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:LFS Landes Förderzentrum Sehen SHÄ» Schleswig-Holstein Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Bilanzen - Festschrift 35 Jahre Landesförderzentrum Sehen in Schleswig Schleswig-Holstein. Der echte Norden. Impressum Bilanzen - Festschrift Herausgeber Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Brunswiker Str. 16-22 24105 Kiel Gestaltung freistil* mediendesign, Kronshagen Druck Druckhaus Leupelt, Flensburg Druck auf FSC-zertifiziertem Papier Auflage 500 Eine Version dieser Festschrift im E-Buch-Standard finden Sie auf der Internetseite www.lfs-schleswig.de 1

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:LFSLandesFörderzentrumSehenSHÄ»Schleswig-HolsteinMinisterium für Bildung,Wissenschaft und KulturBilanzen - Festschrift 35 JahreLandesförderzentrum Sehen in SchleswigSchleswig-Holstein. Der echte Norden. ImpressumBilanzen - FestschriftHerausgeberMinisterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Brunswiker Str. 16-22 24105 KielGestaltungfreistil* mediendesign, KronshagenDruckDruckhaus Leupelt, Flensburg Druck auf FSC-zertifiziertem PapierAuflage500Eine Version dieser Festschrift im E-Buch-Standard finden Sie auf der Internetseite www.lfs-schleswig.de

<Bild>Das Verwaltungsgebäude des Landesförderzentrum Sehen, Schleswig ( LFS)</Bild>

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35 JAHREBilanzen - Festschrift35 Jahre Landesförderzentrum Sehen in Schleswig für Josef Adrian

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Inhalt 7 Karin Prien: Grußwort8 Inga Nielsen: Zum 35-jährigen Jubiläum des Landesförderzentrums Sehen10 Marvin Petersen: Wie mich das LFS geprägt hat12 Markus Lang: Das Landesförderzentrum Sehen (LFS) in Schleswig und seine gestaltende Rolle innerhalb der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik14 Ina Döttinger: Jakob Muth, das LFS und die Inklusion16 Christine Pluhar: Einflüsse des Landesförderzentrums Sehen in Schleswig auf inklusive Entwicklungen in Schleswig-Holstein, in den deutschen Bundesländern und im europäischen Kontext19 Peter Rodney: Perspectives on European inclusive thinking21 Marielen Opasinski: Schülerin in Schleswig23 Renate Walthes: Weshalb Kompetenzzentren dringend erforderlich sind und weshalb es so viele Widerstände gibt25 Frank Laemers: „Über das Neue und seine Feinde" - oder das LFS Schleswig als „Zumutung" im System der deutschen Blinden- und Sehbehindertenpädagogik28 Dörte Severin: Aus dem Leben eines SICHT-behinderten Schülers29 Ute Licht und Torsten Schröder: Wenn es keine Widerstände gäbe, bräuchte es uns nicht32 Sven Degenhardt: Die Universität Hamburg und das Landesförderzentrum Sehen, Schleswig35 Gabryele Kastner-Roeßler: (K!)ein freier Fall

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36 Wolfgang Drave: (Fast) jedes Jahr ein neues Buch39 Brigitte Nitschke-Junge und Achim Rix: 35 Jahre Landesförderzentrum Sehen, Schleswig (LFS) 5 Jahr Ausbildung von sonderpädagogischen Lehrkräften40 Mustafa Güler: Der Weg vom Problemschüler zum selbstbewussten Arbeitnehmer42 Henning Braband und Willi Düe: Beratung und Unterstützung sehgeschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben/Studium45 Sabine Fug: Das LFS als Partner der beruflichen Rehabilitation48 Lars-Ole Wandel: Mein schulischer und beruflicher Werdegang in Begleitung durch das LFS50 Erwin Denninghaus und Theo Wenker: Vom Norden und vom Süden

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51 Sabine Weber: Ein Rückblick in die Anfangszeit - und: Wie mich die Vergangenheit beim Kennenlernen von katholischer und evangelischer Bratwurst wieder einholte53 Ulrich Hase: Auf dem Weg54 Angela Ehlers: Für Josef Adrian zum Abschied aus dem aktiven Dienst56 Inga Nielsen: Zum Ruhestand von Herrn Josef Adrian57 Sabine Borowy und Christiane Köhler: Unser ganz besonderer Schulleiter59 Patrick Temmesfeld: „Ein paar Jährchen"61 Dieter Feser: Pädagoge mit Herz und Leidenschaft63 Ingo Degner: 35 Jahre LFZ Sehen, Schleswig und 26 Jahre Josef Adrian65 Lina Maria Kotschedoff: Der Mann, der mich das wahre Sehen lehrte67 Kirsten Wahren-Krüger: Eine folgenschwere Begegnung69 Christine Burger, Wolfgang Drave und Reinhold Mahler: Josef Adrian und die Würzburger71 Peter Appelhans: Zur Pensionierung73 Ute Hölscher: ... „sooo" weit weg und „sooo" eine Ausnahme ...

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75 Klaus Wißmann: Josef Adrian - vor einem neuen Lebensabschnitt78 Klaus Wißmann: Kurze Chronik des Landesförderzentrums Sehen, Schleswig88 Autorenverzeichnis96 Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

((6))<Bild>Karin Prien Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein</Bild>

((7)) Grußwort

Als das Landesförderzentrum Sehen vor 35 Jahren den Schulbetrieb aufnahm, beschritt es in doppelter Hinsicht Neuland: Denn die „Sehbehindertenschule" bot nicht nur erstmals Schülerinnen und Schülern mit einer einschlägigen Behinderung in Schleswig-Holstein eine angemessene Unterstützung, sie war vor allem von Anfang an als „Schule ohne Schüler" konzipiert worden. Die Lehrerinnen und Lehrer dieser Schule folgten und folgen ihren Schülerinnen und Schülern, nicht umgekehrt!Die Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen mit der Qualifikation im Schwerpunkt Sehen unterstützen sehbehinderte und mittlerweile auch blinde Schülerinnen und Schüler vor Ort, sodass diese wohnortnah lernen und leben können, gleich welche Schule oder Schulart sie besuchen. Sie begleiten Kinder schon vor dem Schulbesuch im Früh- und Elementarbereich und sie haben in den vergangenen 35 Jahren ein beeindruckendes Netzwerk aufgebaut, um sehbehinderte und blinde Schülerinnen und Schüler auch in der Phase der Berufsfindung und Ausbildung zu fördern. Zum Konzept des Landesförderzentrums Sehen gehört darüber hinaus ein spezifisches Kurssystem. Es ermöglicht einerseits eine vertiefte und individualisierte Unterstützung, die im regelmäßigen Schulalltag nicht realisierbar ist. Andererseits erlaubt es Kindern und Jugendlichen altersspezifische Peergroup-Erfahrungen, die an

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den allgemein bildenden Schulen bestenfalls zufällig zustande kommen können.Diese besondere Struktur des Landesförderzentrums Sehen hat bislang viel Anerkennung erfahren und genießt keineswegs nur landesweit sehr hohe Anerkennung. Dies ist das Verdienst der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Schleswig und vor allem auch der zahlreichen Netzwerkpartner. Nicht zuletzt aber ist dies auch das Verdienst der Schulleitungen: Aufbauend auf der Pionierarbeit von Herrn Dr. Peter Appelhans - der die Sehbehindertenschule von 1983 bis 2002 geleitet hat - ist es Josef Adrian gelungen, dieses Landesförderzentrum und sein Team mit außerordentlichem Engagement weiterzuentwickeln und zu gestalten. Dafür spreche ich im Namen des Landes Schleswig- Holstein meinen Dank und meine Anerkennung aus. Karin PrienMinisterin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein

((8)) Zum 35-jährigen Jubiläumdes Landesförderzentrums Sehen

Inga Nielsen

Herzlichen Glückwunsch dem Landesförderzentrum Sehen in Schleswig (LFS) zum 35-jährigen Bestehen!

Dieselbe Zeit, die das LFS besteht, besteht auch unser Verein zur Förderung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein e.V., ein von Eltern ins Leben gerufener Förderverein, der u. a. zur Unterstützung des LFS gegründet wurde. Eine Kooperation und Zusammenarbeit, die sich für unsere Kinder mehr als bewährt hat.Das LFS fördert und unterstützt unsere Kinder seit 35 Jahren intensiv in ihrem schulischen Fortkommen, aber auch in außerschulischen Belangen und Freizeitaktivitäten, z. B. durch regelmäßige Sportangebote.Dies erfolgt regelmäßig mit Unterstützung unseres Fördervereins, der sich sehr über Spenden zur Unterstützung der entsprechenden Kurse und

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Aktivitäten freut. Da gerade Sportangebote gern von den Kindern angenommen werden, fand ein großes Sportfest in Trappenkamp (Sportscamp Trappenkamp) - dank einer Spende des LionsClubs Lübecker Bucht in gemeinsamer Organisation mit großem Erfolg im Jahr 2014 statt.

<Bild>Logo vom Verein zur Förderung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein e.V.</Bild> Wir bedanken uns an dieser Stelle von Herzen bei dem LFS für die tolle Zusammenarbeit in den letzten 35 Jahren und hoffen auf viele weitere interessante, freundschaftliche gemeinsame Jahre, um diese Form der Inklusion beibehalten zu können und immer weiter zu verbessern.Der Vorstand desVereins zur Förderung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein e.V.

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<Bild>Ankündigung der Gründung der Staatlichen Schule für Sehbehinderte (1983)</Bild>

((10)) Wie mich das LFS geprägt hat

Marvin Petersen

Nach nun zwölf langen Schuljahren habe ich mein Abitur als Jahrgangsbester bestanden und kann ganz klar sagen - ohne das LFS unmöglich! Seit dem Kindergarten wurde ich vom LFS unterstützt, auch wenn mir das damals noch nicht so bewusst war. Solange ich mich also erinnern kann, hatte das LFS immer eine Rolle in meinem Leben. Wenn ich

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zurückdenke, dann hat das LFS immer bleibende Eindrücke und Erinnerungen hinterlassen und zudem nur positive! Sei es nun einer der unzähligen Kurse, die ich im alten und neuen Kurshaus erlebt habe, oder die zuverlässige und engagierte Unterstützung meiner Beratungskräfte. Ich erinnere mich mit großer Dankbarkeit an alle Facetten des LFS. Ich kann wohl sagen, dass ich ohne das LFS nicht da wäre, wo ich heute bin.Ohne das LFS und die individuelle Unterstützung wäre nicht nur das Lernen nicht in dem Maße möglich gewesen, sondern auch das Zurechtfinden im alltäglichen Leben. Ein Abitur und zudem noch ein erfolgreiches, das hätte ich ohne das LFS nicht erreichen können. Durch das LFS habe ich immer die Unterstützung bekommen, die ich brauchte, kein Stück zu wenig und kein bisschen zu viel. Neben der Unterstützung war für mich der Rückhalt, den ich bekommen habe, besonders wichtig. Ich hatte immer das Gefühl, dass das LFS mir in allen Belangen den Rücken gestärkt hat. Alleine der Gedanke daran, dass da eine Gemeinschaft wie das LFS ist und man jederzeit jemanden um Hilfe und Unterstützung fragen kann, hat mich in meinen Vorhaben und auf meinem Weg immer bekräftigt und mir ein Gefühl von Sicherheit gegeben.Für mich ist das Besondere in all den Jahren gewesen, dass das LFS mich gefördert hat, ohne dass ich je das Gefühl hatte, anders zu sein. Ich habe durch das LFS die Möglichkeit gehabt, mich in allen Belangen mit meinen Mitmenschen gleich zu stellen. Ich habe das Gefühl gehabt, ein durchschnittlicher Schüler zu sein mit denselben Chancen, Träumen und Möglichkeiten wie meine Mitschüler. Bei alledem fühlte ich mich nicht integriert, sondern inkludiert.Das LFS hat in meinem Leben und meinem Herzen einen Platz gefunden, der sich wohl nicht in Worte fassen lässt. Goethe sagte einmal: „Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll", und so habe ich das LFS auch immer erlebt, nicht nur als Schule, sondern als eine Unterstützung von Herzen. In dem Sinne: Herzlichen Dank für all die Jahre, in denen ich diese herzensgute Unterstützung erhalten und erleben durfte!

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<Bild>Das Schulgebäude aus einem frühen Projekt der Staatlichen Schule für Sehbehinderte (1983)</Bild>

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<Bild>Ein Bild, von dem Schulgebäude aus der Sicht eines Kurzsichtigen, der zusätzlich eine Farbsinnstörung hat<Bild> ((12)) Das Landesförderzentrum Sehen (LFS) in Schleswig und seine gestaltende Rolle innerhalb der Blinden- und Sehbehinderten-pädagogik

Professor Dr. Markus Lang

Zweifelsfrei hat das LFS Schleswig die Entwicklung der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik in Deutschland maßgeblich mitgestaltet. Doch wie lässt sich dieser Eindruck wissenschaftlich beweisen? Welche Entwicklungsimpulse gingen konkret von Schleswig aus? Die Spuren-suche bedient sich einer qualitativ-inhaltlichen Analyse der regelmäßig stattfindenden Kongresse für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik als Orte des intensiven Austauschs, der Diskussion und der Neuausrichtung. Hier sollten Innovationen und Impulse greifbar sein und deren Urheberinnen und Urheber ebenso.Untrennbar verknüpft mit dem LFS Schleswig ist die Integration/lnklusion sehbehinderter und blinder Schülerinnen und Schüler. Am Aufkommen der Integrationsbewegung in den 1970er Jahren und an der inhaltlichen Diskussion innerhalb der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik sind von Anfang an die späteren Akteure des LFS intensiv und engagiert beteiligt. Peter Appelhans stellt auf dem Kongress 1978 in Waldkirch die integrativen Erfahrungen an der Heinrich-Hertz-Schule in Hamburg vor und zieht hieraus Konsequenzen für die Arbeit der Blinden- und Sehbehindertenschulen, die sich dem neuen Aufgabenfeld der Beratung und Unterstützung blinder und sehbehinderter Schülerinnen und Schüler an Regelschulen stellen müssten. 1983 in Würzburg kann Peter Appelhans bereits von der inklusiven Arbeit der „schleswig-holsteinischen Schule für Sehbehinderte" berichten, die zwar den Namen „Schule" trägt, aber von Anfang an ohne eigenen Schulbetrieb konzipiert war. Dies stellte ein Novum in der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik dar und wurde vor allem in der Anfangszeit von einigen Blinden- und Sehbehindertenschulen

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als provozierendes bzw. existenzbedrohendes Modell wahrgenommen. Dieser Sachverhalt schien sich zu verschärfen, als die zunächst auf Kinder und Jugendliche mit Sehbehinderung konzentrierte Integration auf blinde Schülerinnen und Schüler ausgeweitet wurde (in Schleswig-Holstein ab 1987). Peter Appelhans wagt jedenfalls auf dem Kongress 1988 in Baar (Schweiz) einen Rückblick auf die vergangenen 10 Jahre und verweist auf Widersprüchlichkeiten und fehlende Weiterentwicklungen in Deutschland, wobei er durchaus auch Fortschritte v.a. bezüglich der Integration sehbehinderter Schülerinnen und Schüler aufzählt - nicht zuletzt durch die Integrationszahlen aus Schleswig-Holstein. Betrafen die bislang genannten Impulse aus Schleswig ausschließlich den Bereich der Integration, gibt es 1988 erste Hinweise auf eine beginnende Etablierung der „Schule ohne Schüler", da weitergehende Herausforderungen thematisiert und von engagierten Kolleginnen und Kollegen maßgeblich vorangetrieben werden: Orientierung & Mobilität und Soziale Kompetenz (Braband, Elbl), Betreuung von Schülerinnen und Schülern mit mehrfachen Beeinträchtigungen an unterschiedlichen Sonderschulen (Pluhar, Hoffmann-Bechthold), Bildungsbedürftigkeit Erwachsener (Düe), nachschulische Unterstützung bei Berufswahl und Berufsausbildung (Kooperation mit Universität Hamburg: Rath, Appelhans). Etwa 10% der Kongressfachbeiträge kommen 1988 aus Schleswig - durchaus erstaunlich für eine Institution, die erst seit 5 Jahren existiert. In Marburg 1993 konzentrieren sich die Beiträge aus Schleswig auf die Themengebiete „Integration" (Appelhans) und „Übergang Schule-Arbeitsleben" (Braband, Düe). Nürnberg 1998 stellt eine Pause dar. Stark vertreten ist Schleswig wieder in Dortmund 2003 mit einem Workshop zur Umsetzung der KMK-Vorgaben

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<Bild>Das Kurshaus von außen 1984</Bild>

in Schleswig-Holstein (Adrian, Pluhar), einem Workshop zur spezifischen Beratung an Einrichtungen für Menschen mit geistigen Behinderungen (A. Henriksen, Ch. Henriksen), einem Vortrag zum gemeinsamen Sportunterricht (Thiele) sowie im Rahmen einer Podiumsdiskussion zur Qualität sonderpädagogischer Beratung und Unterstützung im

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gemeinsamen Unterricht (Teilnehmende u. a. Appelhans, Wißmann). Sehr zahlreich und inhaltlich äußerst breit aufgestellt sind die Kongressbeiträge der Kolleginnen und Kollegen des LSF auf den Kongressen 2008 in Hannover, 2012 in Chemnitz und 2016 in Graz. An dieser Stelle sollen lediglich die Themenbereiche kurz skizziert werden: Konzeptionelle und organisatorische Anforderungen, Kursangebote für integrativ beschulte Schülerinnen und Schüler, Schulqualität, Unterstützte Kommunikation, Teilhabemöglichkeiten, Duales Curriculum, Didaktik des Kunstunterrichts, CVI, Alltagspraktische Fähigkeiten, Low Vision, Menschen mit mehrfachen Behinderungen inkl. Sehschädigung, Inklusion, Einsatz von Kompetenzrastern, Computereinsatz, Funktionales Sehen, Schulassistenz.Der Blick auf die Kongresse des Verbands für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik zeigt somit ein eindeutiges Bild: Das LSF Schleswig ist seit seiner Gründung ein gestaltender und innovativer Faktor der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik in Deutschland. Besonders greifbar ist dieser Sachverhalt im Bereich der Realisierung inklusiver Lernkontexte für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler. Die spezifische Expertise und das umfassende Erfahrungswissen aus Schleswig sind beispiel- und impulsgebend für die Weiterentwicklungen der ehemaligen Blinden- und Sehbehindertenschulen und heutigen Förderzentren im Förderschwerpunkt Sehen. Aktuelle Themen und Herausforderungen wie CVI, Funktionales Sehen, Umsetzungen des Spezifischen Curriculums, didaktische Besonderheiten im Fachnterricht, Förderung mehrfachbeeinträchtigter Schülerinnen und Schüler oder Soziales Lernen werden am LSF fundiert aufgegriffen und kompetent auf die Handlungsebene übertragen, so dass das LSF auch hier weit über Schleswig-Holstein hinauswirkt.Die kurze Rückschau weckt somit große Vorfreude auf die zukünftigen Impulse und Anregungen, die von Schleswig ausgehen werden.

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Jakob Muth, das LFS und die Inklusion

Ina Döttinger

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Ich habe Josef Adrian 2015 kennengelernt, als das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig den Verbundspreis des Jakob Muth-Preises erhielt und ich es in meiner Funktion als Projektleitung des Jakob Muth-Preises besuchen durfte. Mit dieser Bewerbung hatte es sich das Förderzentrum nicht leicht gemacht - ihr gingen viele Fragen voraus, ob denn die sehr besondere Struktur des LFS überhaupt für eine Bewerbung geeignet sei. Schon scheinbar einfache Fragen, wie die Anzahl der kooperierenden Schulen, waren für das LFS und für Ute Hölscher, der die mühsame Arbeit der Bewerbung oblag, eine Herausforderung. Denn aufgrund der Struktur des LFS ändert sich diese Anzahl ständig, je nachdem, wo Kinder wohnen und zur Schule gehen. Dass die Mühe sich gelohnt hat, zeigten dann aber die Diskussionen im Projektträgerkreis und in der Jury: Nicht trotz, sondern wegen der außergewöhnlichen Struktur des LFS wurde es für preiswürdig befunden. Weil es dem LFS, davon waren Projektträger und Jurymitglieder nach der Lektüre der Bewerbungsunterlagen überzeugt, gelingt zu zeigen, dass Inklusion und Sonderpädagogik, professionelle Förderung und Teilhabe kein Widerspruch sind. Bei dem folgenden Besuch - eben jenem, bei dem ich Josef Adrian das erste Mal persönlich getroffen habe - wurden alle unsere Erwartungen erfüllt.

<Bild>Innenansicht des Kurshauses (ca. 1985)</Bild> Wir konnten einen prallgefüllten „Schleswig-Dienstag" miterleben, an dem sich die Mitglieder der Fachteams intensiv zu einzelnen Fragen austauschen, und etliche Schulen sehen, an denen blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche ganz selbstverständlicher Teil des Schulalltags sind. In Schleswig-Holstein hatte es nie eine stationäre Versorgung von blinden und sehbehinderten Kindern gegeben - das LFS hat von Beginn an, seit Anfang der 80er Jahre, darauf gesetzt, möglichst wohnortnah zu unterrichten und die Peererfahrungen z. B. über die Kurse abzubilden, an denen jedes der rund 1000 unterstützten Kinder bis zu dreimal im Jahr teilnehmen kann. Mit Hilfe der kundigen Leitungskräfte des LFS gelang es auch, gemeinsam mit dem Filmemacher Ulfert Engelkes, die komplexen Strukturen und Wirkungsweisen des LFS im Film darzustellen. Und bei diesem Besuch war es ebenfalls, dass Josef Adrian uns darauf hinwies, dass Jakob Muth schon in den 80er Jahren in der GEW-Zeitschrift über das Förderzentrum geschrieben hatte - und es empfohlen hatte als gutes Modell für - damals - Integration. Damit schließt sich ein Kreis und so

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war es folgerichtig, dass wir in den Jahren, nachdem das Förderzentrum die Auszeichnung bekommen hatte, immer wieder in den Austausch gegangen sind dazu, welche Rolle die Sonderpädagogik in der Inklusion spielt. Das spiegelt sich nicht zuletzt in der Arbeit, gemeinsam mit etlichen anderen Experten, besonders aus Schleswig-Holstein, an einem Band zur Rolle der Unterstützungssysteme, der noch dieses Jahr erscheinen soll. Für Josef Adrian war in der Inklusion immer besonders wichtig, dass besondere Bedarfe auch besondere Expertise benötigen. Dafür müssen Zeit, Raum und Strukturen geschaffen werden. Im Jahre 2017 veröffentlichte die Unesco „A guide for ensuring inclusion and equity in education". Diese Publikation enthält einen wichtigen Satz, der auf den Punkt bringt, vor welcher Wahl Eltern heute häufig immer noch stehen: "Too often, parents are forced to choose between ensuring that their child's needs are met (which sormeti- ((15))

<Bild>Verleihung des Jakob Muth-Preises (mit Bildungsministerin Britta Ernst in Bremen)</Bild>

mes implies placement in a special school or unit) and ensuring that they have the same rights and opportunities as other learners (which implies placement in a mainstream school). The goal should be to create an education system where these choices become unnecessary." (UNESCO 2017:31)Auch in Schleswig-Holstein ist die Welt nicht perfekt. Aber es gelingt oft, sehr oft, dass zumindest im Förderbereich Sehen Eltern nicht mehr gezwungen sind, zwischen Förderung und Teilhabe zu entscheiden. Sondern beides selbstverständlich ist. Dank des LFS, Josef Adrian und seinem gesamten Team. Es bleibt zu hoffen, dass diese Arbeit nicht nur fortgeführt wird - sondern dass sie weiterstrahlt. Denn die Struktur des LFS könnte auch Modell stehen für ähnliche Konstrukte, z. B. in den Förderbereichen Hören, KmE und auch gB, mit entsprechenden Anpassungen. Und es ist kein Zufall, dass es ausgerechnet in Schleswig-Holstein auch eine gut etablierte Struktur an „Schulen ohne Schüler" für die Förderbereiche LES gibt, bei denen ebenfalls die Kombination aus Professionalität und enger Eingebundenheit in den wohnortnahen (Schul-) Kontext eine große Rolle spielt. Es wird spannend werden zu sehen, wie

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gerade in diesen Zeiten, in denen allgemeine und Förderschulen sich zusammenfinden müssen zu einem inklusiven Schulsystem, diese zum Teil schon lange etablierten Modelle Pate stehen können für eine weitreichende Umsetzung der UN-BRK. Das LFS wird seinen Teil dazu beitragen - dessen bin ich mir sicher.

((16)) Einflüsse des Landesförderzentrums Sehen in Schleswig auf inklusive Entwicklungen in Schleswig-Holstein, in den deutschen Bundesländern und im europäischen Kontext

Christine Pluhar

Aus Anlass der Verabschiedung von Josef Adrian, dem langjährigen Schulleiter des LFS, möchte ich betrachten, welchen Einfluss das LFS, seine Strukturen und Arbeitsweisen auf mehreren Ebenen zeigt und damit eine nachhaltige Entwicklung bewirkt. Josef Adrian wird dabei nicht gesondert erwähnt. Er war aber immer involviert, oft initiativ und hat die beschriebenen Aktivitäten stets aktiv unterstützt.Das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig als Unterstützungssystem für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Blindheit oder Sehbehinderung

Als das LFS 1983 seinen Dienst aufnahm, bestand das Konzept dieser neuen Form von Sonderschule darin, alle Kinder, die Schülerinnen und Schüler sowie diejungen Erwachsenen mit Sehschädigung je nach ihrem ganz eigenen Bedarf in der Frühförderung, der Kindertagesstätte, der Schule ihrer Wahl, in Berufsausbildung und Hochschule individuell zu fördern. Studienreisen in die USA zeigten, dass dies durchaus praktisch möglich war. Der sonderpädagogische Förderbedarf (SEN), individuelle Förderplan (IEP), Förderausschuss (SEN Conference) und das Förderzentrum (Ressource Center) gehörten von Beginn an zum zunächst übersetzten, dann abervon den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LFS für schleswigholsteinische Verhältnisse adaptierten Konzept. Nicht übernommen wurde die Praxis der Perkins School for the Blind in Boston, dass nicht erreichte Ziele des individuellen Förderplans - z.B. bei zeitlich begrenzten Kurs- Aufenthalten - im Zentrum zu Regressforderungen der entsendenden Gemeinden als Kostenträger führten. Die individuelle

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Förderung ist nach wie vor das zentrale Anliegen des LFS und seiner multiprofessionellen Teams. Sie erfolgt unter enger Einbeziehung der Eltern auf der Grundlage von detaillierter, spezieller Förderdiagnostik, ermöglicht individuelle Beratung und Unterstützung bei allen Fragen von Unterricht und Übergängen. Sie umfasst jeweils angepasste Hilfsmittel und Medien sowie Orientierung & Mobilität und Lebenspraktische Fertigkeiten. Die Schülerinnen und Schüler sowie diejungen Erwachsenen mit Sehschädigungen kommen zwei- bis dreimal im Jahr zu Kursen nach Schleswig und können dort neben relevanten Inhalten im Sinne von Peergroup-Erfahrung auch andere Schülerinnen und Schüler mit Sehschädi-gung kennen lernen.Das Landesförderzentrum Sehen als Unterstützungssystem für Schulen in Schleswig- Holstein, die sehgeschädigte Schülerinnen und Schüler unterrichten

Sehr früh in der Entwicklung des LFS wurde deutlich, dass die Beratung und Unterstützung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Sehschädigung in ihrer jeweils besuchten Institution es erforderte, die dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelhaft mit einzubeziehen. Im LFS entwickelte sich ein professionelles Verständnis von „Sich-Beraten" anstatt „Jemanden-Beraten".

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<Bild>Christine Pluhar bei der Arbeit mit Kindern in einem Kurs (1988)</Bild> Dazu gehört auch, dass die Lehrkräfte des LFS in Schul-, Lehrer- und Klassenkonferenzen, Elternabenden und in den Gruppen und Klassen mit vielen praktischen Beispielen die Erscheinungsformen und die Auswirkungen von Sehschädigung vermitteln und Anregungen geben, wie der gemeinsame Unterricht gestaltet werden kann. In Kursen im LFS werden die zukünftigen Klassenlehrkräfte fortgebildet. Die allgemeinen Schulen, die durch das LFS unterstützt werden, können durch die Zusammenarbeit erfahren, wie gemeinsamer Unterricht und individuelle Förderung in Richtung inklusiver Schule wirken und wie sie selbst in ihrer eigenen Schulentwicklung weiter voran kommen können.

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Das Landesförderzentrum Sehen ohne eigene Schüler als Prototyp eines Unterstützungssystems im Schulsystem Schleswig-Holsteins

Die „Schule ohne Schüler" war für viele Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen ein Angst machender Begriff, insbesondere in den ersten 20 Jahren nach Gründung des LFS, 1983. Durch intensive Unterstützung durch die Beratungsstelle Inklusive Schule (BIS), durch das IQSH, die Lehrerausbildungsstätten Flensburg und Kiel sowie durch klare Richtungsangaben der jeweiligen Ministerinnen und Minister und nicht zuletzt durch die intensive sonderpädagogische Arbeit in den Kollegien haben sich die schleswig-holsteinischen Sonderschulen zu Förderzentren weiterentwickelt, die mehr und mehr Schülerinnen und Schülerin den allgemeinbildenden Schulen unterstützten und entsprechend immer weniger im eigenen Haus unterrichteten. Gerade in den letzten Jahren haben zahlreiche Förderzentren gar keine eigenen Schüler mehr. Die Lehrkräfte der Förderzentren und die Schulleitungen unterstützen „ihre" Schülerinnen und Schüler in den Schulen, die diese besuchen. Die Förderzentren bleiben als Dienstleistungszentren erhalten und sind für die Organisation und Qualität der sonderpädagogischen Arbeit zuständig. Für sehr viele Lehrkräfte der Förderzentren sind ihre Perspektiven, im Unterstützungssystem der inklusiven Schule zu arbeiten, eine gute Alternative zu der früheren Rolle in der Sonderschule. Für diese Entwicklung stand das LFS Pate.

