unterhaltskosten fürdie technische Gebäudeausrüstung bei gleich-zeitig steigendem Budget für die Baukonstruk-tion aus (Kostenverschiebung) (siehe Abb 11und 12). Ziel ist eine kostenneutrale oderkostengünstigere Bauweise bei hohem Komfortam Arbeitsplatz und geringem Energiever-brauch. Eine integrale Gebäudeplanung unterEinsatz moderner Simulationswerkzeuge istheute in der Lage, die vielfältigen Einflüsse desBaukörpers auf die Lichtverhältnisse und dassommerliche Raumklima abzubilden, so dassfrühzeitig Planungssicherheit erreicht werdenkann. Die notwendige Weiterentwicklung vonProgrammen, Oberflächen und Programm- 67

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Die Verbrauchssumme beträgt bezogen auf die Netto-grundfläche 95 kWh/m2a. Mit den Sektoren Kühlung,Beleuchtung und Lüftung sind fast 60% des Bedarfs pla-nerisch im Vorfeld beeinflussbar. (Quelle: Weber et.al,1999)

EDV9%

18%

18%22%

33%

Lüftung

Kühlung

Beleuchtung

Sonstiges

Abbildung 9Der Energiebrauch desGebäudebestands imVergleich.

Abbildung 10Elektrischer Energie-verbrauch von Ver-waltungsgebäuden,getrennt nach Ver-brauchssektoren.

Die Zahlen für Wohn-gebäude beruhen aufeiner Verbrauchsstatis-tik in Deutschland(BMWi, 1995). Für die Bürogebäudewurde eine repräsenta-tive Querschnittsstudievon 100 Gebäuden in der Schweiz heran-gezogen. (Quelle:Weber et al., ”Energie-verbrauch in Büroge-bäuden” Bundes fürEnergie, Schweiz, Bern1999).

Energiekennzahl in kWh/m2aWärme Strom Primärenergie

Wohngebäude Bürogebäude

450

400

350

300

250

200

150

100

50

0

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Abbildung 11Bürogebäude derLamparter GbR,Weilheim (Architektur:WerkgemeinschaftMaier-Weinbrenner-Single, Nürtingen).

2.2 Planungswerkzeuge und Technologien

2.2.1 Tageslichtnutzung

Tageslicht ersetzt das Kunstlicht und trägtdamit wesentlich zur Energieeinsparung bei:Ein Büro ohne Tageslicht hätte bei wochentäg-lich 8 Benutzungsstunden einen elektrischenEnergieverbrauch von mindestens 20 kWh/m2 a.In Deutschland existiert keine gesetzliche An-forderung an die Begrenzung des Energiever-brauchs der Beleuchtung. Wegen des hohenPrimärenergieinhalts von Strom kommt einer

Senkung des Beleuchtungsenergieverbrauchsum 10 kWh/m2 a eine Heizenergieeinsparungvon 30 kWh/m2 a gleich. Darüber hinaus wirddas sommerliche Raumklima bei guter Lichtpla-nung durch weniger Wärmeentwicklung bela-stet, da Tageslicht mit 80 Lm/W (direktes Son-nenlicht) bis 110 Lm/W (bedeckter Himmel)eine höhere Lichtausbeute als die heute übli-chen Kunstlichtsysteme hat.5

Von Seiten des visuellen Komforts kann Kunst-licht das Tageslicht nicht ersetzen. Obwohleine blendfreie Beleuchtung von Bildschirmar-beitsplätzen mit Kunstlicht einfacher zu errei-chen ist als mit Tageslicht, sind der Außen-bezug sowie die dynamische Natur des Tages-lichtes wesentliche Aspekte des visuellen Kom-forts. Hoher visueller Komfort ist die Voraus-setzung für Produktivität und geringe Fehler-häufigkeit z.B. am Bildschirmarbeitsplatz.

Eine an der Tageslichtnutzung orientierte Ge-bäudeplanung beginnt beim architektonischenEntwurf und setzt sich bis zur Auswahl desgeeigneten, komplementären Kunstlichtsys-tems fort. Durch Simulation der Lichtvertei-lung in einem Gebäude können auf einfacheWeise Stärken und Schwächen eines Entwurfsaufgezeigt und Verbesserungen erarbeitet werden (Abb. 13). Solche Simulationen nutzen3-dimensionale CAD-Modelle aus der Planungs-arbeit der Architekten als Geometrieinforma-tion über das Gebäude. In einer weiteren Stufekann über die Bestimmung der sogenanntenTageslichtautonomie festgestellt werden, wie

68

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Das Gebäude besitzt Licht-schwerter und Jalousien mitLichtlenkwirkung für besseresTageslicht am Arbeitsplatz.Nachtlüftung und ein Luft-/Erdregister sind Teil des passi-ven Kühlkonzepts. Durch hoch-wertige Dämmung der Gebäu-dehülle und eine Lüftung mitWärmerückgewinnung liegt derHeizwärmebedarf rechnerischunter 15 kWh/m2 a. (Foto:ArchitektenwerkgemeinschaftMaier-Weinbrenner-Single,Nürtingen)

5 Lm steht für Lumen als Einheit des Lichtstroms pro W Strahlungsleistung. Etwa die Hälfte des solaren Energieangebotes liegt im Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts

Zentrales Merkmal des Verwaltungsgebäudes ist das Atrium als Teil der Stragie zur passivenKühlung durch freie Auftriebslüftung. Beitrag zur verbesserten Nutzung des Tageslicht sind iso-lierglasintegrierte Folienrollos als kombinierter Sonnen- und Blendschutz. Die Rollos laufen vonunten nach oben im Scheibenzwischenraum. (Foto: K. Ortmeyer)

Abbildung 12

Verwaltungsgebäudeder Fa. Athmer,Arnsberg (Architektur: Banz & Rieks,Bochum)

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der heute verfügbaren Systeme besitzen zumNachteil der Tageslichtnutzung bei diffusemLicht eine geringere Lichtdurchlässigkeit alsherkömmliche Verglasungen. Darüber hinausist die Anforderung der Durchsicht nach Außenein zentraler Aspekt für den visuellen Komfort,der in der Regel nicht der Lichtlenkwirkung ge-opfert werden kann. Solche Aspekt sind Grunddafür, in enger Zusammenarbeit zwischen For-schung und Herstellerfirmen von Sonderver-glasung und Sonnen-/Blendschutzsystemenneue Bewertungsverfahren zu entwickeln, dieeine für die Planungspraxis taugliche Charakte-risierung sowohl von den bekannten als auchvon den neuen lichttechnischen Elemente er-möglichen. 69

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hoch das Energieeinsparpotential für eine auto-matische Regelung der künstlichen Ergänz-ungsbeleuchtung ist (Abb. 14). Die dazu erfor-derlichen dynamischen Lichtsimulationen wur-den durch aktuelle Fortschritte in der Program-mentwicklung mit sinnvollen Rechenzeiten beihoher Präzision möglich. Geregelte Kunstlicht-systeme rechnen sich vor allen dann, wenn dieTageslichtautonomie am Arbeitsplatz in einemmittleren Bereich liegt. Bei hoher Tageslicht-autonomie kann der Eigenstromverbraucheiner Beleuchtungssteuerung die Energieein-sparung der Leistungsregelung übertreffen; bei zu geringer Autonomie wird quasi ständigKunstlicht erforderlich sein, was eine Regelungüberflüssig macht.

Auf dem Gebiet der Materialentwicklung er-geben sich vielfältige Ansätze zur Verbesser-ung der Tageslichtnutzung. Einerseits geht esdarum, die Tageslichtverteilung im Raum so zubeeinflussen, dass die Helligkeit im fensterna-hen Bereich zugunsten einer Aufhellung in derRaumtiefe abnimmt. Ansatz dafür sind Verglas-ungen mit der zusätzlichen Eigenschaft derLichtumlenkung. Neue Entwicklungen konzen-trieren sich darauf, derartige Eigenschaftenauch durch nano- und mikrostrukturierte Ober-flächen zu erreichen. All diese Entwicklungenmüssen die Tatsache berücksichtigen, dass inunserem Klima nur 50% der Arbeitszeit direk-tes Licht zur Verfügung steht, während in derübrigen Zeit das Diffuslicht überwiegt. Viele

ROTentspricht10% TQ

GRÜNentspricht 5% TQ

BLAUdeutet aufmangelndesTageslicht hin

10

5

0

falsecolor scaleTQ (%)

Abbildung 13Lichtsimulation zurBestimmung desTageslichtangebots ineinem Gebäude amBeispiel des BürohausAthmer (vergl. Abb.12). Der Farbverlaufgibt den Tageslicht-quotienen TQ als dasVerhältnis der Be-leuchtungsstärke imRaum zur Außenhel-ligkeit wieder:

Abbildung 14Die Tageslichtauto-nomie als Funktionder Raumtiefe einesBüros mit ansch-ließendem Flur amBeispiel desLamparter-Gebäudes(vergl. Abb. 11).

Die Tageslichtautonomie drückt aus, zu wieviel Prozent derArbeitszeit das zur Verfügung stehende Tageslicht dieBeleuchtungsanforderungen vollständig abdeckt. Im Falleeines Büros liegen die typischen Anforderungen bei 500 LuxNennbeleuchtungsstärke in der Arbeitsebene, für eineVerkehrsfläche sollten 50 Lux nicht unterschritten werden.Würden wir im Freien arbeiten, wäre für nahezu 95% derArbeitszeit die Beleuchtungsstärke für Büroarbeit ausrei-chend! Die Geometrie des Raumes (Raumpotential), dieFassadeneinteilung in opake und transparente Flächen(Raum mit Fassade), die Rahmenanteile der Fenster (Apertur)und die Glasart (effektive Apertur) nehmen Einflusss auf dieTageslichtautonomie.

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Sonnen- und Blendschutz durch schaltbareVerglasungen sind seit kurzem in einer erstenVariante mit elektrochromen Verglasungen amMarkt verfügbar. Neu ist die Entwicklung vonGläsern, deren Transparenz durch eine katalyti-sche Gasreaktion geschaltet wird, sogenannte„gaschrome Verglasungen“. In Kooperationzwischen Industrie und Forschung und mit fi-nanzieller Förderung durch das BMWi wurdeein System bis zu ersten Prototypfassaden entwickelt (Abb. 15). Als Doppelverglasung mit Wärmefunktionsschicht erlaubt das Sys-tem eine Transmissionschaltung von 70% auf10%.

2.2.2 Passive Kühlung

Ein angenehmes sommerliches Raumklima zu schaffen, ist selbstverständliches Ziel jeder Bürogebäudeplanung. Die Verbindung dieserForderung mit moderner Glasarchitektur ge-lingt nicht immer mit einem überzeugendenErgebnis für die Nutzer, vor allem dann nicht,wenn auf aktive Klimatechnik verzichtet wird.Mögliche Gründe für einen solchen Verzichtkönnen sowohl wirtschaftliche Aspekte (Inves-titions-, Unterhalts- und Energiekosten) wieauch Diskussionen über das sogenannte ”SickBuilding Syndrome“ (Gebäude- und Technikinduziertes Nichtwohlbefinden) sein. Immeröfter werden daher Architekten und Fachin-genieure vor die Aufgabe gestellt, ein Gebäudezu errichten, das ohne Klimaanlage ein ange-nehmes sommerliches Raumklima sicherstellt.Als passive Kühlung werden in diesem Zusam-menhang diejenigen Konzepte bezeichnet, die- mit oder ohne Ventilatoren - auf den Einsatzvon Kältemaschinen verzichten. Alternativ wer-den natürliche Kältequellen wie das Erdreich,70

Prof. Joachim Luther • Solares Bauen – Neue Märkte und KonzepteFVS • DGS Themen 2000

das Grundwasser oder die kühle Nachtluft her-angezogen.Passive Kühlung erfordert wie die tageslichtge-rechte Gebäudeplanung in besonderem Massedie integrale Planung und die Anwendung vonSimulationsprogrammen. Die dazu erforderli-chen Werkzeuge werden in Kooperation zwi-schen Planern und Wissenschaft ständig wei-terentwicklet. Aktuelle Beispiele sind die freieGebäudelüftung durch Wind- und Auftriebs-kräfte sowie die Simulation von Luft-/Erdregister(Abb. 16).

Die Wärmekapazität eines Gebäudes ist wesent-licher Faktor für die Wirksamkeit einer passivenKühlung. Neben der Bestrebung zur Verwen-dung schwerer Baustoffe und gutem thermi-schem Kontakt der Bauteile zur Raumluft (freieDecken) ergeben sich erweiterte Möglichkeitendurch neuste Erkenntnisse aus der Materialfor-schung zu den bauteilintegrierten Latentwär-mespeichermaterialien.

Abbildung 15Schaltbare Verglasungauf der Basis einer ka-talytischen GasreaktionimScheibenzwischen-raum einer Doppelver-glasung. Scheibe obenlinks: geschalteter Zu-stand mit geringsterTransmission; Scheiberechts: ungeschalte-ter Zustand; Scheibeunten links: Schaltpro-zess in einer Folge.

Abbildung 16Bau des Luft-/Erdre-gister beim Neubaudes Fraunhofer ISEInstitutsgebäude inFreiburg .

Ein Register aus 7 je 100 m langen Polyäthylen-Rohren mit je250 mm Nennweite kühlt (Sommer) und wärmt (Winter) denZuluftvolumenstrom von 3.000 bis 6.000 m3/h zu einemVortragsraum und einem Atrium. Das Bild zeigt 4 der 7 Rohrewährend der Verlegearbeiten.

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Erste Ergebnisse aus Laborversuchen und Simu-lationen unterstreichen die Wirksamkeit zurSenkung der sommerlichen Temperaturspitzen.

2.2.3 Solare Kühlung

Im saisonalen Maßstab und oft auch im Tages-zyklus fallen Kühllasten und Solargewinne zeit-lich zusammen. Daher ist eine Nutzung vonSolarenergie für Kühlzwecke ohne aufwendigeSpeicherung unmittelbar möglich. Dies gilt inbesonders hohem Maße für die Länder Süd-europas. Thermische Kollektoren arbeitenbesonders wirkungsvoll in Kühlprozessen mitNiedertemperaturwärme. Beispiel dafür sindAnlagen auf der Basis offener Verdunstungs-kühlprozesse, den sogenannten DEC-Verfahren(dessicant cooling), mit Arbeitstemperaturenvon ca. 55°C. Dabei können im Prinzip alleheute marktgängigen Kollektoren zum Einsatzkommen, u.a. auch Luftkollektoren.

Hinsichtlich der Konzeption von solar betriebe-nen DEC-Anlagen sind zwei unterschiedlicheKonzepte generell zu unterscheiden: Anlagenmit ausschließlich solarem Antrieb und Anla-gen, bei denen der Solarkollektor nur einenTeil der Antriebswärme bereitstellt (solar unter-stützte Anlagen, (Abb. 17). Im Sommerbetriebwird die Wärme vom Kollektor direkt oderüber den thermischen Pufferspeicher zum Re-generationslufterhitzer geliefert. Bei DEC-Sys-temen wird ein Sorptionsmaterial getrocknet,das zuvor Feuchtigkeit aus der Zuluft einesGebäudes aufgenommen hat. Die eigentlicheKühlwirkung wird durch die Befeuchtung derzuvor getrockneten Luft erzielt. Im Winter an-fallende Energiegewinne der Solaranlage kön-nen zur Erwärmung der Zuluft eingesetztwerden.

3. Fazit Ausblick

Der zunehmende Wärmeschutz bei Neubautenliefert die Basis für die stark wachsende Bedeu-tung der Solarenergienutzung in der Gesamt-wärmebilanz von Wohngebäuden. Besondersim Geschosswohnungsbau sind Solaranlagenin Zukunft der wesentliche Anknüpfungspunktzu einer über die kommende Energieeinspar-verordnung hinausgehenden Absenkung desEnergiebedarfs. Die Erfahrungen aus Demons-trationsprojekten zeigen Verbesserungspoten-ziale vor allem bei der Systemintegration, derHydraulik und der Regelung. Auf diesen Gebie-ten können Verbesserungen weitgehend kos-tenneutral verwirklicht werden.

Wesentliches Defizit auf dem Weg zur Reduk-tion von Energieverbrauch und Klimagasemis-sionen in Nichtwohngebäuden ist das Fehlenvon Bedarfsgrenzwerten für die künstliche Be-leuchtung und Systeme der technischen Gebäu-deausrüstung für Lüftung und Klimatisierung(TGA). Die gesetzlichen Rahmenbedingungenzur Begrenzung des Energieverbrauchs inGebäuden beschränken sich mit der Wärme-schutzverordnung oder der zukünftigen Ener-gieeinsparverordnung auf den Sektor Wärme.Erweiterte Energiekennzahlen steigern die Nach-frage nach neuen Technologien und Planungs-werkzeugen, um den Forderungen in der Gebäudepraxis zukünftig gerecht zu werden.

Abbildung 17Solar unterstützeVerdunstungskühlungdurch ein DEC-System,Systemschema.

warm

kühl, trocken

Zusatz-wärme-quelle

Puffer-speicher

Befeuchter Kühllasten

Wärmerück-gewinnung

Sorptionsrad

Die zunächst getrocknete Zuluft wird nach Wärmetausch mit der Gebäudeluft erneutbefeuchtet, um dabei abzukühlen. Die zur kontinuierlichen Trocknung am Rotationsradverwendeten Substanzen werden durch Solarwärme entfeuchtet. In der Heizperiode kanndie solare Wärme zur Vorwärmung der Raumluft eingesetzt werden.

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Abbildung 1Erneuerbare Energiequelle

Abbildung 2Die 4 hauptsächlichenMarktsegmente:Konsumbereich,Entwicklungsländer,Stromversorgung imInselbetrieb, netzgekoppelteAnlagen

Kostenreduktionspotenziale bei derHerstellung von PV-Modulen

Prof. P. Woditsch Deutsche Solar GmbH

Rheinuferstr. 7-9

D-47829

Krefeld-Uerdingen

[email protected]

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in das Netz einspeisenden PV-Anlagen trugenaufgrund von staatlichen Fördermitteln dasWachstum in den letzten Jahren. Ausgelöstdurch Demonstrationsanlagen und das erste1.000-Dächerprogramm der BundesregierungAnfang der 90er Jahre konnten PV-Systemeihre Zuverlässigkeit zeigen. Insbesondere Mo-dule auf Basis von mono- und multikristallinemSilicium haben ihre Langzeitstabilität nachge-wiesen (Abb. 3). Ausgehend von Reinstsiliciumwerden durch Kristallisation und DrahtsägenSiliciumscheiben, sogenannte Wafer, gefertigt.Daraus fertigt man Solarzellen, die zu Modulenverschaltet werden.

Die PV-Module sind die Stromlieferanten fürdie verschiedensten Systeme, vom Satellitenbis zur 1 MW Anlage in Herne oder inMünchen auf den Dächern der Messehallen.Ein Problem der Photovoltaik sind die heutenoch hohen Kosten, die wiederum pro erzeug-te Kilowattstunde stark vom Standort einer sol-chen Anlage abhängen. In unseren Breiten lie-fern Solarmodule mit einer installierten Leis-tung von 1 Wp nur etwa 0,75 KWh, in Berei-chen maximaler Sonneneinstrahlung mehr alsdas Doppelte. Eine Solarzelle von 10 x 10 cmund einem Wirkungsgrad von 13,5% ergibtdamit einen Jahresertrag von 1 KWh bei Kos-ten von ca. 1,75 DM pro KWh.Wettbewerbsfähig ist der PV-Strom überall da,wo er mit Batterien oder kleinen Dieselaggre-gaten in Konkurrenz steht bzw. bewegliche

Erneuerbare Energien sind heute zur Sicherungder zukünftigen Energieversorgung nicht mehrumstritten. Studien von Shell oder BP habenzum Ergebnis, dass man bereits Mitte diesesJahrhunderts mehr als 30% der Energie ausnachhaltigen Quellen decken muss. Die Nutzungder Sonnenenergie in unterschiedlichen Erschei-nungsformen steht dabei im Vordergrund(Abb. 1).

Biomasse, Wasser, Wind und Wärmekollektorenkommen dabei ebenso in Betracht wie die Pho-tovoltaik (PV), die es erlaubt, direkt Licht inStrom umzuwandeln. Die Elektrizitätsversorgungerhält damit in netzfernen Gebieten neue Impulse.

Seit Mitte der 70er Jahre wurde die Photovol-taik (PV) ständig weiterentwickelt und in denmeisten Industrieländern breit gefördert. DasWachstum erreichte seit Anfang der 80er Jahreim Durchschnitt 15%, was einer Verdopplungnach jeweils 5 Jahren entspricht. Die Märkte(Abb. 2) lassen sich in 4 Kategorien einteilen:Konsumbereich, industrielle Stromversorgungin entlegenen Gebieten, Entwicklungsländerohne Netzinfrastruktur und die Systeme, diedas Netz als Speicher nutzen. Insbesondere die

Licht

Biomasse

(Kohle, Öl, Gas)

Biogas

Wärme Wind Wasser

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Einrichtungen, mit Strom zu versorgen sind.Das Kostenreduktionspotential war daher vonAnfang an Gegenstand von Studien. Eine derersten umfangreichen Kostenanalysen erfolgtedurch das Bölkow-Systemhaus (Abb. 4) undwurde u.a. 1988 in der Zeitschrift Bild derWissenschaft einem breiten Publikum zugäng-lich gemacht.

Für eine durchgehende Fertigung bis zum Kraftwerk ergeben sich dabei Gesamtkosten von 6,90 DM pro Wp installiert. Beim Solar-generator werden 4,57 DM pro Wp Herstellungs-kosten erwartet. Diese Studie wird durch eineAusarbeitung von AD. Little, die auf der euro-päischen PV-Konferenz in Glasgow Anfang desJahres 2000 vorgestellt wurde (Abb. 5), weit-gehend bestätigt. Überraschend war dasErgebnis der ADL-Studie, dass Dünnschicht-zellen in nächster Zeit zu keiner deutlichenKostenreduktion führen. Und auch in der Be-wertung der Zukunftsperspektiven wird ein

Abbildung 3Herstellungsprozess

Abbildung 4Kostenanalyse fürPhotovoltaikkraftwerke(Prognose für 35 MW Fertigung)

Abbildung 5Herstellung1)

für PV-Module.(AD Little, Glasgow:EU-PV-Konferenz,Mai 2000)

Reinstsilicium

Wafer

Zelle

Modul

System

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Monokristalline Siliciumsolarzellen erreichenheute im industriellen Fertigungsmaßstab bereits sichere 16,5% Wirkungsgrad und damit Modulherstellkosten (Abb. 6) von etwa 3,3 EURO pro Wp. Weitere Kostensenkungs-potentiale liegen in der Automatisierung undProduktivitätsverbesserung sowie weitererSteigerung des Wirkungsgrades, weniger in der Materialkostenreduktion, da Czochralskigezogene monokristalline Wafer kaum mehrKostensenkungspotentiale aufweisen.

Das Wachstum der Photovoltaik wird in denletzten Jahren durch 2 große Programme (Abb. 7) getragen: das 70 Tausend-Dächerpro-gramm in Japan und das 100 Tausend-Dächer-programm in Deutschland bzw. das Erneuer-bare-Energien-Gesetz, das Strom in Deutschlandaus PV-Anlagen mit 0,99 DM pro KWh fördert.Dabei erwartet man allein in diesen beidenLändern im Jahr 2000 eine Nachfrage von etwa150 MWp, was der gesamten weltweiten Pro-duktion in 1998 entspricht. Die Marktentwick-lung soll in den nächsten 3 Jahren auf über400 MWp mehr als verdoppelt werden. DieSystemkosten pro KWp unterscheiden sich da-bei aufgrund der Wechselkursveränderungender letzten Jahre deutlich. Daraus entstehenChancen für den Export aus Europa, wenn hierentsprechende Kapazitäten aufgebaut sind.

Die heutigen Systemkosten sind in Abb. 8 auf-geschlüsselt. Nimmt man den Anlagenpreisvon 13.500 TDM pro KWp entfallen 13,8% auf

"Kopf-an-Kopf-Rennen" erwartet. Wobei dieKosten für Dünnschichtsysteme noch schwerzu bewerten sind, da trotz 25-jähriger For-schung und Entwicklung noch keine 10 MW-Anlage im Dauerbetrieb produziert.

Abbildung 6Kosten für PV Modulemit Hochleistungs-zellen

Abbildung 7 PV-Programme fürden Wohnbereich inJapan (Jp) undDeutschland (DE)

Abbildung 8Kosten und PreisePhotovoltaik

A günstiger Fall • C aktuelle situation Hochleistungszellen (16,5% Wirkungsgrad, 125 ps.qu. aus Ø 150 mm)

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7% pro Jahr plausibel, wenn entsprechendeMengensteigerungen von 15% gehalten wer-den können.

Die Kapazitäten der Solarzellenhersteller wer-den zur Zeit entsprechend ausgebaut (Abb. 10).Insbesondere in Japan entstehen Kapazitäten,die bereits in 2001 dem Weltmarkt von 1999entsprechen. Es wird entscheidend daraufankommen, dass Europa schnell mit der neue-sten Zelltechnologie und größeren Kapazitätenmithält. Da die Solarzellentechnologie eindeutlich niedrigeres spezifisches Investment

die Mehrwertsteuer, 28,2% auf Systemkostenund 58% auf die Module. Der Wafer ist mit19,5% an den Systemkosten beteiligt, wobei6% auf den Rohstoff entfallen.

Die Lernkurve in den letzten 20 Jahren in Formder Preisreduktion als Funktion des installier-ten Volumens ist in Abb. 9 nach Hoffmann/ASEdargestellt. Sie entspricht einer durchschnitt-lichen Preisreduktion auf Modulebene von ca.7% pro Jahr bzw. 20% bei Verdopplung desVolumens. Bei entsprechender Umsatzsteige-rung erscheint eine Reduktion der Preise um

Abbildung 9 Preis-Lernkurve für PV Module

Abbildung 10Kapazitäten derSolarzellenhersteller

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Unabhängig von der Technologie wird das er-wartete Marktwachstum (Abb. 14) nur eintre-ten, wenn die Kosten reduziert werden könnenund umgekehrt die Kosten werden nur sinken,wenn das Marktwachstum erhalten bleibt. Dienotwendige Kostenreduktion kann nur erreichtwerden, wenn alle Fertigungsstufen dazu bei-tragen. Welchen Beitrag kann nun der Silicium-wafer zur zukünftigen Entwicklung leisten?Da monokristalline Wafer bereits heute nur inabgeschriebenen für die Elektronik nicht mehr

pro Wp erfordert als bei der Waferfertigungbenötigt wird, ergibt sich ein zeitliches Nach-hinken bei den Kapazitäten im Waferbereich(Abb. 11).

Im Wettstreit der verschiedenen Materialquali-täten (Abb. 12) erfolgt der Zubau neuer Kapa-zitäten vor allem beim multikristallinen Silicium.Insbesondere die Solarzellenhersteller setzenbei ihren Ausbauplänen mehr und mehr aufdas multikristalline Material (Abb. 13).

Abbildung 11Kapazitätsentwicklungim Waferbereich

Abbildung 12Herstellung vonSiliciumscheiben fürdie Photovoltaik

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Abbildung 13Übersicht über dengeplanten Kapazitäts-ausbau der wichtig-sten PV-Unternehmen, gegliedert nachTechnologie-Option

Abbildung 14Marktentwicklung (kumulierte installierteLeistung) als Funktionder Modulpreise

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genutzten Anlagen weitgehend in Niedrig-lohnländern und bei niedrigen Energiekostengefertigt werden, erscheint das Kostenreduk-tionspotential begrenzt.Doch die junge Technologie zur Fertigung vonmultikristallinen Wafern sollte noch Kostenre-duktionspotentiale durch Material- und Prozess-verbesserung sowie Technologieentwicklungaufweisen.

Der Kostenreduktionsbeitrag der Deutschen SolarGmbH konzentriert sich auf die Waferfertigung(Abb. 15). Das Reinstsilicium wird geschmolzen,zu Blöcken kristallisiert und zu Säulen zersägt.Diese Säulen werden dann mit Drahtsägen inWafer geschnitten. Nach einer Reinigung durch-laufen die Siliciumscheiben die Qualitätskon-trolle, um anschließend an die Kunden ausge-liefert zu werden. Die Suche nach Kostenre-duktion muss den gesamten Prozess umfassenund bei einer derart ehrgeizigen Zielsetzungvon weniger als 2 EURO pro Wp im Modul,sind be-reits an die Rohstoffkosten hohe An-forderungen zu stellen (Abb. 16).

Übereinstimmend kommen die Analysen derAPAS-Studie und der Deutschen Solar GmbHüber den Rohstoffanteil an den Kosten zu dem Schluss, dass ein Rohstoffpreis von unter

Abbildung 15Herstellungsprozess(vom Rohstoff bis zum Wafer)

Abbildung 16Preisanforderung anden Rohstoff in 2001

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Gleichgewichtsreaktionen, hoher Energiebe-darf und hohe Anforderungen an die Werk-stoffe führen zu hohen Kosten. Da die Photo-voltaik die hohen Kosten durch Flächenver-kleinerung und höhere Integration wie bei derElektronik nicht kompensieren kann, wurdebereits in den 80er Jahren nach alternativenkostengünstigeren Wegen für reines Siliciumgesucht. Eine Übersicht der diskutierten Wegezeigen die Abb. 19 bis 21.

13 EURO für die Photovoltaik erreicht werdenmuss. Darüber hinaus ist die Rohstoffsicherungdas Hauptanliegen und die Zukunftsaufgabefür alle PV-Firmen, da die heutigen Quellen fürden Rohstoff sich nicht beliebig erweitern las-sen (Abb. 17).

Internes Recycling bei den Waferproduzentenfür die Elektronik, zunehmende Anteile von Epi-taxie-Wafern und verbesserte Verfahrenstech-nologie bei der Prime-Poly-Silicium-Herstellunglassen die für die PV verfügbaren Mengen selbstbei Verdopplung des Elektronikbedarfes kaumwachsen. Die Herausforderung besteht darin,dass die Photovoltaik-Industrie eine von der Elek-tronik unabhängige Rohstoff-Versorgung zu günstigen Kosten benötigt. Die Deutsche SolarGmbH verfolgt das Ziel, ein Verfahren zur Pro-duktion eines Solarsiliciums mit Produktionskos-ten von weniger als 10 EURO/kg bei einem Pro-duktionsvolumen von 5000mt/a bis 2001 zu ent-wickeln. Dabei sollen Preise unter 13 EURO prokg realisiert werden. Die Verfahren zur Herstel-lung von hochreinem Silicium für die Elektroniksind in Abb. 18 als Übersicht wiedergegeben.

Gut zu reinigende gasförmige Verbindungen wieTrichlorsilan oder Silan werden anschliessend aufSilicium bei hohen Temperaturen zersetzt.

Abbildung 17Verfügbarkeiten Solar Silicium für diePhotovoltaik 1998 bis 2015

Abbildung 18Verfahren zurHerstellung vonElektronik-Silizium

1. Gasförmige Vorprodukte, durch Destillation hochrein zu fertigen

Si + HCl SiHCl3 TrichlorsilanSi + SiCl4 + H2 SiHCl3SiCl4 + H2 SiHCl3 (Hochtemperatur,

Katalyse)SiF4 + NaAlH4 SiH4 SilanSiHCl3 SiH4 (Katalyse)

2. Zersetzung der hoch gereinigten Verbindungen mit Wasserstoff auf Si-Oberflächen bei hohen Temperaturen

SiHCl3 + H2 Si + HCl2 + SiCl4(Siemensreaktor, Wirbelbett in Entwicklung)

SiH4 + H2 Si + H2(Stabreaktoren, Wirbelbett)

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Abbildung 20Verfahren zurHerstellung von Solar-Grade-Silicium - b

Abbildung 21Verfahren zurHerstellung von Solar-Grade-Silicium - c

Abbildung 19 Verfahren zurHerstellung von Solar-Grade-Silicium - a

Abbildung 22 Verfahren zurHerstellung von Solar-Grade-Silicium - d

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Zusammenfassend lässt sich festhalten, allealternativen Wege scheiterten, das Problemeines kostengünstigen Solarsiliciums blieb ungelöst. Ausgelöst durch eine erneute Ver-knappung bei deutlich gestiegenem Bedarf, ist das Problem der Rohstoffsicherung Mitteder 90er Jahre wieder aufgegriffen worden:

• Der Weg, hochreines SiO2 mit hochreinem Kohlenstoff direkt umzusetzen, durch Sintef/ECN,

• Die Kostenreduktion der bestehenden Verfahren für Elektroniksilicium (Abb. 22)durch Wacker und MEMC sowie

• in der Konzeptionsphase durch Tokuyama Corp.

Unabhängig davon, hat der GeschäftsbereichChemikalien der Bayer AG durch Kombinationverschiedener Möglichkeiten einen Weg ge-sucht, das ehrgeizige Kostenziel zu erreichen.In einem Verbundprojekt, gefördert durch denBMBF/BMWi wurden die Arbeiten konzipiertund im Labormaßstab die Einzelschritte bear-beitet. Entscheidend ist die Nutzung von Ver-fahren, die kontinuierlich betrieben werden

Zersetzung hochreiner Ausgangsverbindungen und eventuelle Nachreinigung

Siliciumtetrachlorid bzw. Fluorid mit Metallen (Aluminium, Zink, Natrium) Bayer, SRI, Batelle, AerochemKeine kostengünstige Lösung nachweisbar, Reinheitsanforderungen werden auf die zur Reduktion verwendeten Metalle verlagert.

