14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten · Definition von a2 in Tafel 0.2. Beobachtete...

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14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten Werkstoffabnützung oder -versagen infolge der vielfältigen Erscheinungsformen von Ermüdung, Korrosion, Abrasion und Kavitationserosion verursachen den Pumpenbetreibern immer wieder erhebliche Kosten, die in den meisten Fällen durch sorgfältige Materialwahl zu vermeiden wären. Falsche Werkstoffwahl be- ruht häufig auf zwei Ursachen: (1) die korrosiven Eigenschaften des Fördermedi- ums sind zu wenig klar spezifiziert (oder bekannt) oder (2) aus Kostengründen (Konkurrenzdruck) wird – zum Nachteil des Betreibers - das billigste Material eingesetzt, das gerade noch vertretbar erscheint. Der Werkstoffangriff infolge Ermüdung, Abrasion, Kavitation und Erosions- korrosion an umströmten Bauteilen steigt exponentiell mit der Strömungsge- schwindigkeit. Dabei sind die Einsatzgrenzen der verschiedenen Werkstoffe nicht genau bekannt; sie hängen sowohl von der Geschwindigkeit als auch von den kor- rosiven Eigenschaften des Fördermediums und ggf. dessen Feststoffbeladung ab. Auch die durch Druckpulsationen und Schaufelinterferenzkräfte induzierten Wechselspannungen sind schwer erfaßbar, weshalb Schaufel- und Radscheiben- dicken nach Erfahrung oder Gutdünken gewählt werden. In diesem Kapitel werden Methoden zur Beurteilung dieser Probleme entwik- kelt, die ein systematisches und in sich konsistentes Vorgehen bei Materialwahl und Schadensanalyse ermöglichen. Für den Werkstoffeinsatz bei hohen Geschwindigkeiten sind vier Kriterien maßgebend: 1. Die Ermüdungsfestigkeit (meist unter Korrosion), da hohe Geschwindigkeiten in Pumpen auch entsprechend hohe Druckpulsationen, Schaufelinterferenzkräf- te und Wechselbeanspruchungen bedeuten. 2. Geschwindigkeitsinduzierte Korrosion, insbesondere Erosionskorrosion 3. Kavitationserosion, wie in Kap. 6 ausführlich behandelt 4. Abrasion als Werkstoffabtrag durch im Fluid mitgeführte Feststoffpartikel. Abrasion und Kavitationserosion sind primär mechanische Verschleißmecha- nismen, die aber durch Korrosion verstärkt werden können. Bei Korrosion handelt es sich hingegen um eine chemische Reaktion zwischen Metall, Fördermedium, Sauerstoff und chemischen Agenzien (z.B. Chloriden). Diese Reaktion ist immer beteiligt – wenn auch häufig kaum wahrnehmbar. Schließlich kann die Umfangsgeschwindigkeit auch durch die hydraulischen Kräfte (Kap. 9) oder Schwingungen und Lärm (Kap. 10) begrenzt sein.

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14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Werkstoffabnützung oder -versagen infolge der vielfältigen Erscheinungsformen von Ermüdung, Korrosion, Abrasion und Kavitationserosion verursachen den Pumpenbetreibern immer wieder erhebliche Kosten, die in den meisten Fällen durch sorgfältige Materialwahl zu vermeiden wären. Falsche Werkstoffwahl be-ruht häufig auf zwei Ursachen: (1) die korrosiven Eigenschaften des Fördermedi-ums sind zu wenig klar spezifiziert (oder bekannt) oder (2) aus Kostengründen (Konkurrenzdruck) wird – zum Nachteil des Betreibers - das billigste Material eingesetzt, das gerade noch vertretbar erscheint.

Der Werkstoffangriff infolge Ermüdung, Abrasion, Kavitation und Erosions-korrosion an umströmten Bauteilen steigt exponentiell mit der Strömungsge-schwindigkeit. Dabei sind die Einsatzgrenzen der verschiedenen Werkstoffe nicht genau bekannt; sie hängen sowohl von der Geschwindigkeit als auch von den kor-rosiven Eigenschaften des Fördermediums und ggf. dessen Feststoffbeladung ab. Auch die durch Druckpulsationen und Schaufelinterferenzkräfte induzierten Wechselspannungen sind schwer erfaßbar, weshalb Schaufel- und Radscheiben-dicken nach Erfahrung oder Gutdünken gewählt werden.

In diesem Kapitel werden Methoden zur Beurteilung dieser Probleme entwik-kelt, die ein systematisches und in sich konsistentes Vorgehen bei Materialwahl und Schadensanalyse ermöglichen.

Für den Werkstoffeinsatz bei hohen Geschwindigkeiten sind vier Kriterien maßgebend:

1. Die Ermüdungsfestigkeit (meist unter Korrosion), da hohe Geschwindigkeiten in Pumpen auch entsprechend hohe Druckpulsationen, Schaufelinterferenzkräf-te und Wechselbeanspruchungen bedeuten.

2. Geschwindigkeitsinduzierte Korrosion, insbesondere Erosionskorrosion 3. Kavitationserosion, wie in Kap. 6 ausführlich behandelt 4. Abrasion als Werkstoffabtrag durch im Fluid mitgeführte Feststoffpartikel.

Abrasion und Kavitationserosion sind primär mechanische Verschleißmecha-nismen, die aber durch Korrosion verstärkt werden können. Bei Korrosion handelt es sich hingegen um eine chemische Reaktion zwischen Metall, Fördermedium, Sauerstoff und chemischen Agenzien (z.B. Chloriden). Diese Reaktion ist immer beteiligt – wenn auch häufig kaum wahrnehmbar.

Schließlich kann die Umfangsgeschwindigkeit auch durch die hydraulischen Kräfte (Kap. 9) oder Schwingungen und Lärm (Kap. 10) begrenzt sein.

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14.1 Ermüdungsbrüche an Laufrädern oder Leiträdern 719

14.1 Ermüdungsbrüche an Laufrädern oder Leiträdern

Ermüdungsbrüche an Laufschaufeln, Radseitenwänden oder Leitschaufeln sind nach dem Stand der Technik vermeidbar und kommen daher eher selten vor. Bei hochbelasteten Maschinen, Mißachtung der Auslegungsregeln oder unsorgfältiger Ausführung werden dennoch immer wieder derartige Schäden bekannt. Als Hauptursachen von Schaufel- und Radseitenwandbrüchen sind zu nennen:

• Ein zu geringer Abstand d3* zwischen Lauf- und Leitschaufeln (Tafel 10.2) • Unzureichende Radseitenwandstärken • Qualitätsmängel in der Ausführung: fehlender oder zu kleiner Ausrundungsra-

dius zwischen Schaufeln und Radscheibe, Gußfehler, zu spröder Werkstoff (ungenügende Zähigkeit), verursacht durch unsachgemäße Wärmebehandlung.

• eventuell systembedingte Druckpulsationen, Kap. 10.3

Die in Kap. 10 behandelten Schaufelinterferenzkräfte und Druckpulsationen er-zeugen Wechselspannungen in den Lauf- und Leitschaufeln sowie den Radseiten-wänden (Radscheiben). Eine genaue Analyse der Spannungen in einem Laufrad ist praktisch nicht möglich, obwohl sich die Laufradstruktur mit einem Finite-Element-Festigkeitsprogramm durchaus modellieren läßt. Denn die Belastung des Laufrades durch instationäre Druckverteilungen (ggf. Wellenausbreitungseinflüs-se) ist unbekannt; man denke dabei auch an die Wechselwirkung mit dem System gemäß Kap. 10.3. Um einheitliche Kriterien für die Beanspruchung der Lauf- oder Leiträder, die Wahl der Schaufel- und Seitenwandstärken und die Schadensbeur-teilung zu entwickeln, greifen wir auf das Modell eines Biegebalkens zurück. Schaufeln eines geschlossenen Laufrades werden danach als beidseitig einge-spannt behandelt, während die Schaufeln eines halboffenen Laufrades als einseitig eingespannt betrachtet werden.

Die Berechnung nach Tafel 14.1 und 14.2 beruht auf folgenden Annahmen und Modellvorstellungen1:

1. Wir betrachten den letzten Teil der Schaufel am Laufradaustritt, also einen Streifen mit der Länge von L = 5 e (e = nominale Schaufeldicke, ohne etwaige Profilierung). Dieser Streifen sei ein freier Biegebalken, der mit steifen Ecken an die Radscheiben anschließt. Ist die Schaufel profiliert, wird eine mittlere Schaufelstärke em nach Gl. (T14.3.3) eingesetzt, um das Widerstandsmoment zu ermitteln.

2. Die Laufschaufeln sind mit einer stationären gleichförmigen Streckenlast be-aufschlagt, die sich aus der Schaufelbelastung (ψLoad) nach Gl. (T14.1.1) und der Zentrifugalkraft auf die Schaufel zusammensetzt, Gl. (T14.1.2). Die hy-draulische Schaufelbelastung könnte man aus der Druckverteilung (z.B. CFD) ermitteln. Bei Laufrädern wirkt sie der Zentrifugalkraft entgegen, folglich ist ψLoad hier negativ einzusetzen, Gl. (T14.1.5). Bei Leiträdern wirkt keine Zen-trifugalkraft und ψLoad ist positiv. Im folgenden sei ψLoad = 0,1 angenommen.

1 Die Formeln aus der Festigkeitslehre finden sich in [14.1]

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720 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

3. Stationäre Schaufelbelastung aus der Schaufelarbeit und Zentrifugalkraft er-zeugen eine Mittelspannung σm nach Gl. (T14.1.6), die die maximale Span-nung an den Einspannstellen darstellt.

4. Die Druckpulsationen sind ein Maß für die instationären Wechseldrücke auf das betrachtete Schaufelstück nahe der Austrittskante. Je kleiner der Abstand zwischen Lauf- und Leitschaufeln, desto größer sind die Druckpulsationen. Nach den Daten in [10.1] sei die Beziehung nach Gl. (T14.1.3) verwendet. Die so erhaltenen Druckpulsationen entsprechen etwa den Messungen von [10.10] bei q* = 0,6.

5. Die Wechseldrücke erzeugen Biegewechselspannungen σw nach Gl. (T14.1.7). Die nominale Spannung nach Gl. (T14.1.4) muß dabei mit dem Kerbfaktor αk multipliziert werden, um die Spannungsspitzen zu erhalten, die für die Entste-hung von Ermüdungsrissen verantwortlich sind.

6. Der Kerbfaktor wird durch zwei Parameter bestimmt: (1) den Ausrundungsradius rf zwischen Schaufeln und Radscheiben. Gleichung (T14.1.7) liefert αk = f(rf/e). Sind die Radien nicht bekannt, ist mindestens αk = 2 einzusetzen. Sind die Ecken nahezu scharf, sind Werte um αk = 4 anzu-nehmen. (2) die Gußqualität, bzw. Gußfehler. Die resultierenden Kerbfaktoren hängen von der Fehlergröße und deren Lage unter der Oberfläche ab. Eine strenge Be-urteilung solcher Defekte würde bruchmechanische Kriterien erfordern, ist also in der Regel nicht möglich. Folgende Werte seien angenommen: für mangelhafte Gußqualität: αk = 4 für durchschnittliche Gußqualität: αk = 2 für Qualitätsguß mit rf/e > 0,5 αk = 1,5

7. Die zulässige Wechselspannung σw für ein Bauteil hängt nach Abb. 14.1 von der Mittelspannung σm ab. Gemäß Gl. (T14.1.8) und Abb. 14.1 wurden dabei ein Sicherheitsbeiwert gegen Ermüdung Sbw = 2 und ein Sicherheitsbeiwert gegen Gewaltbruch Sz eingeführt, der in Abhängigkeit von der Bruchdehnung gewählt wurde. Tafel 14.7 liefert die in die Rechnung eingesetzten Werte.

Rm

σbw

σw

σm

Rm/Sz

σbw/Sbw

Abb. 14.1. Goodman Diagramm zur Bestimmung des zulässigen Spannungsausschlages σw als Funktion der Mittelspannung σm

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14.1 Ermüdungsbrüche an Laufrädern oder Leiträdern 721

8. Setzt man die Biegewechselspannung nach Gl. (T14.1.7) gleich der zulässigen Spannung nach Gl. (T14.1.8) und führt die Mittelspannung nach Gl. (T14.1.6) ein, läßt sich nach der zulässigen Umfangsgeschwindigkeit u2,zul auflösen und mit den Druckzahlen nach Abb. 3.16, bzw. Gl. (3.26) die zulässige Förderhöhe pro Stufe berechnen.

9. Die Radscheiben werden durch Zentrifugalkräfte beansprucht. Für eine Schei-be konstanter Dicke mit Mittelbohrung tritt die maximale Spannung σt tangen-tial am Außenrand der Bohrung auf; sie ermittelt sich aus (T14.1.10). Da das einfache Modell einer Scheibe konstanter Dicke der komplizierten Spannungs-verteilung in einem Laufrad in keiner Weise gerecht wird, sind entsprechend hohe Sicherheitsfaktoren Szz einzusetzen1, die in Abhängigkeit von der Bruch-dehnung gewählt wurden, Tafel 14.7. Löst man (T14.1.10) nach u2 auf, erhält man auf diese Weise eine weitere Grenze für die Umfangsgeschwindigkeit.

10. Wenn die Laufschaufeln Wechselbelastungen erfahren, gilt dies auch für die Radscheiben. Zwei dynamische Belastungsarten sind anzunehmen: (1) Beim Vorbeilauf der Laufschaufeln an den Statorschaufeln ändert sich die Druckverteilung im Laufrad, wodurch Wechseldrücke entstehen, die gemäß der Abb. in Tafel 14.2 über die Schaufelteilung t2 verteilt seien. (2) Dazu kommen Druckschwankungen aus Unsymmetrien der Radseiten-raumströmung. Sie können z.B. durch über den Umfang unterschiedliche Spaltspiele (exzentrische Rotorposition) oder nicht-gedrehte Radscheiben her-vorgerufen werden. Ggf. werden die Druckschwankungen noch durch System-einflüsse verstärkt, Kap. 10.3. Die dynamische Belastung wird gemäß Gl. (T14.2.2) angenommen.

11. Im unbeschaufelten Radseitenraum ist der statische Druck pRs höher als der Druck im Laufradkanal pLa. Die resultierende Druckdifferenz erzeugt eine sta-tionäre Biegespannung σm in den Radscheiben. Die Differenz zwischen pRs und pLa nimmt vom Wert null am Außenradius nach innen zu; sie läßt sich aus Gl. (T14.2.5) ermitteln, die aus Gln. (14.1 u. 2) abzuleiten ist: Der Druckver-lauf im Radseitenraum ist:

{ })*r1(k-2

upp 22P

22

1Rs −ψρ=− (14.1)

Nimmt man vom Laufradeintritt zum Austritt einen mit dem Radius linear zu-nehmenden Druck an, so ist der Druckverlauf im Laufrad:

⎭⎬⎫

⎩⎨⎧

−−−−ψρ=−

*r1*r*r1

2upp

1

1p

22

1La (14.2)

Für r* sei gemäß Gl. (T14.2.6) der Radius eingesetzt, auf dem der Schwer-punkt des aus t2 und a2 gebildeten Dreieckes liegt, s. hierzu die Abbildung zur Definition von a2 in Tafel 0.2. Beobachtete Radscheibenbrüche liegen meist in diesem Bereich.

1 Man beachte den Unterschied zwischen Sz und Szz in den obigen Ausführungen.

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722 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Aus der Differenz zwischen Gl. (14.1 u. 2) ergibt sich Gl. (T14.2.5) als Bela-stung der Radseitenwand.

12. Die Druckdifferenz pRs – pLa erzeugt eine stationäre Biegespannung σm nach Gl. (T14.2.8). Als Spannweite zwischen zwei Schaufeln wird der Mittelwert t2 und a2 verwendet: Läq = ½ (t2 + a2); er läßt sich durch Gl. (14.2.7) ausdrücken.

13. Die Zentrifugalkraft erzeugt Spannungen senkrecht zu diesen Biegespannun-gen; sie wird hier daher vernachlässigt (man könnte allenfalls eine Vergleichs-spannung ermitteln und als σm in Gl. (T14.2.10) einsetzen.)

14. Analog zur Berechnung der Schaufeln läßt sich nun die zulässige Umfangsge-schwindigkeit bestimmen, Gl. (T14.2.11). Sie wird bestimmt durch die Ermü-dungsfestigkeit des eingesetzten Materials.

Die Ermüdungsfestigkeit hängt von verschiedenen Parametern ab:

• Material: Duktile Werkstoffe sind besser als spröde, weil Spannungsspitzen am Kerbgrund durch örtliches Fließen abgebaut werden. Hochbelastete Lauf- oder Leiträder und Wellen sollen daher eine Mindestbruchdehnung von A > 18 % (besser A > 25 %) haben.

• Die Bauteilgestaltung bedingt Spannungsspitzen an Querschnitts- oder Form-änderungen, die ausschlaggebend für die Dauerfestigkeit sind. Spannungskon-zentrations- oder „Kerbfaktoren“ erfassen diesen Einfluß. Materialfehler (ins-besondere bei Gußstücken) oder Störstellen im Gefüge, wie Schlackenein-schlüsse oder Ausscheidungen an den Korngrenzen, beeinträchtigen die Dauerfestigkeit auf ähnliche Weise. Man findet daher an gegossenen Probestä-ben häufig kleinere Ermüdungsfestigkeiten als an gewalztem oder geschmiede-tem Material.

• Je gröber die Oberflächengüte, desto niedriger ist die Ermüdungsfestigkeit. An einer rohen Gußoberfläche liegt diese etwa 30 bis 50 % tiefer als die an polier-ten Stäben ermittelten Dauerfestigkeitswerte.

• Das Werkstoffgefüge soll möglichst feinkörnig und homogen sein, damit gute Ermüdungsfestigkeit erreicht wird. Ausscheidungen an den Korngrenzen sind ungünstig.

• Durch Korrosion wird die Dauerfestigkeit stark herabgesetzt. Beim Einsatz me-tallischer Werkstoffe in Wasser wird die Dauerfestigkeit stets durch Korrosion beeinträchtigt. In Luft gemessene Dauerfestigkeitswerte dürfen daher nicht oh-ne Korrektur für die Festigkeitsbeurteilung in Wasser verwendet werden. Bei Meerwasser ist diese Einbuße erheblich. Die Dauerfestigkeit steigt mit dem Widerstand gegen Lokalkorrosion.

• Bei Versuchen in Wasser oder Meerwasser wird häufig der asymptotische Be-reich der Wöhlerkurve nicht erreicht, so daß eine Extrapolation auf unendliche Lastzyklenzahl sehr schwierig wird. In [14.27] ließ sich z.B. nach 108 Lastzy-klen an hochlegierten Stählen und Bronzen noch keine Dauerfestigkeit in Meerwasser definieren: die an polierten Probestäben untersuchten Materialien brachen nach 108 Zyklen etwa bei einem Spannungsniveau von σbw/Rm = 0,15.

• Die Eigenspannungen im Werkstück sollen möglichst niedrig sein. Druckeigen-spannungen an der Oberfläche können die Ermüdungsfestigkeit erhöhen.

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14.1 Ermüdungsbrüche an Laufrädern oder Leiträdern 723

Wegen dieser Einflußfaktoren findet man in der Literatur für ein gegebenes Mate-rial – je nach den gewählten Versuchsbedingungen - recht verschiedene Dauerfe-stigkeitswerte, und es ist daher schwer, allgemeingültige Werte für die Ermü-dungsfestigkeit von Lauf- und Leiträdern anzugeben. Die unter verschiedenen Versuchsbedingungen gemessenen Ermüdungsfestigkeitswerte sind deshalb auch nicht miteinander vergleichbar, so daß eine relevante Rangliste der Materialeig-nung nur innerhalb einer Versuchsreihe mit spezifischen Versuchsbedingungen aufgestellt werden kann.

Für die Berechnung wurde hier einheitlich σbw/Rm = 0,3 eingesetzt. Für Meer-wasser kann man in erster Näherung σbw/Rm = 0,12 bis 0,15 annehmen; dieser Richtwert gilt aber nur für meerwasserbeständige Stähle, Kap. 14.4.2.

Für gebräuchliche Werkstoffe wurde nach Tafel 14.1 und 14.2 die zulässige Umfangsgeschwindigkeit für Laufradbreiten nach Abb. 7.2 berechnet. Mit den Druckzahlen aus Abb. (3.16) ergeben sich sodann die zulässigen Förderhöhen pro Stufe im Bestpunkt. Die Ergebnisse sind in Abb. 14.2 bis 14.5a dargestellt; diese Abbildungen gelten für folgende Annahmen:

1. Laufradbreiten gemäß Gl. (7.1); Leitradbreiten: b3 = 1,15 b2 2. Druckzahlen gemäß Gl. (3.26) 3. Zugfestigkeiten Rm Minimalwerte aus Tafel 14.7 4. Ermüdungsfestigkeit σbw/Rm = 0,3 5. Sicherheitsfaktor gegen Dauerbruch Sbw = 2 6. Sicherheitsfaktoren für die Mittelspannung Sz nach Tafel 14.7 (Sz steigend mit

fallender Dehnung) 7. Sicherheitsfaktor gegen Gewaltbruch unter Zentrifugalkraft auf Radscheibe Szz

nach Tafel 14.7 (Szz steigend mit fallender Dehnung) 8. Kerbfaktor (Spannungskonzentration) αk = 2 9. Maßgebende mittlere Wandstärken für Laufschaufeln em* = 0,015; für Leit-

schaufeln em* = 0,016; für Radscheiben eRS* = 0,0225 10. Abstand zwischen Leit- und Laufschaufeln: d3* = 1,04 11. Mittlere Schaufelbelastung: Laufräder: ψLoad = 0,1; Leiträder ψLoad = 0,45 12. Mittlere Druckdifferenz auf Radseitenwände: ψRs = 0,1 13. Die in den Abbildungen dargestellten Förderhöhen gelten pro Stufe für den

Förderstrom besten Wirkungsgrades. Höhere Belastungen bei Teillastbetrieb seien durch die Sicherheitsfaktoren abgedeckt.

Die verwendeten Sicherheitsfaktoren mögen als hoch erscheinen. Sie rechtfertigen sich, weil die Lastannahmen unsicher sind und die Festigkeitsmodelle vereinfacht wurden. Die Sicherheitsfaktoren müssen ferner Teillast- und Überlastbetrieb so-wie Gußfehler und die Unsicherheiten in der Ermüdungsfestigkeit abdecken. Die Abbildungen 14.2 bis 14.5a demonstrieren folgende Sachverhalte:

• Die zulässige Förderhöhe nimmt mit zunehmender Radbreite, also wachsender spezifischer Drehzahl stark ab.

• Bis etwa nq = 30 wurden Laufräder mit bis zu 1200 m Förderhöhe pro Stufe ausgeführt. Betriebserfahrungen bestätigen also den entsprechenden Bereich in Abb. 14.2.

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724 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

• Wegen zunehmender Schaufelteilung sinkt die zulässige Förderhöhe mit ab-nehmender Schaufelzahl, Abb. 14.3. Doppelflutige Laufräder mit 5 Schaufeln für Reaktorspeisepumpen, wie in Abb. 7.42, erreichen im Bestpunkt Förderhö-hen zwischen 700 und 800 m. Erfahrungen bestätigen somit den entsprechen-den Bereich in Abb. 14.3.

14.2

10

100

1000

0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30b2/d2 [-]

Hzu

l [m]

13Cr 4NiGG25 GGG 42, GS-C25G-CuAl 10 Ni 5G-X6CrNi 18 9 GGG-NiCr 20 2Rm = 650, Duplex

Abb. 14.2. Zulässige Förderhöhe bezüglich Schaufelbeanspruchung geschlossener Laufrä-der

14.310

100

1000

3 4 5 6 7zLa

Hzu

l [m

]

13Cr 4NiGG25 GGG 42GS-C25G-CuAl 10 Ni 5G-X6CrNi 18 9GGG-NiCr 20 2Rm = 650, Duplex

Abb. 14.3. Zulässige Förderhöhe bezüglich Radscheibenbeanspruchung des Laufrades

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14.1 Ermüdungsbrüche an Laufrädern oder Leiträdern 725

14.4

10

100

1000

0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30b2/d2 [-]

Hzu

l [m] 13Cr 4Ni

GG25GS-C25, GGG 42 18Cr 9Ni, Cu 10Al 5Ni GGG-NiCr 20 2Rm = 650, Duplex

Abb. 14.4. Zulässige Förderhöhe bezüglich Schaufelbeanspruchung offener Laufräder

14.510

100

1000

0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30b3/d2 [-]

Hzu

l [m]

13Cr 4NiGG2518Cr 9Ni, Cu 10Al 5NiGGG42, GGG-NiCr 20 2, Gs-C25Rm = 650, Duplex

Abb. 14.5. Zulässige Förderhöhe bezüglich Schaufelbeanspruchung geschlossener Leiträ-der

• Treffen mehrere ungünstige Faktoren zusammen, kann die zulässige Förderhö-he gegenüber den Werten in Abb. 14.2 bis 14.5a drastisch sinken: bei einem Schadensfall mit Radwandbrüchen an einer mehrstufigen Pumpe mit unter 200 m Förderhöhe pro Stufe (d3* = 1,025) war der Übergang zwischen Schau-feln und Radscheiben nahezu scharf und die Radscheibendicken waren unge-nügend wegen Kernversatz. Eine Rechnung nach Tafel 14.2 liefert mit αk = 4

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726 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

und em* = 0,012 eine zulässige Förderhöhe von 180 m. Die Schäden an diesen Laufrädern wird also durch die Berechnung nach Tafel 14.2 bestätigt.

• Offene Lauf- oder Leiträder ermöglichen nur wesentlich kleinere Förderhöhen als geschlossene.

14.610

100

1000

0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30b3/d2 [-]

Hzu

l [m]

13Cr 4NiGG2518Cr 9Ni;Cu 10Al 5NiGGG42, GGG-NiCr 20 2, Gs-C25Rm = 650, Duplex

Abb. 14.5a. Zulässige Förderhöhe bezüglich Schaufelbeanspruchung offener Leiträder

Die Berechnung nach Tafel 14.1. und 14.2 sowie die Angaben in Abb. 14.2 bis 14.5a erlauben eine konsistente Beurteilung der Bauteilgefährdung durch Ermü-dungsbrüche, wobei allerdings stets die Unsicherheiten der Berechnung und An-nahmen zu beachten sind. Liegen die verlangten Förderhöhen im konkreten An-wendungsfall deutlich über der Berechnung nach Tafel 14.1 und 2, kommen folgende Abhilfemaßnahmen in betracht: (1) Wandstärkenvergrößerung, (2) bes-seres Material; (3) genauere Berechnung der Belastungsverhältnisse und Span-nungsanalyse mit Finite Element Programm; (4) ggf. Vergrößerung des Abstandes zwischen Lauf- und Leitschaufeln; (5) bessere Qualität.

Radseitenwandbrüche treten bevorzugt eher an der Tragscheibe als an der Deckscheibe und eher an den letzten als an den mittleren Stufen auf. Dieser Be-fund ist möglicherweise durch verschiedene Einflüsse zu erklären:

• Die Tragscheibe muß auch die Schaufelkräfte auf den Rotor übertragen, was zusätzliche stationäre wie dynamische Spannungen hervorruft.

• Die Deckscheibe ist – außer bei sehr kleiner spezifischer Drehzahl – meist leicht konisch oder gewölbt und dadurch steifer als die Tragscheibe.

• die letzte(n) Stufe(n) wird durch Systemdruckschwankungen stärker belastet (Kap. 10.3)

• Außer bei der letzten Stufe ist die Rotation im Radseitenraum der Tragscheibe kleiner als an der Deckscheibe, wodurch sich nach Gl. (T14.2.5) die Belastung erhöht.

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14.1 Ermüdungsbrüche an Laufrädern oder Leiträdern 727

Tafel 14.1 Lauf- oder Leitschaufelbeanspruchung

geschlossenes Lauf- oder Leitrad

offenes Lauf- oder Leitrad Gl.

Biegebelastung durch äquivalente Streckenlasten statische oder dynami-

sche Druckdifferenz

L

L

Statische Schaufel-belastung Load

22stat u

2p ψρ=∆ 2

2

SSDSLoad

u)pp(2

ρ−=ψ 14.1.1

Statisch: Zentrifugal-kraft B2

2Matz coserp βωρ=∆ 14.1.2

Dynamische Schau-felbelastung *pu

2p 2

2dyn ∆ρ=∆ 9,0*3 )1d(

008,0*p−

=∆ ∆p*

14.1.3

Biegemoment M, Widerstandsmoment W, Biegespannung σ 12

LpxFM2

T∆= 2

me6xW =

2

mT e

L2pF

WM

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛∆==σ

14.1.4

FT L Y ψLoad

Laufrad: geschlossen 1

Laufrad: offen 6 b2 4 Zentrifugalkraft

wirkt negativ einset-zen

Leitrad: geschlossen 1

Leitrad: offen 6 b3 0 keine Zentrifu-

galkraft positiv einset-zen

14.1.5

Laufschaufel: Mittel-spannung σm ⎭

⎬⎫

⎩⎨⎧

ρρ+ψ

⎟⎟

⎜⎜

⎛ρ=σ mat*mLoad

2

*m

*22

2Tm Yeebu

4F 14.1.6

15,0

fk r

e2,1 ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛=α

Laufschaufel: Biege-wechselspannung σw

2

*m

*22

2*

kTwebu

4pF

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ρ∆α=σ rf = Ausrundungsradius zw. Schaufel und Radscheibe

14.1.7

Zulässige Biegewech-selspannung σbw,zul ⎟

⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ σ−σ=σ zm

m

bw

bwzul,bw S

R1

S 14.1.8

Zulässige Umfangs-geschwindigkeit ⎪⎭

⎪⎬⎫

⎪⎩

⎪⎨⎧

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ρ

ρ+ψσ+∆αρ

σ=mat*

mloadm

bwz

*kbwT

bw*2

*m

zul,2Ye

RSpSFb

e2u

14.1.9

Tangentialspannung infolge Zentrifugal-kraft in Scheibe mit Mittelbohrung ⎪⎭

⎪⎬⎫

⎪⎩

⎪⎨⎧

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

ν+ν−+ρν+=σ

2

2

i22matt r

r311u

43 14.1.10

x in Gl. (14.1.4) ist die Breite des betrachten „Balkens“, sie kürzt sich bei der Spannung heraus. Sbw = Sicherheit gegen Dauerbruch; SZ = Sicherheit gegen Gewaltbruch; αk = Kerbfaktor, ν = Querzahl (meist 0,3); ; ρmat = Dichte des Laufradmaterials; * = Größe bezogen auf d2

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728 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Tafel 14.2 Laufradscheibenbeanspruchung Gl.