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Das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig in der Wahrnehmung anderer Bundesländer

Das LFS war von Beginn an interessant im Bereich der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, sowohl bei den über 30 deutschsprachigen Blinden- und Sehbehinder-tenschulen als auch bei den drei - bzw. nach der Wiedervereinigung vier - Studienstätten. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher kamen nach Schleswig, im Jahr 2017 u. a. auch aus Luxemburg und Japan.Das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig im Rahmen der KMK

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Sowohl in die KMK-Empfehlungen „Zur sonderpädagogischen Förderung in Schulen" von 1994 als auch in die „Empfehlung zum Förderschwerpunkt Sehen" von 2000 sind wichtige Erfahrungen und Begriffe aus der Arbeit des LFS eingeflossen: z. B. Sonderpädagogische Förderung (SEN), Individueller Förderplan (IEP) und Förderzentrum (Ressource Center), wobei der Begriff „Förderzentrum" eine Übersetzung von Prof. Rolf Schindele, Heidelberg, war, die das LFZ Schleswig übernommen hat. Beide KMK-Empfehlungen sind bis heute eine gute Grundlage für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Sehschädigungen.Das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig im Rahmen der European Agency for Special Needs and Inclusive Education (EA)

Die EA ist ein Zusammenschluss von 28 europäischen Staaten und wird von diesen und zusätzlich durch Projektaufträge der Europäischen Union finanziert. Zu so einem europäischen Projekt werden Staaten eingeladen, sich an einer bestimmten Fragestellung zu beteiligen. Am Projekt „Unterstützungssysteme für inklusive Schulen" haben sich Deutschland (mit dem schleswig-holsteinischen LFS Schleswig) sowie Kroatien und Schweden beteiligt. In zwei Jahren gab es jeweils einen Study Visit an den drei Projektorten. Die Ergebnisse und Auswertungen sind in einer Veröffentlichung auf der Website der EA herunterzuladen unter www.european-agency.org/agency-pro- jects/assessment-in-inclusive-settings/phase-2-case-stu- dy-site-germany.

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Perspectives on European inclusive thinking. Experience from 25 years of services for the visually impaired

Peter Rodney

<Bild>Dr. Peter Appelhans im Interview nach der Renovierung des Kurshauses (1998)</Bild>

<Anmerkung>Übersetzung ins Englische

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</Anmerkung> The most important task for services for the blind and visually impaired must be to include these people in the world of the fully sighted. The experience from studies in Europe shows that this is not always the case. In schools and on the labor market we see a lot of excluded blind and visually impaired people. This is not a new discovery. It has been outlined in publications, in conferences and of course in daily living experience. It has often been described as lack of "social inclusion" in opposition to "academic inclusion". A lot of programs and initiatives have been established to compensate for this unfortunate situation. Training programs and teaching materials have been developed to rehabilitate social interaction between the impaired person and the environment. Some with more success than others. Some of the best working programs with the highest rate of success are Karen Wollfe's training programs. But the overall questions of why blind and visually impaired persons must be skilled to be part of a soci- Zusammenfassung

Ute Hölscher

Perspektiven eines inklusiven europäischen Denkens. 25 Jahre Erfahrungen über Angebote für Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung

<Anmerkung>Übersetzung ins Deutsche</Anmerkung>

Die wichtigste Aufgabe der Angebote für Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung ist, sie in die Welt der Sehenden mit einzubeziehen. Die Erfahrungen europäischer Studien zeigen, dass dies nicht immer gelingt In Schulen und auf dem Arbeitsmarkt sehen wir viele Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung, deren Teilhabe nicht gewährleistet ist. Dies ist keine neue Erkenntnis. Es wurde in Veröffentlichungen und Konferenzen beschrieben und auch im alltäglichen Leben beobachtet. Diese Tatsache wurde oft als Mangel an "sozialer Inklusion" beschrieben im Gegensatz zur „akademischen Inklusion". Viele Programme und Initiativen wurden entwickelt, um dieser unglücklichen Situation entgegenzuwirken. Zur Förderung sozialer Interaktion zwischen der sehgeschädigten Person und

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der Umwelt wurden unterschiedliche Trainingsprogramme und Lernmaterialien genutzt. Einige waren erfolgreicher als andere; eines der besten Programme mit einer hohen Erfolgsrate ist das von Karen Wolffe*.(* US amerikanische Fachkraft in der Blinden- und Sehbehindertenrehabilitation)

Aber die große Frage, warum Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung über bestimmte Fähigkeiten verfügen müssen, um Teil einer sozialen Gruppe zu sein, und warum sie lernen müssen, um später eine Beschäftigung zu erhalten, ist mehr oder weniger unbeantwortet geblieben.Für mich liegt ein Teil der Erklärung des Problems in der generellen Unterscheidung von Blindheit oder Sehbehinderung entweder in Bezug auf technische oder kommunikative Fragen oder in

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<Anmerkung>Fortlaufende Übersetzung in Englisch</Anmerkung> al group and why they later must "learn to go to work" haven't been answered yet. To me, part of the explanation of this situation, must be found within the general distinction between perceiving blindness and visually impairment as either a technical and communicative issue or a mental and a self-perception matter. To me, most of the efforts to compensate have been grounded in the first concept. I would argue that if we created a foundation based on the second consideration, we would be much more supporting and successful in our services. We see that people with the same eye condition manage their lives very differently. The acuity figure can in no way predict if a blind or visually impaired person will be part of the peer group in school or if he or she will be included in the labor market. For me, the central clarification is found within the saying, that the problem is seldom the impairment itself, but the real problem comes from the thoughts, the ideas or the beliefs that the person has in regards to her or his impairment. For me, the positive and altering angel in thinking like this is, while technical and communicative rehabilitation have

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limitations, changing a person's thoughts, mindset or perspective on ability is unlimited. If we can start a reflective process with an impaired person, we might have a chance to change her or his thinking from "I'm impaired - I can't do anything" to "I have obstacles - how can I overcome them".This does not implicate that we should give up all of the old training or rehabilitation focuses like braille, mobility, enlarged print etc. but reflection needs to be a general underlying concept within all these topics. What does this require of staff members? Which new competences have to be implemented if we would like to change the current troublesome inclusive situation for persons who are blind or partially sighted? The ability to facilitate and manage reflexive processes is essential. The ability to make another person reflect upon her or his situation is central. The systemic theory provides a lot of practical tools and methods to enable these mental changing processes. This focus should be implemented for services targeted at all ages and should be recognized by all groups of staff. If we, in Europe, were able to make such a fundamental shift in the focus of our services for blind and partially sighted persons, we would soon see that the present burden of none working inclusion would be minimized.

<Anmerkung>Fortlaufende Übersetzung ins Deutsche</Anmerkung>

Bezug auf die mentale oder selbstwahrnehmende Bewältigung. Meiner Meinung nach sind die meisten Rehabilitationsbemühungen im ersten Aspekt zu finden. Ich würde daher behaupten, dass wir auf der Basis des zweiten Aspektes Angebote machen können, die sehr viel unterstützender und erfolgreicher wirken. Wir beobachten, dass Menschen mit gleichen visuellen Bedingungen ihre Lebenssituation unterschiedlich handhaben. Die Sehschärfe kann niemals bestimmen, ob ein Mensch mit Blindheit oder Sehbehinderung Teil einer Peergroup in der Schule oder ob sie oder er Teil des Arbeitsmarktes wird. Die zentrale Aussage für mich ist, dass die Behinderung an sich selten das Problem darstellt, die eigentlichen Probleme aber durch eigene Gedanken, Ideen oder Vorstellungen entstehen, die in Bezug auf die Behinderung vorhanden sind. Ein positiver und sich verändernder Denkansatz ist meiner Meinung nach, dass die technische oder kommunikative Rehabilitation Grenzen hat, die Veränderung der Gedanken, der Haltung oder der Perspektive eines Menschen allerdings unbegrenzt ist. Wenn wir einen reflektierten und

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reflektierenden Prozess mit der sehgeschädigten Person beginnen, haben wir die Möglichkeit, ihr oder sein Denken von „Ich bin behindert - ich kann nichts" in „Ich habe Hindernisse - wie kann ich diese überwinden?"zu verändern. Dieses soll nicht heißen, dass wir alle alten Trainingsmodelle aufgeben wie z. B. Braille, Orientierung und Mobilität (O&M), Vergrößerungen etc. Die Reflektion muss allerdings bei all diesen Dingen die allgemeine Grundlage sein. Was heißt das für die Fachkräfte? Welche neuen Konzepte müssen entwickelt werden, um die gegenwärtige beschwerliche Situation der Inklusion sehgeschädigter Menschen zu verändern? Es ist entscheidend, einen reflektierenden Prozess zu führen und zu erleichtern. Die Fähigkeit, eine Person über ihre oderseine Situation reflektieren lassen zu können, ist zentral. Eine systematische Theorie stellt eine Menge praktischer Werkzeuge und Methoden bereit, um diesen mentalen Veränderungsprozess zu fördern; dieser Fokus bezieht sich auf alle Altersgruppen und alle Fachkräfte, die mit Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung zu tun haben. Sollten wir in Europa in der Lage sein, solch einen fundamentalen Wandel in der Betrachtung unserer Angebote für Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung zu vollziehen, würden wir in kurzer Zeit feststellen, dass die momentane Belastung der nicht funktionierenden Inklusion minimiert werden würde. ((21))

Schülerin in Schleswig

Marielen Opasinski

Ich bin 16 Jahre alt und komme aus Schleswig-Holstein. Seit meiner Geburt leide ich an der Sehschädigung Achromatopsie, welche mir mein Leben nicht immer einfach macht. Das Landesförderzentrum Sehen (LFS) unterstützt mich nahezu, seitdem ich denken kann. Schon vor ca. zehn Jahren habe ich an Kursen und Veranstaltungen teilgenommen. Wenn ich heute zurückdenke, was das LFS mir in meinem Leben ermöglicht hat, bin ich Allen, die ein Teil dessen sind und Allen, die mich auf meinem Weg begleitet haben, mehr als dankbar. Ich bin sehr froh, dass es das LFS gibt. Ich denke, dass ich im Namen aller Schülerinnen und Schüler des LFS spreche und dass alle meine Aussage unterschreiben würden. Ich habe nicht nur gelernt, was ich für eine Krankheit habe und wie ich damit umgehen kann. Ich habe auch gelernt, wie ich bestmöglich gefördert werden kann, und ich habe außerdem sehr viele liebe und nette Leute

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kennengelernt und viele Freunde gefunden. Im Allgemeinen habe ich sehr viele neue und schöne Erfahrungen sammeln dürfen. Ich habe zum Beispiel gelernt, wie ich offen über meine Sehschädigung reden kann und wie ich sie meiner Familie, meinen Freunden oder auch z. B. meinen Lehrern oder Mitmenschen erklären kann. Ich habe Techniken und Strategien gelernt, leichter durch den Alltag zu kommen, ich habe Hilfsmittel wie Lupen o. A. ausprobieren dürfen, um herausfinden zu können, was ich benötige, um zurechtzukommen. Ich habe mich mit vielen anderen Schülern über unterschiedliche Sehschädigungen unterhalten, wir hatten somit die Möglichkeit UNSERE EIGENEN Erfahrungen, Techniken und Tipps mit anderen zu teilen und ihnen gegebenenfalls weiterzuhelfen. Ich habe selbst Schülerinnen und Schüler kennengelernt, die ähnliche oder sogar gleiche Diagnosen wie ich selbst haben. Dieses Gefühl zu wissen, dass man nicht alleine ist, ist einfach unbezahlbar - dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe auch gelernt, wie ich selbst mobil werde, ohne dass meine Eltern o. A. mich fahren müssen. Wie ich in der Öffentlichkeit meine Hilfsmittel einsetze, wie ich Pläne lesen kann und Vieles mehr. Ich habe das Schreiben mit zehn Fingern am Computer gelernt, damit es mir in meiner Zukunft leichter fällt. Meine Erfahrungen decken <Bild>Außenaufnahme des Kurshauses (ca. 1995)</Bild>

((22)) so eine große Bandbreite ab, dass ich gar nicht alles aufzählen kann. Aber man verbindet das LFS nicht nur mit Lernen oder Erfahrungen, sondern auch mit Spaß und Aktion. Wenn ich zum Beispiel an die Ski-Kurse zurückdenke, wo wir in Österreich, in Ramsau Skifahren waren, oder an die Kurse auf dem Scheersberg mit kreativen Freizeitaktivitäten oder an die jährlichen Sommerfeste des LFS. Egal welche Veranstaltung, man nimmt immer etwas Schönes mit. Selbst meine Eltern sind sehr, sehr begeistert, besonders von den Anfangskursen mit Eltern, denn nicht nur Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen, sondern auch die Eltern. Auch meine Eltern haben eine Menge vom LFS gelernt und mitnehmen dürfen. In Bezug auf meine Zukunft hat das LFS viele Fragen und Wünsche unterstützt und beantwortet. Kurse, in denen man sich Gedanken über seine Zukunft machen soll oder in denen z. B. ein Hospitationstag absolviert wird, haben einen wichtigen Grundbaustein des Berufslebens gesetzt. Was mich aber ganz besonders am LFS, an den

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Menschen, die dort arbeiten und an den Kursen begeistert, ist, dass man sich für Nichts schämen muss. In all den Jahren, die ich beim LFS unterstützt wurde, habe ich noch nie erlebt, dass sich irgendeine Schülerin oder ein Schüler für irgendetwas schämen musste oder ihr/ihm irgendetwas unangenehm sein musste. Es ist ein ganz besonderes Miteinander und ich hoffe, nein, ich wünsche mir, dass das LFS noch lange bestehen bleibt. Denn es ist eine große Chance für Kinder und Jugendliche mit Sehbehinderung oder Blindheit und es ist eine Förderung verbunden mit Spaß und Aktion. Alle Mitarbeiter sind mit viel Engagement dabei. Ich werde im Sommer 2018 meine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte antreten, auch für die Förderung vor und während der Ausbildung ist gesorgt, wie z. B. für die Beschaffung notwendiger Hilfsmittel etc. Das Team bzw. die jeweilige Beratungslehrkraft setzt sich sehr für die Schülerin bzw. den Schüler ein und das ist auf das gesamte Schul-, Studien- und Arbeitsleben bezogen. Das gesamte Team des LFS ist motiviert und engagiert, die Leute kommen strahlend auf dich zu, fragen dich und versuchen alles, was in ihrer „Macht" steht, um die beste Förderung erzielen zu können. Als ein Bespiel würde ich gerne Josef Adrian nennen, den Leiter des LFS. Unter einem „Chef" von etwas Größerem stellt man sich ehrlich gesagt jemanden vor, der zurückgezogen hinter seinem Schreibtisch sitzt und dafür sorgt, dass alles glatt läuft. Das erstaunlich Schöne an Josef Adrian (und natürlich dem ganzem Team!) ist aber, dass er auf dich zukommt, mit dir spricht, fragt, wie es dir geht, wie du selbst zurechtkommst und auch was besser gemacht werden kann, ob man Anregungen oder Wünsche hat. Er freut sich jedes Mal über gutes Feedback, schöne Erfahrungen oder erreichte Ziele der Schülerinnen und Schüler, der Studierenden o. A. Er - bzw. alle - treten einem jedes Mal wie ein „Freund" entgegen.Ich bin einfach dankbar für alles, was ich mit dem LFS in Verbindung bringen kann und darf.

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Weshalb Kompetenzzentren dringend erforderlich sind und weshalb es so viele Widerstände gibt (Eine kurze Antwort von Josef Adrian "Inklusion braucht differenzierte Strukturen" am 1.08.2016 in Graz beim 36. Kongress des Verbandes für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik)

Professorin Dr. Renate Walthes

Zwar existiert das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig schon 35 Jahre, wenn man jedoch die Diskussion innerhalb der Pädagogik bei Blindheit und Sehbeeinträchtigung in Deutschland verfolgt, hat man leider den Eindruck, als handele es sich hier um eine Orchidee, ,nice to have', aber leider nicht stilbildend für das System. Natürlich war es in den frühen achtziger Jahren leichter, ein Kompetenzzentrum Sehen von Grund auf als etwas Neues zu entwickeln, als bestehende Systeme umzugestalten. Es verwundert dennoch, dass dieses seit Jahrzehnten so gut funktionierende Konzept in den anderen Bundesländern keine Nachahmung gefunden hat. Im Gegenteil, bis heute mussten und müssen Josef Adrian und seine Kolleginnen und Kollegen den integrations- und inklusionsorientierten Ansatz gegenüber den Vertretern des Förderschulsystems verteidigen. (Z.B. in der Diskussion im Anschluss an den Beitrag von Josef Adrian in Graz) Diese Kontroverse wird vordergründig mit der Fragestellung diskutiert, welche Beschulungsform für Schülerinnen und Schüler die geeignete sei. Betrachtet man dieses Thema jedoch vor dem Hintergrund der Institutionen, dann können wir andere Aspekte erkennen:Die Reichweite der jeweiligen Rationalitätskriterien

Erstens: In der Geschichte der Blindenpädagogik gab es, trotz der Gründung der ersten Blindenanstalten, durchaus Tendenzen für integrative Beschulungen. Dass diese sich nicht durchsetzen konnten, hat mit den sozialen wie repräsentativen Aspekten des Fürsorgegedankens und der Anstaltsfürsorge des 19. Jahrhunderts zu tun. Große, teilweise repräsentative Einrichtungen waren Ende des 19. Jahrhunderts steingewordene Zeugen fürsorgender Landesherren. Vergleicht man das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig mit Einrichtungen wie der Landesschule für Blinde und Sehbehinderte im SFZ Chemnitz, den Einrichtungen der Blindeninstitutsstiftung in Bayern, dem Bbs in Nürnberg, dem SBZ in Unterschleißheim, der Nikolauspflege, dem Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte in Soest oder der Blindenstudienanstalt in Marburg, dann ist das kleine Backsteingebäude in der Lutherstraße 14

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wenig repräsentativ, kein bauliches Markenzeichen für seine Stadt, auch kein bedeutender Arbeitgeber, hat also das nicht, was repräsentative Gebäude und große Einrichtungen für die Stadtgesellschaft mittelgroßer Städte bedeuten. Waren es früher die Landesherren, so sind es heute kirchliche Träger, Wohlfahrtsorganisationen, Kommunen oder Länder, die auf diese Weise ihre Fürsorge und soziale Verantwortung demonstrieren. Eine Einrichtung, die dezentral arbeitet und an der Entwicklung sozialräumlicher Strukturen an verschiedenen Orten interessiert ist, hat diese Merkmale nicht zu bieten. Ihre Vorzüge beruhen auf der inhaltlichen Arbeit vor Ort.Zweitens: Blinden- und Sehbehindertenpädagogik versteht sich in wesentlichen Teilen als Schulpädagogik, selbst Frühförderung wird in etlichen Bundesländern als vorschulische Bildung begriffen und von Lehrerinnen und Lehrern durchgeführt. Die direkte Zusammenarbeit und Förderung von Kindern und vor allem das Unterrichten gehören zum Selbstverständnis des Lehrerinnen- und Lehrerseins. Das Subsidiaritätsprinzip der Sonderpädagogik ernst zu nehmen, Beratung und Unterstützung anzubieten und auf das eigene Unterrichten zu verzichten, erfordert eine Umorientierung im beruflichen

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<Bild> Der Brand im Verwaltungsgebäude (2007)</Bild>

Selbstverständnis und verändert das berufliche Selbstbild erheblich. Hier können die tradierten Einrichtungen inzwischen beides bieten, die Möglichkeit des Unterrichtens und die Arbeit im Gemeinsamen Lernen, die ebenfalls überwiegend aus Beratung und Unterstützung besteht. Elemente des Schleswiger Kompetenzzentrums wurden auf diese Weise in einigen anderen Einrichtungen übernommen, so z. B. die Kurshausidee, d. h. das Zur-Ver- fügung-Stellen von Elementen des dualen Curriculums mit der Möglichkeit des Austausches und für gemeinsame Freizeitaktivitäten von Schülerinnen und Schülern mit einer Sehbeeinträchtigung.Ausdehnung von Geltungskontexten

Nach Lepsius (M.R. Lepsius, Institutionalisierung politischen Handelns, Studien zum Weber-Paradigma, DOI 10.1007/978-3-658-01326-4_2, ©

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Springer Fachmedien Wiesbaden 2013) streben Institutionen per se nach Ausdehnung ihrer Geltungskontexte. Auch in diesem Feld unterscheidet sich das Landesförderzentrum Sehen elementar von den oben genannten Blinden- und Sehbehindertenbildungseinrichtungen. Um die Effektivität, in Teilen auch die Wirtschaftlichkeit und damit die Relevanz der Einrichtung zu erhalten, müssen lokale Einrichtungen der Gefahr geringerer Schülerinnen- und Schülerzahlen durch eine Erweiterung des Angebotes und der Serviceleistungen begegnen, indem Angebote für Erwachsene und Seniorinnen und Senioren, Rehabilitations- und sogar Pflegemaßnahmen oder Hilfsmittelproduktion und -vertrieb in das Portfolio aufgenommen werden. Festzustellen sind auch regionale Erweiterungen durch die Gründung von Außen-, Frühförder- und Beratungsstellen. Demgegenüber bezieht sich der Geltungskontext des Landesförderzentrums Sehen von Beginn an auf das Bundesland Schleswig-Holstein ohne die Notwendigkeit der Erweiterung des Geltungskontextes. Stattdessen erfolgt eine Konzentration auf inhaltliche Erweiterungen (Übergang Schule - Beruf) und konzeptionelle Veränderungen, die es den Kolleginnen und Kollegen ermöglichen sich zu spezialisieren und Themen weiterzuentwickeln. Durch die wohnortnahe Arbeit der über das ganze Land verteilt lebenden Kolleginnen und Kollegen ist eine gute Kenntnis der jeweiligen sozialräumlichen Strukturen mit ihren Barrieren und Möglichkeiten gegeben, die für die aktive Teilhabe an allen Elementen des gesellschaftlichen Lebens Voraussetzung ist.Auf diese Weise kann das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig relativ flexibel auf Veränderungen und neue Anforderungen reagieren und muss weniger um Bestand und Arbeitsplätze fürchten. Dieser Sachverhalt macht das konservative, beharrende Element der großen Blinden- und Sehbehindertenbildungseinrichtungen aus.Blickt man auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sozialrechtlich relevantem Förderbedarf Sehen nach den immer noch gültigen, aber sehr veralteten Kriterien der Sehschärfe und des Gesichtsfeldes, denkt man also von der Sehschädigung her, dann handelt es sich um die kleinste Gruppe im Feld der sonderpädagogischen Förderung. Zwar nehmen Förderschulen gegenwärtig auch andere Schülerinnen und Schüler auf, teils weil dort ein Bedarf im Bereich der visuellen Wahrnehmung besteht und mit reduziertem visuellen Angebot so viel leichter zu lernen ist, teils weil man damit eine akzeptable Klassengröße erreichen kann. Dennoch bleibt ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler mit kleinen visuellen Funktionsveränderungen außen vor, wenn von der Sehschädigung aus gedacht wird.Im Unterschied zu den frühen achtziger Jahren hat die Bildungspolitik und haben die Bildungsinstitutionen mit der UN-BRK in Kombination mit der

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ICF-CY Instrumente an der Hand, um über sozialrechtliche Definitionen hinaus dann tätig zu werden, wenn Kinder und Jugendliche Auffälligkeiten bei der Erfüllung relevanter visueller Aktivitäten zeigen bzw. Probleme in der Ausübung spezifischer (hier visueller) Funktionen haben. In der Diskussion um den Stellenwert einer Pädagogik bei Blindheit und einer Pädagogik, die sich der Rolle des Sehens als Voraussetzung für Aktivität und Lernen annimmt, benötigen wir genau die flexiblen Konzepte, die in den achtziger Jahren von Peter Appelhans, Christine Pluhar und Waltraut Rath entwickelt und von Josef Adrian mit seinem Team ausdifferenziert wurden.

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„Über das Neue und seine Feinde" - oder das LFS Schleswig als „Zumutung" im System der deutschen Blinden- und Sehbehindertenpädagogik

Frank Laemers

Ich habe Josef Adrian durch meinen Zivildienst an der Düsseldorfer Sehbehindertenschule vor 30 Jahren kennenlernen dürfen. Nach seinem Referendariat ist er damals an die neu gegründete „Schule ohne Schüler" nach Schleswig gegangen und war somit sozusagen von Anfang an dabei. 1987 kam er dann zurück an die Düsseldorfer Schule, um dort die mobile Beratung und Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit einer Sehbehinderung an allgemeinen Schulen auf- und auszubauen. An der Düsseldorfer Schule ging man diesen Weg der Erweiterung des Angebots im integrativen Bereich auf großen Druck von Eltern - Strategien der Schulentwicklung standen damals noch nicht so sehr im Fokus. Dennoch gelang es Adrian in Düsseldorf die Grundlagen für diese andere Art des Arbeitens inkl. eines Raums für die Low-Vision-Beratung zu etablieren. Gemeinsam mit Studierenden wurden dann auch die ersten Schülerwochenenden (Vorläufer eines Peer-Kursangebotes) Ende der 80er Jahre vor Ort realisiert. Auch an anderen Orten, wie z. B. Bielefeld und Würzburg, wurden Projekte und Schulversuche initiiert. Gerade diese „Gründerinnen und Gründer" des neuen Denkens einer „ambulant" arbeitenden subsidiären Sehbehindertenpädagogik waren engagierte Kolleginnen und Kollegen. Der damalige Düsseldorfer Schulleiter befürchtete das Ende der klassischen Sehbehindertenschule. Wort-wörtliches Zitat an mich, der ich als Student dort einmal wöchentlich als

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Honorarkraft tätig war: „Frank, wenn der Josef weiter so macht, haben wir demnächst, wenn Sie fertig sind, hier keine Schule mehr" (Anmerkung des Verfassers: Die Schule besteht unverändert und hat im stationären Teil nach wie vor zwischen 80 und 90 Schülerinnen und Schüler).Vom Schuljahr 1989/90 bis 1991/92 fand in Düsseldorf unter Leitung von Josef Adrian ein „Schulversuch zur sonderpädagogischen Unterstützung sehbehinderter Schülerinnen und Schüler an allgemeinen Schulen" statt. Die Erfahrungen wurden von Adrian in einem abschließenden Bericht 1992 vorgelegt. Dieser Bericht hat im Anhang die ausführliche Skizzierung eines „Förder- und Beratungszentrums für sehbehinderte Menschen", in dem Adrian ein Konzept zur Weiterentwicklung der „klassischen" Sehbehindertenschule hin zu einer multiprofessionell besetzten Einrichtung mit Angeboten von der Frühförderung bis hin zur Low-Vision-Beratung von Seniorinnen und Senioren skizziert. Adrian endet den Bericht mit den Worten: „Auf dieser Grundlage ist das Förder- und Beratungszentrum für sehbehinderte Menschen keine Utopie, sondern in absehbarer Zeit Realität" (1992, 36). Vorbild war damals schon das LFS in Schleswig und umgesetzt wurde es letztlich auch dort (lediglich die Beratung von Seniorinnen und Senioren ist noch nicht im Konzept...). Die damalige Staatliche Schule für Sehbehinderte in Schleswig war 1983 mit dem Ziel angetreten, v. a. für Schülerinnen und Schüler mit einer Sehbehinderung ein adäquates Angebot zu machen. So weist Appelhans darauf hin, dass in den 80er Jahren selbst in NRW, wo es damals schon ein System mit neun eigenständigen Sehbehindertenschulen gab, die Erfassungsquote lediglich bei 45 % lag (vgl. Appelhans 1983, 91). In Schleswig- Holstein war die erfasste Schülerzahl, die das Angebot der Blinden- und Sehbehindertenschule Hamburg in Anspruch nahm, noch geringer. Die heutigen Fallzahlen des LFS legen nahe, dass in vielen Regionen Deutschlands vermutlich gerade in den Bereichen Sehbehinderung sowie auch im Bereich Mehrfachbeeinträchtigung

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eine ganze Reihe von Schülerinnen und Schülern noch immer kein spezifisches Angebot im Förderschwerpunkt Sehen wahrnimmt. Leider haben wir dazu keine aktuellen Zahlen, aber ausgehend von einer Gesamtschülerzahl von 10,8 Mio. gibt es statistisch, wenn 2 von 1.000 Schülerinnen und Schülern sehbehindert sind (vgl. Adrian 2017, 191), 21.600 Schülerinnen und Schüler mit einem sehbehindertenspezifischem Unterstützungsbedarf im deutschen Schulsystem. Im Förderschwerpunkt Sehen werden aber lediglich 8.000 beschult, davon gut 45% an allgemeinen Schulen (vgl. KMK-Statistik). Doch schon kurz nach seiner