Siliciumtetrachlorid mit Wasserstoff (Russland)ungünstige Gleichgewichte, Trichlorsilan als Zwischenprodukt

Transportreaktion aus metallurgischem Silicium mit Brom oder JodRaumzeitausbeuten zu niedrig, teure Reagenzien

Einige Verfahren bis zur Pilotierung erprobt, keine wirtschaftliche Alternative bisher gefunden

Umsetzung von hochreinem Siliciumdioxid mit hochrei-nem Kohlenstoff unter reinen Bedingungen

Siemens: SiO2-Reinigung durch Faserherstellung, Säure-LaugungHochreines SiO2 mit Flammrußen granuliertLichtbogenreaktorPrinzip machbar, Aufwand SiO2-Reinigung, Problem Kohlenstoffgehalt im Silicium

Elkem: Reine SiO2-Quellen mit Reinst-GrafitKeine ausreichende Reinheit: Bor, Phosphor, Kohlenstoff

Sintef/ECN: SiO2 und reine Kohlenstoffverbindung im Plasma-Reaktor Pilotierung angelaufen.

Bisherige Versuche wirtschaftlich nicht erfolgreich.Erste Ergebnisse aus erneutem Versuch - Ende 2001

Umsetzung hochreiner Reaktanden (gasförmig) unter wirtschaftlich günstigeren Bedingungen oder durch Einsatz kostengünstiger Technologie

Wacker: Trichlorsilan - schnelle Abscheidung in Stabreaktoren, weniger Aufwand bei Nachreinigung und Analytik Entwick-lung eines Wirbelbettreaktors für die Trichlorsilanzersetzung

MEMC: Silan - schnelle Abscheidung imWirbelbett eventuell größere Reaktoren

Tokuyama Corp: Konzeptionsphase

Bayer AG: Konzeption eines kostengünstigen Weges über Trichlorsilan zu Silan und dessen Zersetzung im Wirbelbett Bearbeitung der Einzelschritte im Labor

Reinigung von metallurgischem Silicium (Beispiele)

Heliotronic: Säure-Laugung, Schmelzen mit Schlackenextraktion, gerichtete Erstarrung(Wacker Siltronic)

Bayer AG: Säure-Laugung, Schmelzen mit Gasverblasen (H2, H2O, SiCl4),Vakuumentgasen, gerichtete Erstarrung

Elkem: Reine Ausgangsmaterialien, gerichtete Erstarrung, Säure-Laugung nach Zerkleinerung

Kawasaki Steel: Reine Ausgangsprodukte, Schmelzen, Plasma-Behandlung mit H2O-Gas,gerichtete Erstarrung, Schmelzen, Vakuumentgasen, gerichtete Erstarrung

Kombination der verschiedenen Verfahren führt prinzi-piell zum Erfolg an kleinen Proben. Reinigung des flüssi-gen Siliciums ist diffusionskontrolliert. Prozesszeit abhän-gig vom Verhältnis der Oberfläche zum Volumen. Verluste nehmen mit Chargengröße zu

Kein wirtschaftliches Verfahren bisher erreicht.

b

a

c

d

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FVS Themen 2000Prof. Peter Woditsch • Kostenreduktionspotentiale bei der Herstellung von PV-Modulen

Nach der Machbarkeitsstudie und der Untersuchung der Einzelschritte wird eine durchge-hende Pilotierung in einem chemischen Um-feld notwendig, um Ver- und Entsorgung zusichern und Nebenprodukte im Verbund weiter zu verarbeiten.

Der zweite Kostenblock nach dem Rohstoff, ist im Schmelzen und Kristallisieren zu sehen. Bei multikristallinem Silicium sind dies zweiTechnologieverfahren, das Bridgman- und dasGießverfahren. Abb. 25 zeigt die prinzipiellenUnterschiede und geplanten Verbesserungen.

Beim Gießverfahren ist das Schmelzen des Si-liciums von der Kristallisation getrennt, beim

können, die Feinreinigung auf der Stufe desSilans und die Zersetzung von Silan im Wirbel-bett (Abb. 23). Gründe warum das Kostenzielerreichbar erscheint sind in Abb. 24 aufgeführt.

Kostenziel: Herstellung unter 10 EURO und Renditeziele mit 13 EURO zu erreichen

Kostenvorteile gegenüber der Elektronik-Silicium-Herstel-lung beruhen auf

Konzeption: Zusammenführung aller vorteilhaf-ten Schritte und Details, die bisher bereits erprobt und teilweise auch realisiert sind.

Konti-Verfahren: Minimierung der Personalkosten, maximale Anlagennutzung

Produktionsmaßstab: 5.000 mt pro Jahr in 2 Linien, niedrigere spezifische Investitionen

Reinheits- Reduziert gegenüber Elektronik-anforderungen: Si-Fertigung, kostengünstigere

Werkstoffe, geringerer Reinigungs-aufwand, Verlagerung der Feinreinigung in die Silanstufe

Anlagenintegration: Chemiepark-Modell mit vorhan-dener Versorgung und EntsorgungMöglichkeiten, Nebenprodukte zu nutzen zur weitere Wertschöpfung

Technologischer Wirbelbett-Technologie für konti-Fortschritt: nuierliche Prozesse, Katalytische

Verfahren für Disproportionierung SiHCl3 zu SiCl4 und SiH4

Abbildung 23 Bayer Verfahren fürein kostengünstigesSolar Silicium

Abbildung 24 Bayer Verfahren fürein kostengünstigesSolar Silicium

Abbildung 25 VerfahrensprinzipienSchmelzen/Kristallisieren

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Verfahren ca. 60% Ausbeute bei der Säulen-herstellung, sind beim Gießverfahren 70%, bei Weiterentwicklung sogar mehr als 75% ver-wendbar. Die neue Gießtechnologie in Freibergwird anhand der Abb. 26 und 27 gezeigt. Diegeringen Randverluste können aus Abb. 28abgeleitet werden.

Entscheidend für die zukünftige Technologiesind die Kosten und hier sehen wir noch weite-re Technologieentwicklungsmöglichkeiten(Abb. 29).

Die Zerteilung der Siliciumblöcke zu Säulen istdurch eine eigene Technologieentwicklung der

Bridgman-Verfahren erfolgen sie nacheinanderim gleichen Reaktor und im gleichen Tiegel.Die wesentlichen Vorteile des Gießverfahrensliegen in einer besseren Nutzung des erstarrtenSiliciumblockes. Erreicht man beim Bridgman-

Abbildung 26 Kristallisation

Abbildung 28 Si-Blöcke und -Säulen

Abbildung 27 Anlagen fürSchmelzen undKristallisieren

Abbildung 29 Weiterentwicklung der Kristallisations-technologie

Solidification units feedstock preperationKristallisationskammern Rohstoffeinheit

Melting and Casting unitSchmelz und Gießanlage

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dend für eine Kostensenkung. Aufgeklebte Si-liciumsäulen (Abb. 32) werden mit Hilfe einesDrahtgatters mit SiC Suspensionen zu Scheibendurchgeläppt, abgelöst, vereinzelt in Carrier (Behälter zum Transport von Wafern), einge-ordnet und nach Reinigung sowie Qualitäts-inspektion verpackt.

Die entscheidenden, die Wirtschaftlichkeit be-stimmenden Faktoren sind in der Abb. 33 auf-

Firma Deutsche Solar GmbH optimiert. Bandsä-gen mit hoher Produktivität und hoher Schnitt-genauigkeit erfordern nur noch Detailoptimie-rungen (Abb. 30). Das Abtrennen der Kappenund Böden, festgelegt nach Qualitätskriterien,konnte mit einem Roboter einer ersten Auto-matisierung zugeführt werden (Abb. 31).

Qualität, Produktivität und Anlagenverfügbar-keit beim Drahtsägen sind ebenfalls entschei-

Abbildung 30 (links)

Anlage zurGrobzerteilung

Abbildung 31 (rechts)

Säulenherstellung

Abbildung 32 Produktionsschritte in der Scheiben-herstellung

Abbildung 33 Weiterentwicklung derDrahtsägetechnologie

MaschinentischGrundplatteSiliciumblock

Drahtführungsrolle

Vorbereitung der Säulen Schneiden der Säulen Drahtgesägte Säule Magazine mit Silicium-Scheiben

Reinigung der ScheibenEndkontrolle der Scheiben

(z. B. Dicke und Oberfläche) Verpackung der Scheiben

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geführt, wobei eine Vielzahl von Parameterngegenläufig sind und das richtige Optimumerarbeitet werden muss.

Fasst man den gesamten Verfahrensablauf zu-sammen, bleiben für die nächsten Jahre nocheine Reihe von Problemen zu lösen. Abb. 34zeigt die einzelnen Problemkreise. Qualität,Ausbeute und Automatisierung sind wieder-kehrende Aufgaben. Dabei erfordert der Auf-wand für die Problemlösung eine große Kapa-zität, um die Kosten auf viele Wafer zu vertei-len und eine kritische Masse an Geld und per-sonellen Ressourcen einsetzen zu können.

Ein roadmapping, wie die von Kunden, Verbrauchern und Politikern geforderte Kosten-reduktion aus Sicht eines Waferproduzentenbegleitet werden kann, zeigt Abb. 35. Ausge-hend von der heutigen Kostenstruktur pro Wp

bzw. pro Wafer in dm2 erscheint eine Kosten-reduktion auf 52% pro Wp durch Technologie-verbesserung, Waferdickenreduktion und Wir-kungsgradsteigerung möglich. Ein kritischer Pfad Abb. 36, mit einem Wirkungs-grad von 17% im Jahr 2010 scheint dabei alseine recht konservative Annahme unter der Er-kenntnis, dass einer der Kunden der DeutschenSolar GmbH auf der IEEE-PV-Tagung in Alaska

Abbildung 34 Verfahrensablauf undoptimierungsschwer-punkte

Abbildung 35Kostenreduktions-möglichkeiten bei der Silicium-Wafer-Herstellung für Solarzellen

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einen Zellprozess vorgestellt hat (Abb. 37), mit dem auf 150 x 150 mm großen multikri-stallinen Wafern 16,5% Wirkungsgrad erreichtwerden. Damit wird der Unterschied zwischenmulti- und monokristallinem Silicium weitge-hend aufgehoben und es gilt die Kostensen-kungspotentiale bei der Herstellung von multi-kristallinem Silicium mit aller Konsequenzumzusetzen.

Abbildung 36 Entwicklungspotentialder Preise fürSolarmodule ab Werkin DM/Wp

Abbildung 37 Weiterentwicklung derSiebdruck Solarzelle

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EFG-Silicium: Material, Technologieund zukünftige Entwicklung

Dipl.-Ing. T. Lauinger [email protected]

Dipl.-Phys. W. SchmidtDipl.-Ing. B. Wösten

Angewandte

Solarenergie

ASE GmbH

Industriestr. 13

D-63755 Alzenau

Dr. J. P. KalejsASE Americas Inc.

Thomas Lauinger • EFG-Silicium: Material, Technologie und zukünftige EntwicklungFVS Themen 2000

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2. Herstellung von Silicium-folien bei ASE Americas

Das EFG Verfahren ist die erste Technik zurHerstellung von kristallinen Siliciumfolien, dieerfolgreich in eine industrielle Serienfertigungüberführt werden konnte [1]. Die traditionellenKristallisationsmethoden für Silicium erzeugenmittels Czochralski- oder Blockguß-VerfahrenStäbe oder Blöcke, die mit Drahtsägen in Schei-ben geschnitten werden. Dabei tritt unvermeid-lich ein hoher Verlust von Silicium als Sägever-schnitt auf, so dass bis zur fertigen Scheibe 50-60% des ursprünglichen Rohsiliciums (Feed-stock) verloren gehen. Im Gegensatz dazu kön-nen bei der Herstellung von EFG-Folien ausOktagon-Röhren bereits heute 80% des Roh-siliciums für die fertige Scheibe genutzt werden.

Die derzeitige Technologie zur Herstellung vonEFG-Folien bei ASE Americas basiert auf derKristallzucht von Oktagon-Röhren. Jede Röhreist ein Hohlkörper mit einer Länge von 5,6 mund einer mittleren Wandstärke von 280 µm.Die Oktagon-Röhre besitzt 8 Seiten mit einerSeitenlänge von 10 cm. Aus jeder Seite könnenEFG-Folien mit variablen Längen, beispielswei-se 10 cm x 10 cm oder 10 cm x 15 cm, ge-schnitten werden. Der Materialverlust beträgtdabei weniger als 10% der gesamten Silicium-Ausgangsmenge, was einer der entscheiden-den Vorteile der EFG-Technologie ist. Ein weite-rer Vorteil, der zu einer hohen Siliciumausnut-zung beiträgt, ist die geringe Restmenge an Silicium im Schmelztiegel. Der Tiegel enthältnur ca. 1000 g an Siliciumschmelze, währendin einer Produktionscharge typischerweise 150-200 kg Silicium durch automatische Nachfüllungin einem einzigen Schmelztiegel verarbeitetwerden. Die Oktagon-Röhren werden mit Hilfevon Nd: YAG Lasern in einzelne Folien zerschnit-ten. Diese Laser können Siliciumkristalle mitDicken im Bereich 200 bis 600 µm bei Vorschub-geschwindigkeiten bis zu 5 cm/s schneiden.

1. Einführung

Die Herstellung von Siliciumfolien nach demEdge-defined Film-fed Growth (EFG) Verfahrenwurde von der ASE GmbH erfolgreich kom-merzialisiert. Die bereits erreichten Qualitätenund Produktionsraten machen EFG-Silicium-folien zu einem der führenden Herausfordererder traditionellen Herstellungsmethoden vonSiliciumscheiben. In den vergangenen zweiJahren hat ASE Americas in Billerica, USA (eine100% Tochter der ASE GmbH) die Produktions-kapazität für Siliciumfolien in den BereichenEFG-Oktagon-Kristallzucht und Laserschneidenvon 4 MWp auf über 13 MWp erweitert. Pläne,diese Kapazität nochmals zu verdopplen wur-den bereits bekannt gegeben. Zeitgleich mitder Expansion der EFG-Produktion bei ASEAmericas wurde bei der ASE GmbH in Alzenaueine moderne automatisierte Pilotfertigungsan-lage zur Herstellung von Solarzellen mit einerjährlichen Kapazität von 2 x 6,5 MWp konstru-iert und aufgebaut. Die Fabrikation umfasstfortgeschrittene Durchlaufproduktionsanlagenund wurde speziell dazu entwickelt, die beson-deren Eigenschaften der EFG-Siliciumfolien wiedie unebene Oberfläche und die niedrige Aus-gangslebensdauer der elektrischen Ladungs-träger zu berücksichtigen.

Dieser Artikel gibt eine Zusammenfassung der derzeitigen Leistungsfähigkeit der Pilotfer-tigung in Alzenau und der damit in den erstenBetriebsmonaten gesammelten Erfahrungen.Weiterhin wird eine neue Generation der EFG-Technologie beschrieben, welche das Ziel hat,dünne gekrümmte Folien aus EFG-Zylindernmit großen Durchmessern herzustellen. In einer bereits durchgeführten Machbarkeits-studie konnten Zylinder mit 50 cm Durchmes-ser und Wandstärken bis herunter zu 100 µmhergestellt werden (zur Zeit wird an der Ent-wicklung von Kristallisationsanlagen für Zylin-der mit 100 cm Durchmesser gearbeitet).

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FVS Themen 2000Thomas Lauinger • EFG-Silicium: Material, Technologie und zukünftige Entwicklung

Die Herstellungsprozesse für EFG-Folien sindentwickelt und optimiert worden, um deutlichgeringere Produktionskosten als mit traditio-nellen Herstellungsverfahren zu ermöglichen.Dieser Ansatz führt zu einer Folie deren Erschei-nungsbild, geometrische Eigenschaften undelektronische Qualität von den traditionell mitDrahtsägen geschnittenen Scheiben abwei-chen. Da der Schmelztiegel aus Graphit be-steht, enthält EFG-Silicium, im Gegensatz zuden meisten anderen Solarzellenmaterialien,Kohlenstoff nahe der Sättigungskonzentration.Die Kristallziehraten sind bis an die Grenzeerhöht, bei der noch keine entscheidendeMaterialbeeinflussung durch inneren Streß auftritt. Dies führt sehr häufig zu unebenenFolien und erhöhten Versetzungsdichten.

Die speziellen Eigenschaften der EFG-Folienwaren die Motivation zur Entwicklung vonangepassten Fabrikationstechniken bei der ASE,die insbesondere die schlechte elektronischeAusgangsqualität der Folien während der Pro-zessierung optimal verbessern [2,3]. Im folgen-den Abschnitt wird detailliert auf die neu ent-wickelte Produktionstechnologie eingegangen.

3. Automatisierte Solarzellen-Pilotfertigung in Alzenau

Die neue automatisierte Solarzellen-Pilotferti-gung in Alzenau wurde entwickelt, um die speziellen Eigenschaften von EFG-Folien zu be-rücksichtigen. Als Ausgangspunkt für das Designder Alzenauer Pilotfertigung diente der bei ASEAmericas vorhandene Herstellprozess. Die erstevon zwei Fertigungslinien wurde 1998 instal-liert und lieferte die Erfahrungsbasis für dasDesign und die Verbesserung der Technologiefür die zweite Linie, welche in diesem Jahr denPilotfertigungsbetrieb aufgenommen hat.

Die erste Linie besitzt eine jährliche Nennka-pazität von 6,5 MW und wurde dafür ausge-legt, sowohl 10 cm x 10 cm als auch 10 cm x15 cm Scheiben zu verarbeiten. Der Wechselzwischen den beiden Formaten ist mit einemMinimum an Einrichtarbeiten, wie z.B. demAustausch fester Anschläge möglich. Die Dickeder Folie darf zwischen 200 und 600 µm liegen, zusätzlich ist eine Durchbiegung von

Der Schnittverlust liegt unter 200 µm. Es ist zu erwarten, dass durch eine zukünftige Wie-derverwendung von Ausschußmaterial der Kris-tallisations- und Laseranlagen, die Herstellungvon EFG-Folien mit weniger als 5% Material-verlust von der gesamten Silicium Ausgangs-menge möglich ist. Die bei ASE Americas reali-sierte EFG-Fertigungstechnologie ist in denAbbildungen 1 und 2 zu sehen.

Abbildung 1 EFG-Kristallisa-tionsanlagen bei ASE Americas inBillerica / USA

Abbildung 2 Laserschneiden vonEFG-Oktagonröhren in Einzelfolien

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Die Scheiben bewegen sich kontinuierlichdurch die Linie, wobei die gesamte Durchlauf-zeit ca. 2,5 Stunden beträgt. Die folgendenProzesse werden nacheinander ausgeführt:

• Scheibenreinigung• Phosphordiffusion• Oxidentfernung• Antireflexionsbeschichtung• Herstellung des Rückkontaktes• Herstellung des Vorderseitenkontaktes• Zellenvermessung und Inspektion

Die Scheiben laufen in 5 parallelen Reihen vonder Reinigung durch die Phosphordiffusionund die Oxidentfernung, wonach die Antireflex-ionsbeschichtung in einem Batchprozess auf-gebracht wird. In der anschließenden Rück-und Vorderseitenmetallisierung sowie währendder Zellenvermessung laufen die Scheiben ineiner einzelnen Reihe. Die Linie ist vollautoma-tisiert und besitzt an allen ProzessanlagenBand-Band-Übergänge mit Ausnahme der Sili-ciumnitrid-Antireflexionsbeschichtung. An kriti-schen Prozessen sind automatisierte Puffer fürbis zu 250 Scheiben verfügbar.

Es ist möglich, unterschiedliche Materialtypen -EFG, multikristallines und einkristallines Si - zuverarbeiten. Zur Optimierung der elektrischenSolarzellenwirkungsgrade sind lediglich ein-

bis zu einem Milimeter zulässig. In die zweiteLinie mit der gleichen Nennkapazität von 6,5 MW wurden viele Verbesserungen und ei-nige neuartige Technologien integriert. Einerder Hauptschritte in Richtung vollautomatisier-ter Produktion war der Übergang zu einer lückenlosen Durchlaufproduktion über die Ein-bindung einer Durchlauf-Siliciumnitrid-Beschichtungsanlage. Nachfolgend werdendie Entwurfsprinzipien und die ersten Betriebs-erfahrungen der Linie 1 vorgestellt.

Die Ziele beim Entwurf der Pilotfertigung inAlzenau waren: automatisierte einfache Pro-zesse, hohe Verfügbarkeit, gute Ausbeute undhoher Solarzellenwirkungsgrad. Die Anlagender Linie 1 sind in Abbildung 3 dargestellt. Die gesamte Länge der Linie beträgt 80 m.

Abbildung 3Erste automatisiertePilotfertigungslinie für Solarzellen bei der ASE GmbH inAlzenau

Abbildung 4Wirkungsgradver-teilung von Solar-zellen aus EFG und konventionellen multikristallinenSiliciumscheiben, die in der automati-sierten Pilotferti-gungsanlage inAlzenau hergestelltwurden.

35

30

25

20

15

10

5

0

EFG (Testumfang: 10,000)

Multi (Stichprobe)

Rela

tive

Anz

ahl Z

elle

n [%

]

13,0 13,1 13,3 13,5 13,7 13,9 14,1 14,3 14,5 14,7 14,9 15,1 15,3 15,5

Solarzellenwirkungsgrade [%]

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Die Abbildung 5 zeigt die beobachteten und zuerwartenden Gesamtausbeuten für EFG undkonventionell gesägte multikristalline Scheiben.Die direkt nach dem Start der ersten Linienoch schlechte Ausbeute für EFG konnte durchVerbesserung und Optimierung von Prozessenund mechanischen Handhabungsschritten stän-dig erhöht werden. Auf Grund der gewonne-nen Erfahrungen, die in die Anlagen der Linie 2einfließen konnten, wird erwartet, dass dieAusbeute für EFG in den Bereich der Ausbeutefür flache multikristalline Scheiben gebrachtwerden kann.

Ein wichtiger Fortschritt in der zweiten Liniebesteht in der Einbindung einer Durchlauf-Siliciumnitrid-Beschichtungsanlage, welche,im Gegensatz zu der Batch-Anlage der Linie 1,einen kontinuierlichen Materialfluß durch dieGesamtlinie ermöglicht. Die Siliciumnitrid-schicht stellt gleichzeitig eine Antireflexions-schicht und eine Diffusionsquelle für Wasser-stoff zur Passivierung des Si-Kristallvolumensdar. Die neuartige Durchlaufanlage wurdeerfolgreich in einem Projekt mit dem Institutfür Solarenergieforschung GmbH Hameln/Emmerthal entwickelt und in die zweite Pilot-fertigungslinie integriert.

fache Anpassungen der Parameter der Hoch-temperaturprozesse erforderlich. Typische mittlere Wirkungsgrade sind ca. 14% für EFGund ca. 15% für konventionelle multikristallineScheiben, wie in Abbildung 4 dargestellt. DieseWirkungsgrade werden ohne eine Textur derScheibenoberfläche erzielt. Eine wichtige Rollespielen Getter- und Passivierprozesse zur Ver-besserung der elektronischen Qualität der ein-gesetzten Siliciummaterialien.

Zwei neuartige Durchlaufprozesse reduzierensignifikant die anfallenden Abfallmengen anSäuren. Ein Reinigungsschritt zu Beginn derProzesslinie führt die Scheiben durch einemilde Säure und spült sie in einer kontinuierli-chen Bandstrecke. Die Scheiben werden vonautomatisierten Handhabungssystemen aufspeziell konstruierte Plastikbänder gelegt, sodass das Be- und Entladen von Kassetten voll-ständig entfällt. Ein neuartiger Ätzprozess zurEntfernung der phosphorhaltigen Oxidschichtnach der Diffusion wurde ebenfalls auf derBasis kontinuierlicher Bandstrecken entwickelt.Mit ihm gelang es, den Verbrauch an Fluß-säure um mehr als 80% gegenüber der kon-ventionellen gepufferten Oxidätze (BOE) zusenken. Er beträgt nun weniger als 0,12 mlpro Solarzelle.

Wesentliche Verbesserungen konnten in denBereichen Ausbeute, Erkennung von gebroche-nen Scheiben und Prüfung der Metallisierungeingeführt werden. Bei der Konstruktion derautomatisierten Handhabungssysteme wurdebesonderer Wert auf weiche Anschläge und anwellige EFG-Folien angepasste Greifmechanis-men gelegt. Die Rückseiten- und Vorderseiten-metallisierung werden über spezielle Transfer-drucker und direktes Schreiben der Metallpas-ten aufgetragen, wodurch die auf die Scheibenwirkenden Kräfte minimiert werden konnten[4]. Optische Prüfsysteme wurden eingeführt,um gebrochene Scheiben, fehlende Finger und unvollständige oder falsch positionierteKontakte zu erkennen und auszusortieren. Als Teil der Endkontrolle wird jede Zelle elek-trisch in Vorwärts- und Rückwärtsrichtung ver-messen. Die Ausbeute der Linie wurde sorgfäl-tig studiert, um aus den daraus erkennbarenSchwachstellen ein verbessertes Design derLinie 2 abzuleiten.

Abbildung 5Ermittelte und er-wartete Ausbeuten für EFG und konven-tionelle multikristal-line Siliciumscheibenin den beiden Pilot-fertigungslinien inAlzenau

100 %

90%

80%

EFG

Start Linie 1

AktuellLinie 1

ErwartetLinie 2

EFG

EFG

mc-Si

mc-Si

Aus

beut

e

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Die Machbarkeit, einen EFG-Hohlzylinder mitgroßen Durchmessern zu ziehen, wurde be-reits erfolgreich mit einer Anlage zur Herstel-lung von Zylindern mit einem Durchmesservon 50 cm demonstriert. Dabei konnten Zy-linderlängen bis zu 1,2 m und Wandstärken bis zu 100 µm realisiert werden. Die Wach-stumsrate konnte auf 2,5 cm/min gesteigertwerden. Eine Rotation des Zylinders wurdebenutzt, um ein gleichmäßiges Anfangswachs-tum des Zylinders zu erreichen, danach konntediese bei ausreichender Dickenhomogenitätgestoppt und ohne Drehbewegung weiterge-zogen werden. Die Produktivität pro Kristall-ziehanlage steigt bei diesem Durchmesser undder erhöhten Ziehgeschwindigkeit etwa umden Faktor 3 gegenüber dem Oktagon-System. In Abbildung 7 ist einer der bisher gezogenenDemonstrations-Zylinder zu sehen.

Zur Zeit sind verschiedene technologischeProbleme zu lösen, um die neuartige EFG-Zylindertechnologie industriell anwendbar zumachen. Im Bereich der Kristallzucht muß derthermoelastische Stress nach der Kristallisa-tion durch eine Modifikation der Abkühlzonenreduziert werden, da diese noch nicht für 100 µm Wandstärke ausgelegt sind. Zusätz-lich muß, in Zusammenarbeit mit Materiallie-

4. Die zukünftige EFG-Technologie: Dünne kristallineSiliciumfolien

Vor einiger Zeit wurde bereits über die Pläneberichtet, die Kristallzucht von EFG-Zylindernmit großen Durchmessern zu entwickeln undzu demonstrieren [3]. Das Ziel dieser Entwick-lung ist die Reduktion der Dicke von EFG-Folien, um Rohsilicium zu sparen und damitdie Scheibenkosten zu vermindern. Derzeitlimitieren Unregelmäßigkeiten der Foliendickeüber den Umfang des EFG-Schmelztiegels die minimale Dicke der Folien auf ca. 280 µm. Es ist nicht zu erwarten, dass die aktuelleOktagon-Technologie für Foliendicken unter-halb von 200 µm benutzt werden kann, ummit den Trends in der Produktion konventio-neller multikristalliner Scheiben konkurrieren zu können (siehe Abbildung 6).

Die Kristallzucht von Hohlzylindern wurdegewählt, da sie die entscheidenden Limitie-rungen der Oktagon-Kristalle umgehen kann.So wird der thermoelastische Stress im Kristalldurch die symmetrische Geometrie des Zylin-ders deutlich reduziert. Weiterhin ist es mög-lich, eine stark verbesserte Temperaturhomo-genität entlang der Kristallisationsfront zu er-zielen, da der Zylinder rotieren kann.

Abbildung 7EFG-Zylinder mit 50 cm Durchmesser

Abbildung 6Tendenzen in derHerstellung von multi-kristallinen- und EFG-Siliciumscheiben undderen Auswirkung aufden Gesamtverbrauchan Silicium

Gesamter Siliciumverbrauch

Status

Mittelfristig

Sche

ibe

Abf

all

Langfristig

14

12

10

8

6

4

2

0

Wirkungsgrad [%]

Dicke [µm]

Gew

icht

/Pm

ax [

g/W

p]

Kost

en [

USc

/Wp

@20

US$

/kg

Si]

mc33014,7

mc20015.5

mc10016,5

EFG30014.0

EFG20015.0

EFG10016.0

28

24

20

16

12

8

4

0

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Die zweite Pilotfertigungslinie wurde zeitverzö-gert konstruiert und aufgebaut, um Erfahrun-gen der Linie 1 aus fast einem Jahr Pilotferti-gungsbetrieb nutzen zu können. Anlagen miterhöhter Bruchrate wurden umkonstruiert undin Bezug auf die Krafteinwirkung auf die Schei-ben verbessert. Die Zuverlässigkeit der Anlagenkonnte erhöht werden und es wurden vor-beugende Servicemaßnahmen etabliert, sodass ein Betrieb mit kurzen Wartungsintervallenerreicht werden konnte. Ein unterbrechungs-freier kontinuierlicher Materialtransport wirdmit der Einbindung einer Durchlauf-Silicium-nitrid-Beschichtungsanlage in der zweiten Linieermöglicht.

Die Erfahrungen und die durchlaufene Lern-kurve beim Aufbau und Betrieb der beiden Pi-lotfertigungslinien in Alzenau bilden eine wich-tige Basis und Voraussetzung für die Planungeiner zukünftigen automatisierten Massenfer-tigung von EFG-Solarzellen.

Als Weiterführung der aktuellen EFG-Techno-logie wurde die Entwicklung von EFG-Zylin-dern mit großen Durchmessern vorgestellt. Mit dieser neuartigen Technologie sollen dünneScheiben mit deutlich reduzierten Produktions-kosten realisiert werden. Es konnten bereitserfolgreich erste Zylinder mit einem Durch-messer von 50 cm und einer Länge von 1,2 mbis zu Wandstärken von 100 µm hergestelltwerden. Es wird erwartet, dass diese Techno-logie zu einer Reduktion der Scheiben- undSolarzellen-Produktionskosten führt, so dassdas Ziel der APAS Studie der Europäischen Ge-meinschaft von 1 ECU/Wp [5] für eine zukünf-tige Massenproduktion von kristallinen Silicium-solarzellen erreicht werden kann.

feranten, das für den Schmelztiegel benötigteGraphit in verbesserter Qualität hergestelltwerden, um die großen Durchmesser der Tie-gel zu ermöglichen. Das Laserschneiden unddie Prozessierung der dünnen gekrümmtenFolien erfordern ebenfalls neuartige Techno-logien. Es konnte bereits geprüft werden, dassFolien im 100 - 150 µm Bereich flexibel ge-nug sind, um eine manuelle Prozessierungnach dem konventionellen EFG-Zellprozeß zuüberstehen. Es wird jedoch einige aufwendigeAnpassungen erfordern, um eine vollautomati-sierte Verarbeitung gekrümmter Folien zuermöglichen.

5. Zusammenfassung undSchlußfolgerungen

Es wurden Arbeiten zur Erweiterung der Folien- und Zellenfertigung auf der Basis vonEFG-Siliciumfolien auf eine jährliche Kapazitätdeutlich über 10 MWp vorgestellt. Die Kapa-zität der Folienherstellung (Kristallzucht undLaser-schneiden) wurde bei ASE Americas, Inc.in USA von 4 auf 13 MWp erhöht. Es bestehenPläne, diese Kapazität nochmals zu verdoppeln.Eine moderne hochautomatisierte, speziell für EFG-Siliciumfolien entwickelte 6,5 MW Pi-lotfertigungslinie für Solarzellen wurde bei ASEGmbH in Alzenau in Betrieb genommen undbefindet sich in Produktion. Eine zweite 6,5 MWPilotfertigungslinie mit zusätzlichen Verbes-serungen und teilweise neuer Technologie hatgerade die Produktion aufgenommen.

Die vorgestellten neuartigen Siliciumfolien-und Solarzellentechnologien repräsentierenauch einen großen ökologischen Fortschrittbei der Herstellung von Photovoltaik-Modulen:In der Siliciumscheibenherstellung durch dieEliminierung der Sägeverluste und die damitverbundene Erhöhung der Ausnutzung desRohsiliciums. In der Zellenherstellung durch die Minimierung des Verbrauchs an Chemika-lien und an Spülwasser. Durch neuartige Pro-zeßschritte in der Reinigung und in der Oxid-ätze konnte der Umwelteinfluß durch Säu-reabfälle stark verringert werden.

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Referenzen

[1] E. J. Henderson and J. P. Kalejs, "The Road to Commercialization in the PV Industry: A Case Study of EFG Technology”, 26th IEEE PVSC, Washington, DC (1996), pp. 1077-1080.

[2] M. J. Kardauskas et. al., "The Coming of Age of a New PV Wafer Technology – Some Aspects of EFG Polycrystalline Silicon Sheet Manufacture”,ibid., pp. 383-388.

[3] J. P. Kalejs and W. Schmidt, "High Productivity Methods of Preparationof EFG Ribbon Silicon Wafers”, 2nd WCEPS EC, Vienna (1998), pp 1822-1825.