Wechseldrücke auf Radseitenwände

∆p*

Läq

Statische Belastung der Scheibe Rs

22stat u

2p ψρ=∆ 2

2

LaRsRs

u)pp(2

ρ−=ψ 14.2.1

Dynamische Bela-stung ⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛−∆ρ=∆ 1

tx2*pu

2p

2

22dyn 9,0*

3 )1d(008,0*p−

=∆ 14.2.2

Biegemoment M, Widerstandsmo-ment W, Biege-spannung σ

60Lpx

M2

äq∆=

2Rse

6xW =

2

Rs

äqeL

10p

WM

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛∆==σ 14.2.3

Radseitenwandstär-ke eRs

eRs = 1,25 e e = Schaufelstärke (ohne Profil) für eRs einen Mittelwert einsetzen, der etwa für ∆r = 5 eRs repräsentativ ist

14.2.4

Statische Belastung der Scheibe ( ) 1.0*r1k

*r1*r*r1R 22

1

1GRs ≅−−

⎭⎬⎫

⎩⎨⎧

−−−ψ=ψ 14.2.5

Wirksamer Radius (Belastungsschwer-punkt)

9.0tacos

tasin

z321r

2

2

2

2

La

* ≅π−= 14.2.6

Äquivalente Spannweite zwi-schen 2 Schaufeln

( )La

B2La2

äq*äq z

67,0sin8.01z2d

LL π≅β+π== 14.2.7

Mittelspannung σm Rs

2

*Rs

*äq2

2me

Lu

4ψ⎟

⎜⎜

⎛ρ=σ La2

2*2 zd

tt π== 14.2.8

Biegewechselspan-nung σw *p

e

Lu

20

2

*Rs

*äq2

2kw ∆⎟⎟

⎜⎜

⎛ρα=σ 14.2.9

Zulässige Biege-wechselspannung σbw,zul

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ σ−σ=σ zm

m

bw

bwzul,bw S

R1

S 14.2.10

Zulässige Um-fangsgeschwindig-keit ⎪⎭

⎪⎬⎫

⎪⎩

⎪⎨⎧

ψσ+∆αρ

σπ

=

Rsm

bwz

*kbw

bwLa*Rs

zul,2

RS

5pS

ze2u 14.2.11

x in Gl. (14.2.3) ist die Breite des betrachten „Balkens“, sie kürzt sich bei der Spannung heraus. Sbw = Sicherheit gegen Dauerbruch; SZ = Sicherheit gegen Gewaltbruch αk = Kerbfaktor; ρmat = Dichte des Laufradmaterials; * = Größe bezogen auf d2

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14.2 Korrosion 729

Tafel 14.3 Materialwandstärken bei sorgfältiger Ausführung dürften diese Empfehlungen auf der sicheren Seite liegen

Gl.

nominale Schaufeldicke (un-profiliert) 2

2,0

fRe

2 du

u02,0e ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛= uRef = 100 m/s 14.3.1

ee2

Austrittskantendicke e2 = e/2 14.3.2 mittlere Schaufeldicke für Rechnung nach Tafel 14.1 em = 0,5(e2 + e) = 0,75 e 14.3.3

geschlos-sene Laufräder

Radscheibendicke eRs = 1,25 e 14.3.4 Schaufeldicke an der äußeren Stromlinie ea = e 14.3.5

Schaufeldicke innere Stromli-nie (Tragscheibenseite) ei = 2 ea 14.3.6 offene

Laufräder mittlere Schaufeldicke für Rechnung nach Tafel 14.1 em = 1,125 e

e aus Gl. (14.3.1)

Eintrittskante e3 = 0,01 d2 14.3.7 mittlere Schaufeldicke für Rechnung nach Tafel 14.1 em = e3 (1 + 5 tanδ) 14.3.8

Leiträder e3 δ

δ = Winkel zw. Saug- u. Druckseite der Leitschaufeln δ ≥ 5°

14.2 Korrosion

14.2.1 Grundsätzliches

Alle im Pumpenbau eingesetzten metallischen Werkstoffe (mit Ausnahme der Edelmetalle) sind in Wasser grundsätzlich unbeständig – zumindest dann, wenn das Wasser Sauerstoff oder Spuren von Säuren enthält. Bei einem dem Medium gerechten Materialeinsatz werden jedoch akzeptable Standzeiten dadurch erreicht, daß sich an den Metalloberflächen dichte Schichten von Korrosionsprodukten bil-den. Solche Deckschichten behindern Diffusion und Reaktion der Korrosionspart-ner an der Bauteiloberfläche und hemmen so den weiteren Angriff. Dicke und Qualität dieser Schutzschicht bestimmen die Korrosionsgeschwindigkeit. Man un-terscheidet vier Arten derartiger Schutzschichtbildung:

1. Passivierung: Den meist wirksamsten Schutz bildet die „Passivierung“, die dadurch gekennzeichnet ist, daß sich auf der Metalloberfläche eine sehr resi-stente Oxidschicht bildet, deren Dicke in der Größenordnung von 3 nm (0,003 µm) liegt, die aber eine weitere Oxidation praktisch verhindert. Die Passiv-

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730 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

schicht ist reich an Chrom und bildet sich spontan, wenn das Material Luft bzw. Sauerstoff ausgesetzt wird. Nicht-rostende Stähle mit mindestens 12 % Chromgehalt, Nickellegierungen, Titan und Aluminium passivieren auf diese Weise. Abrasion, Kavitationserosi-on oder korrosive Agenzien (z.B. H2S in Meerwasser) können die Passivie-rungsschicht beschädigen und so den Werkstoffeinsatz begrenzen. Passivität bietet indessen keinen universellen Schutz: in welchem Bereich von pH-Werten, Temperatur und korrosiven Agenzien ein gegebener Werkstoff passi-viert, ist im Einzelfall zu prüfen. Häufig erfolgt dies auf elektrochemischem Weg durch Messung des Korrosionsstromes in einem Elektrolyten.

2. Kalkrostschicht: In karbonathaltigen Wässern bildet sich auf unlegierten Stäh-len eine Schutzschicht aus Rost und Kalkablagerungen – die „Kalkrostschicht“. Auch diese Schicht bietet unter gewissen Bedingungen einen ausreichenden Schutz des Bauteiles. Wegen ihrer Porosität vermag eine Rostschicht ohne Kalk hingegen nicht, den Korrosionsangriff wirksam zu hemmen.

3. Magnetit- oder Hämatitschutzschichten: In vollentsalztem Wasser („Deio-nat“) bilden sich auf unlegierten Stählen unter bestimmten Voraussetzungen Magnetit- oder Hämatitschutzschichten, die in Kap. 14.3 behandelt werden.

4. Gut haftende Schutzschichten, die sich aus vielfältigen Korrosionsprodukten bilden, wie z.B. auf Kupferlegierungen in Meerwasser.

Sowohl beim Schutzschichtaufbau als auch bei der Korrosion findet eine chemi-sche Reaktion zwischen Metall, Wasser, Sauerstoff und chemischen Agenzien statt. Die an den Reaktionen beteiligten korrosiven Stoffe müssen aus der Flüssig-keit an die Metalloberfläche gelangen, um wirksam werden zu können. Dieser Stofftransport erfolgt durch Diffusion und Konvektion. Der konvektive Transport ist durch Stoffübergangskoeffizienten zu kennzeichnen, die durch die Strömungs-grenzschicht bestimmt werden. Folglich spielen Strömungsgeschwindigkeit und Turbulenz bei vielen Korrosionserscheinungen eine wesentliche Rolle. Sofern der Stofftransport die Reaktionsgeschwindigkeit kontrolliert, ist die Korrosionsrate proportional zu ckor ∝ wx, mit x = 0,7 bis 1 in turbulenter Strömung.

Zum Thema „Korrosion“ gibt es Tausende von Veröffentlichungen; Kapitel 14 stützt sich auf [N.13−N.16, N.21], [B.5, B.17, B.28] sowie auf die zu Kap. 14 auf-geführten Quellen. Werkstoffdaten wurden, soweit möglich, aus Normen genom-men. Tabellen über die Beständigkeit zahlreicher Werkstoffe in verschiedenen Medien findet man in [B.5, B.8, B.17, B.28, 14.14], Grundlagen in [14.16, 14.57].

14.2.2 Korrosionsmechanismen

Korrosion tritt in vielfältigen Formen auf, die durch unterschiedliche Mechanis-men hervorgerufen werden. Die im Pumpenbau wichtigen Korrosionsarten werden im folgenden vorgestellt, [14.13-15], [N.13]. Flächenkorrosion ist gekennzeichnet durch einen gleichmäßigen Abtrag, der bei fehlender Schutzschicht auf der ganzen benetzten Fläche auftritt. Beispiele sind das Rosten unlegierter Stähle oder Metallauflösung in Säuren. Der Abtrag steigt

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14.2 Korrosion 731

mit dem Gehalt des Wassers an Oxidationsmitteln (Sauerstoff oder Säuren) und dem Stofftransport der korrosiven Agenzien zur Materialoberfläche, d.h. mit Ge-schwindigkeit und Turbulenz.

Um Flächenkorrosion zu vermeiden, ist entweder die Wasserchemie so einzu-stellen, daß sich schützende Deckschichten bilden können, oder es muß ein korro-sionsfesteres (d.h. häufig ein passivierbares) Material gewählt werden. Nichtme-tallische oder metallische Beschichtungen dienen ebenfalls zur Vermeidung von Flächenkorrosion. Narben- oder Muldenkorrosion ergibt einen muldenförmigen, gleichmäßig über die Oberfläche verteilten Angriff ähnlich der Flächenkorrosion. Abhilfe wie Flä-chenkorrosion. Lokalkorrosion: Lochfraß und Spaltkorrosion Lochfraß tritt an Fehlstellen in der Passivschicht oder Inhomogenitäten der Werk-stoffoberfläche auf. Diese bilden „Lokalelemente“ d.h. es entstehen örtlich eng begrenzte Unterschiede im elektrochemischen Potential, die einen Korrosions-strom ermöglichen – ähnlich wie bei der galvanischen Korrosion. Kathodischer Schutz ist ein sicheres Mittel gegen Lochfraß. Spaltkorrosion: in nicht-durchströmten Spalten können sich korrosive Agenzien aufkonzentrieren und so lokal starke Korrosionsschäden verursachen. Durch die Korrosion wird der zur Bildung der Passivschicht benötigte Sauerstoff gebunden. Infolge der pH-Wertabsenkung (Aufkonzentration von Säuren) und der Sauer-stoffverarmung ist Spaltkorrosion aggressiver als Lochfraß und erfordert entspre-chend korrosionsresistentere Werkstoffe. Wegen dieser Mechanismen ist kathodi-scher Schutz gegen Spaltkorrosion nur bedingt wirksam. Eine Pumpe bietet viele Angriffsflächen für Spaltkorrosion; sie kann im Bereich von Dichtungen, Gewin-den, Gehäuseeinsätzen, Sitzen usw. auftreten. Ablagerungen, Algen- oder Mu-schelbewuchs führen zu Aufkonzentration und ähnlichen Schäden.

Lokalkorrosion wird durch Chloride (bzw. sämtliche Halogene, außer Fluor, das eher Flächenkorrosion hervorruft) oder Sulfide ausgelöst. Der Angriff steigt mit der Temperatur und dem Chloridgehalt. Je größer das Verhältnis der katho-disch zu den anodisch wirkenden Flächen, desto stärker ist die Lokalkorrosion. Passivierbare (nichtrostende) Stähle sind in stagnierendem Fluid anfällig gegen Lokalkorrosion, die z.B. in Meerwasser beim Stillstand der Pumpen auftritt. Die Resistenz nichtrostender Stähle gegen Lokalkorrosion hängt von diversen Parame-tern ab, die in Kap. 14.4.2 besprochen werden. Belüftungselemente: Ablagerungen, Bewuchs und Schwebstoffe können lokale Korrosion an passivierbaren Metallen verursachen. Abhilfe: Reinigen der Oberflä-chen, Filtern, Chlorieren, konstruktive Maßnahmen zur Vermeidung von Ablage-rungen und Bewuchs. Galvanische Korrosion (auch „Kontaktkorrosion“) tritt auf, wenn zwei miteinan-der elektrisch leitend verbundene Metalle mit unterschiedlichen elektrochemi-schen Potentialen im gleichen Elektrolyten liegen. Dabei bildet sich ein Korrosi-onselement, bei dem die Anode (das unedlere Material) stärker und die Kathode (das edlere Material) schwächer angegriffen wird, als wenn die Metalle nicht lei-tend verbunden wären. Lassen sich Potentialdifferenzen nicht vermeiden, muß die Fläche des unedleren Materials groß gegen die Fläche des edleren Materials sein,

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732 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

damit die Korrosionsstromdichten bzw. die Abtragsraten genügend tief bleiben. Daraus folgt, daß Laufrad- und Spaltringmaterial grundsätzlich edler sein müssen als der Gehäusewerkstoff, und daß das Spaltringmaterial mindestens so edel sein muß wie das Laufrad. Diese Forderung ist um so wichtiger, je stärker der Elektro-lyt, d.h. je korrosiver das Fördermedium ist (z.B. Meerwasserpumpen). Der unedle Werkstoff wird in der Nähe des edleren verstärkt angegriffen.

Tabelle 14.1 liefert die Potentiale von im Pumpenbau gebräuchlichen Werk-stoffen in strömendem Meerwasser nach [14.19], ähnliche Werte finden sich in

Tabelle 14.1 Elektrochemische Potentiale in strömendem Meerwasser Werkstoff Potential [V] Magnesium und Magnesiumlegierungen -1,6 Zink und Zinklegierungen -1 Aluminium Legierungen -0,75 bis -1 unlegierter Stahl, Gußeisen -0,6 bis -0,7 niedrig legierter Stahl -0,6 GGG-NiCr 20-2 (0.7660) -0,45 bis - 0,55 Aluminium Bronze -0,3 bis - 0,42 diverse Messingsorten -0,3 bis - 0,4 Zinn -0,32 Kupfer -0.32 Manganbronze -0,31 Siliziumbronze -0,28 Zinnbronze -0,3 ferritisch-martensitische rostfreie Stähle mit 13 % Cr -0,28 bis -0,34 Kupfer-Nickel Legierung 90 Cu 10 Ni -0,26 Kupfer-Nickel Legierung 80 Cu 20 Ni -0,23 ferritisch-martensitische rostfreie Stähle mit 17 % Cr -0,2 bis -0,26 Kupfer-Nickel Legierung 70 Cu 30 Ni -0,2 Nickel-Aluminium-Bronze -0,19 Nickelbasislegierung (alloy 600, N06600) 76Ni16Cr8Fe -0,15 Nickel 200 -0,1 bis -0,2 Silber -0,12 austenitische rostfreie Stähle wie X6CrNi 18-10 (ohne Mo) -0,07 Ni Cu 30 Al (2.4374) Monel -0,03 bis -0,13 austenitische rostfreie Stähle wie X2CrNiMo 19-11-2 0 bis -0,1 Alloy 20 (2.4660) 34Ni 20Cr 2Mo 3Cu 0 Alloy 825 (2.4858) 42Ni 22Cr 3Mo 2Cu 0 Titan 0 Platin +0,23 Graphit +0,25

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14.2 Korrosion 733

[14.57 u. 14.58]. Materialien, die bezüglich Lokalkorrosion gefährdet sind, weisen in stagnierendem Wasser tiefere Potentiale auf und werden dann entsprechend stärker angegriffen. Von Bedeutung für die Materialwahl sind nur die Potentialun-terschiede zwischen zwei Werkstoffen. Die absoluten Werte sind je nach Quelle und Versuchsanordnung unterschiedlich. Je größer die Potentialdifferenz, desto stärker wird das unedlere Material (d.h. das mit dem tieferen Potential) angegrif-fen. Es besteht aber kein quantitativer Zusammenhang zwischen der Korrosionsra-te und der Potentialdifferenz.

Hohe Strömungsgeschwindigkeiten können zu Potentialverschiebungen führen und ggf. Erosionskorrosion verstärken, Kap. 14.3.

Galvanische Korrosion läßt sich durch kathodischen Schutz des unedleren Ma-terials unterbinden. Eine Pumpe aus passivierbaren Werkstoffen, z.B. nichtrosten-den Stählen, wird durch eine Rohrleitung aus unlegiertem Stahl kathodisch ge-schützt; wird die Leitung später durch nichtrostenden Stahl ersetzt, kann es zu Korrosionsschäden an der Pumpe kommen, weil der kathodische Schutz entfällt. Interkristalline Korrosion tritt an den Korngrenzen auf, wenn sich dort z.B. Karbide bei der Wärmebehandlung oder beim Schweißen ausscheiden. Um derar-tige Probleme zu vermeiden, wählt man Stähle mit weniger als 0,03 % Kohlen-stoff. Austenitische Stähle in Gegenwart von Chloriden sind sehr anfällig gegen diesen Angriff; saure Bedingungen sind besonders gefährlich. Transkristalline Spannungsrißkorrosion (SpRK) kann unter Einwirkung von Zugspannungen an legierten Stählen oder Messing auftreten. Die durch Korrosion induzierten Risse verlaufen nicht entlang der Korngrenzen sondern durch die Kri-stalle. Spannungsrißkorrosion wird auch durch Lochfraß oder Spaltkorrosion aus-gelöst. Bei nichtrostenden Stählen steigt daher der Widerstand gegen SpRK mit der Resistenz gegen Lokalkorrosion.

Bei austenitischen Stählen wächst der Angriff mit dem Chloridgehalt (Spuren von Cl genügen bereits), dem Spannungsniveau und der Temperatur. In Gegen-wart weiterer Agenzien können Schäden aber bereits bei Raumtemperatur auftre-ten. Durch ungünstige Wärmebehandlung oder Verformung kann das Material zu-sätzlich sensibilisiert werden.

Das Risiko von Spannungsrißkorrosion hängt gemäß Abb. 14.6 stark vom Nik-kelgehalt ab. Austenitische Stähle mit etwa 10 % Nickel liegen im Minimum der

SpRK

0.1

1

10

100

1000

0 10 20 30 40Nickelgehalt [%]

rela

tive

Stan

dzei

t

Abb.14.6. Einfluß des Nickelgehalts auf das Risiko von Spannungsrißkorrosion

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734 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Resistenz und sind daher sehr empfindlich gegen chloridinduzierte Spannungsriß-korrosion. Abhilfe bieten Duplexstähle oder hochlegierte Chrom-Nickelstähle mit mehr als 25 % Nickel, wie das aus Abb. 14.6 hervorgeht. Ammoniak (NH3) und NH4

+ lösen Spannungsrißkorrosion an Messinglegierungen aus. Zur Abhilfe werden CuAlNi-Bronzen oder Reinkupfer statt Messing einge-setzt. Schwingungsrißkorrosion oder Korrosionsermüdung ist dadurch gekennzeich-net, daß die Dauerfestigkeit des eingesetzten Materials durch Korrosion im Kerb-grund herabgesetzt wird, weil sich dort infolge der mechanischen Beanspruchung keine Passivschicht bilden kann, Kap. 14.1. Dies gilt für alle metallischen Werk-stoffe in Wasser. Selektive Korrosion: bei zwei- oder Mehrphasenlegierungen kann die unedlere Phase selektiv herausgelöst werden. Beispiele sind die Spongiose oder Graphitie-rung bei Grauguß (Eisen wird aus dem Gefüge herausgelöst, und es bleibt eine weiche Graphitmatrix zurück) oder die Entzinkung bei Messing.

Kornzerfall bei Stählen kann auftreten, wenn das Bauteil durch unsachgemäßes Schweißen oder Abkühlen von Gußstücken hierzu sensibilisiert wird. Abhilfe: werkstoffgerechte Wärmebehandlung, Verwendung von Stählen mit niedrigem Kohlenstoffgehalt (C < 0.03 %).

Die Gleitringe von Gleitringdichtungen sind mitunter anfällig auf selektive Korrosion. Erosionskorrosion ist ein flächenhafter Abtrag, der bei hohen Strömungsge-schwindigkeiten infolge Auflösung oder Beschädigung der Schutzschicht entsteht. Reibkorrosion („fretting corrosion“, auch als „Passungsrost“ bezeichnet) kann durch Mikrobewegungen in Sitzen, z.B. zwischen Laufrad und Welle, unter Wel-lenbüchsen oder dem Axiallagerteller ausgelöst werden. Durch kleinste Bewegun-gen infolge Wellendurchbiegung wird die Passivierungsschicht mechanisch zer-stört, wodurch in Gegenwart korrosiver Agenzien Korrosion erzeugt wird. Abhilfe: fester Schrumpfsitz, inerte Zwischenschicht, Spritzschichten oder Versil-bern der Sitze (nach jeder Demontage zu wiederholen). Hartverchromen hat sich nicht bewährt, weil die Chromschicht zu spröde ist: die Mikrobewegungen infolge Wechselbiegenspannungen in den Wellen führen zu feinen Rissen. Biologische Korrosion wird durch Mikroorganismen ausgelöst (insbesondere an Eisenlegierungen). Abhilfe: Chemikalienzusatz, Reinigen von Ablagerungen.

Die oben beschriebenen Korrosionsformen und -mechanismen hängen ent-scheidend von der Wasserqualität oder -analyse ab. Vier Gruppen werden im wei-teren behandelt:

1. Trinkwasser, Kühlwasser, Abwasser, Kap. 14.2.3 2. Meerwasser, Kap. 14.2.4 3. Wasser in Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA-Wasser), Kap. 14.4.7. 4. Vollentsalztes Wasser, Kap. 14.3 (Erosionskorrosion)

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14.2 Korrosion 735

14.2.3 Korrosion in Trinkwasser, Kühlwasser, Abwasser

In Gegenwart von reichlich Sauerstoff entsteht auf Stahl in Wasser Rost1, FeO(OH), der wegen seiner Porosität nicht vor weiterem Angriff schützt, bei mä-ßigen Strömungsgeschwindigkeiten abgewaschen wird und sich als Flugrost oder Schlamm im System ablagert. Die für den jeweiligen Anwendungsfall geltende Wasseranalyse – pH-Wert, Wasserhärte, Salzgehalt und Sauerstoffkonzentration - beeinflußt diesen Korrosionsvorgang (und damit die Werkstoffwahl) wesentlich. Die für Korrosion maßgebenden Parameter werden im folgenden besprochen: O2-Gehalt: der Korrosionsangriff steigt grundsätzlich mit der Sauerstoffkonzen-tration; andererseits ist ein minimaler O2-Gehalt nötig, um Schutzschichten zu bil-den. Temperatur: in vielen Fällen verdoppelt sich die Korrosionsrate je 10-30°C Temperaturerhöhung. Der pH-Wert gibt an, ob das Wasser sauer oder alkalisch reagiert. Bei 25 °C und pH = 7 ist das Wasser neutral; bei pH < 3 gilt es als stark sauer, bei 4 < pH < 6 als schwach sauer, bei 8 < pH < 10 als schwach alkalisch und bei pH > 11 als stark alkalisch. Der pH-Wert chemisch reinen Wassers sinkt mit der Temperatur. All-gemein gilt:

• neutrales oder leicht alkalisches Wasser ist wenig aggressiv • schwach oder stark saures Wasser ist nahezu immer als stark korrosiv einzustu-

fen, was eine entsprechende Werkstoffwahl erfordert.

Die Wasserhärte (Gesamthärte) ist ein Maß für die Konzentration an Erdalkali-Ionen im Wasser, insbesondere der Calcium- Ca++ und Magnesium-Ionen Mg++. Korrosionswirksam ist in erster Linie die Karbonathärte, also die Konzentration an Ca++-Ionen. Diese Konzentration wird als c(Ca++) in mmol/l oder in ppm angeben. Die Wasserhärte in °dH („deutsche Härte“) gilt als nicht mehr zulässige Einheit, die aber in der Praxis noch häufig anzutreffen ist; Bedeutung und Umrechnung von Härteangaben nach Tabelle 14.2.

Die Wasserhärte hat einen Einfluß auf die Korrosion sowie auf eventuelle Ab-lagerungen von „Kesselstein“: nur bei genügend hartem Wasser kann sich die Kalkrostschicht bilden; weiches Wasser wirkt oft aggressiv, z.B. bei Anwesenheit von Chloriden, Gl. (14.6) oder bei hohen Geschwindigkeiten, Kap. 14.3. Wasser bis 8°dH gilt als „weich“; Wasser mit mehr als 18 °dH gilt als „hart“.

Tabelle 14.2 Wasserhärte 1 mmol/l Ca++ = 100 ppm CaCO3 5,6 °dH 56 mg CaO/l 40 mg Ca++/l

1 °dH = 0,1786 mmol/l Ca++ 17,86 ppm CaCO3 10 mg CaO/l 7,19 mg Ca++/l

1mg/l = 1 ppm bei Dichte 1000 kg/m3

1 Der Oxidationsprozeß beim Rosten ist kompliziert und umfaßt mehrere Schritte, die nicht

in allen Quellen einheitlich beschrieben werden.

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736 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Kohlendioxid (CO2) ist in allen natürlichen Wässern vorhanden. Ein Teil des CO2, die „gebundene Kohlensäure“, ist als Kalzium- oder Magnesiumkarbonat gebunden und somit nicht korrosionswirksam. Der Rest, die „freie Kohlensäure“, ist im Wasser als Gas gelöst. Ein Teil der freien Kohlensäure, die „zugehörige Kohlensäure“, wird benötigt, um die Karbonate in Lösung zu halten („Kalk-Kohlensäuregleichgewicht“); auch dieser Anteil ist nicht korrosionswirksam. Der Anteil freier Kohlensäure, der die zugehörige Kohlensäure übersteigt, die „über-schüssige Kohlensäure“, wirkt aggressiv auf Stahl und Beton, Abb. 14.7.

CO2 im Wasserfreies CO2

zugehöriges CO2

als HCO3 gebundenes CO2

überschüssiges CO2

unschädlich aggressiv für Eisen und Beton

Abb. 14.7. Einfluß der Kohlensäure auf die Korrosion

In Wasser, in dem der Anteil an freier Kohlensäure gleich der Konzentration der zugehörigen Kohlensäure ist, können sich bei Temperaturen unter 30 °C und bei kleiner Strömungsgeschwindigkeit Kalk-Rostschutzschichten bilden, die den weiteren Korrosionsangriff hemmen. Ist hingegen überschüssiges CO2 vorhanden, bildet sich keine Schutzschicht und die Korrosionsrate steigt mit der Konzentrati-on des überschüssigen CO2 (das Wasser reagiert zunehmend sauer). Bei einer Wassertemperatur von 17 °C wird das Gleichgewicht durch Gl. (14.3 o. 14.4) be-stimmt: liegt der pH über dem Wert aus Gl. (14.3 o. 14.4) ist Deckschichtbildung möglich; liegt er tiefer, ist das Wasser aggressiv.

pH = 8,71 – 0,775 c(Ca++) + 0,0757 {c(Ca++)}2 mit c(Ca++) in mmol/l (14.3)

pH = 8,71 – 0,135 °dH + 0,00242 {°dH}2 (14.4)

Der Anteil der gebundenen Kohlensäure berechnet sich aus: 7,86 ppm gebundenes CO2 = 1°dH.

Mit zunehmender Temperatur wird mehr (zugehöriges) CO2 benötigt, um die Karbonate in Lösung zu halten; fehlt dieses CO2, fallen CaCO3 und MgCO3 als harte Schicht („Kesselstein“) auf festen Oberflächen aus. Der Anteil des zugehöri-gen freien CO2 läßt sich aus Gl. (14.5) berechnen:1

[ ] *T9,233zugehörig,frei,2 e)dH(1031,7ppmCO °×= − (14.5)

1 Gl. (14.5) wurde aus Angaben in [14.15] entwickelt. Gl. (14.5) gibt Daten in [14.15] exakt

wieder, ist aber einfacher.