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Gründung erweiterte das LFS 1987 sein Angebot, indem es konsequenterweise das Angebot auch auf Schülerinnen und Schüler mit Blindheit ausweitete - und es sogar wagte, diese schon in der Grundschule vor Ort zu beraten und unterstützen. Im Sinne Luhmanns wurden hier eindeutig Systemgrenzen erweitert und man nahm die Pfründe des historisch gewachsenen „Blindness-Systems" (Thimm 1990) in den Blick: „Wer es unternimmt, Kommunikation in Gang zu bringen oder das Themenrepertoire eines Systems um neue Elemente zu erweitern, wird daher gut tun, sich den Zumutungsgehalt der Kommunikation vor Augen zu führen und sich über ihre Chancen zu vergewissern: Er erweitert Systemgrenzen" (Luhmann 1984, 267). Inwieweit dies als „Zumutung" vom bestehenden System der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik aufgefasst wurde, vermag ein Zitat aus dem Jahr 1988 vom damaligen VBS-Vorsitzenden Rhinow aus dem Vorwort des 2. Bandes der Aufsätze und Protokolle der AG Integration zeigen. Er schreibt dort: „Es bleibt nach wie vor zweifelhaft, ob blinde Kinder von der ersten Klasse an in allgemeinen Schulen ohne ernsthafte Schwierigkeiten gefördert werden können" (1988, 5).Wenn man die Arbeitsweise des LFS heute betrachtet, wird deutlich, dass von der großen Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die von der Früherziehung bis hin zur beruflichen Bildung an den unterschiedlichen Förderorten beraten und unterstützt werden, nur ein geringer Teil auf ein sehgeschädigtenspezifisches Angebot zurückgreift. D. h., die Bedingungen, unter denen eine wohnortnahe Beschulung mit den entsprechenden Ressourcen realisierbar ist, sind durch die Arbeitsweise bekannt. Somit kann das LFS als „Zumutung" (im Sinne Luhmanns) für viele bestehende Einrichtungen, die auch (noch) ein stationäres Angebot im System der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik Vorhalten (und manchmal auch recht phantasievoll „füllen"), empfunden werden. Inzwischen haben sich alle Einrichtungen im System der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik mehr oder weniger auf den Weg gemacht und die mobile Beratung und Unterstützung auf- und ausgebaut - oftmals gegen Widerstände im Kollegium, oft auf Wunsch von Eltern, häufig getragen von engagierten Kolleginnen und Kollegen. Ein konsequenter Umbau bzw. eine Weiterentwicklung ihrer Angebote hin zu mehr subsidiären sonderpädagogischen Angeboten in der Inklusion gelingt jedoch nur wenigen Einrichtungen - und das trotz der UN-BRK. Bislang ist mir nur die Johannes-Kepler-Schule in Aachen bekannt, die ihren stationären Bereich zugunsten der mobilen Beratung und Unterstützung geschlossen hat. Somit stellt sich die Frage, warum ein gutes Konzept bzw. eine (relativ) neue Idee sich in den letzten 30 bis 35 Jahren nicht konsequent flächendeckend durchsetzen kann: Vermutlich war aus den Bildungsministerien aller Bundesländer schon mal die eine oder andere

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Abordnung hochkarätiger Experten in Schleswig-Holstein, um die Arbeitsweise dieses Systems kennenzulernen - mit dem Ziel Anregungen für das eigene Bundesland mitzunehmen. In seinem Buch „Das Neue und seine Feinde" zeigt G. Dueck, wie sich Innovationen zur rechten Zeit fast automatisch durchsetzen - z. B. Geschirrspüler, Smartphones etc. Er arbeitet aber auch heraus, mit welchen Widerständen oft sinnvolle Innovationen ausgebremst oder gar verhindert werden. Dabei charakterisiert Dueck drei Typen, die diese Widerstände gegen Neues befördern:- „OpenMinds", die eine Innovation gut fänden, wenn ,sie so weit ist' (Wenn!)- „CloseMinds", die mit ,so etwas braucht kein Mensch' den Kopf schütteln- „Antagonisten, die das Neue aktiv bekämpfen" (,Unsicher! Unmoralisch! Gefährlich!' bzw. .nicht zu verantworten'; 2013,12)

Ein weiterer Faktor, warum es häufig nicht zu Innovationen kommt, obwohl diese augenscheinlich auch aus Sicht des Managements sinnvoll sein können, liegt in der Befürchtung, dass zu viel Energieverlust durch Veränderung und Chaos im Rahmen der Innovation befürchtet wird. Personen, die dieses zu vermeiden wissen, fahren die Strategie des „Do nothing" (Dueck 2013, 274). Dueck benennt aber auch, was es braucht, um Innovationen mit zu etablieren: Leidenschaft, Engagement und einen klaren Blickfür Chancen. Dies sind Eigenschaften, die verstehen lassen, warum das LFS heute mit dem Kollegi-

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um unter der Leitung von Josef Adrian dort steht, wo es steht - mit all den sich neu stellenden Herausforderungen. Vielleicht gelingt es ja noch mehr Einrichtungen im System der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik sich gegen „die Feinde des Neuen" durchzusetzen bzw. sie für Weiterentwicklungen im Sinne der UN-BRK zu gewinnen, die sich auf den Weg machen, die Inklusion sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher in einem durchaus exklusiven Schulsystem „qualitativ hochwertig" mit den Kolleginnen und Kollegen der allgemeinen Schulen zu gestalten und nicht nur im „Do nothing" zu verharren, ähnlich wie Adrian es in einem seiner neuesten Beiträge formuliert: „Dass sich die Frage besonderer Bildungseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen in Zeiten der

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Inklusion eigentlich gar nicht mehr stellen sollte, gibt der subsidiären Sonderpädagogik, die diese Zielvorgabe unterstützt, eine neue Legitimation, einen neuen Schub zur Weiterentwicklung und neue Verantwortung. Dies besteht darin, das allgemeine Bildungssystem darin zu unterstützen, ein wirklich inklusives System zu werden. Derzeit ist es das noch nicht, sodass die sonderpädagogische Arbeit in der Praxis der Inklusion auch darin besteht, die alltäglichen Ausgrenzungen eines nach wie vor segregierenden Systems aufzudecken, die Barrieren zu benennen und sie möglichst gemeinsam mit den Lehrkräften der allgemein- bildenden und berufsbildenden Schulen abzubauen" (Adrian 2017, 205).LiteraturAdrian, J. (1992): Schulversuch zur sonderpädagogischen Unterstützung sehbehinderter Schülerinnen und Schüler an allgemeinen Schulen. Schuljahr 1989/90 bis 1991/92. Düsseldorf: Landschaftsverband RheinlandAdrian, J. (2017): Das Landesförderzentrum Sehen, Schleswig (LFS) - ein Förderzentrum für die Inklusion junger Menschen mit Sehschädigung. In: Reich, K. (Hg.): Inklusive Didaktik In der Praxis. Beispiele erfolgreicher Schulen. Weinheim, Basel: Beltz, 190-206Appelhans, P. (1983): Flächendeckende Unterstützung sehbehinderter Schüler In den Regelschulen Schleswig-Holsteins. In: AG „Integration sehgeschädigter Schüler In Regelschulen" Im VBS (Hg.): Sehgeschädigte In Regelschulen. Aufsätze, Berichte, Protokolle. Würzburg: VzFB, 91-98Dueck, G. (2013): Das Neue und seine Feinde: Wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen. Frankfurt a.M.: Campus Kultusmlnlsterkonferenz: www.kmk.org (Zugriff: 24.01.2018)Rhinow, H.U. (1988): Vorwort des 1. Vorsitzenden des Verbandes der Blinden- und Sehbehlndertenpädagogen e.V.. In: AG „Integration sehgeschädigter Schüler In Regelschulen" Im VBS (Hg.): Sehgeschädigte In Regelschulen. Berichte, Bestandsaufnahmen, Protokolle. Bd. 2. Schleswig: VzFBThimm, W. (1990): Das .Blindness-System' und die Welsen (1964-1989). In: Düe, W.; Pluhar, Chr. (Hg.): Selbstbestimmung und Offenheit. Eine Festschrift für W. Rath 60. Geburtstag. Hamburg: Hamburger Buchwerkstatt, 61-77.

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Aus dem Leben eines SICHT-behinderten Schülers

Dörte Severin

„Vor-SICHT", ruft meine Mutter, „lauf nicht so schnell die Treppe runter, sonst fällst du noch hin!"„Zeige mir die Schneemänner mit einer roten Nase", verlangt die Frühförderin von mir, „konzentriere dich, sonst verlierst du die Über-SICHT!"„Immer müssen wir auf dich Rück-SICHT nehmen", maulen meine Mitschüler, wenn sie im Sportunterricht Volleyball spielen wollen.„Diese Lupe würde dir wirklich helfen", erklärt die Beratungslehrerin, „dir fehlt einfach die Ein-SICHT!"„Bei deiner katastrophalen Nacht-SICHT solltest du besser einen Blindenstock benutzen", empfiehlt der Mobilitätslehrer, „sonst kannst du dich leicht verletzen!"„Es war nicht meine Ab-SICHT, dich zu kränken", sagt eine ältere Frau, als sie mir im Bus einen Platz angeboten hat, „ich wollte dir nur helfen."„Sie hat es doch nicht so gemeint", beruhigt mich mein Vater, „du solltest etwas nach-SICHT-iger sein."„SICHT, SICHT, SICHT", schreie ich, „wisst ihr denn nicht, dass ich SICHT-behindert bin?"Dennoch: ich SEHE,die Aus-SICHT auf mein Leben ist vielversprechend.Ich binzuver-SICHT-lich. ((29))„Wenn es keine Widerstände gäbe, bräuchte es uns nicht"

Wie Josef Adrian mit Ideen und Gedanken den Aufbau und die Arbeit des Mobilen Dienstes Sehen in Niedersachsen unterstützt hat.Ute Licht und Torsten Schröder

Die Anfänge des Kennenlernens mit Josef Adrian bleiben im Dunkeln. War es auf dem Würzburger Kongress 1983 oder in der Gründungsphase des

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Landesförderzentrums in Schleswig im Rahmen von Veranstaltungen der Universität Hamburg? Die Begegnungen mit ihm waren und sind geprägt von Humor, Vision, unnachgiebiger Überzeugungsstätigkeit und Engagementfür eine integrative und inklusive Pädagogikfür junge Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit. Der persönliche Kontakt mit Rat, konzeptionellen Hinweisen und Unterstützung für die niedersächsischen Belange der sich entwickelnden Mobilen Dienste der Landesschulbehörde im Förderschwerpunkt Sehen ist kontinuierlich geblieben. Zu Beginn der 90er Jahre wurde Josef Adrian zu einer schulinternen Mitarbeiterfortbildung einer niedersächsischen Förderschule Geistige Entwicklung eingeladen und hielt einen Vortrag zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf an allgemein bildenden Schulen, zur Organisation integrativer Settings und zur Umwandlung von Förderschulen zu Förderzentren. Auch wenn es hier hauptsächlich um Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf im Bereich Geistige Entwicklung, Lernen und emotionale und soziale Entwicklung ging, konnte er überzeugen und durch seine zutiefst inklusive Haltung Lehrkräfte für die Idee begeis-tern, Schülerinnen und Schüler mit Schwierigkeiten an allgemeinen Schulen zu unterstützen und damit dafür zu sorgen, dass alle Schülerinnen und Schüler eines Einzugsbereichs an der für sie zuständigen regionalen Schule lernen und arbeiten können. In dieser Zeit der sogenannten „Integration" keimte bei manchen niedersächsischen Lehrkräften im Mobilen Dienst Sehen die Hoffnung auf, das Schleswiger Modell auf niedersächsische Verhältnisse übertragen zu können. Niedersachsen hatte bis 1990 in der Fläche kein Angebot für den FörderschwerpunktSehen. Als sich dann ab Mitte der 90er Jahre der Mobile Dienst Sehen in den einzelnen Regionalabteilungen Niedersachsens zu formieren begann, war Josef Adrian immer wieder ein fester Anker bei inhaltlichen und organisatorischen Fragen. Der Mobile Dienst Sehen wuchs schnell, immer mehr Schülerinnen und Schüler mit Sehbehinderung oder Blindheit wurden bekannt, immer mehr Lehrkräfte nahmen ihre Beratungsarbeit auf. Konzepte wurden erstellt, regionale und überregionale ganztägige Dienstbesprechungen eingerichtet, Fortbildungen initiiert, organisiert und durchgeführt. Der Input kam dabei häufig von Referenten aus dem Team des Landesförderzentrums Sehen in Schleswig, deren Teilnahme durch die Leitung ermöglicht wurde. In dem Maße jedoch, in dem die Aufgaben Zunahmen, häuften sich auch bestimmte Schwierigkeiten in der Beratung und Unterstützung. Wenn wir darüber mit dem immer an unseren Fortschritten interessierten Josef Adrian sprachen, hörten wir von ihm den Satz: „Wenn es keine Widerstände gäbe, bräuchte es uns nicht!" In diesem Satz zeigt sich einmal mehr die tiefe inklusive Haltung, die er in sich trägt. Für jede einzelne Schülerin bzw. für jeden Schüler, die bzw. der sehbehindertenspezifischer Unterstützung bedarf, muss jeweils genau

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analysiert werden, welche Unterstützung und welche Hilfen sinnvoll sind. Im Rahmen der Umsetzung dieser Maßnahmen gilt es alle am Prozess Beteiligten einzubeziehen, Gespräche zu führen und Überzeugungsarbeit zu leisten, so dass ein wirksames inklusives Setting entstehen kann. Nach 25 Jahren Tätigkeit hat der Mobile Dienst Sehen in Niedersachsen den notwendigen Bedarf an sehbehinderten- und blindenpädagogischer Unterstützung in der Fläche nachgewiesen. Für die inhaltliche fachgerechte

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<Bild>Besuch der European Agency of Special Education:Das Bild zeigt die Gruppe der europäischen Besucher mit Vertreterinnen des Bildungsministeriums von Schleswig-Holstein, des IQSH und der Leitung des LFS (2008)</Bild>

Argumentation hat sich Josef Adrian in dieser Zeit immer hilfsbereit und offen für Gespräche gezeigt. Im Jahr 2011 ist es in der Regionalabteilung Lüneburg gelungen am Studienseminar für Sonderpädagogik ein Fachseminar für Beeinträchtigung des Sehens zu eröffnen. Anwärterinnen und Anwärter konnten nun erstmalig in Niedersachsen zu Sehbehinderten- und Blindenlehrkräften ausgebildet werden und dies ausschließlich in inklusiven Settings. Auch hier gab es Widerstände, kritische Stimmen waren vor allem aus den Reihen der entsprechenden Förderzentren zu hören. Auf einer Zusammenkunft von Leiterinnen und Leitern der Blindenbildungseinrichtungen Norddeutschlands ergriff Josef Adrian Partei und machte deutlich, dass es keiner Schule für Blinde und Sehbehinderte bedarf, um eine gute Ausbildung im Förderschwerpunkt Sehen anzubieten. Inklusive Settings, in denen Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigung des Sehens beschult werden, und eine fundierte Aufbereitung praxisrelevanter Themen im Fachseminar Sehen bieten einen mehr als ausreichenden Rahmen, um angehende Lehrkräfte adäquat auf ihre zukünftigen Aufgabenbereiche vorzubereiten und sie zu guten Blinden- und Sehbehindertenlehrkräften auszubilden. Nachdem immer mehr Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf an allgemeinen Schulen beschult werden, gibt es in Niedersachsen zunehmend Bestrebungen, auch auf organisatorischer

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Ebene eine Struktur zu schaffen, um die Inklusion vor Ort, im Landkreis oder der kreisfreien Stadt zu unterstützen. Neben einer guten regionalen Zusammenarbeit ist es aber gerade für einzelne Lehrkräfte, die Schülerinnen und Schüler mit Sehbehinderung und Blindheit in einem, zwei oder drei Landkreisen beraten und unterstützen, notwendig, sich überregional mit anderen Sehbehinderten- und Blindenlehrkräften zu vernetzen. Im Rahmen dieser Debatte hat Josef Adrian auf einer Veranstaltung mit der niedersächsischen Kultusministerin sehr deutlich machen können, dass es aufgrund der geringen Prävalenzrate der Schülerinnen und Schüler mit Sehbehinderung und Blindheit und der daraus resultierenden geringen Anzahl der

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Lehrkräfte im Mobilen Dienst Sehen einer überregionalen Steuerung und Organisation innerhalb der Regionalabteilungen In Niedersachsen bedarf. Eine überregionale Struktur mit Dienstbesprechungen und Fortbildungen garantiert mit Hilfe eines Kompetenztransfers und fachlichem Input den Erhalt der Fachexpertise, so dass die vielfältigen Aufgaben Im Mobilen Dienst Sehen wirksam von den Kolleginnen und Kollegen wahrgenommen werden können. Josef Adrian zeigte auf, dass die Mobilen Dienste Im Förderschwerpunkt Sehen nur mit Hilfe überregionaler Anbindung die notwendigen fachspezifischen Bildungsangebote, z. B. auch In Form von Schülerkursen, bereit halten können, die an der allgemeinen Schule fehlen, um allen Schülerinnen und Schülern mit Sehbehinderung oder Blindheit die vollständige Teilhabe an Ihrer wohnortnahen Schule zu ermöglichen. Dennoch hat die Politik und die landesschulbehördllche Vertretung des Landes Niedersachsen für die Mobilen Dienste Im Förderschwerpunkt Sehen bis heute keine adäquate Struktur In Schulgesetzgebung und Erlassen geschaffen. Die Verleihung des Jakob Muth-Preises an das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig ist sowohl Bestätigung als auch Aufforderung und Vorbild für eine notwendige zukunftsträchtige Inklusive Pädagogik Im Förderschwerpunkt Sehen in Niedersachsen. Diese Haltung, die eng mit Josef Adrian verbunden Ist, wird uns auch weiterhin In der niedersächsischen Arbeit begleiten.

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Die Universität Hamburg und das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig

Professor Dr. Sven Degenhardt

Nähert man sich der Aufgabe, die Beziehungen zwischen dem Landesförderzentrum Sehen in Schleswig (LFS) und dem Arbeitsbereich der Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens an der Universität Hamburg zu umschreiben, entsteht ein fast unauflösbares Geflecht von möglichen Herangehensweisen: Soll eine historische oder historisierende Herangehensweise gewählt werden? Oder sollen die vielfältigen und zahlreichen persönlichen Beziehungen zwischen Protagonistinnen und Protagonisten dieser beiden Institutionen strukturierend dargestellt werden? Kann der bildungspolitische Aspekt einen roten Faden der Darstellung bilden oder sollten es professionalisierungstheoretische und/oder erziehungswissenschaftlichkonzeptionelle Aspekte sein? Letztendlich wird es eine pragmatische Mischung aus Konzepten, Personen, Projekten und Visionen sein, die notwendig und hinreichend sind, um dieses Verhältnis - in der gebotenen Kürze - äquivalentzu umschreiben.Der erste Blick auf die Beziehung verweist auf ein Spannungsverhältnis, in dem zuerst die trennenden Charakteristika, Strukturen und Ziele der einzelnen Elemente hervortreten: Auf der einen Seite eine schulische Bildungsinstitution - rechtlich klar definiert, aber mit einer „Sonderstellung" als „Schule ohne Schülerinnen und Schüler". Auf der anderen Seite ein erziehungswissenschaftlicher Arbeitsbereich, der sich über einen spezifischen Gegenstand in einem breit aufgestellten universitären System von Forschung und Lehre positioniert, dabei zwar einen hohen Freiheitsgrad nutzen kann, aber auch an strukturelle Vorgaben, z. B. zum Konzept der Lehrkräftebildung, gebunden ist. Und beide Elemente sind auch noch in zwei im bildungspolitischen Wettbewerb stehenden Bundesländern platziert.Der zweite Blick offenbart aber bereits „grenzüberschreitende" Nähe: Das Handlungsfeld des LFS ist die Teilhabegestaltung von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigung des Sehens an vorschulischen, schulischen, neben- und nachschulischen Bildungsprozessen. Die an der Universität angesiedelte Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens fokussiert die Entwicklung, Evaluation und „wissenschaftliche Pflege" des zugehörigen erziehungswissenschaftlichen „Gegenstücks". Vertieft man die Betrachtung dieser Kontaktstelle, die Einheit von Theorie und Handlungswirklichkeit, und betrachtet man die Vernetzungen, die Partnerinstitutionen und -Wissenschaften, die für eine erfolgreiche

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Teilhabegestaltung nötig scheinen, wird aus der singulären Kontaktstelle eine immer breiter werdende Kontaktfläche. Diese Kontaktfläche wird gefüllt von der Erziehungswissenschaft in ihrer disziplinären Struktur und mit ihren institutionellen Repräsentanten (Pädagogik der Frühen Kindheit, Grundschulpädagogik, Schulpädagogik, die allgemeine und die Fachdidaktiken, die Berufs- und Wirtschaftspädagogik, die Behindertenpädagogik mit ihren eher klassisch definierten Förderschwerpunkten und mit ihren psychologischen, soziologischen und sozialpädagogischen Wurzeln und Querverweisen...), aber auch von der Medizin, der Psychologie, der Neurowissenschaft, der Augenoptik/Optometrie, dem Spektrum von den Ingenieurswissenschaften, der Informatik, der Rechtswissenschaft und der Architektur bis hin zur Verwaltungs- und Politikwissenschaft... . Bleibt man im Bild, so wird aus der sich immer weiter ausbreitenden und mit schillernder Vielfalt ausgestatteten Kontaktfläche sogar ein drei-dimensionales Netzwerk. Die dritte Dimension entsteht, wenn die beteiligten Protagonistinnen und Protagonisten (die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Beeinträchtigung des Sehens und ihre Eltern, Familien und sozialen Netzwerke), deren Interessenvertretungen und deren Präsenz in Gesellschaft, Medien und Politik ins Blickfeld genommen werden. In diesem Netzwerk plat-ziert sich das interdisziplinäre Theoriegebäude, in dem sich auch das komplexe Handlungsfeld wiederfinden kann und umgekehrt.

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Seit Anbeginn hat dieses komplexe Handlungsfeld das Zusammenwirken, das gemeinsame (Vor-)Denken, Planen, Visionen-Entwerfen, Verwerfen und Umsetzen die beiden Einrichtungen verbunden. Diese Zusammenarbeit auf dem Feld der Forschung, Entwicklung und Evaluation wurde und wird getragen durch gemeinsam beantragte und durchgeführte Forschungsprojekte und sichtbar durch gemeinsame Publikationen (vgl. u. a. Rath & Appelhans 1985, Appelhans et al. 1992, Henriksen, A. & Degenhardt 2009, Degenhardt & Henriksen, Ch. 2009, Degenhardt, Gewinn & Schütt 2016, Degenhardt & Hilgers 2017). Im Rahmen der Projekte der Entwicklungszusammenarbeit, der internationalen Kooperationsprojekte und der Studienreisen des Bereichs der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik an der Universität Hamburg wurden und werden die fachliche Expertise von Kolleginnen und Kollegen des LFS aktiv eingebunden (PR China, SAR Hong Kong, RoC Taiwan, Ro Korea, Spanien, USA, Japan, Kuba, Iran) und darüber hinaus der bundesweit einzigartige

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Ansatz des LFS kommuniziert. Auch dies führt dazu, dass bei Besuchen der internationalen Kolleginnen und Kollegen ein großes Interesse besteht, die Handlungswirklichkeit des LFS kennenzulernen. Das wiederum befeuert die ohnehin starke Nachfrage nach Erkundungen und Hospitationen zusätzlich.Im Bereich der universitären Lehre im blinden- und sehbehindertenpädagogischen Lehramt (aktuell im Master of Education „Lehramt für Sonderpädagogik, Förderschwerpunkt Sehen") geht die Zusammenarbeit über Erkundungen und Hospitationen weit hinaus. Kolleginnen und Kollegen des LFS füllten und füllen innerhalb von Lehrveranstaltungen im Lehrauftrag vielfältige Lehrbereiche: Dazu gehören LowVision-Arbeit, spezifische Fachdidaktiken (z. B. Sport), die Kursarbeit, theaterpädagogische Angebote, Beratung, Hilfsmittelberatung und -anpassung, sehgeschädigtenpädagogisches Tun innerhalb einer Pädagogik bei komplexer Beeinträchtigung u.v.a.m. Darüber hinaus ist aber auch der unproblematische Feldzugang für die Studierenden im Rahmen der Lehre u. a. zu den Themenbereichen Sprach- und Begriffsentwicklung, Spielentwicklung blinder und sehbehinderter Kinder und Evaluation sehgeschädigtenpädagogischer Prozesse unersetzbar. Hier wird das LFS im Netzwerk der Einrichtungen im norddeutschen Bereich und darüber hinaus oft und gerne von den Studierenden angefragt. Intensiver wurden und werden die Verknüpfungen im Rahmen von Projekten, die zu Staatsexamens-, Bachelor- und Masterarbeiten.<Bild> Die Vorsitzende des Vereins zur Förderung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein Karin Friese- Harenberg und der Leiter des LFS Josef Adrian begrüßen die Gäste beim gemeinsamen Sommerfest 2008</Bild>

führen. Weiterhin sind Plätze im Kernpraktikum II, dem sonderpädagogischen Teil des Praxissemesters des Master-of-Education-Studiums an der Universität Hamburg, auch am LFS und damit an Schulen in Schleswig-Holstein wählbar. Ein Angebot, das ein großes Maß an sowohl zusätzlichem fachlichen als auch organisatorischen Aufwand auf Seiten des Kollegiums des LFS erfordert. Die in Hamburg u. a. an die Sozietät Sonderpädagogik angebundene und damit ein Stück formalisierte und belastbare enge Kooperation zwischen allen Phasen der Lehrkräftebildung wird nicht nur auf dem Feld des Kernpraktikums II, sondern auch an der Schnittstelle zwischen der ersten und zweiten Phase der Lehrkräftebildung über die Ländergrenzen hinweg gepflegt. Dies geschieht im Verbund mit

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allen norddeutschen Ländern, denn die Universität Hamburg „versorgt" mit ihren Absolventinnen und Absolventen im Förderschwerpunkt Sehen schwerpunktmäßig den norddeutschen Raum.

((34)) Die Kontakte zwischen dem Landesförderzentrum Sehen in Schleswig und dem Arbeitsbereich der Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens an der Universität Hamburg sind keine isolierten und bilateralen. Sie sind Bestandteil eines regionalen, nationalen und internationalen Netzwerkes, das die Pädagogik der Beeinträchtigung des Sehens seit Anbeginn pflegt. Dieses Netzwerk ist für ein „Kleines Fach", wie es die Blinden- und Sehbehindertenpädagogik im Kanon der erziehungswissenschaftlichen Disziplinen ist, von grundlegender Bedeutung. In Würdigung der Nähe zwischen den Förderschwerpunkten Sehen und Hören in der Geschichte und der Zukunft formulieren Degenhardt & Leonhardt folgende vier Aspekte gemeinsamer Visionen:- „Die „kleinen" Fächer müssen sich im Reigen der sonderpädagogischen Fächer auch „nach außen" deutlich(er) positionieren.- Ihre historischen Rollen als stets über die Schulen hinausgehende Pädagogiken müssen wieder stärker beachtet werden; dazu gehören Fragen der Rehabilitation und Habilitation aufgrund aktueller diagnostischer Möglichkeiten und des damit verbundenen rechtzeitigen Einsetzens der Frühförderung ebenso wie die (re-)habilitative Begleitung über die gesamte Lebensspanne.- Eine inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf im Sehen oder Hören erfordert eine Begleitung durch hochqualifiziertes Fachpersonal. Allround und/oder polyvalent ausgebildete Sonderpädagogen werden kaum über das sich über Jahrhunderte angesammelte spezifische, hoch interdisziplinäre und hoch ausdifferenzierte Wissen der Fächer Gehörlosen- und Schwerhörigen- sowie Blinden- und Sehbe-hindertenpädagogik verfügen können, wie es aus professioneller Sicht zu erwarten und notwendig ist.- Eine als „inklusive Schule" ausgewiesene oder sich selbst so bezeichnende Bildungseinrichtung muss, um Etikettenschwindel und Frustrationen bei Eltern sowie bei Kindern und Jugendlichen zu vermeiden, für Schüler und Schülerinnen mit Förderbedarf im Hören oder Sehen barrierefrei sein. Es sind angemessene Vorkehrungen zu treffen, um den Schülern mit Förderbedarf im Hören und Sehen die tatsächliche Teilhabe

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am Unterricht und die soziale Inklusion zu sichern" (Degenhardt & Leonhardt 2017, S. 208).Es ist ein Grundpfeiler der Beziehungen zwischen dem Landesförderzentrum Sehen, Schleswig (LFS) und dem Arbeitsbereich der Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens an der Universität Hamburg, dass diese Visionen und Aufgaben im Kern geteilt werden und dass sie handlungsleitend das gemeinsame Tun (mit-)prägen.

LiteraturAppelhans, Peter, Henning Braband, Willi Düe, Waldtraut Rath (1992) Übergang von der Schule ins Arbeitsleben: Bericht über ein Projekt mit sehgeschädigten jungen Menschen. Hamburg: Hamburger Buchwerkstatt.Degenhardt, Sven, Wiebke Gewinn und Marie-Luise Schütt (Hrsg.) (2016) Spezifisches Curriculum für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung für die Handlungsfelder Schule, Übergang von der Schule in den Beruf und Berufliche Rehabilitation. Norderstedt: Books on Demand.Degenhardt, Sven und Christoph Henriksen (2009) Was macht die Bildung von Menschen mit mehrfachen Behinderungen zu einer sehgeschädigtenpädagogischen Bildung? In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete VHN, 78, 3, 212 - 226.Degenhardt, Sven und Florian P. Hilgers (2017) Darstellung blinder Menschen im Spielfilm: Spiegelbilder inklusiver Settings oder doch nur Fiktion? In: Brede, Julia Ricart und Günter Helmes (Hrsg.), Vielfalt und Diversitätin Film und Fernsehen: Behinderung und Migration im Fokus. Münster, New York: Waxmann, 79 - 97.Degenhardt, Sven und Annette Leonhardt (2017) Die „kleinen" Fächer Blinden - und Sehbehinderten - sowie Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik in Zeiten der Inklusion. In: Leonhardt, Annette und Kirsten Ludwig (Hrsg.), Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogen(aus)bildung in Bayern - Vom Jahreskurs zum interdisziplinären Studium an der Universität. Heidelberg: Median-Verlag, 197-211.Henriksen, Anne und Sven Degenhardt (2009) Prevalence of Visual Impairments in Adults with Cognitive and Developmental Disabilities in a Sheltered Workshop in Germany. In: Journal of Visual Impair ment & Blind ness, 103, 7, 415 - 424.Rath, Waldtraut und Peter Appelhans (1985) Sehauffällige Schüler in allgemeinen Schulen: Seh Beeinträchtigung als Variable schulischen Lernens. Frankfurt am Main, Bern, New York, Nancy: Peter Lang.