[4] F.J. Bottari, J. Hanoka and F. W. Sylva, "Method of Applying Metallized Contacts to a Solar Cell”, U.S. Patent No. 5151386 (1992); J. I. Hanoka,"Method for Forming Contacts”,

U.S. Patent No. 5151377 (1992).

[5] T. Bruton et al., "A Study of the Manufacture at 500 MW p.a. of Crystalline Silicon Photovoltaic Modules”, 14th EPVSEC, Barcelona (1997), pp 11-16.

6. Danksagung

Die Autoren danken herzlich Herrn R. Baumannund vielen weiteren Mitarbeitern der Ange-wandten Solarenergie – ASE GmbH und desISFH Instituts für Solarenergieforschung GmbHHameln/Emmerthal für Ihre wertvollen Beiträ-ge zu den hier vorgestellten Ergebnissen.

Die Entwicklungsarbeiten wurden anteilig durch die Bundesregierung (Vorhaben 0329813A, 0329717 and 0329802B) und durch die Landesregierung Bayern (Vorhaben07 05/893 75//74/98//12/99//2/2000) gefördert. Die Entwicklung des EFG-Zylinders wird anteilig durch das DOE (Vorhaben ZAX-8-17647-10) gefördert.

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FVS Themen 2000Stefan Glunz • Neue Konzepte für Siliciumsolarzellen

den Wirkungsgrad bei verschiedenen Zelldicken.Ausgehend von einer relativ einfachen Zellen-struktur (gestrichelte Linie) wurde zuerst dieOberflächenpassivierung stark verbessert(gepunktete Linie). Durch die Oberflächenpas-sivierung wird verhindert, daß die durch dasSonnenlicht erzeugten Ladungsträger an denOberflächen der Siliciumwafer durch Rekom-bination "vernichtet" werden.

Es ist anschaulich klar, daß bei einer reduzier-ten Waferdicke der Oberflächenpassivierungeine immer wichtigere Rolle zukommt. Wennzusätzlich der interne Lichteinfang durch eineverbesserte interne Reflexion und eine intelli-gentere Lichtführung erhöht wird, so erhöhtsich das Wirkungsgradpotential nochmals(durchgezogene Kurve). Die Materialqualitätund die externe Reflexion wurden bei allenRechnungen identisch gewählt. Es ist deutlichzu erkennen, daß einerseits das Wirkungsgrad-potential generell durch die Verbesserung der Zellstruktur erhöht wird und andererseitsdieses Wirkungsgradniveau auch bei kleinenZelldicken beibehalten werden kann.

Solarzellen aus Siliciumwafern (Czochralski-und multikristallines Silicium) stellen immernoch den mit Abstand größten Anteil (1998:84%) des Photovoltaikmarktes. Der entschei-dende Kostenfaktor bei Modulen aus Silicium-solarzellen ist der Preis des Siliciumwafersselbst (siehe Abb. 1).

Um diesen Kostenfaktor zu senken, könnenmehrere Strategien verfolgt werden:

• Durch die Verwendung von abgeschie-denen Siliciumschichten (Dünnschichtsolar-zelle) können die Materialkosten gesenkt werden. Allerdings bleiben die hierbei er-zielten Wirkungsgrade bisher deutlich hinterdenen von Solarzellen aus Siliciumwafern zurück.

• Durch die Reduzierung der Waferdicke können die Kosten pro Wafer reduziert werden.

• Durch Erhöhung des Wirkungsgrades kann der einzelne Siliciumwafer besser genutzt werden. Damit sinkt der Energiegestehungs-preis.

Die beiden letztgenannten Ansätze sollenThema dieses Vortrages sein. Sie sind sehr engmiteinander verknüpft, da Solarzellen mit redu-zierter Dicke eine höherwertige Zellentechno-logie erfordern, die gleichzeitig auch Vorbedin-gung für die Erzielung höherer Wirkungsgradeist. Abb. 2 zeigt die Auswirkungen verschiede-ner Verbesserungen der Solarzellenstruktur auf

Neue Konzepte für Siliciumsolarzellen

Dipl.-Phys. Stefan GlunzFraunhofer ISE

[email protected]

Abbildung 2Einfluß der Ober-flächenpassivierungund des internenLichteinfangs auf den Wirkungsgrad bei verschiedenenZelldicken.

Abbildung 1Anteile an den Kosteneines Photovoltaik-moduls aus Silicium-solarzellen

Solarzellentechnologie

ModulproduktionSiliciumwafer

53%

15%

32%

22

21

20

19

16

17

16

15

14

13

Bessere Optik

Bessere Oberflächenpassivierung

Diffusionslänge = 300 µm

Wirk

ungs

grad

[%

]

0 50 100 150 200 250 300

Zelldicke [µm]

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Die Anzahl der Prozeßschritte zur Herstellungder Rückseitenpunktkontakte konnte so umeinen Faktor 5 reduziert werden. Mit diesereleganten Methode konnten am ISE bereitsWirkungsgrade über 20% erzielt werden.

Auch bei der Aufbringung der Vorderseiten-kontakte wurde bisher bei hocheffizientenSolarzellen mit Photolithographie gearbeitet.Am ISFH (Institut für Solarenergieforschung,Hameln) ist es gelungen, durch eine geschickteOberflächentexturierung (mittels Sägen) unddem nachfolgenden Schrägaufdampfen derVorderseitenmetallkontakte diesen Photolitho-graphieschritt zu vermeiden. Abb. 5 zeigt einePrinzipskizze der sogenannten OECO-Struktur(Obliquely Evaporated Contacts). Auch mitdiesem Zellkonzept konnten bereits Wirkungs-grade über 20% erreicht werden.

Mit der mechanischen Oberflächenstrukturie-rung können auch andere interessante Struk-turen erzeugt werden. Prominentes Beispielhierfür ist die sogenannte POWER (Polycrys-talline Wafer Engineering Result) Solarzelle derUniversität Konstanz. Durch das Sägen von V-förmigen Gräben auf der Vorder- und Rück-seite, wobei die Vorder- zu den Rückseitengrä-ben senkrecht stehen, kann der Wafer teil-weise durchbrochen werden. Dadurch wirdeine Semitransparenz erreicht. Dieser Effekt,der naturgemäß bei Solarzellen auf den erstenBlick einmal "unerwünscht" ist, erlaubt es, ins-besondere bei der Integration in Gebäuden(siehe Abb. 6), interessante ästhetische Effektezu erzielen.

Um die Verschaltung der einzelnen Zellen zueinem Modul stark zu vereinfachen, wäre esgünstiger, wenn sich die p- und n-Kontaktenicht auf der Vorder- und Rückseite, sondernnur auf einer Seite der Solarzelle befinden würden. Dies ist bei der sogenannten Rücksei-tenkontaktsolarzelle realisiert. Ein weiterer Vor-teil dieser Struktur ist, daß keine Abschattungdurch die Metallkontakte auftritt, weil die Kon-taktfinger auf der Rückseite der Zelle angeord-net sind.

Da sich allerdings der sammelnde pn-Über-gang auf der lichtabgewandten Seite der Zellebefindet, müssen praktisch alle durch das Licht

Schon seit geraumer Zeit stehen Solarzellen-konzepte zur Verfügung mit denen Wirkungs-grade weit über 20 % erreicht werden können(siehe zum Beispiel Abb. 3). Allerdings sind die-se bisher nicht in die industrielle Fertigungübernommen worden, da ihre Herstellung zuaufwendig und damit zu teuer ist. In letzterZeit sind aber verstärkt Bemühungen unter-nommen worden, diese Konzepte vereinfachtumzusetzen.

Wichtigstes Merkmal hocheffizienter Silicium-solarzellen ist die sehr gute Oberflächenpassi-vierung. Eine optimale Oberflächenpassivie-rung kann durch die Beschichtung mit Silicium-dioxid oder Siliciumnitrid erreicht werden.Allerdings muß beim Aufbringen der Kontaktediese Isolatorschicht teilweise wieder geöffnetwerden (siehe Abb. 3). Dieser Prozeßschrittwurde bisher durch relativ aufwendige Photo-lithographieschritte bewerkstelligt. Am Fraunhofer ISE ist es nun gelungen, dasÖffnen der Isolatorschicht mittels Laserablationdurchzuführen (LA-PERC-Struktur, siehe Abb. 4).

Abbildung 3 HocheffizienteSolarzelle (PassivatedEmitter and Rear Cell(PERC) Konzept)

Abbildung 4 Öffnen der Rück-seitenpunkte einerPERC-Struktur(Passivated Emitterand Rear Cell) mittels Laserablation. Durch den Einsatz vonMikrolinsenarrayskann der Durchsatzgegenüber der bisherverwendeten Einzel-ablation nochmalsdeutlich gesteigertwerden.

Dünne KontaktstegeKleine Abschattung

OberflächentexturierungReflexionsverminderung+ schräger Lichteinfang

SiO2-OberflächenvergütungOberfächenpassivierung+ interne Verspiegelung

Geringe KontaktflächenOberflächenpassivierung

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generierten Ladungsträger durch die gesamteZelle diffundieren. Bei gutem Ausgangsmate-rial (sprich hoher Diffusionslänge) spielt dies kei-ne große Rolle und am Fraunhofer ISE konntenschon Wirkungsgrade über 22% mit diesemSolarzellenkonzept erzielt werden. Da die Rück-seite dieses Zelltyps nicht vollständig mit Kon-taktflächen bedeckt ist, eignet sie sich auchsehr gut als beidseitig beleuchtbare (bifaziale)Solarzelle. So konnte am Fraunhofer ISE welt-weit die erste Zelle hergestellt werden, diejeweils einen Wirkungsgrad über 20% von bei-den Seiten aufweist.

Kommt allerdings Material mit geringer Dif-fusionslänge zum Einsatz so muß das Rücksei-tenkontaktkonzept modifiziert werden. Dabeiwerden Emitter auf beiden Seiten des Wafersdiffundiert und diese mittels Löcher durch denWafer miteinander verbunden (siehe Abb. 7).

Abbildung 5 OECO-Struktur (a)Prinzipskizze und b)Rasterelektronen-mikroskopaufnahme):Durch die Strukturie-rung der Solarzellen-oberfläche ist es mög-lich, die Vorderseiten-kontakte durch schrä-ges Aufdampfen ohneweitere Maskierungs-schritte zu erzeugen(Mit freundlicherGenehmigung von A. Metz, ISFH).

Abbildung 6 SemitransparentePOWER Solarzellen(Prinzipskizze undFoto, mit freundlicherGenehmigung von P. Fath, UniKonstanz).

Abbildung 7 Vergleich des Einflus-ses der Diffusionslän-ge auf den Wirkungs-grad einer "Emitter-Wrap Through"-Zelle(oben) und einer Rück-seitenkontaktzelle(unten).

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Dadurch können die am lichtzugewandten pn-Übergang gesammelten Ladungsträger überdie Löcher zur Rückseite der Zelle und damitzu den Kontakten geleitet werden. Abb. 7 zeigtdeutlich, daß mit dieser sogenannten EWT(Emitter-Wrap-Through)-Struktur der Wirkungs-grad auch bei kleinen Diffusionslängen rechthoch bleibt, während er beim "reinen" Rücksei-tenkontaktzellenkonzept drastisch absinkt.

Am Fraunhofer ISE konnte eine EWT-Zelle miteinem Wirkungsgrad von 21.4% hergestelltwerden, was das große Potential dieser Struk-tur nochmals betont.

Wie schon eingangs erwähnt kann eineReduzierung der Waferdicke zur Kostenredu-zierung beitragen, wenn die Zellstruktur aufdie gewählte Waferdicke angepaßt ist. Abb. 8zeigt eine 85 µm "dünne" hocheffizienteSolarzelle auf Czochralski-Silicium.

Außer der Materialersparnis wird allerdings aufdiesem Bild noch eine andere herausragendeEigenschaft dieser Zellen ersichtlich: Sie sindflexibel. Damit bieten sich völlig neue Anwen-dungsgebiete.

Die Liste neuer Zellkonzepte für Solarzellen ausWafersilicium ließe sich noch weiter fortsetzen.Es steckt also immer noch viel Potential in die-ser Technologie, die schon seit langer Zeit denPhotovoltaikmarkt beherrscht - ein echter"Evergreen" sozusagen!

Abbildung 885 µm "dünne"Solarzelle aufCzochralski-Silicium

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FVS Themen 2000Dr. Bernd Rech • Silicium- Dünnschichtsolarzellen auf Glas

im Labor mit einem Wirkungsgrad von 13%(stabil) entwickelt worden [2]. Großflächige,kommerziell erhältliche a-Si-Solarmodule errei-chen allerdings erst einen Wirkungsgrad vontypischerweise 6 bis 7%. Die Physik und Tech-nologie von a-Si-Solarzellen wird in Ref. [3]im Überblick beschrieben. In diesem Beitragwird anhand zweier Entwicklungen des Insti-tuts für Photovoltaik (IPV) diskutiert, wie der Wirkungsgrad von Silicium Dünnschicht-solarzellen in der Produktion verbessert werdenkann und welche Kostensenkungspotenzialesich daraus ergeben. Bei allen Betrachtungenmuß zwischen den im Labor auf kleiner Flächeerzielten Wirkungsgraden (Laborwirkungsgrade)und den Wirkungsgraden von großflächigenSolarmodulen aus der Produktion (Modulwir-kungsgrade) unterschieden werden. Es existie-ren inhärente Verluste durch den Übergangvon der Zelle zum Modul, wozu beispielsweiseVerluste an aktiver Zellenfläche durch dieSerienverschaltung gehören. Als Substratmate-rial dient kostengünstiges Glas, das die dünnenaktiven Schichten der Solarzelle gleichzeitiggegen äußere Einflüsse schützt.

Das erste Beispiel beschreibt ein neues Verfah-ren zur Herstellung von Zinkoxid-Schichten zur Verbesserung der Lichteinkopplung in Silicium-Dünnschichtsolarzellen. In einem lau-fenden Verbundprojekt wird dieses Verfahren für a-Si Solarzellen von Laborgröße (0.01 m2)auf Produktionsmaßstab (0.6 m2) vergrößert. Erst vor wenigen Jahren wurde entdeckt, daßintrinsisches (undotiertes) µc-Si auch als Ab-sorbermaterial in effizienten Solarzellen einge-setzt werden kann (siehe [4] und [5]). Das zweite Beispiel zeigt hier einen neuen Ansatz, der zum Ziel hat, das Maßstabsver-größerung von µc-Si vom Labor in die Produk-tion zu erleichtern und durch das Erreichenhoher Wachstumsraten bei gleichzeitig gutenWirkungsgraden die Voraussetzung für eine zu-

1. Einleitung

Produktion und Markt für photovoltaische Module sind in den letzten Jahren geprägt von einem starken Wachstum. Im Jahr 1999wurde mit einem Produktionsvolumen vonetwa 200 MW ein weltweiter Umsatz von un-gefähr einer Milliarde Euro erreicht. Der weite-re Ausbau der Photovoltaik bis hin zu einemsignifikanten Beitrag zur elektrischen Energie-bereitstellung setzt allerdings voraus, dass die Herstellungskosten photovoltaischer Moduleweiterhin wesentlich gesenkt werden. Bei derheute marktbeherrschenden Technologie, diemono- bzw. multikristalline Siliciumscheibenverwendet, ist eine Kostenreduktion nur in be-grenztem Maße durch technologische Verbes-serungen und Massenproduktion möglich.Wesentlicher Grund hierfür ist die kosten- undenergieintensive Bereitstellung des hochreinenSiliciummaterials und der hieraus gefertigtenScheiben (Wafer). Im Gegensatz dazu benö-tigen Si-Dünnschichtsolarzellen, basierend aufamorphem Silicium (a-Si) und mikrokristalli-nem Silicium (µc-Si), Halbleiterschichten, dieweniger als ein Hundertstel der Dicke kristalli-ner Siliciumscheiben betragen. Die verwende-ten Halbleiterschichten werden bei niedrigenProzeßtemperaturen großflächig auf kosten-günstige Substrate (Glas, Plastik, Stahl) aus derGasphase abgeschieden. Materialeinsparung,Niedertemperaturprozesse, integrierte Zellen-verschaltung und hoher Automatisierungsgradeiner Serienfertigung ermöglichen zukünftigpotentiell niedrigere Herstellungskosten für Si-Dünnschicht-Solarmodule [1] im Vergleich zurSilicium-Wafertechnologie.

Silicium ist wegen seiner unbegrenzten Verfüg-barkeit und ökologischen Unbedenklichkeit ein Wunsch-Halbleitermaterial für einen Photo-voltaik-Massenmarkt. Dünnschicht-Solarzellenauf Basis von a-Si und a-SiGe-Legierungen sind

Silicium-Dünnschichtsolarzellen auf Glas – heutige und zukünftigeTechnologien

Dr. Bernd RechFZ J

Institut für Photovoltaik

[email protected]

Peter LechnerAngewandte Solarenergie

ASE GmbH

PZ Phototronics

Herrmann-Oberth-Str. 11

D-85640 Putzbrunn

[email protected]

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Dr. Bernd Rech • Silicium- Dünnschichtsolarzellen auf Glas FVS Themen 2000

satz wird weltweit intensiv gearbeitet, da eineErhöhung der Produktivität sofort die Herstell-kosten für die Solarmodule senkt. Mit demPECVD-Verfahren können aber nicht nur a-SiSchichten sondern auch dünne kristalline Sili-cium-Schichten - sogenanntes mikrokristallinesSilicium - aus der Gasphase bei niedrigen Sub-strattemperaturen hergestellt werden, und dem-entsprechend sind dieselben Substrate undFertigungskonzepte wie in der a-Si Technolo-gie anwendbar.

In den letzten Jahren hat sich bei a-Si Solarzel-len das Konzept der Stapelzellen als erfolgreicherwiesen. Dabei werden mehrere p-i-n Solar-zellen übereinander abgeschieden. Diese p-i-nZellen werden durch den Herstellungspro-zeß automatisch elektrisch in Serie verschaltet. Das Schema einer Stapelzelle, auf deren Prin-zip die 0,6 m2 großen Solarmodule der ASE-Phototronics basieren, ist in Abb. 1 gezeigt. Als Substrat und transparenter Frontkontaktdient mit transparentem und leitfähigem Me-talloxid (TCO = transparent conductive oxide)beschichtetes Glas ("Superstrat-Technologie")und als Rückkontakt eine TCO/Metall-Doppel-schicht. Das TCO-beschichtete Glassubstratist ein entscheidender Kostenfaktor in der Pro-duktion und die Qualität des Glas/TCO-Sub-strats beeinflußt wesentlich den Wirkungsgradder Solarzelle (siehe 3.). Das Stapelzellenkon-zept hat zwei Vorteile: Solarzellen aus a-Si zeigen einen reversiblen Alterungseffekt unterBeleuchtung. Der Wirkungsgrad der Solar-zelle nimmt im Laufe des Betriebs bis zu einemSättigungswert ab. Dieser stabile Wirkungsgradist die entscheidende Größe für a-Si Solar-zellen und für Solarmodule und liegt je nachBauweise um relativ 10-30% niedriger als derAnfangswert. Die Stapelzellenstruktur verrin-gert zum einen diesen Alterungseffekt deutlich,zum anderen ermöglicht sie die Kombinationvon Teilzellen mit verschiedener Bandlücke, umso das Sonnenlicht spektral effektiver auszunut-zen. Die Bandlücke von a-Si beträgt typischer-weise 1.7 bis 1.8 eV, während µc-Si analogzum kristallinen Silicium eine indirekte Band-lücke von 1.1 eV besitzt. Diese indirekte Band-lücke und die daraus resultierenden kleinenAbsorptionskoeffizienten für das langwelligeSonnenlicht erfordern effiziente Lichtfallen,die dafür sorgen, daß dieses Licht die Solar-

künftige kostengünstige Produktion von So-larmodulen mit µc-Si Absorberschichten zuschaffen.

2. Grundlagen der a-Si undµc-Si Solarzellentechnologie

Der typische Schichtaufbau von a-Si - und auch µc-Si - Solarzellen ist die p-i-n Struktur. Die beiden extrem dünnen dotierten Schich-ten p und n erzeugen ein elektrisches Feld inder undotierten, intrinsischen (i) a-Si Absorber-schicht. Die dort durch Absorption des Sonnen-lichts erzeugten Ladungsträger werden vondiesem elektrischen Feld getrennt. Das Stan-dardverfahren zur Herstellung der a-Si Schich-ten ist der PECVD-Prozeß (Plasma-EnhancedChemical Vapour Deposition) bei Substrattem-peraturen zwischen 150 und 350 °C. Das Pro-zeßgas Silan wird im Depositionsplasma zer-legt, wodurch sich Silicium auf dem Substratabscheidet. Die Dotierung erfolgt durch dieZugabe von Phosphor- oder Bor-haltigen Gasen.Aufgrund der relativ geringen Beschichtungs-raten von 0.4 bis 0.8 Mikrometer pro Stunde(µm/h) für hochwertige a-Si Absorberschichtensind die PECVD-Prozesse noch ein entscheiden-des Nadelöhr für einen technologischen Durch-satz in der Produktion. Die Herstellung einertypischerweise 0.3 µm dicken a-Si Schicht dau-ert etwa 30 min. An einer Erhöhung der Depo-sitionsraten und der Entwicklung von großflä-chigen PECVD-Reaktoren mit hohem Durch-

2 –

4 µm

texturiertesZnO (0.6 µm)Sputtern + Ätzen

a-Si (PECVD)0.1 – 0.3 µm

a-Si (PECVD) 0.3 µmµc-Si (PECVD) 1-3 µm

Rückkontakt

Glas(1 – 4 mm)

TCO

Top a-Si:H

Bottoma-Si bzw. µc-Si

Abbildung 1 Schichtaufbau einer Silicium-Dünnschichtso-larzelle aufGlassubstrat.

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FVS Themen 2000Dr. Bernd Rech • Silicium- Dünnschichtsolarzellen auf Glas

Die Wirkungsgradverbesserung beruht auf den verbesserten optischen Eigenschaften derZnO-Schichten. Dies veranschaulicht die Mes-sung der spektralen Quanteneffizienz (sieheAbb. 2). Das Meßverfahren ermittelt schritt-weise für jede Wellenlänge, welcher Anteil des Lichts zum Photostrom der Solarzelle beiträgt.Dabei zeigt sich, daß im gesamten aktivenSpektralbereich der a-Si Solarzelle das ZnOdeutlich bessere Quanteneffizienzen ermöglichtals das in der Produktion verwendete SnO2.Die Verbesserungen beruhen teilweise auf einererhöhten Transparenz des ZnO-Materials. Imlangwelligen Spektralbereich führt eine verbes-serte Lichtstreuung an der texturierten ZnO-Oberfläche zu einem effektiven "Light Trapping".Die Aufskalierung dieser vielversprechendenTechnik wird derzeit zusammen mit weiterenPartnern (Fraunhofer Institut IST, Braunschweig,Balzers Prozeß Systeme GmbH (BPS), Alzenau,und Sentech Instruments GmbH, Berlin) in ei-nem vom BMWi geförderten Projekt verfolgt.Dabei müssen einerseits auf das ZnO angepas-ste Solarzellenprozesse vom IPV-Labor in dieFertigung der ASE GmbH übertragen werden,und parallel ist die Entwicklung von kosten-günstigen, großflächigen ZnO-Sputterprozes-sen notwendig. Gelingt es, diese TCO-Tech-nologie in der Produktion zu etablieren, wirdein Modulwirkungsgrad von über 7% erwartet.

zelle mehrfach durchläuft und so trotz geringerSchichtdicken von 1 bis 3 µm noch effektiv ab-sorbiert werden kann. Allerdings sind die erfor-derlichen µc-Si i-Schichten noch 5 – 10 maldicker als die a-Si i-Schichten. Depositionsratenüber 3 µm/h sind daher eine Voraussetzung füreine kostengünstige Produktion.

3. Verbesserte Lichteinkopplung durch texturiertes ZnO

Transparente und leitfähige Oxide (TCO) sindein integraler Bestandteil von Silicium-Dünn-schichtsolarzellen (siehe Abb. 1). Für die An-wendung in der "Superstrattechnologie" mußdie TCO-Schicht gleichzeitig transparent undhochleitfähig sein sowie eine Oberflächentex-tur aufweisen, die das Licht geeignet in dieSolarzelle einkoppelt und streut. Damit verlän-gert sich der optische Lichtweg und die Ab-sorption wird erhöht; überdies kann bei Streu-ung in geeignete Winkel teilweise Totalreflex-ion eintreten, wodurch das Licht in der Solar-zelle gefangen wird ("Light-trapping"). In heu-tigen Produktionslinien wird SnO2 beschichte-tes Floatglas verwendet, das zwar kostengün-stig ist, aber nur zu moderatem Wirkungsgradführt, da die optischen Eigenschaften wie Trans-parenz und Lichtstreuung nicht optimal sind.In den letzten Jahren wurde am IPV ein neuesVerfahren entwickelt: dotierte ZnO-Schichtenwerden dabei mit dem Sputterverfahren her-gestellt und die erforderliche Oberflächenrauh-igkeit wird mit einem nasschemischen Ätzschritterzeugt. Abb. 2 illustriert, wie sich nach dem Ät-zen in stark verdünnter Salzsäure eine texturier-te Oberfläche der ursprünglich glatten ZnOSchicht ausgebildet hat. Der stabileWirkungsgradvon a-Si/a-Si Tandem-solarzellen konnte im La-bor von 7.4% (auf kommerziellem SnO2) auf9.2% (auf ZnO) erhöht werden (siehe Tabelle 1).

ZnOGlas

HCI

Glas

2 µm 2 µm

Abbildung 2Oberfläche undBruchkante einerZnO-Schicht auf Glas-substrat vor demÄtzen (linkes Foto)und nach dem Ätzen(rechtes Foto) aufge-nommen mit einemRasterelektronenmi-kroskop (AufnahmeRWTH Aachen).Schematisch darge-stellt ist der naßche-mische Ätzschritt inverdünnter Salzsäure.

Tabelle 1Photovoltaische Kenngrößen (stabile Werte) von a-Si/a-Si und a-Si/µc-SiTandemsolarzellen auf Glas/TCO-Substrat.

Aufbau der Tandemzelle

TCO Topzelle Bottomzelle

SnO2 a-Si a-Si 7.4 66 6.6 1.71ZnO a-Si a-Si 9.2 66 8.2 1.70ZnO a-Si µc-Si 10.0 64.1 11.7 1.33

η (%) FF(%) Jsc(mA/cm2) Voc (V)

Kenndaten nach 1000 h Beleuchtung

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Dr. Bernd Rech • Silicium- Dünnschichtsolarzellen auf Glas FVS Themen 2000

Es stellte sich heraus, daß bei der Verwendungvon 13,56 MHz Anregungsfrequenz ein hoherDepositionsdruck (> 5 mbar) notwendig ist, um gleichzeitig hohe Raten und gute Solarzel-leneigenschaften für µc-Si Solarzellen zu errei-chen. So hergestellte µc-Si Solarzellen wurdenmit einer Dicke von 1,6 µm (Depositionsrate: 2.2 µm/h, entspricht 6 Å/s) als Bottomzellen in a-Si/µc-Si Tandemsolarzellen eingesetzt. Nach einer Optimierung der Schichtdicke dera-Si Topzelle zeigte die beste Tandemzelle ei-nen stabilen Wirkungsgrad von 10,0% (sieheTabelle 1 und Abb. 4). Durch eine weitere syste-matische Untersuchung der Depositionspara-meter gelang es kürzlich den Wirkungsgrad der µc-Si Solarzellen bei einer Depositionsrate von 1.8 µm/h (5 Å/s) auf 8.1% zu erhöhen(siehe Abb.5). Die Realisierung von a-Si/µc-SiTandemsolarzellen mit 11% stabilem Wirkungs-grad erscheint damit kurzfristig möglich.

Für die industrielle Umsetzung – mit dem Ziel10% Modulwirkungsgrad - wird intensiv anfolgenden Themen gearbeitet: Ist es möglichdie Herstellung der µc-Si Solarzellen auf großeFlächen im Bereich 1 m2 aufzuskalieren unddabei Depositionsraten von 3 µm/h und darü-ber zu erreichen? Es müssen erste Solarmodulemit µc-Si Teilzellen realisiert werden, die Stabi-litäts- und Zuverlässigkeitstests unter realisti-schen Testbedingungen erlauben. LetztererAufgabe widmet sich das ForschungszentrumJülich in einem aktuell begonnen Forschungs-projekt, das den Aufbau der Technologie für a-Si/µc-Si Tandemsolarmodulen für die vorin-dustrielle Glasgröße von 30 x 30 cm2 beinhal-tet. Damit soll eine neue Generation von effizi-enten Silicium-Dünnschichtsolarmodulen mit

4. Mikrokristallines Silicium für Tandemsolarzellen

Solarzellen aus mikrokristallinem Silicium lassen sich wie amorphes Silicium mit derPECVD-Technik abscheiden. Sie zeigen jedochim Gegensatz zu a-Si-Zellen keine oder nureine geringe lichtinduzierte Degradation undnutzen teilweise den langwelligen Spektral-bereich des Sonnenlichts. Allerdings sind auf-grund der kleinen Absorptionskoeffizienten fürlangwelliges Sonnenlicht Schichtdicken von 1-4 µm notwendig (bei a-Si ca. 0.3 µm), umµc-Si-Solarzellen mit ausreichend hohen Kurz-schlußströmen herzustellen.

Hohe Depositionsraten bei gleichzeitig guterMaterialqualität sind daher eine notwendigeVoraussetzung für eine zukünftige industrielleProduktion von Solarzellen aus mikrokristalli-nem Silicium. Beides wurde bisher [4, 5]durch die Verwendung von VHF (Very HighFrequency) - PECVD erreicht (Anregungsfre-quenz ca. 100 MHz). Um allerdings ein Aufska-lieren des PECVD-Prozesses aus dem Labor indie Produktion (von 0,01 auf etwa 1 m2) zuerleichtern, wird die Verwendung der Stan-dard-Industriefrequenz von 13,56 MHz favori-siert, mit der es bisher nur mit sehr kleineDepositionsraten (< 0.4 µm/h) gelang, µc-Siherzustellen. Der neue Ansatz war die Verwen-dung hoher Plasmaleistungen und hoherWasserstoffverdünnungen der Prozeßgase.

Abbildung 3Vergleich der spek-tralen Quanteneffi-zienzen von a-SiSolarzellen, hergestelltauf kommerziellemSnO2-beschichtetemGlas ("Modul"-SnO2)und auf texturiertemZnO/Glas-Substrat.

Abbildung 4Zeitlicher Verlauf derLichtalterung desWirkungsgrads einera-Si/µc-Si Tandem-solarzelle (logarithmi-sche Zeitachse).Nach1000 h Beleuchtungstabilisiert sich derWirkungsgrad bei 10%.

10 100 1000

a-Si:H Topzelle: 0,3 µm

µc-Si:H Bottomzelle: 1,6 µm (6A/s)

direkt nach Deposition

η(%

)

Degradationszeit (h)

11

10

9

η = 9.2 %stabil

300 400 500 600 700 800

η = 7.4 %

text. ZnO“Modul” – SnO2

stabil

Wellenlänge (nm)

Qua

nten

effiz

ienz

1.0

0.8

0.6

0.4

0.2

0

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4 DM/Wp (Abb. 3). Eine Wirkungsgradverbes-serung durch ZnO-TCO auf 7,5% unter der Annahmen gleichbleibender Flächenkostenresultiert in Modulkosten von etwa 3 DM/Wp. Mit 10% Wirkungsgrad, möglicherweise mitder µc-Si-Technologie realisierbar, sind Modul-kosten herab bis 2 DM/Wp vorstellbar. Eineweitere Kostensenkung unter dieses Niveau aufetwa 1,20 DM/Wp (für a-Si bei 8% Modulwir-kungsgrad), wie sie in der APAS-Studie [1]dargestellt wurde, basiert auf der Annahmewesentlich größerer und damit noch effiziente-rer Fertigungslinien (60 MWp/a für Dünn-schichtsolarmodule). Dadurch würden auchgeringere Modulherstellungskosten pro Qua-dratmeter möglich.

6. Zusammenfassung und Ausblick

Solarzellen aus amorphem Silicium haben ihre Produktionsreife gezeigt. Eine schrittweise Senkung der Modulherstellkosten pro Fläche (in DM/m2) und die Übertragung verbesserterTechnologie vom Labor in die Produktion ver-sprechen zukünftig deutlich niedrigere Modul-kosten (in DM/Wp) und damit billigere und leistungsfähigere Solarmodule auf der Basis desa-Si. Kombiniert mit der neuen Technologiedes mikrokristallinen Siliciums erscheinen kos-tengünstige Module mit Wirkungsgraden von10% in Zukunft realisierbar. Die praktischunbegrenzte Verfügbarkeit der Ausgangsmate-rialien eröffnet das Potenzial, langfristig einenwesentlichen Beitrag zu einer nachhaltigen 101

FVS Themen 2000Dr. Bernd Rech • Silicium- Dünnschichtsolarzellen auf Glas

industrienahen Verfahren entwickelt undschließlich in die Produktion übertragen wer-den. Gleichzeitig wird am IPV intensiv an denGrundlagen des µc-Si geforscht, da vieleFragen zum Schichtwachstum, zum Ladungs-trägertransport und zur Funktionsweise derSolarzellen noch offen sind.

