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Thema der Präsentation Nottuln, den 29.11.2017 Dr. med. Chris Meyer, Oberarzt Neurologie Christophorus Kliniken Dülmen Sucht und neurologische Begleiterkrankungen 15 % der Deutschen betreiben eine riskanten Alkoholkonsum Frauen: > 12 g Alkohol/Tag Männer: > 24 g Alkohol/Tag

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Sucht und neurologische Begleiterkrankungen

• 15 % der Deutschen betreiben eine riskanten

Alkoholkonsum

• Frauen: > 12 g Alkohol/Tag

• Männer: > 24 g Alkohol/Tag

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• 500 ml Bier enthalten 20 g Alkohol

1 Glas Sekt enthält 10 g Alkohol

• 1 Glas Wein enthält 9 g Alkohol

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Pathophysiologie

• Alkohol wirkt modulierend und verstärkend auf die inhibitorischen

GABAA-Rezeptoren

• Bei chronischem Konsum kommt es zu einem kompensatorischen

Heraufregulieren von Glutamat und damit durch dessen toxische Effekte

zu Zelluntergang

Erst Kleinhirn, dann frontaler Kortex, dann limbisches System sowie

schließlich das komplette ZNS

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• Ethanol wird zu Acetaldehyd abgebaut (Organschäden sowie

Abhängigkeit durch Dopaminfreisetzung)

• Häufige Mangelernährung führt zu einem Mangel an B-Vitaminen

Erst 40 l Bier oder 200 l Wein enthalten genügend B-Vitamine

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Alkoholintoxikation

• Leichter Rausch: 0,5-1,5 Promille: Reduktion der

psychomotorischen Leistungsfähigkeit usw.

• Mittelgradiger Rausch: 1,5-2,0 Promille: Euphorie oder Gereiztheit,

Benommenheit usw.

• Schwerer Rausch: >2,5 Promille: Bewusstseinsstörung,

Alkoholintoxikation

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Fallbeispiel

• 56 jähriger Bauzeichner

• Brennende Mißempfindungen an den Fußsohlen und zunehmende

Gangunsicherheit

• Vorerkrankungen: Arterielle Hypertonie, Behandlung mit Ramipril

• Klinisch: polyneuropathisches Schmerzsyndrom, nicht auslösbare

Muskeleigenreflexe an den Beinen, distal gemindertes

Vibrationsempfinden

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• Auf Nachfrage kein übermäßiger Alkoholkonsum, lediglich zum

Essen ein bis zwei Flaschen Bier und eine halbe Flasche Wein am

Abend

• Leichter Intentionstremor an den Händen, sakkadierte Blickfolge

• Elektrophysiologisch: axonale beinbetonte sensomotorische

Polyneuropathie

• Labor: Leicht erhöhte Transaminasen, erhöhte GGT und

verminderte Thrombozytenzahl

• Diagnose einer toxischen Polyneuropathie, Empfehlung zur

Abstinenz sowie Achten auf eine ausgewogene Ernährung, ggf.

Vitaminergänzungspräparate

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Alkoholische Polyneuropathie

• Elektrophysiologische Hinweise auf eine Polyneuropathie finden

sich bei zwei Drittel der Alkoholkranken

• Die toxische Neuropathie (durch Acetaldehyd) betrifft insbesondere

dünne, schwach myelinisierte Fasern, der Vitaminmangel (Thiamin

und andere B-Vitamine) auch dicke, myelinisierte Nervenfasern

• Symptome: schmerzhafte Dysästhesien, Muskelkrämpfe, Kälte-oder

Hitzegefühl in den Beinen, Brennen der Fußsohlen. In

fortgeschrittenen Fällen auch Paresen mit Muskelatrophien.

• Vegetative Symptome wie Störung der Schweißsekretion, dünne

Haut, Veränderungen der Fußnägel sowie Potenzstörungen sind

häufig.