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<Bild>Besuch der Beauftragten der Bundesregierung für die Belangebehinderter Mensche, Frau Evers-Meyer (v. I. n. r.: Herr Adrian, HerrWißmann, Frau Evers-Meyer; Frau Hölscher; Frau Pluhar; 2009)"</Bild>

„(K!)ein freier Fall"

Gabryele Kastner-Roeßler

Mögen Sie Spinnen? Ich definitiv nicht! Ich sehe jetzt schon, wie Bilder diverser unliebsamer Begegnungen in unseren Köpfen entstehen ..., mir fällt aber trotzdem das Förderzentrum Sehen dabei ein. Sie fragen sich sicherlich, was so eine Spinne mit „unserem" Förderzentrum zu tun hat. Sie hat etwas, was das Förderzentrum lebt! Es ist ein wunderschönes, klug durchdachtes und wirklich sehr gut haltendes Netz, das uns - die Familien mit Kindern mit Sehschädigung oder auch Blindheit - vor dem freien Fall bewahrt. Sie baut uns ein verzweigtes Netz aus Hilfen, Unterstützungen, Richtungsweisern, Ideen und Möglichkeiten, die wir, vor allem in der ersten Zeit, nicht sehen oder erkennen können.Aber nach und nach erschließt sich immer wieder ein neuer Weg, eine neue Abzweigung und Chance unseren Lebensweg zu gehen. Der Unterschied zwischen unserem Netz und dem der Spinne ist aber, dass hier viele am Werk sind und das mit den besten Absichten und dem Ziel, uns allen die Kraft, das Selbstbewusstsein und die Befähigung zugeben, auf eigenen Beinen zu stehen und selbständig und unabhängig zu leben. Diese Lehrkräfte und Pädagogen bilden mit ihrem Leiter, Herrn Adrian, ein erstaunliches Team. Alle gaben uns von Anfang an das Gefühl, nicht allein zu stehen. Sie tun dies nach wie vor mit ihrer fachlichen Kompetenz, Professionalität, aber auch in vielen Situationen mit ihrem ganzen Herzen. Wir durften erleben, wie dieses Team in unser Leben trat und sich für unser Kind und uns einsetzte. Mit viel Engagement und (glücklicherweise) auch viel Humor begleiteten sie uns. Es gab viele Seminare, Ausflüge, Treffen etc., die uns nicht nur Vieles lehrten. Wir hatten Spaß, lernten andere Familien mit ähnlichen Herausforderungen kennen, konnten uns

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austauschen. Wir konnten erleben und staunen, wie andere, ältere Kinder bereits ihr Leben meisterten und uns damit Mut und auch Lebensfreude gaben.Vielen Dank dem gesamten Team - vielen Dank, Herr Adrian! ((36))

(Fast) jedes Jahr ein neues Buch: Veröffentlichungen der edition bentheim mit dem Landesförderzentrum Sehen Schleswig und Josef Adrian

Dr. Wolfgang Drave

Eine „gute" pädagogische Institution, die auf wissenschaftlichen, insbesondere erziehungswissenschaftlichen Erkenntnissen beruht und durch erziehungswissenschaftliches Handeln auch neue Erkenntnisse gewinnt - quasi „Wissen-schaf(f)t", ist naturgemäß auch bemüht, ihre zukunftsweisenden Erkenntnisse anderen, insbesondere im gleichen Metier arbeitenden Kolleginnen und Kollegen, weiterzugeben, um deren pädagogisches Weiterleben zu gewährleisten. Josef Adrian und seine Kolleginnen und Kollegen am Landesförderzentrum Sehen haben diese wissenschaftliche Maxime treulich verfolgt und in Zusammenarbeit mit der edition bentheim der Johann Wilhelm Klein-Akademie wissenschaffende / wissenschaftliche Veröffentlichungen „auf den Weg gebracht" - sprich: herausgegeben. Die sehr unterschiedlichen Titel verdeutlichen das große Spektrum der Tätigkeiten im hohen Norden, die theoretisch-praktische Bandbreite. Doch keine theoretische Veröffentlichung ohne die Druckerschwärze und Satz- und Layouttechnik der Handwerker der Gutenbergischen Drucktechnik und damit auch der pekuniären Notwendigkeiten. Erst dank der ideellen Unterstützung des LFS und der finanziellen Unterstützungen verschiedener Stiftungen und Vereinigungen war die konkrete Realisierung möglich. Folgende Veröffentlichungen wurden zwischen 1997 und heute herausgegeben:

<Bild>Darstellung mehrerer Bücher von verschiedenen Leuten (S. 37-38)</Bilder>

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35 Jahre Landesförderzentrum Sehen in Schleswig - 35 Jahre Ausbildung von sonderpädagogischen Lehrkräften

Brigitte Nitschke-Junge und Achim Rix

Zu den vielseitigen Arbeitsbereichen des Landesförderzentrums Sehen gehört von Anfang an auch die Ausbildung von sonderpädagogischen Lehrkräften im Förderschwerpunkt Sehen. In den 35 Jahren des LFS-Bestehens wurden Bewerberinnen und Bewerber aus allen Bundesländern in den kleinsten Ausbildungsgruppen auf die unterstützende Arbeit im schulischen Alltag für eine Schülerschaft mit Beeinträchtigungen im Sehen vorbereitet. Es veränderten sich die Begrifflichkeiten der Bezeichnungen: von Sonderschullehramtsanwärterinnen und -anwärtern der Sehbehinderten- und Blindenpädagogik hin zu Lehrkräften im Vorbereitungsdienst Sonderpädagogik mit der Fachrichtung Sehen.Auch die Studienleitungen wechselten von Willi Düe über Gitta Brodersen hin zu Dr. Michael Thiele und aktuell zu Florian Hilgers. Die Konstante im Hintergrund war und ist der Leiter des LFS, Josef Adrian. In enger, vertrauter und kollegialer Zusammenarbeit mit den für Sonderpädagogik Zuständigen im Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein - kurz IQSH - akquirierte er Ausbildungsplätze und Mentorinnen sowie Mentoren für „seine" Fachrichtung und begleitete unterstützend die Lehrkräfte in Ausbildung bis hin zum (zweiten) Staatsexamen. Schon früh gingen Impulse für integrativen Unterricht insbesondere vom LFS aus, die als erste Schule ohne eigene Schülerschaft im eigenen Haus ein bildungspolitischer Leuchtturm war - und ist.Gemeinsam mit Teamkolleginnen und -kollegen setzte Josef Adrian maßgebliche Impulse bei der Erarbeitung des Lehrplans für sonderpädagogische Förderung, der für alle Schularten gilt. Er engagierte sich bei der Erstellung und Überarbeitung der Ausbildungscurricula Sonderpädagogik im Förderschwerpunkt Sehen und sorgte darüber hinaus für eine aktuelle, fachlich fundierte Fortbildung von Ausbildungslehrkräften und Lehrkräften in der dritten Phase.Als Schulleiter vertrat er vehement und kompetent seinen sonderpädagogischen Standpunkt in einem inklusiv ausgerichteten Schulsystem mit Blick auf die zu fördernden Kinder und Jugendlichen

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sowie die zu beratenden Lehrkräfte in den Primär- oder Sekundarstufen an allgemeinbildenden Schulen und an Förderzentren.Für viele Jahre guter Zusammenarbeit und Unterstützung sagen wir ganz herzlich DANKE und wünschen dem zukünftigen Pensionär Josef Adrian für die nächsten 35 Jahre alles Gute, besonders Gesundheit, Lebensfreude und Muße!

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Der Weg vom Problemschüler zum selbstbewussten Arbeitnehmer

Mustafa Güler

Hallo Herr Adrian,mit dem Hintergrundwissen Ihrer Pensionierung möchte ich einige Worte darüber verlieren, was das Landesförderzentrum Sehen für mich bedeutet und wie Ihre Einrichtung mich in meiner Laufbahn geprägt, geformt und unterstützt hat.Ich war nicht immer in der Situation, eine positive Vita zu entwickeln, und Herrn Scholz, den für mich zuständigen Lehrer des LFS, habe ich seit der Übernahme in die 9. Klasse der Realschule oftmals vor schwere, teils aussichtslose Herausforderungen gestellt: Seien es das fehlende selbstbewusste Auftreten, die fehlende Motivation oder auch die fehlenden Perspektiven für mich selbst.Herr Scholz hat sich sehr stark dafür eingesetzt, mir zu zeigen, welche Ziele es gibt und wie ich diese Ziele erreichen kann. Ich wurde in unterschiedliche Praktika geschickt, habe in Gesprächen die maximal erreichbaren Ziele aufgezeigt bekommen - die sich nicht mit meinen Zielen gedeckt haben - oder auch ein Jahr meines Lebens mit einer Ehrenrunde in der Realschule verschwendet... . Zumindest habe ich es so gesehen, als hätte ich das Jahr verschwendet. Stattdessen ist dieses Jahr der Wendepunkt in meiner Laufbahn geworden und von dem Punkt an ging es, zusammen mit der Unterstützung des LFS Schleswig, für mich steil bergauf.Das Problem der fehlenden Perspektive und der fehlenden Motivation

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Dadurch, dass ich ein Jahr wiederholt habe, haben wir die Zeit genutzt und geschaut, wo meine persönlichen Interessen liegen. Dabei kam schnell die Erkenntnis, dass ich irgendwas mit Zahlen machen möchte. Am liebsten in der freien Wirtschaft.Mit dem Abschluss meiner Realschule habe ich den allgemeinbildenden Zweig verlassen und mich auf einer Wirtschaftsschule angemeldet und mein Abitur begonnen. Dabei habe ich die theoretischen Grundlagen der Allgemeinen Wirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre kennengelernt und mit Interesse verfolgt. Mit den Unterrichtsstoffen auf der Wirtschaftsschule konnte ich nun besser eingrenzen, welche Berufe für mich infrage kommen, und dementsprechend planen. Die Schule habe ich problemlos durchlaufen und mit guten Noten abgeschlossen. Dieses Mal habe ich Herrn Scholz vor Aufgaben gestellt, die nicht herausfordernd waren, z. B. mit positiven Gesprächen über abgeschlossene Praktika oder über den aktuellen Leistungsstand in der Schule.Der Einstieg in das Berufsleben

Mit dem Erreichen des Abiturs in der Wirtschaftsschule haben sich für mich Möglichkeiten eröffnet, die ich mir in dieser Form zuvor nicht vorgestellt habe. Ich begann, mich für eine Ausbildungsstelle als Industriekaufmann zu bewerben, und habe schnell eine Zusage des Unternehmens „DEA Deutsche Erdoel AG" in Hamburg erhalten. Ab dem Zeitpunkt hieß es für mich, die Unterstützung zukünftig über das BUZ in Hamburg zu erhalten. Durch ((41))

die tolle Zusammenarbeit mit Herrn Scholz habe ich immer gewusst, dass ich bei Problemen meine Ansprechpartner kontaktieren kann.Während der Ausbildung habe ich selten die Unterstützung des BUZ in Anspruch genommen, da ich durch die Entwicklung mit Herrn Scholz viele Probleme selbstständig lösen und mit selbstbewusstem Auftreten überzeugen konnte. Einzig die Hilfsmittel wurden mir gestellt. Die Ausbildung habe ich mit einer Zwei bestanden und werde für ein Jahr als Einkäufer bei der DEA tätig sein. Die Arbeit macht mir großen Spaß und stellt mich vor Herausforderungen, die ich bewältigen werde. Während der Arbeit treten aufgrund meiner Einschränkungen keine Probleme auf. Es ist

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eher bemerkenswert, wie ich trotz Handicap meinen Alltag auf und neben der Arbeit bewältige.Über meine Zukunftspläne werde ich mich mit Herrn Scholz zusammensetzen und entscheiden, welche Studiengänge für mich in Frage kommen und welche Universitäten Erfahrungen mit Schwerbehinderten haben.Ich bedanke mich vielmals für die Unterstützung des LFS Schleswig und wünsche Ihnen eine erholsame Zeit!

Mit freundlichen GrüßenMustafa Güler

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Beratung und Unterstützung sehgeschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben/ Studium - ein zukunftsorientierter Rückblick

Henning Braband und Willi Düe

Bereits zu Beginn der Beratung und Unterstützung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher durch die Schule für Sehbehinderte / Sehgeschädigte, Schleswig (SfS) - heute: Landesförderzentrum Sehen, Schleswig (LFS) - wurde deutlich, dass über den Rahmen der allgemeinbildenden Schule hinaus für Jugendliche und junge Erwachsene verstärkt auch die Übergänge von der Schule ins Arbeits-/Erwachsenenleben gestaltet werden mussten. War bis zu diesem Zeitpunkt eher ein traditionelles, behinderungsspezifisches Arbeits- und Berufsangebot in gesonderten Einrichtungen gegeben, galt es unter den Zielsetzungen einer beruflichen und sozialen Integration neue Wege zu beschreiten. Kontinuierlich steigende Qualitätsanforderungen, ein zunehmend schwieriger Zugang zum Arbeitsmarkt und dessen unterschiedliche Ausprägung in Schleswig-Holstein erforderten ein Überdenken des Unterstützungsangebots, der Übergangswege sowie der Ausgestaltung der individuellen Übergänge, zumal es sich eigentlich um eine doppelte Übergangssituation sowohl in das Berufs- als auch in das Erwachsenenleben handelte. Das Leitziel wohnortnaher, sozialintegrativer beruflicher Eingliederung seh-

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geschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener aller Bildungsgänge stellte die konsequente Erweiterung des Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsauftrags der SfS dar.Die Phase des Übergangs von der Schule in das Erwachsenen-/Arbeitsleben/Studium verlangte von sehgeschädigten Jugendlichen eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Behinderung und die darauf bezogenen Lebenspläne. Die dabei geforderte soziale Kompetenz durfte nicht auf eine funktionale Dimension reduziert werden. Es ging nicht vorrangig um die Entwicklung von effektivem, situationsangemessenem Verhalten, sondern besonders auch um eine angemessene Leid- bzw. Krisenbewältigung. Im Zusammenhang mit der Sehschädigung Jugendlicher und junger Erwachsener wurden die Aufgabenbereiche einer intensiven mobilen Beratung im Übergangsprozess besonders deutlich. Beratung verstanden als ein dynamisches Angebot an den jungen Menschen selbst sowie an Personen seines Umfeldes, die in den Prozess der Berufsorientierung, der Berufsausbildung/Studi-um und des Lebens als Erwachsene einbezogen waren. Diese innovativen Ansätze wurden verknüpft mit den Erkenntnissen des Modellversuchs „Beratung und Unterstützung Sehgeschädigter beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben" (1986 bis 1990) 4 und als wesentliche Grundlagen in die heutige Arbeit überführt. 4 Das Projekt wurde 6/1986 von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung befürwortet und antragsgemäß der Staatlichen Schule für Sehgeschädigte zugewiesen. Nach der Evaluierung der Ergebnisse des Modellversuchs wurde die SfS mit den Aufgaben der Beratung und Unterstützung sehgeschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben betraut. Die Europäische Kommission hat 1995 im Wettbewerb HELIOS II Projekte mit Modellcharakter für eine Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung in der Sparte „Wirtschaftliche Eingliederung (Berufsberatung)" der Staatlichen Schule für Sehgeschädigte für das Pilotprojekt zur Unterstützung blinder und sehbehinderter Menschen von der Schule zur Arbeit mit der Bronzemedaille ausgezeichnet.

Dieser Ausbau und die institutioneile Absicherung der Arbeit des LFS, die Entwicklung tragfähiger Netzwerke, die Kooperation mit Schulleitungen und die Professiona- lisierung der Beratungsarbeit standen für Josef Adrian im Fokus seiner Leitungs- und Führungsarbeit.

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<Bild>Willi Düe und Josef Adrian bei der Tagung der Leiterinnen und Leiter von Einrichtungen im Förderschwerpunkt Sehen in Damp (2009)</Bild>

So konsequent und plausibel die Fortsetzung der Integrationsarbeit der SfS im berufsbildenden Bereich auch war, so unvorbereitet zeigte sich in der Anfangsphase das gesamte berufsbildende System, die verschiedenen Ausbildungssektoren, das Beratungs-und Rehabilitationssystem für behinderte Menschen wie auch Einrichtungen der Arbeitsverwaltung für das Anliegen einer wohnortnahen beruflichen (Aus-)Bildung und Tätigkeit sehbehinderter und blinder Jugendlicher und junger Erwachsener aller Bildungsgänge.In der Beratungs- und Unterstützungsarbeit war es daher stets eine besondere Herausforderung eine tragfähige, interdisziplinäre Zusammenarbeit aufzubauen, die in der Lage war, den vielfältigen Anforderungen der Gestaltung der Übergangssituation gerecht zu werden und damit die Grundlagen für stabile positive Entwicklungen zu schaffen. Kooperation stand dabei im Zentrum und meinte hier die Zusammenführung unterschiedlicher Kompetenzen mit dem Ziel, die häufig gestörte, belastete Lern- und Lebenswelt konstruktiv neu- bzw. umzugestalten.Dies schloss nicht nur eine Veränderung objektiver Gegebenheiten, sondern auch in hohem Maße eine Veränderung der Wahrnehmung und Bewertung sozialer Situationen und Strukturen, des Selbstkonzepts, des professionellen Rollenverständnisses, der Handlungsmöglichkeiten und Lebensperspektiven ein. Entscheidend für das Gelingen war, das Paradigma vertikaler (Experten-)Beratung zugunsten eines horizontalen Ansatzes aufzugeben. Es entwickelten sich horizontale Beratungssituationen, die geleitet wurden von den Prinzipien des Dialogs und des Sich-Miteinander-Beratens. Derartige Arbeitsbeziehungen waren häufig geprägt von Gleichrangigkeit und Gleichberechtigung. Interventions-, Interaktions- und Kommunikationsformen wurden so gestaltet, dass sich jede am Beratungsprozess beteiligte Person mit den ihr eigenen Kommunikationserfahrungen, Möglichkeiten und Kompetenzen einbringen konnte. Diese Grundorientierung ließ ein Höchstmaß an Eigeninitiative zu.

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Die Übergangswege der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigten das ganze Spektrum der Auseinandersetzungen mit den jeweiligen persönlichen und schulischen Ausgangssituationen. Der Versuch, Nischen zu nutzen, konnte dabei nur für Einzelfälle Erfolg bringen.Er war unter den Prämissen von Integration/Inklusion für

((44)) die große Gruppe von Menschen mit Behinderungen eben auch für sehbehinderte und blinde Menschen keine adäquate Strategie. Vielmehr war es sinnvoll, die vorhandenen Ausbildungsberufe, Arbeitsgebiete oder auch Studienfächer und Lebensperspektiven nach verfügbaren Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten auszuloten. Die Gestaltung der Übergänge sehgeschädigter Jugendlicher und junger Erwachsener unterliegt einem ständigen Wandlungsprozess und ist insofern als vorläufig und veränderungsbedürftig zu betrachten. Dies vor allem deshalb, weil die ständigen Veränderungen ökonomischer und ökologischer Bedingungen im Besonderen auch die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsprozess beeinflussen.Es gilt in Zukunft allerdings nicht nur das Erreichte zu sichern. Insbesondere muss die Kooperation mit und in den berufsbildenden Schulen und den neuen Kooperationsformen der Agentur für Arbeit zur Übergangsgestaltung weiter ausgebaut, didaktisch und methodisch näher bestimmt werden. Im Sinne von Inklusion wird die Beratung und Unterstützung sehgeschädigter junger Menschen im Übergang von der Schule ins Arbeits- und Erwachsenenleben umso erfolgreicher sein, je mehr die Grenzen eigener Erfahrung und institutioneller Regelungen überschritten werden und der Dialog zwischen den professionellen Beratern, den betroffenen Menschen selbst und anderen interessierten, engagierten Menschen darüber fortgesetzt wird, wie einzelne Menschen mit Lebenserschwernissen ihren Weg in die Arbeits- und Berufswelt sowie in ein selbstbestimmtes Leben gehen können.

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<Bild>Der Leiter des LFS Josef Adrian und seine Kollegin Barbara Wehr im Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler (2009)

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Das LFS als Partner der beruflichen Rehabilitation

Sabine Fug

Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist, neben anderen Institutionen - etwa der Deutschen Rentenversicherung - ein Leistungsträger der Beruflichen Rehabilitation. Praktisch wird dies durch die Teams der Beruflichen Rehabilitation, die es in jeder Arbeitsagentur gibt, umgesetzt. Dabei ist uns das Landesförderzentrum Sehen für die jungen Menschen ein wichtiger Partner.Was bedeutet Berufliche Rehabilitation im Aufgabengebiet der BA?Grundsätzliche Aufgabe der Arbeitsagenturen ist es, arbeitslose oder arbeitssuchende Menschen bei der Integration in Arbeit zu unterstützen.Hierbei sind die persönlichen Rahmenbedingungen des Einzelnen von Bedeutung und bestimmen die notwendige Unterstützung. Die Berufliche Rehabilitation sieht einen besonderen Unterstützungsbedarf bei Menschen, die z. B. durch eine Erkrankung oder einen Unfall ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können oder aufgrund einer dauerhaften Behinderung bereits Hilfen für die Berufsausbildung benötigen.So unterschiedlich die Leistungsfähigkeit dieser Menschen ist, so breit gefächert ist das Leistungsangebot der Reha-Teams in den Arbeitsagenturen.In der Beruflichen Rehabilitation von jungen Menschen nach der Schulausbildung, der sogenannten Ersteingliederung, beginnt die Unterstützung mit der Berufsorientierung während der Schulzeit. Neben Berufsorientierungsmaßnahmen werden durch Beratung, Erprobung und Testverfahren die individuelle Leistungsfähigkeit und erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen erarbeitet. Dies können Berufsvorbereitungs- und Ausbildungsmaßnahmen sein. Je nach Hilfsbedarf können diese Maßnahmen vor Ort, im Betrieb oder in besonderen Einrichtungen durchgeführt werden. Ist eine Ausbildung nicht mög-

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lich, kann im Rahmen einer Unterstützten Beschäftigung für eine bestimmte Tätigkeit qualifiziert werden. Ist auch dies nicht möglich, kann der Berufsbildungsbereich in einer Werkstatt für behinderte Menschen gefördert werden. Grundsätzlicher Leitgedanke hierbei ist, so inklusiv wie möglich zu fördern, da dies den Jugendlichen die besten Integrationschancen nach der Ausbildung bietet. Ebenso wichtig sind aber auch die benötigten Hilfsmittel, die bei der Bewältigung des beruflichen Alltags unterstützen. Dies können z.B. Assistenzkräfte, Gebärdendolmetscher oder Braille-Zeilen sein, die auch durch die Reha-Träger gefördert werden können.Gemeinsame Aufgabenbereiche

Die oben benannten Aufgabenbereiche der BA zeigen die Gemeinsamkeiten in den Aufgabenbereichen des Landesförderzentrums Sehen in Schleswig (LFS) und der BA auf.Das LFS unterstützt und berät Kinder und Jugendliche mit Sehschädigung nicht nur während der Schulzeit, sondern auch im Übergang zum Berufsleben, d. h. in der Berufsvorbereitung und der beruflichen Ausbildung mit möglichst inklusiver Ausrichtung. Gleichzeitig werden dabei auch das persönliche Umfeld und die am Integrationsprozess beteiligten Personen mit einbezogen und ggf. beraten.Die Zusammenarbeit der BA als verantwortlichem Reha- Leistungsträger mit dem LFS beginnt damitfrühzeitig bereits in der Schulzeit mit der Berufsorientierung und wird während der Ausbildung fortgesetzt.Die Zusammenarbeit mit dem LFS in Schleswig

Das LFS in Schleswig unterstützt und berät ca. 900 bis 1.000 junge Menschen mit einem hoch professionellen und fachlich spezialisierten Team. Hiervon profitieren nicht nur die jungen Menschen, sondern auch die Reha- Beratungskräfte der Agenturen.Durch die Unterstützung der Jugendlichen durch z. B. Mobilitätserziehung, das Erarbeiten von lebens- und arbeitspraktischen Fertigkeiten und die Entwicklung von Kompetenzen zu Umgang und Einschätzung der eigenen Sehschädigung durch das LFS werden wichtige und notwendige Grundlagen für eine berufliche Integration gelegt.Bei der Erarbeitung des beruflichen Integrationsweges können die Reha-Beratungskräfte auf diese Kompetenzen der jungen Menschen zurückgreifen und erhalten bei Bedarf auch selber Unterstützung durch das LFS. Gerade bei der Planung der Ausbildung oder zukünftiger Arbeits-

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bereiche sind die Erfahrungen der Mitarbeiter des LFS in Bezug auf notwendige Rahmenbedingungen des Arbeitsplatzes, aber auch möglicher technischer Arbeitshilfen für die Jugendlichen eine gern angenommene Unterstützung im Reha-Prozess.Auch wenn es um die Einschätzung der Fähigkeiten der jungen Menschen im Abgleich zu den Anforderungen verschiedenster beruflicher Alternativen geht, konnte und kann immer auf die Expertise der Fachkräfte des LFS zurückgegriffen werden, wodurch sich manchmal neue Wege eröffnen.Grundlage der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen dem Landesförderzentrum Sehen und der Regionaldirektion Nord ist eine Kooperation, die bereits 1990 begann und 2003, 2012 und 2017 durch Kooperationsvereinbarungen erneut bekräftigt und bestätigt wurde.Treibende Kraft ist hierbei immer wieder Herr Adrian als Leiter des LFS gewesen, auf dessen Initiative hin auch alle zwei Jahre Fachtagungen im LFS stattfinden, an denen Reha-Beratungskräfte, aber auch die Fachdienste der BA (ärztliche, psychologische und technische Berater) teilnehmen können.Themen dieser Fachtagungen sind neben der Zusammenarbeit der Austausch zu aktuellen Neuerungen, aber auch zur grundlegenden Arbeit des LFS oder der Reha-Teams. Diese Fachtagungen werden gerne von den Beratungskräften angenommen und werden als Fort- und Weiterbildung zum Thema Sehschädigung sehr geschätzt.