5. Kostensenkungspotenzial

Motivation und treibende Kraft für eine fort-schreitende Technologieentwicklung ist diePerspektive einer weiteren Senkung der Modul-herstellungskosten (DM/Wp) und damit auchder für den Kunden relevanten Modulpreise.Niedrige Modulkosten werden erreicht durchniedrige flächenspezifische Modulherstellungs-kosten (DM/m2) und durch hohen Modulwir-kungsgrad. Oft muss jedoch eine Wirkungs-gradverbesserung durch eine Verteuerung derflächenspezifischen Herstellkosten erkauft wer-den, oder umgekehrt wird in der Produktionzu Gunsten eines einfachen und robusten Pro-zesses auf den maximal erreichbaren Wirkungs-grad verzichtet. Dieser Mechanismus erklärteinen Teil der Diskrepanz zwischen den Wir-kungsgraden aus dem Labor und der Produk-tion. In beide Richtungen gleichzeitig Fort-schritte zu erzielen, ist nun das Bestreben voneng verzahnter Forschung, Entwicklung undPilotierung.

Nimmt man für eine Fertigungslinie mit einemJahresausstoß von 10 MWp flächenspezifischeHerstellkosten zwischen 200 und 300 DM/m2

bei 6% Modulwirkungsgrad an, ergeben sichModulkosten in der Größenordnung von

Abbildung 5Hellkennlinie undphotovoltaischeKenndaten einer µc-Sip-i-n-Solarzelle.

Abbildung 6Kostenszenarien fürSilicium-Dünnschicht-solarmodule für ver-schiedene realisiertebzw. prognostizierteModulwirkungsgrade.

100 200 300 400

Modul-Herstellungskosten (DM/m2)

Wirkungsgrad 6 %

7,5 %

10 %

Mod

ul-H

erst

ellu

ngsk

oste

n (D

M/W

p)

5

4

3

2

1

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6

V (V)J A

M 1

.5 (

mA

/cm

2 )

0

-5

-10

-15

-20

-25

η = 8.1 %

FF = 72.4 %

Voc = 555 mV

Jsc = 20.17 mA/cm2

Rate = 5 Å/s

Area = 1cm2

d = 1.1 µm

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Dr. Bernd Rech • Silicium- Dünnschichtsolarzellen auf Glas FVS Themen 2000

Energieversorgung zu leisten. Weitere intensiveForschungs- und Entwicklungsarbeiten sinderforderlich und lohnend, um die Möglichkei-ten der Silicium-Dünnschichtsolarzellen aufGlas vollständig zu erforschen. Ein grundlegen-des Verständnis der Materialeigenschaften derSilicium- und TCO-Schichten zu erarbeiten istdazu ebenso notwendig wie die Entwicklungneuer und die Verbesserung bestehenderDepositionsverfahren, als Voraussetzungen für eine kostengünstige Herstellung.

Danksagung

Die Autoren möchten sich bei ihren Kollegin-nen und Kollegen vom Institut für Photovoltaikund vom Produktzentrum Phototronics für ihreMitarbeit bedanken. Den Bundesministerienfür Wirtschaft (BMWi) sowie Bildung, Wissen-schaft und Forschung (BMBF) gilt der Dank für die finanzielle Unterstützung.

Literatur

[1] J. M. Woodcock, H. Schade, H. Maurus, B. Dimmler, J. Springer, and A. Ricaud, Proc. 14th Europ. PV Solar Energy Conf. (Barcelona, 1997) 857

[2] J. Yang, A. Banerjee, and S. Guha, Appl. Phys. Lett. 70 (1997) 2975

[3] B. Rech, H. Wagner, Appl. Phys. A 69 (1999) 155-167

[4] H. Keppner, J. Meier, P. Torres, D. Fischer, and A. Shah, Appl. Phys. A 69 (1999) 169

[5] O. Vetterl, F. Finger, R. Carius, P. Hapke, L. Houben, O. Kluth, A. Lambertz, A. Mück, B. Rech, and H. Wagner, Solar Energy Materials & Solar Cells 62 (2000) 97

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FVS Themen 2000Dr. Stefan Reber • Hochtemperatur-Prozessierung für kristalline Silicium-Dünnschichtsolarzellen

Die Gründe, warum man diese Technologie untersucht, sind einleuchtend:

• Silicium ist ein absolut ungiftiger und prak-tisch unerschöpflicher Rohstoff. Es ist das zweithäufigste in der Erdkruste vorkommende Element, und sein wohl bekanntestes Vorkommen ist simpler Quarzsand (SiO2).

• Der Verbrauch an teurem hochreinen Silicium ist gegenüber der herkömmlichen Wafertechnologie um mindestens 90% reduziert. Schichtdicken um 20 µm oder sogar darunter sind ausreichend, um gute Zellwirkungsgrade zu ermöglichen.

• Genauso wie bei den anderen Dünn-schicht-Technologien kann die KSD Solar-zelle prinzipiell auf modulgroße Flächen abgeschieden werden. Auch eine integrier-te Serienverschaltung auf einem großen Trägersubstrat ist möglich, so dass im Vergleich zu Wafersolarzellen die aufwendi-ge Verschaltung der Einzelzellen zu Mo-dulen deutlich vereinfacht wird.

• Die Siliciumsolarzelle profitiert von dem enormen technologischen Potential der Mikroelektronik und der herkömmlichen Waferzelltechnologie. Beispielsweise können neuartige Plasmatechniken, die kurz vor der Industriereife zur Produktionvon Wafersolarzellen stehen, quasi ohne Anpassungsaufwand auch für die Herstel-lung von KSD-Solarzellen verwendet werden.

• KSD-Solarzellen können prinzipiell genauso hohe und stabile Wirkungsgrade erreichen wie Solarzellen aus Siliciumwafern. Dies wurde bestätigt durch die Herstellung von Solarzellen aus dünnen Siliciumschichten mit idealen Kristalleigenschaften. Wirkungs-grade um 19% konnten selbst mit 45 µm dünnen Schichten erzielt werden.

Einführung

Elektrizität aus Photovoltaik ist immer nochdeutlich teurer als konventionell erzeugterStrom. Die Gründe hierfür liegen hauptsächlichin den hohen Investitionskosten für die Solar-module einer Photovoltaikanlage. Erstaunlicher-weise nimmt der Preis des Siliciumwafers1 derfür die meisten Module zur Solarzellenproduk-tion eingesetzt wird, über 50% der Gesamt-modulkosten ein. Schwerpunkt der Forschungan Siliciumsolarzellen ist konsequenterweisedie Reduktion dieses Kostenfaktors. Dazu kannentweder der Wirkungsgrad der Solarzelle er-höht werden, oder der Siliciumverbrauch proWaferfläche verringert werden. Man versuchtalso, die Menge an Silicium pro Leistungsein-heit zu minimieren. Unter den verschiedenenLösungsmöglichkeiten dieses Problems ist dieTechnologie der Dünnschichtsolarzellen dieje-nige mit dem deutlichsten Kostenreduktions-potential. Einige solcher Dünnschichtsolar-zellen vermeiden den Einsatz von Silicium (z.B.die Kupferindiumdiselenid- oder die Cadmium-telluridzelle) und die dazu gehörigen Technolo-gien haben bereits den Status der Pilotproduk-tion erreicht. Die amorphe Siliciumsolarzelle,die auf eine geordnete Kristallstruktur der Wa-ferzelle verzichtet, befindet sich sogar in indu-strieller Massenproduktion. Allerdings hat ins-besondere letztere Technologie trotz positiverPrognosen bisher keinen eindeutigen Kosten-vorsprung zu anderen Silicium-Wafertechno-logien. Eine andere Dünnschichttechnologie,nämlich die kristalline Silicium-Dünnschicht-solarzelle (KSD-Solarzelle) ist zwar noch in derLaborforschung, hat aber in den letzten Jahrendeutliche Fortschritte gezeigt. Man versuchtdabei, dünne kristalline Siliciumschichten aufein Trägersubstrat abzuscheiden und darausSolarzellen zu prozessieren.

Hochtemperatur-Prozessierung für kristalline Silicium-Dünnschichtsolarzellen

Dr. Stefan ReberFraunhofer ISE

[email protected]

Dr. Achim EyerFraunhofer ISE

1 Ein Siliciumwafer ist eine Siliciumscheibe mit einer Dicke von ca. 0.2-1 mm.

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Dr. Stefan Reber • Hochtemperatur-Prozessierung für kristalline Silicium-DünnschichtsolarzellenFVS Themen 2000

kömmlichen Solarzellenprozesse nicht ange-wendet werden, da dabei Temperaturen zwi-schen 800°C und 900°C auftreten. Die Alter-native zum Niedertemperaturansatz ist dersogenannte Hochtemperaturansatz, bei demdie angesprochenen Probleme umgangen wer-den. Indem man auf Glas als Substrat verzich-tet und stattdessen hochtemperaturbeständigeSubstrate verwendet, können sowohl die Ab-scheideraten für Silicium deutlich gesteigert(bis 10 µm/min), als auch die Kristallgröße aufmehrere Millimeter bis Zentimeter erhöht wer-den. Ein weiterer Vorteil des Hochtempera-turansatzes ist, daß die Technologie zur Her-stellung der Solarzellen aus den Siliciumschich-ten sich sehr eng an die bekannte Wafertech-nologie anlehnen kann, bzw. diese komplettübernehmen kann. Allerdings schränken diehohen Prozesstemperaturen (bis über 1400°C)die Auswahl an Substratwerkstoffen stark ein.Der Entwicklung eines tauglichen und den-noch kostengünstigen Substrats ist deshalb in den letzten Jahren mehr und mehr Bedeutung zugekommen. Im Test sind Bandsilicium, SiC- und Kohlenstoff basierende Keramiken, Si3N4-Keramik, Mullit- und SiAlON-Keramik. Die Substratfrage wird daher wohl ein Schlüssel-thema der zukünftigen Forschung werden.

Kurz gesagt, die KSD-Solarzelle vereint die Vorteile der Dünnschichttechnologien mitdenen der bewährten Silicium Wafertechno-logie. Die Herausforderung für die KSD-Solar-zelle besteht nun darin, einen großen Anteildes einfallenden Lichts in den dünnen Silicium-schichten zu absorbieren, und die erzeugtenLadungsträger effektiv zu sammeln.

Nieder- undHochtemperaturansatz

Es haben sich im Laufe der Zeit zwei konkurie-rende Ansätze entwickelt, um KSD-Solarzellenzu realisieren. Im sogenannten Niedertempera-turansatz versucht man, dünne kristalline Sili-ciumschichten auf Glas abzuscheiden. Da diesdie Prozesstemperaturen auf ca. 600°C be-schränkt, können aus physikalischen Gründenbei niedrigen Abscheideraten (um 100 nm/min)nur mikrometergroße Kristallkörner in einerrelativ dünnen (bis einige µm) Siliciumschichterreicht werden. Insbesondere die mäßigeelektrische Qualität dieser Schichten (bedingtdurch den Verlust von erzeugten Ladungsträ-gern an den Kristallkorngrenzen) führt zuSchwierigkeiten. Außerdem können die her-

Abbildung 1Die Konzepte desHochtemperaturan-satzes.Technologie-pfade zur Herstellungvon kristallinenSilicium-Dünnschicht-solarzellen im Hoch-temperaturansatz.

KSD SolarzelleHochtemperaturansatz

Epitaxie auf Bandsilicium (z.B. SSP)a

b

c

e

f

g

d

VEST: Abscheidung der Si-Wafermit SiO2-Schicht + Rekristallisation+ Epitaxie + lift-off

Epitaxie auf Siliciumwafern mitporöser Oberfläche + lift-off

Abscheidung auf leitfähigem Substrat (+ leitf. Zwischenschicht)+ Rekristallisation + Epitaxie

Epilift: Epitaxie auf monokristallinemSi mit perforierter dielektrischerSchicht + lift-off

Abscheidung auf leitfähigem Substrat (+ isol. Zwischenschicht)+ Rekristallisation + Epitaxie

Abscheidung auf Si-Wafer mit perforierter dielektrischer Schicht + Rekristallisation + Epitaxie

KSD-Zelle auf Siliciumsubstrat KSD-Zelle auf Fremdsubstrat

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lich dotiertem Silicium aus: auf einem mono-kristallinem Sili-ciumwafer wird eine gitterför-mig geöffnete Siliciumdioxidschicht erzeugt(Abb. 2). Auf dem Wafer wird dann entlang der Vertie-fungen der Siliciumdioxidschicht Silicium auf-gewachsen, welches zuerst hoch und dannniedrig dotiert ist. Entfernt man nun mit einerpräferentiellen Ätze die hochdotierte Schicht,kann man die dünne gewachsene Silicium-schicht ablösen und weiterverarbeiten.

Diesen Techniken stehen die substratgebun-denen Konzepte der Fälle a und d gegenüber,die in Abb. 3 schematisch dargestellt sind. Die technologisch einfachste Variante bildeteindeutig die in Abb. 3 links gezeigte Direkt-epitaxie-Solarzelle (Fall a): auf einem kosten-günstigen, aber elektrisch minderwertigen Sili-ciumsubstrat (z.B. einem Siliciumband) wirddirekt eine dünne Siliciumschicht epitaktischabgeschieden. Die Schicht übernimmt dabeidie Kristallstruktur der Substratoberfläche. Die Solarzellenaktivität findet dabei fast aus-schließlich in der abgeschiedenen Schicht statt. 105

FVS Themen 2000Dr. Stefan Reber • Hochtemperatur-Prozessierung für kristalline Silicium-Dünnschichtsolarzellen

Die Konzepte desHochtemperaturansatzes

Im Hochtemperaturansatz haben sich eine Rei-he von Technologien entwickelt, um die obenskizzierten Vorteile und Ziele in reale Solarzel-len umzusetzen, wie Abb.1 zeigt. Im wesentli-chen können zwei grundlegende Richtungenunterschieden werden: für die "KSD-Solarzelleauf Siliciumsubstrat" soll entweder eine Sili-ciumschicht auf ein preisgünstiges Bandsilici-umsubstrat aufgebracht werden (Fall a und d),oder eine dünne Siliciumschicht von einemmonokristallinem Trägersubstrat abgelöst wer-den (Fall b und c). Die alternative Richtung der"KSD-Solarzelle auf Fremdsubstrat" verwendetKeramik oder Bandsilicium als Substrat, welchesmit einer Zwischenschicht abgedeckt ist. Die"lift-off"-Techniken der Fälle b und c verzichtenkomplett auf ein Substrat: hier werden dünneSiliciumschichten von einem monokristallinenWafer abgelöst, nachdem sie einen Großteildes Solarzellenprozesses durchlaufen haben.Im Fall b wird dies erreicht, indem man elek-trochemisch eine hochporöse Schicht (das sog."porous silicon") in den Wafer "vergräbt", undauf die Waferoberfläche eine dünne Silicium-schicht aufwächst, wie z.B. die "PSI-Technik"von Brendel, vom ZAE Bayern (Erlangen) vorge-schlagen (siehe Abb. 2). Entlang der hochporö-sen Schicht ist die mechanische Stabilität desWafers stark verringert, so daß man die abge-schiedene Schichtfläche nach dem Solarzellen-prozeß komplett ablösen kann.

Der als "Epi-Lift"-Technik bekannte Fall c(Blakers, Australian National University) nutztdie Anisotropie der Ätzraten von unterschied-

Abbildung 2Prinzip der PSI Technik [1](rechts, Fall c) undder Epi-Lift-Technik[2] (links, Fall b)

Abbildung 3Schema einer Direkt-epitaxie-Solarzelle [3](links, Fall a), undeiner Zelle mit perfo-rierter Zwischen-schicht (Fall d,rechts).

[110]

[110]

50 – 100 µm

EmitterSchicht

Schicht

Kontakt

Basis-kontakt

Emitter-kontakt

Emitter Si-Schicht(Basis)

Basis-kontakt

Silicium-substrat

Zwischen-schicht

Antireflex-schicht

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Dr. Stefan Reber • Hochtemperatur-Prozessierung für kristalline Silicium-DünnschichtsolarzellenFVS Themen 2000

Realisierung einer KSD-Solarzelle auf Fremd-substrat (Fälle e-g) wird Silicium auf eineZwischenschicht (z.B. aus SiO2, SiNx oder SiC)abgeschieden. Da die Kristallstruktur dieserSchicht zu feinkristallin ist (Korngrößen im Be-reich von Mikrometern), muss sie durch einenRekristallisationsschritt vergröbert werden.Dazu wird häufig die sogenannte Zonenschmelz-Rekristallisierung angewandt: eine schmale Linie in der Siliciumschicht wird geschmolzenund kontinuierlich über die Probenfläche ent-langgezogen. Bei diesem Verfahren entstehenKorngrößen von mehreren Millimetern Breiteund einigen Zentimetern Länge.

Das sogenannte VEST-Verfahren der FirmaMitsubishi (Abb. 4 links, Fall e) basiert auf ei-nem oxidierten monokristallinem Siliciumwaferals Substrat. Nach der Rekristallisation wird dieSiliciumschicht epitaktisch verdickt (bis 80 µmDicke) und mit einem Ätzprozeß abgelöst. Wie bei allen Ablösetechniken soll auch hierder teure Siliciumwafer wiederverwendet wer-den. Unter Anwendung eines ausgefeilten So-larzellenpro-zesses konnten mit der VEST-Tech-nologie Wirkungsgrade bis 16% erzielt wer-den, was die gute Kristallqualität belegt, diemit dem Zonenschmelzverfahren erreicht wer-den kann. Ohne Ablösetechniken wird in denFällen f (Abb. 4 rechts) und g gearbeitet. Diezonen-geschmolzene und epitaktisch verdickteSili-ciumschicht verbleibt bis zur Verkapselungim Modul auf dem Trägersubstrat. Das be-dingt natürlich, daß die Kosten des Substratssehr niedrig sein müssen. Da allerdings kos-tengünstige Substrate häufig sehr verunreinigtsind, muß durch eine Zwischenschicht dieDiffusion von Substratverunreinigungen in die Siliciumschicht unterdrückt werden.

Auf photovoltaisch inaktiven monokristallinenSiliciumwafern wurden Wirkungsgrade bis17.6% erzielt, die eindeutig das hohe Poten-zial dieser Technik belegen. Auf Bandsiliciumkonnten allerdings erst 8% Wirkungsgrad alsMaximalwert erreicht werden (Faller, Fraun-hofer ISE). Hauptursache dieses relativ niedri-gen Wirkungsgrads ist wahrscheinlich die ge-ringe Kristallitgröße (einige 100 µm Durch-messer), die sich auf den Bandsiliciumsubstra-ten bildet. Als Alternative hierzu wird daher die rechts in Abb. 3 skizzierte Methode ange-wandt (Fall d), mit der Kristallitgrößen imMillimeterbereich erzeugt werden können.

Dazu bedeckt man das Bandsiliciumsubstratmit einer Siliciumdioxidschicht und öffnet sie in einem regelmäßigen Lochmuster. Manschmilzt nun eine abgeschiedene Silicium-schicht großflächig bis zum Substrat auf undläßt sie kontrolliert vom Substrat her wiederer-starren. Dabei übernehmen die aus den Löch-ern wachsenden Kristallite die Kristallstrukturdes darunter befindlichen Substrats, und dernichtgeöffnete Bereich der Zwischenschichtwird lateral überwachsen. Maximale Solarzel-lenwirkungsgrade liegen bei dieser Technik bei 11.2% auf Bandsiliciumsubstrat. Ein großerVorteil all der Techniken der Fälle a-d liegt da-rin, daß die Verbindung der beleuchteten Vor-derseite zur Rückseite leitfähig ist. Damit kannein konventioneller, industrieüblicher Solar-zellenprozess mit Beidseitenkontaktierung aufdie Proben angewandt werden. Dementsprech-end könnten diese Techniken relativ schnellund ohne großen finanziellen Aufwand in derherkömmlichen Solarzellenfertigung als"Waferersatz" verwendet werden. Bei den in Abb. 4 gezeigten Techniken zur

Emitter-kontakt

EmitterAR-Beschichtung der texturierten Oberfläche

dünne Schicht Polykristallinen Siliciums (77 µm)

p-Elektrode n-Elektrode

pn Übergang

Basis

Basiskontakt

Substrat

Zwischen-schicht

Antireflex-schicht

Abbildung 4Schema einer KSD-Solarzelle nach derVEST-Technik [4](links, Fall e) und aufFremdsubstrat(rechts, Fall f).

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FVS Themen 2000Dr. Stefan Reber • Hochtemperatur-Prozessierung für kristalline Silicium-Dünnschichtsolarzellen

toren, wie sie kommerziell für die Bauelemente-technologie erhältlich sind, können diese An-forderungen nicht erfüllen. Am Fraunhofer ISEwurde deshalb ein bei Atmosphärendruck ar-beitendes System entwickelt, das auf die Be-dürfnisse der KSD-Solarzellen zugeschnitten ist(siehe Abb. 5). Wesentliches Merkmal des Sys-tems ist, daß der Reaktionsraum von den zubeschichtenden Substraten gebildet wird unddadurch parasitäre Abscheidungen vermie-den werden. Das ermöglicht Gasausbeutenvon über 30% bei Abscheideraten bis zu 10 µm/min. Hohe Durchsätze sind möglich,wenn die Proben kontinuierlich durch denAbscheideraum durchgeführt werden. Voraus-setzung dafür ist, daß die Reaktorenden mitHilfe von Gasschleusen "offen" gestaltet werden.

Schlußfolgerung

Alle genannten Ansätze sind – mit Ausnahmeder VEST-Technologie – bisher nur auf Flächenvon wenigen Quadratzentimetern getestetworden. Die Schwerpunkte der Forschung wer-den also zukünftig darin liegen, großflächigeSchichten bei gleichzeitig verbesserter Quali-tät herzustellen, und auch diese in Solarzellenhohen Wirkungsgrads zu überführen. Solltedies gelingen, hat der Hochtemperaturansatzder KSD-Solarzelle gute Chancen, den Platzder herkömmlichen Waferzelle einzunehmen.

Die Fälle f und g unterscheiden sich durch die elektrische Leitfähigkeit der Keramik unddes Schichtaufbaus. Ist die Leitfähigkeit vonVorder- zur Rückseite gegeben (Fall f), d.h.sowohl das Substrat als auch die Zwischen-schicht sind leitfähig, kann eine konventionelleBeidseitenkontaktierung zur Solarzellenprozes-sierung angewendet werden. Das Wirkungs-gradmaximum liegt hier bei 11.0% für eineKSD-Solarzelle auf SiC-gekapseltem Graphit(ASE/Fraunhofer ISE). Ist das Substrat oder die Zwischenschicht iso-lierend (Fall g), kann die Basis der Solarzellenicht mehr von der Rückseite kontaktiert wer-den. Durch Strukturierung des Emitters mußman dann einen lokalen Zugang zur Basisschaffen, so daß diese von der Vorderseite kontaktiert werden kann. Beide Kontakte lie-gen dann auf der Vorderseite, was zu erhöhtenAbschattungsverlusten führt. Allerdings stehtdem positiv gegenüber, daß auf einem Sub-strat mehrere Solarzellen integriert seriell verschaltet werden können. Aus der Vielzahlder Zellen dieses Typs seien hier nur 3 amFraunhofer ISE prozessierten genannt: die sog.SIMOX-Zelle, die zum Austesten des Wirkungs-gradpotentials gedacht ist, erreichte einenMaximalwirkungsgrad von 19.2%. Allerdingskam hier kein Rekristallisationsprozess zumEinsatz, da das Substratmaterial beste Quali-tät besitzt. Ein etwas realistischerer Prozeß mitZonenschmelzrekristallisation auf einem SiO2-gecappten multikristallinen Wafer konnte auf 1 cm2 Fläche immerhin 12.8% erzielen. Bei Verwendung einer Siliciumnitrid-Keramikals Substrat lag der Maximalwirkungsgradimmerhin noch bei 9,4%.

In allen aufgeführten Techniken besteht dieNotwendigkeit, Siliciumschichten abzuscheiden.Häufig wird dies mit der chemischen Gaspha-senabscheidung durchgeführt, bei der aus sili-ciumhaltigen Prozeßgasen und Dotiergasendünne dotierte Siliciumschichten erzeugt wer-den. Ein wesentlicher Faktor dabei ist die Aus-nutzung der Prozeßgase: nur wenn ein hoherAnteil des im Gas enthaltenen Siliciums auchauf den Proben abgeschieden wird, kann derProzeß wirtschaftlich durchgeführt werden.Zusätzlich muß der Flächendurchsatz eines fürdie Solarzellentechnologie geeigneten Systemssehr groß sein. Herkömmliche Abscheidereak-

Gase:N2 H2

SiHCl2 B2H6

Quarzrohr

Wafer

Lampen

OH-Quarz

Pyrometer

Abgas

Abbildung 5Schema der Siliciumabscheide-anlage, wie sie amFraunhofer ISE entwickelt wurde.

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Dr. Stefan Reber • Hochtemperatur-Prozessierung für kristalline Silicium-DünnschichtsolarzellenFVS Themen 2000

Referenzen

[1] R. Brendel, et. al., In Proc. 2nd World Conference on Photovoltaic Solar Energy Conversion, ed. by. J. Schmid, H. A. Ossenbrink, P. Helm, H. Ehmann, and E. D. Dunlop (Joint Research Centre, European Commission, Ispra, Italy 1998) p. 1242-1247

[2] K. Weber, et. al., In Proc. 26th IEEE Photovoltaic Specialists Conference (IEEE; New York, NY, USA 1997) p. 107

[3] F. R. Faller, et. al., In Proc. 14th European Photovoltaic Solar Energy Conference, ed. by. J. Schmid, H. A. Ossenbrink, P. Helm, H. Ehmann, and E. D. Dunlop (1997) p. 784

[4] S. Hamamoto, et. al., In Proc. 14th European Photovoltaic Solar Energy Conference, ed. by. J. Schmid, H. A. Ossenbrink, P. Helm, H. Ehmann, and E. D. Dunlop (H.S. Stephens, Bedford,UK 1997) p. 2328

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FVS Themen 2000Dr. Klaus Lips • Kristallines Silicium auf Glas: Herstellung und Materialeigenschaften

einer Einschränkung der möglichen Abschei-detemperaturen. Die Verwendung von Glas be-grenzt die Prozesstemperatur auf Werte unter-halb der Erweichungstemperatur, typischer-weise 550 °C.

Die technologische Relevanz solcher Abschei-deprozesse für die Herstellung von Dünn-schichtsolarzellen wird neben der Prozess-komplexität sowie der Herstellungtemperaturauch durch die Wachstumsrate bestimmt.So braucht man für Siliciumdünnschichtsolar-zellen bei einer Jahresproduktion von 1 MWSpitzenleistung eine Wachstumsrate von 50 nm/min. Bei der Berechnung dieses Wertswurde eine Einzelanlage vorausgesetzt, dierund um die Uhr Dünnschichtsolarzellen miteiner Dicke von 3 µm bei einem Modulwir-kungsgrad von 10% produziert. Bei einer 10 MW Anlage muß die Wachstumsrate dem-entsprechend bei 500 nm/min liegen. Abb. 1zeigt die Wachstumsraten als Funktion derAbscheidetemperatur für vier potentielle Ab-scheidemethoden, die eine Modulproduktionerlauben könnten. Die einzelnen Methodenwerden im nächsten Abschnitt kurz charakteri-siert. Entsprechend dieser Grafik steigt dieWachstumsrate mit der Substrattemperatur an.

1. Einleitung

Die den Photovoltaikmarkt beherrschendenSiliciumsolarzellen basieren auf herkömmlicherWafertechnolgie, bei der das Silicium aus derSchmelze gezogen wird. Anschließend werdenWafer mit einer Dicke von etwa 0,3 mm gesägtund in aufwendigen Verfahren zu Solarzellenprozessiert. Die mit der Wafertechnologie ver-bundenen Materialkosten stellen einen erhebli-chen Kostenfaktor dar. Hochproduktive Dünn-schichttechnologien verbinden geringenMaterial- und Energieverbrauch mit einfacherProzesstechnologie und der Möglichkeit zurkostengünstigen großflächigen Fertigung. Siebieten daher Aussicht auf Senkung der Herstel-lungskosten und der Energierückzahlzeit. EineDünnschichtsolarzelle aus kristallinem Siliciumauf einem kostengünstigen Trägermaterial istderzeit noch weit von einer industriellen Reali-sierung entfernt, im Gegensatz zu Zellen auswasserstoffgesättigtem amorphem Silicium (a-Si:H), Kupferindiumdiselenid (CIS) oder Kad-miumtellurid (CdTe). Gleichwohl sind Dünn-schichtssolarzellen aus Silicium auf längereSicht sehr attraktiv, weil sie das Potenzial zuhohen Wirkungsgraden besitzen, ökologischunbedenklich sind und das Ausgangsmaterialausreichend vorhanden ist.

Die wissenschaftliche und technologischeHerausforderung besteht darin, Verfahren zurErzeugung einer nur 1-10 µm dünnen kristalli-nen Siliciumschicht zu finden, die es erlauben,hohe Wirkungsgrade bei gleichzeitiger Kosten-ersparnis zu erzielen. Ein ausführlicher Über-blick über derzeit untersuchte Verfahren ist inRef. [1] dargestellt. In diesem Beitrag sollenHerstellungsmethoden diskutiert werden, beidenen Prozesse Verwendung finden, die denEinsatz kostengünstiger Trägermaterialien, wiez. B. Substrate aus Glas, Edelstahl oder Plastik,erlauben. Die Wahl des Substrats führt zu

Kristallines Silicium auf Glas:Herstellung undMaterialeigenschaften

Dr. Klaus LipsHMI

[email protected]

Dr. Oliver Nast, Dr. Mario Birkholz Prof. Walther FuhsHMI

Abbildung 1Vergleich derDepositionsraten verschiedenerDepositionsmethodenin Abhängigkeit derAbscheidetemperaturdes Substrates; dieAbkürzungen sind im Text erläutert [3, 23-25].0 100 200 300 400 500 600 700

1000

100

10

1

Abscheidetemperatur (°C)

Dep

ositi

onsr

ate

(nm

/min

)

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Dr. Klaus Lips • Kristallines Silicium auf Glas: Herstellung und MaterialeigenschaftenFVS Themen 2000

trollieren läßt. Der im Plasma ebenfalls erzeug-te atomare Wasserstoff spielt eine wichtige Rollesowohl für eine in-situ Passivierung von Defek-ten und Korngrenzen als auch für das Film-wachstum, da er amorphe oder stark gestörteAnteile wieder wegätzen kann. Das Mischungs-verhältnis SiH4/H2 bestimmt ganz wesentlichdie Kristallinität der Filme und die Filmeigen-schaften [2,3]. Vorteil der Methode ist der rela-tiv einfache Aufbau und die Skalierbarkeit aufgroße Substratflächen (> 50 cm x 50 cm).

Bei einer anderen Methode der plasmaunter-stützten Gasphasenabscheidung, der Elektron-Zyklotron Resonanz CVD (ECR-CVD), wird ein Plasma deutlich höherer Dichte als bei derPECVD durch Einkopplung einer resonantenMikrowelle hoher Leistung erzeugt. In einemzusätzlich angelegten Magnetfeld werden diegeladenen Teilchen auf Kreisbahnen gezwun-gen. Das elektrische Feld der Mikrowelle kannphasenrichtig diese Teilchen auf Spiralbahnenbeschleunigen, bis sie auf Silan-Moleküle tref-fen und diese wie im Falle der PECVD in SiH3,SiH2 sowie SiH Fragmente zerlegt. Der Vorteilder ECR-CVD gegenüber der PECVD ist dergeringe Druck, bei dem bereits ein Plasmagezündet werden kann. Dies liegt im wesent-lichen an der Verlängerung des Weges, den die Elektronen auf ihren Spiralbahnen zurückle-gen. Durch den niedrigen Druck erhöhen sichdie freien Weglängen der Radikale und die Wahr-scheinlichkeit sinkt, dass Radikale untereinan-der reagieren. Die Plasmadichte und der Zerset-zungsgrad des Silans ist gegenüber der PECVDdeutlich höher. Man erwartet also generel höhe-re Wachstumsraten. Mit dieser Methode konnteepitaktisches Wachstum auf Si (100)-Wafern mit einer Rate von bislang 10 - 12 nm/min reali-siert werden [4]. Apparativ ist die ECR-CVDdeutlich komplexer als die PECVD.

Im Gegensatz zu diesen beiden plasmaun-terstützten Methoden wird bei der Hotwire-Technik (HW) das Silan/Wasserstoffgemischkatalytisch an einem bis zu 1700°C heißenWolframdraht zersetzt. Der Aufbau des Reak-tors ist dabei im wesentlichen identisch mitdem der PECVD mit dem Vorteil, dass auf diegesamte Hochfrequenztechnik verzichtet werden kann. Details über diese Abscheide-methoden sind in Ref. [5] dargestellt.

2. Depositionstechniken

In Abb. 2 sind vier gängige Verfahren skizziert,mit denen kristalline Siliciumschichten beiTemperaturen unterhalb von 550°C auf Glasabgeschieden werden können. Als Ausgangs-stoffe für die Deposition wird dabei entwederein Gasgemisch aus Wasserstoff und Silan (H2 + SiH4) verwendet oder aber ein Silicium-block, aus welchem durch Elektronenstrahlver-dampfung ein Atomstrahl erzeugt wird.

Am häufigsten wird die plasmaunterstütztechemische Gasphasenabscheidung (PECVD)verwendet, bei der Silicium aus Silan-Wasser-stoff-Gemischen in einer Hochfrequenz-Plasma-entladung (13 - 200 MHz) abgeschieden wird.Die wichtigsten Gasphasenreaktionen sinddabei die Zersetzung des Silans in SiH3, SiH2

sowie SiH Radikale und Ionen. Die Siliciumfrag-mente werden auf einem Substrat (z.B. Glas),das sich auf einer der beiden Elektroden befin-det, deponiert. Von elementarer Bedeutung fürdas Filmwachstum sind die Beweglichkeit derSpezies auf der Oberfläche und die Abspaltungvon Wasserstoff. Das Substrat befindet sichdabei in unmittelbarem Kontakt mit dem Plas-ma, weshalb sich der Energieeintrag durchIonen aus dem Plasma nur sehr schwer kon-

Abbildung 2Prinzipieller Aufbauder diskutiertenDepositionsmethoden.