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14.2 Korrosion 737

In Gl. (14.5) ist T* = T/TRef und TRef = 100 °C. Übersteigt der nach Gl. (14.5) be-rechnete Wert das freie CO2 aus der Wasseranalyse, bilden sich Kalkablagerungen (Kesselstein). Chloride (bzw. alle Halogene) wirken grundsätzlich korrosiv, und zwar um so mehr, je weicher das Wasser ist. Bei einer Chloridkonzentration von > 10 ppm fällt die Korrosionsrate von unlegiertem Stahl gemäß Gl. (14.6) mit zunehmender HCO3-Konzentration (abgeleitet nach Angaben in [14.15]):

cKor [mm/a] = 60 – 0,45 c(HCO3) [ppm] (14.6)

Sulfate wirken auf unlegierte Stähle korrosiv ab etwa 250 ppm SO42-(Lochfraß auf

Stahl, Graphitierung von Gußeisen). Sie greifen auch Beton an. Brauchwässer enthalten häufig 10 bis 30 ppm Sulfate, [B.28]. Sulfide (H2S) und Fluoride sind für alle Metalle sehr aggressiv. Ammoniak (NH3) wirkt auf unlegierte Stähle nach [14.15] nicht korrosiv (es wird zur Konditionierung von Kesselspeisewasser verwendet). Es verursacht Span-nungsrißkorrosion bei allen Messingsorten und verstärkte Flächenkorrosion bei al-len Kupfer- und Kupfer-Nickel-Legierungen. Leitfähigkeit: die elektrische Leitfähigkeit ist ein Maß für die im Wasser vor-handen Ionen; sie hat Bedeutung für hochreines Wasser in Kesselanlagen. Strömungsgeschwindigkeit: Bei Geschwindigkeiten unter etwa 1 m/s können Ablagerungen, Belüftungselemente und Aufkonzentrationen entstehen und so lo-kale Korrosion hervorrufen. Oberhalb einer Grenzgeschwindigkeit, die vom Me-dium und Material abhängt, kommt es wegen des erhöhten Stofftransportes zu be-schleunigter Korrosion oder Erosionskorrosion. Inhibitoren: in natürlichem Wasser enthaltene Stoffe mit Inhibitorwirkung för-dern den Deckschichtaufbau und hemmen so die Korrosion; sie können dafür ver-antwortlich sein, daß sich ein gegebener Stahl in sonst scheinbar gleichen Wässern unterschiedlich resistent zeigt. Hierzu gehören Phosphate, Kieselsäure und Alumi-niumverbindungen. In geschlossenen Kreisläufen werden dem Wasser aber auch oft Inhibitoren zudosiert.

14.2.4 Korrosion in Meerwasser und Lagerstättenwasser

Meerwasser enthält etwa 3,5 % (Masse) gelöste Salze, vorwiegend Natrium- und Magnesiumchlorid (Anteil NaCl 70 bis 80 %). Der O2-Gehalt liegt bei 10 bis 15 °C zwischen 10 und 8 ppm (Sättigungswert), der pH-Wert bei 7,5 bis 8,5. In Küstennähe bzw. in Häfen kommen korrosive Verunreinigungen hinzu, wobei Sulfide besonders aggressiv sind: bereits H2S-Konzentrationen um 5 ppm können die Passivschicht angreifen und so Lokalkorrosion auslösen. Scheinbar geringfü-gige Verunreinigungen sind also bei der Materialwahl zu berücksichtigen.

Wasser aus unterirdischen Lagerstätten hat Salzgehalte bis zu 30 % und pH-Werte im schwach sauren Bereich. Häufig enthält Lagerstättenwasser gelöstes H2S, während kaum Sauerstoff vorhanden ist, da H2S mit Sauerstoff reagiert.

Abbildung 14.8 zeigt das Verhalten nichtrostender Stähle in Meerwasser, wobei drei Bereiche zu unterscheiden sind: (1) Im Stillstand und bei niedriger Ge-

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738 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

schwindigkeit besteht die Gefahr von Lokalkorrosion. Bei w = 0 ist der Angriff am größten; mit wachsender Geschwindigkeit sinkt er infolge erhöhten Sauer-stoffangebotes an der Metalloberfläche. (2) Oberhalb einer Geschwindigkeit von etwa 1-2 m/s sind keine örtlichen Konzentrationsunterschiede zu erwarten, so daß sich keine Lokalelemente mehr bilden. Der Werkstoff verhält sich passiv. (3) Ab einer gewissen Geschwindigkeit, die werkstoff- und mediumsabhängig ist, steigt der Metallverlust rasant, weil die Passivschicht angegriffen wird (Erosionskorro-sion). Empfindliche Werkstoffe, wie austenitische Stähle, erfordern Maßnahmen gegen Stillstandskorrosion; hierzu gehören: (1) Füllen der Pumpen mit Süßwasser; (2) Regelmäßige Inbetriebnahme der Pumpen; (3) Kathodischer Schutz. Bei lan-gen, engen Spalten, die nur einen langsamen Konzentrationsausgleich durch Dif-fusion ermöglichen, ist die Wirksamkeit derartiger Maßnahmen begrenzt; resisten-tere Werkstoffe sind zu empfehlen, um Spaltkorrosion zu vermeiden.

Bei Verwendung verschiedener Werkstoffe im gleichen System ist zudem die galvanische Korrosion zu beachten, Tabelle 14.1.

w [m/s]

Passivierung Erosionskorrosion

Lochfraß

Abtra

g [m

m/a

]

Abb. 14.8. Korrosion nichtrostender Stähle in Meerwasser nahe der Einsatzgrenze

Bei den in Kreiselpumpen herrschenden hohen Strömungsgeschwindigkeiten sind für Laufräder, Leiträder und Gehäuse in den meisten Anwendungen mit För-derhöhen über 20-30 m nur passivierbare oder deckschichtbildende Werkstoffe einzusetzen; denn unlegierte Stahl- und Gußeisensorten hätten in Pumpen nur ge-ringe Standzeiten, wie sich aus den Korrosionsraten in Tafel 14.4 oder Abb. 14.9 ergibt. Zu den passivierbaren Materialien gehören nichtrostende Stähle, die zwar gegen Flächenkorrosion resistent, aber anfällig gegen Lokalkorrosion sind, da die-se die Passivschicht angreift. Lochfraß im Stillstand, Spaltkorrosion, ggf. Ablage-rungen oder Bewuchs sind also die maßgebenden Korrosionsmechanismen. In kal-tem Wasser sind austenitische Stähle ohne Molybdän (1.4308, AISI type 304) bis Cl = 200 ppm beständig gegen Spaltkorrosion, während Austenite mit Molybdän (1.4409, AISI type 316) bis etwa 1000 ppm Chloridgehalt einsetzbar sind, [14.19].

Tafel 14.4 gibt eine Übersicht über die maßgeblichen Korrosionsmechanismen und das Verhalten verschiedener Werkstoffe sowie ungefähre Grenzen für die Strömungsgeschwindigkeit und die Förderhöhe pro Stufe, [14.13], [14.18-20]. Soweit verfügbar sind auch die Korrosionsgeschwindigkeiten für Flächenkorrosi-on (ckor) und für Lochfraß (cLK) angegeben; sie erlauben eine Abschätzung der Standzeit für diese Werkstoffe in Meerwasser. Die Einsatzgrenzen in Tafel 14.4

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14.2 Korrosion 739

gelten für Laufräder, Leiträder und Gehäuse, nicht aber für Spaltringe. An den Dichtspalten wird man in der Regel einen Metallverlust von höchstens 0,05 bis 0,1 mm/a zulassen, um den Wirkungsgradabfall in Grenzen zu halten.

0.01

0.1

1

10

100

0.1 1 10 100 w [m/s]

c kor

[mm

/a]

C-Stahl GG-25 Ni-Resist G-CuAl 10 NiG-CuSn GX4CrNi 13-4

Abb. 14.9. Korrosionsgeschwindigkeit verschiedener Werkstoffe in Meerwasser, Daten nach [14.19], [14.13] und [14.18]; w ist die Relativ- oder Absolut- (aber nicht die Umfangs- -geschwindigkeit). Oberhalb ckor > 0,1 mm/a ist Material als unbeständig zu betrachten.

Zusammenfassend ergeben sich folgende Hinweise für die Materialwahl von Pumpen1 zur Förderung von Meerwasser, das einen pH > 5,5 aufweist und frei von H2S oder O2-frei ist:

1. Unlegierte Stähle und Gußeisen sind wegen starker Flächen- oder Muldenkor-rosion ungeeignet.

2. Hochlegiertes Gußeisen des Typs GGG-NiCr 20 2 (0.7660) ist geeignet für Gehäuse, sofern die Geschwindigkeiten 5 bis 8 m/s nicht überschreiten. Im Spiralgehäuse treten in der Regel Geschwindigkeiten über diesem Niveau auf, und GGG-NiCr ist dann nicht mehr verwendbar. GGG-NiCr 20 2 (0.7660) ist nicht geeignet für Laufräder oder Einlaufdüsen von Vertikalpumpen, weil der Korrosionsabtrag bei w > 10 m/s zu groß wird (ca. 0,3 mm/a). Wegen der geringen Resistenz gegen Kavitationserosion wer-den Schaufeln oder Einlaufdüsen aus diesem Material angegriffen, sobald Ka-vitation an den Schaufeln oder im Spalt entsteht. Bei Teillastrezirkulation sind auch Kavitationsschäden am Eintrittsgehäuse möglich. Trotz guter Notlaufeigenschaften ist GGG-NiCr 20 2 (0.7660) ebenfalls nicht geeignet für Spaltringe (rasche Spaltaufweitung infolge Erosionskorrosion).

3. Der Angriff steigt mit dem Sauerstoffgehalt. Bei praktisch sauerstofffreiem Meerwasser (O2 < 10-20 ppb) können auch bei begrenzter Verunreinigung mit H2S die gleichen Werkstoffe wie für O2-gesättigtes, H2S-freies Meerwasser eingesetzt werden, Tafel 14.4.

1 Für Rohrleitungen gelten diese Angaben nur bedingt, da dort die Strömungsgeschwindig-

keiten wesentlich niedriger sind als in Pumpen.

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740 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Tafel 14.4 (1)Werkstoffeinsatz in Meerwasser bei T < 30 °C

Hzul ≈ 2zulw

51 bei ψopt ≈ 1

Meerwasser natürlich verunreinigt pH > 5,5 4 bis 5,5

O2-Konzentration > 1 ppm < 0,01 ppm >1 ppm Materialgruppe

H2S-Konzentration ≈ 0 ppm < 10 ppm bis 500 ppm FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,1 mm/a Erosionskorrosion ckor ≈ 0,15 wr

1,2 mm/a Einsatzgrenze w ≈ 2 m/s LK bei w < 1 m/s cLK ≈ 0,3 – 0,8 mm/a

unlegierte Stäh-le, GS-C25 und Gußeisen, GG 25, GGG 40

SK (GG, GGG) Graphitierung FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,07 mm/a Erosionskorrosion ckor ≈ 0,031wr

0,95 mm/a Einsatzgrenze w ≈ 20 m/s H = 80 m LK bei w < 1 m/s cLK ≈ 0,1 mm/a

Ni-Resist Typ GGG-NiCr 20 2

SK beständig FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,1 mm/a Erosionskorrosion ckor ≈ 10-6 wr

3,8 mm/a (?) Einsatzgrenze Einsatz nicht empfohlen

Martensitische Cr-Ni-Stähle, Typ 1.4317

LK bei w < 1 m/s cLK ≈ 1,5 mm/a

nicht einsetzbar; starker Abtrag in kürzester Zeit

FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,01 mm/a

Erosionskorrosion weitgehend beständig begrenzt Einsatz Einsatzgrenze w ≈ 40 m/s H = 300 m w ≈ 25 m/s H = 120 m

LK bei w < 1 m/s sehr anfällig auf LK

10%Ni: cLK ≈ 1,8 mm/a Einsatz nicht empfohlen

Einsatz nicht zu emp-fehlen

Austenitische Cr-Ni-Stähle, Typ 1.4409

SK mit Legierung vermeiden: Nb, Ti, C < 0,03 FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,01 mm/a

Erosionskorrosion weitgehend beständig

Einsatzgrenze1 w ≈ 55 m/s w ≈ 55 m/s

LK bei w < 1 m/s cLK < 0,2 mm/a

Voll- (oder „super“-) au-stenitische Ni-Cr-Stähle, Ni > 25 % Typ 1.4587 SK mit Legierung vermeiden: Nb, Ti, C < 0,03

FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,01 mm/a Erosionskorrosion weitgehend beständig Einsatzgrenze w ≈ 55 m/s H = 600 m

Duplex-Stähle

LK bei w < 1 m/s cLK ≈ 0 mm/a

Geeignet mit PI > 40, für die Definition von PI s. Gl. (14.8)

FK: Flächenkorrosion LK: Lokalkorrosion (Spalte, Lochfraß) SK: selektive Korrosion cLK: Lochfraßgeschwindigkeit

wr ≡ w/wRef mit wRef = 1 m/s

w ist die Geschwindigkeit relativ zum Bauteil (w ≠ u); w1*, c2u* = f(nq) aus Abb. 3.16a 1) Einsatzgrenze u.U. durch Festigkeit begrenzt

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14.2 Korrosion 741

Tafel 14.4 (2)Werkstoffeinsatz in Meerwasser bei T < 30 °C

Hzul ≈ 2zulw

51 bei ψopt ≈ 1

Meerwasser natürlich verunreinigt pH > 5,5 4 bis 5,5

O2-Konzentration > 1 ppm < 0,01 ppm >1 ppm Materialgruppe

H2S-Konzentration ≈ 0 ppm < 10 ppm bis 500 ppm FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,03 mm/a Erosionskorrosion ckor ≈ 10-5 wr

3 mm/a Abtrag steigt mit Ammoniakgehalt Einsatzgrenze w ≈ 23 m/s H = 100 m

Zinnbronzen Kupfer-Zinn-Legierungen G-CuSn 12 2.1052.01

LK bei w < 1 m/s cLK ≈ 0,25 mm/a FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,03 mm/a Erosionskorrosion ckor ≈ 0,06 wr

0,95 mm/a Abtrag steigt mit Ammoniakgehalt

Kupfer-Zinn-Zink-Legierung „Rotguß“ G-CuSn 5ZnPb 2.1096.01 Einsatzgrenze w ≈ 10 m/s H = 25 m

FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,05 mm/a Erosionskorrosion ckor ≈ 3,6×10-4 wr

1,8 mm/a Abtrag steigt mit Ammoniakgehalt Einsatzgrenze w ≈ 30 m/s H = 180 m LK bei w < 1 m/s cLK ≈ 0,2 mm/a

Aluminiumbron-zen G-CuAl 10Ni 2.0975.01 (Inoxida)

SK mit ≥ 4 % Ni keine SK

nicht einsetzbar; star-ker Abtrag in kürze-ster Zeit

FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,03 mm/a

Erosionskorrosion weitgehend beständig Einsatzgrenze w ≈ 50 m/s H = 500 m w ≈ 5 m/s

Nickelbasislegie-rungen NiCu30Al 2.4374 (Monel K500) LK bei w < 1 m/s cLK ≈ 0,4 mm/a

FK (w < 0,5 m/s) ckor ≈ 0,01 mm/a

Erosionskorrosion beständig Einsatzgrenze w ≈ 60 m/s H = 700 m w ≈ 60 m/s H = 700 m

NiMo16Cr15W 2.4819 (Hastelloy C)

LK bei w < 1 m/s cLK ≈ 0 mm/a FK: Flächenkorrosion LK: Lokalkorrosion (Spalte, Lochfraß) SK: selektive Korrosion cLK: Lochfraßgeschwindigkeit

wr ≡ w/wRef mit wRef = 1 m/s

w ist die Geschwindigkeit relativ zum Bauteil (w ≠ u); w1*, c2u* = f(nq) läßt sich aus Abb. 3.16a bestimmen

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742 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

4. Die hochlegierten Stähle sind weitgehend beständig gegen Flächenkorrosion, aber gefährdet durch Spaltkorrosion und Lochfraß. Das Risiko wächst stark mit zunehmendem Chloridgehalt, steigender Temperatur und fallendem pH-Wert. Spaltkorrosion ist aggressiver als Lochfraß. Um weitgehende Sicherheit gegen Spaltkorrosion zu erreichen, sollten Stähle mit PI > 40 eingesetzt wer-den, Kap. 14.4.2, Gl. (14.8 u. 14.9), Abb. 14.15.

5. Martensitische Cr-Ni-Stähle vom Typ GX4CrNi 13-4 (1.4317) sind wegen Ge-fährdung durch Lokalkorrosion nicht geeignet.

6. Austenitische Cr-Ni-Stähle vom Typ GX2CrNiMo 19-11-2 (1.4409) sind weit-gehend beständig in strömendem Wasser; sie sind aber anfällig auf Stillstands-korrosion, die es durch entsprechende Maßnahmen (s.o.) zu unterbinden gilt.

7. Vollaustenitische Stähle sowie Duplexstähle sind bei Temperaturen bis zu 40 °C weitgehend beständig. Das gleiche gilt für Nickelbasis- und Sonderle-gierungen.

8. Sonderlegierungen wie NiMo16Cr15W (Hastelloy C) müssen genügend Chrom und Molybdän aufweisen, um gegen Lokalkorrosion beständig zu sein.

9. Legierungen mit mehr als 70 % Kupfer sind beständig gegen Lokalkorrosion, aber wegen Erosionskorrosion nur bei mäßigen Geschwindigkeiten einsetzbar. Für Anwendungen mit H2S sind diese Legierungen nicht zu empfehlen.

10. Zinnbronzen des Typs G-CuSn 10 (2.1050.01) sind für Laufräder und Gehäuse geeignet für Geschwindigkeiten bis etwa 10 m/s und Förderhöhen bis 25 m. Bei diesen Geschwindigkeiten ist auch der Kavitationswiderstand ausreichend.

11. Aluminiumbronzen vom Typ G-CuAl 10Ni (2.0975.01) sind sehr gut geeignet für Laufräder und Gehäuse bei Geschwindigkeiten bis etwa 30 m/s und För-derhöhen um 200 m.

12. Titan ist auch in siedendem Meerwasser praktisch beständig. 13. Um galvanische Korrosion zu vermeiden, müssen Laufrad- und Spaltringmate-

rial edler sein als der Gehäusewerkstoff; der Spaltringwerkstoff muß minde-stens so edel sein wie das Laufrad, Tabelle 14.1, Kap. 14.2.2.

14. Austenitsche Stähle sind an sich sehr anfällig auf Spannungsrißkorrosion. Die Gefahr wächst mit steigender Temperatur. Unter 65 °C wurden aber im Pum-penbau keine Schäden bekannt.

15. Wenn das Wasser chloriert wird, um biologische Organismen abzutöten, dür-fen am Pumpeneintritt nicht mehr als 2 ppm freies Chlor im Wasser gelöst sein; anderenfalls beschleunigt sich der Metallabtrag. Die Chloreinspritzung muß weit genug stromaufwärts der Pumpe erfolgen, damit sich das Chlor aus-reichend vermischt.

16. Bei saurem Meerwasser mit pH < 4 oder bei merklichem H2S-Gehalt muß der Molybdängehalt 5 bis 7 % ausmachen, damit der Stahl genügend beständig wird.

17. Die aufgeführten Werkstoffe sind als Vertreter des jeweiligen Werkstofftyps zu verstehen; für ähnliche Werkstoffe (etwa gleiche chemische Analyse) sind die gleichen Einsatzgrenzen anzunehmen. Dabei ist auf niedrigen Kohlenstoffge-halt (C < 0,03 %) zu achten.

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14.3 Erosionskorrosion in vollentsalztem Wasser 743

14.3 Erosionskorrosion in vollentsalztem Wasser

Um Ablagerungen und Korrosion zu vermeiden, arbeiten thermische Kraftwerke bis etwa 60 bar Frischdampfdruck mit teilentsalztem Wasser. Kernkraftwerke und Anlagen mit mehr als 60 bar werden mit entgastem, vollentsalztem Wasser (Deio-nat) betrieben, das nur Spuren von Verunreinigungen (also sehr geringe Leitfähig-keiten) aufweist. Dieses Wasser ist a priori wenig korrosiv. Dennoch können bei ungeeigneter Werkstoffwahl oder Wasserkonditionierung erhebliche Korrosions-schäden auftreten, so daß in der Praxis der Eindruck entstand, Deionat sei beson-ders aggressiv. Dieser scheinbare Widerspruch liegt darin begründet, daß sich in O2-freiem Wasser auch keine Schutzschicht bilden kann („Sauerstoffmangelkorro-sion“). Werkstoffwahl, Strömungsgeschwindigkeit und Wasserkonditionierung müssen diesen Schutzschichtaufbau ermöglichen. Bei Hochdruckdampferzeugern sind drei Arten der Wasserkonditionierung weit verbreitet: 1

• Bei der alkalischen Fahrweise wird durch Zudosierung von flüchtigen Alkali-sierungsmitteln (Ammoniak) ein pH-Wert > 9 eingestellt, Leitfähig-keit2 < 0,2 µS/cm, Sauerstoffgehalt < 10 ppb (1 ppb = 10-9 kg/kg). Wegen des extrem niedrigen O2-Gehaltes entsteht bei der alkalischen Fahrweise Magnetit (Fe3O4) als Korrosionsprodukt, das in Kristallform auf der Stahloberfläche aufwächst; es bildet bei kleinen Strömungsgeschwindigkeiten eine ausreichen-de Schutzschicht. Magnetit sieht schwarz aus; wie der Name andeutet, ist es magnetisch und kann daher mittels Magnetfilter weitgehend entfernt werden.

• Bei der neutralen Fahrweise wird pH = 7 eingestellt. Damit sich Schutzschich-ten bilden können, wird Sauerstoff zudosiert (50 bis 200 ppb). Es entsteht Hä-matit (Fe2O3) als Korrosionsprodukt, das rot-braun aussieht und sehr resistente (kristalline) Schutzschichten bildet. Da Sauerstoff als Oxidationsmittel präsent ist, dürfen nun aber keine weiteren korrosiven Agenzien (z.B. Chloride) im Wasser sein, weshalb die Leitfähigkeit auf < 0,2 µS/cm zu begrenzen ist. Dies ist der Nachteil der neutralen Fahrweise, wenn z.B. Kondensatorleckagen auf-treten.

• Bei der Kombi-Fahrweise werden Ammoniak als Alkalisierungsmittel und Sauerstoff zudosiert ( 50 bis 100 ppb); der pH-Wert wird dabei auf pH = 8 bis 8,5 eingestellt. Die Kombi-Fahrweise sucht die Nachteile der neutralen und der alkalischen Fahrweise zu vermeiden bzw. zu minimieren.

Wegen des niedrigen O2-Gehaltes ist die alkalische Fahrweise gegenüber Verun-reinigungen, wie sie z.B. durch geringe Kondensatorleckage entstehen können, to-leranter als die neutrale oder Kombi-Fahrweise. Für Niederdruckkessel werden auch andere Fahrweisen mit weniger aufwendiger Wasseraufbereitung betrieben, häufig mit Phosphat als Alkalisierungsmittel.

1 Für die Wasseraufbereitung sind die jeweils gültigen Richtlinien heranzuziehen, z.B.

[14.11] 2 gemessen hinter starksaurem Kationenaustauscher

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744 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Weltweit ist vermutlich die alkalische Fahrweise am weitesten verbreitet. Bei dieser Wasserkonditionierung kam es häufig zu Schäden durch Erosionskorrosion, weil das die Schutzschicht bildende Magnetit löslich ist. Unzulässiger Materialab-trag durch Erosionskorrosion erforderte nicht nur den Ersatz von Rohrleitungen, Vorwärmern und Pumpengehäusen, sondern es kam auch zu gravierenden Schä-den durch Magnetitablagerungen in Kesseln und Dampferzeugern, [14.51].

Unter Erosionskorrosion verstehen wir im folgenden einen chemischen Korro-sionsangriff, der durch die Auflösung der Schutzschicht verursacht wird. Dabei handelt es sich um einen Stoffübergangsprozeß; ein mechanischer Verschleiß in-folge strömungsbedingter Schubspannungen ist nicht anzunehmen. Je größer Ge-schwindigkeit und Turbulenz, desto höher der Stoffübergangskoeffizient und de-sto größer die Gefahr von Erosionskorrosion. Abbildung 14.10 zeigt das wellige Erscheinungsbild der Erosionskorrosion.

Abb. 14.10. Erosionskorrosion an einer Elektrode eines Elektrokessels, [14.2]

Der Materialabtrag hängt in charakteristischer Weise von der Temperatur und dem pH-Wert ab. Wie er sich als Stoffübergangsprozeß berechnen läßt, wird im folgenden behandelt, [6.6, 14.2 u. 14.8]. Die Berechnung gilt nur für unlegierte oder niedriglegierte Stähle, die in alkalischem Deionat Magnetitschutzschichten bilden. Hochlegierte, passivierbare Stähle sind nicht anfällig auf Erosionskorrosi-on. Eine Ausnahme bilden „Auswaschungen“ an undichten Sitzen, über die hohe Druckdifferenzen abgebaut werden.

Wir betrachten nach Abb. 14.11 ein durchströmtes Rohr, in dem sich eine hy-drodynamische Grenzschicht bildet. Besteht die feste Oberfläche aus einem lösli-chen Stoff (hier Magnetit), steigt die Konzentration des löslichen Stoffes in der „Konzentrationsgrenzschicht“ steil an.

cFe(r)

Magnetit(cFe-c∞)

r

w(r) Grenzschicht

Stahl Abb. 14.11. Geschwindigkeitsprofil w (r) und Konzentrationsprofil cFe(r).

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14.3 Erosionskorrosion in vollentsalztem Wasser 745

Bei kleiner Strömungsgeschwindigkeit wächst die Magnetitschichtdicke mit der Zeit gemäß δ ~ tm (m = 0,5 bis 0,9); die Korrosionsgeschwindigkeit nimmt da-bei mit zunehmender Betriebsdauer ab. Die Magnetitbildungsrate mox ist dann an der Stahloberfläche größer als die Magnetitauflösungsrate ms an der Grenzfläche zwischen Magnetit und Wasser: mox > ms. Folglich wird die Grenzschicht übersät-tigt: es bilden sich Magnetitkristalle, die fest auf der Oberfläche haften. Bei zu-nehmender Strömungsgeschwindigkeit (d.h. mit abnehmender Grenzschichtdicke) wird die Schicht, in der sich aus der gesättigten Lösung Magnetitkristalle bilden können, immer dünner. Im Gleichgewichtszustand ist dann die Magnetitbildungs-rate (Oxidationsrate) gleich der Auflösungsrate: mox = ms.

Aus dem Stoffübergangsprozeß läßt sich die Eisenabgaberate in kg/m2/s gemäß Gl. (14.7) berechnen:

ms = β ρ (cFe-c∞) (14.7)

Die Stoffübergangszahlen β können für beliebige Geometrien aufgrund bekannter Stoff- oder Wärmeübergangskorrelationen der Form Sh = a Reb Scc berechnet werden (dabei kann man sich die Analogie zwischen Wärme- und Stoffübergang zu nutze machen). Für einen unbekannten Fall lassen sie sich schätzen, wenn man bekannte Geometrien heranzieht, die ähnliche Turbulenz erwarten lassen. In Tafel 14.6 sind Korrelationen für verschiedene Geometrien aufgeführt, mit denen sich viele Fälle behandeln lassen.

Bei der Berechnung der Metallabtragsraten interessiert meist die Stelle mit dem größten Angriff; daher sind die örtlichen Maximalwerte der Stoffübergangskoeffi-zienten einzusetzen. Die in Tafel 14.6 angegebenen Maximalwerte stammen aus Wärmeübergangsmessungen und dürften eher an der unteren Grenze liegen, da sie örtlichen Mittelwerten über einen gewissen Bereich entsprechen.

Für den Stofftransport in der Grenzschicht ist der Diffusionskoeffizient D maß-gebend. Neben den anderen für die Rechnung notwendigen Stoffdaten ist der Ko-effizient D für die Selbstdiffusion von Wasser in Abb. 14.12 als Funktion der Temperatur dargestellt [14.3].1

Die für die Berechnung der Metallabgaberate nach Gl. (14.7) notwendige Kon-zentration cFe der Fe-Ionen in der Grenzschicht wird aus Abb. 14.12 entnommen. Dort ist die Löslichkeit von Magnetit als Funktion von Temperatur und pH-Wert dargestellt [14.5] (die Kurve für pH = 7 ist extrapoliert). Dabei wird von der Vor-stellung ausgegangen, daß sich an der Eisenoberfläche im hier betrachteten Sy-stem Magnetit bildet, ein Teil dessen sich entsprechend seiner Löslichkeit auflöst. In der laminaren Unterschicht der Strömungsgrenzschicht entspricht dann die Fe++-Ionenkonzentration der gesättigten Lösung.

Abbildung 14.12 gilt nur für unlegierte Stähle in alkalisiertem Wasser mit O2-Gehalten unter 20 bis 40 ppb. Bei niedriglegierten Stählen oder O2-Gehalten über etwa 100 ppb ist die Löslichkeit wesentlich kleiner, wie sich aus Erfahrungen mit

1 Für stark verdünnte Lösungen (um die es sich im vorliegenden Fall auch in der Grenz-

schicht handelt) ist der Diffusionskoeffizient der Korrosionspartner gleich den Selbstdif-fusionskoeffizienten zu setzen [14.4].

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746 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

300250200 150 100 500

2

1

4

6

101

2

4

6

101

Stof

fwer

te v

on W

asse

r

Wassertemperatur in °C

Schmidtzahl Sc [-]

KinematischeZähigkeit ν[10-7 m2/s]

Diffusions-koeffizient D

[10-9 m2/s]

Dichte ρ [kg/m3]

300 250 200150100500

2

1

4

6

101

2

4

6

101

Kon

zent

ratio

n in

der

Gre

nzsc

hich

t c ( µ

g Fe

++/k

g)

Wassertemperatur (°C)

Extrapoliert pH=

7,0

8,7

8,9

9,0

9,2

9,4

9,6

Abb. 14.12. Stoffdaten von Wasser und Löslichkeit von Magnetit, Ammoniakalkalisierung, O2-Gehalt < 20−40 ppb, Parameter: pH-Wert bei 25°C

Erosionskorrosion ableiten läßt. Die Fe++-Konzentration in der Hauptströmung c∞ wurde als klein gegen die Konzentration in der Grenzfläche Fe3O4/H2O vernach-lässigt, da in der Praxis keine Selbsthemmung der Erosionskorrosion durch eine Erhöhung der Eisenkonzentration in der Hauptströmung zu beobachten ist.