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Herr Adrian war auch immer offen, die Reha-Teams dabei zu unterstützen, Dritten - z.B. Arbeitgebern, aber auch Vermittlungskräften der Agenturen, die ansonsten nur selten Kontakt zu Kunden mit Sehschädigung haben - das Thema näher zu bringen und sie für die Möglichkeiten und Unterstützungsbedarfe von Menschen mit Sehschädigung zu sensibilisieren.Beispielhaft seien hier Fortbildungstage für Beratungskräfte der BA oder die Woche der Menschen mit Behinderung zu nennen, die jährlich in den Arbeitsagenturen stattfinden und an denen sich das LFS beteiligt hat.Durch das LFS wurden bei solchen Gelegenheiten unter anderem Erlebnis-Parcours aufgebaut. Gleichzeitig wurden Brillen zur Verfügung gestellt, die - von den Teilnehmern aufgesetzt - deren Sehfähigkeit ähnlich einer

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Sehbehinderung eingeschränkt hat. Mit dieser Seheinschränkung mussten dann die Teilnehmer den Parcours bewältigen.Diese Erfahrung hat bei vielen Teilnehmern einen bleibenden Eindruck und ein größeres Verständnis für das Thema Sehbehinderung hinterlassen.Wir möchten Herrn Adrian für die jahrelange gute Zusammenarbeit und die konstruktive Unterstützung danken und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft! Gleichzeitig freuen wir uns auf die Fortsetzung dieser Kooperation mit seinem/seiner Nachfolger/in. ((48)) <Bild>Ministerpräsident Peter Harry Carstensen lässt sich im LFS unterschiedliche Hilfsmittel erläutern (2009)</Bild>

Mein schulischer und beruflicher Werdegang in Begleitung durch das LFS

Lars-Ole Wandel

Seit dem Jahr 1999 begleitet mich nun schon das Landesförderzentrum Sehen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich damals mit meiner Mutter zum ersten Mal in Schleswig im Internatsgebäude übernachtet habe. Das war der Anfang von etwas, was mein ganzes Leben beeinflussen sollte.Die ersten Kurse waren noch sehr ungewohntfür mein junges Ich. „Alleine" mit bis zu zwölf anderen Kindern, die eine Sehbehinderung haben oder blind sind. So war das also für meine Mitschüler, jemanden vor sich zu haben, der Texte sehr nah vor sein Gesicht halten muss und besonders behandelt wird.Da ich an einer Regelschule beschult wurde und nicht, wie manch anderer Sehbehinderter, an einer Schule für Sehbehinderte, konnte ich mit den Behinderungen der Anderen erst nichts anfangen. Schnell merkte ich, wie wichtig es ist, dass man seine Behinderung akzeptiert, mit ihr zu leben lernt und anderen vermittelt, wie sich die Behinderung auswirkt und welche Hilfestellungen man braucht. Neben dieser sehr wichtigen Fähigkeit habe ich

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auch einige andere Sachen gelernt. Darunter waren solche Sachen wie Kochen, Orientierung im Straßenverkehr und vieles mehr.Ein- bis zweimal im Jahr kam ein Lehrer des LFS auch zu mir in die Schule und hat sich mit Lehrern und Schülern darüber unterhalten, wie man mit Schülern, die eine Sehbehinderung haben, umgehen sollte und was es bedeutet, eine Sehbehinderung zu haben.Wichtig war auch, die vielen Hilfsmittel kennenzulernen, die einem zur Verfügung stehen, wenn man sie braucht. Bei jedem Kurs, den das LFS in seinem eigenen „Kurshaus" angeboten hat, habe ich mehr und mehr von ihnen kennen und lieben gelernt.Als ich dann mit der Schule fertig war, wurde mir nach einigen Praktika, die auch vom LFS begleitet wurden, klar, dass ich einen handwerklichen Beruf lernen wollte. Aufgrund meiner Sehbehinderung schickte mich die Agentur für Arbeit, nach einem Beratungsgespräch, nach Soest in NRW. Dort sollte ich alle Grundlagen lernen, die für eine handwerkliche Ausbildung im Metallbereich notwendig waren. Nach dieser einjährigen Berufsvorbereitung musste ich mich dann entscheiden: Mache ich meine Ausbildung in Soest, weit weg von zu Hause, aber dafür bei Ausbildern, die den Umgang mit Behinderten kennen? Oder mache ich die Ausbildung in Schleswig-Holstein, wo ich herkomme? Hier gibt es jedoch die Hürde einen Betrieb zu finden, der mit meiner Behinderung bereit ist zu arbeiten. Die Frage war nicht leicht. Aber zum Glück wusste das Landesförderzentrum auch dafür eine Lösung. Dem Betrieb wurde ein Lehrer des LFS an die Seite gestellt, der bei Fragen Rede und Antwort geben konnte.So kam es dazu, dass sich ein Betrieb bereit erklärte, diese Aufgabe zu schultern. Also fing ich im Jahr 2013 meine Ausbildung zum Industriemechaniker beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Kiel-Holtenau (WSA) an. In der Ausbildungswerkstatt standen zwar noch einige alte Drehmaschinen, welche noch analoge Anzeigen aufwiesen. Doch mein Ausbilder hat gleich nach der Probezeit eine der Maschinen auf Digitalanzeigen Umrüsten lassen. Außerdem bekam ich vom LFS einen digitalen Höhenreißer, mit dem man Orientierungslinien auf Werkstücke anreißen kann. Die Zeichnungen und Arbeitsblätter, nach denen wir arbeiten mussten, bekam ich sowohl im Betrieb als auch in der Berufsschule eine Nummer größer kopiert. Irgendwann stand dann die Zwischenprüfung an. Für diese habe ich in Absprache mit dem LFS einen Antrag auf Nachteilsausgleich bei der IHK gestellt, deshalb durfte ich eigene Hilfsmittel benutzen. Dazu kam eine Zeitverlängerung sowohl für

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den praktischen als auch den schriftlichen Teil der Prüfung. Diese wurden genehmigt.Dank dieser Hilfsmittel und trotz der Sehbehinderung habe ich meine Ausbildung ein halbes Jahr früher, also schon nach drei Jahren, im Sommer 2016 abgeschlossen. Nachdem ich dann ein Jahr in meinem Ausbildungsbetrieb gearbeitet habe, mache ich nun seit dem Herbst 2017 meine Fachhochschulreife im Bereich Technik nach mit dem Ziel, an die Fachhochschule zu gehen und dort Maschinenbau zu studieren.Ohne die Hilfe des LFS wäre das alles deutlich schwerer, wenn nicht sogar unmöglich gewesen.

((50)) Vom Norden und vom Süden

Erwin Denninghaus und Theo Wenker

Nahezu revolutionär war die Errichtung der staatlichen Förderschule Sehen in Schleswig im Jahr 1983. Konsequent wurde und wird seitdem die Beratung und Unterstützung von blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern in Schulen am Wohnort durchgeführt und nicht an der Schule in Schleswig. Dieses Prinzip galt und gilt auch im berufsbildenden Bereich bis heute.Lehrerinnen und Lehrer des Berufsschulteams unterstützen nicht nur im Unterricht an der Berufsschule, sondern sie begleiten sowohl den Prozess der Berufsorientierung und Berufswahlentscheidung als auch die betriebliche Ausbildung. Damit gestaltete das Land Schleswig-Holstein den Übergang von der Schule in den Beruf für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler neu. In enger Abstimmung mit der damaligen Bundesanstalt für Arbeit wurden unbekannte Wege beschritten, um das Ziel der beruflichen Eingliederung zu erreichen.Schon damals war den Initiatoren bewusst, dass Inklusion nicht nur den schulischen Bereich umfassen kann und die berufliche und gesellschaftliche Teilhabe das eigentliche Ziel sein muss. Denn nur, wer sein eigenes Geld verdient und unabhängig von sozialen Transferleistungen ist, kann ein selbstbestimmtes Leben führen.Das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig besaß und besitzt Strahlkraft und hat teilweise Leuchtturmcharakter. Aus diesem Grund ist es ein Anziehungspunkt für viele Experten und Delegationen, auch vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe, um sich zu informieren und

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inspirieren zu lassen. Das Förderzentrum hatte und hat den Mut, Neues auszuprobieren und neue Wege zu gehen.Ist inklusive Bildung immer der richtige Weg zu beruflicher Teilhabe? Irritiert nahm die Fachwelt zur Kenntnis, dass die berufliche und gesellschaftliche Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen in Dänemark nach 30 Jahren inklusiver Bildung niedriger ist denn je*. (* Rodney, Peter: Stolpersteine auf dem Weg zur Inklusion - 30 Jahre lnklusion blinder und sehbehinderter Schülerinnen und Schüler in Dänemark -Ein Erfolgsmodell? In: blind- sehbehindert Zeitschrift des Verband es für Blinden-undSehbehindertenpädagogik e.V. (VBS), Ausgabe 4/2011, S. 218 -228. Auch sieben Jahre inklusiver Bildungspolitik in NRW haben nicht zu den erwarteten Erfolgen geführt. Inklusive Bildung von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen ist offensichtlich nicht per se

<Bild>Josef Adrian während des Sommerfestes 2012</Bild>

der Königsweg, genauso wenig wie die Beschulung an einer Förderschule zu beruflicher und gesellschaftlicherTeilhabe führen muss.Maßgebend sind zielführende Konzepte der schulischen und beruflichen Bildung, deren konsequente Umsetzung durch Schulen und berufliche Bildungseinrichtungen sowie deren auskömmliche Finanzierung durch die verantwortlichen Kostenträger. Das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig gehört sicherlich zu den Institutionen, die eine schlüssige Konzeption vorweisen, die von kompetentem Personal umgesetzt wird, und das über die dafür notwendigen Ressourcen verfügt, um die Bildungsziele seiner Schülerinnen und Schüler erfolgreich unterstützen zu können.Der Föderalismus im Bildungsbereich ist mitunter sehr mühsam, bietet aber auch Chancen. Im Fall des staatlichen Förderzentrums Sehen in Schleswig können wir uns alle freuen, dass eine historische Chance genutzt und über viele Jahre erfolgreich weiterentwickelt wurde. Für die Zukunft ist es wünschenswert, dass die Diskussion über die Bildung blinder und sehbehinderter Menschen sich stärker am Ziel der beruflichen und gesellschaftlichen Teilhabe orientiert und nichtvon Ideologien, sondern vom Bemühen um optimale Rahmenbedingungen im Einzelfall geprägt ist.

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Ein Rückblick in die Anfangszeit - und: Wie mich die Vergangenheit beim Kennenlernen von katholischer und evangelischer Bratwurst wieder einholte

Sabine Weber

Mit Beginn des Schuljahres 1983/84 nahm die „Staatliche Schule für Sehbehinderte - Zentrum für Beratung und Frühbetreuung Sehgeschädigter" (SfS) In Schleswig Ihre Arbeit mit sieben Sonderschullehrerinnen und Sonderschullehrern auf, Schulleiter war damals Dr. Peter Appelhans. Alle Kolleginnen und Kollegen waren zuvor In anderen Bundesländern tätig.Mit viel Engagement und Euphorie starteten wir die Arbeit an der „Schule ohne Schüler", für alle war der Aufbau einer solchen Einrichtung neu und eine große Herausforderung.Es galt, sich u. a. mit Folgendem auseinander zu setzen:- mit dem Schleswig-Holsteinischen Schulwesen- der Ersterfassung von Sehbehinderten- den Themen Dienstort, Dienstfahrt, dienstlich anerkannter Privat-PKW, Fahrtenbuch- der Anschaffung von sehbehindertenspeziflschen Hilfsmitteln,- Vorstellung der Schule im Schulamt, Im Gesundheitsamt, bei Augenärzten, Augenoptikern usw.Ein Rückblick in die Anfangszeit meiner Beratungstätigkeit an der SfS:Ohne Navi und Handy war es mir damals fast unmöglich, beim Erstbesuch Jens und seine Familie zu finden: In dem Dorf war keine Menschenseele zu entdecken, endlich doch: Ich musste noch weiter außerhalb des Dorfes fahren und dann Irgendwann rechts...Jens Marx,*4/1974Juvenile Opticusatrophie, Visus 0,05 bds.Vater ebenfalls Opticusatrophie (Fleischermeister);Mutter und Bruder nicht sehbehindert. Landwirtschaftlicher Betrieb (Schweinezucht, Schlachterei, Geflügel, Ländereien).

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Ich habe Jens In seinem 3. Schuljahr kennengelernt, einziges Hilfsmittel war damals eine wenig genutzte Lupenbrille. Das Lesen hatte er noch nicht gelernt (lautieren).Eine Sehhilfenberatung In Schleswig ergab folgende Hilfsmittel für Ihn: Leuchtlupe mit vierfacher Vergrößerung, Monokular 6x20, Vergrößerungen, verstärkte Lineatur. Etwas später kam noch je ein Bildschirmlesegerät für die Schule und für zu Hause dazu, mit dessen Hilfe Jens zügig lesen lernte.In seiner Klasse war Jens gut akzeptiert, die Lehrer waren sehr kooperativ und regelten vieles unter sich. Sie und auch Jens mit seiner Familie zeigten sich der regelmäßigen Unterstützung durch die SfS sehr aufgeschlossen gegenüber.Jens hat an vielen Kursen In Schleswig teilgenommen, u. a. zum Thema Berufsfindung. Die SfS vermittelte Ihm ein Praktikum In einer Hotelküche. Entschieden hat er sich dann doch für den Beruf des Fleischers. Nach einem erfolgreichen Berufspraktikum In der 9. Klasse bei einem Fleischer bot dieser ihm eine Lehrstelle an. Er hatte sich überzeugt, dass Jens nicht über Kisten stolpern würde...Um seine Ausbildungsstelle und Berufsschule erreichen zu können, benötigte er den Mofa-Führerschein. Dies wurde Ihm ermöglicht durch eine augenärztliche Bescheinigung, die Ihn als Mofa-Führerscheintauglich auswies!

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<Bild>Jens Marx mit Meisterbrief</Bild>

Etwa 30 Jahre später (2017):Beim Aufschlagen unserer Regionalzeitung wurde ich magisch von einem Foto angezogen: 'Mein Jens von damals' würde bei einem Kirchen-Benefizkonzert „katholische" und „evangelische" Würstchen anbieten!!?!In dem dazugehörigen Artikel erklärt Jens, dass die Rezepte, die in den jeweiligen Innungen der Fleischer festgeschrieben wurden, auf die Reformationszeit zurückgingen. Die freie Reichsstadt Nürnberg wurde

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evangelisch, Bamberg blieb katholisch. „Die evangelischen Würste sind gröber und kräftiger gewürzt, die katholischen feiner und ein Stück größer."Wenn das alles kein Grund ist, wieder Kontakt zu Jens aufzunehmen!? Die Adresse hatte sich nicht geändert - ansonsten aber sehr viel: Ein großer Hofladen und ein erweitertes Wohnhaus fielen mir sofort auf! Empfangen wurde ich von Jens, seiner Frau, seiner Tochter (14) und seinem Sohn (8), alle drei nicht sehbehindert.Hier nun Jens' sehr beachtenswerter Werdegang als Fleischer: Von 1990 - 1993 hat er erfolgreich seine Lehre absolviert und anschließend als Geselle in unterschiedlichen Orten (u. a. Büchen, Nürnberg, Mölln) und Betrieben (u. a. in einem Supermarkt) gearbeitet, bevor er in den elterlichen Betrieb zurückkehrte.1996 besuchte Jens knapp drei Monate in Frankfurt die Meisterschule. Als er seine Meisterprüfung bestanden hatte, bekam er nicht nur den Meisterbrief, sondern als einziger auch anerkennenden Applaus!Seitdem arbeitet Jens durchgängig im Familienbetrieb, der sich seit den 80er Jahren kontinuierlich vergrößert hat. 2015 war die letzte große Erweiterung: Neubau des Hofladens, der überwiegend in Eigenarbeit entstanden ist. Großer Wert wird nach wie vor auf beste Qualität gelegt, die u. a. auch dadurch gewährleistet werden kann, dass eine eigene Tieraufzucht und -haltung betrieben wird (Rinder, Schweine, Schafe). Die Tiere werden zum Schlachthof gebracht, anschließend aber von Jens zerlegt. Das Fleisch wird von ihm zugeschnitten und auch für die Wurstherstellung zerkleinert. Besondere Hilfsmittel benötigt er nicht, jeder Mitarbeiter hat ohnehin einen sogenannten Stechhandschuh („Kettenhandschuh") zu benutzen. Sehr wichtig istfür Jens möglichst stressfreies Arbeiten, dabei legt er großen Wert auf Sorgfalt; er hat an sich und seine Angestellten einen hohen Anspruch.Die Wichtigkeit der inneren Ruhe und der eigenen Arbeitsroutinen habe er von seinem Vater gelernt.Mittlerweile ist aus dem kleinen Familienbetrieb ein Betrieb mit ca. 12 Mitarbeitern geworden. Insbesondere der Bereich ,Partyservice' und das ,Internetgeschäft' sind sehr expandiert. Jens arbeitet schwerpunktmäßig in der Produktion, sein Vater im Einkauf und Büro, in dem auch seine Frau mitarbeitet.Jens ist zu Recht zufrieden mit dem, was er bisher beruflich geleistet hat. An eine weitere Expansion denkt er nicht, eher an etwas mehr Zeit für die Familie!

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Auf dem Weg

Dr. Ulrich Hase

Die Inklusion in Schleswig-Holstein schreitet zunehmend voran. Sie rückt immer weiter in den gesellschaftlichen Fokus. Gerade der schulische Bildungsbereich nimmt in der politischen Diskussion einen zentralen Stellenwert ein. Neben der Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen durch das Land Schleswig-Holstein sind die Schulen gefordert, ihre eigenen inklusiven Profile zu entwickeln, um so den Schülerinnen und Schülern mit Behinderung die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen.Das Landesförderzentrum Sehen hat sich seit langem auch auf den Weg gemacht, um schulische Inklusion für Kinder und Jugendliche mit Sehbeeinträchtigung zu gestalten. So wurde ein Konzept geschaffen, das für alle Beteiligten geeignet ist und bundesweit eine Vorreiterrolle einnimmt. Es entwickelte sich als eine Schule ohne Schüler und ermöglicht seiner Klientel so eine wohnortnahe Beschulung. Auch die Lehrkräfte sind über ganz Schleswig-Holstein verteilt und haben so die Möglichkeit, regional vor Ort eingesetzt zu werden. Trotz einer zunehmenden Einzelintegration von Schülerinnen und Schülern in die allgemeinen Schulen wird die Peergroup der sehbehinderten Kinder und Jugendlichen nicht außer Acht gelassen. Die Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung haben regelmäßig die Chance, Kurse zu besuchen, in denen sie sich mit ihrer Peergroup über ihre Behinderungen austauschen und Alltagsprobleme diskutieren können. Dies ist für die Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen besonders wichtig, um ihre eigene Identität zu entwickeln und ihre Behinderungen zu akzeptieren. Dieser Aspekt wird in der politischen Diskussion über die schulische Inklusion leider zu wenig erkannt.Josef Adrian begleitete mich in meiner Tätigkeit als Landesbeauftragter eine sehr lange Zeit. In der Diskussion um die bestmögliche Gestaltung der schulischen Inklusion sind Josef Adrian und ich nicht immer einer Meinung gewesen. Auch wenn sich unsere Positionen teilweise unterschieden, habe ich Herrn Adrian immer als kritischen, konstruktiven und sehr offenen Diskussionspartner erlebt. Er hat viel für die schulische Inklusion in Schleswig-Holstein getan. Es ist ihm und seinen Team gelungen, ein bundesweit inklusives Vorzeigemodell durch das Landesförderzentrum Sehen zu schaffen.

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Kein Wunder, dass die Schule im Jahre 2015 mit dem Jacob-Muth-Preis ausgezeichnet wurde. Die Schule besitzt eine bundesweite Strahlkraft, die auch Josef Adrian zu verdanken ist.Ich wünsche Josef Adrian für seine persönliche Zukunft alles Gute und bedanke mich ganz herzlich für die sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit in den vergangen Jahren.

((54)) Für Josef Adrian zum Abschied aus dem aktiven Dienst

Dr. Angela Ehlers

Die Blinden- und Sehbehindertenpädagogik kann auf eine über zweihundertjährige Geschichte zurückblicken, in der die besonderen Bedürfnisse blinder und sehbeeinträchtigter Menschen bei der Verwirklichung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und vor allem an Bildung und die daraus folgenden pädagogischen Angebote immer einen zentralen Platz eingenommen haben.Über viele Jahrzehnte war für die allgemeine und berufsbildende Pädagogik eine qualitativ hochwertige Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit Sehschädigungen immer mit der Entscheidung für einen spezifischen, nicht inklusiven Schulort verbunden.In den letzten drei bis vier Jahrzehnten öffnet sich die Diskussion immer stärker und konsequenter Fragen der Qualität der Teil habe blinder und sehbehinderter Kinder und Jugendliche an Bildung an allen Lernorten - auch dank des Rückenwinds aus der UN-Behindertenrechtskonvention.Mit der international und national verankerten Leitidee einer inklusiven Schule geht die Debatte um Bildungsstandards an allen Schulformen und um die bestmöglichen aufsuchenden Unterstützungsformen für alle Menschen mit Blindheit und Sehschädigung einher und bereits seit Jahren hat sich erfolgreich die Idee der Dualen Curricula (expanded core curriculum) durchgesetzt, um unabhängig vom Lern- und Lebensort die Bedarfe an spezifischer Diagnostik und geeigneten Interventionen bereitzustellen.Der Arbeitskreis der Leiterinnen und Leiter von Bildungseinrichtungen für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler hat hierzu unter anderem im Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (VBS) eine Vielzahl von Positionspapieren verabschiedet, in denen länderübergreifend für die Bundesrepublik Deutschland wesentliche

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Standards des Unterrichts mit blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern grundgelegt sind. An ihnen war Josef Adrian intensiv und richtungsweisend beteiligt und hat damit einen maßgeblichen Beitrag zu einem bundesweit einheitlichen spezifischen Curriculum geleistet, aus dem sich Bildungs-/Lehrpläne für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler in vielen Bundesländern ableiten ließen.Dabei gilt es und galt es schon immer zu beachten und ist es auch bei Josef Adrian immer im Fokus, dass die Gruppe von blinden und sehbehinderten Menschen in Bezug auf ihre konkreten Sehleistungen und die dadurch zutage tretenden Barrieren für die Teilhabe an Bildung äußerst heterogen ist. Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der ICF schaffen erst im Zusammenwirken mit den Reaktionen der Gesellschaft spezifische Barrieren für Aktivität und Teilhabe auch im Rahmen schulischen Lernens.Jedes Kind und jeder Jugendliche mit einer Sehbehinderung benötigt also neben seinem schulischen Curriculum immer auch ein spezifisches, ein adaptives und individualisiertes Curriculum.Voraussetzung für die volle Entfaltung der Wirksamkeit des spezifischen Curriculums ist die Entwicklung der allgemeinen Schule hin zu einer inklusiven Schule, in der das Lernen für alle Menschenkinder so barrierefrei wie irgend möglich gestaltet wird. Eine Didaktik der Vielfalt und der Anerkennung von Heterogenität ist die Grundlage für jegliches gemeinsame und vorurteilsfreie Lernen mit so viel unterrichtsimmanenter Förderung wie möglich und so viel zusätzlichen Angeboten wie nötig. Dass diese qualitativ hochwertige schulische Bildung auch immer von Lehrkräften mit einer spezifischen Lehrbefähigung für den Förderschwerpunkt Sehen (Blinden- und Sehbehindertenpädagogik) realisiert wird, auch dafür hat Josef Adrian sich konsequent in seinem beruflichen Wirken und in seinem zivilgesellschaftlichen Engagement eingesetzt. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass das spezifische Curriculum regelmäßiger Überprüfung unterliegt ((55))

<Bild>Josef Adrian und Staatssekretär a.D. Dirk Loßack bei der Schlüsselübergabe für das neu gebaute Kurshaus, rechts daneben: Frau Hölscher und Frau Osterholz vom Kursteam des LFS (2013)</Bild>

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und immer wieder hinterfragt wird sowie dass die Eltern und Angehörigen im Sinne einer Partizipation auf Augenhöhe in die Bildungsprozesse eingebunden werden.Der Verband Sonderpädagogik e.V. (vds) hat klare Positionen für den Förderschwerpunkt Sehen veröffentlicht, die mit dem jahrzehntelangen Wirken von Josef Adrian im Einklang stehen. Hierzu gehören insbesondere die Forderungen nach- spezifischen Maßnahmen und Rahmenbedingungen einschließlich der Verwirklichung von individuellen Nachteilsausgleichen sowie der Adaption von Ausstattung und Medien- dem Erhalt einer ausreichenden Anzahl von universitären Ausbildungsstätten für das Lehramt für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik- der Sicherstellung von Weiterbildungsangeboten und berufsbegleitenden Studiengängen in den Fachrichtungen Blinden- und Sehbehindertenpädagogik- dem Erhalt und Ausbau von Kompetenz-, Bildungs und Förderzentren für den Förderschwerpunkt Sehen zur Begleitung von blinden und sehbehinderten Menschen und deren Umfeld von der Geburt bis ins Erwachsenenalter- der einfachen, sicheren und zeitnahen Bereitstellung von individuell notwendigen Ausstattungen und Medien- Möglichkeiten des informellen und sozialen Austausches von Menschen mit Sehbehinderungen in Peergroups- der Absicherung und ressourcenmäßigen Ausstattung aller Lernorte so, dass interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit gewährleistet werden.Für den unermüdlichen Einsatz für die gleichberechtigte Bildungsteilhabe von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Förderbedarf im Förderschwerpunkt Sehen sind wir Josef Adrian zu großem Dank verpflichtet. Dass sein Einsatz immer auch den Menschenkindern gilt, die neben ihrer Sehbehinderung weiteren Förderbedarf an Erziehung, Bildung und Ausbildung in anderen Schwerpunkten haben und die unter Bedingungen eines intensiven Assistenzbedarfs leben, bedarf gar nicht der Erwähnung - das ist für Josef Adrian zu jedem Zeitpunkt selbstverständlich.

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Zum Ruhestand von Herrn Josef Adrian Inga Nielsen

Lieber Herr Adrian,nun steht er an, der große Schritt in den Ruhestand.Wir, der Verein zur Förderung sehgeschädigter Kinderund Jugendlicher in Schleswig-Holstein e.V., wünschenIhnen hierfür Trittfestigkeit, Tatendrang und ganz vielFreude.Wofür steht der Name „Adrian" bei unseremFörderverein?A für AnsprechpartnerD für Danke!R für rege Teilnahme an unseren Sitzungen (und Veranstaltungen)I für Interesse an unseren KindernA für Auskünfte über das LFSN für Neugier auf NeuesAll dies und noch viel mehr wurde bei unseren Begegnungen deutlich.Wir danken Ihnen ganz herzlich im Namen aller Eltern und unserer Kinder für Ihren niemals endenden unermüdlichen Einsatz für die Belange und das Fortkommen des LFS und unseres Fördervereins. Sie werden eine große Lücke hinterlassen.

Vielen herzlichen Dank und einen wunderschönen Ruhestand wünscht

der Vorstand des Vereins zur Förderung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein e.V.

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<Bild>Logo des Vereins zur Förderung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein e.V.</Bild>

Unser ganz besonderer Schulleiter

Sabine Borowy und Christiane Köhler

<Bild>Josef Adrian im Gespräch mit der Vorsitzenden der Elterrnvertretung am LFS Sabine Borowy beim Sportscamp Trappenkamp im Herbst 2014</Bild>

Gute Schulleiter sind eine besondere Spezies, die man nicht an jeder Straßenecke findet. Schließlich ist der Aufgabenbereich außerordentlich vielfältig, so dass man meinen könnte, ein guter Schulleiter wäre eine Mischung aus Vater, Pädagoge, Diplomat und Manager. Vater, weil er sich jederzeit um seine Schule, um seine Schülerinnen und Schüler sowie um Lehrkräfte tatkräftig kümmert und fürsorglich immer die Belange jedes Einzelnen im Auge behält. Pädagoge, da er die schulische Ausrichtung mitgestaltet und damit unsere Kinder bestmöglich unterstützt und fördert. Diplomat, denn er ist Bindeglied zwischen Ministerium, Schulträger, Lehrerkollegium sowie Schüler- und Elternschaft und muss sich auf diesem schwierigen Terrain sicher bewegen. Und nicht zuletzt natürlich Manager und Stratege, der die zukünftige Richtung vorgibt und auch mal unliebsame Entscheidungen trifft sowie Konflikte erfolgreich meistert.Herr Adrian nahm sich dieser Aufgabe vor vielen Jahren an, und, soweit wir das als Elternvertreterinnen und Elternvertreter beurteilen können, mit besonders viel Herzblut. Vielleicht war ihm anfangs nicht bewusst, dass er statt eines Jobs gleich mehrere machen würde. Manche Aufgaben waren bestimmt angenehmer als andere, doch alle erforderten seine ungeteilte Aufmerksamkeit und sein Engagement.Wir als Elternvertreterinnen und Elternvertreter können nur erahnen, was alles auf seinem Tisch landete. Bestimmt war so manches dabei, auf das er gerne verzichtet hätte. Und doch scheint ihm sein Beruf auch viel Spaß gemacht zu haben. Und wer Spaß an seiner Arbeit hat, macht sie

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bekanntlich besser. Zum Glückfür das LFS in Schleswig, die Kinder und uns Eltern ist er uns über all die Jahre treu geblieben und hat so viele Generationen betreut, beraten und liebevoll unterstützt.

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Mit einem Augenzwinkern möchten wir Elternvertreterinnen und Elternvertreter einen der so vielgeliebten/viel- gehassten Bewertungsbögen, mit denen sich unsere Kinder in den Schulen (und wir Eltern zuhause) herumschlagen, für Herrn Adrian, unseren besonderen Schulleiter, ausstellen:<Anmerkung>Zu sehen ist eine Tabelle mit folgenden Aussagen wo immer trifft voll zu dahinter angekreuzt ist:Bemüht sich, ein vertrauensvolles und offenes Klima zu schaffenIst ein guter ZuhörerVerfügt über Einfühlungsvermögen und EmpathieBezieht Verbesserungsvorschläge von Eltern in die Gestaltung des Schulalltags mit einSchafft TransparenzBesitzt Autorität, ohne sich in den Vordergrund zu drängenFühlt sich mit dem gesamten Kollegium den Aufgaben der Schule verpflichtetIst vorurteilsfrei und aufgeschlossenLegt Wert auf eine langfristig orientierte, pädagogische Weiterentwicklung der SchuleRespektiert Wertvorstellungen und Erfahrungen andererTrifft im Zweifel auch einmal unbürokratische Entscheidungen</Anmerkung>

Bemerkungen:Herr Adrian meisterte die ihm gestellten Aufgaben mit seinem umfangreichen Fachwissen, größter Einsatzbereitschaft und besonderem Geschick. Seine Hilfsbereitschaft und Empathie sorgten für einen offenen,

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konstruktiven und regen Austausch mit Eltern und Kindern. Die Fußstapfen, die er hinterlässt, sind sehr groß. Darum lassen wir ihn nur sehr ungern in den Ruhestand gehen.