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FVS Themen 2000Dr. Klaus Lips • Kristallines Silicium auf Glas: Herstellung und Materialeigenschaften

sen soll (Abb. 3b). Es wird gezeigt, dass esmöglich ist, in einem reinen Niedertempera-turprozess, Saatschichten herzustellen, die sichfür einen solchen Prozess eignen.

3. AluminiuminduzierterSchichtaustausch

Das Konzept der Verdickung von polykristalli-nen Saatschichten umgeht die Herausforde-rung kristalline Filme direkt auf amorphe Ober-flächen abzuscheiden. Die Herstellung von Sili-ciumsaatschichten wird in der Regel in zweiSchritten durchgeführt. Zunächst wird einamorpher Siliciumfilm aus der Gasphase odermit Hilfe der Sputterdeposition auf das Substratabgeschieden. Die Ansätze zur anschließendenKristallisation können in Hoch- und Niedertem-peraturtechniken unterteilt werden. Währendbeim Hochtemperaturansatz (~1000°C) kosten-intensive Substrate, wie z.B. Graphit oder Ke-ramiken, verwendet werden, ermöglicht dieKristallisation unter 550°C den Einsatz von kos-tengünstigen Trägermaterialien wie z.B. Glas.

Im Zuge des Niedertemperaturansatzes zurProzessierung von polykistallinen Siliciumfilmen(poly-Si) sind besonders zwei Techniken inten-siv untersucht worden:

(i) Festphasenkristallisation (SPC - solid phase crystallization) und

(ii) Laserkristallisation (LC - Laser crystallization).

Besonders hohe Abscheideraten von 100 - 300 nm/min wurden im Temperaturbe-reich 500-650oC durch ionenunterstützte De-position (IAD - ion-assisted deposition) erreicht[6]. Die IAD gleicht im Prinzip einem Elektro-nenstrahlverdampfer, jedoch wird ein Anteilvon etwa 5% der verdampften Si-Atome aufihrem Weg zum Substrat durch Elektronen-beschuss ionisiert [7]. Durch Anlegen einer Vor-spannung können die Si-Ionen auf eine Energievon bis zu 50 eV zum Substrat hin beschleu-nigt werden. Es ist ein Charakteristikum dieserMethode, dass der Energieeintrag durch Ionen-beschuss auf den wachsenden Siliciumfilm ein-fach kontrolliert werden kann.

Die Struktur von Siliciumdünnfilmen, die bei T < 550 °C abgeschieden werden, ist außeror-dentlich komplex. Die Filme bestehen aus Säu-len mit einem Durchmesser von 100 - 200 nm,die senkrecht auf dem Substrat aufwachsen.Elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigen, dass diese Säulen aus Kristalliten mitGrößen im nm-Bereich bestehen. Es scheintein Spezifikum dieser Abscheidemethoden zusein, dass auf nichtkristallinem Substrat zu-nächst eine dünne amorphe Zwischenschichtentsteht, bevor das kristalline Wachstum ein-setzt [8]. Messungen der Ramanspektren deu-ten darauf hin, dass die Filme ungeordneteBereiche enthalten, die sich vermutlich um die Säulen herum anordnen.

Mit der PECVD werden mit Absorbern diesesTyps mikrokristalline Dünnschichtsolarzellenmit Wirkungsgraden von 7,5 - 10% herge-stellt [3,9,10] (siehe auch Beitrag B. Rech, die-ser Band). Die interessante Frage ist, ob esmöglich ist, die Wirkungsgrade durch Abschei-den von Filmen mit größerer Korngröße zuerhöhen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten,die Korngröße zu erhöhen, wie z.B. Abschei-dung auf speziell strukturierten Substraten oder Erhöhung des Energieeintrags durch Ionen-beschuss während der Abscheidung. Im fol-genden wird ein alternativer Weg beschrieben,die Abscheidung auf polykristallinen Silicium-Saatschichten. Dazu wird auf einem Glas-substrat eine polykristalline Silziumschicht mitgroßer Korngröße erzeugt (Abb.3a), auf derdurch epitaktische Verdickung bei T < 550°Ceine grobkristalline Absorberschicht aufwach-

Abbildung 3a und 3bSchematischeDarstellung derNiedertemperatur-deposition vonSilicium auf amorpheund polykristallineOberflächen. Die rechte Hälfte desGlassubstrates ist miteiner großkörnigenpoly-Si-Saatschichtbedeckt.

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Dr. Klaus Lips • Kristallines Silicium auf Glas: Herstellung und MaterialeigenschaftenFVS Themen 2000

Nast et al. haben als alternative Kristallisations-methode zur LC und SPC den aluminiumindu-zierten Schichtaustausch (ALILE – aluminium-induced layer exchange) vorgeschlagen [14].ALILE bedient sich der aluminiuminduziertenKristallisation von amorphem Silicium, die weitunterhalb der eutektischen Temperatur des Silici-um/Aluminium-Systems von 577°C auftritt [15].

Diese Methode fügt sich gut in den Nieder-temperaturansatz zur Fertigung von Dünnfilm-solarzellen ein, da sie die folgenden Merkmaleaufweist:

(i) Prozeßtemperaturen unter 550°C, (ii) Verwendung von Glassubstraten, (iii) Einsatz von industrierelevanten

Techniken (thermisches Verdampfen und Sputterdeposition),

(iv) relativ kurze Prozessdauer (~30 min) und

(v) einfaches verfahren.

In Abb. 4 ist das Phänomen des aluminiuminduzierten Schichtaustausches gezeigt. Die ursprüngliche Probe besteht aus einemGlassubstrat, auf das ein Aluminiumfilm ther-misch verdampft und anschließend eine amorphe Siliciumschicht (a-Si) mittels Sputter-deposition aufgebracht wurde (Abb. 4a). Wenn diese Struktur bei Temperaturen zwi-schen 350°C und 550°C erhitzt wird, diffun-dieren Si-Atome in den Metallfilm. Dort bildensich an Al-Korngrenzen oder an der Grenz-fläche zwischen Al- und a-Si-Film kristalline Sili-ciumkeime. Aufgrund zusätzlicher Si-Diffusionaus der amorphen Phase wachsen diese Keimezu Körnern und verdrängen das Aluminium. Das Wachstum der Si-Körner ist durch dasGlassubstrat und die Al/a-Si Grenzfläche be-schränkt. Die Körner wachsen lateral in denMetallfilm bis benachbarte Körner zusammen-stoßen und einen kontinuierlichen poly-Si-Filmbilden (Abb. 4b). Der Gesamtprozess führtdemnach zu einem Schichtaustausch währenddessen sich ein zusammenhängender poly-Si-Film auf dem Substrat bildet [16]. Bei Tem-peraturen um 500°C dauert dieser Schichtaus-tausch ca. 30 min. Das an der Oberflächebefindliche Aluminium kann selektiv abgeätztwerden, so dass der poly-Si-Film für die Weiter-verarbeitung zur Verfügung steht (Abb. 4c).

Die SPC basiert auf der Erwärmung der amor-phen Siliciumdünnfilmen bei Temperaturen um 600°C über viele Stunden (>10 Std) [11].Durch die lange Temperaturbehandlung formtsich die amorphe Siliciumphase langsam inpoly-Si um. Die erzielbaren Siliciumkorngrößenliegen im Bereich von mehreren Mikrometern.Obwohl es sich um eine besonders einfacheKristallisationstechnik handelt, sind die nochrelativ hohen Temperaturen und langen Kris-tallisationszeiten prozeßinhärente Nachteile,die dazu geführt haben, dass das Interesse andieser Methode in den letzten Jahren zurück-gegangen ist. Bei der Laserkristallisation wer-den die amorphen Siliciumfilme mit Hilfe vonLaserpulsen, deren Pulsdauer kürzer als 100 nsist, verflüssigt [12]. Die erreichbaren Korngrößenaufgrund der anschließenden Kristallisation be-tragen ebenfalls mehrere Mikrometer, und dieeinzelnen Körner sind von guter kristallogra-phischer Qualität [13]. Allerdings werden dieFolgen von Verunreinigung der kristallisiertenSchichten aus den Niedertemperatursubstratentrotz kurzer Kristallisationszeit derzeit nochkontrovers diskutiert. Zusätzlich kann die LC,die zum überwiegenden Teil auf Excimer-Laser-technologie basiert, im Vergleich zu einfachenOfenheizverfahren, wie SPC, als teuer und auf-wendig angesehen werden.

Abbildung 4 a-b-cIonenstrahlmikroskop-aufnahme einerGlas/Al/a-Si Strukurim Querschnitt: (a)vor und (b) nach derthermischen Behand-lung für 1 Std. bei500°C. (c) Rasterelek-tronenaufnahme nachAluminiumätzung, dieden zusammenhän-genden poly-Si-Filmzeigt. Die Proben in(a) und (b) sind um45° gekippt, die in (c)um 20°, der Maßstabist demnach nur inhorizontaler Richtungkorrekt. Die weißeStrichlinie in (c) dientder Grenzflächen-visualisierung.

a

b

c

1µmGlas

poly-Si

Oberfläche

Oberfläche

Glas

poly-Si

Al + (Si)

1µm

1µm

Oberfläche

Glas

Al

a-Si

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plätzen. Dies führt zu einer Konzentration derpositiven Ladungsträger von 1-3 x 1019 cm-3,die nur begrenzt von der Kristallisationstem-peratur abhängig ist [21]. Diese hohe Dotie-rungskonzentration hat Einfluss auf die Strukturder Solarzellen. Im Rahmen des Saatschicht-konzeptes kann die p+-Dotierung vorteilhaftgenutzt werden. Dies beruht auf der Reduzie-rung der Oberflächenrekombination an derRückseite der Solarzelle.

4. Ausblick

Für die konsequente Niedertemperaturpro-zessierung von Dünnfilmsolarzellen aus polykri-stallinem Silicium stehen sowohl großkörnigeSaatschichten als auch Depositionsmethodenmit hohen Abscheidungsraten zur Verfügung.Da das Saatschichtkonzept mit den hier vorge-stellten Kristallisationstechniken einen zweistu-figen Prozess darstellt, besteht eine der größ-ten Herausforderungen in der Kontrolle derGrenzfläche zwischen Saatschicht und epitak-

Der ALILE-Prozess ermöglicht die Herstellungvon poly-Si-Schichten, deren Korngrößen dieFilmdicke um ein Vielfaches übersteigen. Auf-nahmen eines Orientation-Imaging-Microscope(OIM) und eines Rasterelektronenmikroskopes(REM) in Abb. 5 dokumentieren laterale Korn-größen von 10 µm und mehr in einem nur 0,5 µm dicken poly-Si-Film. Das OIM ermitteltdie Kikuchi-Muster der rückgestreuten Elektro-nen und erlaubt somit neben der Analyse derKorngrößen auch die der Orientierung und derKorngrenzenstruktur [17]. Die mit dunkelgraumarkierten Körner in Abb. 5a weisen (111)-oder (110)-Orientierungen auf. Die mittel- und leichtgrauen Gebiete dagegen sind in die(100)-Richtung orientiert. Die weißen Gebietesind in keine dieser drei Kristallorientierungausgerichtet. Wie aus der Abbildung deutlichwird, besitzen die mit Hilfe von ALILE kristalli-sierten poly-Si-Filme eine bevorzugte (100)-Orientierung, die auch mit Röntgenbeugungs-untersuchung bestätigt wurde [18]. Die Vor-zugsorientierung qualifiziert diese poly-Si-Schichten im besonderen Maße als Saatschich-ten, da gezeigt worden ist, dass epitaktischesWachstum mit weitaus größerem Erfolg auf(100)-orientierten kristallinen Si-Oberflächendurchgeführt werden kann als auf anderenOrientierungen [4]. Dies zeichnet ALILE-Filmeauch vor poly-Si Schichten aus, die mit Hilfevon SPC oder LC erzeugt worden sind [19,20].Die aus der OIM-Aufnahme gewonneneAussage bezüglich der Korngrößen wird vondem in Abb. 5b gezeigten REM-Bild unter-stützt. Die Aufnahme zeigt die frühere poly-Si/Glas-Grenzfläche, die, nachdem der Filmvom Glas abgeätzt und umgedreht auf einenMetallträger transferiert wurde, als saubereund glatte Oberfläche gut untersucht werdenkann. Die schwarzen Linien sind Risse im Film,die während des Abhebe- und Transferprozes-ses schwer zu vermeiden sind. In der Aufnah-me ist deutlich der Elektronen-Channelling-Kontrast aufgrund von Körnern mit unter-schiedlicher Kristallorientierung zu erkennen.Beide mikroskopische Untersuchungen bestä-tigen somit Korngrößen von mehrerenMikrometern.

Ein besonderes Charakteristikum der durchALILE hergestellten poly-Si-Filme ist der Einbauvon Al-Atomen auf substitutionellen Si-Gitter-

Abbildung 5Orientation ImagingMicroscope (a) und Elektronen-Channeling-KontrastAufnahme (b) zurKorngrößenanalyseder früherenGlas/poly-Si-Grenz-flächen (a) einer bei450°C und (b) einerbei 475°C kristallisier-ten Probe. In (a) sinddie dunkelgrauenGebiete in die (111)und (110)-Richtungorientiert. Die mittel-und leichtgrauenKörner weisen (100)-Orientierung auf. DreiKörner sind exempla-risch indiziert. Dieweißen Gebiete habenOrientierungen, die in keine dieser dreiKategorien fallen.

a

b

(100)

(100)

(100)

20 µm

10 µm

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tisch gewachsenem Film. Um die kristallineStruktur der großkörnigen Saatschicht in denaufwachsenden Siliciumfilm fortzusetzen, mussdie Oberfläche dieser Schicht frei von Verun-reinigungen, Oxiden und Oberflächendefektensein. Falls dies nicht gewährleistet ist, weisendie deponierten Filme feinkörnige Strukturenauf, die typisch für Schichten sind, die beiniedrigen Temperaturen abgeschieden wur-den. Die hohen Anforderungen an die poly-Si-Oberfläche stellt experimentell ein großeHerausforderung dar, wenn die Saatschichtenaußerhalb der Depositionkammer, wie im Fallevon SPC, LC und ALILE, hergestellt werden.

Neben den Materialeigenschaften der Saat-schichten muss auch die spätere Solarzellen-struktur in der Präparation dieser Schichtenberücksichtigt werden. So ist zum Beispiel diein Abb. 4 gezeigte Glas/Al/a-Si-Stapelstrukturfür eine anschließende Solarzellenherstellungungünstig, da der poly-Si-Film sich nach ALILEdirekt auf dem Glassubstrat befindet. Werdenweitere Si-Schichten auf die Saatschicht depo-niert, so ist eine Kontaktierung dieser Schichterschwert. Dieses Problem kann umgangenwerden, wenn als Ausgangsschichtstrukturennicht Glas/Al/a-Si sondern alternative Schicht-strukturen wie z.B. Glas/a-Si/Al, Glas/Al/a-Si/Aloder Glas/gk-Al/fk-Al/a-Si eingesetzt werden,wobei gk-Al großkörnige und fk-Al kleinkörnigeAl-Schichten bezeichnen. In allen drei Struk-turen findet während der Kristallisation einSi/Al-Schichtaustausch statt, der zur Bildungeines geschlossenen poly-Si-Film führt [21, 22].Der Vorteil dabei ist, dass in diesen Fällen dieneugebildeten Si-Schichten durch einen ver-bleibenden Al-Film vom Glassubstrat getrenntsind. Dadurch kann dieser Al-Film direkt alsganzseitiger Rückkontakt und Reflektor einge-setzt werden.

Das Saatschichtkonzept erfüllt die Anforde-rungen an eine Niedertemperaturpräparationvon großkörnigen Siliciumdünnfilmsolarzellen.Weitere Untersuchungen müssen nun zeigen,ob Depositionsmethoden mit hohen Abschei-deraten in Verbindung mit einfacher undschneller Präparation von Saatschichten zumgewünschten Erfolg der industrierelevantenHerstellung von Solarzellen mit hohenWirkungsgraden führen.

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CdTe Dünnschichtsolarmodule auf dem Weg zur Produktion

Dr. D. Bonnet ANTEC Solar GmbH

Industriestr. 2 - 4

D-65779 Kelkheim

[email protected]

Abbildung 1Aufbau der CdTeDünnschichtsolar-zelle aus ihrenTeilschichten

Dr. Dieter Bonnet • CdTe Dünnschichtsolarmodule auf dem Weg zur ProduktionFVS Themen 2000

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Energielücke ist "direkt", was zu einer extremhohen Lichtabsorption führt, so dass die ver-wendeten Schichten nur wenige Mikrometerdick sein müssen, um 90% der möglichen Absorption zu realisieren. Aufgrund der Mate-rialdaten können in CdTe DünnschichtzellenStromdichten von 27 mA/cm2 und Leerlauf-spannungen von fast 0,9 V erwartet werden,sowie ein Wirkungsgrad von 18,5% bei zukünf-tigem Einsatz einer ausgereiften Technologie(Sites und Liu, 1995). Mittelfristig werden 8 bis 10% als realistisches Produktionsziel fürdie heutige Technik angenommen.

Da es schwierig ist, p-n Dioden in Cadmium-tellurid (CdTe) zu erzeugen und solche Diodendarüber hinaus eine erhebliche Oberflächen-rekombination zeigen würden, wurde bereits1971 die heute übliche Zellkonfiguration inForm einer p-n Heterodiode gefunden, in der der notwendige p-n Übergang die Form einer Doppelschicht p-CdTe/n-CdS hat (Bonnet und Rabenhorst, 1972). CdS wirkt hierbei als"Fenster", da es vom sichtbaren Licht nur einenkleinen Teil im blauen Spektralbereich absor-biert und den Rest zum aktiven CdTe durchläßt.Dort werden dann die Ladungsträger erzeugt;die im Feld des p-n Übergangs getrennt wer-den und zu einer Photospannung führen. Die Zelle hat den in Abb. 1 wiedergegebenen Aufbau: Auf einer Glasscheibe wird zunächsteine transparente leitende Schicht aufgebracht, die von der n-leitenden CdS-Schicht gefolgt

Einleitung

In Hinblick auf die kostengünstige Nutzung der Solarenergie haben Dünnschichtsolarzellengrundlegende Vorteile durch geringen Material-verbrauch, integrierte Moduldefinition undMassenproduktion. Sie können ein Kostenlimitvon 0,6 EURO pro Watt bereits bei einer Kapa-zität von 60 Megawatt pro Jahr erreichen. Auf-grund der hohen Leistungen von Kadmiumtel-lurid Dünnschichtsolarzellen die durch schnelleund unempfindliche Prozesse hergestellt sind,zeigt die Technologie ein großes Potential fürdie industrielle Produktion. ANTEC Solar hatfür Kadmiumtellurid das robuste Verfahren derclose-spaced-sublimation (CSS) als Abscheide-prozeß gewählt, um eine Massenproduktionaufzunehmen. Diese Entscheidung basierte aufaussichtsreichen Resultaten eigener Arbeitenseit 1991 und auf der Analyse vergangenerindustrieller Bemühungen auf diesem Gebiet.

Die CdTe Dünnschicht-solarzellen und Module

Aufgrund seiner elementaren physikalisch-chemischen Eigenschaften stellt CdTe ein opti-males Material für den Einsatz in Dünnschicht-solarzellen dar. CdTe hat eine Energielücke von1,45 eV und ist deshalb als Absorber der Sonnen-strahlung spektral sehr gut angepaßt. Seine

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FVS Themen 2000Dr. Dieter Bonnet • CdTe Dünnschichtsolarmodule auf dem Weg zur Produktion

A GlasreinigungB Abscheidung des transparenten Kontaktfilms

durch KathodenzerstäubungC Trennung der TCO Schicht in Streifen durch

LaserablationD Abscheidung von CdS und CdTe durch CSSE Aktivierung (Temperung der CdS/CdTe

Doppelschicht in Chlor-haltiger Atmosphäre)F Chemische Ätzung zur Vorbereitung des

RückkontaktesG Zweiter Satz von Trennschnitten durch die

HableiterschichtenH Abscheidung des Rückkontaktes durch

KathodenzerstäubungI Dritter Satz von Trennschnitten durch die

Hableiter- und Kontaktschichten

Die Anlagen für diese Prozeßsequenz sind ineiner Linie zum vollautomatischen Transportder Glasscheiben durch die Einzelprozeßstatio-nen in einer 30 x 100 m2 großen Halle aufge-baut und fugenlos verbunden. Das Layout wirdin Abb. 2 dargestellt. Nach einem zweistündi-gen Durchlauf werden aus den eingegebenenGlasplatten Dünnschichtmodule. Etwa alle zweiMinuten wird ein Modul fertiggestellt. In derzweiten ähnlich großen Halle B werden dieModule nach einem Funktionstest mit Metall-bändern kontaktiert, durch Auflaminationgleich großer Glasplatten hermetisch versie-gelt, mit Kontaktboxen versehen und bezüg-lich ihrer photovoltaischen Daten vermessen.

Der Aufbau der Produktionsanlage ist beendet.Die 160 m lange Abscheidelinie wird zur Zeiteingefahren. Die volle Produktion soll im Jahr2001 aufgenommen werden.

wird, die so dünn wie möglich (ca. 100 nm) ist.Auf sie wiederum wird die aktive CdTe Schicht mit einer Dicke von einigen Mikrometern (1 µm = 1/1000 mm) aufgebracht, die voneinem Stromabnahme Kontakt gefolgt wird.

Die wichtigen Halbleiterschichten CdS undCdTe werden mit einem Sublimationsverfahrenhergestellt, das schnell, einfach und robust ist,sowie geringe Anforderungen an das verwen-dete Vakuum stellt. Es wird Close Spaced Subli-mation (CSS) genannt. Das Ausgangsmaterial,CdTe Granulat einer Reinheit von 99,999%,wird hierbei aus einem auf ca. 700°C geheiz-ten Graphittiegel auf die darüber hinwegglei-tenden Glassubstrate übersublimiert, die sichauf einer Temperatur von 500°C befinden, waseine gute Kristallqualität der Schichten garan-tiert. CdTe wächst hierbei ohne weitere aktiveDotierprozesse p-leitend auf, CdS n-leitend. Ein spezieller thermischer Aktivierungsprozeßverbessert die elektronische Anpassung desCdS an das CdTe.

Dünnschichtsolarzellen eignen sich besondersgut zur Herstellung von integrierten Modu-len, in denen ca. 100 streifenförmige Einzel-zellen durch drei Sätze von Trennschnitten aufder Glasplatte definiert und in Serie verbundenwerden. Diese Trennschnitte lassen sich zwang-los in den Produktionsprozeß integrieren.

Die Grundlage der Produktion

Seit 1993 wird bei ANTEC der Abscheideprozeßauf Basis der CSS entwickelt. Nachdem aus-sichtsreiche Ergebnisse im Labor erreicht wor-den waren, wurde ANTEC Solar GmbH zusam-men mit dem Industriepartner Balke-Dürr ge-gründet. ANTEC solar hat anschließend die Fi-nanzierung der Produktionsanlage in Thüringensichergestellt.

Der Produktionsprozeß

Der Produktionsprozeß für die 60 x 120 cm2

großen integrierten Module mit 120 veschalte-ten Einzelzellen umfaßt neun Einzelschritte, die von der hermetischen Versiegelung durchGlas/Glas Lamination gefolgt werden:

Abbildung 2Lay-Out derAbscheidelinie in Halle A

Rück-KontaktÄtzung Trenn -Schnitt 2

Trenn -Schnitt 3

CdS-CdTe CSSAktivierung

START

ENDE

Laser -Schnitt

100 m

25 m

TCO-Schicht Glas -Wäsche

Transfer

A

B

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Dr. Dieter Bonnet • CdTe Dünnschichtsolarmodule auf dem Weg zur ProduktionFVS Themen 2000

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Die Abb. 3 und 4 zeigen die Produktionslinieinsgesamt und ein Detail der Aufheizstreckezur CSS-Abscheidung. Abb. 5 zeigt eine An-sicht aus der Laminierungsstrecke in Halle B.Abb. 6 zeigt ein fertiges CTS Modul.

Literatur

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Abbildung 3Die Produktionslinie A für CdTeDünnschichtmodule

Abbildung 4 Detail derProduktionslinie:Links der Auslauf derLaserstrukturierung,Mitte die Aufheiz-strecke für die CSSProzeßeinheit

Abbildung 5 Die Laminierstrecke.Rechts der Einlauf,Wäsche der Deck-gläser

Abbildung 6 (rechts)Das 60 x 120 cm 2

große CTS Modul

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schiedenem Labors weltweit ermitteltenWirkungsgrade, sowie die Einschätzung desderzeitigen Forschungsstandes im Rahmeneiner kleinen Umfrage für diesen Beitrag er-mittelt (siehe Teil 2).

1. Funktion der Zelle und wissenschaftlicher Stand

Der Aufbau der Zelle [3] und der Weg derelektrischen Ladung durch die Zelle ist inAbb.1 schematisch dargestellt. Eine schwam-martige Struktur aus TiO2 Anatase Kristallitenvon 10 - 30 nm Durchmesser wird auf ein lei-tendes Glas (Fluor-dotiertes SnO2) mit einerSchichtdicke von 10 –20 mm aufgebracht und anschließend bei einer Temperatur von ca. 450 °C gesintert. Elektronen können danndurch die einzelnen Kristallite bis zum leiten-den Substrat wandern. Ein Mikrometer Schicht-dicke dieser Schwammstruktur hat eine 100-fach größere innere Oberfläche als die planareFläche der Elektrode. Die Farbstoffe werdenaus einer alkoholischen Lösung in einer mono-molekularen Schicht auf dem Halbleiter adsor-biert und sind über chemische Ankergruppenfest mit dem Halbleiter verbunden. Durch dieAdsorption des Farbstoffs auf nahezu der ge-samten inneren Oberfläche der schwammarti-gen TiO2 Schicht wird eine hinreichende Ab-sorption des Sonnenlichts bei Schichtdickenvon ca. 10 mm erreicht. Die besten Effizienzenvon >10% (AM1.5) wurden mit den Ruthe-niumfarbstoffen 'N3' [2] und dem als 'BlackDye' [3] bezeichneten Komplex erreicht. AlsGegenelektrode wird ein leitendes SnO2 Glasmit Platininseln verwendet. Der elektrischeKontakt zwischen der lichtaktiven Farbstoff/TiO2/SnO2 Elektrode und der Gegenelektrodewird durch einen hochleitenden Elektrolytenhergestellt. Die Verwendung eines flüssigenElektrolyten stellt hohe Anforderungen an

Eine konventionelle Festkörpersolarzelle absor-biert das Sonnenlicht und wandelt es durcheine geeignete Halbleiterstruktur in elektrischeEnergie um. Die elektrochemische Farbstoff-Solarzelle verwendet dagegen organische Farbstoffe zur Lichtabsorption. Die primäre Ladungstrennung geschieht an der Oberflächeeiner hochporösen Schicht eines Halbleitersmit großer Bandlücke (TiO2). Effiziente Photo-voltaik mit einer Konversionsrate von bis zu10% wurde Anfang der 90'er Jahre durch die Arbeiten von Grätzel und Mitarbeitern an der EPFL in Lausanne nachgewiesen [1, 2].Fortschritte wurden in den letzten Jahren haupt-sächlich im Hinblick auf die Stabilität der Zel-len gemacht, bei leichter Steigerung der Spit-zenwirkungsgrade [3]. Mittlerweile befindetsich die Zelltechnologie im Planungs-, bzw.Finanzierungsstadium für eine erste Pilotferti-gung (im STA und im INAP). Die im wesent-lichen rein naßchemische Herstellung derZelle, die sparsame Verwendung von teurenMaterialen (Farbstoff, Platin), sowie gute Wir-kungsgrade unter diffusem Lichteinfall und bei steigenden Temperaturen machen diesenZelltyp interessant [3]. Ältere Studien [4]prognostizieren geringe Modulkosten von < 1US$/PeakWatt. Nicht vollständig geklärterscheint nach wie vor die Langzeitstabilitätder Zelle. Auf Grund von Tests mit einer Dau-er von einigen Monaten bei sehr hoher Licht-einstrahlung und hoher Temperatur ist eineZellenlebensdauer von einigen Jahren postu-liert worden [5]. Für die Stabilität der Zellescheinen die chemische Reinheit des Elektro-lyten und die Qualität der Zellenversiegelungvon entscheidender Bedeutung zu sein [3, 5].Gezeigt werden muß noch, dass unter Pro-duktionsbedingungen eine hinreichende Quali-tätssicherung bei der Herstellung von Modulenmit Standzeiten von vielen Jahren möglich ist.Zur Objektivierung der hier getroffenen Aus-sagen wurden die aktuell (Juni 2000) in ver-

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Wissenschaftlicher und technischerStatus der elektrochemischenFarbstoff-Solarzelle

Dr. K. SchwarzburgHMI

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Prof. F. WilligHMI

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dukt aus Prozess (3) wieder in den Ursprungs-zustand überführt (I-) wird. Einige wissen-schaftliche Fragestellungen, die direkt an dieeinzelnen Teilprozesse (1)-(4) anknüpfen, sindin den letzten 10 Jahren geklärt worden. Sowurden beispielsweise die Prozesse (1) und (4)mit zeitaufgelösten Messtechniken direkt ge-messen, mit dem Ergebnis, dass der Injek-tionsprozess (1) weniger als 25 Femtosekunden (2.5 x 10-14 s) dauert [7], die Rückkehr desElektrons aus dem TiO2 auf den ionisiertenFarbstoff Millisekunden benögt [8], bei Zugabedes Jod/Jodid Redoxsystems aber der Farbstoffbereits nach ca. 100 Nanosekunden (10-9s)wieder regeneriert wird [8]. Die unterschiedli-chen Zeitskalen machen die beobachtete hoheQuantenausbeute verständlich. Intensiv wurdeauch der Transport der Elektronen in der TiO2

Schicht mittels stationären und zeitaufgelöstenelektrischen Messungen untersucht. Früh wur-de bereits erkannt, dass Störstellen ('Traps')einen starken Einfluß auf den elektrischen Trans-port haben [9]. Entscheidend für das Verständ-nis der Zelle war der zunächst überraschende

dessen chemische Reinheit und die Abdichtungder Zelle. Als Varianten wird der Zusatz vonGelatoren [6] zur Erhöhung der Viskosität unddie Verwendung von geschmolzenen Salzenzur Zeit untersucht.

Die Umwandlung von Sonnenlicht in elektri-sche Energie in dieser Zelle wird schematischdurch den Kreislauf in Abb. 1 beschrieben:Durch Lichtabsorption gelangt der Farbstoff ineinen energetisch angeregten Zustand, ausdem ein Elektron in das Leitungsband des Halb-leiters injiziert wird (1). Der ortsfeste, gegenü-ber dem Dunkelzustand nun positiv aufgela-dene Farbstoff, nimmt ein Elektron von einemRedoxion (Jodid I-) aus dem Elektrolyten aufund wird wieder in den Grundzustand über-führt ('regeneriert') (4). Das injizierte Elektronbewegt sich durch die poröse TiO2-Schichtzum SnO2-Substrat (2). Das führt zu einerAufladung der photoaktiven Elektrode gegenü-ber der Gegenelektrode und ruft schließlicheinen Stromfluß durch den äußeren Stromkreishervor. Der Stromkreis wird schließlich durcheine Redoxreaktion an der Gegenelektrodegeschlossen (4), durch die das Reaktionspro-

Abbildung 1Aufbau und Funktionder elektrochemischenFarbstoff Solarzelle

Abbildung 2 Analogie zwischeneiner pn-HalbleiterSolarzelle und derFarbstoffzelle

➀ Injektion: hν + D ➝ D* ➝ D+ + e- (TiO2)

➁ Transport e- im TiO2 Netzwerk

➂ Gegenelektrode: l + e ➝ Ι−

➃ Regeneration: D+ + l- ➝ D + l

pn-Solarzelle

Farbstoff-Solarzelle

“Diffusion“Ladungs-trennung

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durch das Gleichgewichts-Dunkelpotential amRückkontakt getrieben wird [12]. Die hervor-stechende Eigenschaft des Elektrolyten mit derunterschiedlichen Rolle von Leitsalz und Redox-system erscheint in einer echten Festkörper-Solarzelle schwierig zu realisieren.