Aus Abb. 14.12 und Gl. (14.7) ist ersichtlich, daß der Metallverlust bei Erosi-onskorrosion mit zunehmendem pH-Wert stark abnimmt. Danach wären pH-Werte zwischen 9,3 und 9,4 anzustreben. Die Einstellung hoher pH-Werte hat al-lerdings auch Nachteile: (1) hoher Chemikalienverbrauch und (2) die Korrosion kupferhaltiger Werkstoffe steigt mit dem pH-Wert, so daß pH-Werte über 9,2 bis 9,3 (je nach Material von Kondensator und Vorwärmern) problematisch werden.

Bei gegebenem pH-Wert weist die Abtragsrate bei 150 °C ein Maximum auf, das sich auch in den empirischen Daten von [14.6] in ähnlicher Weise findet. Im Gegensatz zu [14.6] kann Erosionskorrosion auch bei Temperaturen weit über 200 °C auftreten, wie aus Abb. 14.12 hervorgeht und wie Schadensfälle beweisen.

Die Gefahr von Schäden durch Erosionskorrosion an einer Systemkomponente, z.B. an einem Pumpengehäuse, bei gegebenen Bedingungen (Temperatur, pH-Wert, Geometrie und Geschwindigkeit) kann nach den Angaben in Tafel 14.5 be-urteilt werden. Dort liefern die Gln. (14.5.2 bis 4) den Eisenabtrag.

Die nach Tafel 14.5 berechneten Eisenabgaberaten von unlegierten Stählen in vollentsalztem Wasser sind in Abb. 14.13 für verschiedene pH-Werte und Tempe-raturbereiche als Funktion der Geschwindigkeit dargestellt; dabei wurde der Stoffübergang für den Eintritt in ein Rohr mit 200 mm Durchmesser angenom-

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14.3 Erosionskorrosion in vollentsalztem Wasser 747

men. Die Diagramme können aber durchaus für eine erste Beurteilung anderer Fälle dienen.

Gleichung (T14.5.2) wurde gegenüber Gl. (14.7) um den Faktor 1,7 erweitert, der sich aus einem Vergleich zwischen gerechneten und in Anlagen gemessenen Abtragsraten ergibt, [6.6], [14.8]. In [14.8] wurden 21 Schadensfälle und Versuche nach dem beschriebenen Verfahren nachgerechnet. In [6.6] wurden ebenfalls Ver-suche aus [14.9] nachgerechnet. Der untersuchte Bereich umfaßt folgende Parameter: Stoffübergangszahlen β = 0,0013 bis 0,035 m/s, Betriebsdauer 200 bis 63'000 h, Konzentrationsdifferenz cFe-c∞ = 5 bis 100 µg Fe++/kg, pH-Werte 8,5 bis 10, Temperatur 50 bis 287 °C, Geometrien: rotierende Scheiben, Düsen, Bögen, Ventile, Pumpengehäuse. Als Ergebnis dieses Vergleichs ist festzuhalten: in allen Fällen, wo ein wesentlicher Abtrag festgestellt wurde, hätte ein Schaden durch die Rechnung vorausgesagt werden können.

Tafel 14.5 Materialabtrag bei Erosionskorrosion in Deionat

Voraussetzungen

• Vollentsalztes Wasser • O2-Gehalt kleiner als 20 bis 40 ppb • Keine korrosiven Agenzien (außer in Spuren) • Unlegierte oder niedriglegierte Stähle Diffusionszahl, Schmidtzahl, Dichte, Zähigkeit aus Abb. 14.12

Stoffdaten Magnetitlöslichkeit cFe = f(T, pH) aus Abb. 14.12

Geometrie Wahl der Stoffübergangskorrelation aus Tafel 14.6

Reynolds-Zahl ν

= XwRe

Sherwood-Zahl aus der gewählten Stoffübergangskorrelation Gl. Berechnung der maxi-malen örtlichen Stoff-übergangszahl

XDShmax

max ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛β

β=β ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛β

βmax örtliches Maximum 14.5.1

Eisenabgaberate in kg/(m2s) ms = 1,7 βmax ρ cFe fCr

cFe in kg Fe++/kg H2O einsetzen; 1 µg Fe++/kg = 10-9 kg Fe++/kg

14.5.2

Erosionsrate in m/s CrFemaxFe

R fc7,1E βρρ= 14.5.3

Erosionsrate in mm/a ER,a = 3,15×1010 ER 14.5.4

Materialfaktor

Cr (%) fCr

< 0,1 1,0

0,1< Cr <12 77,0CrCr

17,0f =

oder aus Abb. 14.14

cFe (kg Fe++/kg H2O) Konzentration in der Grenzschicht c∞ (kg Fe++/kg H2O) Konzentr. Hauptströmung (c∞ = 0) D (m2/s) Diffusionskoeffizient fCr (-) Materialfaktor für Chromgehalt ms (kg/m2s) Stofftransportbedingte Abtragsrate Sc (-) Schmidt-Zahl Sh (-) Sherwood-Zahl X (m) Charakteristische Länge β (m/s) Stoffübergangszahl ρFe (kg/m3) Dichte des Eisens ρ (kg/m3) Dichte des Wassers > 12 0

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748 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

In Tafel 14.5 wurde ein Faktor fCr eingeführt, der dem Einfluß des Chromge-haltes Rechnung tragen soll. Niedriglegierte Stähle mit 0,7 bis 3% Chrom haben nämlich deutlich geringere Korrosionsraten als unlegierte Stähle. Als Richtwert gilt, daß bei Stählen mit einem Legierungsanteil von etwa 2 % Chrom der Verlust

Tafel 14.6 Stoffübergangskorrelationen Geometrie Korrelation Gültigkeitsbereich X

Sh= 0,017 Re0,8 Sc0,33 Re > 2,5·105

Sh= 0,05 Re0,78 Sc0,33 Re > 6·105

Rotierende Scheibe r

ω

sax

Gültig für getrennte Grenzschichten: 2

sRe

r 0174.0 ax0.139 <=δ

Radius r X = r w = r ω

Längsangeströmte Platte

w

x

Sh = a Re0,8 Sc0,33

Stoffübergang: lokal: a = 0,029 mittel: a = 0,037

Re > 5·105 X = x

Rohre, Kanäle, Spalte

w

Dt

Sh = 0,027 Re0,8 Sc0,33

⎪⎭

⎪⎬

⎪⎩

⎪⎨

⎟⎠

⎞⎜⎝

⎛+ 32

tL

D1

Am Rohreintritt und für Rohrbögen:

( )5.22max −β

β

Re > 104

tDL > 60

Rohre: Dt Spalte: X = 2s s = Spalt-weite

Plötzliche Erweite-rung, max. örtli-cher Stoffübergang

w Dt d

Shmax = 0,27 Re0,67 Sc0,3367,0

td

D⎟⎠

⎞⎜⎝

Stelle größten Angriffs bei:

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−=

tt Dd14

D*L

4000 < Re < 1,5·105

0,7 < Sc < 6

0,06 < tD

d0,94

X = Dt

Querstrom um Zy-linder

d

Sh = (0,52 Re0,5+0,00145 Re) Sc0,33

Maximaler örtlicher Wert:

5.25.1max −=β

β 103 < Re < 2·106 X = d

Senkrecht ange-strömte Platte

w a

Sh = 0,23 Re0,731 Sc0,33

Auch für Strahlaufprall auf Wand (z.B. Leitradaustritt auf Gehäuse)

4000< Re < 1,5·104 X = πa2

Definitionen vX wRe =

DX Sh β=

DvSc =

λρ

=vc

Pr p λα= X Nu

X = charakteristische Länge Die Stoffübergangskorrelationen können auch zur Berech-nung von Wärmeübergangszahlen dienen, wobei Sherwood- durch Nusselt-Zahl und Schmidt- durch Prandtl-Zahl zu er-setzen sind.

Pr Prandtl-Zahl Nu Nusselt-Zahl α Wärmeübergangszahl cp spezifische Wärme λ Wärmeleitzahl

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14.3 Erosionskorrosion in vollentsalztem Wasser 749

T < 100 °C

0.0

0.1

1.0

10.0

0 10 20 30w [m/s]

ER

,a [m

m/a

]

pH = 7 pH = 8,7pH = 9 pH = 9,4

T = 135 bis 170 °C

w [m/s]

0.0

0.1

1.0

10.0

0 10 20 30

ER

,a [m

m/a

]

pH = 7 pH = 8,7 pH = 9 pH = 9,4

Abb. 14.13. Erosionskorrosion unlegierter Stähle in Deionat, Sauerstoffgehalt < 40 ppb

nur ¼ des Abtrages bei unlegiertem Stahl beträgt [14.5].1 Abbildung 14.14 zeigt anhand von Messungen den großen Einfluß des Chromgehaltes auf den Metallab-trag bei Erosionskorrosion: schon sehr niedrige Chromgehalte reduzieren nach diesen Messungen den Abtrag. Aus Abb. 14.14 wird aber auch deutlich, daß die Bandbreite der Abtragsraten den Faktor 30 erreichen kann. Schutzschichtbildung und -auflösung reagieren also sehr empfindlich auf Materialeigenschaften, Pro-benherstellung sowie chemische und strömungstechnische Versuchbedingungen. Bei der Materialwahl für Langzeitbetrieb wird man daher vorsichtigerweise nied-riglegierte Stähle, die weniger als 0,5 % Chrom enthalten, wie unlegierte Stähle beurteilen.

Die Rechnung liefert auch bei kleiner Strömungsgeschwindigkeit endliche Ab-tragsraten. Auch im Betrieb tritt ja stets ein minimaler Korrosionsverlust auf, der je nach Temperatur im Bereich von 0,01 bis 0,05 mm/a liegen dürfte. Von Erosi-onskorrosion spricht man, wenn der berechnete Abtrag deutlich über dieser Gren-ze liegt. Die Gefahr von Erosionskorrosion läßt sich anhand folgender Kriterien beurteilen (generell gilt: je höher die berechnete Abtragsrate, desto größer die Wahrscheinlichkeit von Erosionskorrosion und desto kürzer die Inkubationszeit):

• ER,a < 0,05 mm/a Erosionskorrosion unwahrscheinlich • ER,a = 0,1-0,2 mm/a Leichte Erosionskorrosion möglich bis wahrscheinlich;

Anlage wird empfindlich gegen pH-Exkursionen. • ER,a = 0,4 - 0,8 mm/a Wahrscheinlichkeit ≥ 90% für Erosionskorrosion • ER,a > 1,2 mm/a Starker Abtrag zu erwarten

1 Dieser Wert erscheint für den Langzeitbetrieb realistischer als die bei Kurzzeitversuchen

festgestellten Verhältnisse der Abtragsraten von 1:10 bis 1:100 [14.7]. Diese Daten könn-ten aufgrund einer zu geringen Versuchsdauer zu Fehlschlüssen verleiten.

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750 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

100

3

Abt

rag

C-S

tahl

/Abt

rag

Cr-S

tahl

Chromgehalt (%)10 1,0 0,1 0,01

10

1

100

1000 6

1

4a6

4a 4c

5

4b

2a2b4a

3 3

4b 2b

Abb. 14.14. Einfluß des Chromgehaltes auf die Abtragsrate bei Erosionskorrosion; die Auf-tragung entspricht 1/ fCr

Die Erosionskorrosion wird noch durch weitere Parameter beeinflußt: Potentialdifferenzen: Wenn gegen Erosionskorrosion beständige Werkstoffe wie Chromstähle oder Buntmetalle im Bereich hoher Strömungsgeschwindigkeit ne-ben unlegiertem Stahl angeordnet sind (z. B. 13-% -Cr-Stahlbüchse in Stahlguß-gehäuse), so entstehen geringe Potentialdifferenzen. Wie die Erfahrung zeigt, muß in diesem Fall mit verstärktem Angriff beim unlegierten Stahl gerechnet werden. Das gleiche gilt für die Stelle, wo eine Plattierung auf das unlegierte Grundmateri-al übergeht, die Plattierung muß daher bis in Bereiche vorgenommen werden, in denen die Strömungsgeschwindigkeit genügend tief ist. Sauerstoffgehalt: Die Löslichkeiten von Abb. 14.12 gelten für O2-Gehalte von ≤ 20 bis 40 ppb. Bei O2-Gehalten wesentlich über diesem Bereich ist die Rech-nung nicht mehr anzuwenden, weil die Deckschichtauflösung unter diesen Bedin-gungen nicht mehr durch die Konzentrationsdifferenzen von Abb. 14.9 beschrie-ben werden kann. Die O2-Dosierung führt gemäß verschiedenen Veröffent-lichungen, z.B. [14.10], bei salzfreiem Wasser (Leitfähigkeit < 0,2 µS/cm) sowohl bei neutraler Fahrweise wie auch bei kombinierter Fahrweise mit Ammoniak-Alkalisierung (pH = 8,0 bis 8,5) zu stabileren Deckschichten als die alkalische Fahrweise. Für O2-Gehalte über 50 ppb ist bei < 0,2 µS/cm die Erosionsrate stark reduziert, [14.12]. Der Einfluß des pH-Werts auf die Korrosionsrate ist vernach-lässigbar bei O2-Gehalten über 200 ppb [14.10]. Legierungsanteile: Auch andere Legierungsanteile wie Molybdän oder Mangan sollen die Gefahr von Erosionskorrosion reduzieren. In [14.12] wird z.B. die Summe aus Chrom- und Molybdängehalt verwendet, um die Reduktion der Ab-tragsrate bei niedriglegierten Stählen zu korrelieren. Die Ergebnisse von Kurzzeit-versuchen in kleinvolumigen Versuchskreisläufen lassen sich aber auf die Praxis oft nur bedingt übertragen, weil die korrekte Wasserchemie meist nicht eingestellt werden kann und die Bestimmung geringer Metallverluste wegen des Einflusses der Inkubationszeit sehr unsicher ist. Marginal resistente Werkstoffe weisen zu-dem keine Reserve gegen Exkursionen der Betriebsparameter (pH-Wert, Tempe-ratur, Geschwindigkeit und Turbulenz) auf und sind daher nicht zu empfehlen.

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 751

Das oben behandelte Verfahren zur Abschätzung von Eisenabgaberaten ist „halbempirisch“, da das Modell die komplizierten Vorgänge an den Grenzflächen Metall/Oxid und Oxid/Wasser vereinfacht. Es ist aber kaum ein Zufall, daß das Rechenmodell das charakteristische Verhalten des Metallabtrages als Funktion von Temperatur und pH-Wert gemäß [14.6−14.9] sehr gut beschreibt. Die hier entwickelten Vorstellungen über Magnetitschichten entsprechen den Ausführun-gen in [14.59] über Magnetitschichten in Heißdampfleitungen.

14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten

Die für ein bestimmtes Material in einem spezifischen Medium von gegebener Temperatur maximal zulässige Geschwindigkeit wird bestimmt durch die Kriteri-en Korrosion, Spannungen, Ermüdung, Kavitation und ggf. Abrasion. Aus der überaus reichhaltigen Palette der für Pumpen verwendeten Werkstoffe können hier nur einige typische Vertreter behandelt werden. Dabei wurde versucht, die ge-bräuchlichsten und zweckmäßigsten Materialien auszuwählen, die ein breites An-wendungsspektrum abdecken. Kapitel 14.4 gliedert sich demnach wie folgt:

• Definition häufig vorkommender Wasserzusammensetzungen • Erörterung der Eigenschaften häufig verwendeter Materialien • Materialwahl für Laufräder, Leiträder und Gehäuse • Werkstoffe für Spaltringe • Werkstoffe für Wellen • Werkstoffe für verschiedene Einsatzgebiete

14.4.1 Definition häufig vorkommender Fördermedien

Wie erwähnt ist in jedem Anwendungsfall die genaue Wasseranalyse zu beachten. In Tafel 14.4 und 14.8 werden Einsatzgrenzen für verschiedene Werkstoffe für ty-pische Wasserqualitäten definiert, die als „W1“ bis „W6“ definiert seien: W1: Deckschichtbildendes oder schwach korrosives Wasser. Hierzu gehören:

• Gleichgewichtswasser mit pH-Werten oberhalb der durch Gl. (14.3 u. 4) gege-benen Grenze

• Auf unlegiertem Stahl deckschichtbildend ist nach DIN 50 930 Wasser mit: O2 > 3 ppm (nicht unter 2 ppm) 7 < pH < 8,5 (aber möglichst hoch) c(Ca++) > 0,5 mol/m3 (= mmol/l) bzw. °dH > 2,8 Chloride: Cl < 2 ppm

• Wasser mit wirksamen Korrosionsinhibitoren • korrosionschemisch neutrales Trinkwasser • In nahezu O2-freiem Wasser wird keine Schutzschicht gebildet; der Korrosi-

onsabtrag wird durch den Restsauerstoff gesteuert. Der Abtrag ist vernachläs-

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752 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

sigbar klein, wenn O2 < 0,1 ppm und pH > 8,5; dies gilt auch für heißes Wasser (z.B. Warmwasserheizungen). Teil- oder vollentsalztes Wasser gehört hingegen nicht zu dieser Gruppe sondern zu W5 und W6.

• Wirksame Schutzschichten bilden sich vermutlich nur oberhalb einer Strö-mungsgeschwindigkeit von mindestens 0,1 m/s. Überschreitet die Geschwin-digkeit etwa 4 m/s, werden die Deckschichten zunehmend abgebaut, [N.13].

Die Temperatur hat keinen wesentlichen Einfluß. Der beim Füllen vorhandene Sauerstoff in geschlossenen Kreisläufen verschwindet durch Korrosion, wenn si-chergestellt ist, daß im Betrieb nicht erneut Sauerstoff eindringt. W2: Oberflächenwasser und Abwasser: Natürliche Wässer wie Feuerlöschwas-ser, Regenwasser, Wasser aus Süßwasserseen oder Flüssen für die Durchlaufküh-lung enthalten meist Chlorid-Ionen, deren Konzentration in weiten Grenzen schwankt (10 bis 250 ppm). Der Materialabtrag hängt nach Gl. (14.6) von der Wasserhärte ab. In der Regel sind solche Wässer nahezu luftgesättigt. Der Angriff steigt mit dem Angebot an Sauerstoff und überschüssiger freier Kohlensäure an der Metalloberfläche. Der Stofftransport von O2 und CO2 steigt mit der Strö-mungsgeschwindigkeit (s. auch Kap. 14.3). Da die Verunreinigungen in weiten Grenzen schwanken können, wird man solche Wässer als schwach bis mittel ag-gressiv einstufen. Mitunter tritt auch „Biofouling“ erschwerend hinzu. W3: Salzwasser/Meerwasser ohne H2S oder ohne O2: dieser Gruppe seien auch Sole und Minen- bzw. Grubenwasser, sowie Brackwasser zugeordnet. Hierzu zäh-len alle Wässer mit Chloridgehalten über 1000 ppm bei Temperaturen unter 40 °C. Wenn das Meerwasser praktisch O2-frei ist (O2 < 0,01 ppm), kann bis etwa 10 ppm H2S vorhanden sein, ohne daß gravierende Schäden zu erwarten sind. In diesem Fall können die gleichen Werkstoffe für H2S-haltige, O2-freie wie für O2-haltige, H2S-freie Wässer eingesetzt werden (H2S und O2 reagieren miteinander und treten daher in Gleichgewichtswässern nicht nebeneinander auf). W4: Salzwasser mit H2S oder anderen Verunreinigungen sowie Lagerstättenwas-ser und Brackwasser sind sehr aggressiv. Der Angriff steigt mit sinkendem pH-Wert und zunehmender Temperatur, s.u. Gl. (14.9) u. Abb. 14.15. W5: Teilentsalztes Wasser sowie aufbereitetes Wasser z.B. in Heizungsanlagen. Um Kalkablagerungen zu vermeiden, muß das Wasser bei Warmwasseranlagen enthärtet werden, Gl. (14.5). In enthärtetem Wasser kann sich jedoch gemäß Kap. 14.2.3 keine Kalkrostschicht bilden, und das Wasser wirkt in Anwesenheit von Sauerstoff und freier Kohlensäure aggressiv. W6: Deionat (vollentsalztes Wasser) konditioniert gemäß Kap. 14.3, sowie de-stilliertes Wasser und Kondensat. Wasser in Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA): Die speziellen Anforde-rungen an REA-Pumpen werden in Kap. 14.4.7 behandelt. Kohlenwasserstoffe wirken bei niedriger Temperatur in der Regel nicht korrosiv, vorausgesetzt sie enthalten keine Beimischung von Wasser mit korrosiven Agen-zien. Heiße Kohlenwasserstoffe können korrosiv wirken. Saure oder phenolhaltige Kohlenwasserstoffe sind ebenfalls korrosiv. Alle in den Tafeln aufgeführten Werkstoffe können daher – im Prinzip - für die Förderung von Kohlenwasserstof-fen eingesetzt werden. Dennoch sollte man sich im speziellen Fall vergewissern,

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 753

ob das Fördermedium korrosive Beimengungen hat, um geeignete Werkstoffe auswählen zu können. Die zulässige Umfangsgeschwindigkeit ist dabei primär durch Festigkeit, Ermüdung und Temperatur begrenzt, kann also nach Tafel 14.1 und 14.2 beurteilt werden. Grau- und Sphäroguß, unlegierter Stahlguß und Koh-lenstoffstähle können bis 230 °C eingesetzt werden; über dieser Temperatur wer-den hochlegierte Stahlgußsorten wie GXCrNiMo 12-1 (1.4008) verwendet.

14.4.2 Metallische Pumpenwerkstoffe

Metallische Werkstoffe haben im Pumpenbau nach wie vor die größte Bedeutung. Daneben werden aber auch Kunststoffe und Keramik verwendet. Im folgenden werden indessen nur metallische Werkstoffe besprochen. Unlegierte Stähle sind nur beständig, wenn sich eine Schutzschicht bildet (Kap. 14.2.1) oder wenn das Wasser frei von Sauerstoff und korrosiven Agenzien ist. Diese Voraussetzungen genügen indessen bei entsalztem Wasser bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten nicht, Kap. 14.3. Gußeisensorten haben Kohlenstoffgehalte von ≥ 3 %, die zu Graphit-Ausschei-dungen an den Korngrenzen führen. Dadurch wird das Gefüge inhomogen. Alle Gußeisensorten sind daher wenig resistent gegen Kavitation und Abrasion und auch wegen ihrer mechanischen Eigenschaften hinsichtlich der zulässigen Um-fangsgeschwindigkeit begrenzt.

Beim Grauguß (GG-18 bis GG-50) sind die erwähnten Graphit-Ausschei-dungen lamellenförmig und das Material ist spröde (Bruchdehnung nahezu null). Beim Sphäroguß (GGG-40 bis GGG-50) erzeugen die Graphit-Ausscheidungen sphärische Körner, und das Material verhält sich ähnlich wie Stahl. Unlegierter Grau- oder Sphäroguß verhält sich hinsichtlich Korrosion ähnlich wie unlegierte Stähle (abgesehen von Sonderfällen wie z.B. konzentrierte Schwefelsäure).

Wegen der geringeren Härte verhält sich GGG-40 bei Erosionskorrosion schlechter als GG-25, [14.28]. Legiertes Gußeisen mit etwa 20 % Nickel („Ni-Resist“) wird für Meerwasser eingesetzt.

Alle erwähnten Gußeisensorten sind preisgünstig, wozu ihre gute Gießbarkeit und leichte mechanische Bearbeitung beiträgt. Ein gravierender Nachteil besteht darin, daß Reparaturschweißungen – z.B. bei lokaler Abnützung im Bereich der Spiralgehäusezunge oder bei Kavitationsschäden am Gehäuse infolge Eintritts-rezirkulation − praktisch unmöglich sind. Nichtrostende Stähle umfassen vier Gruppen: martensitische, austenitische, Du-plex- und vollaustenitische Stähle. Bei allen Stählen steigen Streckgrenze und Zugfestigkeit mit dem Kohlenstoffgehalt (Karbidbildung), während die Zähigkeit abnimmt. Da die Korrosionsresistenz mit steigendem Kohlenstoffgehalt sinkt, werden bei den nichtrostenden Stählen sehr niedrige C-Gehalte eingehalten, meist C < 0,07 %. Bei hoher Korrosionsbeanspruchung ist der Kohlenstoffgehalt auf C < 0,03 % zu begrenzen; derartig niedrig gekohlte Stähle sind nach dem Stand der Gießereitechnik herstellbar. Die in den Tafeln aufgeführten Stähle wurden aufgrund ihres niedrigen Kohlenstoffgehaltes (gegenüber höher gekohlten Stählen mit ähnlicher Legierung) bevorzugt.

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754 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Alle nichtrostenden Stähle passivieren und erfahren daher keine Flächenkorro-sion. Voraussetzung für die Passivierung ist ein Chromgehalt von mindestens 12 %. Diese Stähle sind hingegen anfällig gegenüber Lokalkorrosion (Spaltkorro-sion und Lochfraß), wenn Chlorid- (bzw. generell Halogen-) oder Sulfid-Ionen im Wasser sind. Diese Anfälligkeit wird durch mehrere Parameter beeinflußt:

• Die Gefährdung steigt mit der Konzentration der Halogen-Ionen (meist sind Cl-Ionen vorwiegend), der Sulfidkonzentration (H2S) und der Temperatur. Sie wächst ferner mit abnehmendem pH-Wert.

• Stähle ohne Molybdän sind nur bis Cl ≈ 200 ppm einzusetzen, um Spaltkorro-sion zu vermeiden, [14.19] und [14.58].

• Stagnierendes Wasser, Gasblasen und Ablagerungen ermöglichen örtliche Auf-konzentration und begünstigen so Lokalkorrosion, weil die Passivschicht ört-lich zerstört wird.

• Lokalkorrosion bildet oft auch die Ausgangsbasis für Spannungsrißkorrosion, wenn Zugspannungen infolge Betriebslasten, Wärme- oder Eigenspannungen vorhanden sind.

• Der Widerstand gegen chlorid-induzierte Lokalkorrosion steigt mit dem Gehalt an Chrom, Molybdän, Kupfer, Wolfram und Stickstoff, wofür der Lochfraßin-dex PI nach Gl. (14.8) ein oft verwendetes Beurteilungskriterium ist. Der Nickelanteil fördert die Re-Passivierung, wenn die Passivschicht beschädigt wurde, und verbessert Bearbeitbarkeit und Schweißbarkeit. Mangan wirkt sich negativ auf die Korrosionsresistenz aus.

PI = Cr – 14,5C+ 3,3Mo + 2Cu + 2W + 16N [Cr, C, Mo, etc. in %] (14.8)

• Der Lochfraßindex gilt nur für hochlegierte Stähle, nicht aber für Nickelbasis-legierungen. Die Resistenz gegen Lokal- und Spannungsrißkorrosion steigt mit dem Wert von PI. Bei Verwendung des Lochfraßindex als Kriterium für die Materialwahl ist zu beachten, daß diverse Definitionen im Umlauf sind, die verschiedene Legierungsanteile berücksichtigen und so für einen gegebenen Stahl unterschiedliche Zahlenwerte ergeben können. Hier wird grundsätzlich Gl. (14.8) gemäß [N.7] verwendet, wobei Mittelwerte der angegebenen Legie-rungsanteile eingesetzt werden (nach Tafel 14.7 werden z.B. für 1.4409 Cr = 18-20 % spezifiziert, PI wird folglich mit Cr = 19 % berechnet).

• Ein niedriger Kohlenstoffgehalt (C < 0,03 %) oder dessen Stabilisierung mit Ti-tan oder Niob ist nötig, um den Widerstand gegen interkristalline Korrosion sowie die Schweißbarkeit zu verbessern. Bei höheren C-Gehalten entstehen leicht Ausscheidungen in der Schweißeinflußzone, die korrosionsanfällig sind.

• Bei hoher Korrosionsbeanspruchung ist unbedingt auf ein ausscheidungsfreies Gefüge zu achten - besonders auch in den mediumsberührten Randzonen (Guß-haut). Da die Gußhaut meist nicht gleich beständig ist wie das darunter liegende Gefüge, muß sie bei starker Korrosionsbeanspruchung entfernt werden. Die Kontrolle erfolgt durch Schliffbilder hoher Auflösung (Maßstab 1000 : 1).

• Chlorid-induzierte Spannungsrißkorrosion läßt sich vermeiden durch Wahl ei-nes Duplexstahles oder einer Nickellegierung mit mehr als 25 % Nickel, vgl. Abb. 14.6.

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 755

• Jeder nichtrostende Stahl ist in chloridhaltigen Elektrolyten gekennzeichnet durch eine kritische Temperatur, oberhalb derer Lokalkorrosion auftritt (nach bereits 24 h Einwirkung sichtbar). Diese Beständigkeitsgrenze, die mit dem Lochfraßindex steigt, kann durch Messung des elektrochemischen Korrosions-potentials bestimmt werden. Oberhalb einer Grenztemperatur steigt die Korro-sionsgeschwindigkeit schlagartig: Die Abhängigkeit der Beständigkeitsgrenze von der spezifischen Legierung, deren Reinheitsgrad, der Wärmebehandlung des individuellen Gußstückes, der speziellen Analyse des Elektrolyts und der Temperatur verunmöglichen die Angabe allgemein verbindlicher Regeln für die Materialwahl: jeder Fall muß individuell beurteilt werden. Diese Empfindlich-keit gegenüber scheinbar sekundären Parametern dürfte ein Grund dafür sein, daß man in der Literatur und bei verschiedenen Erfahrungsträgern mitunter auf widersprüchlichen Angaben stößt: die Berichte gelten für den jeweils unter-suchten Fall, sind aber nicht unbedingt als allgemeingültig zu betrachten.

