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16.05.2008 Frank Baumert, Julia Ebert, Yasemin Egilmezler 1 Probleme der Messung von Glück und Arbeitszufriedenheit Hauptseminar SS 2008: Arbeit, Glück, Zufriedenheit Prof. Dr. Lorenz Fischer Köln, 16. Mai 2008 Wie sicher sind wir unseres Urteils über uns selbst? Unvorhergesehene Schwierigkeiten

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Probleme der Messung von Glück und Arbeitszufriedenheit

Hauptseminar SS 2008: Arbeit, Glück, Zufriedenheit

Prof. Dr. Lorenz Fischer

Köln, 16. Mai 2008

Wie sicher sind wir unseres Urteils über uns selbst?

Unvorhergesehene Schwierigkeiten

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Problemstellung

Natürlich bin ich zufrieden!

Wirklich?

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Problemstellung

Ausgewählte Fragestellungen:

• Welche Aussagekraft haben Zufriedenheitsurteile?

• Welche Probleme lassen sich im Urteilsprozess analysieren?

• Welche Bedeutung kommt der Befragungssituation zu?

• Welche Rolle spielen Emotionen in diesem Kontext?

• Wie kann man subjektive Empfindungen objektiv messbar machen?

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Gliederung

1. Konzept der Urteilsbildung

1.1 Struktur des subjektiven Urteilsverhalten

1.2 Die Kommunikation des Urteils

2. Konzepte zum Verständnis von Zufriedenheit

3. Emotionen als Bestandteil eines Zufriedenheitsurteils

4. Messung von Emotionen als Interaktion zwischen innerer und äußerer

Modellbildung

5. Fazit

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Konzeption und Messung der (Arbeits)Zufriedenheit

1. Konzept der Urteilsbildung*

Objektive Arbeitssituation

Innere Modellbildung

Präsentation im Bericht

Äußere Modellbildung

1 2 3

*In Anlehnung an Fischer, 2006

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1.1 Struktur des subjektiven Urteilverhaltens

Der Bottom-Up-Prozess nach Kahneman, 1999

Zwischen den hierarchischen Ebenen bestehen Abhängigkeiten.

Lebenszufriedenheit

(Arbeits)Zufriedenheit

Erinnerte „Nützlichkeit“

Augenblicksempfindung

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Augenblicksempfindungen

Problem:

• Glück und Schmerz sind Charakteristika einzelner Momente

• Zufriedenheitsurteile erstrecken sich aber über Perioden

Zeit

Schmerz/ Vergnügen „Total Utility“

Vorschlag von Kahneman

• Erhebung von kumulativen Augenblicksempfindungen

In Anlehnung an Kahneman et al., 1997

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Experiment (Frederickson & Kahneman, 1993):

Probanden wurden verschiedene Filmsequenzen vorgespielt

Gefragt nach Echtzeitbericht und retrospektives globales Urteil

Ergebnis:

„Peak-End-Rule“

Individuen konstruieren repräsentativen Moment

Abschlussphase erhält erhebliche Bedeutung

Bewertung vergangener Erfahrungen

Fazit:

Unzuverlässige Erinnerung an Vergnügen und Schmerzen

leitet das menschliche Handeln,

erzeugt fehlerhafte Schätzungen

und hat deshalb eine verzerrende Wirkung

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Bsp. (Brickman et al., 1978): Lotteriegewinner, Querschnittsgelähmte

Frage: „Wie glücklich fühlen Sie sich gegenwärtig (Lebensphase)?“

Beobachtung: Nach einem Jahr keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Glücksempfinden

Hedonische Tretmühle

„Hedonische Tretmühle“

Assimilations-EffektKontrast-Effekt

• Anpassung an die Umwelt bis zum Punkt affektiver Neutralität

• Jedoch: Frühstück immer angenehm, Messerschnitt immer unangenehm!

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Affektive Dimension (gut/schlecht) zentral für Analyse von Zufriedenheit

• Positivitätsbias bei schwacher Aktivierung

Annäherungstendenz

• Negativitätsbias bei starker Aktivierung

Vermeidungsverhalten

Evaluative Space Model und Arbeitszufriedenheit

Aktivierung

Negativer Gradient

Positiver Gradient

Gradienten des ESM, Caccioppo & Berntson, 1994

Auf Grundebene überwiegen also positive Bewertungen

Arbeitzufriedenheit

relative Stärke des Affekts

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Faktoren der empirischen Erhebungssituation:

• Vergleichbarkeit von Zufriedenheitsurteilen

• Zugänglichkeit von Informationen

• Orientierung am gegenwärtigen affektiven Status

1.2 Die Kommunikation des Urteils

Objektive Arbeitssituation

Innere Modellbildung

Präsentation im Bericht

Äußere Modellbildung

1 2 3

Äußere Modellbildung

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• Gleichzeitigkeit von „Bottom-Up“- und „Top-Down“-Prozessen

Attributdominanz, Halo-Effekt

Allgemeines Urteil als Kompromiss der reziproken Beziehung

Vergleichbarkeit von Zufriedenheitsurteilen

Selbstaufmerksamkeit

• Empfundene Qualität von Ereignissen subjektiv

• Wichtig: Vergleichbarkeit wichtiger Attribute oder Facetten der Zufriedenheit

• Tendenz zu ungenauem Selbstbericht über Ereignisse im Zustand geringer

Bsp.: Schmerzempfinden Verwundeter im Krieg

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• Erhebungseigenschaften beeinflussen den Suchprozess nach Informationen

• Individuen verwenden unmittelbar erreichbare Informationen

• Wichtige Informationen zur Bewertung werden ausgeklammert

• Fragen zur AZ müssen somit präziser und enger definiert werden

Zugänglichkeit von Informationen

Bsp. (Schwarz & Strack, 1991):

Frage nach allgemeinem Befinden (1), Frage nach Dating-Häufigkeit (2)

• 2 vor 1 r = .66

• 1 vor 2 r = -.12

• Integration der Informationen in gleichwertigen aber unabhängigen Kontext

r = .15

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Orientierung am gegenwärtigen Affektiven Status

Globales Urteil

Spez. Urteil

Stimmung Vergleichsprozesse

++ 0/+

+ ++

Distinkte Information Kontrast-Effekt

Nahestehende Information Assimilations-Effekt

• Wichtig: Beachtung der Konversationsnormen (Grice, 1975)

• Stimmung und Vergleichsprozesse für Bewertungen relevant

• Art der Information entscheidend:

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2. Konzepte zum Verständnis von Zufriedenheit

Hedonismus:

• Spaß oder Glück, Addition angenehmer Erfahrungen = Wohlgefühl

Eudaimonismus:

• Zufriedenheit durch Leben im Einklang mit eigenem Lebensziel

• Abhängigkeit von Normen, (Sub-)Kulturen, Rolleninterpretationen etc.

Eudaimonismus als Ergänzung zur rein hedonischen Perspektive

Selbstakzeptanz etc.

Autonomie, persönliches Wachstum, soziale Beziehungen,

Bsp.: Kollektivismus contra Individualismus

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Kollektivismus und Individualismus

• Determinanten der Zufriedenheit in Abhängigkeit von Kollektivismus und Individualismus

Kollektivismus Individualismus

Privatsphäre

Persönlicher Erfolg

Spontaneität

Soziale Beziehungen

Loyalität

Solidarität

• Bsp.: Soziale Beziehungen sind wichtiger für Frauen als für Männer Beruflicher Erfolg und hohes Gehalt wichtiger für Menschen mit „Yuppy“-Werten

Einfluss auf Wahrnehmung und Urteil

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3. Emotionen als Bestandteil eines Zufriedenheitsurteils

• Definition Arbeitszufriedenheit nach Locke:ein angenehmer oder positiver emotionaler Zustand

• Emotionen werden durch Ereignisse hervorgerufen, die subjektiv relevant für die Zufriedenheit sind:

Unterschiede in Beurteilungsmustern

Individuelle Bedeutung durch kognitive Prozesse

• Emotionen beeinflussen somit die Zufriedenheit und die Lebensqualität

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Die Bestandteile von Emotionen nach Frijda, 1999

• Affekt als das hedonische Erleben von Freude oder Leid

• Beurteilungsprozesse

• Handlungsbereitschaft

• Ausmaß der autonomen Erregung

• Veränderung der kognitiven Aktivitäten

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Ansätze zur Einordnung von Emotionen

• Dimensionaler Ansatz:

Die affektive Valenz: positiv neutral negativ

Das Ausmaß der Erregung: niedrig hoch

Kontroll- oder Dominanzgefühl: mächtig schwach

• Kategorischer Ansatz:

Emotionen lassen sich in diskrete Kategorien einordnen

Basisemotionen bilden jeweils eine Kategorie

• Multikomponenten Ansatz:

unabhängige Komponenten der Emotionen ergeben einen multidimensionalen Raum

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• Die direkte Messung von Emotionen kann eine Möglichkeit sein, den Schwierigkeiten zu begegnen

• Kombination von dimensionalem und kategorischem Ansatz durch:

Zuordnung spezifischer qualitativer Emotionsbegriffe zu

Ausprägungen innerhalb der drei Dimensionen

4. Messung von Emotionen

Emotionen

Äußere ModellbildungInnere Modellbildung

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• Instrument: „Self-Assessment-Manikin“ mit Wörterbuch der zugehörigen Emotionen

„Self-Assessment-Manikin“ (SAM)

Valenz

Erregung

Dominanz

Quelle: Lang, 1980

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Vorteile:

• Einblick in die Form der Erlebensverarbeitung durch Verwendung von Emotionsbegriffen

• Mehr Informationen als durch eindimensionale Analyse der Valenz-Dimension

Möglichkeit eines besseren Urteilsverständnisses

• „spontane Selbstauskunft“

Nachteile:

• Eher selbst- als gegenstandsbezogene Ergebnisse

• Weniger kognitiv kontrollierte Ergebnisse

Vor- und Nachteile der Emotionsmessung

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5. Fazit

• Auf allen Ebenen des Urteilsprozesses bestehen Verzerrungen

in der Urteilsbildung und

dessen Kommunikation

• Situative und persönlichkeitsspezifische Variablen sind zu berücksichtigen

• Besseres Verständnis und Interpretation des Urteils durch

die eudaimonische Perspektive

Rückgriff auf die Emotionspsychologie

• Ausblick:

Prüfung der Ergebnisse auf Robustheit bzgl. Übertragbarkeit auf Arbeitszufriedenheitskontext

Klärungsbedarf widersprüchlicher Forschungsergebnisse

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