Lieber Herr Adrian,wir bedanken uns herzlich für viele Jahre, in denen Sie unsere Kinder und uns so erfolgreich und liebenswert unterstützt haben. Wir wünschen Ihnen alles Gute für den neuen Lebensabschnitt und weiterhin viel Lebensfreude!Ihre Elternvertreter/innen ((59))

„Ein paar Jährchen"Gedanken zum Jubiläum des LFS und zur Pensionierung von Josef Adrian

Patrick Temmesfeld

35 Jahre LFS Schleswig und ein paar Jährchen mehr von Josef Adrian sind nun zu feiern und würdigen - dies im Kontext eigener Erfahrungen, Erlebnisse ...Das LFS Schleswig - die „Schule ohne Schülerinnen und ohne Schüler" ist nach wie vor ein Unikum. Nach 35 Jahren ist es in Deutschland in Bezug auf Bildung und Begleitung von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung nicht mehr wegzudenken.Die Erfahrungen, das Engagement und die Haltung sind präsent und anerkannt; Gäste aus dem nahen und fernen Ausland gehören in das Besuchsprogramm. Ein großes gewachsenes Team unterstützt und begleitet, ausschließlich mobil, Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung und zeigt tagtäglich, dass auch dieser Weg funktioniert - dies seit 35 Jahren und mit viel Erfolg.Anfangs argwöhnisch beobachtet - denn vermutlich (der Autor saß bei der Gründung selbst noch in der Schule) fühlten sich die weiteren Förderzentren Sehen in Frage und auf den Prüfstand gestellt. Davon ist nun keine Rede mehr: Die gesetzten Impulse sind angekommen und das LFS Schleswig wurde in das bundesdeutsche Bildungssystem quasi

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inkludiert, ohne jemals das Besondere und Alleinstellungsmoment aufzugeben. Viele der Angebote des LFS Schleswig finden sich nun auch woanders: das legendäre „Kurshaus" ist so vielerorts wiederzufinden. Daher sagen wir „Danke!" für die vielen, wertvollen Impulse, gratulieren dem Jubilar zu „jugendlichen" 35 Jahren (aus der Sicht des bbs Nürnberg ist das noch sehr jung - wir dürfen ja bereits inzwischen auf über 163 Jahre gelebtes Leben, Geschichte und Entwicklung zurückblicken), danken für die gemeinsame Wegstrecke und wünschen für die Zukunft alles Gute.Mein Blick auf das LFS Schleswig erfolgt auch aus einer sehr persönlichen Sicht, denn ich durfte in der Zeit von 2003 bis Ende 2005 als weiterer Sonderschulkonrektor am LFS Schleswig tätig sein. Es hätte länger sein sollen, aber das nachfolgende Angebot nach Nürnberg war einfach zu verlockend ... Entschuldigung! Insofern möchte ich noch einige persönliche Worte zur Verabschiedung von Josef Adrian in den Ruhestand beifügen.Mein Vorstellungsgespräch 2002 für diese Stelle war beeindruckend: im ehemaligen Direktorenhaus im Büro von Josef Adrian, das in einer sehr eigenen Mischung aus kräftigen braunen Möbeln und dickem Teppich ausgestattet war. „Wir sind hier alle per Du und ich bin der Josef!", war nach der Begrüßung die klare Ansage. Schnäuzer, etwas längere Haare, lässig - diese Kombination saß beim ersten Kennenlernen gleich zweimal dort (Klaus war auch dabei) und die Frage war für mich, ob ich dazu passe und wie ich mich hier einbringen kann. Auch wenn es für mich nur 2,5 Jahre am LFS Schleswig waren, bleibt mir dies als intensive, besondere Zeit in Erinnerung.Ein besonderer Auftrag verlangt quasi einen besonderen Arbeitsstil. Die Schulleitung am LFS Schleswig hat dafür Sorge zu tragen, dass es jedes Mal gelingt, alle Ressourcen zur Verfügung zu stellen und den Kontakt zu den vielen Netzwerken zu erhalten bzw. auszubauen.Es ist bemerkenswert und eine von Josef Adrians großen Stärken, auf die Kompetenz, die Selbstständigkeit und auch auf den Wunsch nach Autonomie seiner vielen Kolleginnen und Kollegen zu bauen und damit gemeinsam den Erfolgsweg des LFS Schleswig zu gestalten.Hierarchisches Denken ist ihm fremd; er wirkt durch seine hohe Fach- und Sozialkompetenz sowie seine ihm eigene Aura. Ich will ihn nicht auf einen Thron o. ä. heben

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Patrick Temmesfeld als zweiter stellvertretender Leiter bei einem Schulentwicklungstag des LFS-Kollegiums im November 2004</Bild>

(dagegen würde sich Josef auch mit deutlichen Worten verwehren), aber er war und ist seine eigene Größe und seine Fußstapfen werden zumindest erschwert zu füllen sein (eine Herausforderung für die Nachfolge!). Dazu kommt noch seine ihm eigene, unnachahmliche Mischung aus „der hat Ahnung", seine lässig-schnodd-rige Art, seine stete Einbindung des LFS in Politik, Wissenschaft und Schulverwaltung: damit hat er den wachsenden Erfolg für das LFS Schleswig geebnet. Er wird geschätzt und gefürchtet aufgrund seiner Fachlichkeit, Eloquenz und seiner feinen Ironie.Als überzeugter und engagierter Vertreter „seines" LFS kann er die anderen Systeme um sich herum zwar „leben lassen", aber er weiß auch zum Ausdruck zu bringen, dass und wo das LFS erfolgreich ist und sich nicht zu verstecken braucht - im Gegenteil!Meine Zeit am LFS Schleswig war kurz, aber lernen konnte ich viel - vom LFS Schleswig und von Josef Adrian: z. B. seine ruhige Art, seinen entspannten Umgang mit dem, was schlichtweg nicht zu ändern ist.Ja, das macht ihn für mich zu einem Alltagsphilosophen mit Weisheiten für den Tag, den Moment und das Leben - und dies ist von mir in aller Ernsthaftigkeit gemeint.Einige seiner Weisheiten begleiten mich auch noch heute, bleiben in Erinnerung und helfen über so manche Problemstellung hinweg.Mit der Pensionierung von Josef Adrian entsendet der Kreis der Sehgeschädigtenpädagoginnen und -pädagogen einen besonderen Menschen in einen neuen Lebensabschnitt, zu dem ich ihm und seinen Angehörigen alles Gute, viel Gesundheit und neue Perspektiven wünsche.

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Pädagoge mit Herz und Leidenschaft

Dieter Feser

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Wie soll man ihn beschreiben? Als einen Pädagogen von altem Schrot und Korn? Einen Herzblutpädagogen? Oder vielleicht besser einen Kämpfer für eine bessere Zukunft blinder und sehbehinderter Kinder?Ich kenne Josef Adrian, seit ich 1996 zur Nikolauspflege gekommen bin. Das erste Mal habe ich ihn offiziell 1998 bei der VBS-Tagung der Schulleiterinnen und Schulleiter für Sehbehinderte in Wien getroffen. Seit dieser Zeit haben wir immer wieder unseren fachlichen und persönlichen Austausch, vor allem bei VBS-Tagungen, gepflegt. Dabei habe ich ihn schätzen gelernt als einen, für den der Beruf Berufung war, der sich leidenschaftlich eingesetzt hat für seine Ideale, und einen, der die Auseinandersetzung und das Ringen um die besten Mittel und Wege nicht gescheut hat.

<Bild>Besuch der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen Frau Verena Bentele im September 2015 (v. I. n. r.: Mitarbeiterin von Frau Bentele, Frau Hölscher, Frau Spielberg (ehemalige Schülerin des LFS), Herr Adrian, Frau Bentele, Herr Wißmann, Herr Albrecht (Diplom-Pädagoge am LFS), Frau Nielsen (Verein zur Förderung sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein e. V.), Frau Borowy (Vorsitzende der Elternvertretung des LFS))</Bild>

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In der Leitungsposition des Landesförderzentrums in Schleswig hatte Josef Adrian bereits einen engagierten, innovativen und erfahrenen Vorgänger: Ab 1983 leitete Dr. Peter Appelhans, der am 30. Januar 2002 in den Ruhestand verabschiedet wurde, das Schleswiger Förderzentrum und wurde dabei einige Jahre von der Konrektorin Christine Pluhar unterstützt, die nach langen Jahren als Referatsleiterin für Sonderpädagogik im Bildungsministerium am 31. Juli 2012 aus dem aktiven Dienst des Landes Schleswig-Holstein ausgeschieden ist.Schon während meines Studiums hat mich der Modellversuch zur sogenannten integrativen Beschulung in Norddeutschland, die Beschulung von blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen an der Heinrich-Hertz- Schule in Hamburg auf Initiative von Dr. Peter Appelhans sehr angesprochen.

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Das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig als erste und wohl einzige „Schule ohne Kinder" war und ist eine Einrichtung, die unsere fachlich-inhaltliche Auseinandersetzung und unsere Reflexion über Möglichkeiten und Grenzen integrativer Beschulung sehr angeregt hat. Auf jeden Fall deutschlandweit, ich denke europaweit, vielleicht ist es nicht einmal übertrieben, wenn ich sage: das LFS hat weltweit einen ganz wesentlichen Beitrag zur integrativen bzw. heute inklusiven Beschulung blinder und sehbehinderter Schülerinnen und Schüler geleistet. Ich habe die Reichweite nicht nachgemessen, aber meine persönliche Vernetzung erlaubt mir wohl die Einschätzung, dass die Wirkung, die das LFS erzielt hat, sicherlich von internationaler Bedeutung ist.Durch Josef Adrian wurde die Arbeit aus der Gründerzeit kontinuierlich und konstruktiv weiterentwickelt. Der gute Ruf, den das LFS heute im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus genießt, ist eng mit dem Namen Josef Adrian verbunden. Hoch engagiert und tief überzeugt von der inklusiven Beschulung aller Kinder hat er sich konstruktiv und streitbar in bildungspolitische Debatten im VBS, bei Tagungen und Fortbildungen eingebracht. Verbandskongresse hat er mit interessanten Vorträgen und Impulsen bereichert.Adrian ist ein Pädagoge, der die Kinder mit Herzblut begleitet hat. Und der keinen geringeren Anspruch an Bildungsarbeit formulierte, als sie zu kritischen und mündigen Bürgern zu erziehen. Sie sollten sich im Zuge der persönlichen Begleitung durch das LFS zu mündigen Persönlichkeiten entfalten, die sich im sozialen Leben einbringen würden. Mit seinen Idealen hat er es sich und anderen nicht immer einfach gemacht. Und etwas geleistet, wovon die nachfolgende Generation bereits enorm profitiert hat und weiter profitieren wird.Ich bin froh und dankbar für die vielen Jahre des gemeinsamen Weiterentwickelns schulischer und vermehrt auch beruflicher Bildungsangebote zum gemeinsamen Lernen mit Josef Adrian im Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik.Lieber Josef,was immer du in Zukunft auch machen wirst, ich wünsche dir für den neuen Lebensabschnitt Zeit und Muße für das, was dir wichtig ist, Gesundheit und alles Gute!Sei herzlich gegrüßt im Namen des VBS und persönlich!

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35 Jahre LFZ Sehen, Schleswig und 26 Jahre Josef Adrian

Ingo Degner

Eine Liegenschaft, Lutherstraße 14 und Seminarweg 4, die von zwei Förderzentren genutzt wird, das kann Probleme nach sich ziehen, aber auch Synergieeffekte wecken.Aber zunächst zurück an den Anfang. Nicht zum Gründungsdatum 1983, als das Landesförderzentrum Sehen seine Arbeit in Schleswig aufnahm und junge Menschen mit Sehschädigung in Schleswig-Holstein erstmals wieder ein spezifisches sonderpädagogisches Angebot erhielten. Nein, zurück bis 1788, als Georg- Wilhelm Pfingsten, der „Vater" der Hörgeschädigtenpädagogik in Schleswig-Holstein, in der Lübecker Johannisstraße ein Privat-Institut gründete, in dem er Taubstumme, aber auch ein blindes Kind unterrichtete. 1817 schrieb Pfingsten, inzwischen Schulleiter des Taubstummen Instituts in Schleswig, rückblickend auf seine Anfänge als Schulleiter:„Auch mit Blinden ging ich gerne um. Bey diesen suchte ich ihren Gefühlsinn zu prüfen; reichte ihnen zu dem Ende allerley Sachen und Dinge, von verschiedenen Materialien, Gestalten und Formen zum Anfühlen, als: weiche und harte; rauhe und glatte; leichte und schwere; kalte und warme; biegsame und spröde; spitze, scharfe und stumpfe; Erhabenheiten und Tiefen auf Flächen, besonders Münzen u.s.f. und half ihnen, wenn sie sich im Betasten irrten, zurecht. Ich habe noch aus den Zeiten ein Manuscript von meiner Hand liegen, an welchem man auf den ersten Blick an der Farbe das Alter von ohngefähr 40 Jahren erkennen kann. Ich entwarf es in der Absicht: im nöthigen Falle zu einer Unterweisung bei Blinden zu gebrauchen. Dieser Fall ist nicht eingetreten. Nunmehr steht es derjenigen Anstalt für Blinde, die es zu haben wünscht, und sich zuerst meldet, unentgeldlich zu Diensten."(Georg Wilhelm Pfingsten: Uber den Zustand der Taubstummen der älteren und jüngsten Zeit, Schleswig 1817, S. 41)

Ob es eine Nachfrage gab, lassen die Quellen offen. Belegt ist aber, dass 1983 Dr. Peter Appelhans mit sechs Sonderpädagoginnen und -pädagogen und einer Verwaltungskraft in unser Direktorenwohnhaus „einzogen", um von dort aus ihre Arbeit mit 46 sehbehinderten Kindern im Vorschulalter und Schülerinnen und Schülern verschiedener Altersstufen zu „starten". Dies war der Beginn einer Arbeit in einer schulischen Organisationsform, die damals einmalig war und bis heute vorbildlich ist.

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Die besondere Arbeitsweise (Schule ohne Schüler, Systemische Beratung, Arbeit in Betrieben und Universitäten usw.) des LFS wurde das eine und andere Mal auch uns, dem Landesförderzentrum Hören und Kommunikation, als beispielhaft vorgehalten. Vieles haben wir annehmen können. Ich gebe aber mit Wilhelm Busch zu: „Wenn andere klüger sind als wir, das macht uns selten nur Pläsier."Im Laufe der letzten 35 Jahre hat das LFS seine Arbeitsbereiche weiter ausgedehnt und ist fast auf 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsen. Wir sind dadurch in der Lutherstraße 14, unserem Schulgebäude, und im Seminarweg 4, unserem Internat, noch dichter zusammen gerückt. Dies bringt gelegentlich Reibung mit sich. In der inhaltlichen pädagogischen Diskussion sind wir uns aber einig. Dies zeigt sich auch in einem gemeinsamen Theaterprojekt mit seh- und hörgeschädigten Schülerinnen und Schülern mit öffentlichen Aufführungen in unserer Aula. Auch das gemeinsam betriebene Medienzentrum ist ein besonders gutes Beispiel gelungener Zusammenarbeit. Hier versammeln beide Landesförderzentren ihre Materialien, verwalten sie gemeinsam, verleihen sie auch an den Nachbarn und teilen sich hierbei die Personalkosten. Hier werden wirklich Synergieeffekte „gehoben".

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Zwischen den jeweiligen Schulleitungen besteht bis heute eine kollegiale, verständnisvolle Zusammenarbeit. Josef Adrian habe ich gelegentlich in der Fachgruppe Sonderpädagogik der GEW getroffen und regelmäßig in den Gremiensitzungen des VDS, wo er als Landesfachgruppensprecher seiner Fachrichtung mitarbeitete. In allen Gremien erlebe ich Josef als sachkundigen, geschickt formulierenden und immer engagiert argumentierenden Vertreter der Sehgeschädigtenpädagogik und als vehementen Kämpfer für „sein" Landesförderzentrum.Wenn Josef Adrian jetzt, zum 35-jährigen Jubiläum des LFS, als Rektor in den Ruhestand verabschiedet wird, dann lässt er ein mobil und dezentral arbeitendes För-derzentrum zurück, das mehrfach ausgezeichnet und in dieser Form einmalig in der bundesdeutschen Schullandschaft ist. Hierauf können das Kollegium und Josef, der einen großen Anteil an diesem Erfolg trägt, zu Recht stolz sein.Als Nachbar und Mitstreiter wünschen wir dem Landesförderzentrum Sehen weiter viel Erfolg in seiner Arbeit und die Unterstützung, die es verdient. Zum Erfolg der Sonderpädagogik in Schleswig-Holstein gehören auch die selbstständigen Landesförderzentren: Hieran darf nicht gerüttelt

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werden und so werden wir dann auch 2053 den 70. Geburtstag des Landesförderzentrum Sehen, Schleswig, feiern.

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Der Mann, der mich das wahre Sehen lehrte

Lina Maria Kotschedoff

Als 1992 bei mir die erblich bedingte Netzhauterkrankung progressive Zapfen- und Stäbchendystrophie diagnostiziert wurde, standen meine Eltern, meine Lehrer und am Ende auch ich selber vor einer großen Herausforderung. Herausforderung ist die nette Bezeichnung für: „Ein Drachen mit sieben Köpfen".Keiner wusste, was man denn nun mit einem Kind macht, welches jetzt auf einmal eine Sehbehinderung und dazu noch einen temperamentvollen Charakter hat. Papa wollte, dass ich auf ein Internat für Blinde und Sehbehinderte gehe, Mama wollte, dass ich früh lerne mich unter Sehenden zu behaupten, meine Lehrer sahen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und ich wollte nur zehn Jahre alt werden und ein Teenie sein.Durch einen glücklichen Zufall, das Schicksal oder eine der zahlreichen Reaktionen auf den Leserbrief meiner Eltern in der Zeitschrift „Eltern" wurden wir auf die Blinden- und Sehbehindertenschule in Hassels aufmerksam gemacht. Und siehe da... nicht nur, dass sie ganz bei uns in der Nähe war, sie bot auch die Möglichkeiten der ambulanten Betreuung.Da standen wir nun am Tag, an dem ich Josef Adrian kennenlernte. Wenn ich mich richtig erinnere, dann waren wir in der Schule und sind zunächst die unterschiedlichen Hilfsmittel durchgegangen. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass ich meine Sehbehinderung lange Zeit nicht akzeptierte konnte oder wollte und alle Hilfsmittel für mich von vorneherein eher doof waren. Nun gut, da musste ich durch. Gesagt getan, Hilfsmittel annehmen - Check.Nun muss das Kind aber noch auf dem Schulweg, im Klassenraum und wo auch immer beobachtet werden, ob es denn alleine klarkommt. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich erst im letzten Jahr von meinen Eltern erfahren habe, dass Josef Adrian mich 1992 beschattet hat. Hätte ich das damals gewusst, dann wäre ich mir sicher wie eine Berühmtheit vorgekommen. ?

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Spaß bei Seite, ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie er in meinem Klassenzimmer saß, auf einem kleinen Stuhl in der Ecke zwischen zwei Bücherregalen, und mich observierte. Aber nie hat er mir den Eindruck vermittelt, dass ich nicht sehen könnte. Das Gefühl, welches ich habe, wenn ich an ihn und diese Anfangszeit zurückdenke, ist ein Gefühl der Stärke und des Selbstbewusstseins.

<Bild>Josef Adrian bei der Würdigung der letzten Kollegin, die vor ihm in den Ruhestand eingetreten ist (2018)</Bild>

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Ich weiß von meinen Eltern, dass die Gespräche und vor allem die Aufklärungen ihnen nicht nur im Umgang mit mir, sondern auch im Umgang mit der Umwelt und bei der Bewältigung ihrer eigenen Sorgen geholfen haben. Ich kann aus dieser Zeit lediglich berichten, dass meine Bücher immer bereits vor Schulbeginn händisch hoch kopiert waren. Genau - kopiert! Wir reden von der Zeit vor dem Laptop, dem mikroskopischen „Taschenvergrößerungsgerät" (Smartphone) oder dem eBook auf dem Tablet. Meine Bücher wurden noch von Hand hoch kopiert, gelocht, gebunden und zu meinem Leidwesen vor Schulbeginn bei mir zu Hause abgegeben. Somit war ich weit vor Zeiten von technologischen Durchbrüchen dank der Hilfsmittel mehr als wettbewerbsfähig gegenüber Sehenden. Dies wurde nur möglich durch das hohe Engagement und die positive, integrative Haltung von Josef Adrian.Doch damit noch nicht genug. Er ermöglichte mir durch seine Ferienfreizeiten für Blinde und Sehbehinderte auch echt coole Teenager-Ferien. Josef Adrian hat unwissentlich sogar die Geschichte meines ersten Kusses und meiner ersten Liebe mitgeschrieben. Auch wenn es sich bei beiden nicht um denselben jungen Mann gehandelt hat, allerdings bleiben Namen geheim, ist auch dies ein Teil der Geschichte, die mich zu einer selbstbewussten jungen Dame heranwachsen ließ.Heute bin ich 35 und kann sagen, dass viele Fähigkeiten und Stärken, die ich habe, ihren Ursprung in der Betreuung durch Josef Adrian finden. Der offene Umgang mit meiner Sehbehinderung, das Selbstbewusstsein auf meinem akademischen und beruflichen Karriereweg, das Rückgrat, sich

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nicht in die „Blindfisch-Schublade" stecken zu lassen, und nicht zuletzt die Gewissheit, dass ich schaffen kann, was ich will.Denn was man sieht und was man sehen will, sind immer noch zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Abschließend kann ich nur aus ganzem Herzen sagen: Danke, Josef Adrian!

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Eine folgenschwere Begegnung

Kirsten Wahren-Krüger

Wir stecken beide in den 30ern - das LFS mit seinen 35 Jahren und mein nun 33-jähriger beruflicher Werdegang. Je weiter wir voranschreiten, desto häufiger blicken wir auch zurück. Wir fragen uns, wer oder was uns dahin gebracht hat, wo wir heute stehen, warum wir eigentlich genau diesen Weg gehen, woher wir täglich neu die Kraft schöpfen, doch immer wieder Freude zu empfinden in dem, was wir tun. Wenn wir so lange an einer beruflichen Idee festhalten und nicht müde werden, uns dafür einzusetzen, dann kann es nur so sein, dass uns eine Stimme immer wieder sagt: "Das lohnt sich!" Angetrieben von einem inneren Motor folgen wir den Grundfesten unserer Überzeugung. Wir reichern Wissen an, bauen auf Erfahrungen, positive wie negative, auf Menschen, die uns Wertvolles gelehrt haben, auf Begegnungen, die uns beispielhaft und nachhaltig in Erinnerung geblieben sind. Unser Tun steht auf einem Gerüst, das mit den Jahren immer stabiler wird, dann nämlich, wenn wir uns solide Eckpfleiler suchen, die es tragen (und rostige Streben immer mal wieder austauschenl).Zeitgeschichte

Als ich Josef Adrian zuletzt auf dem VBS-Kongress in Graz 2016 auf der Bühne stehen sah, da war mir plötzlich sonnenklar, einem meiner "Eckpfeiler" gegenüber zu stehen. Ja, ganz ohne Zweifel zählt die Person, die wir in dieser Festschrift besonders ehren, zu den Begegnungen in meinem Leben, die mein berufliches Engagement bis heute nachhaltig prägen. Und das Warum und Wie: Wir schreiben das Jahr, na sagen wir, 1991. Ich war mit Leib und Seele Orthoptistin und erfreute mich der vielversprechenden Arbeitsstelle in der Sehschule des St. Martinus-Krankenhauses in Düsseldorf. Ein Jahr zuvor waren mein damaliger Chef

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und ich von der Uni-Augenklinik Köln hierhin gewechselt. Er, um hier die Stelle als Chefarzt der Augenklinik anzutreten, ich, um die Sehschule neu aufzubauen und zugleich die "Sehbehindertenambulanz" zu etablieren. Hochmotiviert und offen für Neues bildeten wir inmitten überzeugter Altbiertrinker ein starkes Arbeitsteam - mir als Orthoptistin ging es gut! Eines Tages rief mich, soviel hatte ich verstanden, ein Lehrer der örtlichen Schule für Sehbehinderte - heute "LVR-Karl-Tietenberg-Schule", Förderschwerpunkt Sehen - an. Er habe ein Anliegen und wolle wissen, ob er einmal bei mir vorbeischauen könne. Ich, die ich immer noch kräftig damit beschäftigt war, ein örtliches berufliches Netzwerk aufzubauen und zu diesem Zweck regelmäßig Low Vision-spe-zialisierte Augenoptiker(innen), engagierte Kolleg(innen) und regionale Selbsthilfeverbände aufsuchte, jubelte. Jemand aus dem interdisziplinären und noch dazu nicht klinischen Umfeld kündigte sich an, die Zeichen standen gut! Ich freute mich auf den Besuch, hatte ich doch schon in meiner Kölner Ausbildungszeit miterleben dürfen, dass dort für die Beratung sehbeeinträchtigter Kinder aus dem Frühförderbereich eine extra Sprechstunde eingerichtet worden war. An solchen Tagen begegnete die Medizin der Pädagogik in einer gegenseitig vermittelnden Art, die schon damals meine Neugier weckte.Josef ist schuld!

Eines Tages saß er also da, der Josef Adrian, auf einem der Besucherstühle in "meiner Sehschule". Er erzählte mir, er sei eigentlich aus Schleswig - was das nun wirklich zu bedeuten hatte, wusste ich damals noch nicht - und er sei vorübergehend in Düsseldorf, um hier einen "Schulversuch zur sonderpädagogischen Unterstützung sehbehinderter Schülerinnen und Schüler an allgemeinen Schulen" durchzuführen. Ihm schwebe vor, in der Düsseldorfer Schule für Sehbehinderte ein Sehhilfen- und Beratungszentrum aufzubauen, um den sehbehinderten Kindern genau die optischen und nichtoptischen Hilfen anzupassen, die sie in ihren jeweiligen Lernumfeldern bräuchten. Nun suche er nach einer Orthoptistin, die ihn zunächst erst einmal darin unterstütze, dieses Beratungszentrum auszustatten. Ob ich mir wohl vorstellen könne, diese Orthoptistin zu sein und ob ich mir das alles einmal mit ihm zusammen ansehen wolle. Was für eine Frage?! Natürlich wollte ich!! Josef erzählte mir von seinen Ideen

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und Überzeugungen. Dass man am Lernort eine spezialisierte Orthoptistin brauche, die zwischen Lehrkräften und Ärzten Sehberatung praktiziere. Ein interdisziplinäres Team sei nötig, mit einem/einer Mobilitätslehrer(in), einer psychologischen Fachkraft und anderen, um sich mit dem/der einzelnen Schüler(in) auseinanderzusetzen und entsprechend den indivduellen, sehbehindertenspezifischen Bedürfnissen so auszustatten, dass er/sie am Regelunterricht erfolgreich teilnehmen könne. Das klang wie Musik in meinen Ohren, genau das war's doch! Es entwickelte sich sehr bald nicht nur ein reger beruflicher Kontakt, sondern ich fand mich auch immer häufiger in genau diesem Beratungszentrum an der LVR-Karl-Tie-tenberg-Schule, um dort Low Vision-Beratung anzubieten. So dauerte es dann auch gar nicht lang, da kam mein Chef auf mich zu - denn schließlich arbeitete ich ja noch in Vollzeit in der Augenklinik - und fragte: "Frau Wahren, Sie sind in der letzten Zeit ja sehr viel unterwegs, was machen Sie da eigentlich genau?" Ich erklärte es ihm und zu meiner großen Freude war er ganz begeistert und ich hatte seine volle Unterstützung. Nun will man ja immer das, was man gerade nicht hat. Für mich fühlte es sich zunehmend gut und richtig an, Low Vision-Beratung im Lern- und Lebensumfeld von Menschen mit Sehbehinderung durchzuführen. "Low Vision" sollte von nun an mein Berufsweg sein und so kam es, wie es kommen musste, ich entschied mich eines Tages doch noch einmal zum Studium der Sehbehindertenpädagogik.Mein Dank

Ja, Josef, das habe ich wohl vor allem dir zu verdanken! Wann immer mein weiterer Weg holprig zu werden schien, welche Steine ich auch aus dem Weg zu räumen hatte: Dank unserer Begegnung vor 27 Jahren habe ich nie aus dem Blick verloren, Low Vision-Beratung und -Lehre im Sinne der Verknüpfung von pädagogischen und augenmedizinischen Kontexten betreiben zu wollen, auch über die Grenzen hinweg. Für die Chance, mir diesen ganz wesentlichen Input gegeben und vor allem meinen Blickwinkel dahingehend erweitert zu haben, möchte ich dir vielmals danken! Und ich möchte dich und dein Team zum 35-jährigen Bestehen des LFS beglückwünschen, dessen Fortbestand du sicherlich nicht nur entscheidend vorangetrieben, sondern den Du ganz sicher auf ein stabiles Gerüst gestellt hast. Damit möchte ich dir nun für deinen wohl verdienten Ruhestand die herzlichsten Glückwünsche aussprechen!

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Josef Adrian und die Würzburger

Dr. Christine Burger, Dr. Wolfgang Drave und Reinhold Mahler

Nicht mehr wirklich auf ein genaues Datum zu fixieren ist der Beginn der jahrzehntelangen Beziehung zwischen Josef Adrian und den Würzburgern - irgendwann nach der Gründung der AG Integration (auf Initiative von Hans Neugebauer, Wolfgang Drave, Peter Appelhans und Christine Pluhar 1979) und dem Würzburger Modellversuch „Behindertenspezifische Betreuung Sehgeschädigter an Regelschulen" (1982 - 1986). Plötzlich war Josef da, sei es beim Austausch von Erfahrungen und Besonderheiten bei der integrativen Tätigkeit während der AG- Tagungen oder sei es bei der Diskussion über die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus dem Modellversuch. Und immer waren seine Beiträge konstruktiv und bereichernd - manchmal sogar provokativ. Als entschiedener Verfechter des integrativen Weges konnte er mit seiner Diskussionsfreude so manchen frischen Windstoß aus dem Norden in die bayerische Kultusbürokratie einbringen.Diese Zusammenarbeit führte in den nächsten Jahren auch zu persönlichen freundschaftlichen Verbindungen und zu dem Entschluss, gemeinsame Schülerwochen von „integrierten" Schülerinnen und Schülern aus Würzburg, Düsseldorf und später Schleswig zu organisieren und zu veranstalten. Die Idee hinter diesen Schülerwochen war es, die sehbehinderten und blinden Schüler zusammenzubringen und Möglichkeiten zu schaffen, um sich mit der Gemeinsamkeit „anders sehen" (Sehschädigung) auseinanderzusetzen. Die inzwischen erwachsenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer erzählen noch heute mit großer Begeisterung von diesen Wochen und viele der dort entstandenen „grenzüberschreitenden" Freundschaften bestehen weiter. Den damals so ungeliebten „Berichtsheften" der Schülerinnen und Schüler ist es zu verdanken, dass wir uns an die Orte dieser Treffen und die jeweiligen Teilnehmer heute noch so gut erinnern: Hobbach 1991, Westerhever 1992, Texel 1993, Aschau 1994, Westhofen 1995, Hohwacht 1996 (ohne Gewähr auf Vollständigkeit). Josef konnte hier unermüdlich und mit großem Einsatz seiner pädagogischen Bestimmung nachgehen, festgehalten auch in einem Abschlusslied der Woche in Westhofen:Mit dem gelb-schwarzen Käppi sieht Josef blendend aus, fährt gerne schlicht im Kreise, probiert Parkplätze aus.Am Kinde wirkt er stetig und pädagogisiert.