• Da Molybdän die Ferritbildung fördert, ist sein Gehalt bei austenitischen Stäh-len und bei Duplexstählen zu begrenzen.

• Stickstoff erhöht nicht nur den Widerstand gegen Lokalkorrosion, sondern auch Festigkeit und Zähigkeit.

• Schwingungsrißkorrosion wird durch Chloride begünstigt, kann aber auch in chlorfreiem Wasser auftreten.

Martensitische Stähle mit Nickelgehalten bis 5 % weisen hohe Festigkeiten auf - je nach Legierung und Vergütungsstufe zwischen 700 < Rm < 1200 N/mm2. Sie sind aber in Meerwasser kaum einsetzbar, weil sie sehr empfindlich gegen Lokal- und Erosionskorrosion sind. Unter gleichzeitiger mechanischer Belastung neigen sie nach [14.52] auch zu Rißbildung, so daß in Gegenwart korrosiver Medien bei Wechsel- oder Schwellbeanspruchung ein hohes Risiko von Schwingungsrißkor-rosion besteht. Wasserstoffversprödung bedeutet eine weitere Gefahr. Nach [14.52] reicht die Empfindlichkeit in Gegenwart von Borsäure gegen Chloridkor-rosion bis hinunter zu Chloridkonzentrationen von 1ppm (je nach der Fluid-temperatur). Für kaltes Wasser nach „W1“ und „W2“ wird man diese Stähle bis etwa 20 bis 50 ppm Chlorid einsetzen können – je nach zusätzlichen Verunreini-gungen.

Martensitische Stähle sind hingegen hervorragend geeignet für Laufräder, Leit-räder und Gehäuse von Pumpen zur Förderung von Süßwasser und teil- oder voll-entsalztem Wasser. Der Stahl 1.4317 (früher 1.4313) GX4CrNi13 4 kann nahezu als Standardwerkstoff für hochbelastete Pumpen und Wasserturbinen gelten, wozu auch sein guter Kavitationswiderstand beiträgt. Austenitische Stähle mit Nickelgehalten von mindestens 8 % (Typ 1.4409) haben deutlich geringere Zugfestigkeiten (400 < Rm < 650 N/mm2) als martensitische oder Duplex-Stähle, was ihren Einsatz häufig begrenzt. Die ertragbaren Betriebs-spannungen und Ermüdung aber auch Kavitations- und Abrasionswiderstand sind entsprechend begrenzt. Der Widerstand austenitischer Stähle gegen Flächen- und Erosionskorrosion ist gut. Hingegen sind sie empfindlich gegen Lokalkorrosion, interkristalline Korrosion und sehr anfällig gegen Spannungsrißkorrosion: bei ho-hen Temperaturen and aggressiven Medien genügen bereits Spannungen von we-

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756 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

niger als 10 % der Streckgrenze, um SpRK auszulösen. Die Empfindlichkeit ge-gen lokale, interkristalline oder spannungsinduzierte Korrosionsarten hängt ab vom Stahltyp und den oben besprochenen Einflußgrößen; sie sinkt mit abnehmen-dem Kohlenstoffgehalt, der deshalb auf C < 0,03 % begrenzt werden sollte.

Austenitische Stähle mit mindestens 4,5 % Molybdän sind in kaltem Wasser beständig gegen Lochfraß; erleiden aber in kritischen Fällen Spaltkorrosion. Duplexstähle (600 < Rm < 800 N/mm2) weisen ein austenitisch-ferritisches Gefü-ge auf; sie sind widerstandsfähiger gegen Lokalkorrosion als Austenite und nahe-zu unempfindlich gegen Spannungsriß- und interkristalline Korrosion. Sie sind einzusetzen, wenn Festigkeit, Abrasions- und Kavitationswiderstand der Austenite nicht ausreichen. Bei hoher Korrosionsbeanspruchung hängt die Resistenz der Duplexstähle stark von kleinen legierungs- und herstellungsbedingten Unterschie-den ab. Das liegt vermutlich daran, daß austenitische und ferritische Phase che-misch verschieden sind. Diese Unterschiede hängen von Erschmelzungsart und Wärmebehandlung ab. Die austenitische Phase ist ärmer an Chrom und Molybdän und bildet so eine Schwachstelle in der Korrosionsresistenz.

Bei hohen Temperaturen verlieren Duplexstähle ihre Resistenz schlagartig, wo-durch die Dauerfestigkeit in korrosiven Medien drastisch sinken kann, [14.22]. Die Einsatzgrenze ist stark abhängig von Werkstoff und Medium und daher um-stritten; bei Anwendungen oberhalb von 100 bis 150 °C ist Vorsicht geboten. Bei höheren Temperaturen (ab 450 °C) können Phasenumwandlungen auftreten, die Festigkeitswerte und Korrosionswiderstand beeinträchtigen.

Empfehlungen und Kriterien für die Auswahl von Duplexstählen:

• Kohlenstoffgehalt: C < 0,03 % • Bruchdehnung: A > 20 % • Duplexstähle sollen 40 bis 60 % (meist 50/50) ferritisches Gefüge aufweisen; in

diesem Bereich sind Festigkeits- und Korrosionseigenschaften optimal. • Der Chromgehalt soll 24 bis 27 %, der Molybdänanteil mindestens 2,5 % und

der Stickstoffgehalt 0,1 bis 0,2 % betragen. Bei Sulfiden, Brackwasser oder REA-Wasser sollen zusätzlich 3 bis 4 % Kupfer zulegiert werden.

• Der Lochfraßindex gemäß Gl. (14.8) liefert ein wesentliches (aber kein univer-selles) Auswahlkriterium (Tabelle 14.3 und Abb. 14.15). Duplexstähle mit ei-nem Lochfraßindex PI > 40 werden als „Super-Duplex“ bezeichnet.

Vollaustenitische Stähle mit Nickelgehalten von mindestens 25 % (Typ 1.4458) weisen eine hohe Resistenz gegen Spannungsriß-, Lokal- und Erosionskorrosion auf; sie haben die gleichen Festigkeitswerte wie Austenite und sind einzusetzen, wenn die Korrosionsresistenz von Duplexstählen für das Fördermedium nicht aus-reicht.

Für ein gegebenes Material lassen sich Grenzwerte für den Chloridgehalt als Funktion des Lochfraßindex PI, des pH-Wertes und der Temperatur auch aus Gl. (14.9) oder für T = 20 °C aus Abb. 14.15 bestimmen:

[ ] ( )PI04,0e85,1

fRepH9,0PI4,05T

Te104ppmCl−

⎟⎠

⎞⎜⎝

⎛×= +− mit TRef = 80 °C (14.9)

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 757

Tabelle 14.3 Stahlauswahl aufgrund des Lochfraßindex PI Cl = Chlorid-Ionengehalt ≈ 0,55×Salzgehalt

T pH Cl O2 H2SFördermedium

°C ppm ppm ppmPI Geeignete Werkstoffe Literatur

< 200 > 20 1.4309 ohne Mo 14.19 & 58 Abwasser, Rohwasser < 30 > 6

< 1000 > 1 < 0,1

> 25 1.4409 mit Mo 14.19

< 10 > 25 1.4409 14.19 & 58

< 25 > 1 < 0,1

> 34 1.4470 1.4458 14.19 & 58 Meerwasser

< 50

> 6 ≈ 2×104

< 0,01 < 10 > 35 1.4458 1.4568

Lagerstättenw. < 50 > 4 ≈ 105 > 1 < 50 > 40 1.4517 1.4587 14.25

REA-Wasser < 65 > 2,5 ≈ 5×104 > 1 > 45 1.4471 1.4573

Um Spaltkorrosion möglichst auszuschließen, ist bei Meerwasser ein Werkstoff mit PI > 40 zu empfehlen. Dies auch bei Unsicherheiten bezüglich von Verunreinigungen im Wasser oder wenn die Passivschicht durch Kavitation oder Abrasion zusätzlich gefährdet ist.

Bei Meerwasser läßt sich der Chlorid-Ionengehalt aus dem Salzgehalt abschät-zen aus Chlorid-Ionengehalt ≈ 0,55×Salzgehalt (Meerwasser mit einem Salzgehalt von 36’000 ppm enthält also etwa 20’000 ppm Chlorid). Gleichung (14.9) und Abb. 14.15 wurden aus Daten in [14.34] abgeleitet, die aus Korrosionsversuchen in REA stammen. Die Einsatzgrenzen nach Gl. (14.9) erlauben eine konsistente, quantitative Beurteilung und Materialwahl, wobei der Faktor 4×10-5 oder die ande-ren Koeffizienten leicht Erfahrungswerten angepaßt werden können. Für jeden Anwendungsfall, definiert durch Chloridgehalt, pH-Wert und Temperatur, läßt

Tmax = 20 °C

1

10

100

1'000

10'000

100'000

10 15 20 25 30 35 40 45 50 55

Lochfrassindex PI [%]

Gre

nzw

ert

für

Cl [

ppm

]

pH = 7pH = 5,5pH = 4pH = 3pH = 2,5pH = 1,5

Abb. 14.15. Grenzwerte für den Chloridgehalt als Funktion des Lochfraßindex und des pH-Wertes; gültig für T < 20 °C. Beispiel: für ein Fördermedium mit 10’000 ppm Chloriden und pH ≥ 5,5 sollte die Legie-rung mindestens einen PI ≈ 35 aufweisen.

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758 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

sich somit aus Gl. (14.9) oder Abb. 14.15 (für 20 °C) der Wert des Lochfraßindex bestimmen, den das zu wählende Material mindestens aufweisen sollte. Dabei sind weitere ggf. im Wasser vorhandene korrosive Agenzien – insbesondere Sulfide, Bromide, Jodide und Fluoride - oder abrasive Stoffe zu berücksichtigen. Kupferlegierungen werden allgemein als Bronzen bezeichnet. Im Pumpenbau werden Aluminium-, Zinn- und Siliziumbronzen (nicht aber Messing) verwendet. Sie sind gegen Flächenkorrosion beständig (es bildet sich eine gut haftende Schutzschicht). Lochfraß tritt bei kaltem und warmem Wasser auf. Der Lochfraß wird begünstigt durch: tiefe pH-Werte, Gasblasen und den Gehalt an Sulfid-, Chlorid- und Sulfat-Ionen sowie durch Sauerstoff; bei O2 < 0,1 ppm tritt kein Lochfraß auf. Bronzen sind nicht einsetzbar für Wasser mit Ammoniak, Schwe-felwasserstoff, anorganischen oder organischen Säuren (Flächenkorrosion) oder, wenn abrasive Partikel in der Flüssigkeit mitgeführt werden.

Aluminiumbronzen G-CuAl-10Ni neigen wenig zu Lochkorrosion und sind auch in siedendem Meerwasser gut beständig; der Korrosionswiderstand steigt mit dem Aluminiumgehalt. Sie erreichen hohe Festigkeitswerte (Rm = 600 N/mm2).

Kupfer-Zinnlegierungen (Zinnbronzen) wie G-CuSn10 und Kupfer-Zinn-Zink-legierungen wie G-CuSn5ZnPb (Rotguß) sind bei niedrigen Geschwindigkeiten in Meerwasser gut beständig, aber wegen ihrer niedrigen Festigkeitswerte nur für mäßige Umfangsgeschwindigkeiten einsetzbar. Sie sind zudem empfindlich auf Erosionskorrosion, Kavitation und Abrasion.

Die Korrosionsrate der Kupferlegierungen steigt mit dem Sauerstoffangebot an der Werkstückoberfläche; sie wird also durch Stofftransport (Strömungsgeschwin-digkeit und Turbulenz) bestimmt. Die für Rohrleitungen geeigneten Kupfer-Nickellegierungen CuNi10, CuNi20, CuNi30 sind bei den in Pumpen herrschen-den hohen Geschwindigkeiten nicht einsetzbar. Nickelbasislegierungen oder Titan sind einzusetzen, wenn Duplexstähle oder Voll-Austenite im fraglichen Medium nicht genügend korrosionsbeständig sind. Nickelbasislegierungen müssen Chrom und Molybdän enthalten, wenn sie in Meerwasser eingesetzt werden sollen. Titan ist beständig gegen Lochfraß und weitgehend beständig gegen Spaltkorrosion.

Nickel-Chrom-Eisenlegierungen ohne Molybdän wie z.B. NiCr15 (Inconel 600, 2.4816) oder X10NiCrAlTi32-21 (Inconel 800, 1.4876) sind anfällig gegen Loch-fraß und daher in Meerwasser nicht einsetzbar, [14.58].

14.4.3 Laufräder, Leiträder und Gehäuse

Laufräder, Leiträder und Gehäuse der Kreiselpumpen sind – im Vergleich zu Rohrleitungen – hohen Geschwindigkeiten ausgesetzt. Die zulässigen Umfangs- bzw. Strömungsgeschwindigkeiten hängen von der Kombination zahlreicher Pa-rameter ab, so daß grundsätzlich jeder Einzelfall individuell beurteilt werden muß. Dieser Sachverhalt ist auch bei der Übertragung von Anlageerfahrungen auf neue Verhältnisse zu beachten: da die Kavitationsgefahr mit w6 und Abrasion mit w3 steigt, können manchmal scheinbar unbedeutende Geschwindigkeitserhöhungen zu unerwarteten Problemen führen.

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 759

In den Tafeln 14.7 (1) bis (4) werden die Eigenschaften häufig verwendeter Werkstoffe aufgeführt, und in Tafel 14.8 werden Geschwindigkeitsgrenzen für den Materialeinsatz definiert. Dabei ist folgendes zu beachten:

• Die in den Werkstofftabellen empfohlenen Maximalgeschwindigkeiten sind als grobe Richtwerte zu betrachten, die der Summe der Beanspruchung durch Er-müdung, Kavitation und Korrosion Rechnung tragen sollen. Sie können ledig-lich als Orientierungshilfe dienen, da es unmöglich ist, exakte Grenzwerte fest-zulegen1.

• Ob bei einer gegebenen Geschwindigkeit an einem bestimmten Werkstoff Schäden auftreten, hängt auch von der Bauteilgestaltung ab: eine strömungs-günstig profilierte Spiralgehäusezunge neigt weniger zu Anfressungen als ein Halbkreisprofil. Auch die Qualität der Ausführung (Gußputzerei) ist hier von Bedeutung.

• Die Empfehlungen sind eher konservativ gedacht; sie garantieren aber keine Schadensfreiheit. Die Preisunterschiede zwischen einem für eine bestimmte Anwendung „gerade noch vertretbaren Material“ und einem gut resistenten Werkstoff sind oft bescheiden, so daß vieles dafür spricht, im Zweifelsfall ein besseres Material einzusetzen, das mit genügender Sicherheit eine ausreichende Standzeit erwarten läßt. Denn die nachträgliche Korrektur betrieblicher Pro-bleme verschlingt meist ein Vielfaches des Mehrpreises für ein resistenteres Material.

• Die Werkstoffauswahl erfolgt mit der Förderhöhe und den Geschwindigkeiten im Bestpunkt; höhere Geschwindigkeiten bei q* ≠ 1 seien in diesen Erfah-rungswerten enthalten.

• Für die Beurteilung der Spannungen ist u2, für Kavitation ist u1 und für Korro-sion und Abrasion wird die mittlere Strömungsgeschwindigkeit als maßgebend betrachtet, die sich aus den Geschwindigkeitsdreiecken errechnet: am Laufrad-eintritt ist w1 ≈ u1 und am Leitradeintritt gilt c3 ≈ u2/2 bei nq < 50 (genauere Be-rechnung nach Tafeln 3.1 u. 3.2 bzw. Abb. 3.16a). In den Tafeln bedeutet dem-nach „w“ die Geschwindigkeit relativ zur Bauteiloberfläche, also für Gehäuse und Leitrad die Absolut- und im Laufrad die Relativgeschwindigkeit. Da die Geschwindigkeiten im Bereich der Spiralzunge ähnliche Größen annehmen wie bei Leiträdern, sind Spiralgehäuse hinsichtlich Korrosion wie Leiträder zu be-handeln. Kavitations- oder Korrosionsschäden an Spiralzungen werden nicht selten beobachtet.

• Für Dichtspalte ist der mittlere Geschwindigkeitsvektor zu verwenden: w = (cax

2 + usp2/4)0,5; er kann nach Abb. 3.16a ermittelt werden.

• Entnimmt man aus Tafel 14.4 oder Tafel 14.8 für einen gewählten Werkstoff die für ein bestimmtes Medium zulässige Geschwindigkeit wzul, kann mit Hilfe von Abb. 3.16a die zulässige Umfangsgeschwindigkeit und Förderhöhe be-stimmt werden, wenn die spezifische Drehzahl bekannt ist oder gewählt wurde; Tabelle 14.4 liefert die hierzu benötigten Angaben.

1 Da derartige Angaben bisher fehlen, wird hier bewußt Neuland beschritten. Rückmeldun-

gen an die E-mail Adresse des Autors wären daher sehr willkommen.

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760 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Geht man von einer gegebenen Pumpenauslegung aus, berechnet man die spe-zifische Drehzahl und liest aus Abb. 3.16a die auf u2 bezogenen Geschwindig-keitskomponenten (und ggf. die Druckzahl) ab, aus denen sich u2 und die ande-ren Geschwindigkeiten w1, c2u, usw. berechnen lassen.

Tabelle 14.4 Berechnung der zulässigen Förderhöhe Aus Abb. 3.16a

Laufradeintritt w1*(nq) *wwu

1

zulzul,2 =

Laufradaustritt w2*(nq) *ww

u2

zulzul,2 =

Leitradeintritt c3*(nq) *cwu

u2

zulzul,2 =

Spiralgehäuseeintritt c3*(nq) *d*c

wu zu2

zulzul,2 =

Spaltring wsp*(nq) *wwu

sp

zulzul,2 =

Zulässige Förderhöhe pro Stufe ψopt(nq) g2

uH

2zul,2

optzul,opt ψ=

• Für den Materialabtrag durch Abrasion oder Erosionskorrosion wäre an sich die maximale örtliche Geschwindigkeit (und die Turbulenz) zu berücksichtigen, die über der mittleren Geschwindigkeit liegt. Da diese Angaben meist fehlen, ist auch aus diesem Grunde die zulässige Geschwindigkeit eher konservativ anzu-setzen.

• In der Regel ist davon auszugehen, daß Laufräder, Leiträder, Spiralgehäuse, Stufengehäuse mehrstufiger Pumpen sowie Einlaufdüsen von Pumpen mit halboffenen Laufrädern bei einer gegebenen Maschine - zumindest örtlich - et-wa den gleichen maximalen Geschwindigkeiten ausgesetzt sind und somit aus ähnlich resistenten Werkstoffen gefertigt werden sollten. Eintritts- und Aus-trittsgehäuse von Ringgehäusepumpen oder die Gehäuse von Topfpumpen sind hingegen kleineren Geschwindigkeiten ausgesetzt als die erwähnten Kompo-nenten und können somit aus anderen Werkstoffen mit ähnlichem elektroche-mischem Potential hergestellt werden, sofern das mit Rücksicht auf geschwin-digkeitsabhängige und galvanische Korrosion möglich ist.

• Für ein gegebenes Material in einem bestimmten Wasser sind für Spaltringe oft kleinere Geschwindigkeiten zulässig als für Gehäuse oder Laufräder, weil schon eine geringe Abnützung – je nach spezifischer Drehzahl - zu einer hohen Wirkungsgradeinbuße führen kann.

• Die Einsatzgrenzen werden naturgemäß eher bei hochbelasteten Maschinen er-reicht; die Materialwahl für Kleinpumpen in nicht sonderlich korrosiven Flüs-sigkeiten, bei denen oft auch die Besonderheiten einer Massenproduktion zu beachten sind, sei hier weitgehend ausgeklammert.

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 761

• Die in den Tafeln gegebenen Einsatzgrenzen für einen bestimmten Werkstoff gelten in etwa für die gesamte Gruppe ähnlicher Werkstoffe; z.B. gelten die Grenzen für GG 25 auch für GG 18 bis GG 50. Bei den nichtrostenden Stählen orientiert man sich an der chemischen Zusammensetzung und dem Gefüge (Ferrit, Austenit usw.), wobei der Kohlenstoffgehalt ebenfalls zu würdigen ist. Dabei kommt es allerdings auf Nuancen an; so werden z.B. oft Stickstoff, oder kleine Anteile von Cu, Nb, usw. aus Korrosionsgründen zulegiert.

• Der Lochfraßindex bildet ein wertvolles Beurteilungskriterium für die Auswahl von nichtrostenden Stählen; er wurde mit den Mittelwerten der angegebenen Bereiche der Legierungsanteile berechnet.

• Soweit quantitative Angaben zur Verfügung standen, wurde ein Werkstoff bei einem Materialverlust von ckor < 0,1 mm/a als „beständig“ betrachtet, während ein Material mit ckor > 1 mm/a als „unbeständig“ bzw. ungeeignet klassifiziert wurde.

• Genaue Zusammensetzung und Eigenschaften eines gegebenen Werkstoffes hängen von der verwendeten Norm und dem Hersteller ab; die in den Tafeln angebebenen Daten geben nur einen Anhaltspunkt.

• Die Zahlenwerte stammen aus einer Vielzahl von Quellen mit teilweise unter-schiedlichen Angaben.

• Die Härtezahlen sind als Vickershärten HV30 zu verstehen. Die sich bei ver-schiedenen Prüflasten ergebenden Unterschiede sind in diesem Zusammenhang belanglos. Auch kann man Brinell- und Vickershärte als gleich ansehen und aus der Zugfestigkeit Rm abschätzen; es gilt: HV ≈ HBN ≈ (0,29 bis 0,32) Rm.

• Mechanische Eigenschaften, wie Zugfestigkeit und Dehngrenze, sowie Wärme-ausdehnungsbeiwert, Wärmeleitfähigkeit und spezifische Wärme hängen von der Temperatur ab. Die abgegebenen Werte gelten etwa zwischen 20 und 100 °C; für genaue Berechnungen ist auf die entsprechende Werkstoffnorm oder Herstellerangaben zurückzugreifen.

Ob die Einsatzgrenze für ein bestimmtes Material durch Ermüdung, Kavitation, Erosionskorrosion oder Abrasion begrenzt wird, ist in jedem Anwendungsfall in-dividuell anhand der vorherrschenden Einsatzbedingungen zu beurteilen. Dazu kommen noch weitere Aspekte, die wichtig für die Materialwahl sind. Diese Kri-terien sind im folgenden aufgezählt:

1. Ermüdung: Die zulässige Umfangsgeschwindigkeit (oder die Förderhöhe pro Stufe) sinkt stark mit zunehmender spezifischer Drehzahl (relative Schaufel-breite). Sie hängt zudem von der Laufrad- oder Leitradkonstruktion ab (offene oder geschlossene Laufräder). Bei Schaufelzahlen zLa < 5 ist die Radseiten-wandstärke besonders zu beachten. Nach Tafel 14.1 bis 14.3 kann man die Dauerfestigkeit einer Komponente beurteilen bzw. geeignete Schaufel- und Radseitenwandstärken wählen. Abbildung 14.2 bis 14.6 erlauben eine erste Beurteilung, wie nahe man an der Grenze liegt und ob eine detaillierte Analyse angezeigt ist.

2. Kavitation: Die Beurteilung der Laufräder erfolgt nach Kap. 6.6 u. 6.7. Aber auch das Pumpengehäuse ist nicht gegen Kavitationsschäden gefeit: sie können

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762 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

bei Teillastrezirkulation z.B. an Rippen im Einlauf auftreten oder sich in Form von Anfressungen an der Spiralgehäusezunge oder am Leitradeintritt manife-stieren. Der NPSHA-Wert ist am Laufradaustritt zwar hoch, Gl. (6.9), aber die ungleichförmige Laufradabströmung läßt hohe Übergeschwindigkeiten erwar-ten, die örtlich Dampfblasen erzeugen können. Nach Gl. (T6.1.2) ist dann, we-gen des hohen NPSHA, die Kavitationsintensität bedeutend. Die Gefahr örtli-cher Kavitationsschäden ist also bei der Wahl des Gehäusewerkstoffes durchaus zu bedenken. Deshalb wurden die zulässigen Geschwindigkeiten für Gehäuse in Tafel 14.8 bei allen Gußeisen (GG-25, GGG-40 und GGG NiCr 20-2) relativ niedrig angesetzt. Wegen der Spaltkavitation an offenen Laufrä-dern können diese Gußeisen auch nicht für Einlaufdüsen empfohlen werden – jedenfalls nicht für u1 > 10 m/s. In Tafel 14.7 wurde der relative Kavitationsabtrag bezogen auf den Abtrag von Stahl 1.4317 angegeben. Diese Anhaltswerte wurden berechnet wie in Kap. 6.6.7 für Abb. 6.29; sie gelten nur solange als nicht starke Korrosion hin-zutritt.

3. Wasseranalyse: Verunreinigungen, chemische Agenzien und Sauerstoffgehalt bestimmen die Korrosion. Ohne die Beschaffenheit des zu pumpenden Wassers ausreichend sicher zu kennen, läßt sich daher keine fundierte Werkstoffwahl treffen.

4. Erosionskorrosion begrenzt den Einsatz unlegierter Stähle beim Pumpen von teil- oder vollentsalztem Wasser. Für hochbelastete Pumpen hat sich hier der Stahl 1.4317 fast als Standardwerkstoff eingebürgert. Auch in Meerwasser – insbesondere bei Verunreinigungen mit H2S – bestimmt Erosionskorrosion die Materialwahl weitgehend.

5. Säure- oder Laugenkorrosion: Die Angaben in Kap. 14 betreffen Kreisel-pumpen für Wasser mit unterschiedlichen Eigenschaften. Tabellen über die Beständigkeit verschiedener Werkstoffe in zahlreichen Medien findet man in [B.5, B.8, B.28, 14.14].

6. Abrasion: Der zu erwartende Werkstoffabtrag läßt sich nach Kap. 14.5 beur-teilen. Die relativen Abrasionsraten (bezogen auf 1.4317) dienen für eine erste Beurteilung. Diese Angaben wurden entweder aus Versuchen abgeleitet oder nach Gl. (T14.11.8) abgeschätzt. Sie gelten nur solange nicht starke Korrosion überlagert wird.

7. Temperatur: Tieftemperaturanwendungen (Fluid weit unter 0 °C) verlangen kaltzähe Werkstoffe; bei Temperaturen über 200 °C ist die Warmfestigkeit des Werkstoffes zur Beurteilung heranzuziehen. Beide Themen werden hier nicht vertieft.

8. Schweißbarkeit: Schweißarbeiten zur Reparatur von Gußfehlern oder örtli-cher Abnützung im Betrieb sollten am gewählten Material durchgeführt wer-den können, ohne daß die Korrosionsbeständigkeit in der Schweißstellenum-gebung wesentlich beeinträchtigt wird. (Dabei kann nur in seltenen Fällen auf eine Wärmebehandlung verzichtet werden.) Gute Schweißbarkeit ist für die Wahl des Gehäusematerials ein sehr wichtiges Kriterium.

9. Gießbarkeit: Fehlstellen im Guß, wie Lunker oder Poren, können zu Schäden führen und verteuern die Herstellung, wenn sie z.B. bei der mechanischen Be-

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 763

arbeitung angeschnitten werden oder bei der zerstörungsfreien Werkstoffprü-fung zu Anzeigen führen.

10. Bearbeitbarkeit: mache Sonderwerkstoffe sind schwer zu bearbeiten, was ih-ren Einsatz erschwert und die Herstellung verteuert.

Tafel 14.7 (1) Eigenschaften von Gußeisen und Stahlguß Gußeisen Sphäroguß Ni-Resist Stahlguß

DIN 17006 GG-25 GGG-40 GGG-NiCr 20 2

GS-C25 GP240GH

GX8 CrNi 12

Werkstoff-Nr. 0.6025 0.7040 0.7660 1.0619 1.4107

ASTM A278 30 A536-60-40-18

A439 TypeD2

A216 Gr WCB

A217 Gr CA-15

Unified numbering system UNS F 12401 J 03002 J 91150

C 3,4 3 3 0,21 < 0,1

Cr - - 1-2,5 0,3 11,5-12.5

Ni - - 18-22 - 0,8-1,5

Mo - - - - 0,2-0,5

Cu - - <0.5 - -

Si - - 1,5-3 0,4 < 1

Chemische Zusammensetzung

Mn

%

- - 0,5-1,5 0,5-0,8 < 1

Gefüge Perlit Ferrit Austenit-Karbid

Zwischen-stufe Ferrit

Streckgrenze Rp0,2 N/mm2 - 250 210-250 240 > 500

Zugfestigkeit Rm N/mm2 245 400 370-480 420-600 > 590

Bruchdehnung A % - > 15 7-20 22 > 16

Elastizitätsmodul E N/mm2 1,1×105 1,72×105 1,2×105 2,1×105 2,1×105

Vickershärte HV30 HV 180-240 130-180 140-200 130-270 170-240

Dichte ρmat kg/m3 7300 7100 7400 7800 7700

Spezifische Wärme cp J/kg K 540 460 460

Wärmeausdehnung α 10-6/K 9 12,5 18,7 12,6 10,5

Wärmeleitfähigkeit λ W/m K 48 36 12,6 45 26

Bearbeitbarkeit sehr gut gut gut

Schweißbarkeit kaum begrenzt begrenzt gut bedingt

Sz 10 4 4 4 2 Sicherheitsbeiwerte für Kap. 14.1 Szz 18 10 15 8 5

Kavitationsabtrag 11 5,5 4,1 4,7 1,5

Abrasionsabtrag 1,7 2 1,9 1,8 1,2

Relative Kosten

Relativ im Vergleich zu 1.4317 0,4 0,5 0,5 0,7 1,0

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764 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

11. Kosten: die Angabe der relativen Kosten in Tafel 14.7 erlaubt eine erste Beur-teilung; derartige Angaben sind marktabhängig und bedürfen der Überprüfung im konkreten Anwendungsfall. Als Basis wurden die Kosten von Stahl 1.4317 gewählt, die Ende 2003 im Mittel zu 6,4 Euro/kg angenommen wurden.