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Diabetes und Alkohol zu

50 % Ursache der Polyneuropathie

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Fallbeispiel

• Herr W, 56 Jahre, seit Jahren chronischer Alkoholabusus bekannt

• Aufnahme auf die Intensivstation mit Alkoholentzugs-Grand-Mal-

Anfall

• In der Labordiagnostik Erhöhung der Leberwerte sowie der

Kreatinkinase, ferner deutliche Hyponatriämie mit 116 mmol/l

• Im Rahmen der Hyponatriämie fluktuierende Vigilanz, begleitend

jedoch auch ein vegetatives Entzugssyndrom, Alkoholspiegel bei

Aufnahme 0 Promille

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• Behandlung mit Diazepam sowie Thiamin, Ausgleich der

Hyponatriämie mit hypertoner NACL-Lösung (3%), Ausgleich der

Elektrolyte bereits 2 Tage später erreicht.

• Im weiteren Verlauf langsame Rückbildung der

Entzugssymptomatik, langsames Ausschleichen des Diazepams,

Verlegung auf die Normalstation, nach weiteren 3 Tagen

Überwachung schließlich Entlassung des Patienten.

• 2 Wochen nach Entlassung des Patienten erneute Vorstellung in der

Notaufnahme mit

Sprech- und Schluckstörungen,

Hyperreflexie

positivem Babinski-Zeichen beidseits

Leichter Tetraparese und minimaler Bewußtseinstörung

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Verdachtsdiagnose?

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Zentrale pontine und extrapontine

Myelinolyse

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• Demyelinisierende Erkrankung in der Pons

• Extrapontine Herde in 10% auch außerhalb der Pons, z.B.

Thalamus

Kleinhirn

Capsula interna, Basalganglien

• Klinische Symptome reichen von leichten Hirnstammsymptomen bis

zum Locked-in-Syndrom, Letalität ca 25%

• Ursache ist ein zu schneller Ausgleich des Hyponatriämie mit der

Folge einer kurzzeitigen Hypernatriämie

Faustformel: nur langsamer Ausgleich, max. 8 mmol/l innerhalb

von 24 h, vollständige Kompensation nicht notwendig. Ausgleich

nur bis zur Symptomfreiheit, Vermeiden einer Hypernatriämie

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Fallbeispiel

• Frau M, 56 Jahre, seit Jahren alkoholkrank

• Alkoholspiegel bei Aufnahme 0 Promille

• Vorstellung in der Notaufnahme aufgrund folgender Symptome:

Horizontale Blicklähmung

Nystagmus

Ausgeprägte Gangataxie

Verwirrtheit

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Verdachtsdiagnose?

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Wernicke-Encephalopathie

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• Störung der Augenbewegung

• Pupillenstörungen

• Koordinationsstörungen

• Epileptische Anfälle

• Hypothermie, Blutdruckabfall

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• Ursache:

Vitamin B1-Mangel (Thiamin), z.b. durch Mangelernährung, ggf.

zusätzliche genetische Prädisposition

• Die akute Erkrankung ist ein medizinischer Notfall

• Therapie:

Intravenöse Gabe von Thiamin (100 mg 3 x pro Tag in den

ersten 3 Tagen, dann 100 mg pro Tag für weitere 7 Tage.

Prophylaktische Therapie mit z.B. 300 mg oral pro Tag

• Psychische Manifestation der Wernicke-Encephalopathie:

Korsakow-Psychose (Störung des Lang-und

Kurzzeitgedächtnisses, Erwerb neuer Gedächtnisinhalte

erschwert.

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Kleinhirndegeneration

• Schwere Gang-und Standataxie, Akzentuierung nach Augenschluß

• Degeneration des Kleinhirns mit Betonung des oberen

Kleinhirnwurms und im medialen Kleinhirnvorderlappen,

insbesondere Purkinjezellen

• Zeichen einer Kleinhirnstörung finden sich bei 1/3 aller chronischen

Alkoholiker, verstärkt häufig bei Mangelernährung

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Akute und chronische alkoholische Myopathie

• Äthyltoxisch, akut

Schmerzen, Schwellung, Bewegungseinschränkung

Anstieg der Kreatinkinase, Nierenversagen

• Kaliummangel, akut

Keine Schmerzen, proximale Lähmungserscheinungen

• Chronische Myopathie bei 2/3 der Alkoholiker

Schmerzlos, Beckengürtel mehr als Schultergürtel

• Kardiomyopathie, „Holiday heart syndrome“

durch Freizeitstreß

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• Alkoholmyelopathie

• Marchiafava-Bignami-Syndrom (Corpus-

callosum-Nekrose

• Nervus opticus Neuropathie (Tabak-Alkohol-

Amblyopie)

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Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit