15.velberter Hebammengespräch
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„VERMEIDUNG MEDICO-LEGALER AUSEINANDERSETZUNG IN DER GEBURTSHILFE – FALLBEISPIELE –“
15. Velberter Hebammengespräch 06.11.2013, Klinikum Niederberg
Die Zeit, 06.05.2010
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Thema: „Vermeidung medico-legaler Auseinandersetzung in der Geburtshilfe“, 06.11.2013
FALLBEISPIELE
1. Fall Rechtsstreit LG Mannheim/OLG Karlsruhe, 7 U 192/09 Vorgeburtliche Aufklärung über Risiko der Schulterdystokie
2. Fall Rechtsstreit LG/Kammergericht Berlin, 20 U 82/10 Reaktion auf CTG-Pathologie
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1. Fall Viertgebärende (drei vorangegangene Spon- tangeburten mit kindlichem Geburtsgewicht von 3.380 g, 3.880 g, 4.300 g) Gewichtszunahme bei 158 cm von 88,2 kg auf 103,3 kg errechnete Termin 31.07.1997 vier Ultraschallbefunde während der Schwangerschaft
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07.07.1997 stationäre Aufnahme 08.07.1997 Wehenbelastungstest; Ultraschall: „Vorderwandplazenta, reichlich Fruchtwasser, Gewicht ca. 4.800 g …; Entschluss zur Leitung der Spontangeburt trotz großem Kind, da Zustand nach 3-mal Spontangeburt auch jeweils mit großen Kindern“ 09.07.1997, 20.00 Uhr Amniotomie Ab 20.55 Uhr laufende CTG-Kontrolle
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21.45 Uhr Wehentropfsteigerung 22.54 Uhr Geburt des Kopfes, Schulter quer, Beckenhochlagerung, Information Oberarzt, Kopfüberdrehung …“ 22.57 Uhr Spontangeburt nach Schulter- dystokie Apgar 3/6/7; pH-Wert 7,27 Geburtsgewicht 4.530 g
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Gerichtsgutachter Prof. K.: „Die Entscheidung zur vaginalen Geburt ist nachvollziehbar … Die Mutter ist vor der Geburt jedoch nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Aufgrund einer Gewichtsschätzung von 4.800 g, einer Adipositas … hätte die Schwangere über das Risiko der Schulterdystokie aufgeklärt werden müssen …
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… Es hätte zwar nicht zwingend eine Sectio durchgeführt werden müssen, aber die
vaginale Geburt hätte nach Aufklärung mit Einverständnis der Schwangeren erfolgen müssen.“
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Zivilrechtliche Haftung wegen unzureichender Aufklärung
BGH: „Bestehen deutliche Anzeichen dafür, dass im weiteren Verlauf eines Entbindungsvorganges eine Situation eintreten kann, in der eine normale vaginale Entbindung kaum noch in Betracht kommt, sondern eine Sectio notwendig oder zumindest zu einer echten Alternative zu einer vaginalen Entbindung wird, …
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…dann muss der geburtsleitende Arzt die Mutter bereits zu einem Zeitpunkt über die unterschiedlichen Entbindungsmethoden aufklären und ihre Entscheidung einholen, zu dem sie sich noch in einem Zustand befindet, in dem diese Problematik mit ihr besprochen werden kann.“ (BGH VersR 1993, 703)
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Rechtsprechung: Wenn spezielle Hinweise (Feige, GebFra 2002 „Warnzeichen“) auf das Risiko einer Schulter- dystokie hindeuten, dann sind 1. eine ärztliche Eingangsuntersuchung mit Fetometrie, 2. die Anwesenheit des erfahrensten Fach- arztes und 3. ggf. ein aufklärendes Gespräch notwendig.
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Worüber und wann ist aufzuklären? DGGG, Empfehlung zur Schulterdystokie, AWMF 015/024 im Juni 2010: „Auch beim Vorliegen einer sonstigen Risikokonstellation ist aus klinischer und forensischer Sicht eine Aufklärung der Patientin hinsichtlich …
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- ihres spezifischen Risikos für eine Schulterdystokie und - deren Folgen, - alternative Geburtsmodi und - deren Komplikationen sowie - über die erhöhte neonatale Morbidität bei vaginaler Entbindung notwendig.“
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„Der Gebärenden sind die Risiken und die Situation „deutlich vor Augen zu führen.“ (BGH NJW 1992, 741)
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Drei Stufen der Aufklärung in Abhängigkeit von der „Größe des Risikos“: Beispiel: Es besteht das Risiko einer Schulter-dystokie und Plexusschädigung - „Wir können eine Sectio durchführen. Wir empfehlen Ihnen, es weiterhin vaginal zu versuchen.“
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- „Wir können sowohl eine Sectio als auch eine Vaginalgeburt durchführen. Beides ist gleichberechtigt.“ - „Wir können eine Vaginalgeburt weiter versuchen und vertreten. Wir empfehlen Ihnen eine Sectio.“
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2. Fall: Drittgebärende; errechneter Entbindungs-termin 20.03.1997 18.03.1997, 13.00 Uhr: nach beginnender Wehentätigkeit ambulante CTG-Kontrolle bei niedergelassener Frauenärztin von 13.02 Uhr bis 13.20 Uhr: „7 Punkte nach Fischer Score → Kreißsaal, frühe Dezelerationen“
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14.00 Uhr Eintreffen im Klinikum H. mit Krankentransportwagen 14.05 Uhr Kreißsaalaufnahme und Unter- suchung durch Stationshebamme ab 14.20 Uhr CTG 14.28 Uhr frustraner Weckversuch 14.40 Uhr Lagerungswechsel 14.43 Uhr Information der Stationsober-ärztin durch Hebamme
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14.50 Uhr Anwesenheit der Stationsoberärztin 14.55 Uhr Partusisten 15.00 Uhr Indikation zur Sectio 15.20 Uhr OP-Lagerung 15.40 Uhr Entwicklung des leblosen Kindes; pH 6,581; BE -24,6; Apgar 0/0/1
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Urteil des LG Berlin vom 09.03.2010: „Es war bereits fehlerhaft, in Anbetracht der Einlieferung der Mutter mit einem Kranken- transportwagen und in Anlehnung der Ein- tragungen im Mutterpass, auf eine ärztliche Eingangsuntersuchung zu verzichten und nicht sofort ein weiteres CTG abzuleiten.“
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„Ebenfalls war fehlerhaft, dass die Hebamme beim Auftreten von Regel-widrigkeiten nicht unverzüglich einen Arzt hinzuzieht. Dieser Arztruf musste hier spätestens 10 Minuten nach dem Beginn der Ableitung erfolgen.“ „Auch der Zeitpunkt der Indikationsstellung zum Kaiserschnitt war verspätet.“
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„Darüber hinaus war die Zeit von der Indi-kationsstellung zum Kaiserschnitt bis zur Entwicklung des Kindes mit 40 Minuten zu lang.“ „Als unpassend empfindet die Kammer die vorgetragene Rechtfertigung der Beklagten, wonach die „Pavillion-Bauweise“ des Hau-ses einen Grund für hinzunehmende Zeit-verzögerungen darstelle …
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… Den innerhalb der Klinikträgerschaft handelnden verantwortlichen Personen musste umso mehr klar sein, dass sie sehenden Auges Patienten durch unver-antwortliche Organisationsstrukturen gefährden.“
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OLG München, Urteil vom 15.02.1990 (VersR 1991, 586): „In einer Geburtsklinik ist spätestens dann ein Arzt zu verständigen, wenn sich bei dem Kind die ersten Herztonabfälle zeigen. Das Unter- lassen der Information kann ein schwerer Behandlungsfehler sein.“
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OLG Oldenburg, Urteil vom 16.01.1996 (VersR 1997, S. 1.236): „Zu den Aufgaben einer Hebamme gehören ein Kardiotokogramm aufzuzeichnen und auch ein pathologisches CTG zu erkennen. Die Entschei-dung darüber, was bei einem solchen CTG zu veranlassen ist, insbesondere die weitere Überwachung des Geburtsfortschritts, obliegt hingegen dem Arzt.“
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OLG Hamm, Urteil vom 14.09.2009 I-3 U 9/08: „Den Beklagten (Hebammen) ist nicht nur die Fehlinterpretation der CTG-Aufzeichnungen – was die Schwere der kindlichen Beeinträchti- gung betrifft – vorzuwerfen, sondern eine Über- schreitung ihrer Kompetenzen durch die Nicht- information des diensthabenden Arztes, dem allein die Beurteilung des aufgezeichneten ein- deutig pathologischen CTG-Befundes oblag.“
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Resümee: Informieren Sie die Patientin und führen Sie die Entbindung nach Aufklärung der Patientin! Organisieren Sie strukturell und personell die CTG-Überwachung und geburtshilfliche Notfälle!
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Thema: „Arzthaftungsrecht bei Geburtsschäden“
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