Tafel 14.7 (2) Eigenschaften von hochlegiertem Stahlguß Typ Martensit Austenit

DIN 17006 GX4CrNi 13-4

GX4 CrNiMo 16-5-2

GX2 CrNi19-11

GX2 CrNiMo19-

11-2

GX2 CrNiMoNb

17-13-4 Werkstoff-Nr. [N.15] 1.4317 1.4411 1.4309 1.4409 1.4446

ASTM: A743 Grade CA 6MN CB 7Cu2 CF-3 CF-3M

AISI 304L 316L

Unified numbering system UNS: J 91540 J 92500 J 92800

C < 0,06 < 0,06 < 0,03 < 0,03 < 0,03

Cr 12-13,5 15-17 18-20 18-20 16,5-18,5

Ni 3,5-5 4-6 9-12 9-12 12,5-14,5

Mo < 0,7 1,5-2 - 2-2,5 4-4,5

Cu - - - -

N - - < 0,2 < 0,2 0,12-0,22

Chemische Zusammensetzung

Nb

%

- - - -

Gefüge Ferrit - Martensit Austenit

Lochfraßindex PI Gl.(14.8) 14 21 20 25 34

Streckgrenze Rp0,2 N/mm2 > 550 > 540 > 185 > 195 > 210

Zugfestigkeit Rm N/mm2 760-960 760-960 440-640 440-640 440-640

Bruchdehnung A % > 15 > 15 > 30 > 30 > 20

Elastizitätsmodul E N/mm2 2,1×105 2,1×105 1,93×105 1,93×105 1,93×105

Vickershärte HV30 HV 240-300 260-320 130-200 130-200 130-180

Dichte ρmat kg/m3 7700 7800 7880 7900 7900

Spezifische Wärme cp J/kg K 460 460 530 530 530

Wärmeausdehnung α 10-6/K 10,5 11 16,8 15,8 16

Wärmeleitfähigkeit λ W/m K 26 17 15,2 14,5 13,5

Bearbeitbarkeit gut gut gut gut gut

Schweißbarkeit gut gut gut (bei geringem C-Gehalt)

Sz 2 2 2 2 2 Sicherheitsbeiwerte für Kap. 14.1 Szz 5 5 5 5 5

Kavitationsabtrag 1,0 0,8 1,5 1,5 1,5

Abrasionsabtrag 1,0 1,0 1,3 1,3 1,4

Relative Kosten

Relativ im Vergleich zu 1.4317 1,0 1,2 1,1 1,3 1,25

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 765

Tafel 14.7 (3) Eigenschaften von hochlegiertem Stahlguß Typ Duplexstähle Voll-Austenit

DIN 17006 GX2CrNiMoN 22-5-3

GX2CrNiMoCuN 25-6-3-3

GX2CrNiMoN 25-6-3

GX2 NiCrMo28-20-2

GX2NiCr MoCuN 29-25-5

Werkstoff-Nr. [N.15] 1.4470 1.4517 1.4468 1.4458 1.4587

ASTM: A890 Grade: CD3MN 1B 3A

AISI

Unified numbering system UNS: J 92205

C < 0,03 < 0,03 <. 0,03 < 0,03 < 0,03

Cr 21-23 24,5-26.5 24,5-26.5 19-22 24-26

Ni 4,5-6,5 5-7 5,5-7 26-30 28-30

Mo 2,5-3,5 2,5-3,5 2,5-3,5 2-2,5 4-5

Cu - 2,75-3,5 - < 2 2-3

N 0,12-0,2 0,12-0,22 0,12-0,25 < 0,2 0,15-0,25

Chemische Zusammensetzung

%

- - - -

Gefüge Ferrit - Austenit Voll-Austenit

Lochfraßindex PI Gl.(14.8) 34 44 38 35 48

Streckgrenze Rp0,2 N/mm2 > 420 > 480 > 480 > 165 > 220

Zugfestigkeit Rm N/mm2 600-800 650-850 650-850 430-630 > 480

Bruchdehnung A % > 20 > 22 > 22 > 30 > 30

Elastizitätsmodul E N/mm2 2,0×105 2,1×105 2,1×105 1,93×105 1,93×105

Vickershärte HV30 HV 180-250 200-270 200-270 130-200 150-220

Dichte ρmat kg/m3 7700 7700 7700 8000 8000

Spezifische Wärme cp J/kg K 450 450 450 500 500

Wärmeausdehnung α 10-6/K 13 13 13 14,5 14,5

Wärmeleitfähigkeit λ W/m K 18 17 17 16 17

Bearbeitbarkeit mäßig mäßig mäßig mäßig mäßig

Schweißbarkeit gut gut gut gut gut

Sz 2 2 2 2 2 Sicherheitsbeiwerte für Kap. 14.1 Szz 5 5 5 5 5

Kavitationsabtrag 1,1 1,0 1,0 1,5 1,3

Abrasionsabtrag 1,2 1,1 1,1 1,4 1,3

Relative Kosten

Relativ im Vergleich zu 1.4317 1,5 2 1,6 2,3 2,6

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766 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Tafel 14.7 (4) Eigenschaften von hochlegiertem Stahlguß

Duplexstähle Spaltring-material

GX3CrNiMo

WCuN 27-6-3-1

GX3CrNiMoCuN 26-6-3-3

GX4CrNiMoCuN 24-6-5-3

GX120CrMo 29-2

Werkstoff-Nr. nach SEW 410 [N.21] 1.4471 1.4515mod 1.4573 1.4138

ASTM: A890 Grade: 6A CD3MWCuN

C < 0,03 < 0,03 0,04 0,9-1,3

Cr 25,5-28 25-26 22-25 27-30

Ni 5,5-8 6-7,5 4,5-6,5 -

Mo 3-4 3-3,5 4,5-6 2-2,5

Cu 0,8-1,3 1 1,5-2,5 -

N 0,15-0,28 0,17-0,25 0,15-0,25 -

Chemische Zusammensetzung

%

1 W 1 W

Gefüge Ferrit,

Austenit, je 50 %

Ferrit, Austenit

Ferrit, Austenit

Ferrit Carbid

Lochfraßindex PI Gl.(14.8) 45 43 47 -

Streckgrenze Rp0,2 N/mm2 > 480 > 480 > 485 -

Zugfestigkeit Rm N/mm2 650-850 650-850 690-890 -

Bruchdehnung A % > 22 22 > 22 -

Elastizitätsmodul E N/mm2 2,1×105 2,1×105 2,1×105 2,1×105

vergütet Vickershärte HV

geglüht 200-260 200-260 200-320 260-330

Dichte ρmat kg/m3 7700 7800 7800 7700

Spezifische Wärme cp J/kg K 450 450 450 500

Wärmeausdehnung α 10-6/K 13 14 14 9,5

Wärmeleitfähigkeit λ W/m K 17 15 15 19

Bearbeitbarkeit mäßig

Schweißbarkeit gut gut bedingt nein

Kavitationsabtrag 0,9 1,0 0,9 1,0

Abrasionsabtrag 1 1,1 0,9 0,9

Relative Kosten

Relativ im Ver-gleich zu 1.4317 2 2 2

pH > 2,5 > 4 > 2,5 >7 Verwendung

Salzwasser, REA Spaltringe

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 767

Tafel 14.7 (5) Eigenschaften von verschleißbeständigem Gußeisen

GX300CrNiSi 9-5-2

GX300CrMo 15-3

GX300CrMo 27-1

GX150CrNi Mo 40-6

Werkstoff-Nr. 0.9630 0.9635 0.9655 1.4475

DIN 1695

C DIN 1695 2,5-3,5 2,3-3,1 3-3,5

C reduziert 2,4-2,6 1,5-1,8 1,4-1,7

Cr 8-10 14-17 23-28 39,5-42

Ni 4,5-6,5 < 0,7 < 1,2 5-7

Mo < 0,5 1-3 1-2 2-3

Cu - - - < 1,2

N - - - 0,1-0,2

Chemische Zusammensetzung in Prozent

Si 1,5-3,2 0,2-0,8 0,2-1

Gefüge Chromkarbide in Martensit, Perlit, Austenit Ferrit, Auste-nit, Karbide,

je 33 % Lochfraßindex PI Gl.(14.8) - - - 31

Zugfestigkeit Rm N/mm2 500-600 450-1000 450-1000

Bruchdehnung A % - - -

Elastizitätsmodul E N/mm2 1,96×105 1,72×105 1,72×105

vergütet 600-750 700-900 600-800 Vickershärte HV

geglüht naturhart < 400 < 400

Dichte ρmat kg/m3 7700 7700 7600

Wärmeausdehnung α 10-6/K 14,5 13

Wärmeleitfähigkeit λ W/m K 13,8 13,8

Bearbeitbarkeit kaum mit reduziertem C-Gehalt nach Weichglühen gut

Schweißbarkeit Abrasionsabtrag [14.41] 0,08 0,04 0,07 0,1

Relative Kosten

Relativ im Ver-gleich zu 1.4317 1,1 1,1 1,25 1,65

Fluid korrosionsneutral leicht korrosiv

mäßig korrosiv, Gl. (14.9) Verwendung

Feststoff- und Bagger-pumpen

Bauxit-, Erz-, Kohleförderung, stark sand-haltiges Abwasser

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768 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Tafel 14.7 (6) Eigenschaften von Kupfer- und Nickellegierungen

Typ Rotguß Zinn-bronze Inoxida Monel

K500 Hastelloy

C

DIN 17006 G-CuSn 5ZnPb G-CuSn 10 G-CuAl

10Ni NiCu30Al NiMo16Cr15W

Werkstoff-Nr. 2.1096.01 2.1050.01 2.0975.01 2.4374 2.4819

ASTM: B584 C83600

B427 C90700 B148 958 A574

N10276 Unified numbering system UNS: C83600 C90700 C95800 N05500 N10276

Lochfraßindex PI Gl.(14.8) - - - - 70

Cu 84-86 88-90 76 30 Cr 15-17

Ni 2,5 2 4-6,5 Rest 51-64

Al - - 8,5-11 2-4 Mo 15-17

Sn 4-6 9-11 - W 3-4,5

Zn 4-6 - - -

Fe - - 3,5-5,5 0,5-2 4-7

Pb 4-6 - - C < 0,015

Chemische Zusammensetzung

%

Mn 3 Mn 3 Mn 3 Mn 1

Streckgrenze Rp0,2 N/mm2 90 130 270 590 280

Zugfestigkeit Rm N/mm2 220 270 600 600-880 700

Bruchdehnung A % 16 18 12 12 35

Elastizitätsmodul E N/mm2 0,85×105 1,0×105 1,2×105 1,79×105

Vickershärte HV30 HV 60 80 140 170-230

Dichte ρmat kg/m3 8700 8700 7600 8500 8900

Spezifische Wärme cp J/kg K 400 ≈400 ≈525

Wärmeausdehnung α 10-6/K 17 20 ≈17 ≈15

Wärmeleitfähigkeit λ W/m K 58 45 ≈50

Schweißbarkeit sehr gut

Sz 4 4 4 4 2 Sicherheitsbeiwerte fürKap. 14.1 Szz 10 10 10 10 5

Kavitationsabtrag 5 ? 4,5 ? 1 ? 1 ? 1 ?

Abrasionsabtrag 2,5 2,2 1,6 1,3 1,2

Relative Kosten

Relativ im Ver-gleich zu 1.4317

1,7 1,6 2,1 5,9 1,8

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 769

Tafel 14.8 Einsatzgrenzen für Gußwerkstoffe Hzul ≈ 2zulw2,0 bei ψopt ≈ 1

DIN 17006 G

G-2

5

GG

G-4

0

GG

G-N

iCr 2

0 2

GS-

C25

, GP2

40G

H

GX

8CrN

i12

GX

4CrN

i 13-

4

GX

4 C

rNiM

o 16

-5-2

GX

2CrN

i 19-

11

GX

2 C

rNiM

o 19

-11-

2

GX

2 C

rNiM

oNb

17-1

3-4

GX

2CrN

iMoN

22-

5-3

GX

2CrN

iMoC

uN 2

5-6-

3-3

GX

2NiC

r MoC

uN 2

9-25

-5

G-C

uSn

10

NiC

u30A

l

G-C

uAl 1

0Ni

Werkstoff-Nr.

0.60

25

0.70

40

0.76

60

1.06

19

1.41

07

1.43

17

1.44

11

1.43

09

1.44

09

1.44

46

1.44

70

1.45

17

1.45

87

2.10

50.0

1

2.43

74

2.09

75.0

1

Lochfraßindex PI - - - - - 14 21 20 25 34 34 44 48 - - -

Eignung b b b g sg sg sg sg sg sg sg sg sg g sg sg W1 Deck-schichtbil-dend w (m/s) 17 20 20 30 45 70 70 50 50 50 60 60 50 22 50 45

Eignung b b b b sg sg sg sg sg sg sg sg sg g sg sg W2 Roh-wasser, Abwasser w (m/s) 15 17 17 25 45 70 70 50 50 50 60 60 50 22 50 45

Eignung 0 0 0 0 sg sg sg sg sg sg sg sg sg g g g

Lau

frad

, Lei

trad

, Spi

rale

W5 & W6 Deionat w (m/s) 0 0 0 0 45 70 70 50 50 50 60 60 50 22 50 45

Eignung g g g g sg sg sg sg sg sg sg sg sg g sg sg W1 Deck-schichtbil-dend w (m/s) 7 10 12 10 45 70 70 50 50 50 60 60 50 22 50 45

Eignung 0 0 b b sg sg sg sg sg sg sg sg sg sg sg sg W2 Roh-wasser, Abwasser w (m/s) 6 8 10 8 45 70 70 50 50 50 60 60 50 22 50 45

Eignung 0 0 b 0 sg sg sg sg sg sg sg sg sg g g g

Geh

äuse

(au

ßer

Spir

ale)

W5 & W6 Deionat w (m/s) 0 0 10 0 45 70 70 50 50 50 60 60 50 22 50 45

Eignung b b b b g W1 Deck-schichtbil-dend w (m/s) 12 15 15 17 15

Eignung b b b b g W2 Roh-wasser, Abwasser w (m/s) 10 12 12 15 15

Eignung 0 0 0 0 g

Spal

trin

ge

W5 & W6 Deionat w (m/s) 0 0 0 0 15

Eignung: 0 = ungeeignet, nicht empfehlenswert; b = brauchbar; g = gut; sg = sehr gut

w ist die Geschwindigkeit relativ zur Oberfläche (nicht gleich zu setzen mit u2) Vgl. Tabelle 14.4 und Abb. 3.16a

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770 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

14.4.4 Spaltringwerkstoffe

Wie in Kap. 3.6.2 ausgeführt, werden die Spaltdichtungen am Laufrad und an Ent-lastungskolben oder -scheiben mit Radialspaltweiten von wenigen Zehntelmilli-metern ausgeführt, um die Wirkungsgradeinbuße infolge Leckagen bestmöglichst zu begrenzen, Gl. (3.12). Bei Verformungen von Rotor oder Stator und Schwin-gungen (z.B. bei transienten Betriebszuständen) kann es daher leicht zum Anstrei-fen zwischen Rotor und Stator kommen; Abnützung (Spaltaufweitung und Wir-kungsgradeinbuße) aber auch Totalschaden durch Verschweißen von Rotor und Stator können als Folgen solchen Anstreifens auftreten. Die Wahl geeigneter Werkstoffpaarungen an den Spaltdichtungen ist somit eine entscheidende Voraus-setzung für die Betriebssicherheit einer Pumpe.

Bei großen Umfangsgeschwindigkeiten und Druckdifferenzen über die Spalt-dichtung müssen die Spaltringe aber auch resistent gegen Erosionskorrosion sein. Viele Werkstoffe mit guten Notlaufeigenschaften (wie Graugußsorten) werden bei hohen Geschwindigkeiten infolge Erosionskorrosion abgenutzt und sind somit nur sehr begrenzt als Spaltringwerkstoffe verwendbar. Die Anforderungen an diese Materialien sind also:

1. Geringe Neigung zum Anfressen und Verschweißen beim Anstreifen des Ro-tors bzw. gute Notlaufeigenschaften bilden das wichtigste Kriterium für die Wahl von Rotor- und Statormaterial. Oft wird eine Differenz der Vickers- oder Brinellhärten von Rotor und Stator von mindestens 50 HV (BHN) verlangt, um die Freßneigung zu reduzieren.

2. Geringer Metallabtrag infolge Korrosion oder Erosionskorrosion, um Spaltauf-weitung sowie Einbuße an Wirkungsgrad und Rotordämpfung zu begrenzen.

3. Das Spaltringmaterial muß mindestens so edel sein wie Gehäuse- und Lauf-radwerkstoff, um galvanische Korrosion zu vermeiden.

4. Sofern abrasive Feststoffe im Fördermedium mitgeführt werden, müssen die Spaltringe aus abrasionsfesten Werkstoffen gefertigt werden, da die Spalte ei-nem sehr hohen Verschleiß ausgesetzt sind.

In Tafel 14.9 werden Kombinationen von Spaltringwerkstoffen aufgeführt. Die ungefähre Förderhöhengrenze Hmax gilt für Laufräder als Förderhöhe pro Stufe im Bestpunkt. Sie wurde berechnet für ψopt ≈ 1. Für Entlastungskolben oder -scheibe ist Hmax als die gesamte Förderhöhe der Pumpe zu betrachten.

Das Risiko von Anstreifen und Erosionskorrosion steigt mit der Umfangsge-schwindigkeit. Während sich für Pumpen mit niedrigen Förderhöhen leicht geeig-nete Werkstoffe finden lassen, sind preisgünstige Materialien, die obige Anforde-rungen in idealer Weise erfüllen, bis jetzt für große Förderhöhen nicht bekannt. Je nach Pumpenhersteller begegnet man daher einer Vielzahl von Materialkombinati-onen, von denen einige diskutiert seien:

• Wenn Grauguß gegenüber dem geförderten Medium korrosionsbeständig ist, eignen sich Graugußsorten wegen ihrer guten Notlaufeigenschaften (bedingt durch den Graphitanteil im Gefüge) sehr gut als Spaltringmaterial.

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 771

• In kaltem und heißem Wasser bzw. Deionat (W1, W2, W5, W6) sind martensi-tische Chromstähle mit 12 bis 30 % Chrom verwendbar; Beispiele sind X20Cr13, X22Cr17 gegossen oder geschmiedet. Der stationäre Ring wird vor-zugsweise höher vergütet als Laufrad oder Laufring; mitunter wird er auch o-berflächengehärtet z.B. durch Weichnitrieren, oder er wird hartverchromt. Auch wenn Rotor und Stator mit unterschiedlichen Härten und Werkstoffnuan-cen ausgeführt werden, ist die Freßneigung erheblich, falls große Anpreßkräfte entstehen.

• Der Kunststoff PEEK (Polyetherketon, kohlefaserverstärkt) ist als stationärer Spaltring sehr geeignet. PEEK ist beständig in Wässern nach Spezifikation W1 bis W6, und es besteht keine Freßgefahr beim Anstreifen mit metallischen Laufrädern oder -ringen. Zwei Sorten werden verwendet: PEEK mit Kurzfasern ist einsetzbar bis 20 bar Differenzdruck im Bereich von -30 bis 135 °C; PEEK mit langen, gewundenen Fasern ist verwendbar bis zu 35 bar Differenzdruck im Bereich von -30 bis 230 °C. Wenn die Büchse oder der Ring entsprechend ab-gestützt wird, kann PEEK auch bis 140 bar eingesetzt werden, [N.7].

• Trotz Freßneigung werden austenitische Stähle vom Typ 1.4409 in Vertikal-pumpen für Meerwasser verwendet, wegen ihres großen Widerstandes gegen Erosionskorrosion [14.19]. (In Vertikalpumpen sind die Anpreßkräfte zwischen Rotor und Stator bei Berührung in der Regel niedrig.)

• In Meerwasser werden auch Duplex-Ringe und austenitische Stähle kombiniert. • Zinnbronzen, Aluminiumbronzen und Nickel-Aluminiumbronzen werden als

Spaltringe wegen ihrer geringen Freßneigung in Meerwasser eingesetzt; die Geschwindigkeit ist aber nach Tafel 14.4 zu begrenzen, s.a. Abb. 14.9. Diese Spaltringwerkstoffe werden sowohl mit Kupferlegierungen als auch austeniti-schen Stählen kombiniert, [14.19].

• Die Ni-Resistsorten (z.B. 0.7660) sind trotz ihrer geringen Freßneigung für den Einsatz in Meerwasser nicht als Spaltring geeignet, da der Metallverlust infolge Erosionskorrosion zu hoch ist, Abb. 14.9, [14.19].

• Martensitische/ferritische Stähle sind in Meerwasser nicht einsetzbar (Erosi-onskorrosion).

• Monel-Spaltringe sind in Meerwasser nicht mit Duplex, Austeniten oder Voll-Austeniten zu kombinieren wegen galvanischer Korrosion.

• Stellite bilden eine Familie von Kobaltbasislegierungen, Colmonoy sind Nik-kelbasislegierungen. Beide Werkstoffe weisen große Härte und relativ geringe Freßneigung auf; in Meerwasser besteht u.U. die Gefahr galvanischer Korrosi-on. Dennoch werden diese Werkstoffe in Meerwasser eingesetzt, [14.19].

• Gespritzte Hartschichten, z.B. aus Wolframkarbid, werden mitunter verwendet, um die Freßneigung zu verringern und/oder den Widerstand gegen Abrasion durch Feststoffe zu erhöhen. Derartige Schichten sollten im Fertigzustand min-destens 0,8 mm dick sein, [N.7]. Zum gleichen Zweck werden auch auftragsge-schweißte Schichten, z.B. aus Stellit, eingesetzt.

• In REA-Pumpen werden Ringe aus SiSiC (reaktionsgebundenes Siliziumkar-bid) eingesetzt, [13.30].

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772 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Tafel 14.9 Spaltringwerkstoffe

Rotormaterial Statormaterial Medium Hmax (m)

Bemerkungen

GG-30, GGG-40 100 GGG-40, GGG-NiCr 20-2 120

GX120CrMo 29-2 (1.4138) wnt salzbadnitriert

W1, W2 begrenzt

durch Hstufe

GG-30, GGG-40 Kohlen-wasser-stoffe

200

alle (soweit im Me-dium beständig)

G-CuSn 12 2.1052.03

W1-W3, W5, W6 80

Statormaterial mit guten Not-laufeigenschaften; Ge-schwindigkeit begrenzt we-gen Erosionskorrosion

X20Cr 13 (1.4021) HV > 250 GX120CrMo 29-2 (1.4138) wnt salzbadnitriert X22Cr17 (1.4057) evtl. weichnitriert

Ferrit/Martensit, Austenit, Duplex, Stellit, Colmonoy,

Stellit, Colmonoy

W1, W2, W5, W6

begrenzt durch Hstufe

auch für Entlastungskolben Härtedifferenz zwischen Sta-tor und Rotor möglichst hoch, mindestens HV50

alle (soweit im Me-dium beständig) PEEK W1-W6

35 bar 140 bar

maßgebend ist die Druckdif-ferenz über den Spalt

X5CrNiMo 18-10 (1.4401) X8CrNiMo 27-5 (1.4460) Stellit, Colmonoy

alle (soweit im Me-dium beständig)

Waukesha 88

W3 W2 W1

begrenzt durch Hstufe

auch einsetzbar in W5, W6 aber ungebräuchlich

X2CrNiMoCuN 25-6-3-3 (1.4517) GX2NiCr MoCuN 29-25-5 (1.4587) alle (soweit im Me-

dium beständig) Hastelloy C NiMo16Cr15W (2.4819)

W4 begrenzt

durch Hstufe

beständig in W1-W6

NiCu30Al (2.4374) Monel K500

400 Alle Bronzen

G-CuAl 10 Ni (2.0975.03)

W3 150

beständig in W1, W2, W5, W6 Laufrad (Rotor) nicht aus Duplex oder Austenit

Laufrad: Hmax gilt bei ψopt ≈ 1; Entlastungskolben: Hmax = Htotal, Pumpe W1 Deckschichtbildend W2 Rohwasser, Abwasser

W3 Meerwasser ohne H2S W4 Meerwasser mit H2S

W5 Teilentsalztes Wasser W6 Deionat

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 773

• Waukesha 88 ist eine Nickelbasislegierung mit 12Cr, 4Sn, 1 Mn, 3Mo, 2Fe, 4Bi; es hat geringe Freßneigung und großen Widerstand gegen Erosionskorro-sion in Meerwasser, [14.19].

• Bei abrasiven Medien werden Ringe aus Wolframkarbid verwendet, Kap. 14.5.

Mitunter spezifiziert der Pumpenbetreiber, daß auf dem Laufrad im Bereich des Dichtspaltes Ringe aufzusetzen sind. Diese sind dann z.B. aus Stellit, Colmonoy oder Waukesha 88.

14.4.5 Werkstoffe für mediumsberührte Wellen

Da die mechanische Dimensionierung von Wellen und deren Fertigung in diesem Buch nicht behandelt werden, seien nur einige Hinweise zur Materialwahl bezüg-lich Korrosion mitgeteilt. Wichtige Anforderungen an Wellenwerkstoffe sind:

• Ausreichende Bruchdehnung, A > 18 % (besser 20 %), damit die Welle mög-lichst kerbunempfindlich ist (Vermeidung von Dauerbrüchen). Bei hochbelaste-ten Wellen ist A > 25 % zu empfehlen.

• Gute Dauerfestigkeit im anlagenspezifischen Wasser (Wasseranalyse !) • Gute Formstabilität bei der Herstellung und im Betrieb • Hohe Streckgrenze bei hochbelasteten Wellen • Korrosionsbeständig gegen das Fördermedium – es sei denn, die Welle werde

durch Hülsen und Dichtungen vollständig und zuverlässig gegen die Flüssigkeit abgeschirmt.

In Tafel 14.10 sind einige gebräuchliche Werkstoffe für mediumsberührte Wellen zusammengestellt. Die ungefähren Einsatzgrenzen für die Förderhöhen beziehen sich primär auf die Korrosion; für die Dimensionierung der Wellen von mehrstu-figen Pumpen sind Stufenzahl und Drehmoment zu betrachten.

Häufig wurde Monel K-500 (2.4374) als Wellenwerkstoff für Meerwasserpum-pen propagiert. Da die Wöhler-Kurve von diesem Material bei hohen Lastwech-selzahlen nicht abflacht, wird 2.4374 hier nicht empfohlen. Durch die Entwick-lung der Duplex-Stähle darf der Einsatz von 2.4374 für Wellen − nicht zuletzt aus Kostengründen − als überholt angesehen werden.

14.4.6 Werkstoffe für Speisewasser- und Kondensatpumpen

Wie in Kap. 14.3 besprochen, können wegen Erosionskorrosion weder Gußei-sensorten noch unlegierte Stähle für Pumpen zum Fördern von Speisewasser oder Kondensat im Bereich hoher Geschwindigkeiten eingesetzt werden.

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774 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Tafel 14.10 Werkstoffe für mediumsberührte Wellen Förderhöhe pro Stufe

Fördermedium Eignung Hopt < 300 m Hopt > 300 m

gut Ck45 (1.1191) 42CrMo4 (1.7225) W1 Deckschicht-bildend sehr gut X20Cr 13 (1.4021)

gut Ck45 (1.1191) 42CrMo4 (1.7225)

sehr gut X5CrNiMo18-10 (1.4401) X20Cr 13 (1.4021) W2 Rohwasser, Abwasser

Duplex X2CrNiMoN 22-5-3 (1.4462)

gut X5CrNiMo18-10 (1.4401) W3 Meerwasser ohne H2S sehr gut Duplex X2CrNiMoN 22-5-3 (1.4462)

gut Super-Duplex X2CrNiMoCuN 25-6-3-3 (1.4515) W4 Meerwasser mit H2S sehr gut X2CrNiMnMoN Nb (1.3974) W5 Teilentsalztes Wasser gut X20Cr 13 (1.4021)

gut X20Cr 13 (1.4021)

gut X22CrNi 17 (1.4057)

sehr gut X4CrNi 13-4 (1.4313) W6 Deionat

gut Duplex X2CrNiMoN 22-5-3 (1.4462)

Gebräuchliche Werkstoff-Typen sind: Gehäuse: In den Eintritts- und Austrittsgehäusen von Segmentpumpen (Abb. 2.5) sowie in Topfgehäusen (Abb. 2.6) herrschen mäßige Geschwindigkeiten bis zu 10-15 m/s. Hier können (je nach Wasserchemie) niedrig legierte Stähle eingesetzt werden; für geschmiedete Gehäuse z.B. 10CrMo 9-10 (1.7380) und für gegossene Gehäuse z.B. GS17CrMoV 5-11 (1.7706). Laufräder, Leiträder, Spiral- und Stufengehäuse: wegen der hohen Geschwin-digkeiten sind hier nur hochlegierte, martensitische Stähle einzusetzen: GX7CrNiMo 12-1 (1.4008) bis etwa 400 m Förderhöhe pro Stufe, darüber GX4CrNi 13-4 (1.4317). Daneben wird z.B. auch GX7CrNiMoNb 15-5 (ASTM A747 CB 7Cu-1 (17-4 pH) verwendet. Sauglaufräder: bei Pumpen mit Wassertemperaturen über 140 °C gelten die glei-chen Werkstoffe und Einsatzgrenzen wie für Laufräder, wobei die Blasenfeldlänge zu begrenzen ist, um Kavitationsschäden zu vermeiden.