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Aber dabei haben wir uns ganz köstlich amüsiert. (Melodie: Bolle reiste jüngst zu Pfingsten)Wie das mit den Parkplätzen war, wissen wir nicht mehr so genau, aber Josef ist unzweifelhaft ein begnadeter Lehrer. Er baute mit den Schülern Modelle der Unterkunft oder wenigstens Drachen, versuchte sie (leider meist erfolglos) für den Besuch von Museen zu begeistern, legte die pädagogischen Leitlinien für Fahrradtouren fest, und, und, und.... Unvergessen ¡st auch sein Einsatz bei der Vorbereitung und Durchführung der Schülerwoche auf Texel. War es Intuition oder einfach nur die tief in ihm verwurzelte Routine, schulische Maßnahmen gründlich zu planen? Man weiß es nicht, aber Josef ließ es sich glücklicherweise nicht nehmen, vor unserem Besuch persönlich den ordnungsgemäßen Zustand der Unterkunft zu überprüfen. Als diese Begehung dann alles andere als überzeugend ausfiel, sorgte er mit mitgebrachtem Werkzeug und Material dafür, dass wir die gravierendsten Baumängel beseitigen konnten, natürlich eingebunden in die

((70)) Vermittlung entsprechender Lerninhalte für die Schüler. Bei letzteren für entschieden mehr Begeisterung sorgte allerdings der Pizzaofen, den Josef mitbrachte.Bei den Erwachsenen in positiver Erinnerung ist vor allem die lebhafte Diskussion der pädagogischen Maßnahmen, die in diesen Schülerwochen regelmäßig bis spät in den Abend hinein stattfand. Der Blick über den pädagogischen Tellerrand des eigenen Teams war mit Sicherheit für alle Beteiligten ein großer Gewinn.Ein aus Würzburger Sicht unerfreuliches Ergebnis dieser insgesamt so erfreulichen Zusammenarbeit war leider, dass sich unser damaliger Kollege Klaus Wißmann entschloss, sich mit Josef zusammen um die Mitarbeit in der Schleswiger Schulleitung zu bewerben - erfolgreich natürlich! Aber wir tragen es dir kaum nach, Josef!Danke für viele Jahre einer konstruktiven und kontroversen, angenehmen und spannenden, aber immer bereichernden Zusammenarbeit!

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<Bild>Dr. Peter Appelhans mit Josef Adrian und Christine Pluhar bei einem Tag der offenen Tür des LFS im März 2009</Bild>

Zur Pensionierung

Dr. Peter Appelhans

Josef,ich freue mich sehr, die Gelegenheit zu haben, Dir anlässlich Deiner Pensionierung meine herzlichen Glückwünsche auszusprechen. Möge Deine Zeit als Pensionär genauso erfolgreich und erfüllt sein wie Deine berufliche Laufbahn.Wir haben uns kennengelernt in der AG "Integration" des Verbandes für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik. Diese Arbeitsgemeinschaft hatte zum Ziel, Blinden- und Sehbehindertenlehrerinnen und -lehrer zu motivieren und durch Fortbildungsmaßnahmen dazu beizutragen, dass Kinder und Jugendliche mit einer Sehschädigung in ihrer natürlichen Umgebung, d. h. in ihrer Familie, Nachbarschaft und wohnortnahen Schule, aufwachsen und eine angemessene Bildung angeboten bekommen, statt häufig fernab von ihrem Heimatort in Sondereinrichtungen ausschließlich mit jungen Menschen, die ebenfalls eine Sehschädigung haben, zusammen zu lernen und häufig auch in Heimen zu leben.Du warst zu der Zeit Sehbehindertenlehrer an der Düsseldorfer Schule für Sehbehinderte. Während ich mit einzelnen Schülerinnen und Schülern mit Sehschädigung an der Hamburger Heinrich-Hertz- Schule arbeitete, hast Du von Deiner Schule aus begonen, Kinder und Jugendliche mit sehbehindertenspezifischem Förderbedarf zu unterstützen, zunächstwohl als einsamer Rufer. Dass Du ein solcher nicht geblieben bist, ist Eigenschaften zu verdanken, die auch Dein Wirken in der Schleswiger Zeit geprägt haben: Engagement, hohe Motivation, Kooperationsfähigkeit, Überzeugungskraft, Beharrlichkeit und Ehrlichkeit.Du warst realistisch genug zu wissen, dass häufig Geduld und Diplomatie nötig waren, um Menschen zu überzeugen, die Deine pädagogischen Konzeptionen nicht akzeptieren wollten oder sich schwer taten, sich auf eine für sie neue Aufgabe einzulassen.

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Du hast in verschiedenen Rollen in Schleswig-Holstein gearbeitet und es nicht gescheut, zwischen der Körperbehindertenschule in Damp, an der Du anfangs mit hal

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bem Deputat beschäftigt warst, und der Schleswiger Schule hin- und herzupendeln. Nach einer zwischenzeitlichen Rückkehr an die Düsseldorfer Einrichtung aus familiären Gründen bewarbst Du Dich auf die Stelle des Stellvertretenden Schulleiters an der Staatlichen Schule für Sehgeschädigte, nachdem die Amtsinhaberin Christine Pluhar Referentin im Kieler Bildungsministerium geworden war. Sowohl ich als auch das damalige Kollegium freuten sich sehr über diese Entscheidung.Mit der gleichen Beharrlichkeit und Gründlichkeit, mit der Du in Düsseldorf gewirkt hast, gingst Du die Aufgaben an, die Du in Schleswig-Holstein übernommen hattest.Du hast es von vornherein verstanden, Kolleginnen und Kollegen, wann immer sinnvoll, in Arbeitsvorhaben einzubeziehen, ihre Kompetenzen zu nutzen und sie erfahren zu lassen, dass ihre Beiträge wichtig sind und von Dir geschätzt werden. Ich bin sicher, dass sie die Zusammenarbeit mit Dir als Bereicherung erlebt haben, wenn Du unprätentiös Deine umfangreichen Kenntnisse und Erfahrungen eingebracht hast.Die Verbindlichkeit und Ehrlichkeit im Umgang mit Menschen haben Dir die Anerkennung gebracht, die 2002 dazu führte, dass Du zum Schulleiter der Staatlichen Schule für Sehgeschädigte gewählt und nachfolgend ernannt wurdest, als die Stelle neu zu besetzen war.Ich persönlich kann mich an die Zusammenarbeit mit Dir- und später in der Schulleitungsgruppe mit dem 2. Konrektor Klaus Wißmann - als einer stets offenen, von gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Hilfe getragenen erinnern.Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass Du ein zutiefst politischer Mensch bist. Deine Mitarbeit in pädagogischen Verbänden (VBS, VDS) und in der GEW waren von der Überzeugung getragen, dass Menschen ihre Rechte und Interessen artikulieren und vertreten müssen, um nicht der Ignoranz oder dem Egoismus einflussreicher Personen oder Gruppen ausgeliefert zu sein.Josef, es war eine interessante und bereichernde Zeit mit Dirl

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Dein Wirken als Schulleiter habe ich aus der Ferne verfolgt und wahrgenommen, dass die Einrichtung unter Deiner Leitung nicht nur einige Male ausgezeichnet worden ist, sondern auch mit Dir an der Spitze ihre Unabhängigkeit als Institution erfolgreich bewahren konnte.Für Deine Pensionszeit wünsche ich Dir zahlreiche Jahre erfüllt mit Gesundheit, Lebensfreude, Kraft und Lebensenergie, die Dir einen neuen Lebensabschnitt ermöglichen, der nicht minder erfüllt, freudvoll und erfolgreich sein sollte als Deine berufliche Lebensperiode.Ich kann Dir aus eigener Erfahrung sagen: Es warten wunderbare Erlebnisse und Erfahrungen auf aktive Pensionisten.Alles, alles Gute!

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... „sooo" weit weg und „sooo" eine Ausnahme ...

Ute Hölscher

Unsere erste Begegnung fand im Jahre 2000 telefonisch statt: Ich wusste, du hattest Erfahrungen in NRW gesammelt und bei mir stand ein Wechsel von Baden-Württemberg nach Nordrhein-Westfalen an. War eine Anstellung an einer Schule in NRW ratsam? In diesem Gespräch erlebte ich zum ersten Mal deine analytische Sichtweise, deine achtsamen und wertschätzenden Gedanken über andere Wege in unterschiedlichen Systemen sowie eine Offenheit mit konstruktiver und differenzierter Kritik über Einstellungen, Verfahren und Vorgehensweisen in einer Vielfalt von Ansätzen und Umsetzungen in der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik. Ich war nach unserem Gespräch guteR Dinge und ließ mich auf neue Erfahrungen in NRW ein.Eine erste kurze persönliche Begegnung - wortWörtlich zwischen Tür und Angel - gab es beim Kongress des Verbandes für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e. V. in Dortmund 2003. Dort hast du als Leiter die Staatliche Schule für Sehgeschädigte vertreten, die einen anderen Weg gegangen war als eine gewöhnliche Schule für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler in Deutschland. Die „Schule ohne Schüler" in Schleswig, als die sie damals bundeswElt bekannt war, wurde immer als etwas Besonderes wahrgenommen, was man als Außen-

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<Bild>Ute Elölscher und Josef Adrian (nach der Einweihung des Kurshauses 2013)</Bild> ((74)) stehender nicht so richtig fassen konnte. Schleswig war weit im hohen Norden verortet und Schleswig-Holstein ein überschaubares Bundesland. Integration war das große Ziel, deren Umsetzung immer wieder zu Diskussionen aufrief. Schleswig stellte sich diesen Diskussionen und man bekam den Eindruck, dass da irgendetwas richtig gemacht wurde - doch das war „sooo" weit weg ... und „sooo" eine Ausnahme ... und woanders ja eigentlich „gaaar" nicht zu realisieren ...MiT meinen US-amerikanischen Erfahrungen in der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik war dieser Ansatz ein durchaus interessanter für mich und ich wusstE, Schleswig hatte sich ehemals u. a. auch an den Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten orientieren können. Gemeinsamer Unterricht war dort in der Blinden-und Sehbehindertenszene seit Jahrzehnten Praxis. Diese lernte ich während meiner beruflichen Zeit im US-amerikanischen System auch so kennen, geprägt von Pragmatismus und Selbstverständnis für den integrativen (wie es damals hieß) Gedanken, wie man ihn in Deutschland z.T. heute noch nicht antrifft. In Schleswig aber waR dieser Gedanke seit 1983 leitend.„Kannst du dir vorstellen, die Stelle der 2. stellvertretenden Leitung zu übernehmen?" Ich war überraschT, fühlte mich geehrt, sehr angesprochen ob dieses Gedankens, in diesem System arbeiten zu dürfen, und motiviert, die Erfahrungen, die ich in USA gesammelt hatte, hier ggf. ein wenig weiter entwickeln zu dürfen. 2006 wEchselte ich nach Schleswig und fand mich in einem engagierten, hoch entwickelten, professionell gestalteten, demokratisch verwalteten, respektvoll umgänglichen System wieder, welcheS ohne Zweifel die gemeinsame Handschrift von dir und Klaus, mit dem du eng zusammen gearbeitet hast, trug. Ein System, welches sich mit keinem, was ich kannte, vergleichen ließ und lässt.In den nun zwölf Jahren gemeinsamen Arbeitens habe ich dich von Beginn an als zugewandten Kollegen und in deiner Rolle als Leiter mit hohem Engagement, viel Empathie, Verständnis, Offenheit, Flexibilität, Wertschätzung und mit demokratischem Bewusstsein kennengelernt. Du hattest stets ein offenes Ohr, hast die Belange aller Kolleginnen und Kollegen immer ernst genommen und mit ihnen gemeinsam nach

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Lösungen gesucht. Durch deine Klarheit, Direktheit und deine Authentizität hast du es immer geschafft, auch Problemsituationen Gutes abzugewinnen und am Ende für die einzelne Kollegin oder den einzelnen Kollegen und/oder das LFS gute Ergebnisse zu erzielen. Diese Eigenschaften habe ich immer sehr geschätzt und werde dieses auch in Zukunft in entsprechenden Situationen immer wieder in Erinnerung rufen. Ich habe dich zudem als Menschen erlebt, der die Herausforderungen, die in einem vielfältigen und differenzierten Schulsystem immer wieder auftauchen, als Chance und als positiv zU gestaltende Aufgabe sieht. Du hast diese Einstellung als einen AuftRag des LFS - nunmehR heißt es Landesförderzentrum Sehen, Schleswig (LFS) - vertreten Und so an das KolLegium verMttelt. Du stehst nach wie vor 100% hinter diesem System und hast dich selbst auch immer als "Überzeugungstäter" vorgestellt.Die dezentrale Struktur des LFS hat zur Folge, dass das Kollegium räumlich nicht so eng angebunden ist, wie dies in anderen Schulformen der Fall ist. Doch du hast diesE räumliche Distanz durch persönliche AnwesenHeit und Ansprechbarkeit relativieren können, so dass sich das Kollegium in hohem Maße mit dem LFS identifiziert. Auch heute noch, nach 35 Jahren und mit mehR als 80 Mitarbeitern, ist das LFS eine Einheit, die mit hoher Expertise und Kompetenz nach außen agiert und dort so wahrgenommen wird, aber auch nach innen übereinen starken kollegialen Zusammenhalt mit gegenseitiger Unterstützung, Respekt und Wertschätzung verfügt.Was meine US-amerikanischen Erfahrungen angeht, so haben wir oft diskutiert und unsere unterschiedlichen Meinungen ausgetauscht, manchmal mit Anstrengung, manches Mal mit Witz, aber in der Sache immer ernsthaft. Häufig ging es dabei um das „Erweiterte Curriculum (ECC)", welches ich aus Überzeugung und mit viel Engagement der deutschen Szene näher bringen möchte. Diese Notwendigkeit hast du gar nicht so gesehen, weil es deine Überzeugung ist, die Inhalte längst im schleswig-holsteinischen LehrPlan im Bereich Sonderpädagogische Förderung Sehen verankert zu sehen. Und der Lehrplan, welchen du inhaLtlich maßgeblich mitgestAltet hast, beruht auf den „Guidelines" (Program Guidelines for Visual Impaired Individuals, USA), die schließlich Vorläufer des ECC sind. Wozu also eiN ECC?Bei Wikipedia findet sich „Curriculum", hergeleitet aus dem Lateinischen, u. a. wie folgt: Umlauf, Kreisbahn, Lauf. Nun wird unser argumentativer Umlauf über die sehgeschädigtenspezifischen Inhalte auf der Kreisbahn „Guidelines - Lehrplan - ECC" leider aufhören. Ich werde diesen Lauf vermissen, lieber Josef, und danke dir für deine außergewöhnliche kollegiale Freundschaft.

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Josef Adrian - vor einem neuen Lebensabschnitt

Klaus Wißmann

ln allem Trubel um Fachtagungen, Planungen, Begrüßungen, Verabschiedungen und andere Überraschungen wollen wir nicht übersehen, dass „unser Chef" Josef Adrian dieser Tage einen Übergang zu bewältigen hat: Im Namen des Kollegiums wünschen wir dir, Josef: Mögen ereignisreiche, spannende und vielseitige Lebensjahre vor dir liegen, die du mit deiner vielseitigen Interessiertheit, mit spannenden Themen und viel Spaß anfüllen kannst!Üblicherweise hält Josef ja selber die Laudatio auf die Kolleginnen und Kollegen, die einen neuen Lebensabschnitt oder ein neues Lebensjahrzehnt zu beschreiten beginnen. Da dieses Vorgehen in seinem aktuellen Falle wenig angezeigt zu sein scheint, werde ich als sein Stellvertreter ein paar Zeilen zu seinem Wirken am Landesförderzentrum Sehen, Schleswig - oder gewohnter und eingängiger: am LFS - aufschreiben.Nachdem ihn sein beruflicher Werdegang schon in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts (ja, so lange ist das zumindest terminologisch schon her) an die damalige Staatliche Schule für Sehbehinderte nach Schleswig geführt und er anschließend einige Jahre lang selber ein kleineres, aber ähnlich ansetzendes Projekt unter schwierigen, damals reichlich integrationsfeindlichen Rahmenbedingungen in Düsseldorf initiiert und vorangetrieben hatte, kam Josef im Sommer 1995 wieder und nun als erster Stellvertretender Schulleiter nach Schleswig an die inzwischen so benannte Staatliche Schule für Sehgeschädigte. Damals übernahm er u. a. die Zuständigkeiten für das SB- (also das Team zur Unterstützung und Beratung sehbehinderter Schülerinnen und Schüleran allgemeinbildenden Schulen) und das GE-Team (also das Team zur Unterstützung und Beratung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf Sehen und zusätzlichem Förderbedarf im Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung") sowie für das noch heute vierzehntägig erscheinende „Info", unserem internen Mitteilungsblatt. Wie kaum ein anderer stritt Josef im Landes- und Bundesrahmen für das Konzept eines überregionalen Förderzentrums, war und ist diskussionsfreudig und -

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erprobt, vertrat und lebte, dass Widerstände gegen die Konzeption unserer Einrichtung systemisch bedingt sind und wir uns diesen stellen müssen, um das Konzept zum Wohle der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, mit denen wir arbeiten dürfen, weiterzuentwickeln.Josefs Identifikation mit der Idee, die hinter der inzwischen zum Landesförderzentrum Sehen Schleswig (= LFS) umbenannten Bildungseinrichtung stand und steht, ist ebenso beeindruckend wie seine unbedingte Verlässlichkeit für diese Sache, aber auch für die Angelegenheiten, die seine Kolleginnen und Kollegen betrafen und betreffen.Folgerichtig wurde er im Frühjahr 2002 in der Nachfolge von Dr. Peter Appelhans mit den Aufgaben des Schulleiters betraut und übernahm die Leitung des Förderzentrums - eine Funktionsbeschreibung, die ihm wesentlich

<Bild>Josef Adrian</Bild>

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<Bild>zu sehen sind zwei Bilder. Auf dem ersten guckt Josef ins Verwaltungsgebäude hinein und im zweiten Bild zieht er einen weißen Schutzanzug an.</Bild>

angenehmer von der Zunge geht als sein offizieller Titel Sonderschulrektor - im Frühjahr 2003. Im Zuge der damals notwendigen Umstrukturierungen übernahm er die Zuständigkeitfür das berufsbildende B-Team, während das SB- wie auch das Kurs-Team nachfolgend erst Patrick Temmesfeld und später Ute Hölscher als neue Ansprechpartner bzw. -partnerin der Leitung erhielten. Josef lebt das Landesförderzentrum Sehen. Mit diesem Satz lässt sich wohl treffend beschreiben, was das LFS ihm, aber auch, was er für unsere Einrichtung und die Kolleginnen und Kollegen, die sie ausfüllen und gestalten, bedeutet. Absolut in dieses Bild passt die Tatsache, dass es ihm

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ein Gräuel ist, wenn in Gesprächsrunden mit anderen Schul- oder Förderzentrumsleitungen Formulierungen fallen, wie z. B.: „Ich habe die Schule vor xx Jahren übernommen ...!" oder „... in meiner Schule ...".Wesentliche Merkmale der Schulleiters Josef Adrian sind seine unbedingte Verlässlichkeit und sein uneingeschränktes Pflichtbewusstsein. Er lebt das LFS, aber er lebt auch für das LFS. Ganz selbstverständlich war es ihm, an jenem Sonntagmorgen im Jahre 2007, als der Schwelbrand im Verwaltungsgebäude des LFS entdeckt wurde, nach Schleswig zu fahren, nach dem Rechten zu sehen und vor Ort Verantwortung zu übernehmen. Wie unverständlich muss es für ihn gewesen sein, als er mich an jenem Tage um kurz vor 10 Uhr anrief, um mich über den Brand zu informieren, dass ich mich dagegen entschied, nach Schleswig zu fahren, und ihm eher davon abraten wollte: „Wir können da jetzt eh nichts machen und stehen der Feuerwehr nur im Wege 'rum, Josef, und wenn die Feuerwehr fertig sein wird, wird nachfolgend erst einmal die Kripo ermitteln. Vor Montag nutzen wir da nichts." Josef aber fuhr nach Schleswig und zeigte Präsenz. Für uns freigegeben wurde das vom Brandschaden gezeichnete Verwaltungsgebäude allerdings erst, nachdem die Feuerwehr und die Spurensicherung ihre Arbeiten abgeschlossen hatten: am Montagmittag.Josef siehtsich als Teil des LFS, der seine Aufgabe dort zu erfüllen hat. Wir sehen ihn als sehr, sehr wesentlichen Teil an, auf den wir uns immer und unbedingt verlassen konnten.Sein Leitungsverständnis war und ist geprägt von flachen Hierarchien und von größtmöglicher Transparenz des Leitungshandelns, was nicht immer umsetzbar ist, wenn diese Handlungsmaxime mit anderen Rechtsgrundsätzen, etwa der Fürsorgepflicht oder dem Datenschutz, in Konkurrenz gerät. Weitere wesentliche Bestandteile seiner Art zu leiten waren und sind Partizipation und Delegation. Bezeichnender Weise ist seine Autorität im LFS unumstritten. Er musste sie nicht aus der Funktion seines Amtes ableiten, sondern er hatte sie kraft seiner Persönlichkeit inne. Josefs Wort galt, seinen Rat einzuholen, war wichtig, seine Art mitzudenken führte weiter, oft weil er quer dachte, Denkstrukturen aufbrach, schräge Fragen stellte.Dass diese berufliche Ara in den kommenden Stunden zu Ende gehen wird, ist noch nicht fassbar. Welche Lücke du, Josef, am LFS hinterlassen wirst, ist im wahrsten Sinne des Wortes unvorstellbar, denn viele Kolleginnen und Kollegen - übrigens auch ich - haben am LFS bisher ((77))

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immer nur mit dir gemeinsam gearbeitet, gedacht und gestritten - noch niemals aber ohne dich!Sicherlich schreibe ich im Namen aller Kolleginnen und Kollegen, wenn ich dir für deinen neuen Lebensabschnitt weiterhin die so zu dir gehörende Aktivität, jede Menge Glück, widerstandsfähige Gesundheit und nicht nachlassende Tatkraft wünsche: Habe Dank für unsere gemeinsamen Arbeitsjahre, genieße den nächsten Lebensab-schnitt, aber lasse es dir bloß nicht einfallen, dem LFS den Rücken zu kehren oder ihm die kalte Schulter zu zeigen! Ich weiß, dass du dich nicht einmischen und aufdrängen willst, aber ich wünsche uns, dass du uns mit deiner Erfahrung und deinem Geschick beistehen wirst, wenn wir dich um einen Rat bitten werden.

((78)) Kurze Chronik des Landesförderzentrums Sehen, Schleswig

Klaus Wißmann

Präludium1982 Am 13. April 1982 legt IX 570 (MR Görner; Sozialministerium) mit der Kabinettsvorlage Nr. 55/82 einen Antrag auf „Errichtung einer Sehbehindertenschule in Schleswig-Holstein" vor.Am 20. April 1982 beschließt die Landesregierung von Schleswig-Holstein die Gründung der „Staatlichen Schule für Sehbehinderte".

Umsetzung

1983 Am 1. August 1983 nimmt die Staatliche Schule für Sehbehinderte (SfS) in Schleswig ihre Arbeit auf. Dort arbeiten 7 sonderpädagogische Lehrkräfte und eine Verwaltungsangestellte, die sich anfangs um 46 Kinder und Jugendliche kümmern sollen. Erster Schulleiter wird Dr. Peter Appelhans.In der ersten Arbeitswoche nehmen sechs Lehrkräfte der SfS am VBS-Kon-gress in Würzburg teil.

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1984 Die SfS entwickelt vielfältige Kooperationen und empfängt als Besucher u. a. die Sozialministerin Schleswig-Holsteins, die Synskonsulentin aus Apenrade und eine Besuchergruppe der Blindeninstitutsstiftung Würzburg, wo ein Modellversuch zur Integration sehbehinderter Schülerinnen und Schüler durchgeführt wird.1985 Die SfS wächst stetig. Nachgewiesen wird der Bedarf der sehbehindertenpädagogischen Unterstützung an einer Schule für Geistigbehinderte (in Plön). Diverse Gespräche mit dem Ministerium betreffen die Thematik, wie mehrere blinde Kinder ortsnah auf Eiderstedt in Schleswig-Holstein unterrichtet werden können.Christine Pluhar wird Stellvertreterin des Schulleiters.

((79))

<Bild>Das Kollegium 1985Oben: Susanne Martschenko, Christine Pluhar, Peter Appelhans, Gerda Luig, Josef Adrian, Unten: Ursula Barz, Andrea Waschkowitz, Dörte Severin, Barbara Wehr, Marianne Appelhans-Königer, Sabine Weber</Bild>

1986 Der Modellversuch „Beratung und Unterstützung Sehgeschädigter beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben", gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, beginnt.1987 Am 1. August beginnt die Unterstützung und Beratung von vier blinden Schülerinnen und Schülern in Tönning und in Meldorf.Die SfS legt dem Kultusministerium und dem Sozialministerium ein Papier „Überlegungen zum Bedarf an Werkstattplätzen für Sehgeschädigte in Schleswig-Holstein" vor.Gespräche mit dem Landesarbeitsamt Schleswig-Holstein-Hamburg finden statt über die Frage der Zusammenarbeit zwischen SfS und Landesarbeitsamt Schleswig-Holstein-Hamburg im Bereich Berufsorientierung und Berufsausbildung.Die Kooperation und Koordination mit der Handels- und höheren Handels-schule für Blinde und Sehbehinderte, Hamburg, bezüglich des Wechsels von Schülerinnen und Schülern zwischen beiden Einrichtungen beginnt.

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((80)) 1988 Konzeptionelle Gespräche mit dem Bildungs- und dem Sozialministerium finden statt zur Thematik der Weiterentwicklung des LFS zu einer Schule für Sehgeschädigte.Die SfS ist im Herbst 1988 zuständig für 360 junge Menschen. Sie verfügt über 29,75 Planstellen für Lehrkräfte.1989 Die Lehrerdienstversammlung der SfS beschließt die Einführung der noch heute geltenden Teamstruktur zur fachlichen Spezialisierung der sonderpädagogischen Kompetenz in der SfS.1990 Christine Pluhar wechselt - zunächst per Abordnung - in das Bildungsministerium.1991 Der Modellversuch „Übergang Schule - Beruf" wird erfolgreich abgeschlossen.Die Arbeit darf von nun an auch ohne die Bedingungen eines Modellversuches fortgesetzt werden.1992 Der Sanierungsbedarf des Kurshauses wird offensichtlich.Das Sozialministerium fordert keine Haushaltsmittel an, da der Sanierungsaufwand unwirtschaftlich zu sein scheint.1992 Die SfS feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Inzwischen stehen für 395 junge Menschen 38,75 Lehrerstellen zur Verfügung. Im September wird die SfS umbenannt in „Staatliche Schule für Sehgeschädigte. Zentrum für Beratung und Frühförderung" (weiterhin: SfS).1994 Der SfS-Schulleiter Dr. Peter Appelhans besucht die Schule für Blinde und Sehbehinderte in Tartu/Estland, um eine Partnerschaft anzuregen, die bis heute besteht.An der SfS findet eine zweiteilige, länderübergreifende Lehrerfortbildung zum Thema „Beratung" statt.1995 Als neuer erster Stellvertretender Schulleiter kehrt Josef Adrian aus Düsseldorf nach Schleswig zurück, wo er schon als Sehbehindertenpädagoge zwischen 1985 und 1988 gearbeitet hatte. Neuer zweiter Stellvertretender Schulleiter wird Klaus Wißmann von der Blindeninstitutsstiftung aus Würzburg.Die Arbeit der SfS in den Bereichen Berufsorientierung und Berufsbildung wird durch einen Preis im EU-Helios-Programm gewürdigt.1996 In Folge eines Schulentwicklungstages auf Sylt wird in der SfS ein Medienzentrum installiert.

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Das Sozialministerium stimmt der Renovierung des Kurshauses zu, sofern diese ohne Mittel aus dem Landeshaushalt bewältigt werden kann.Die erforderlichen gut 300.000 DM werden durch eine Spendenaktion von RSH und weitere Spenden aufgebracht.