2. Ergebnisse der Umfrage

Wir sind dankbar, dass 9 der 10 von uns an-gesprochenen führenden Labors auf diesemGebiet sich bereit erklärt haben, Fragen zumStand der Entwicklung der Grätzelzelle im Juni2000 kurzfristig zu beantworten. Abb.3 zeigtdie Antworten auf einige wesentliche Fragen.Die erreichten Wirkungsgrade müssen im Kon-text der Hauptzielrichtung der Forschung dereinzelnen Gruppen gesehen werden (Zellop-timierung/Grundlagenforschung). Bei denerreichten Wirkungsgraden muß man berück-sichtigen, dass die meissten dieser Labors

experimentelle Befund, dass die Bewegung derElektronen durch die TiO2-Schicht der diffusi-ven Bewegung einer ungeladenen Spezies sehrähnlich ist [10]. Die Erklärung für dieses Ver-halten ergibt sich aus der elektrischen Abschir-mung durch die positiv geladenen Ionen desElektrolyten [11, 12], die eine weite Ausdeh-nung eines elektrischen Feldes über die Nano-meter dimensionierte TiO2-Matrix verhindert.Die notwendige hohe Leitfähigkeit des Elektro-lyten wird durch eine hohe Konzentration vonIonen (0.5-1M Li+,I-), dem sogenannten Leit-salz, erreicht. Beide Ionen können aus energe-tischen Gründen nicht mit den Elektronen imLeitungsband des TiO2 reagieren. Die Reaktioneines photoerzeugten Elektrons im TiO2 miteinem Redoxion in der Lösung entspricht demVerlustkanal der Elektron-Loch-Paar Rekombi-nation in einer Festkörperzelle. Die Konzen-tration der entsprechenden Redoxspezies (Jod)wird so gering wie möglich gehalten (<50mM).Zusätzlich läuft die Reaktion eines Elektrons mitdem Jod über mehrere Zwischenstufen ab,was die Reaktionswahrscheinlichkeit nochmalsherabsetzt. Da alle Versuche, das Jodid/Jod Re-doxsystem zu ersetzen, bisher zu völlig unak-zeptablen Resultaten geführt haben, scheinendie speziellen Eigenschaften dieses Redox-systems in der Tat von entscheidender Bedeu-tung für die Zelle zu sein. Die Kinetik dieserReaktionen, die auch die Dunkelstromkennliniewesentlich bestimmt, ist bisher nur unvollstän-dig verstanden. Das physikalische Bild der Pho-tovoltaik in dieser Zelle, das sich aus zeitaufge-lösten elektrischen Messungen ergibt, ist trotzdes völlig unterschiedlichen Aufbaus dem einerkonventionellen Halbleitersolarzelle mit sehrkleiner Ausdehnung der Raumladungszonenicht unähnlich (Abb. 2). Die photoerzeugtenLadungen laufen, abgeschirmt durch den Elek-trolyten, von einem Diffusionsgradienten ge-trieben zum Rückkontakt, an dem die end-gültige Ladungstrennung und der Aufbau derPhotospannung stattfindet. Die vom Elektro-lyten umgebene poröse Farbstoff/TiO2-Schichtentspricht dabei dem feldfreien Teil einer Halb-leitersolarzelle. Der Mechanismus der Trennungder Elektronen von ihrer Abschirmladung unddamit der Ursprung der Photospannung wirdzur Zeit noch unterschiedlich diskutiert [13, 12].Vieles spricht dafür, dass die Ladungstrennungwie bei einer Festkörperzelle im wesentlichen

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Abbildung 3 Umfrage zum Stand der Forschung (Juni 2000)

erreichte Wirkungsgrade

erwartete Wirkungsgrade (Modul, geschätzt)

*nur 50% der Teilnehmer haben Angaben gemacht

ZelleModul

Ist die Herstellung der Zelle gut beherrscht?

JA (5)

NEIN (3)

JA (1)JA (alle)

NEIN (8)

keineAngabe (1)

JA (4)

NEIN (3)

keineAngabe (2)

a) Zelle

b) Modul

Halten Sie eine TechnologischeAnwendung der Zelle für wahrscheinlich?

genannte mögliche Anwendungen:

· elektrische Kleingeräte – Uhren, Taschenrechner usw. (alle)

· Solarzelle als Kachel (1)

Ist die Funktionsweise der Zellehinreichend verstanden?

· Was bestimmt die Höhe der Photospannung?

· Rekombinationsprozesse

· elektrische Abschirmung durch Elektrolyten

· Ladungstransport

3-5%

4

3

2

1

4

3

2

1

5-7% 7-9% 9-11%

3-5% 5-7% 7-9% 9-11%

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Literatur

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[13] Pichot, F.; Gregg, B. A. J. Phys. Chem. B 2000, 104, 6 - 10

mit der Hauptzielrichtung 'Forschung' und weniger 'technische Entwicklung' arbeiten.Offensichtlich wird ein Zellenwirkungsgrad von 3-7% von allen Forschungsgruppen leichterreicht. Ein Wirkungsrad von >9% wird dage-gen nur von wenigen Gruppen mit speziellenMethoden erreicht. Analog müssen die Ant-worten auf die Frage nach der Beherrschungder Zellenherstellung interpretiert werden. Es herrscht fast Einstimmigkeit, dass die Funk-tionsweise der Zelle noch nicht hinreichendverstanden ist. Die von den Befragten als un-klar angesehenen Punkte sind im letzten Ab-schnitt kurz skizziert worden. Eine technologi-sche Anwendung der Zelle wird von allen Befragten für wahrscheinlich gehalten.Aufgrund der Zellencharakteristik wird vor-wiegend eine Anwendung bei der Stromver-sorgung für Kleinstgeräte (Uhren, Taschen-rechner usw.) erwartet.

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bionische Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Photosynthese und der Energieum-wandlungskatalyse vorgestellt werden, die zusinnvollen Forschungsinitiativen geführt haben.Danach sollen eine Reihe von potentiellen bionischen Technologielösungen andiskutiert werden, bevor die Vision einer bionisch-photo-voltaischen Zelle vorgestellt wird.

Bionisch motivierteForschungsinitiativen zurPhotosynthese und -katalyse

Über die Jahre hinweg wurden in der eigenenArbeitsgruppe drei Forschungsinitiativen einge-leitet, deren Motivation einer genauen Analysemöglicher molekularbiologischer Abläufe in derPhotosynthese entsprang (Abb. 1). Die ersteBeobachtung war, dass entlang photosynthe-tischer Elektronentransferketten die Elektronen-übertragung häufig über Metallzentren vermit-telt wird. Die Erkenntnis war, dass auf dieseWeise metallzentrierter Elektronentransfer mög-lich ist und somit koordinationschemische Mechanismen ablaufen. Die Konsequenz war,nach stabilen lichtempfindlichen Materialien zu suchen, bei denen nach Lichtanregung La-dungsträger ebenfalls metallzentriert übertra-gen werden können. Das Ergebnis war dieIdentifizierung einer Reihe von d-Band Halblei-tern (MoS2, WS2, RuS2, FeS2, Ru2Mo4Se8), welche photoelektrochemisch effiziente oderkatalytisch sehr aktive Materialien ergaben [1, 2]. Darunter befindet sich auch RuS2, daszur Zeit das kinetisch wirksamste Material fürdie Spaltung von Wasser mit sichtbarem Lichtdarstellt (wenngleich eine Zusatzspannungnötig ist, da die Energielücke zu klein ist) [3].

Einleitung

Die Solarenergie ist die bei weitem wichtigsteEnergiequelle für das Leben auf der Erde. Mitihrer Hilfe haben lebende Systeme praktischalle Klimazonen erobert. Sie reichen von denheißen Tropen über die trockenen Wüsten bisins Hochgebirge, die arktischen Gebiete und indas Innere der Antarktis. Durch Entwicklungvon ausgefeilten Energieumwandlungsmecha-nismen in Kombination mit wirksamer Energie-speicherung, ebenso wie extreme Materialspar-samkeit ist es den Lebewesen gelungen, letzt-lich nur mit Energie aus Sonne und Umweltauszukommen. Auch der Mensch war, bis vor200 Jahren, in dieses nachhaltige Energiever-sorgungssystem integriert. Blickt man aus tech-nologischer Sicht auf die Leistungen der Natur,berücksichtigt ihre vielen effizienten Lebewesen,ihre schnellen Schwimmer, eleganten Fliegerund nicht zuletzt auch das menschliche Gehirn,kommt man zum Schluss, dass die Natur letzt-lich den Beweis dafür geliefert hat, dass Solar-technologie nicht im Widerspruch zur Hoch-technologie steht sondern dass man dazu ledig-lich die richtigen Voraussetzungen entwickelnmuss. Die Disziplin der Bionik beschäftigt sichmit dem Lernen von der Natur. Da Letztereihre Materialien durch Selbstorganisation auf-baut und repariert was die Technik bisher nichtleistet, kann und will die Bionik keine techni-schen Kopien natürlicher Systeme anfertigen.Vielmehr geht es darum, die Prinzipien richtigzu verstehen, sie zu vereinfachen und mit tech-nisch verfügbaren Materialien nachzuempfin-den. Auch muss man berücksichtigen, dass dieNatur mit ihren oft synergetischen Lösungen,andere und vielschichtigere Ziele verfolgt alsder Mensch mit seinen technischen Produkten.Die Arbeitsrichtung der Bionik solarer Ener-giesysteme ist zu jung, um auf eine breitere Erfahrung zurückzugreifen. Deswegen sollenzunächst aus dem eigenen Arbeitsbereich drei

Bionik solarer Energiesysteme alsOrientierungshilfe für Forschung undTechnologieentwicklung

Prof. Dr. H. TributschHMI

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denen das erste Elektron die nachfolgendenversklavt und somit Zwischenprodukte aus-schließt [4, 5]. Zur Zeit wird nach synthetischenKatalysatoren gesucht, die diese Art von Selbst-organisation ermöglichen. Es müssen Komplexesein, die während des Elektronentransfersdynamische Reaktionen zulassen.

Die dritte Forschungsinitiative, die sich ge-genwärtig noch in einem frühen Stadium be-findet, betrifft die Frage; warum die Biologiemit ihren vielseitigen Katalyseaktivitäten beider Energieumwandlung mit häufigen Elemen-ten wie Eisen, Molybden, Mangan oder Kupferauskommt, während die chemische Techno-logie auf Platin, Rhodium, Palladium oder ähn-lichen Edelmetallen bisher erzichten kann. Bei der Untersuchung eines bakteriellen Hydro-genasezentrums, bei dem das Bakterium mitEisen-Schwefel-Komplexen auskommt undWasserstoff ähnlich gut entwickelt wie Platin inkünstlichen Katalysatoren, fiel eine wichtigeBesonderheit auf: das Eisenzentrum wird durchstark gebundene kleine Liganden (CO, CN) so stabilisiert, dass es gegen eine Oxidation zuEisenoxid geschützt ist. Man könnte also even-tuell häufige und billige Katalysatoren einset-zen, wenn es gelingt, sie chemisch gegen

Die zweite Forschungsinitiative betraf die hohekatalytische Fähigkeit für Mehrelektronenüber-tragungsreaktionen bei biologischen Energie-umwandlungsmechanismen. Während Photo-syntheseforscher in der Regel annehmen, dasspositive Ladungen, die in den Mangankomplexfließen, über gewöhnliche elektrochemischeProzesse Sauerstoff aus Wasser frei setzen, fälltauf, dass kein einziger der vielen synthetischhergestellten Mangankomplexe bisher dieseReaktion bewerkstelligte, noch dass es irgendein technisches Katalysematerial gibt, das auf der Basis von Mangan funktioniert. Dazukommt noch, dass der Mangankomplex solabil ist, dass er z. B. bei der Kartoffelpflanzebereits bei 39° C zerstört wird. Mangan istübrigens ein Element, das sehr leicht seine Ko-ordination in Komplexen variieren kann. Aufder Basis dieser Widersprüche wurde ein neu-er Elektronentransfermechanismus erarbeitet, der, im Gegensatz zur klassischen Theorie desElektronentransfers (Markus-Theorie), nichtnahe am Gleichgewicht, sondern fern vomGleichgewicht funktioniert. Durch die Mitwir-kung von autokatalytischen Prozessen kommtes nicht nur zu einer viel schnelleren Elektro-nenübertragung, sondern auch zu wirklichenMehrelektronenübertragungsprozessen, bei

a) Metallzentrierter Elektronen-

transfer, bei dem durch Photopro-

zesse koordinationschemische

Grenzflächenmechanismen ausge-

löst werden können.

b) Selbstorganisierter Elektronentransfer,

der von autokatalytischen Reaktions-

schritten begleitet ist.

c) Nutzung häufiger aber oxidations-

gefährdeter Elemente für die

Katalyse, die durch stark gebundene

Liganden stabilisiert werden.

Abbildung 1 Drei Beispiele energetisch relevantermolekularbiologischerMechanismen, die imHinblick auf techni-sche Modellsystemeentwickelt wurden.

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Beispiele sind die Feder- und Pelzkleider vielerTiere, die winzigste Lufträume einschließenund dynamisch einstellbar sind. Ein so opti-miertes Federkleid gestattet es z. B. Kaiserpin-guinen dem arktischen Winter im Freien zutrotzen. Bemerkenswert ist auch die volle bio-logische Rezyklierbarkeit dieser Materialien, inwelchen vielfach sogar die intensivsten Farb-töne durch Mikrostrukturierung erzeugt wer-den (z. B. Tyndallstreuung, Reflexion an dün-nen Schichten). Wenn man die Umweltproble-me betrachtet, die technische Dämmstoffe oftnoch liefern (Glaswolle, Styropur, giftgetränkteZellulose) fällt die chemisch-technische Perfek-tion auf, die biologische Systeme hier schonerreicht haben. Als Beispiel sei die Rinde derSequoia genannt. Sie ist nicht nur extrem feu-erfest sondern überdauert Jahrhunderte, ohnedass Mikroorganismen oder Insekten sie zer-stören können (Abb. 2). Die Entwicklung um-weltkompatibler und hocheffizienter Wärme-dämmmaterialien ist eine wichtige Herausfor-derung für die Energieforschung.

Oxidation zu schützen. Zur Zeit wird dies miteinem Brennstoffzellenkatalysator auf Ruthe-niumbasis studiert. Durch eine chemische Mo-difikation oxidiert er nicht zu RuO2 und kanndadurch als wirksamer Sauerstoffreduktionska-talysator eingesetz werden [6]. Das eigentlicheZiel ist aber, Eisenverbindungen für die Brenn-stoffumsetzung zu erschließen.

Bionik der Wärmedämmung

Durch bionische Betrachtung von Energiestra-tegien in der Natur lassen sich leicht relevanteVorbilder für relevante Energienutzung identi-fizieren [7]. Die Natur setzt für ihre vielfältigenIsolationsaufgaben im Wesentlichen nur dreiMaterialklassen ein: Zellulose, Chitin, Keratinin Kombination mit wenigen Zusatzstoffen(Abb. 2). Es gelingt ihr aber, durch eine extrementwickelte Mikrostrukturierung eine Vielfaltvon sehr unterschiedlich funktionierenden undwirksamen Dämmmaterialien zu erzielen.

Abbildung 2HauptsächlicheMaterialklassen fürdie Wärmedämmungin der Biologie (Zellulose, Keratin,Chitin und Beispielebiologischer Anwen-dungen)

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Bionik von Oberflächen

Oberflächen spielen in der regenerativenEnergienutzung eine hervorragende Rolle, weildurch sie die Energieflüsse kontrolliert werdenmüssen. Verschiedenartige Eigenschaften vonOberflächen müssen zu diesem Zweck kontrol-liert werden. Abb. 3 zeigt wo wir von der Bio-logie noch lernen können. Als erstes Beispielsei die Selbstreinigungsfähigkeit biologischerOberflächen erwähnt. Der als "Lotuseffekt" po-pularisierte Vorgang besteht darin, dass durcheine mikroskopische Aufrauhung der Ober-fläche ihre Benetzbarkeit durch Wasser so ver-ändert wird, dass die Tropfen abrollen und da-bei Staub mitnehmen. Auch zukünftige Solar-zellen könnten solche Oberflächen besitzen.Als zweites Beispiel sei die Antireflexionsstruk-turierung von Oberflächen angeführt. Durchregelmäßige Fortsätze mit Dimensionen untereiner Wellenlänge kann man an Oberflächeneinen graduellen Übergang des Brechungs-index erzielen, was die Lichtreflexion unter-drückt. Zahlreiche Lebewesen profitieren vonsolchen Einrichtungen, sei es die Hornhautnächtlich jagender Insekten oder die Quallen,die im Meer unsichtbar bleiben möchten.

Zuviel Wärme ist nicht nur für die Photosyn-these schädlich, sondern kann auch Lebenbedrohen. Deswegen hat die Natur immerwieder versucht, die Wärme durch optimierteAbstrahlung im Infrarotbereich loszuwerden.Beispiele sind nicht nur die grünen Pflanzen,sondern z. B. auch die Eier von Möven, die imSand ausgebrütet werden. Da die Möven dieEier häufig allein lassen müssen um zu jagen,müssen sie diese selbst gegen die Sonne schüt-zen. Sie enthalten einen Farbstoff, Bilin, derWärme wirksam im Infraroten abstrahlt unddie Temperatur des Eies unter 30° C haltenkann. Experimente mit ungeschützten weißenEiern zeigen, dass ohne die Infrarotreflexion inder Mittagshitze ohne weiteres 45° C erreichtwerden können, was für die Eier tödlich wäre.Viele solartechnische Anwendungen wären vor-stellbar, denke man nur an die sich stark auf-heizenden schwarzen Armaturen unter derWindschutzscheibe des Autos.

Die Natur hat selbstverständlich auch die transparente Wärmedämmung entdeckt undbei vielen Lebewesen, vor allem im hochalpi-nen und arktischen Bereich, eingesetzt. Reali-siert wird sie meistens über durchsichtige oderweißliche feine Härchen, die das Lichteinkop-peln lassen und es streuen, durch das Festhal-ten kleinster Lufträume den Abfluss von Wär-me aber wirksam unterbinden. Ein Beispiel sinddie wie Wattekneuel aussehenden Weidekätz-chen, die sich sehr früh im Jahr entwickeln. Bei der arktischen Weide, die auf Spitzbergengedeiht und wegen der harschen Witterungs-verhältnisse so klein ist, dass sie nur wenigeZentimeter über dem Permafrostboden dahin-kriecht, ist die transparente Wärmetechniknoch weiter entwickelt worden. Die gesamteWeide überzieht sich mit einem Flaumteppich,der die Lufträume stabilisiert und wie eine warme Decke die gesamte Pflanze überzieht.

Abbildung 3 Beispiele energierele-vanter Oberflächen-technologie bei biolo-gischen Systemen: a) Selbstreinigung, b) Antireflexion und c) Infrarotabstrahlung

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auftreffende Sandteilchen. Dass Wachsbelegedauerhaft, d. h. 20-30 Jahre schützen könntenbeweisen bereits die römischen Fresken. Siesind in Pompeii heute noch vielfach durch dieursprüngliche dünne Wachsschicht geschützt,die einst aufgetragen worden ist. Ebenso könn-ten in vielen Fällen photovoltaische Zellendurch solche billigen Wachsschichten geschütztund im Notfall auch repariert werden. Daszweite Beispiel betrifft die Mobilisierung hy-draulischer Kräfte durch solare Wasserverduns-tung aus Kapillaren. Immer wieder wird dieReinigung, Bereitstellung und Entsalzung vonWasser als eine politische Zukunftsaufgabe dargestellt, von der einmal Krieg und Friedenabhängen könnten. Die Natur hat die techno-logischen Herausforderungen durch das Wasserbereits längst zufriedenstellend bewältigt. Inder Natur wird über die Wasserverdunstungaus Kapillaren mehr Solarenergie umgewandelt

Bionik solarer Energie-systeme: ein Weg zu wichti-gen Innovationen

Aus der Vielzahl bionischer Vorbilder für die solare Energienutzung seien hier drei Beispieleausgewählt, welche der Menschheit wesentli-che technologische Innovationen liefern könn-ten (Abb. 4). Das erste Beispiel betrifft dieVersiegelung photovoltaischer Systeme. Es isterwiesen, dass die Verpackung unserer techni-schen Solarzellen rund ein Drittel des Kaufprei-ses verschlingt. Bekanntlich verpackt die Naturnicht mit Glas und Aluminium sondern nutztWachs. Sie schützt mit Wachs Blätter und Na-deln, Kaktusoberflächen und viele Früchte,aber auch Insekten. Wachs schützt nicht nurvor Feuchtigkeit, sondern erlaubt auch Infra-rotreflexion oder schützt vor Abrasion durch

Abbildungen 4Drei Beispiele mögli-cher Zukunftstechno-logien für die solareEnergieumwandlung:a) Wachsverpackungvon Solarzellen, b) ultradünneWärmekollektoren, c) Wassertransportund Meerwasserent-salzung über solareVerdunstung durchMobilisierung kohe-siver Kräfte inWasserkapillaren

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zu einem zukünftigen bionischen Produkt wirdeine radikale Veränderung des Synthesepro-zesses für das photovoltaische Material erle-ben. Abb. 5 zeigt ganz oben eine konventio-nelle Dünnschichtzelle mit gut kristallisiertenHalbleiterschichten. Bekanntlich sind dieseSchichten zeitraubend und schwierig herzustel-len. In der Farbstoffsensibilisierungszelle, die inder Mitte von Abb. 5 dargestellt ist und dieursprünglich vom Autor als bionisches Produktfür die Ladungstrennung vom angeregtenChlorophyll konzipiert worden ist [8, 9], ist das photovoltaische Material wesentlich unpro-blematischer (Elektroneninjektion in TiO2 oderZnO, wo Elektronen Majoritätsladungsträgersind). Die Farbstoffsolarzelle ist im Wesentli-chen durch eine sehr große Grenzfläche cha-rakterisiert. Wenn man die Elektronentransfer-strukturen in der photosynthetischen Mem-bran aber konsequent berücksichtigt, müßteein weiter verbessertes und vereinfachtes bioni-sches Modell für die photovoltaische Zelle auseinem Kompositmaterial bestehen, wie es inAbb. 5 unten dargestellt ist. Ein solches Kom-positmaterial müßte aus einer lichtabsorbieren-den Komponente bestehen und aus einer elek-tronenabsorbierenden Komponente, die dasElektron so lange irreversibel zurückbehält, bises aus der dünnen (100 nm) Photovoltaik-schicht entkommt und die Kontaktelektroden(ITO auf der einen Seite und Aluminium aufder anderen) erreicht. Ein solches Kompositma-terial würde jeweils eine Elektronentransfer-kette zum Aluminiumkontakt und eine Löcher-transferkette zum transparenten Kontakt ITObereitstellen. Die Realisierbarkeit solcher Kom-positmaterial-Solarzellen ist diskutiert wordenund hat bei Gemischen von Polymeren mitFullerenen bereits Energieausbeuten von 3,2 %erreicht [10]. Konsequenterweise müßten dielichtinstabilen und wenig absorbierenden Poly-mere durch hochabsorbierende Sulfidmateri-alien ersetzt werden. Außerdem ist es notwen-dig, die Elektronendonatoren und -akzeptorenmolekular zu verbrücken, um entsprechendgünstige Elektronenübertragungen zu erzielen.

Die Natur arbeitet übrigens nicht nur mitElektronentransferketten im Zusammenhangmit der solaren Energieumwandlung sondernauch mit Protonenkreisläufen. Das heißt, siepumpt Elektronen mit Licht, erzeugt Protonen-

und genutzt (Wassertransport in Bäumen,Kühlung, Meerwasserentsalzung (Mangroven),Mobilisierung mechanischer Kräfte) als überdie Photosynthese. Diese Mechanismen sindbisher technologisch nicht erschlossen. Diehauptsächliche Herausforderung besteht in derAufrechterhaltung kohesiver Kräfte (in kapilla-rem Wasser), was eine präzise Optimierung der Kapillaroberflächen erfordern würde. Einbemerkenswertes technisches Beispiel ist dieMangrove, die im Salzwasser steht und durchden Unterdruck in den Wasserkapillaren, die die Wasserverdunstung erzeugt, das Salzwasserdurch Membrane zieht und auf diese Weiseentsalzt. Das dritte Beispiel das hier erwähntwerden sollte, sind flexible Wärmekollektorenin ultraleichter Bauweise. Schmetterlinge inkühlen Regionen (z. B. im Gebirge tropischerLänder) nutzen die Flügel als hochwirksamesolare Wärmekollektoren (in kurzer Zeit Auf-heizung auf 60° C), die die Wärme auch zumThorax leiten, wo sie für die Flugmuskulaturgebraucht wird. Die eingesetzte Material- undSystemtechnologie könnte wegbereitend fürdie Entwicklung ultraleichter flexibler Solarkol-lektoren für Wärme werden.

Wie werden bionische Ener-giesysteme, z. B. Photovoltaik-Kollektoren, aussehen?

Eine generelle Erfahrung beim Studium biolo-gischer Systeme für die solare Energieum-wandlung und -nutzung ist, dass die Natur inder Regel mehrere parallele Energietechnolo-gien entwickelt und optimiert. Es ist zu erwar-ten, dass auch künstliche solartechnologischeProdukte dieser Regel werden folgen müssen,um eine hohe Effizienz zu erzielen. Lassen Sieuns zum Abschluss darüber nachdenken, wieeine bionische photovoltaische Zelle der Zu-kunft aussehen könnte. Es ist ja bekannt, dassauch die Natur Licht in elektrische Energieumwandelt. Diese elektrische Energie aber wei-ter transformiert in chemische Produkte. Einwesentliches Element photosynthetischer La-dungstrennung ist der Transport von Elektro-nen entlang von Proteinketten, die sich selbstaneinander reihen. Die Entwicklung der photo-voltaischen Zelle vom jetzigen Marktprodukt

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Abschließend sei festgestellt, dass die Naturauf dem Gebiet solarer Energienutzung vieleVorbilder für eine sinnvolle Forschungsorien-tierung bzw. für interessante technologischeAnwendungen bereitstellt, dass aber eine fle-xible Forschungspolitik vorausgesetzt werdenmüsste, um die Chancen bionischer Forschungwahrzunehmen.

gradienten und Protonenströme, über diemechanische Arbeit (z. B. Flagelarotation beiBakterien) bzw. chemische Produkte (z. B.Adenosintriphosphat) bereitgestellt werden. In Analogie zu solchen natürlichen Beispielen(wie bei Halobakterium halobium) könntenauch photovoltaische Zellen entwickelt werdenin denen das Licht nicht Elektronen sondernProtonen bewegt. Die grundlegenden Kon-zepte dazu sind in einer anderen Arbeit disku-tiert worden [11].

Abbildung 5KlassischeDünnschichtsolarzelle(a), verglichen mitInjektionssolarzellen(b) und Komposit-solarzelle als mögli-ches photovoltaisch-bionisches Produkt

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Millimeter!) im Quadratmetermaßstab be-schichtet werden. Besonders hervorzuheben istdas hohe Kostenreduktionspotenzial und dieWirtschaftlichkeit durch:

• großflächige automatisierbare Herstellungsverfahren

• hohes Wirkungsgradniveau und hohe Lebensdauer

• geringen Material- und Energieeinsatz• geometrisch und elektrisch anpassbare

Modulformen für: - einfache Geräte- und Gebäudeintegration - Kleinst- und Großflächenanwendungen

• hohe Strahlungsresistenz bei Weltraumanwendungen [1]

2. Dünnschichtsolarzellen

Unter den derzeit industriell relevanten Dünn-schichttechnologien, basierend auf den Halb-leitermaterialien amorphes Silizium (a-Si) [2],Kadmiumtellurit (CdTe) [3] oder Kupferindium-diselenid (CIS oder CIGS), hat die CIS-Techno-logie mit knapp 19% für Solarzellen das höch-ste Wirkungsgradpotenzial. Durch intensiveEntwicklungen konnte die Qualität in der Ver-gangenheit immer mehr gesteigert werden(Abb. 1).

Für Module liegen die Spitzenwirkungsgradeaufgrund von Verschaltungsverlusten und tech-nologisch bedingten Inhomogenitäten, etwasniedriger. In Tab. 1 sind die aktuellen Spitzen-wirkungsgrade von CIS-Modulen nach derGröße sortiert aufgelistet. Die Spitzenwirkungs-grade für Module haben inzwischen Werteerreicht, die durchaus mit Werten von polykri-stallinem Silizium aus der Produktion vergleich-bar sind. Für die Zukunft ist wichtig, daß auchgezeigt wird, daß unter industriellen Randbe-dingungen und hohen Stückzahlen diesesQualitätsniveau mit hoher Ausbeute gehaltenwerden kann.

Überblick:

Vor ca. 20 Jahren begann die Entwicklung vonCIS-Dünnschichtsolarzellen an der UniversitätStuttgart. Die lichtabsorbierende Schicht be-steht bei diesem Solarzellentyp aus den Elemen-ten Kupfer (Cu), Indium (In), Gallium (Ga) und Selen (Se) (kurz CIS oder CIGS). Im Laborkonnten auf kleinen Flächen (< 1 cm2) Wir-kungsgrade über 18% demonstriert werden.Nachdem dieses hohe Wirkungsgradniveau,das erstmals Dünnschichtsolarzellen in die Re-gion der polykristallinen Silizium-Wafertechno-logie brachte, erreicht war, begann vor 6 Jahrendie Umsetzung dieser Technologie auf größereFlächen mit industriellen Herstellungsverfahrenam Zentrum für Sonnenenergie und Wasser-stoff-Forschung (ZSW), Stuttgart. Ein wichtigerMeilenstein der Entwicklung war, daß es ge-lang die Ko-Verdampfung der Einzelelementeim Hochvakuum auf große Flächen in einem industriellen Durchlaufprozess zu realisieren. Am ZSW wurden 30 cm x 30 cm große CIS-Solarmodule mit Spitzenwirkungsgraden vonknapp 13% und mittleren Wirkungsgraden vonüber 11% hergestellt. In einem zweiten Schrittwurden die Herstellungsprozesse auf die Größe120 cm x 60 cm aufskaliert. Mitte des Jahres2000 ging bei der Firma Würth Solar eine Pi-lotproduktion für CIS-Module nach dem ZSW-Verfahren in Betrieb.

1. Einleitung

Solar erzeugte elektrische Energie kann in netzfernen Anwendungen heute mit konven-tioneller Energie konkurrieren. Insbesondere für netzgekoppelte Anwendungen ist aber einedrastische Kostenreduktion zur massiven Markt-einführung erforderlich. Dünnschichtsolarmo-dule haben langfristig ein sehr hohes Kostenre-duktionspotenzial. Dünnschichttechnologiebedeutet, dass kostengünstige Träger (z. B.Fensterglas) mit den elektrisch aktiven Materi-alien (Schichtdicken nur einige tausendstel

CIS-Dünnschichtsolarmodule

Dr. M. PowallaZSW

[email protected]

Dipl.-Ing.Bernhard Dimmler, Dipl.-Ing.Karl-Heinz GroßWürth Solar GmbH

Ludwigsburgerstr. 100

D-71672 Marbach

am Neckar

[email protected]

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Tabelle 1Spitzenwirkungs-grade von CIS-Modulen (Zeile 1:Zellwirkungsgrad).

Abbildung 1Entwicklung derWirkungsgrade vonDünnschichtsolarzellenaus CIS, CdTe, a-Si imLabormaßstab welt-weit.

Abbildung 2Draufsicht undPrinzipschnittbild vonCIS-Dünnschichtso-larmodulen. Durch diein den Herstellungs-prozeß integriertenStrukturierungspro-zesse (P1, P2, P3)wird eine elektrischeSerienverschaltungder Einzelzellen, dieals ca. 6 mm breiteStreifen ausgeführtwerden, realisiert.(EVA: Verkapselungs-masse)

Material Modulfläche Wirkungsgrad Jahr Labor/Firma Bemerkung

CIGS (16,1) 1998 ZSW [4] Industrielle Prozesse

CIGS 14 15,1 2000 ZSW 0,25 mm Substrat

CIGS 16 16,6 2000 ÅSC (S) [5] Labor batch

CIGS 18,9 14,7 1999 Siemens [6] Selenisierung

CIGS 736 12,7 1999 ZSW [4] Ko-Verdampfung

CIGSeS 864 12,5 2000 Showa Shell (J) [7] Selenisierung, Cd-frei

CIGSeS 3651 12,1 1999 Siemens (USA) [8] Selenisierung

[cm2] [%]

monolithisch hergestellter Kontakt

Glas

EVA

ZnO:Al

i-ZnO

Cds

ClGS

Mo

Glas

Jahr

18

16

14

12

10

8

6

41975 1980 1985 1990 1995

Wirk

ungs

grad

[%

]

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zum Modul erfolgt mit einem vollautomatisier-ten x-y-Tisch, wobei entweder mit einem Nd-YAG-Laser oder einem mechanischem Meißelgearbeitet wird. Die Abscheidung der CdS-Schicht erfolgt in einem chemischen Bad.

3. Aufbau von CIS-Dünnschichtsolarmodulenund Technologie

Für die Herstellung einer CIS-Solarzelle werdeninsgesamt fünf verschiedene Schichten nach-einander aufgebracht. Diese Schichten werdenmehrfach strukturiert, so daß einzelne Zellenelektrisch in Serie verschaltet werden und einphotovoltaischer Generator mit wählbarer Aus-gangsspannung entsteht. Schließlich werdenan den zwei äußeren Zellen Kontakte montiertund das Rohmodul zum Schutz vor Umwelt-einflüssen mit einem Deckglas versiegelt. DasEndprodukt entsteht somit vom Rohglas biszum fertigen Solarmodul in einem geschlos-senen Fertigungsablauf. In Abb. 2 ist der Schnittdurch ein CIGS-Modul gezeichnet. Beispielhaftist die serielle Verschaltung zweier Einzelzellen,die in der Regel ca. 6 mm breit sind, schema-tisch dargestellt. Die Gesamtdicke der Schich-ten beträgt nur etwa 4 µm. Die einzelnenFertigungsschritte sind in ihrer Reihenfolge inTab. 2 aufgelistet.

Am ZSW wurden zur Herstellung der Halblei-terschicht Cu(In,Ga)Se2-Schicht und der Kon-taktschichten (Mo, ZnO:Al) Durchlaufverfahren(Fließbandbeschichtung) entwickelt. Im Falleder Sputtertechnik konnte auf kommerziellerhältliche Komponenten zurückgegriffen wer-den. Hingegen wurden zur Realisierung dergroßflächigen thermischen Ko-Verdampfungvon CIGS Linienverdampfer-quellen neu ent-wickelt. Das Prinzip ist in Abb. 3 dargestellt.Die Strukturierung zur Verschaltung der Zellen

Tabelle 2Prozessschritte fürCIS-Module

Abbildung 3Anlagendesign: Zur Herstellung vonCIGS, Mo und ZnO-Schichten wurden amZSW Prozesse mitkontinuierlichemSubstrattransport entwickelt.