Bei Sauglaufrädern für Kondensatpumpen mit Wassertemperaturen unter 50 °C sind hingegen die Umfangsgeschwindigkeiten am Laufradeintritt auf etwa u1 = 27 m/s zu begrenzen, wenn diese Pumpen mit niedrigen NPSHA-Werten be-trieben werden. Dies ist notwendig, um Kavitationsschäden zu vermeiden. Wie in Kap. 6 besprochen, ist die hydrodynamische Kavitationsintensität bei kaltem, ent-gastem Wasser sehr hoch. Bei den üblichen Kavitationsbeiwerten von σA = 0,18 bis 0,25 entstehen zudem große Dampfvolumina am Laufradeintritt. Je höher u1 und je tiefer σA, desto höher ist das Risiko von Kavitationserosion. Werkstoffsei-tig kann man dieser Gefahr begrenzt entgegentreten, indem Werkstoffe mit höhe-

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14.4 Materialwahl und zulässige Geschwindigkeiten 775

rer Festigkeit wie GX4CrNi 13-4 (1.4317) oder GX7CrNiMoNb 15-5 (17-4 pH) in Vergütungsstufe 2 (Rm bis etwa 1200 N/mm2) eingesetzt werden. Auch GX4CrNiMo 16-5-2 oder Sonderwerkstoffe wie 17Cr 9Co 6Mn (Kap. 6.6.7) kön-nen in Betracht gezogen werden. Diese Werkstoffe können auch verwendet wer-den, um der Kavitationsgefahr von Saugrädern bei hoher Temperatur zu begegnen.

Bei Wassertemperaturen oberhalb etwa 250 °C - z.B. Kesselumwälzpumpen - geht die Gefahr von Erosionskorrosion und Kavitationserosion zurück, so daß dann u.U. weniger resistente Werkstoffe gewählt werden können.

14.4.7 Werkstoffe für REA-Pumpen

Wasser in Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA) ist in der Regel sehr korrosiv infolge hoher Chloridkonzentrationen und stark abrasiv infolge hohen Feststoffge-haltes; er beträgt 10 bis 60 Massenprozent, meist als CaCO3 (Kalkstein) und Ca-SO4 (Gips). Etwa 60 % der Teilchen haben Korngrößen bis 50 µm, 40 % bis 200 µm (maximal 300 µm). Meist wird Kalkstein als Absorptionsmittel verwendet, was starken abrasiven Verschleiß bedeutet. Wird hingegen Kalkhydrat Ca(OH)2 eingesetzt, ist das Medium weit weniger abrasiv, [14.30].

Die Wasserbeschaffenheit kann in weiten Grenzen schwanken; typische Berei-che sind: pH = 3 bis 8, Chloridgehalt: 5000 bis 80’000 ppm, Temperatur 40 bis 65 °C (Daten nach [14.30-14.33]). Die hohen Chloridgehalte bedeuten einen starken Korrosionsangriff, der mit abnehmendem pH-Wert und zunehmender Temperatur gemäß Gl. (14.9) und Abb. 14.15 wächst. Bereits Fluoridkonzentrationen von 10 ppm verstärken den Korrosionsangriff in chloridhaltigen Wässern wesentlich, [14.31]. Bromid- und Jod-Ionen sind ebenfalls sehr aggressiv; eine genaue Was-seranalyse ist daher Voraussetzung für die richtige Materialwahl.

Wegen der starken Abrasion werden die verlangten Standzeiten (16'000 bis 24'000 h) mit austenitischen Stählen nicht erreicht. Andererseits sind Werkstoffe mit hohem Kohlenstoffgehalt, wie er für guten Abrasionswiderstand notwendig wäre, bei pH < 4 nicht genügend korrosionsbeständig. Für pH > 2,5 sind Super-Duplexstähle mit einem Lochfraßindex PI > 42 einzusetzen (sofern nicht Mineral-guß oder Elastomere gewählt werden). Bei allen Duplexstählen ist eine spezielle, der Legierung angepaßte Wärmebehandlung entscheidend für den Korrosionswi-derstand. Ziel der Wärmebehandlung ist dabei, Ausscheidungen im Gefüge zu vermeiden, was durch Schliffbilder (1000 : 1) nachzuweisen ist. Randaufkohlung in der Gußhaut ist ebenfalls unzulässig; gerade in der mediumsbenetzten Randzo-ne ist C < 0,03 % einzuhalten.

Unterhalb von pH = 2,5 erleiden diese Stähle Säure- (Flächen-) -korrosion. Für pH > 4 kommen auch Werkstoffe nach Tafel 14.7 (6) in Frage, die wegen ihrer großen Härte besseren Widerstand gegen Abrasion bieten. Das Risiko von Korro-sionsschäden ist dabei aber anhand der genauen Wasseranalyse sorgfältig zu beur-teilen. Wird die Einsatzgrenze, pH = 4, indessen bei der Inbetriebsetzung oder bei Störfällen unterschritten, erleiden derartige Werkstoffe rasch gravierenden Ver-schleiß, weil die ferritische Matrix selektiv herausgelöst wird und die Abrasion dann an den entstehenden Mulden angreift.

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776 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Die Werkstoffe mit hohen Kohlenstoffgehalten sind empfindlich gegen Lokal-korrosion; sie sind zudem schwierig zu bearbeiten. Diese Werkstoffe sind wegen ihrer geringen Zähigkeit für Gehäuse nicht zu empfehlen. Die unterschiedlichen Gefügeanteile sind empfindlich gegenüber selektiver Korrosion (an Gehäusen aus 1.4464 traten im Betrieb Risse auf), [13.21], [14.31].

Laufrad, Gehäuse und Schleißwände werden bei Ganzmetallpumpen meist aus demselben Material gefertigt. Daneben werden aber auch Kunststoffe („Elastome-re“) oder Gummierungen verwendet, die häufig (aber nicht alle Qualitäten) gegen Korrosion weitgehend immun sind und bei den vorliegenden kleinen Korngrößen auch hohen Abrasionswiderstand aufweisen. Problematisch wird der Einsatz die-ser Materialien, wenn grobe Fremdkörper in die Pumpe gelangen, die diese Werk-stoffe zerfetzen können; Wasseraufnahme und Quellen des Materials sowie Alte-rung und Temperaturbeständigkeit sind ebenfalls zu beachten, [14.37-14.38].

14.5 Hydroabrasiver Verschleiß

14.5.1 Einflußparameter

Unter hydroabrasivem Verschleiß (im folgenden kurz „Abrasion“) versteht man einen Werkstoffabtrag durch in der Flüssigkeit mitgeführte Feststoffpartikel. Häu-fig handelt es sich um Sand in geringer Konzentration, der ungewollt mit dem Fördermedium in die Pumpe gelangt (Brunnen-, Fluß- oder Gletscherwasser, Erd-ölförderung). Bei der hydraulischen Feststofförderung (Kap. 13.4) oder in Rauch-gasentschwefelungsanlagen werden hingegen große Mengen an Feststoffen in ho-her Konzentration gepumpt, die starke Abrasion verursachen.

Abrasion erzeugt häufig ein muldenförmiges Verschleißbild, dessen charakteri-stisches Aussehen aus Abb. 14.16 deutlich wird.

Die wellige Struktur der angegriffenen Oberfläche entsteht durch Wirbel, die sich bereits an kleinsten Unebenheiten bilden – man denke an die Wirkung von Rauheiten auf den Druckverlust, die nach Kap. 1 eine Art Formwiderstand bilden. In sich so bildenden Wirbeln werden die Partikel infolge Zentrifugalkraft an die Werkstückoberfläche gedrückt und verursachen so den Verschleiß. Der Abtrag ist daher im Bereich A am stärksten, wodurch die Kante K durch den Wirbel auf der Leeseite scharf geschliffen wird, Abb. 14.17 [14.54].1

Jedes Partikel, das beim Durchströmen der Pumpe ein Bauteil berührt, trägt zum Verschleiß bei. Ein Korn kann auf eine Struktur – z.B. auf eine Schaufelein-trittskante – aufprallen und dabei eine stoßartigen Belastung (ähnlich einer Blasen-implosion) bewirken, oder es kann entlang der Wand gleiten und durch Wechsel-wirkung mit Unebenheiten und Rauheitserhebungen einen Abtrag durch Reibung hervorrufen.

Je nach Strömungsform sind daher unterschiedliche Abrasionsmechanismen zu erwarten. Das gleiche gilt für den Einfluß der Korngröße: in einer Baggerpumpe,

1 Das Modell geht zurück auf Ackeret und de Haller.

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 777

Abb. 14.16. Abrasionsverschleiß am Laufradeintritt

K A Abb. 14.17. Entstehung des wellenförmigen Verschleißbildes

die Grobkies („Steine“ mit 50 mm Durchmesser) fördert, werden Laufrad und Ge-häuse durch Stöße belastet, während in einer Pumpe, die eine Kalksteinsuspension von 50 µm Korngröße fördert, ein polierendes Schmirgeln auftritt. Während feine Kalksteinpartikel den Fluidstromlinien weitgehend folgen, verfolgt Grobkies eher seine eigenen Strombahnen. Die Abrasion wird so bestimmt durch die Bewegung der Feststoffpartikel in Wandnähe; Strömungsvorgänge und Materialverhalten sind damit fast so komplex wie bei der Kavitationserosion. Allgemeingültige Me-thoden zur Vorausberechnung des Verschleißes in einer Pumpe lassen sich daher nicht angeben, man kann nur grobe Abschätzungen aufgrund von Erfahrungen oder Versuchen vornehmen. Zunächst seien aber die verschiedenen Parameter be-sprochen, die den Abrasionsverschleiß in einer Pumpe bestimmen.

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778 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Feststoffkonzentration: Der Werkstoffabtrag, bzw. die Erosionsrate ER, steigt mit der Anzahl der Feststoffpartikel, die die Wand berühren und deren kinetischer Energie – also deren Masse. In Experimenten fand man daher häufig, daß der Ab-trag etwa proportional zur Feststoffkonzentration cs steigt. Je nach Strömungsform kann es aber zu einer Abflachung der Abtragsrate ER = f(cs) kommen, wenn sich die Partikel gegenseitig behindern. Die Feststoffkonzentration kann als Sand- (oder Solids) -gehalt cs in kg Sand/m3 Wasser, als Massenkonzentration x oder Volumenkonzentration cv gemäß Tafel 13.5 definiert werden. Der Feststoffgehalt wird auch in ppm angegeben (1ppm Solids entspricht cs = 0.001 kg/m3 = 1g /m3). Für die Umrechnung der verschiedenen Konzentrationen dient Gl. (T14.11.1). Strömungsgeschwindigkeit: Je höher die Geschwindigkeit desto mehr Partikel erreichen bei gegebener Konzentration die Wand eines Bauteiles. Die kinetische Energie eines Partikels steigt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit w. Folglich steigt die Abtragsrate infolge Abrasion theoretisch mit w3. Viele Experimente be-stätigen die Relation ER ∝ w3 recht gut; es wurden aber auch Exponenten zwi-schen 0,9 und 5 gefunden. Dieser Befund hat seine Ursache möglicherweise auch in versuchstechnischen Schwierigkeiten ähnlicher Art wie in Kap. 6.6.7 beschrie-ben. Strömungsform: Die lokale Geschwindigkeitsverteilung am Bauteil, wie sie durch Anströmwinkel, Arbeitsübertragung, Sekundärströmungen, Ablösung oder Teillastrückströmung gegeben ist, bestimmt sowohl die örtliche Feststoffvertei-lung in Wandnähe als auch die kinetische Energie, mit der die Partikel die Wand berühren. Diese - nicht quantifizierbaren - Vorgänge sind oft für die Abrasion weit mehr maßgebend als die mittlere Geschwindigkeit. Wirbel: Lokale Ablösungen, z.B. an einer Bohrung für die Gehäuseentlüftung, Wirbelzöpfe, Eckenwirbel zwischen Schaufel und Radscheibe und Strömungsum-lenkungen, die stets mit Wirbeln verbunden sind, sind sehr abrasiv, weil sie hohe örtliche Geschwindigkeiten in Wandnähe erzeugen und infolge der Zentrifugal-wirkung des rotierenden Fluids Feststoffpartikel an die Struktur transportieren. Turbulenz bewirkt einen Transport von Fluid senkrecht zur Hauptströmungsrich-tung und somit auch einen Feststofftransport in Richtung zur Wand hin. Der Mate-rialverlust steigt somit mit dem Turbulenzgrad und der Reynolds-Zahl. Dabei spielt auch die „Beweglichkeit“ der Partikel eine Rolle, die sich durch die Sinkge-schwindigkeit nach Tafel 13.5 charakterisieren läßt. Eine Suspension feiner Parti-kel in zähem Öl wird weniger Abrasion verursachen als in Wasser. Aufprallwinkel: bei senkrechtem Aufprall eines feststoffbeladenen Fluidstrahles auf eine Struktur erreichen nahezu alle Partikel die Wand mit voller Geschwindig-keit und werden somit verschleißwirksam. In einer Strömung parallel zur Oberflä-che ist die Geschwindigkeit in der Grenzschicht hingegen niedriger als in der Hauptströmung. Rechnet man mit der nominellen, mittleren Geschwindigkeit im Kanal, wird folglich die Verschleißwirkung überbewertet. Auch wird die Fest-stoffkonzentration in der Grenzschicht von der mittleren Konzentration infolge Schwer-, Zentrifugal- oder Corioliskräften nach oben oder unten abweichen.

Die Abrasion durch einen unter dem Winkel ε auf eine Wand gerichteten Strahl ist daher in der Regel höher als bei Parallelströmung mit ε = 0. Bei einem spröden Werkstoff steigt der Abtrag kontinuierlich bis zu einem Maximum bei ε = 90°; bei

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 779

duktilen metallischen Werkstoffen liegt das Verschleißmaximum dagegen bei et-wa ε = 30° und bei Elastomeren in der Gegend von 15°. Korngröße: die kinetische Energie, mit der ein Partikel die Wand bei gegebener Geschwindigkeit berührt, steigt mit der Masse des Kornes. Im Prinzip steigt der Verschleiß daher mit der Korngröße ds (aber nicht alle Versuche zeigen dieses Verhalten).

In der Regel umfassen die Korngrößen ein Spektrum, das durch die mittlere Korngröße ds charakterisiert wird, für die diverse Definitionen verwendet werden, z.B.: ds ist der Wert, bei dem sich entweder je 50 % der Feststoffmasse oder je 50 % des Feststoffvolumens unterhalb bzw. oberhalb dieses Medianwertes befin-den. Kornhärte, Kornform: Je härter das Abrasivum desto höher ist naturgemäß der Abtrag. Scharfkantige Körner verursachen (bei sonst gleichen Bedingungen) einen stärkeren Abtrag als runde. Auch verhalten sich kantige Körner wegen ihrer höhe-ren Widerstandsbeiwerte strömungstechnisch anders als kugelförmige (Kap. 13.4). Korrosion und Kavitation können den Materialabtrag bei Abrasion verstärken. Treten Abrasion und Korrosion (oder Kavitation) gleichzeitig auf, wird die Werk-stoffwahl schwierig, weil Stähle großer Härte (wegen des erforderlichen hohen Kohlenstoffgehaltes) häufig nicht ausreichend korrosionsbeständig sind. Materialeigenschaften: der Abrasionsabtrag sinkt grundsätzlich mit zunehmen-der Oberflächenhärte HMat des Materials. Dabei spielt auch das Werkstoffgefüge eine Rolle. Ähnlich wie bei der Kavitationserosion (Kap. 6.6.7) ist das Material bei der Abrasion einer Unzahl kleiner Einzellasten ausgesetzt. Eine einzelne dieser Lasten führt zu keiner sichtbaren Werkstoffschädigung, sondern erst die Summe der Lasten bewirkt eine Werkstoffzerstörung. Je nach dem Verhältnis der Härten von Abrasivum Hs zur Materialhärte HMat und je nach Intensität der Beanspru-chung (Geschwindigkeit und Korngröße) ergeben sich verschiedene Schadensme-chanismen: z.B. örtliche plastische Verformung beim Aufprall von grobem Kies auf die Laufschaufeleintrittskante oder schmirgelnde Wechselwirkung zwischen feinkörniger Suspension mit Unebenheiten der Wand. Grundsätzlich ist anzuneh-men, daß Schadensmechanismus und Abtragsrate abhängen von dem Verhältnis der pro Zeit- und Flächeneinheit eingebrachten kinetischen Energie zur Härte ΣEkin/HMat sowie vom Verhältnis Hs/HMat (Abrasivum zu Material).

14.5.2 Quantitative Verschleißabschätzung

14.5.2.1 Entwicklung eines Modells

Die obige Diskussion der Einflußparameter macht deutlich, daß eine genaue quan-titative Erfassung aller verschleißrelevanten Strömungs-, Material- und Feststoff-eigenschaften nicht möglich ist. Selbst für einfache Geometrien bleibt eine Vor-aussage des hydroabrasiven Abtrages mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Für eine quantitative Beurteilung der Werkstoffwahl werden dennoch Methoden für eine grobe Abschätzung benötigt.

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780 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Für den hydroabrasiven Verschleiß geht man gemeinhin davon aus, daß die Be-anspruchung des abgetragenen Materials proportional ist zur Anzahl zw der Parti-kel, die das Material treffen, und zu deren kinetischer Energie. Die „hydroabrasive Intensität“ ist demnach bei kugelförmigen Partikeln:

½ ρs wmix2 π ds

3/6 zw (14.10)

Wird an der benetzten Fläche Ab die Schicht ∆E in der Zeit ∆t abgetragen, wird am Werkstoff die Verformungsarbeit VE Rx geleistet; dabei ist VE = Ab ∆E das ab-getragene Volumen und Rx ein Werkstoffwiderstand (Zugfestigkeit, Härte, Dauer-festigkeit o.ä.). Die (Oberflächen-) Härte ist ein Maß für den Widerstand, den ein Material einer Berührung entgegensetzt, weshalb VE HMat angesetzt sei. Zudem wird auch der Feststoff beschädigt, so daß an ihm analog eine Verformungsarbeit Es geleistet wird. Je weicher der Feststoff im Vergleich zum Werkstück ist, desto größer ist die Energie Es, die am Feststoff absorbiert wird: Es =f(HMat/Hs). Die Energiebilanz der Abrasion ergibt sich damit zu:

½ ρs wmix2 π ds

3/6 zw ∆t = VE HMat + Es(HMat/Hs) (14.11)

Die Anzahl kugelförmiger Partikel z ergibt sich aus der Feststoffbeladung bzw. deren Volumenstrom Qs zu: z = 6 Qs/(π ds

3) = 6 cs Q/(ρs π ds3), weil Qs = cs Q/ρs

ist (Q = Fluidstrom). In Wandnähe in einer Fluidschicht der Dicke δ strömen zw/z = U δ /A Partikel, wenn dort die gleiche Partikelkonzentration wie in der Hauptströmung angenommen wird. Nehmen wir schließlich an, daß die am Wand-austausch wirksame Fluidschicht δ proportional zur Korngröße ds sei, ergibt sich nach einigen Umformungen folgende Proportionalität für den Abrasionsvorgang:

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎭⎬⎫

⎩⎨⎧

+⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

ρ+

s

Mat

s

sMat

3mixss

a,R

HHf1c1H

wdcE (14.12)

Entsprechend Gl. (14.12) steigt die Abrasion mit der dritten Potenz der Transport- (Gemisch-) Geschwindigkeit wmix, und sie ist proportional zur Korngröße sowie umgekehrt proportional zur Härte. Bei kleiner Feststoffkonzentration (cs << ρs) steigt der Metallverlust in etwa linear mit der Konzentration; dieser Anstieg schwächt sich mit zunehmender Konzentration ab infolge des Terms (1 + cs / ρs) in Nenner von Gl. (14.12). Der Abtrag sinkt zudem mit steigendem Verhältnis HMat/Hs - d.h. je weicher das Abrasivum im Vergleich zum Bauteil ist. Gleichung (14.12) enthält keine geometrischen Parameter wie z.B. das Verhältnis zwischen benetzter Fläche und Durchflußquerschnitt; bei homogener Gemischverteilung fal-len derartige Parameter heraus: die Wahrscheinlichkeit, daß ein Partikel die Wand trifft, hängt zwar von Geschwindigkeits- und Konzentrationsverteilung sowie der Turbulenz ab. Diese Parameter werden durch die Geometrie bestimmt, lassen sich aber nicht auf einfache Weise aus ihr ableiten.

Wie oben ausgeführt, ist der Abrasionsvorgang wegen der großen Anzahl strö-mungs- und materialtechnischer Parameter viel zu komplex als daß er mit einem einfachen Modell erfaßt werden könnte; Gl. (14.12) bildet aber eine Grundlage für

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 781

die Korrelation von Versuchsdaten. Hierzu wurde Gl. (T14.11.2) in Tafel 14.11 mit verschiedenen empirischen Faktoren ausgestattet, die im folgenden bespro-chen werden.

Da der abrasive Verschleiß in Dichtspalten von Pumpen bezüglich der Wir-kungsgradeinbuße bei Spielerweiterung bedeutsam ist, wurde er in verschiedenen Veröffentlichungen behandelt, [14.43-48], [14.39]. Zudem bieten sich Spalte für Versuche an, weil Geometrie und Strömungsformen scheinbar einfach sind.

Aus den Versuchsreihen an Dichtspalten und Bohrungen in [14.39] lassen sich Korrelationen für den Abrasionsabtrag ableiten, die anschließend für Abschätzun-gen an anderen Bauteilen verallgemeinert werden sollen. Die Versuche von Kieß-ling, [14.39], erfolgten unter folgenden Bedingungen:

• Geometrie: Innendurchmesser des Stators: D = 26 mm, Spaltlänge L = 20 mm, Spaltweite s = 0,2 bis 0,65 mm. Daraus ergeben sich folgende Verhältnisse: s/R = 0,16 bis 0,053; L/dh = 15 bis 50 (dh = 2 s). In Pumpen liegt s/R eher bei s/R = 0,002 bis 0,004.

• Versuche mit Bohrungen von 3 bis 6 mm Durchmesser (Länge 20 mm). • Feststoffkonzentration bis x = 0,12; Korndurchmesser ds = 0,016 bis 0,19 mm. • Am Stator war der Abtrag im Mittel etwa 40 % geringer als am Rotor, der sich

zudem am Eintritt stärker abnutzte als gegen den Austritt hin (einlaufbedingte Wirbel). Bei den Versuchen in [14.43-44] mit (vermutlich) s/R = 0,004 bis 0,006 war der Abtrag am Stator bedeutend stärker als am Rotor, der mit einer Spritzschicht geschützt war und daher wenig Verschleiß aufwies. Die Ver-suchsbedingungen in [14.43] waren sehr verschieden von denen bei Kießling, da mit kleinen Axialgeschwindigkeiten cax << u gearbeitet wurde, während Kießling seine Versuche vorwiegend mit cax ≥ u fuhr.

• Im Spalt herrscht gemäß Kap. 3.6.2 und Gl. (T3.7.10) die mittlere Umfangs-komponente wu = ½ ω r. Mit dieser Geschwindigkeit wurden die Versuche aus-gewertet (Tafel 14.11)1.

• Auf ein Partikel, das eine Umfangskomponente wu hat, wirken Zentrifugal- und Corioliskraft gemäß Gl. (5.6). Bei wu = ½ ω r wird die Rossby-Zahl Ro = ¼. Die Teilchen werden also primär zum Rotor abgelenkt. Das könnte den erhöh-ten Abtrag bei Kießlings Versuchen erklären. Bei den Versuchen in [14.43] blieben die Partikel wegen cax << u länger im Spalt, was ggf. eine zellulare Wirbelstruktur fördert, die den Feststoff nach außen transportiert (Taylor-Wirbel, Kap. 3.6.2). Feststoffverteilung und damit Verschleiß reagieren emp-findlich auf die Strömung, und es ist daher schwierig, repräsentative Versuche zu fahren. Bei der Entwicklung der Korrelationen in Tafel 14.11 wurde daher darauf verzichtet, spezifische Einzelheiten der Messungen zu erfassen, die sich auf Pumpen nicht übertragen lassen.

• Über die geometrischen Toleranzen der Versuchskomponenten liegen keine Angaben vor; sie bilden bei Versuchen an Spalten eine wesentliche Unsicher-heit. Dazu kommen Effekte wie Scharfkantigkeit am Spalteintritt sowie Abnüt-zung während des Versuches: bei verschleißresistenten Werkstoffen gering, bei

1 Kießling verwendete als Umfangskomponente wu = ω r

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782 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

hohen Abtragsraten erheblich. Streuungen in den Werkstoffeigenschaften und Meßunsicherheiten bei kleinem Abtrag (große Materialhärte) tragen weiter da-zu bei, daß die Unsicherheiten derartiger Messungen naturgemäß bei 20 bis 30 % zu vermuten sein dürften. Dies ist bei der Beurteilung der unten gezeigten Auswertungen zu beachten.

Abbildung 14.18 zeigt einen Teil der verwendeten Meßdaten, die an Ringspalten und Bohrungen gewonnen wurden. Die eingezeichnete Gerade entspricht ERa ∝ w3. Die Streuung ist bedingt durch geometrische Variationen und versuchs-technische Gegebenheiten. Insbesondere stieg der Abtrag stark mit zunehmendem Bohrungsdurchmesser (d = 3 bis 6 mm, L/d = 3,3 bis 6,7); wie weit dies ein Effekt der Einlaufströmung ist, läßt sich nicht quantifizieren. Bei der Auswertung wurde der Einfluß des Bohrungsdurchmessers daher nicht berücksichtigt.

1

10

100

1000

10000

1 10 100w [m/s]

ER

a [m

m/a

]

RotorStatorBohrung

Abb. 14.18. Abrasionsabtrag in Ringspalt; ds = 83 µm, x = 0,06, cs = 64 kg/m3; Versuche an Ringspalt: Rotor und Stator aus X105CrCoMo 18-2, HMat = 700 HV; Versuche an Boh-rungen: mit Duplex HMat = 212

14.5.2.2 Verschleißberechnung

Tafel 14.11 liefert eine Methode für die Abschätzung des hydroabrasiven Ver-schleißes; sie beruht auf folgenden Annahmen:

• Maßgebend ist grundsätzlich die Gemischgeschwindigkeit, die bei geringer Feststoffbeladung cs gleich der Fluidgeschwindigkeit gesetzt werden kann.

• Geometrie: Die verschiedenen Geometrien und Strömungsformen werden durch Formfaktoren FForm erfaßt; einige dieser Faktoren wurden aufgrund von Beobachtungen geschätzt. Falschanströmung, Rezirkulation und Wirbel lassen einen sehr breiten Bereich dieser Faktoren erwarten.

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 783

Tafel 14.11 Abschätzung des Metallabtrags durch Abrasion Feststoffgehalt cs in kg/m3

ρ = Fluiddichte ρs = Feststoffdichte s

v

vs c1

cx1

xc ρ−

=ρ−

= s

sc

cx+ρ

= 14.11.1

3

fRe

mix

ss

äq,sHsKFKGMatForma,R w

wc1

cFFFFFE ⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

ρ+= Metallabtrags-

rate in mm/a wRef = 10 m/s. Gültig für cs < 150 kg/m3

14.11.2

Geometrie FForm relevante Geschwindigkeit Laufraddichtspalt, Ent-lastungskolben 3-5

Dichtspalte Zwischenstufendichtung 4-6

22

ax 2uc w ⎟⎠

⎞⎜⎝

⎛+= 14.11.3

Radseitenraum 3-5 w ≈ ½ u2 14.11.4 Eintrittskante 10-30Eckenwirbel 10-20Laufradeintritt Fläche 6

21u1

21m1 )c(uc w −+= 14.11.5

Laufradaustritt Druckfläche 10-20 u22u2 cu w −= 14.11.6

Leitradeintritt Spiralzunge

Eintrittskante Ecken-wirbel 10-30

3

u2 2u3 d

cdc = 14.11.7

Bohrung oder Kanal [14.39] 3,3 w = Qmix/A Strahl 90° auf Struktur [14.39] 68 Geschwindigkeit an Strahlmündung Rotierende Scheibe in Verschleißtopf 0,03 w = u2 Äquivalente Feststoffkon-zentration cs,äq

∑ ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛=

Quarz

ssäq,s H

Hcc Die Anteile einer Feststoffmischung werden entsprechend ihrer Härte ge-wichtet. HQuarz = 1150 HV

14.11.8

Korngröße Ref

sKG d

dF = dRef = 1 mm; für ds < 0,75 s (s = Spaltweite)

14.11.9

Kornform FKF = 1 für gemahlenen Quarzsand; runde Körner FKF = 0,6 Kornhärte FHs = 1 für Quarzsand; FHs = 0,017 bis 0,05 für Kalkstein

Duktile Metalle (A > 5 % ?) Mat

RefMat H

HLn3,11F += 14.11.10

Spalt Boh-rung

063,0HH14,0F

Mat

RefMat −= 14.11.11 Stellit 20

HMat = 670 HV Ferro-Titanit HMat = 535 bis 1150 HV Strahl 22,0

HH54,0F

Mat

RefMat −= 14.11.12

HMat FMat Material HV Bohrung Orthogonalstrahl

GX250CrMo15-3 876 0,25 0,6 Hartmetall 82,5 WC 1380 0,004 0,01 (geschätzt) Siliziumkarbid SiC 1500 0,0035 (geschätzt) 0,008 Wolframkarbid WC 0,0012 0,003 (geschätzt)

Materialhärte HMat HRef = 700 HV Umrechnung: HV ≈ 12 HRc HV ≈ 0,29 Rm HV ≈ HB

WC-CoCr Spritzschichten 0,006-0,04

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784 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

1

10

100

1000

10000

1 10 100 1000 10000ERa,Messung [mm/a]

ER

a,R

echn

ung

[mm

/a]

RotorStatorRotor (Parameter)Bohrungen

Abb. 14.19. Vergleich der Meßdaten mit Berechnung nach Tafel 14.11; Rotor/Stator: X105CrCoMo 18-2, HMat = 700; Bohrung in Duplex HMat = 212

• Dichtspalte: Die Faktoren FForm für Dichtspalte stammen aus Versuchen. Die Messungen in [14.39] ergaben für den Rotor FForm = 7,4 und für den Stator FForm = 4,4. Im allgemeinen wird man jedoch Stator und Rotor mit dem Mittel-wert FForm = 5,9 auswerten, da unklar ist, wieweit die Unterschiede zwischen Rotor und Stator durch die spezielle Versuchsanordnung in [14.39] bedingt sind. Die Feststoffbeaufschlagung des saugseitigen Laufraddichtspaltes ist we-gen der Zentrifugalkräfte im Radseitenraum kleiner als in der Zwischenstufen-dichtung, weshalb in Tafel 14.11 unterschiedliche Formfaktoren angenommen wurden.