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Das Kollegium beginnt eine mehrteilige Fortbildungsreihe in Zusammenarbeit mit dem Institut für Rehabilitation und Integration Sehgeschädigter (IRIS) in Hamburg zum Themenbereich „Orientierung und Mobilität".1997 Nach der Grundrenovierung wird das Kurshaus neu eröffnet. Das Kursprogramm ist zwischenzeitlich neu strukturiert worden.Das Forschungsprojekt „Blinde und hochgradig sehbehinderte Kinder und Jugendliche im Sportunterricht der Regelschule (IBIS)" beginnt.1998 Eine weitere Schulentwicklungstagung zum Themenschwerpunkt „Beratung" findet in Dersau statt.Nach 15 Jahren des Bestehens ist die SfS mit 45,77 Lehrerstellen für die Beratung und Unterstützung von 577 jungen Menschen zuständig.1999 Im November begleitet Herr John Helmers, Direktor i. R. der Regionale School Noord, Haren (Niederlande), mehrere Tage lang die Arbeit der Schulleitung als „kritischer Freund".Fachkräfte des LFS bearbeiten an der Werkstatt für Behinderte in Flensburg-Mürwik ein Projekt, um die dortigen sehgeschädigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Reihenuntersuchung zu identifizieren und Empfehlungen zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen auszusprechen.2000 Das LFS beantragt das Projekt FLUSS (Fortbildung von Lehrkräften für gemeinsamen Unterricht mit sehgeschädigten Schülern) als Projekt des EU-Programmes Comenius 1 mit Projektpartnern aus Deutschland, Estland, den Niederlanden, Österreich und Ungarn.2001 Zwei weitere Schulentwicklungstage der SfS finden auf dem Koppelsberg zum Thema „Schulprogramm" statt.Das gesamte Kollegium der SfS nimmt an einem Fortbildungstag an der Klinik für Augenheilkunde der Universität zu Lübeck unter der Leitung von Prof. Dr. Laqua teil.

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Das erste Arbeitstreffen des FLUSS-Projektes findet unter der Leitung von Dr. Peter Appelhans in Würzburg statt.

((82))

<Bild>Foto des LFS-Kolleg¡ums von 2001</Bild>

2002 Das erste Schulprogramm der SfS wird verabschiedet.Dr. Peter Appelhans tritt in den Ruhestand ein. Sein Nachfolger als Leiter der SfS wird Josef Adrian, als erster stellvertretender Schulleiter rückt Klaus Wißmann nach.Die Finanzierung der Kurse wird mit dem zuständigen Sozialministerium unter Beteiligung der Kreise und kreisfreien Städte neu geregelt.Kolleginnen aus der SfS informieren sich in Stockholm über das schwedische Unterstützungssystem für Schülerinnen und Schüler mit Sehbehinderung oder Blindheit.2003 Patrick Temmesfeld aus Friedberg übernimmt die Aufgaben des zweiten stellvertretenden Schulleiters.Die SfS beteiligt sich an einem weiteren Comenius-Projekt mit Projektpartnern aus Norwegen, Luxemburg, Belgien und der Tschechischen Republik. Fachwissen für Lehrkräfte, die Kinder und Jugendliche mit Sehschädigungen an Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung unterstützen und beraten, soll zusammengestellt werden.Das neue Kooperationspap¡er zwischen dem Landesarbeitsamt Nord und der SfS wird von beiden Parteien unterschrieben.Nach 20 Jahren SfS unterstützt die Einrichtung 734 junge Menschen mit gut 51 Lehrerstellen. ((83))2004 Kolleginnen der SfS stellen auf einer Frühfördertagung in Kerkrade/Niederlande das von ihnen entwickelte CVI-Diagnostik-lnstrument der Fachöffentlichkeit vor.

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Beim großen Sommerfest am Ende des 20. Jahres der Existenz von SfS und Verein hält die Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave eine Rede, in der sie die Arbeit der Staatlichen Schule für Sehgeschädigte würdigt.Das Kollegium veranstaltet eine nachhaltige Schulentwicklungstagung in Salzau mit Frau Krainz-Dürr aus Österreich zu unterschiedlichen Themenbereichen.2005 Die von der SfS mitverantwortlich organisierte dritte Auflage der Hilfsmittelmesse „Einblick - Ausblick" in Neumünster lockt über 1.200 Besucheran, die angeschlossene Fachtagung immerhin 150.Patrick Temmesfeld verlässt die SfS, um Leiter der Blindenanstalt in Nürnberg zu werden.2006 Das Musical „Lampenfieber", das in der Kursarbeit entstanden ist, wird ein großer Erfolg.Als neue zweite stellvertretende Schulleiterin wechselt Ute Hölscher (aus Baden- Württemberg) an die SfS.Ein zweijähriges Projekt mit der Universität Hamburg startet bezüglich der Auswirkungen von beeinträchtigtem Sehen in Werkstätten für Menschen mit Behinderung.Der „Spiel- und Erlebnisplatz am Kurshaus" wird eingeweiht.2007 13 Kolleginnen und Kollegen absolvieren eine Weiterbildung zum „Lichtberater" bei Fritz Buser (Schweiz).Die SfS erhält einen dreitägigen Besuch einer Expertenkommission der „European Agency for Special Needs and Inclusive Education".Im Juni zerstört ein nächtlicher Schwelbrand das Verwaltungsgebäude der SfS, das nachfolgend über Monate komplett saniert werden muss.2008 Mit „Knastkinder" wird erneut ein Theaterstück, das der SfS-Kursarbeit entstammt, prämiert.Die SfS wird in Landesförderzentrum Sehen, Schleswig (LFS) umbenannt.Nach 25 Jahren unterstützt das LFS nun 857 junge Menschen und verfügt dafür über gut 54 Lehrerstellen. ((84))

2009 Die Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Bildungseinrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen tagt in Damp.Frau Evers-Meyer (MdB), die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, besucht das LFS.

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Der Modellversuch „Schulelternbeirat" startet.2010 Josef Adrian und Barbara Wehr präsentieren die Arbeit des LFS dem Bundespräsidenten Horst Köhler anlässlich seines Besuches in Lübeck zum Thema „Inklusion in Schleswig-Holstein".Erste Vorgespräche betreffen den Neubau des erneut sanierungsbedürftigen Kurshauses.Erstmals finden Gespräche mit der Kosoz zum Thema Kursfinanzierung statt.

<Bild>Das Kollegium des LFS (April 2015)</Bild> ((85))

2011 Im Februar wechselt die Schulträgerschaft für das LFS vom Sozial - zum Bildung- ministerium.Im April besucht Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das LFS.Das diesjährige LFS-Theaterstück "Geschichten, die das Leben schreibt" wird als offizieller Beitrag Schleswig-Holsteins in Düsseldorf beim „Schultheater der Länder" aufgeführt.2012 Das LFS beteiligt sich an den Veranstaltungen zum 150. Jubiläum der vormaligen Kieler Blindenschule.Der Kurshausneubau wird begonnen.2013 Das Kurshaus wird eingeweiht.Nach 30 Jahren des Bestehens unterstützt das LFS nun 928 junge Menschen mit fast 60 Lehrerstellen.2014 Im Mai sind Daniel Kish und Juan Ruiz erstmals Gäste der LFS und bieten Fachvorträge, Workshops und Einzeltrainings zum „Klick-Sonar" an.Die LFS-Theaterkursgruppe gastiert bei einem Theaterfestival in Korbach/Hessen.In Trappenkamp wird dank einer Spende des Lions-Clubs Lübecker Bucht unter der Schirmherrschaft der Beauftragten der Bundesregierung für die

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Belange behinderter Menschen, Verena Bentele, ein LFS-Sportscamp durchgeführt, um Vereinsvertreter aus Schleswig-Holstein für das Thema Sehschädigung zu sensibilisieren sowie den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen unterschiedliche Sportarten näher zu bringen.2015 Das LFS präsentiert den „LFS-Film".Im Uwe-Seeler-Park in Malente findet ein LFS-Blindenfußballwochenende mit Trainern des FC St. Pauli Hamburg statt.Dem LFS wird der Jakob Muth-Preis der Bertelsmann-Stiftung in Bremen von der Bildungsministerin des Landes Schleswig-Holstein, Frau Britta Ernst, überreicht. Eine Schülerin und ein Schüler des LFS bereichern die Veranstaltung zur Preisverleihung durch Beiträge, die ihr persönliches Erleben der Unterstützung und Beratung zum Ausdruck bringen.Der Theaterkurs des Landesförderzentrums Sehen spielt zur Eröffnung des Schultheaterfestivals des Landes Schleswig-Holstein sein gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des Landesförderzentrums Hören entwickeltes Stück „Einfalt war gestern - Die große Show der Vielfalt".Frau Bentele, die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, besucht das LFS.

((86))

2016 Erneut findet eine mehrtägige Veranstaltung zum Thema Echoortung, dieses Mal mit Juan Ruiz und Brian Bushway, am LFS statt.Der Kooperationsvertrag des Landes Schleswig-Holstein mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen wird in Kiel unterzeichnet und öffnet den Weg zur Unterstützung und Beratung junger Menschen mit Förderbedarf im Förderschwerpunkt Sehen an den Waldorfschulen.Das LFS erhält das Berufswahl-SIEGEL-SH. Die Übergabe findet im Landeshaus zu Kiel statt.2017 Das Kollegium des LFS veranstaltet einen selbst organisierten Schulentwicklungstag zur „Datensicherheit im IT-Bereich" und eine zweitägige „Zukunftswerkstatt" unter der Leitung von Professor Dr. Asselmeyer aus Hildesheim mit kritischen Freunden aus Berlin, Bremen, Friedberg, Hamburg und Heidelberg.2018 Zum Ende des Jubiläumsschuljahres geht der langjährige Schulleiter Josef Adrian in den Ruhestand.

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Im laufenden Schuljahr 2017/18 unterstützt das LFS 986 junge Menschen mit gut 63 Lehrerstellen und insgesamt etwa 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. ((87))

((88)) Autorenverzeichnis

Dr. Appelhans, Peter* 1936Studienrat für Deutsch und Latein, Studium der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik an der Universität Hamburg, 1983 bis Januar 2002 Leiter der Staatlichen Schule für Sehgeschädigte in Schleswig.

Borowy, Sabine* 1965Ausbildung zur Hotelkauffrau, Tätigkeit als Empfangssekretärin, Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin, Sekretärin des Verkaufsdirektors in der Konsumgüterindustrie, Mitarbeiterin Empfang Praxis Physiotherapie.

Braband, Henning*1943Diplom-Psychologe seit Juni 1974Langjährig Lehrbeauftragter im Bereich Sonderpädagogik an den Universitäten Hamburg, Bremen und Berlin, Ausbildung zum Gesprächspsychotherapeuten, wissenschaftliche Begleitung von integrativen Drittmittelprojekten, z. B. „Sonderpädagogische Beratung". Hamburg, psychosoziale Integration erwachsener Hörgeschädigter, Rendsburg, Beratung und Unterstützung Sehgeschädigter beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben, Schleswig, Landesprojekt FON Kiel; Beratungsstelle für Integration in der Schule BIS, IQSH, Ausbildung zum

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Berater für Organisationsentwicklung. Arbeitsschwerpunkte: Schulprogrammarbeit, Schulentwicklung und Evaluation sowie multiprofessionelle Kooperation im integrativen Kontext.

Dr. Burger, Christine* 19511970 - 1976 Studium der Psychologie an der Universität Mannheim,1976 - 1982 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Mannheim, 1983 Promotion, 1982 - 1986 Wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs "Behindertenspezifische Betreuung Sehgeschädigter an Regelschulen" der Blindeninstitutsstiftung Würzburg,1987 - 2016 Tätigkeit als Diplom-Psychologin im Blindeninstitut Würzburg.

((89))

Prof. Dr. Degenhardt, Sven* 1962Studium (Mathematik/Physik, Lehramt, und Blinden- und Sehbehindertenpädagogik) und Promotion zum Dr. paed, an der Humboldt-Universität zu Berlin, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Hochschulassistent, seit 1996 Universitätsprofessor für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Sonderpädagogik; Schwerpunkt: Pädagogik bei Beeinträchtigung des Sehens (Blinden- und Sehbehindertenpädagogik) an der Universität Hamburg; aktuell: stellv. Beauftragter für die Belange der behinderten Studierenden nach § 88 HmbHG an der Universität Hamburg und Sprecher des Arbeitskreises Hochschulen im Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e. V. (VBS).

Degner, Ingo*1952Nach dem Studium an der Pädagogischen Hochschule Kiel, dem Referendariat für das Lehramt für Realschulen und befristeten Verträgen seit 1990 Lehrer am Landesförderzentrum Hören und Kommunikation in Schleswig. Abordnung von 1992 bis 1994 zum Studium der

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Erziehungswissenschaften an die Universität Hamburg in den Fachrichtungen Gehörlosen-, Schwerhörigen- und Verhaltensgestörtenpädagogik (Prüfung für das Lehramt an Sonderschulen), seit 2006 Oberstudiendirektor und Leiter des Landesförderzentrums Hören und Kommunikation in Schleswig.Verschiedene Ehrenämter, u.a. Kreistagsabgeordneter des Kreises Schleswig-Flensburg (seit 1986), als Ehrenbeamter Stellvertreter des Landrats (seit 1994) und stellvertretender Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages (seit 2013).

Denninghaus, Erwin*1955Nach dem Studium der Psychologie Tätigkeiten am Institut für Behindertenpädagogik der Universität Hamburg, an der Deutschen Blindenstudienanstalt in Marburg sowie im Rahmen einer Weiterbildung zum Psychotherapeuten in zwei Kliniken, seit 1988 beschäftigt im LWL-Berufsbildungswerk Soest, seit 2016 Leitung der Einrichtung.

Döttinger, Ina*1975Promovierte Sprachwissenschaftlerin (Tübingen, Pisa, Oxford), Beraterin,Project Manager in der Bertelsmann Stiftung, seit 2009 im Bildungsbereich, seit 2012 Leitung des Jakob Muth-Preises für inklusive Schule.

Dr. Drave, Wolfgang*1948Geschäftsführer und Verlagsleiter der edition bentheim in der Johann Wilhelm Klein- Akademie Würzburg seit 1985; Blinden- und Sehbehindertenpädagoge, Sonderschulkonrektor der Graf-zu-Bentheim-Schule der Blindeninstitutsstiftung in Würzburg von 1973 bis 2012 und dort verantwortlich für die Mobilen Dienste (Integration) für sehbehinderte und blinde Kinder (seit 1975).

((90)) Düe, Willi

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Dipl.-Handelslehrer, Oberstudienrat a. D., bis 2009 Sonderpädagoge am Landesförderzentrum Sehen, Schleswig - Schwerpunkt: „Berufliche Bildung";zuvor: Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Begleitung des Modellversuchs „Übergang Schule - Beruf" (seit 1987) und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Oldenburg: „Allgemeine Behindertenpädagogik" (bis 1987); nebenamtlicher Studienleiter am IQSH (bis 2003) und Lehrbeauftragter Universität Hamburg „Allgemeine Behinderten-pädagogik und Soziologie der Behinderung" (bis 3/2014).

Dr. Ehlers, AngelaSonderpädagogin, seit 2010 Leitung des Referats Inklusion - Gestaltung und Konzeption in der Hamburger Bildungsbehörde; von 1980 bis 2000 verschiedene Stationen in Schleswig-Holstein in der Leitung eines Förderzentrums Geistige Entwicklung sowie in der Lehrerbildung im Bereich Sonderpädagogik; ab 2000 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Heilpädagogik, Universität Kiel, Pädagogik bei Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung und bei schwersten Behinderungen, Gelingensbedingungen inklusiver Bildung durch individualisiertes Lernen und geeignete Schulentwicklungsprozesse; 2004-2010 Schulrätin im Kreis Steinburg; 2011 Promotion an der Universität Koblenz-Landau bei Prof. Dr. Peter Rödler; zertifizierte Organisationsentwicklungsberaterin. Langjährige Landesvorsitzende des Verbands Sonderpädagogik (vds) Schleswig-Holstein bis 2016, seit 2015 Bundesvorsitzende des vds.

Feser, Dieter*1955Vorstandsvorsitzender der Nikolauspflege, Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen seit 1996, davor 13 Jahre Schulleitung Blindeninstitut München;Vorsitzender des Verbandes für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (VBS) seit 2008.

Fug, Sabine* 1964Beraterin in der Regionaldirektion Nord, Bundesagentur für Arbeit (seit 2011), 1986 - 1990 Studium Diplom-Verwaltungswirtin, 1990 - 2010 Agentur für Arbeit Kiel (Sachbearbei- tung, Beratung, Teamleitung).

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Güler, Mustafa*1994Realschule (Kaufmännische Berufsschule 3), Abitur an einem berufsbildenden Gymnasium, Ausbildung zum Industriekaufmann und Übernahme in eine befristete Beschäftigung. ((91))

Prof. Dr. Hase, UlrichLandesbeauftragter für Menschen mit Behinderung; Jurist und promovierter Hörgeschädigtenpädagoge, seit 1995 Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung zudem Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten-Selbsthilfe und Fachverbände e.V. sowie Honorarprofessor an der Fachhochschule Kiel (Fachbereich Soziale Arbeit).

Hölscher, Ute*1959Studium der Blindenpädagogik, Universität Dortmund, Itinerant Teacher für Visually Impaired, Kalifornien, USA, Diagnostic Resource Teacher for Visually Impaired, Hawaii, USA, Koordinatorin der Beratungsstelle, Staatliche Schule für Sehbehinderte, Waldkirch (Baden-Württemberg), Koordinatorin der Beratungsstelle, Schule für Sehbehinderte,Köln, NRW, Schulleiterin der Krankenhausschule, Caritas-Haus Feldberg (Baden- Württemberg), 2. Stellvertretende Leiterin des LFS.

Kastner-Roeßler, GabryeleAusbildung in der Krankenhausverwaltung Mölln, Angestellte der AOK Schleswig- Holstein bis 2005.

Köhler, Christiane* 1971Ausbildung und Einsatz als Sekretärin, Redaktionssekretärin, Produktionssekretärin und Produktionsassistentin in einem Hamburger Verlag (1989 - 2005), seit 2006 freie Journalistin.

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Kotschedoff, Lina Maria* 19832004 - 2007 Studium an der dualen Hochschule Baden-Württemberg, 2007 - 2009 Eventmanagerin bei der Leipziger Messe GmbH, 2009 - 2014 Managerin für Unternehmensentwicklung und strategische Akquisition bei der Leipziger Messe GmbH, 2015 - 2016 MBA-Studium an der WHU - Otto Beisheim School of Management, seit 2017 Business Developer bei der Stadtwerke Düsseldorf AG.

((92)) Laemers, Frank*1966Pädagogische Hochschule Heidelberg, Institutfür Sonderpädagogik: Blinden- und SehbehindertenpädagogikZivildienst an der Rheinischen Schule für Sehbehinderte, Düsseldorf (dort „Erstkontakt" mit Josef Adrian), Studium der Sonderpädagogik an der Uni Dortmund (Sehen, Lernen), Koordination des EU-Projekts „Low Vision in Early Intervention" an der TU Dortmund, Mitarbeit beim Auf- und Ausbau des ISaR-Projekts (Inclusive Services and Rehabilitation; Virtuelles Kompetenzzentrum zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit einer Sehbeeinträchtigung) an der TU Dortmund, Schulpraxis (Düsseldorf, Duisburg, Dortmund, Soest), seit 2012 akademischer Mitarbeiter an der PH Heidelberg.

Prof. Dr. Lang, Markus* 19671996: Einstellung in den Schuldienst Baden-Württembergs als Sonderschullehrer an der Schloss-Schule Ilvesheim, Staatliche Schule für Blinde und Sehbehinderte, 1999 - 2002 Abordnung an die Pädagogische Hochschule Heidelberg, Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (Lehrtätigkeit und Promotion), 2002 - 2005 Sonderschullehrer an der Schloss- Schule Ilvesheim, 2005 - 2009 Abordnung an die Pädagogische Hochschule Heidelberg: Professurvertretung in der Fachrichtung Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, 2010 Sonderschullehrer an der Schloss-Schule Ilvesheim; 10/2010 - 2012 Abordnung an die Pädagogische Hochschule Heidelberg: Vertretung der Professur in der Fachrichtung

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Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, 2013 Ernennung zum Professor für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg.

Licht, Ute* 1962Mobiler Dienst Sehen der niedersächsischen Landesschulbehörde Regionalabteilung Lüneburg, seit 1989 an der Schule am Klosterplatz (Förderschwerpunkt GE) in Osterholz- Scharmbeck und seit 1994 im Mobilen Dienst Förderschwerpunkt Sehen, seit 2000 Koordination des Mobilen Dienstes kmE, Hören und Sehen der Regionalabteilung Lüneburg und Fachrichtungssprecherin des Bereichs Sehen, seit 2011 Leitung des Fachseminars bei Beeinträchtigung des Sehens am Studienseminar für Sonderpädagogik in Lüneburg.

Nielsen, Inga*19772002 - 2005 Rechtspflegerstudium in Hildesheim, seit 2005 Diplom-Rechtspflegerin, seit 10/2015 tätig am Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht.

((93))Nitschke-Junge, BrigitteSonderschullehrerin und bis 2017 Studienleiterin Institutfür Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig Holstein, IQSH, Kronshagen, Schulartbeauftragte Sonderpädagogik.

Opasinski, Marielen* 2001Schülerin der Kl. 10 an der Gemeinschaftsschule Dannewerk, Schleswig.

Petersen, Marvin* 1998

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Nach Abitur (2017) Aufnahme des Studiums der Psychologie an der Universität zu Lübeck, unterstützt vom Landesförderzentrum Sehen, Schleswig, seit dem Kindergarten bis zum Studienanfang, inklusive Teilnahme an Kursen (Theater, Ski etc.).

Pluhar, Christine*19471972 - 1976 Gesamtschullehrerin in Berlin, 1976 - 1983 Blindenschule Berlin-Steglitz,1979 - 1981 Aufbaustudium Blinden-, Sehbehinderten- und Körperbehindertenpädagogik an der Universität Hamburg, 1983 - 1990 Staatliche Schule für Sehgeschädigte Schleswig, Sonderschullehrerin und Sonderschulkonrektorin; 1990 - 2012 Ministerium für Bildung in Kiel, u. a. Schulaufsicht für das LFS.

Rix, AchimStudium der Sonderpädagogik mit den Fachrichtungen Lernen und Geistige Entwicklung und dem Fach Sport an der Pädagogischen Hochschule Kiel, Heilpädagogisches Institut 1980 - 1985; Tätigkeit an einem Förderzentrum Lernen 1988 - 2001; Neben- und Hauptamtliche Studienleitung (seit 1989) am Institutfür Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig Holstein, IQSH, Kronshagen; Stellvertretender Schulartbeauftragter Schulartteam Sonderpädagogik ab 2011; Schulartbeauftragter Schulartteam Sonderpädagogik 2018.

Rodney, Peter* 1950Psychologe (MA), unabhängiger Berater, 25 Jahre Tätigkeiten am Institut für Blinde und Sehbehinderte (Synscenter Raefsnes, Kalundborg) und in der nordischen Forschungsgruppe für Sehschädigung sowie als Psychologe in einer jugendpsychiatrischen Krankenhausabteilung, als Psychologischer Berater für Kommunen im Bereich Sonderpädagogik, als Prüfer in der Lehrerausbildung sowie an mehreren Spezialschulen für mehrfach beeinträchtigte Kinder und junge Menschen; seit 1999 Expertentätigkeiten für die Europäische Kommission im Bereich Behinderung und Sonderpädagogik, seit 1995 Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Universität von Dänemark, Abteilung Sonderpädagogik im Bereich der Inklusion; seit 1992 private psychologische Teilzeitpraxis im Feld von Familientherapie und Sonderpädagogik.

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((94)) Schröder, Torsten* 1951Mobiler Dienst Sehen der niedersächsischen Landesschulbehörde Regionalabteilung Osnabrück; Beschäftigung seit 1988 an der Anne-Frank-Schule in Osnabrück (Förderschwerpunkt kmE) im Mobilen Dienst Förderschwerpunkt Sehen, nach dem Studium der Körperbehinderten- und Sehbehindertenpädagogik unter Frau Prof. Dr. Rath.

Severin, Dörte*19541985 - 1995 Beratungslehrerin am LFS, damals Staatliche Schule für Sehgeschädigte, 1995 - 2017 Studienrätin an der Carl-Strehl-Schule („Blista") in Marburg mit den Fächern Deutsch und Französisch, 2003 - 2016 Koordinatorin des Überregionalen Beratungs- und Förderzentrums der Blista.

Temmesfeld, Patrick*1966Studium der Sehgeschädigtenpädagogik in Dortmund (1988-1993), Referendariat an der Johann-Peter-Schäfer-Schule (1993-1995), später Lehrkraft, 2003 Wechsel an das LFS Schleswig (2003) und an das Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte (bbs) Nürnberg (2005).

Wahren-Krüger, KirstenDipl.-Pädagogin mit dem Schwerpunkt der Sehbehindertenpädagogikfür Kinder und Erwachsene sowie Orthoptistin, seit 1990 tätig in der Low Vision-Beratung und -Lehre.

Prof. Dr. Walthes, RenatePromotion 1978 Theorie der virtuellen Bewegung - ein Beitrag zur Bewegungslehre, 1980 -1994 Akademische Rätin Institut für Sportwissenschaft Universität Tübingen (mit den Schwerpunkten Bewegung Spiel und Sport von sehenden und sehbeeinträchtigten bzw.

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blinden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen; Forschungsprojekt zur bewegungsorientierten Frühförderung mit Familien; Studie zur Situation von Familien mit einem blinden, mehrfachbehinderten, sehbehinderten Kind), 1995 - 2018 Professur an der TU Dortmund: Lehrstuhl Rehabilitation und Pädagogik bei Blindheit und Sehbeeinträchtigung - Fakultät Rehabilitationswissenschaften.

Wandel, Lars Oie* 19922011 - 2012 Berufsvorbereitung beim LWL-Berufsbildungswerk in Soest, 2012 - 2013 im Bundesfreiwilligendienst bei der Stadt Eckernförde an der Pestalozzischule, 2013 - 2016 Ausbildung zum Industriemechaniker beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Kiel-Hol- tenau in Rendsburg, 2016 - 2017 Industriemechaniker beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Kiel-Holtenau in Rendsburg; zurzeit Besuch der Fachoberschule mit dem Ziel eines Studiums. ((95))

Weber, Sabine*19531974 - 1981 Studium der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik und Referendariat in Hamburg, 1981 - 1983 Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Hamburger Modellversuch „Sehauffällige Schüler an Hamburger Schulen", 1983 - 1993 Staatliche Schule für Sehbehinderte, Schleswig, 1993 - 2010 Schule für Blinde und Sehbehinderte, Hamburg.

Wenker, Theo*1953Lehramtfür berufsbildende Schulen mit den Fächern Wirtschaftswissenschaften und Politik, Lehramt für Sonderpädagogik mit den Fachrichtungen Sehen und Lernen, seit 1996 Leiter des LWL-Berufskollegs in Soest.

Wißmann, Klaus*1959

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1980 - 1984 Studium der Sehbehinderten- und Blindenpädagogik an der PH Heidelberg, ab 1984 Referendariat an der Bayerischen Landesschule für Blinde in München und ab 1985 an der Edith-Stein-Schule in Unterschleißheim, ab 1986 Sehbehinderten- und Blindenpädagoge in Unterschleißheim und ab 1989 im Mobilen Dienst der Blindeninstitutsstiftung in Würzburg; seit 1995 als Zweiter und seit 2002 als Erster Stellvertretender Schulleiter am Landesförderzentrum Sehen, Schleswig.

((96)) Verzeichnis der verwendeten AbkürzungenBA: Bundesagentur für Arbeitbbs Nürnberg: Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte, NürnbergBIS: Beratungsstelle Inklusive Schule am IQSHB-Team: Team berufliche Bildung am Landesförderzentrum Sehen, SchleswigBUZ: Hamburg Beratungs- und Unterstützungszentrum für körper- und sinnesbehinderte Jugendliche und Erwachsene, HamburgCVI: cerebral visual impairment (Cerebral bedingte visuelle Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung)EA: European Agency for Special Needs and Inclusive Education (Europäische Agentur für besondere Bedürfnisse und inclusive ErziehungECC: expanded core curriculum (Erweitertes Curriculum)gß: geistige BehinderungGE-Team: Team Schülerinnen und Schüler mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung und Sehen am Landesförderzentrum Sehen, SchleswigGEW: Gewerkschaft Erziehung und WissenschaftICF: International Classification of Functioning, Disability and Health (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit)ICF-CY: International Classification of Functioning, Disability and Health - children and youth (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit - Version für Kinder und Jugendliche)IEP: Individualized Education Program (individueller Förderplan)

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IHK: Industrie- und HandelskammerIQSH: Institutfür Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-HolsteinKmE: Körperlich-motorische EntwicklungKMK: KultusministerkonferenzLES: Lernen, emotionale und soziale Entwicklung sowie SpracheLFS: Landesförderzentrum Sehen, SchleswigLFZ: LandesförderzentrumKosoz: Koordinierungsstelle soziale Hilfen der schleswig-holsteinischen Kreise O&M: Orientierung und MobilitätPR China: Peoples Republic of China (Volksrepublik China)Ro Korea: Republic of Korea (Republik Korea)RoC Taiwan: Republic of China Taiwan (Republik China, genanntTaiwan)SAR Hong Kong: Hong Kong Special Administrative Region of the People's Republic of China (Besondere Verwaltungsregion Hong Kong der Volksrepublik China) SB-Team: Team Sehbehinderung am Landesförderzentrum Sehen, Schleswig SBZ: Sehbehindertenzentrum UnterschleißheimSEN: sonderpädagogischer FörderbedarfSEN Conference: Förderausschuss SfS: Staatliche Schule für Sehbehinderte,später: Staatliche Schule für SehgeschädigteSFZ: SFZ-Chemnitz Sächsisches Förderzentrum gGmbh ChemnitzUN-BRK: Behindertenrechtskonvention der Vereinten NationenVBS: Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e. V.VDS: Verband Sonderpädagogik e. V.

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