Beschreibung Standardverfahren

Fensterglas 2-4 mm, Reinigung, Zuschnitt,Kantenbearbeitung

DC-Magnetron-Sputtern von Molybdän

ND-YAG1-Laserstrukturierung

Thermisches Ko-Verdampfen imDurchlaufverfahren

Chemische Badabscheidung von CdS

Mechanisches Entfernen von CIS/CdS zur Freilegung von Mo

ZnO Doppelschicht bestehend aus RF-gesputtertemi-ZnO und DC gesputtertem ZnO:Al im Durchlaufverfahren

Auftrennung der Fensterschicht durch mechanisches Ritzen

Kontakte, Glas-Glas-Lamination

Kennlinientest der Einzelmodule

Prozessschritt

Substrat

Substratvorbehandlung

Rückkontaktbeschichtung

Rückkontaktstrukturierung

CIS-Abscheidung

CdS-Abscheidung

Halbleiterstrukturierung

Fensterpräparation

Fensterstrukturierung

Modulpräparation

Test

VakuumAufheizung Beschichtung

Vakuum AtmosphäreAtmosphäre

GereinigteGlasplatten

Mehrere Sputter- bzw.Verdampfungsquellen

BeschichteteGlasplatten

1ND-YAG = Neodym-Ytterbiumaluminiumgranat

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in verschiedene Klassen, wie in Tab. 3 gezeigt,eingeteilt. Über 88% der Module hatten einenWirkungsgrad größer als 8%, was die hoheReproduzierbarkeit der Halbleiterprozesse de-monstriert. Vermeidbare Fehler kamen haupt-sächlich bei der Glasbearbeitung vor, die amZSW manuell ausgeführt wird. Abb. 4 veran-schaulicht die Prozeßstatistik der ZSW Ver-suchsfertigung. Der Mittelwert der hergestell-ten Module mit Wirkungsgraden größer als 8% lag bei 11%. Die Prozeßausbeute der Halb-leiterprozesse, insbesondere auch der CIGS-Ko-Verdampfung, lag bei deutlich über 90%.

In Abb. 5 sind einige Beispiele der am ZSWhergestellten Module gezeigt. Die Module können in weiten Bereichen sowohl geome-trisch als auch elektrisch dem Produkt ange-passt werden. Mit beschleunigten Alterungs-tests und Feldtests kann gezeigt werden, daßCIS-Module, die nach dem ZSW-Verfahren hergestellt wurden, auch unter diversenUmweltbedingungen stabil sind.

4. Eigenschaften von CIS-Dünnschichtsolarmodulen

Im Labor wurden Wirkungsgrade bis knapp 19% nachgewiesen. Kleine Module mit mehre-ren monolithisch verschalteten Zellen wurdenmit verschiedenen Herstellungsverfahren mit14 bis 17% im Technikummaßstab produziert.Wirkungsgrade bis knapp 13% für 30 cm x 30 cm Module wurden am ZSW demonstriert.

In der Fertigung erwartet man Wirkungsgradevon 10 bis 12%. Am ZSW erfolgte eine Ver-suchsfertigung von 30 cm x 30 cm Modulen,um eine hohe Prozeßstabilität nachzuweisen.Es wurden 108 Module ohne Unterbrechunggefertigt. Die Module wurden anschließend

Tabelle 3 Ausbeute bei der ZSW Versuchs-fertigung und Spezi-fikation nach ver-schiedenen Klassen

Abbildung 4 Wirkungsgradver-teilung der ZSW Ver-suchsfertigung. Eswurden 108 Module (30 cm x 30 cm)ohne Unterbrechunggefertigt. Die Wir-kungsgrade wurdenvor der Verkapselungvermessen.

Abbildung 5Beispiele einiger kun-denspezifischer CIS-Module.

Spezifikation, Wirkungsgrad [%] Anzahl der Module Ausbeute [%]

Klasse A 10 bis 13 63 74,1

Klasse B 8 bis 10 12 14,1

Klasse C 0 bis 8, keine sichtbaren Fehler 2 2,4

Klasse D gebrochen oder zerkratzt 8 9,4

Effiziens [%]

Zah

l der

Mod

ule

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6. Umsetzung der CIS-Technikin eine industrielle Fertigung

Historische EntwicklungBereits seit den siebziger Jahren ist am Institutfür Physikalische Elektronik der UniversitätStuttgart (IPE) begonnen worden, Materialienhinsichtlich ihrer Eignung für Dünnschicht-Solarzellen zu erforschen und Verfahren zuihrer Herstellung zu erarbeiten. Seit den früh-en achtziger Jahren wird das MaterialsystemCu(In,Ga)(Se,S)2 intensiv untersucht. Nach er-folgreicher Entwicklung der Technologie im La-bor wurde diese Technik auf Module mit Grös-sen bis 30 cm x 30 cm Anfang der neunzigerJahre an das ZSW transferiert und für eine kom-merzielle Fertigung weiterentwickelt. Im Jahre1998 konnte erstmalig ein Modulwirkungsgradvon über 10% realisiert werden, der inzwischenauf nahezu 13% gesteigert werden konnte.Schwerpunkte der Arbeiten am ZSW waren die Entwicklung einer großflächigen Beschich-tungstechnik, die Optimierung fertigungsrele-vanter Randbedingungen wie Reproduzierbar-keit bzw. Prozeßausbeute sowie die Entwick-lung der Modultechniken von der elektrischenVerschaltung durch entsprechende Strukturie-rungsschritte bis zur Verkapselung. Im Jahre1998 entschied die UnternehmensgruppeWÜRTH, die Technik des ZSW aufzugreifen

und zunächst in einer Pilotlinie weiterzuent-wickeln. In der ersten Phase wird die Technikauf Modulgrößen bis 60 cm x 120 cm erwei-tert. In der zweiten Phase werden die Prozessesoweit optimiert, daß schrittweise in einen Fer-tigungsbetrieb übergegangen werden kann.Die zeitliche Entwicklung der Aufskalierung istin Abb. 7 veranschaulicht.

5. Innovationen

Neben dem Basisprozeß der Module, die alsGlas/Glas-Laminat ausgeführt werden, gibt esNeuentwicklungen, bei denen das Glassubstratdurch flexible und/oder extrem leichte Materia-lien ersetzt werden soll. Das Trägermaterialbesteht dann aus einer Kunststofffolie oder ausMetallfolien. Dies hat zum einen den Vorteildaß mit "Rolle-zu-Rolle"-Beschichtungsverfah-ren die Herstellungskosten weiter gesenkt wer-den können, zum anderen können neue An-wendungen für die Photovoltaik (PV) erschlos-

sen werden. In Abb. 6 ist ein Prinzipbild einesflexiblen Moduls gezeigt. Um eine elektrischeVerschaltung der Einzelzellen auf einem leit-fähigen Substrat zu ermöglichen, muß zunächsteine elektrisch isolierende Schicht auf das Sub-strat aufgebracht werden [9]. Im Falle vonKunststofffolien muß die maximale Depositions-temperatur bei der CIGS-Abscheidung von550°C deutlich gesenkt werden. In der Ent-wicklung sind auch Verkapselungsverfahrenwie Folien- oder Lackverkapselung für flexibleModule. Wichtig zur Verschaltung der Moduleist, daß die Substrate keine zu große Rauhig-keit aufweisen, da sonst Kurzschlüsse in derZelle und bei der Verschaltung entstehen. Die mechanische Strukturierung muß durchLaserstrukturierung oder fotolithografischeMethoden ersetzt werden.

Auf Metallfolien wurden am ZSW erste Zellenmit bis zu 13% Wirkungsgrad hergestellt, beidenen es auch gelungen ist, eine serielle elek-trische Verschaltung monolithisch zu realisieren.

FrontkontaktZnO 1 µm

FlexibleVerkapselung

Puffer-SchichtCdS0,05 µm

AbsorberCulnSe2

2 µm

Zwischen-schicht

Rückkontakt Mo1 µm

FlexiblesSubstrat

Abbildung 6 Prinzip eines flexiblenModuls.

Abbildung 7Entwicklungssze-nario für CIS-Dünnschichtsolar-module in Baden-Württemberg

DiffusionsbarriereIsolation

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In Abb. 9 ist in einer 180°-Ansicht das ehemali-ge Turbinen/Generatoren- Haus des Kraftwerk-es und die CIS-Fertigungsstätte von außen zusehen. Die eigentliche Rohmodulfertigung istin einem Reinraum mittlerer Klasse im gegenü-berliegenden Teil in Bildmitte untergebracht,Montage und Test der verkapselten Modulebefinden sich hinter der Fassade im rechtenBildausschnitt. Infrastruktur und Lagerbereichegliedern sich in den Ebenen darunter bzw. darüber.

Stand und PerspektivenGrundsätzlich wurden die Technologien wie sieam ZSW für die Herstellung von CIS-Modulenangewandt werden (vgl. Kap. 3) weitgehendübernommen. Alle Prozeßschritte wurden füreine Modulgröße von 60 cm x 120 cm ausge-legt. Sämtliche Beschichtungsprozesse wurdenim sogenannten Inline-Verfahren konzipiertund umgesetzt. Alle Schritte vom Glaswaschenbis zum verkapselten Modul sind automatisiertund teilweise jetzt schon miteinander verknüpft.Mit diesem Konzept soll ein in sich geschlosse-ner und automatisierter Betrieb unter realisti-schen Fertigungsbedingungen gefahren wer-den, um die technischen Randbedingungen fürdie erfolgreiche Überführung in die Massenfer-tigung mit einer Jahreskapazität im "Zig-Mega-watt"-Bereich endgültig zu klären. Nach derKonzeptions- und Planungsphase im 1. Halb-jahr und Baubeginn im August 1999 konntendie ersten Fertigungsanlagen bereits im De-zember installiert werden. Im Laufe des erstenQuartals 2000 wurde die Anlagentechnik ver-vollständigt und in Betrieb genommen. Im Maiwurden die ersten vollständigen Prozeßsequen-zen gefahren. Im Augenblick sind alle Prozeß-

Die kommerzielle Herstellung und der Vertriebvon CIS-Modulen mit hohen Qualitäts- undZuverlässigkeitsstandards ist für die zweiteJahreshälfte 2000 geplant. Wenn alle techni-schen Randbedingungen in der Pilotlinie ge-klärt sind, wird der Aufbau einer Massenferti-gung rasch erfolgen. Es ist davon auszugehen,daß ab August 2000 CIS-Module aus Marbacham Neckar vertrieben werden. Das Unterneh-men Würth Solar GmbH & Co. KG als Tochter-unternehmen der Adolf Würth GmbH & Co.KG mit Beteiligung der EnBW AG, des größtenbaden-württembergischen Energieversorgungs-unternehmens und des ZSW wurde im Frühjahr1999 mit dem Zweck gegründet, die CIS-Technik in die Massenfertigung zu überführen,CIS- Module herzustellen und zu vertreiben. InAbb. 8 ist die Unternehmensstruktur der WürthSolar GmbH & Co. KG dargestellt. Die Prozent-angaben beziehen sich auf die jeweiligen An-teile am Unternehmen.

Die Produktionslinie wurde in ein stillgelegtesKraftwerk der EnBW in Marbach am Neckar beiStuttgart integriert.

Abbildung 8Unternehmensstrukturder Würth SolarGmbH & Co. KG.

Abbildung 9180°-Ansicht derMaschinenhalle desstillgelegtenDampfkraftwerkes derEnBW in Marbach amNeckar mit der darinintegrierten CIS-Pilotfertigung vonWürth Solar.

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FVS Themen 2000Dr. Ing. Michael Powalla • CIS-Dünnschichtsolarmodule

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schritte für sich und in der Verkettung in derersten Optimierungsphase. Die ersten funkti-onsfähigen Module werden im Juli hergestelltwerden, so daß die ersten Serien mit Qualitätvoraussichtlich im August 2000 vom Band lau-fen können. Der angestrebte Modulwirkungs-grad ist für das Jahr 2000 mindesten 8%; fürdie Fertigung im Jahr 2001 wird der mittlereModulwirkungsgrad voraussichtlich auf über10% steigen. Neben der Produktqualität und–zuverlässigkeit stehen zunächst die Optimie-rung der Prozeßausbeuten und Geschwindig-keiten im Vordergrund. Das Produktspektrumwird neben Standardmodulen mit den Maßenbis 60 cm x 120 cm vor allem kundenspezifi-sche Lösungen mit in Geometrie und elektri-schen Kenndaten produktangepassten Designsumfassen. Erste Prototypen wurden bereits inZusammenarbeit mit dem ZSW hergestellt. Die ersten Qualifizierungen sind bereits erfolg-reich abgeschlossen. Weitere Kooperationenmit Produktherstellern werden angestrebt. DerVertrieb von Standardmodulen wird über dieWürth Solergy, ein Tochterunternehmen derWürth Elektronik, als Systemlieferant ebenfallsaus Marbach a.N. abgewickelt werden.Kundenspezifische Lösungen werden vorläufigüber die Würth Solar selbst vertrieben werden.Wann die Entscheidung für den Start der Mas-senfertigung fallen wird, wird vom Fortschrittder Technik der Pilotlinie abhängen. Das bishe-rige Konzept der schrittweisen Skalierung derTechnik wird beibehalten werden, um die Markt-einführung und Etablierung der CIS-Technikauf dem PV-Markt als die im Augenblick aus-sichtsreichste Zukunftsoption für den Massen-markt erfolgreich zu gestalten.

7. Danksagung

Die Autoren danken den CIS Teams am ZSWund bei Würth Solar. Die Arbeiten werden vomBundesministerium für Bildung, Wissenschaft,Forschung und Technologie (BMBF), demBundesministerium für Wirtschaft und Techno-logie (BMWi), der Stiftung EnergieforschungBaden-Württemberg und der EuropäischenKommission gefördert.

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Abbildung 1Spektrale Empfindlich-keit von Solarzellenund PV-Modulen aufder Basis unterschied-licher Absorbermateri-alien: kristallines Sili-cium (c-Si), amorphesSilicium (a-Si), Kadmi-um-Tellurid (CdTe),Gallium-Arsenid(GaAs) und verschie-dene Kupfer-Indium-Gallium Schwefel-Selen-Verbindungen(CuInSe2, CuInS2 undCuGaSe2).

Potenziale der CuInS2-Solarzelle

Prof. M. Ch. Lux-Steiner

HMI

[email protected]

Dr. Nikolaus Meyer Dipl.-Phys. Kai Siemer

HMI

[email protected]

Prof. Martha Christina Lux-Steiner • Potenziale der CulnS2 - SolarzelleFVS Themen 2000

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überwiegend aus amorphem Silicium (a-Si:H),bedienten den Rest des Marktes. Beim kom-menden Produktionsanstieg wird erwartet, daßder prozentuale Marktanteil der kristallinenSiliciummodule sinkt. Zum einen kämpfen dieHersteller mit Lieferengpässen beim benötig-ten Reinstsilicium, wodurch Kapazitätserwei-terungen an Grenzen stoßen, und zum anderenlassen sich die Kosten der Silicium-Wafertech-nologie wegen der hohen Materialkosten auchdurch Massenfertigung nicht erheblich senken.So schätzt Sarasin [1] den Marktanteil derModule aus amorphem Silicium im Jahr 2010schon auf 30%. Da diese Module unter Stand-ardbetriebsbedingungen einen relativ niedri-gen Wirkungsgrad besitzen und eine aufwendi-ge Fertigungstechnologie erfordern, ist frag-lich, ob sie innerhalb der Dünnschichttechno-logie den Markt langfristig dominieren werden.

Erste Firmen arbeiten inzwischen am Aufbauvon Produktionslinien neuartiger, effizientererDünnschichtmodule aus Kadmium-Tellurid,auch CdTe bezeichnet (z.B. BP Solar, AntecSolar), oder aus Kupfer-Indium-Gallium-

1. Einleitung

Der Markt für Photovoltaik (PV) ist seit 20 Jah-ren durch ein starkes Wachstum gekennzeich-net. Für die kommenden 10 Jahre prognosti-ziert die Investmentbank Sarasin [1] die Fortsetzung des Wachstumskurses und eine durch-schnittliche Jahreszunahme von 17%, so daßsich der Weltmarkt bis zum Jahr 2010 auf 1000 MWp verfünffacht. Neueste Studien gehen sogar von einem globalen Marktvolu-men von 1700 MWp im Jahr 2010 aus [2]. Das starke Wachstum charakterisiert den Photo-voltaikmarkt als einen der Zukunftsmärkte, miteiner Entwicklung vergleichbar zu derjenigenim Telekommunikationsbereich. Neu anlaufen-de, staatliche Förderprogramme setzen ge-genwärtig zusätzliche Wachstumsimpulse undführen teilweise sogar zu Unterversorgungs-effekten auf dem Modulmarkt.

Im Jahr 1999 bestanden 87% der verkauftenSolarmodule aus poly- oder monokristallinemSilicium (c-Si) auf der Basis von Siliciumschei-ben (d.h. Si-Wafern). Dünnschichtmodule,

Sonnenspektrum

Wellenlänge des Lichtes λ [µm]LP

Le

istu

ngsd

icht

e P

[Wm

-2µm

-1]

Theoretisch begründete Schätzwerte für maximal erreichbare Wirkungsgrade bei einzelnen Zellen sind in Klammern beigefügt.

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solut unterlegen sind, gilt, daß die nutzbareSpannung von üblicherweise 750 mV einerCuInS2-Solarzelle über dem typischen Wert von 550 mV einer Cu(In,Ga)Se2-Solarzelle liegt.Dies bedeutet, daß bei gleicher Zellen- bzw.Modulstruktur die CuInS2-Bauelemente höhereAusgangsspannungen liefern und geringerenStromdichten unterworfen sind. Konsequenter-weise werden bei optimaler Entwicklung vonCuInS2-Bauelementen weniger thermische Ver-luste (Joule Wärme) erwartet. Zellen aus Mate-rialien mit unterschiedlicher Energielücke be-sitzen auch ein unterschiedliches Intensitäts- und Temperaturverhalten. Abb. 2 und Abb. 3zeigen den Vergleich einer CuInS2- und einerCu(In,Ga)Se2-Zelle mit Wirkungsgraden von9.5% bzw. 11% unter Standardbeleuchtungs-bedingungen für verschiedene Beleuchtungs-intensitäten und Arbeitstemperaturen. Es wirdersichtlich, daß sich ein besserer Wirkungsgradunter Standardbedingungen von Cu(In,Ga)Se2-Zellen und - Modulen, der üblicherweise zurProduktspezifikation herangezogen wird, unterden meisten realen Betriebsbedingungen

Schwefel-Selen-Verbindungen, je nach der elementaren Zusammensetzung innerhalb desSystems Cu(In,Ga)(S,Se)2 kurz als CIS, CGS,CIGS oder CIGSS benannt (z.B. Würth Solar,Siemens Solar), wobei S für Schwefel oderSelen stehen kann. Sarasin [1] schätzt für dasJahr 2010 den Marktanteil dieser Technologienvorsichtig auf 5 bis 10%, wobei die Ökotoxi-zität der beteiligten Materialien als wachstums-begrenzender Faktor angesehen wird. Bei denCuInS2-Modulen fällt dieses Argument trotzniedrigster Produktionskosten weg. Das Poten-zial dieser neuen Zellen- und Modultechnolo-gie wird hier erstmals umfassend aufgezeigt.

2. Material- undBauelementeigenschaften

Für terrestrische Anwendungen im Hochleis-tungsbereich (z.B. Gebäudeintegration) habenin der Großproduktion Solarmodule auf Basisvon hochabsorbierenden Halbleitermateria-lien wie a-Si: H, CdTe, CIS, CIGS oder CIGSSgegenüber den langjährig etablierten, mono-und multikristallinen c-Si-Modulen Vorteilebeim Material- und Energieeinsatz, ohne daßes theoretisch begründete Wirkungsgradein-bußen gibt. Für den wirtschaftlichen Erfolgwird die möglichst gute Annäherung an dietheoretischen Wirkungsgradgrenzen in derProduktion entscheidend sein.

Aufgrund ihrer spektralen Empfindlichkeit (nurLicht mit einer Energie oberhalb der materialspe-zifischen Energielücke wird absorbiert) könntenalle oben erwähnten Materialien bei genügen-der Materialdicke und Materialqualität theore-tisch [3] zirka 27 bis 30% der einfallendenSonnenenergie nutzen (Abb. 1). Je größer dieEnergielücke des Halbleiters ist, desto größerkann die Photospannung auf Kosten eines klei-neren Photostroms sein. Der Wirkungsgrad ver-hält sich aber proportional zum Produkt derbeiden photoelektrischen Größen.

Obwohl die CuInS2-Solarzellen mit einer Ener-gielücke über 1,5 eV beim gegenwärtigen Entwicklungsstand den Wirkungsgraden vonCu(In,Ga)Se2 mit Energielücken unter 1,3 eVunter Standard-Bedingungen (100 mW/cm2

AM1.5 Beleuchtung bei 25°C) etwa 2% ab-

Cu(In, Ga)Se2

CuInS2

Intensität (AM 1.5=100%)W

irkun

gsgr

ad (

%)

0,1 1 10 100

12

10

8

6

4

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0

Cu(In, Ga)Se2

CuInS2

Betriebstemperatur (°C)

Wirk

ungs

grad

(%

)

20 40 60 80

12

10

8

6

4

2

0

Abbildung 2Beleuchtungsab-hängiges Verhaltendes Wirkungsgradsvon CuInS2-Solarzel-len im Vergleich zuCu(In,Ga)Se2-Solar-zellen bei schwachenIntensitäten.

Abbildung 3Temperaturverhaltendes Wirkungsgradsvon CuInS2-Solarzel-len im Vergleich zuCu(In,Ga)Se2-Solar-zellen (TypischeBetriebstemperaturunter Sonnenein-strahlung sind 45 bis 55°C).

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3. Innovationsgehalt

CuInS2-Solarmodule zeichnen sich gegenüberden konkurrierenden Produkten aus kristalli-nem Silicium und Cu(In,Ga)Se2 durch geringe-re Herstellungskosten, höhere und stabilereSpannungsabgaben und die Verwendungnicht-toxischer Stoffe aus. Nachteilig sind dieerreichten geringeren Wirkungsgrade unterStandardbedingungen.

Während die Herstellung und Verarbeitung desSiliciums einen aufwendigen Produktionspro-zeß verlangt, der über 20 Einzelschritte umfaßt,können zur Herstellung von CuInS2-Solarmo-dulen einfache Verfahren der Glasbeschichtungeingesetzt werden und die Anzahl der Prozeß-schritte um etwa ein Drittel reduziert werden.Zusätzlich führen kurze Prozeßzeiten von weni-gen Minuten, Prozeßtemperaturen unterhalb600°C als auch die Materialersparnis hinsicht-lich Einsatzmenge bzw. Materialverschleiß zurKostenreduktion. Aber auch beim Vergleich zurProduktion von Cu(In,Ga)Se2-Modulen werdendeutliche Kostenvorteile für das CuInS2-Bauele-ment deutlich. Gründe dafür sind: (1) Der Ein-satz von Schwefel statt Selen führt zu niedrige-ren Rohstoffkosten, kürzeren Prozeßzeiten undweniger Prozeßschritten (kein Na-Effekt, keinGa), (2) die Cu-reiche Präparation bringt höhe-re Prozeßausbeuten und (3) die hohe Photo-spannung verlangt weniger Serienverschaltun-gen und reduziert die elektrischen Verschal-tungsverluste, wie auch die Schichtdicken derMo- und ZnO-Elektroden. Die flächenbezoge-nen Herstellungskosten von CuInS2-Modulensind dadurch etwa 20% niedriger als beiCu(In,Ga)Se2-Modulen.

(Schwachlichtverhalten oder hohe Arbeits-temperaturen) relativiert. Betrachtet man eine mittlere jährliche Sonneneinstrahlung in unse-rer Region und berücksichtigt die wichtigstenphysikalischen Effekte basierend auf dem Unter-schied der Energielücke, so liefert ein 9.5%CuInS2-Modul in der Tat den gleichen Ener-gieeintrag wie ein 11% CuInSe2-Modul glei-cher Fläche.

Konventionelles kristallines Silicium muß ohneein besonderes zusätzliches Lichteinfangskon-zept mehr als ein Zehntel Millimeter dick sein,um in seinem spektral empfindlichen Bereichdie Solarstrahlung möglichst maximal zu ab-sorbieren. Alle anderen wettbewerbsfähigenMaterialien (Abb. 1) sind hochabsorbierendund brauchen dazu aufgrund ihres stärkerenoptischen Absorptionsvermögens nur etwa einTausendstel Millimeter dick zu sein. Dies be-deutet eine Materialreduktion um zwei Größen-ordnungen, deutlich geringere Reinheitsanfor-derungen und niedrigere Prozeßtemperaturenbei der Fertigung. Daraus ergibt sich vor allemdie Möglichkeit der kostengünstigeren, inte-grierten seriellen Verschaltung von Zellen zuModulen auf preiswerten Glassubstraten. Abb. 4 zeigt die schematische Darstellung ei-nes solchen hochabsorbierenden CuInS2-Mo-duls im Querschnitt. Die Verschaltung erfolgtdurch mechanisches oder optisches Struktu-rieren einzelner Schichtpakete innerhalb derDepositionsfolge Rückkontakt/Absorbermate-rial/Fenstermaterial. Ein Modul, wie in Abb. 4skizziert, liefert dann summarisch über die ein-zelnen Zellenspannungen einige Volt Gleich-spannung am Modulausgang.

Abbildung 4CuInS2-Dünnschicht-Module, die durchintegrierte Verschal-tung einzelner Zellenauf kostengünstigenSubstraten wie Glashergestellt werden.

(b) Rasterelektronen Mikroskopie-Ausschnitt einer Bruchkante (CuInS2-Schichtdicke 1,5 µm).

(a) schematischer Querschnitt

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weitgehend formvariable Modulaufbau bei den Dünnschichtkonzepten, d.h. auch bei denCuInS2-Modulen, ein hohes Maß an künstleri-schen Gestaltungsmöglichkeiten bei aller Artvon terrestrischen Anwendungen. Außerdemweisen sich die Cu(In,Ga)Se2 und CuInS2-Bau-elemente durch eine extrem hohe Strahlungs-resistenz aus. Sie ist um zwei Größenordnungenbesser als bei kristallinem Silicium, eine wichtigeEigenschaft für Weltraumanwendungen.

4. Marktpotenzial

CuInS2-Solarzellen liefern einen Energieer-trag, der auf dem gleichen Niveau liegt wieder anderer Dünnschichtsolarzellen (z. B. a-Si,Cu(In,Ga)Se2). Sie heben sich jedoch durchihre geringen Herstellungskosten und ihre her-ausragende Umweltbilanz von konkurrieren-den Solarzellentypen ab.

Zur Bestimmung des Marktpotenzials vonCuInS2-Solarzellen wurde eine Kostenrechnungdurchgeführt, mit der eine mögliche Großpro-duktion von Solarmodulen nach dem im Abb. 4gezeigten Modulaufbau bewertet wurde. Umdie Herstellungskosten mit denen anderer Mo-dultypen zu vergleichen (Abb. 5), wurden die-se auf die Leistung bezogen, welche die Mo-dule bei optimaler Sonneneinstrahlung abge-ben (Maßeinheit: DM/Wp mit Wp = Wattpeak) [4]. Im Vergleich zu den marktbeherr-schenden Solarmodulen aus mono- oder poly-kristallinem Silicium (mono-Si, poly-Si) liegendie Kosten von CuInS2-Modulen über 50%niedriger. Dieser Kostenvorteil ist auf eine Pro-duktionsmenge von 10 MWp bezogen und

Im Vergleich zu anderen Dünnschichttechno-logien wird in der Herstellung von CuInS2-Mo-dulen der Einsatz toxischer Stoffe weitestge-hend vermieden. Im Gegensatz zu CdTe-Mo-dulen enthält der CuInS2-Absorber das Schwer-metall Kadmium nicht. Seit einigen Jahren ar-beitet das Hahn-Meitner-Institut in Koopera-tion mit externen Entwicklungsabteilungen inForschung und Industrie an der Entwicklungeiner vollständig Cd-freien Cu(In,Ga)(S,Se)2-Technologie. Es steht nun fest, daß in der Fabri-kation von Cu(In,Ga)Se2-Modulen auf die eta-blierten Cd-Prozesse ohne Wirkungsgradein-buße verzichtet werden kann. Anders als inCu(In,Ga)Se2-Modulen wird in CuInS2-Bauele-menten auch Selen nicht verwendet, das inelementarer Form als gesundheitsgefährdendeSubstanz bei der Modulproduktion zu hohenSicherheitsaufwendungen führt. Ferner wirdbei der CuInS2-Herstellung auf den Einsatz gif-tiger Gase (H2S, H2Se) verzichtet.

Trotz Wirkungsgradrückstand im Vergleich zu den hocheffizienten Solarzellentypen wie c-Si oder Cu(In,Ga)Se2 bringt CuInS2 mit dergrößeren Bandlücke folgende drei Vorteile mitsich: (i) stabilere Energieabgabe durch kleine-ren Temperaturkoeffizienten (Abb. 3) bei Mo-dulerwärmung, die zwangsläufig bei Sonnen-einstrahlung gegenüber der Umgebungstem-peratur auftritt, (ii) niedrigere Energieverlustebei der Verschaltung einzelner Solarzellen zumModul und der Verbindung der Module mitdem Verbraucher aufgrund geringerer Strom-dichten für die Leistungsübertragung und (iii) geringere Wirkungsgradverluste gegenüberden spezifizierten Standardwerten bei Anwen-dungen im Außenbereich in den Vor- undNachmittagsstunden sowie bei Bewölkung, da das Licht unter diesen Beleuchtungsver-hältnissen eine günstigere Spektralverteilungfür CuInS2 besitzt.

Da die gleichmäßig schwarzen Oberflächender Cu(In,Ga)(S,Se)2-Module Ähnlichkeit mitNatursteinelementen besitzen und unauffälligin Fassaden und Dächer zu integrieren sind,eignen sich diese Module besonders für dieästhetischen Aspekte der Architektur. Wäh-rend c-Si-Module aus der Wafertechnologieüber den Einsatz einzelner, kleinteiliger Silici-umscheiben definiert werden, ermöglicht der Modultyp

Her

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[DM

/ W

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Produktionsmenge: 10 MWp / JahrAbbildung 5Herstellungskostenvon CuInS2-Modulen(CIS) und konkurrie-renden Typen(Produktionsmenge:10 MWp/a) basierendauf Studien undPrognosen [4].

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stiger. Außerdem wird anders als bei anderenTechnologien bei CuInS2-Modulen der Einbautoxischer Substanzen wie Blei, Kadmium oderSelen weitgehend vermieden. In der Ökobilanzergibt sich daher eine Toxizität, die niedrigerliegt als bei Modulen aus kristallinem Siliciumund bei Dünnschichtmodulen aus Cu(In,Ga)Se2

und CdTe. CuInS2-Solarmodule können damitnicht nur der emissionsarmen Energieerzeu-gung dienen, sondern schonen auch bei derHerstellung und Entsorgung die Umwelt. Die ökologische Unbedenklichkeit, deren Feh-len als Wachstumshindernis für andere Dünn-schichttechnologien gesehen wird [1], ist beiCuInS2-Modulen damit gegeben.

In den meisten Anwendungsfeldern der Photo-voltaik ist der Modulpreis eine der wesentlich-en nachfragebestimmenden Größen. Für diekostengünstigen CuInS2-Module ist daher mitsehr guten Absatzchancen zu rechnen. WeitereAbnahmekriterien ergeben sich aus der genau-eren Betrachtung der Marktsegmente [1].29% der 1999 verkauften Module waren fürDach- und Fassadensysteme in Industrielän-dern bestimmt. In der Architektur spielt ne-ben den Kosten einer Solaranlage ihr Aussehen eine entscheidende Rolle. Mit ihrer homoge-nen, anthrazitfarbenen Oberfläche lassen sichCuInS2-Module unauffällig in Bauwerke inte-grieren. Aber auch eine Einfärbung von

steigt bei größeren Mengen weiter an. Ursachesind die eingesetzten Beschichtungstechnikenund der reduzierte Bedarf an Halbleitermaterial,der mit dem Aufbau des CuInS2-Moduls alsDünnschichtmodul einhergeht. CuInS2-Modulebesitzen auch gegenüber anderen Dünnschicht-technologien Kostenvorteile. Bereits bei einerProduktionsmenge von 1 MWp liegen die Her-stellungskosten fast 20% niedriger als beimverwandten Material Cu(In,Ga)Se2. Im Vergleichzu Solarmodulen aus amorphem Silicium (a-Si)und Kadmiumtellurid (CdTe) liegen die Kostensogar fast 30% niedriger. Damit besitzen CuInS2-Module das Potenzial, photovoltaische Energiezu konkurrenzlos günstigen Preisen erzeugenzu können.

In der Ökobilanz von CuInS2-Modulen, dievom Institut für Technischen Umweltschutzder TU Berlin angefertigt wurde, zeigt sich dieStärke der CuInS2-Technologie in der Energie-bilanz (Abb. 6, 7) und der Ökotoxizität. DieEnergierücklaufzeit [5] – d.h. die Zeit, die einSolarmodul genutzt werden muß, bis die zuseiner Herstellung eingesetzte Energie der pho-tovoltaisch erzeugten entspricht – liegt danachunter zwei Jahren und beträgt nur rund einDrittel der Zeit von Solarmodulen aus kristalli-nem Silicium (mono-Si, poly-Si). Im Vergleichzu Dünnschichtmodulen aus amorphem Sili-cium ist die Energierücklaufzeit über 40% gün-

Sonstiges (Gase, Kühlwasser etc.)