• Für die Radseitenräume wurde gegenüber Dichtspalten ein Abschlag von 20 bis 40 % angenommen, weil die Schubspannungen hier geringer sein dürften. Auch ist die Feststoffbeladung hier eventuell etwas kleiner als im Laufrad, wenn ein Teil der Partikel durch Zentrifugalkräfte nach außen transportiert wird.

• Für Laufrad- oder Leitradeintrittskanten ist anzunehmen, daß immer einige Partikel auf die Kante prallen; die Verhältnisse beim Orthogonalstrahl können hier für die Beurteilung herangezogen werden.

• Abrasionsmessungen an rotierenden Scheiben ergaben FForm = 0,03, wenn die Umfangsgeschwindigkeit u2 in die Verschleißberechnung eingesetzt wird. Die Verhältnisse sind hier unübersichtlich, weil nicht bekannt ist, wie stark das Gemisch im Verschleißtopf rotiert, und weil die örtliche Geschwindigkeit an der Scheibe mit dem Radius variiert.

• Maßgebliche Geschwindigkeiten: Die für verschiedene Geometrien relevan-ten Geschwindigkeiten sind in Tafel 14.11 definiert: Im Spalt herrscht die mitt-lere Umfangsgeschwindigkeit cu = ½ usp = ½ ω rsp; der mittlere Geschwindig-keitsvektor berechnet sich demzufolge aus Gl. (T14.11.3). Im Radseitenraum

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 785

ist die Relativgeschwindigkeit in erster Näherung w = cu = ½ u2; die genaue Be-rechnung cu(r) erfolgt nach Kap. 9.1. Für den Laufradeintritt ist w1, Gl. (T14.11.5), für den –austritt ist w2, Gl. (T14.11.6), und für den Leitrad- oder Spiraleintritt ist c3, Gl. (T14.11.7), maßgebend.

• Feststoffkonzentration: Gemäß experimentellem Befund ist für Feststoffkon-zentrationen bis etwa cv = 0,05 oder x = 0,1 anzunehmen, daß der Abtrag pro-portional zum Feststoffgehalt steigt. Bei höherer Beladung flacht ER = f(cs) vermutlich ab. Für Feststoffpumpen mit x > 0,1 liefert die Schätzung des Ab-trages nach Tafel 14.11 vermutlich zu hohe Abtragsraten. Man kann sich z.B. dadurch behelfen, daß man den Abtrag für x = 0,1 berechnet, auch wenn die spezifizierte Feststoffkonzentration höher ist; der so bestimmte Wert kann dann als untere Grenze betrachtet werden. Dies aber nur bezüglich des Einflusses der Konzentration.

• Typische Sandgehalte: Brunnenwasser bis 0,3 ppm; Erdölquellen 6 bis 600 ppm (Spitzen 3000 ppm); Gletscherwasser 500 ppm (Spitzen 2500 ppm).

• Die Feststoffhärte Hs wird durch einen Faktor FHs und eine äquivalente Kon-zentration cs,äq erfaßt, Gl. (T14.11.8). Da der Metallabtrag etwa proportional zur Materialhärte des Bauteiles ist, werden bei der Bestimmung von cs,äq die Antei-le eines Feststoffgemisches mit ihren Härten entsprechend einem linearen Ver-halten gewichtet, wobei mit Quarzsand normiert wird, da die Korrelationen in Tafel 14.11 aus Versuchen mit Quarzsand abgeleitet wurden. Ist nur Quarzsand vorhanden, gilt cs,äq = cs. Besteht das Fördergut z.B. nur aus Kalkstein, wäre cs,äq = 250/1150cs, wenn die Härte von Kalkstein zu 250 HV angenommen wird. Die Berechnung mit cs,äq ist indessen nur abgesichert, wenn Quarz oder Festsstoffe mit ähnlich hoher Härte in der Feststoffbeladung überwiegen. Ist z.B. nur Kalkstein vorhanden, ergibt die Berechnung mit cs,äq zu hohe Abtrags-raten, wie aus dem Vergleich mit Messungen in [14.54] abzuleiten ist: Die Ver-suche in [14.54] ergaben unter sonst gleichen Bedingungen bei Kalkstein nur etwa 1/50 bis 1/60 des Abtrages bei Quarz. Aus den Daten in [14.47] folgt ein Verhältnis von 1/20 bis 1/60, je nach Intensität des Angriffs. Deshalb wurde in Tafel 14.11 noch ein Faktor FHs eingeführt. Die Versuche aus [14.54] lassen sich durch FHs = 0,017 korrelieren; sie ordnen sich dann mit akzeptabler Streu-ung in Abb. 14.23 ein.

• Die Angaben über die Feststoffhärte (wie die Feststoffe selbst) weisen eine er-hebliche Bandbreite auf: für Quarz 1100 bis 1450 HV, Kalkstein 100 bis 150 HV in [14.54] dagegen 200 bis 300 HV in [14.40].Weitere Stoffe: Feldspat 600 bis 800 HV; Brauneisen: 270 bis 490 HV; Koksgrus: 580 bis 640 HV; Glas 580 bis 640 HV; Flint: 930 bis 1040 HV; Granat: 1260 bis 1560 HV; Korund: 1800 bis 2140 HV, [14.54]. Die Härte von Mineralien wird manchmal nach der Mohs’schen Härteskala spezifiziert. Mohshärten MH lassen sich nach folgender Beziehung in Vickershärten HV umrechnen: HV = (MH/0,7)3.

• Korngröße: Der Einfluß der Korngröße ds wird durch den Faktor FKG nach Gl. (T14.11.9) erfaßt. Bei kleinen Korngrößen steigt der Abtrag proportional zu ds. Der Verlauf über einen großen Bereich von ds ist unsicher, da widersprüchli-che Messungen vorliegen. Bei Spalten ist die Proportionalität nur anzunehmen, solange die Korngröße genügend unter der Spaltweite liegt. Wenn sich Partikel

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786 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

im Spalt verklemmen, steigt der Verschleiß markant (nach [14.40] um den Fak-tor 10). In [6.21, Bild 7.7] finden sich Messungen, nach denen der Abtrag im Bereich von 0,6 bis 3,4 mm etwa proportional zum Korndurchmesser ds war.

• Kornform: Die Versuche in [14.39] erfolgten mit gemahlenem Quarzsand, der folglich als scharfkantig anzunehmen ist. Runde Sandkörner, wie sie in natürli-chen Gewässern zu vermuten sind, wirken weniger abrasiv als scharfe Körner. Bei Versuchen in [14.54] betrug die Abminderung des Verschleißes etwa 60 %. Die Übertragbarkeit dieses Befundes ist aber schwer zu beurteilen. Weiche, brüchige Körner wie Kalkstein oder Koks nutzen sich vermutlich rasch ab, auch wenn sie anfangs scharfkantig waren (z.B. aus einem Brecher kommend). Gemäß Versuchen in [14.55] stieg der relative Abtrag (bezogen auf runde Kör-ner) nach der Beziehung: 1 + 2,1(ζ/ζrund -1), wenn ζ der Widerstandsbeiwert des betrachteten Kornes und ζrund der Widerstandsbeiwert einer Kugel (gleichen Durchmessers) gemäß Gl. (T13.5.6) ist.

• Materialfaktoren: Die Reaktion des Materials auf die Beanspruchung hängt von der hydroabrasiven Intensität ab. Die Materialfaktoren sind daher nicht als universelle Größen zu betrachten, Kap. 14.5.3.

Der Vergleich zwischen berechneten und gemessenen Abtragsraten in Abb. 14.19 und Abb. 14.23 zeigt, daß die Abschätzung von Abtragsraten gemäß Tafel 14.11 eine Hilfe bei der Materialwahl sein kann. Wegen der vielfältigen Einflußparame-ter, die sich nur unzureichend quantifizieren lassen, ist bei derartigen Berechnun-gen mit einer Streuung von mindestens ± 50 % zu rechnen.

14.5.3 Materialverhalten und Feststoffeinfluß

Die Materialfaktoren wurden bestimmt aus den Meßdaten in [14.46]; dort finden sich Messungen an Bohrungen und mit einem Orthogonalstrahl, die recht unter-schiedliches Verhalten zeigen: wie erwähnt ist die Materialreaktion auf die Abra-sion keine universelle Größe; sie hängt vielmehr vom Verhältnis der hydroabrasi-ven Beanspruchung zum Abrasionswiderstand ab (ähnlich wie das bei der Kavitation der Fall ist, Kap. 6.6.7). Dies wird aus Abb. 14.20 deutlich: der auf den Abtrag bei 1.4528 (HMat = 700 N/mm2) bezogene Abtrag anderer Werkstoffe hängt von den Versuchsbedingungen (also der hydroabrasiven Intensität) ab. Um den Materialeinfluß für die Vorausberechnung an Pumpen zu bestimmen, müssen folg-lich geeignete Mittelwerte gefunden werden. Dazu wurden die Daten für die Ver-suche mit Bohrung bzw. Orthogonalstrahl getrennt gemittelt und als FMat über der Härte aufgetragen. Nach Gl. (14.13) ist FMat definiert als Verhältnis der Abtragsra-ten zweier Werkstoffe bei gleichen Versuchsbedingungen, wobei die Referenzhär-te HMat = 700 HV aufgrund der vorhandenen Versuche gewählt wurde (diese Wahl ist an sich willkürlich):

700HbeiAbtragxHmitxMaterialvonAbtragF

Mat

MatMat =

=≡ (14.13)

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 787

[14.46]

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

0 1 2 3 4 5 6 7 8Hs/HMat [-]

rela

tiver

Abt

rag

[-]

B 40 m/sB 30 m/sB 20 m/sS 40 m/sS 30 m/sS 20 m/s

Abb. 14.20. Relativer Abrasionsabtrag als Funktion der Härte; B = Bohrung, S = Strahl

In Abb. 14.21 sind die so gemittelten Materialfaktoren aufgetragen. Für duktile Werkstoffe läßt sich hieraus eine sinnvolle Korrelation ermitteln, die sowohl für den Orthogonalstrahl wie für die Bohrung näherungsweise angewendet werden kann. Sie ist als Gl. (T14.11.10) in Tafel 14.11 aufgeführt und in Abb. 14.21 ein-gezeichnet. Anders liegen die Verhältnisse bei den Hartwerkstoffen, die im Strahl und in der Bohrung recht unterschiedliche Faktoren FMat ergeben. In Tafel 14.11 wurden beide Korrelation aufgenommen: aus den Versuchen mit der Bohrung er-gibt sich Gl. (T14.11.11), aus den Strahlversuchen folgt Gl. (T14.11.12).

Aus Abb. 14.21 resultiert ein im wesentlichen linearer Zusammenhang zwi-schen Abtrag und Härte1 (vgl. Ableitung von Gl. (14.12)).

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

0 1 2 3 4 5HRef /HMat [-]

FMat

[-]

Strahl

Korrelation

Bohrung

Abb. 14.21. Bestimmung der Materialfaktoren

1 Beim Vergleich mit [14.39, 46] ist zu beachten, daß sich eine lineare Funktion im doppelt

logarithmischen Diagramm als stark gekrümmte Kurve abbildet.

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788 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Versuche mit einer rotierenden Scheibe im Sand/Wassergemisch (ds ≈ 1 mm, x = 0,5, u2 ≈ 9 m/s) ergaben bei starker versuchstechnisch bedingter Streuung ebenfalls einen etwa linearen Zusammenhang, [14.41, 42, 49], Abb. 14.22. Für die Bestimmung von Materialeinflüssen sind derartige Einrichtungen daher brauchbar.

Mit den ermittelten Materialfaktoren wurden die verfügbaren Meßdaten gemäß Tafel 14.11 nachgerechnet und mit den Versuchsdaten verglichen, Abb. 14.23.

Abbildung 14.23 enthält auch Ergebnisse aus Versuchen in [14.54] mit einem rotierenden Rohrstück bei folgenden Versuchsbedingungen: u = 8 m/s, Mischung 1 Volumenanteil Feststoff auf 6 Anteile Wasser; Neckarsand (rund) ds < 5 mm, Quarzsand gebrochen (kantig) ds = 0,2-1,5 mm, Koksgrus (kantig) ds < 5 mm,

0.0

1.0

2.0

3.0

4.0

5.0

0 1 2 3 4 5HRef /HMat [-]

rela

tiver

Abt

rag

[-]

Bohrung [14.46]

Scheibe [14.42, 49]

Strahl [14.46]

Abb. 14.22. Relativer Abtrag als Funktion der Härte in verschiedenen Versuchsapparaten

1

10

100

1000

10000

100000

1000000

1 10 100 1000 10000 100000 1000000ERa,Messung [mm/a]

ER

a,R

echn

ung

[mm

/a]

20 m/s30 m/s40 m/sStrahl 20 m/sStrahl 30 m/sStrahl 40 m/sLit. [14.50]Lit. [14.54]-RohrLit. [14.54]-Topf

Abb. 14.23. Vergleich der Messungen mit unterschiedlichen Werkstoffen und Versuchsein-richtungen mit der Berechnung nach Tafel 14.11. Versuche aus [14.50] mit Beschichtungen im Spalt.

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 789

Stahl St 37 (190HV) und Stahl St70H (785HV). Wie für den Ringspalt wurde der Formfaktor FForm = 5,9 verwendet. Mit dieser Annahme lassen sich die Versuche gut durch die Rechnung nach Tafel 14.11 wiedergeben. Dieser Vergleich ist be-züglich der absoluten Abtragsraten mit Unsicherheiten1 behaftet. Interessant ist indessen der Vergleich innerhalb der Meßreihe, da er Aufschluß über den Einfluß von Feststoffhärte und Kornform liefert und auch die Wahl der Materialfaktoren bestätigt.

Versuche aus [14.54] mit einem Verschleißtopf mit rotierenden Stiften wurden ebenfalls gemäß Tafel 14.11 nachgerechnet; Versuchsbedingungen: u = 6,4 m/s, Mischung 1 Volumenanteil Feststoff auf 1 Anteil Wasser, verschiedene Feststoffe, Korngrößen und Stähle. Da die rotierenden Stifte senkrecht angeströmt werden, bietet sich der Formfaktor FForm = 68 des Orthogonalstrahles für die Auswertung an. Bis auf 2 Meßpunkte mit St60H und Flint bzw. Glas ordnen sich die Daten recht gut in Abb. 14.23 ein.

Für die große Gruppe duktiler metallischer Werkstoffe geben die Materialfakto-ren nach Gl. (14.11.10) einen brauchbaren Anhaltspunkt. Schwieriger ist die Beur-teilung von Hartwerkstoffen und Beschichtungen, bei denen die gemessene Härte allein nicht unbedingt aussagekräftig ist, weil der Abrasionswiderstand durch Kar-bidanteile im Gefüge verbessert werden kann, ohne daß sich dies in der gemesse-nen Härte äußert. Dennoch kann Gl. (14.11.11 u. 12) auch in diesen Fällen für ei-ne erste Beurteilung dienen, wie aus Abb. 14.23 hervorgeht, die auch Messungen an Beschichtungen aus [14.50] enthält. Die Daten aus [14.50] werden durch Gl. (T14.11.12) besser beschrieben als durch Gl. (T14.11.11). Die Streuung dieser Meßdaten ist allerdings größer als bei duktilen Werkstoffen. Bei Hartstoffen und Beschichtungen arbeitet man besser mit gemessenen Werten von FMat; in Ta-fel 14.11 sind die verfügbaren Meßdaten aufgeführt. Wie ersichtlich, sind diese Faktoren stark abhängig von der hydroabrasiven Intensität, also der Versuchsein-richtung, Geschwindigkeit, Korngröße und Feststoffkonzentration.

Bei Spritzschichten und Wolframkarbid hängt der Verschleiß stark vom Auf-prallwinkel ε ab. In Dichtspalten darf man ε = 0 ansetzen.

14.5.4 Materialwahl

Aufgrund von Tafel 14.11 läßt sich bei spezifiziertem Feststoffgehalt beurteilen, ob normale Werkstoffe eingesetzt werden können oder Maßnahmen zum Ver-schleißschutz notwendig werden, um die verlangten Betriebszeiten zu erreichen.

Bei Hochdruckpumpen führt bereits ein Sandgehalt von 5 ppm zu unzulässigem Abrasionsabtrag an Dichtspalten (besonders am Entlastungskolben), wenn Du-plex-Stähle oder andere nichtrostende Stähle eingesetzt werden. Auch Dichtspalte aus Stellit erreichen dann die gewünschten Standzeiten nicht. In solchen Fällen kommen Spritzschichten oder Teile aus Wolfram- oder Siliziumkarbid in Betracht.

1 Unsicher sind die mittleren Korngrößen, die teils nur als „< 5 mm“ angegeben werden.

Zudem ist die Angabe Volumenverhältnis Wasser zu Feststoff = 6: 1 nicht eindeutig (Schüttvolumen oder Nettovolumen des Feststoffes).

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790 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

Teile aus SiC oder WC sollten mit einem Metallbinder hergestellt werden, um eine genügende Duktilität zu erzielen; denn vollkeramische Teile sind wegen ihrer Sprödigkeit extrem empfindlich gegenüber schlagartiger Beanspruchung. Aber auch metallgebundene Karbide erfordern eine überlegte Konstruktion, um die Tei-le vor Überlastung infolge aufgeprägter (thermischer oder lastinduzierter) Verfor-mung zu schützen. SiC hat sich nach [13.30] als Spaltring in REA-Pumpen be-währt. WC wurde mit Erfolg in Injektionspumpen eingesetzt, [14.25].

Spritzschichten werden nach herstellerspezifischen Rezepturen und Verfahren hergestellt, die in ihren Einzelheiten meist nicht veröffentlicht werden. Nach Un-tersuchungen in [14.50] haben sich mittels Hochgeschwindigkeitsflammspritzen aufgebrachte Schichten aus Wolframkarbiden in Chrom-Kobalt-Matrix aus der Reihe gemessener Materialien am besten bewährt; die Härten lagen dabei im Be-reich von 1100 bis 1300 HV. In [14.25] wurden Beschichtungen dieser Art in In-jektionspumpen eingesetzt, wobei sich die Standzeit gegenüber Stellit 12 um den Faktor 13 erhöhen ließ. Problematisch beim Beschichten ist die Zugänglichkeit der Teile (z.B. Laufradkanäle oder enge Spiralgehäuse); bei Dichtspalten ist nach dem Beschichten eine teure mechanische Nachbearbeitung notwendig.

Spritzschichten müssen hinsichtlich ihrer Dicke optimiert werden. An sich sind Schichtdicken von mindestens 0,8 mm anzustreben, [N.7]; die Schichthaftung verdient indes höchste Aufmerksamkeit, da es beim Abblättern zum Verschweißen von Rotor und Stator kommen kann, wenn sich Teile der Beschichtung in Dicht-spalten verklemmen. Um der Schichtablösung vorzubeugen, muß die Beschich-tung genügend duktil sein. Auch ist hinsichtlich Korngröße eine obere Grenze zu vermuten, die erreicht wird, wenn die kinetische Energie einzelner Partikel so groß wird, daß das Grundmaterial sich beim Aufprall verformt. Da die Schichten oft porös sind oder das Grundmaterial nicht vollständig gegen Benetzung schüt-zen, muß das Grundmaterial im spezifizierten Medium gegen Lokalkorrosion be-ständig sein. Der Kavitationswiderstand von Beschichtungen ist häufig schlechter als bei Stahl 1.4317.1

Auftragsschweißen (z.B. von Stellit), Borieren, Nitrieren und andere Arten von Oberflächenhärten dienen ebenfalls zur Erhöhung des Abrasionswiderstandes. Der mittels Auftragsschweißen erzielbare Gewinn an Abrasionswiderstand ist nach [14.50] mäßig; Risse, Poren und Bauteilverzug bilden weitere Klippen, die es zu überwinden gilt. Borierte Stähle und Nickelbasislegierungen verhielten sich in den Versuchen in [14.50] gut; die Teile müssen nicht nachbearbeitet werden, neigen aber zu Verzug. Schichten aus Al2O3+20ZrO2 haben sich in [14.50] nicht bewährt, weil zu spröde. Nach [14.53] haben sich auch durch Hartverchromen aufgebrachte Schichten wegen ihrer Sprödigkeit nicht bewährt.

Für Feststoffpumpen werden auch gummierte Laufräder und Gehäuse sowie Kunststoffkomponenten, z.B. aus Polyuretan, eingesetzt. Die Qualität (insbeson-dere die Shorehärte) ist entsprechend dem Fördergut zu wählen. Je größer die Feststoffpartikel, desto mehr elastische Verformungsarbeit muß der Kunststoff aufnehmen und desto höher ist seine Zermürbung. Gummierungen oder Kunst-

1 Entwicklungsanstrengungen, diesen zu verbessern, wurden unternommen, aber Einzelhei-

ten nicht publiziert.

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 791

stoffteile werden daher nur für kleine Korngrößen eingesetzt (bis maximal 1 bis 2 mm). Bei Korngrößen unter ds < 1 mm weisen Elastomere wegen ihrer Elastizität den höchsten Verschleißwiderstand auf.

Für Pumpen zum Fördern grober Feststoffe eignen sich die verschleißbeständi-gen legierten Gußeisen nach DIN 1695, wenn das Fluid nicht (oder nur leicht) kor-rosiv wirkt. Tafel 14.7 (6) liefert die Eigenschaften einiger dieser Gußwerkstoffe, die für Laufräder und Gehäuse eingesetzt werden können. Während sich die „na-turharten“ Werkstoffe (Handelsname „NiHard“) kaum bearbeiten lassen, gibt es Sorten mit geringerem Kohlenstoffgehalt (als in DIN 1695), die sich nach Weich-glühen gut bearbeiten lassen und erst nach der mechanischen Bearbeitung auf Här-ten bis zu HV1000 vergütet werden, [14.41].

14.5.5 Abrasionsverschleiß in Feststoffpumpen

Wegen des hohen hydroabrasiven Verschleißes müssen die Geschwindigkeiten in Feststoffpumpen begrenzt werden. Hierzu kann man versuchen, den Metallabtrag für einen gegebenen Anwendungsfall gemäß Tafel 14.11 abzuschätzen. Mit einer solchen Berechnung lassen sich indessen nur grobe Anhaltspunkte gewinnen, weil der Abrasionsverschleiß in Pumpen örtlich sehr stark variiert: der höchste Werk-stoffabtrag erfolgt meist an den Laufschaufeleintrittskanten, in den Ecken zwi-schen Schaufeln und Radscheiben (besonders bei Falschanströmung), am Schau-felaustritt auf der Druckfläche und an der Spiralgehäusezunge.

In [13.39] werden Empfehlungen für die maximale Umfangsgeschwindigkeit als Funktion von Korngröße und Gemischdichte gegeben. Gemäß Gl. (T14.11.2) gilt ER,a ∝ ds cs w3. Für eine als zulässig betrachtete Abtragsrate ist folglich w ∝ (ds cs)1/3. Aufgrund dieser Proportionalität läßt sich eine Beziehung für die maximal zu empfehlende Umfangsgeschwindigkeit u2 angeben, die sinngemäß in etwa den Beanspruchungsklassen in [13.39] entspricht, aber die Vorteile einer kontinuierlichen Funktion aufweist, Gl. (14.14):

⎪⎭

⎪⎬⎫

⎪⎩

⎪⎨⎧

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

−−=

33,0

fRe

sfRe,22 d

d)x1(

x44,01uu mit dRef = 1 mm (14.14)

Für metallische Werkstoffe ist u2,Ref = 47 m/s, für Gummi u2,Ref = 31 m/s zu setzen. Im Druckstutzen werden Geschwindigkeiten von cd = (0,21 bis 0,28) u2 empfoh-len.

Konstruktive und betriebliche Besonderheiten von Pumpen, die starkem hydro-abrasivem Verschleiß unterliegen, [14.33 u. 36]:

• Spaltdichtung als Schrägspalt ausführen, Abb. 3.12. Die Spaltweite sollte ohne Öffnen der Pumpe nachstellbar sein. Winkelspalte führen infolge Umlenkungen zu starken Auskolkungen und sind daher zu vermeiden. (Die in Abb. 13.15 ge-zeigte Baggerpumpe vermeidet den Dichtspalt.)

• Hilfsschaufeln auf den Trag- und/oder Deckscheiben der Laufräder halten den Radseitenraum frei von großen Fremdkörpern und entlasten die Wellendich-

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792 14 Werkstoffwahl für hohe Geschwindigkeiten

tung. Andererseits erzeugen sie starke Verwirbelung und höheren Verschleiß als glatte Radscheiben; man sollte daher bei harten Feststoffen in hoher Kon-zentration auf Hilfsschaufeln eher verzichten.

• Welle „trocken“ ausführen, d.h. durch Büchsen und Dichtungen von der Berüh-rung mit dem Fördermedium freihalten.

• Gehäusebohrungen für Entleerung oder Entlüftung erzeugen Wirbel und ent-sprechenden Verschleiß; sie sollten daher vermieden werden.

• Die Laufräder sollten räumlich gekrümmte, in den Saugmund vorgezogene Schaufeln mit verdickten Eintrittsprofilen aufweisen, die unempfindlich gegen den Anströmwinkel sind (z.B. elliptische Profile). Ablösungen und Überge-schwindigkeiten infolge schlechter Strömungsführung führen zu erhöhtem ört-lichem Verschleiß und sind daher durch sorgfältige hydraulische Auslegung zu vermeiden, s.a. Kap. 13.4. Zylinder- und Kreisbogenschaufeln sind daher für Feststoffpumpen ungeeignet.

• Große Ausrundungsradien zwischen Schaufeln und Radscheiben, um die abra-sive Wirkung der Eckenwirbel zu verringern. Diese Forderung gilt sowohl für den Laufradeintritt als den -austritt.

• Die glatten Flächen von Laufrad, Leitrad und Gehäuse erleiden weniger Abra-sion als die Dichtspalte. Die Laufschaufeln verschleißen am Austritt infolge der Schaufelumströmung auf der Druckfläche, Abb. 14.24 (s. hierzu Stromlinien in Abb. 3.4). Eine geringe Schaufelbelastung gegen den Austritt ist daher zu emp-fehlen. Mitunter ist der Verschleiß auf der Druckfläche an der Tragscheibe grö-ßer als an der Deckscheibe, wo gemäß Abb. 5.9 und 5.10 eine Zone mit redu-zierter Geschwindigkeit liegt. Wenn sich starke Wirbel bilden, kann es aber auch umgekehrt sein.

Abb. 14.24. Sandabrasion am Austritt eines doppelflutigen Laufrades

• Schaufelzahl nicht über zLa = 5 wählen, um den Effekt der Eintrittsversperrung durch verdickte Profile gering zu halten.

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14.5 Hydroabrasiver Verschleiß 793

• Einfachspiralen sind bei gießtechnisch schwierigen Werkstoffen besser reali-sierbar als Doppelspiralen. Zudem sind sie für Schweiß- und Schleifarbeiten wesentlich besser zugänglich.

• Der Gehäuseverschleiß ist bei der Umströmung der Spiralzunge am größten; auch hier gilt: große Ausrundungsradien zwischen Zunge und Gehäusewand, dicke, elliptische Eintrittsprofile, kleine Anstellwinkel im Bestpunkt. Ein gro-ßer Abstand zwischen Zunge und Laufschaufeln erlaubt eine gewisse Anpas-sung der Strömung und einen Abbau örtlicher Übergeschwindigkeiten.

• Auswechselbare Schleißwände im Radseitenraum. • Pumpe möglichst in Nähe des Bestpunktförderstromes bzw. des stoßfreien Ein-

tritts betreiben, um Falschanströmung, Ablösungen und Verschleiß zu reduzie-ren. Um dies zu ermöglichen, muß der Förderstrom stoßfreien Eintritts für Laufrad und Spirale gleich sein.

• Betrieb bei Teillastrezirkulation erzeugt auch Verschleiß im Saugstutzen. • Leitradpumpen eignen sich kaum für die Feststofförderung.