Glas

Rückkontakt (Glaswäsche, Barriere, Mo)

Precursor

Schwefeln/ Selenisieren

Schwefel-/ Selengewinnung

CBD (CdS, KCN)

ZnO

Strukturieren & Schneiden

Verkapseln

Energierücklaufzeit: CuInS: 16 Monate

(800 kWh Jahresertrag) Cu(In,Ga)Se: 20 Monate

Eingesetzte Energie (kWh

CuInS2

Cu(In, Ga)Se2

0 100 200 300 400 500 600

Abbildung 6Energierücklauf-zeiten von CuInS2-und Cu(In,Ga)Se2-Anlagen bezogen auf eine 1kW PV-Anlage aus CuInS2-Modulen (η=9,5%)bzw. Cu(In,Ga)Se2-Modulen mit (η= 11%).

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FVS Themen 2000Prof. Martha Christina Lux-Steiner • Potenziale der CulnS2 - Solarzelle

In Vorbereitung zur industriellen Umsetzunggründet sich in 2001 die Firma Berlin Solar(Arbeitstitel) aus. Sie wird mit der Hochskalie-rung der Technologie auf größere Flächen be-ginnen mit dem Ziel, innerhalb der nächsten 4 bis 5 Jahre die ersten großflächigen CuInS2-Module auf den Markt zu bringen, um in 2010 die Serienproduktion zu etablieren.

6. Zusammenfassung undAusblick

Der Photovoltaikmarkt steht mit der stetigansteigenden Nachfrage an einem Wende-punkt: Die Dünnschichttechnologien, die inder Wissenschaft seit langem große Beach-tung finden, treten in den kommerziellenWettbewerb zur Silicium-Wafertechnologie ein. Ihr Wachstumspotential ist gewaltig.

Für eine innovative Modulproduktion auf derBasis von CuInS2 mit seinen hier vorgestelltenPotenzialen bestehen dabei exzellente Markt-chancen. Die CuInS2-Technologie hat im Laborihre Vorzüge bereits bewiesen: ein hoher Ener-gieertrag bei niedrigen Kosten sowie eine her-vorragende Ökobilanz. Damit verspricht sieeine wettbewerbsfähige, wirtschaftliche undnachhaltige Produktionstechnologie zu wer-den. Die Phase der Pilotierung als Vorstufe zur Serienproduktion steht bevor.

CuInS2-Modulen ist technisch machbar.Weitere 18% des Marktes machen photovol-taische Kleinanwendungen (Taschenrechner,Sensoren, Campingartikel, Spielzeug etc.) aus.Bei diesen Anwendungen werden hohe Be-triebsspannungen auf kleinen Flächen und beischwankenden Beleuchtungsverhältnissen ge-fordert. Diese Qualitätsmerkmale besitztCuInS2 auf Grund seiner materialspezifischenHalbleitereigenschaften (hohe Photospannungund das günstige Schwachlichtverhalten),wodurch mit guten Absatzchancen zu rechnenist. Der Bereich der Stromversorgungsanlagenin der Dritten Welt besitzt wegen der in vielenRegionen fehlenden Stromversorgungsnetzeein besonders hohes Wachstumspotential.CuInS2-Module zeichnen sich sowohl durchihren niedrigen Preis für diesen Marktbereichaus als auch durch ihre Eigenschaft, bei hoherBetriebstemperatur, wie sie in den südlichenLändern auftritt, einen außergewöhnlich gu-ten Energieertrag zu liefern.

5. Entwicklungsstand inDeutschland

Das Hahn-Meitner Institut hat erste Kleinmo-dule (integrierte Serienverschaltung von fünfSolarzellen auf 5 x 5 cm2) auf der Basis vonCuInS2-Dünnschichtzellen mit Wirkungsgradenüber 9% entwickelt. Für die einzelnen Prozeß-schritte der Zellenfertigung hat es Standard-verfahren entwickelt, die bereits über einenlangen Zeitraum mit hoher ReproduzierbarkeitSolarzellen mit Wirkungsgraden zwischen 10und 12% lieferten. Einzelne Solarzellen erziel-ten mit Wirkungsgraden um 13% Weltbestmar-ken für diese Materialklasse.

Abbildung 7Energierücklaufzeit bei der CuInS2-Tech-nologie im Vergleichzu den Silciumtech-nologien [5].

Jahr

e

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Danksagung

Allen Mitarbeitern des Hahn-Meitner-Institutssowie den externen Kooperationspartnern, diesich tatkräftig der erfolgreichen Entwicklungder CuInS2-Technologie gewidmet haben, denMitarbeitern der Technischen Universität Berlin,Herrn Kunst und Frau Naujoks, welche die Öko-bilanz erarbeitet haben, und Herrn Lauermannvon der Arbeitsgemeinschaft Solare Materia-lien, der zur Bereitstellung der statistischen Daten beigetragen hat, möchten wir unserenDank aussprechen. Unser Dank gilt ebenfallsden Ministerien BMBF und BMWi, dem Senatfür Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin,sowie der Europäischen Kommission, wel-che die Finanzierung der durchgeführten For-schungs- und Entwicklungsprojekte auf diesemGebiet übernommen haben.

Literatur

[1] Sarasin Studie, Photovoltaik am Ende des 20. Jahrhunderts: Markt, Akteure und Chancen einer nachhaltigen Industrie; Basel 1999

[2] P.D. Maycock, Renewable Energy World, Review Issue 2000-2001, Vol. 3 (4), 2000

[3] C.H. Henry, J. Appl. Phys. 51,(1980), 4494

[4] Quelle: Mittelwert aus Kostenangaben folgender Studien: Arthur D. Little (16th EPSEC, Glasgow, 2000), Europäische Union (APAS RENA CT94 0008, 1997), Land Nordrhein-Westfalen (EOS, Neue Energie GmbH, Herzogenrath, 1997); für CdTe und CIGSe außerdem: Netherlands Energy Research Foundation (ECN-C-95-107, Petten, 1995), Electric Power Research Institut (EPRI, Proj. 3166-1,3273-3, Pleasant Hill (CA), 1992)

[5] Quelle: Si: Alsema, Universität Utrecht (2nd WCPSEC, Wien, 1998); CIS: I. Naujoks, Inst. f. techn. Umweltschutz der TU Berlin (unveröffentlicht)

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FVS Themen 2000Dr. F. H. Karg • Entwicklung und Fertigung von CIS-Solarmodulen bei Siemens Solar

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Feld-test der CIS-Produkte in unterschiedlichen kli-matischen Zonen sowie beschleunigten Stress-tests unter verschärften Bedingungen in derKlimakammer. Beides dient der Absicherungeiner guten Langzeitstabilität der neuen Pro-dukte, vergleichbar den erprobten Solarmo-dulen aus kristallinem Silizium.

Die ST Serie von SiemensSolar: Erste kommerzielle CIS-Solarmodule

Die derzeit von Siemens Solar gefertigten CIS-Produkte bestehen aus einem Zellenverbundmit einer Molybdän-Rückelektrode, einer poly-kristallinen Cu(In,Ga)(S,Se)2 Absorberschichtund einer Fensterschichtkombination aus CdSund ZnO. Das Floatglassubstrat mit der aktivenSchicht wird mit einem getemperten Sicher-heitsglas auf der Vorderseite abgedeckt undversiegelt. Die Substratrückseite sowie derGlasrand wird von einer Kunststoff /Aluminium-Verbundfolie umschlossen und von einem Alu-minium-Rahmen zusätzlich geschützt. DieNennleistung der Module ST 5 bis ST 40 liegtbei 5 bis 40 W unter Standardtestbedingungen(100 mW/cm2, AM 1.5 Spektrum, 25°C).

Abb. 1 zeigt die gesamte derzeitige Produktpa-lette einschließlich der wichtigsten Leistungs-daten.

Einleitung

Siemens Solar entwickelt seit mehreren Jahrenin seinen deutschen und amerikanischenLaboratorien eine material- und kostensparen-de Dünnschicht-Technologie. Seit 1994 kon-zentrierte sich das Unternehmen auf die soge-nannte CIS-Solarzelle (CIS: Copper IndiumDiselenid), da dieser Zellentyp einen sehrhohen Wirkungsgrad bei gleichzeitig niedrigenHerstellungskosten verspricht. Wie bei anderenDünnschichttechnologien beruhen die erwarte-ten Kostensenkungen aus dem geringerenMaterial- und Energieverbrauch zur Herstel-lung, der Verarbeitung großer Flächen sowieder integrierten Serienverschaltung. Für dieCIS-Technologie spricht weiterhin die guteLangzeitstabilität, die anhand von Messungenüber inzwischen mehr als 10 Jahre am NationalRenewable Energy Laboratory (NREL) in Colo-rado belegt werden kann.

Erste kommerzielle Produkte auf CIS-Basis mit5 und 10 W Nennleistung wurden 1997 amMarkt eingeführt, inzwischen wurde die Paletteauf 20 und 40 W Module erweitert [1]. Das be-sondere Augenmerk beim Fertigungsanlaufdieser Solarmodule gilt einer möglichst voll-ständigen Fertigungskontrolle, um hohe Repro-duzierbarkeit und Ausbeute zu gewährleisten.Nur so sind die potentiell günstigeren Herstel-lungskosten der CIS-Dünnschichttechnologieverglichen mit der bisherigen Siliziumtechnikauch in die Praxis umzusetzen.

Entwicklung und Fertigung von CIS-Solarmodulen bei Siemens Solar

Dr. F. H. KargSiemens Solar GmbH

Otto-Hahn-Ring 6,

D-81739 München

Abbildung 1 Die ST Serie vonSiemens Solar basiertauf CIS-Dünnschicht-solarzellen. Die Mo-dule mit Nennleistun-gen zwischen 5 bis 40 W sind für 12 VAnwendungen ausge-legt und bestehen aus42 integriert verschal-teten Einzelzellen.

Spezifikationen

Leistung:

Apert. Wirkungsgrad (bei STC):

Apert. Fläche:

dP/dT:

5-40 W (ST 5-40)

8.3 - 9.9% (ST 5-40)

600 cm2 - 4000 cm2

(ST 5-40)

0,5% /°C

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Dr. F. H. Karg • Entwicklung und Fertigung von CIS-Solarmodulen bei Siemens SolarFVS Themen 2000

Klimzonen genauer auszuwerten wurden ins-gesamt 10 Testanlagen von je ca. 1.2 kWNennleistung (zusammengesetzt aus 32 ST-40Modulen) aufgebaut. Abb. 3 zeigt drei aktuelleBeispiele für diese CIS-Testanlagen in NewMexico, Florida und Berlin.

Herstellungsverfahren

Die Herstellung der nur wenige Mikrometerdicken aktiven Schicht eines CIS-Solarmodulserfolgt auf großflächigen Glassubstraten ineiner Sequenz von Beschichtungs- und Struk-turierungsschritten. Der HalbleiterabsorberCu(Ga,In)(S,Se)2 wird bei Siemens Solar in ei-nem zweistufigen Verfahren hergestellt. DieBeschichtung der Metallkomponenten des Halb-leiters erfolgt bei Raumtemperatur im Sputter-verfahren. Dazu werden vorteilhafterweise in-dustriell erprobte Standardanlagen analog zurFertigung von Architekturgläsern eingesetzt.Die nachfolgende Temperung der beschichte-ten Glasscheiben bei etwa 500°C erfordertkeine Beschichtungseinrichtungen im Temper-ofen mehr und vereinfacht sich dadurch erheb-lich. Zusätzlich garantiert diese Trennung vonBeschichtung und Temperung die nötige Pro-zeßreinheit, da die Ofenauskleidung in diesem

Fall komplett aus korrosionsresistenten Glas- und Keramikmaterialien erfolgen kann. Die komplette Prozessierung der CIS-Moduleerfolgt auf einem Format von 30 cm x 120 cm.Dies ermöglicht die Herstellung von 40 WModulen in einem Arbeitsgang anstelle derbisherigen Prozessierung einzelner Silizium-Wafer und der anschliessenden Serienverschal-tung. Die Strukturierung und Serienverschal-tung ist wie bei anderen Dünnschichttechnolo-

Der Temperaturkoeffizient der Leistung alsauch die spektrale Empfindlichkeit (Abb. 2)unterscheiden sich nur unwesentlich vonkristallinem Silizium.

Feldtest von CIS-Solarmodulen

Erfahrungen mit der Langzeitstabilität von CIS-Modulen erstrecken sich in der Zwischen-zeitüber mehr als 10 Jahre. Seit 1988 befindensich CIS-Demonstratormodule aus der Entwick-lung von Siemens Solar am National Rene-wable Energy Laboratory (NREL) in Golden(Colorado) im Feldtest. [1]

Bei intakter Versiegelung zeigten selbst dieältesten CIS-Module über 10 Jahre stabilesVerhalten. Auch die parallel erfolgten Tests vonCIS-Modulen unter verschärften Bedingungenin Klimakammern nach den Vorschriften derIEC 1646 belegten, daß die Langzeitstabilitätdieser neuen Dünnschichtmodule bei guterFeuchteversiegelung gewährleistet ist /2/. Um die Jahresenergieausbeute und das Lang-zeitverhalten der ST-Module in verschiedenen

Abbildung 2Spektrale Empfindlich-keit von kristallinemSilizium und CIS Solar-zellen im Vergleich.

Abbildung 3Beispiele für CIS-Testan-lagen in verschiedenenKlimazonen trocken-heiß (New Mexico,links), feucht-warm(Florida, Mitte), feucht– kühl (Berlin, rechts)

Wavelength [mm]

Qua

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y

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Dabei wird ein Schichtpaket bestehend ausKupfer, Indium und Gallium sowie einer ab-schließenden Bedeckung aus elementaremSelen mit relativ hohen Aufheizraten von bis zu5°C /s auf höhere Temperaturen gebracht, beider die zuvor aufgetragenen Einzelkomponen-ten zur Halbleiterverbindung reagieren. Klein-module mit 20 cm2 aktiver Fläche und 12 seri-enverschalteten Einzelzellen, die mit dieserTechnik hergestellt werden, zeigen in der Zwi-schenzeit reproduzierbar hohe Wirkungsgradevon über 13% (Abb.6). Die gegenüber Ofen-prozessen wesentlich kürzeren Reaktionszeitenerlauben nun eine Übertragung auf Durchlauf-prozesse. Derzeit erfolgt die Hochskalierungdes RTP Prozesses von 10 x 10 cm2 auf 60 x 90 cm2, für künftige Massenfertigungen sollnochmals eine Flächenvergrößerung realisiert

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gien auch hier in den Fertigungsablauf inte-griert und erfolgt mittels Laser und mechani-scher Strukturierungsverfahren. Damit wird derArbeitsaufwand reduziert und alle Lager- undTransporteinrichtungen vereinfacht. Die evtl.erforderliche Unterteilung in kleinere Leist-ungseinheiten von 5 W, 10 W und 20 W wirderst am Ende der Herstellung vorgenommen(Abb. 6 oben).

Die Wirkungsgrade in der aktuellen Fertigungs-linie liegen im Mittel bei über 11% und damitan der Spitze aller Dünnschichttechnologien.Die gute Verteilung ist das Ergebnis einer sorg-fältigen Kontrolle aller Prozeßschritte und ins-besondere einer Reduktion der Verunreinigun-gen aus dem Glassubstrat (Abb. 4).

Fertigungsverfahren für diezweite CIS-Generation

Neue Fertigungsverfahren befinden sich der-zeit in unserer Entwicklung die die bisherigenStapelverarbeitungsprozesse durch Fließpro-zesse ersetzen sollen. Damit erwarten wir redu-zierte Mengen an zwischengelagerten, teilpro-zessierten Produkten und zusätzlich eine weitererhöhte Reproduzierbarkeit und Ausbeute. In-Line Temperprozesse erfordern die sichereBeherrschung schneller CIS-Schichtbildungs-prozesse sowie der ebenfalls beschleunigtenAufheiz- und Abkühlprozesse für große be-schichtete Glasplatten. Die Vorraussetzungendafür wurden in der Vergangenheit mittels dersogenannten RTP-Selenisierung (rapid tempe-rature process) erarbeitet [4].

Abbildung 4Aktuelle Wirkungs-gradverteilung allerCIS-Module aus derFertigung vor derVerkapselung (Modul-fäche: 4000 cm2)

Abbildung 5Übergang von Batch-(oben) zu In-LineProzessen (unten) beikünftigen CIS-Ferti-gungslinien, die der-zeit bei Siemens Solarin München entwickeltwerden.

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bei architektonisch anspruchsvollen Anwen-dungen und sind darüberhinaus aufgrund derlanggestreckten Form ihrer Einzelzellen weni-ger anfällig gegenüber Teilverschattung. Erstespezielle CIS-Module zur Fassadenintegrationbefinden sich in der Entwicklung zusammenmit Partnern aus der Glasindustrie.

Weitere Verbesserungen des Wirkungsgradesund Senkungen der Herstellkosten erforderneine kontinuierliche Weiterentwicklung. Diesbetrifft beispielsweise kadmiumfreie Fenster-schichten oder die Minimierung der zur CIS-Kristallbildung optimalen Temperrezeptur. NeueEntwicklungspartnerschaften von Siemens mitUniversitäten in Erlangen, Oldenburg, Würzburgsowie dem Hahn-Meitner-Institut bieten guteVoraussetzungen, die Leist-ungsreserven derCIS-Solarzelle weiter auszuloten.

Zusammenfassung

CIS-Solarmodule in Dünnschichttechnologiewurden erstmalig 1997 von Siemens Solar amMarkt eingeführt. In Bezug auf Leistung, Wirk-ungsgrad und Zuverlässigkeit weisen diese Mo-dule deutliche Vorteile gegenüber bisherigenDünnschichttechnologien auf. Mittlere Wir-kungsgrade von über 11% auf 0.4 m2 Flächewerden in der derzeitigen Fertigung erzielt, inder Entwicklung wurden bereits neuartige Pro-zesse mit mittleren Wirkungsgraden von über13% auf kleinen Prototypmo-dulen demon-striert. Zur Erzielung niedriger Fertigungsko-sten werden die Einzelprozesse kontinuierlichverbessert mit dem Ziel, einen möglichst voll-ständigen In-Line Prozeß auf großen Substrat-flächen und hohe Ausbeuten zu realisieren.

werden. Die erforderliche Temperaturho-mogenität auf großer Fläche auch währendschneller Aufheizprozesse wurde mit einemneuentwickelten Prototypofen bereits gezeigt. Siemens Solar erzielte 1999 sowohl für großeLeistungsmodule aus der regulären Fertigungin Camarillo als auch für kleine Modulprototy-pen aus der Entwicklungslinie in München in-ternationale Bestwerte. Die Maximalwertevonbis zu 12.1% auf einer Fläche von 0.4 m2 sowiebis zu 14.7% an Minimodulen im Entwicklungs-labor zeigen das Potential dieser Technologie aufund lassen Wirkungsgrade über 12% bei künfti-gen CIS-Produkten in nicht allzuferner Zukunfterwarten [5].

Ausblick

Erste CIS-Solarmodule befinden sich seit dreiJahren am Markt und finden erste wichtigeAnwendungen: Aufgrund ihrer integriertenSerienverschaltung lassen sich CIS-Module imunteren Leistungsbereich (bis ca. 10 W) poten-tiell kostengünstiger als die bisherigen, aus 36Silizium-Wafern zusammengesetzten Moduleherstellen. Auch für größere Leistungsmoduleerwarten wir deutliche Kostensenkungen,sobald die Fertigung ein größeres Volumenerreicht hat. Volumenbegrenzungen durch denEinsatz relativ seltener Elemente wie Indiumoder Umweltbeeinträchtigungen durch denEinsatz selenhaltiger Materialien sind nach denvorliegenden Untersuchungen nicht zu erwar-ten (siehe auch untenstehenden Kasten.) DieCIS-Leistungsmodule finden aufgrund ihrerhomogenen optischen Erscheinung Interesse

Abbildung 6Wirkungsgradverteil-ung eines verbesser-ten Prozesses in derEntwicklung (Modul-fläche 20 cm2)

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Umwelt und Gesundheits-gefahren durch CIS-Module?

Solarmodule enthalten eine Reihe von Elemen-ten, denen eine potentielle toxikologischeWirkung zugeschrieben wird. Bei der CIS-Technologie sind Selen und Kadmium in einerKonzentration von 3-5g bzw. 0.2g pro Qua-dratmeter Modulfläche enthalten. Möglichedamit verbundene Umwelt- und Gesundheits-aspekte wurden experimentell im Rahmeneines 3-jährigen BMBF-Projekts unter Feder-führung der FhG ausführlich untersucht. Dadie CdS-Pufferschicht in künftigen Serienpro-dukten wohl durch Zink- oder Indiumverbin-dungen ersetzt werden kann, konzentriert sichdie Fragestellung hier auf den Selengehalt derCIS-Module.

Im Normalbetrieb der PV Anlage kann durchden hermetischen Einschluß zwischen denGlasplatten keine Komponente der Dünn-schicht in die Umwelt gelangen. Bei gebro-chenen Modulen könnte es jedoch zu Aus-waschungen oder im Brandfall zur Freisetzungflüchtiger Bestandteile kommen. Anhand vonVerbrennungsexperimenten und Freilandver-suchen mit CIS-Modulen von Siemens Solarzeigte sich jedoch, daß das daraus resultieren-de Gefährdungspotential als sehr gering einzu-stufen ist. Die aus zerbrochenen Modulenüber Auswaschungen verursachten Zusatzbei-träge an Selen und anderen Metallen warendeutlich geringer als die Grundkonzentrationin Trinkwasser und Boden. Bei Erhitzen aufTemperaturen über 600°C kommt es unter oxi-dativen Bedingungen zwar zur Freisetzung vonSelen aus der CIS-Schicht. Bedingt durch diegeringe Gesamtmenge liegen aber auch hierdie durch Inhalation oder über Nahrungsmittelaufgenommenen Zusatzbeiträge unterhalb derfür (das essentielle Spurenelement) Selen vonder WHO empfohlenen(!) Dosis.

Materialverbrauch begren-zend für die CIS-Technologie?

Gegenüber dem Verbrauch von 0.5-1 kg/m2

an Halbleitersilizium für herkömmliche Modulefällt die benötigte Metallmenge für die CIS-Dünnschichttechnologie deutlich geringer aus.(Sie ist in etwa vergleichbar mit dem Silberver-brauch für die Kontaktfinger herkömmlicherSiliziumzellen.) Die benötigten Elemente Indi-um und Selen sind jedoch relativ selten und esist zu prüfen, ob hieraus ein Kostenanstieg undeine Begrenzung der Fertigungskapazität zuerwarten wäre.

Je nach zugrundegelegter Materialausbeuteund Recyclingquote werden pro QuadratmeterCIS-Modul 7-20g Molybdän, 1.5-4g Kupfer, 3-9g Indium, 7-20g Selen und 1-3g Zn benö-tigt. Die Herstellungswege der für ein CIS-Mo-dul benötigten Rohstoffe, der dabei anfallendeEnergieverbrauch, sowie die Frage evtl. Resou-rcenbegrenzungen wurden von der For-schungs-stelle für Energiewirtschaft im Rahmen desFORSOL-Programms näher beleuchtet.

Diesen Auswertungen zufolge ist die Förder-ung von Indium und Selen an die Zink bzw.Kupferverhüttung gekoppelt und könnte beiBedarf gegenüber den heutigen Fördermengenverzehnfacht werden. Dies entspräche danneiner Jahresproduktion von 75 GW an CIS So-larmodulen. (Zum Vergleich: die derzeitige PV-Weltjahresproduktion liegt bei ca. 200 MW, derweltweite Zuwachs an Kraftwerkskapazität ins-gesamt beträgt 70 GW/a.) Diesen Ergebnis-senzufolge kann die Fertigungskapazität für CIS-Module zwar nicht unbegrenzt, aber um mehrals den Faktor 100 gegenüber der heutigen Pro-duktion an Silizium-Modulen gesteigert werden.

Häufig gestellte Fragen zur CIS-Technologie:

Gibt es Grenzen bzgl. verfügbarer Indium-resourcen?

oder sind Gesundheitsprobleme beim groß-flächigen Einsatz selenhaltiger Verbindungenzu erwarten?

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Danksagung

Die Entwicklungsarbeiten der Siemens AG wurden gefördert durch das BMBF unter derProjektnummer 0329218, die Arbeiten derSiemens Solar GmbH wurden gefördert durch die Bayerische Forschungsstiftung, dasBayerische Staatsministerium für Landesent-wicklung und Umweltfragen sowie derEuropäischen Union.

Referenzen:

[1] R.D. Wieting, Proc. 15th NCPV Photovoltaic Program Review Denver, pp 3-8, AIP Conf. Proc. 462, AIP (1999)

[2] F. H. Karg, H.Calwer, J.Rimmasch, V.Probst, W.Riedl, W.Stetter, H.Vogt, M.LampertProc. 11th Int. Conf. on Ternary andMultinary Compounds (Salford, 1997) p. 909

[3] V. Probst, W. Stetter, W. Riedl, H. Vogt,M. Wendl, H. Calwer, S. Zweigart, K.-D. Ufert, B. Freienstein, H. Cerva, F. H. Karg E-MRS Conference Strasbourg2000, wird veröffentlicht.

[4] F. H. Karg Proc. 11th Int. PVSEC, Sapporo, 1999, p. 267

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ForschungsVerbundS o n n e n e n e r g i eFVS

Standorte der Mitgliedsinstitute

ForschungsVerbund Sonnenenergie • Geschäftsstelle c/o Hahn-Meitner-Institut • Kekuléstraße 5 • D-12489 Berlin

Telefon: (030) 670 53-338 • Telefax: (030) 670 53-333 • E-Mail: [email protected] • www.FV-Sonnenenergie.de

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BerlinHMIwww.hmi.dewww.hmi.de/bereiche/SE/SE1

PotsdamGFZwww.gfz-potsdam.de

HannoverISFH

Hameln/EmmerthalISFHwww.isfh.de

KasselISETwww.iset.uni-kassel.de

HanauISET

JülichFZJwww.fz-juelich.de

KölnDLRwww.dlr.de

Stuttgart

ZSWwww.zsw.de

DLRwww.dlr.de/TT

UlmZSWwww.zsw.uni-ulm.de

FreiburgFraunhofer ISEwww.ise.fhg.de

AlmeríaPSAwww.psa.es

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HMI Hahn-Meitner-Institut Berlin GmbH Glienicker Straße 100 • D-14109 BerlinTelefon (030) 80 62-0 Telefax (030) 80 62-21 81E-Mail: [email protected]

Institutsteil Adlershof • Abt. PhotovoltaikKekuléstraße 5 • D-12489 BerlinTelefon (030) 670 53-0 Telefax (030) 670 53-333E-Mail: [email protected]/bereiche/SE/SE1

ISFH Institut für Solarenergieforschung GmbH Hameln/EmmerthalAm Ohrberg 1 • D-31860 EmmerthalTelefon (0 51 51) 9 99-0Telefax (0 51 51) 9 99-400E-Mail: [email protected]

Außenstelle HannoverSokelantstraße 5 • D-30165 HannoverTelefon (05 11) 358 50-0Telefax (05 11) 358 50-10E-Mail: [email protected]

ISET Institut für Solare Energie-versorgungstechnik Verein an der Universität Gesamthochschule Kassel e.V. Königstor 59 • D-34119 KasselTelefon (05 61) 72 94-0Telefax (05 61) 72 94-100E-Mail: [email protected]

Standort HanauRodenbacher Chaussee 6 • D-63457 HanauTelefon (0 61 81) 58-27 01Telefax (0 61 81) 58-27 02E-Mail: [email protected]

ZSW Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-WürttembergGemeinnützige Stiftung Heßbrühlstraße 21C • D-70565 StuttgartTelefon (07 11) 78 70-0Telefax (07 11) 78 70-100E-Mail: [email protected]

www.zsw.de

Standort UlmHelmholtzstraße 8 • D-89081 UlmTelefon (07 31) 95 30-0Telefax (07 31) 95 30-666E-Mail: [email protected]

DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Linder Höhe • D-51147 Köln Telefon (0 22 03) 601-0Telefax (0 22 03) 673-10E-Mail: [email protected]

Standort StuttgartPfaffenwaldring 38–40D-70569 StuttgartTelefon (0711) 68 62-0Telefax (0711) 68 62-349E-Mail: [email protected]/TT

PSA Plataforma Solar de Almería Apartado 39 • E-04200 Tabernas (Almería)Telefon (00 34) 950-38 79 16Telefax (00 34) 950-36 27 19E-Mail: [email protected]

FZJ Forschungszentrum Jülich GmbH D-52425 Jülich Telefon (0 24 61) 61-0Telefax (0 24 61) 61-25 25E-Mail: [email protected]

Fraunhofer ISEFraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme Oltmannsstraße 5 • D-79100 FreiburgTelefon (07 61) 45 88-0Telefax (07 61) 45 88-100E-Mail: [email protected]

GFZ GeoForschungsZentrum Potsdam Stiftung des öffentlichen Rechts Telegrafenberg • D-14473 PotsdamTelefon (0331) 288 10 40Telefax (0331) 288 10 44E-Mail: [email protected]

Anschriften der Mitgliedsinstitute

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Abb. 18 und Abb. 19 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Linder Höhe, D-51147 KölnPSA, Apartado 39, E-04200 Tabernas (Almería)

Abb. 7 Deutsches Windenergie-Institut, Ebertstr. 96, D-26382 Wilhelmshaven

Abb. 7 Universität GH Kassel, Wilhelmshöher Allee 73, D-34121 Kassel

Abb. 9 Universität GH Kassel, Wilhelmshöher Allee 73, D-34121 Kassel

Abb. 2 Fraunhofer ISE, Oltmannsstr. 5, D-79100 Freiburg

Abb. 3 Fraunhofer ISE, Oltmannsstr. 5, D-79100 Freiburg

Abb. 11 Architektenwerkgemein-schaft Maier-Weinbrenner-Single, Nürtingen

Abb. 12 Foto: K. Ortmeyer

Abb. 15 und Abb. 16 Fraunhofer ISE, Oltmannsstr. 5, D-79100 Freiburg

S. 32

S. 48

S. 55

S. 56

S. 63

S. 63

S. 68

S. 68

S. 70

Titel

S. 3

S. 15

S. 23

S. 25

S. 28

S. 29

S. 30

S. 31

Peperoni, Burgstr. 27, D-10178 Berlin

Bundesumweltministerium, Alexanderplatz 6, D-10178 Berlin

Abb. 2 Siemens Solar, Frankfurter Ring 152, D-80807 München

Abb. 3 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Linder Höhe, D-51147 Köln

Abb. 7 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Linder Höhe, D-51147 Köln

Abb. 12 Pilkington SolarInternational GmbHD-50667 Köln

Abb. 14 Sandia National Laboratories U.S. Department of Energy,Washington D.C. 20585

Abb. 16 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Linder Höhe, D-51147 Köln

Abb. 17 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Linder Höhe, D-51147 KölnPSA, Apartado 39, E-04200 Tabernas (Almería)

Bildnachweise:

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S.105 Abb. 2 Fraunhofer ISEOltmannsstr. 5D-79100 Freiburg

S. 118 Abb. 3 – 6 ANTEC Solar GmbH,Industriestr. 2-4D-65779 Kelkheim

S. 134 Abb. 5 Würth Solar GmbHLudwigsburgerstr. 100D-71672 Marbach am Neckar

S. 136 Abb. 9 Würth Solar GmbHLudwigsburgerstr. 100D-71672 Marbach am Neckar

S. 145 Abb. 1 Siemens Solar GmbHOtto-Hahn-Ring 6D-81739 München

S. 146 Abb. 3 Siemens Solar GmbHOtto-Hahn-Ring 6D-81739 München

S. 72 Abb. 2Deutsche Solar GmbHRheinuferstr. 7-9D-47829 Krefeld-Uerdingen

S. 82 Abb. 27, Abb. 28Deutsche Solar GmbHRheinuferstr. 7-9D-47829 Krefeld-Uerdingen

S. 83 Abb. 30, Abb. 31Deutsche Solar GmbHRheinuferstr. 7-9D-47829 Krefeld-Uerdingen

S. 87 Abb. 1, Abb. 2Angewandte Solarenergie ASE GmbHIndustriestr. 13D-63755 Alzenau

S. 88 Abb. 3Angewandte Solarenergie ASE GmbHIndustriestr. 13D-63755 Alzenau

S. 90 Abb. 7Angewandte Solarenergie ASE GmbHIndustriestr. 13D-63755 Alzenau

S. 96 Abb. 8 Fraunhofer ISEOltmannsstr. 5D-79100 Freiburg

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Herausgeber:

ForschungsVerbund Sonnenenergiec/o Hahn-Meitner-Institut GmbH Kekuléstraße 5D-12489 Berlin

Telefon (030) 670 53 – 338Fax (030) 670 53 – 333E-Mail [email protected]

Redaktion:

Dr. Gerd Stadermann

Design:

Peperoni, Burgstr. 27, D-10178 Berlin

Druck:

Druckhaus Am Treptower Park GmbHAm Treptower Park 28-3012435 Berlin

ISSN International Standard Serial Number0939-7582Berlin, Oktober 2000

Diese Broschüre wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.

Der ForschungsVerbund Sonnenenergiewird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)Scharnhorststr. 34 – 37D-10115 Berlin

Sowie durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung(BMBF)Heinemannstr. 2D-53175 Bonn

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