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175 Jahre Gasversorgung in Aachen

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  • 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

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    „Alles Gute kommt von unten“, so titelte die Schrift, die vor 25 Jahren das stolze Jubilä-um „150 Jahre Gasversorgung in Aachen“ ins rechte Licht rückte. Vielleicht hätte man etwas weniger überschwänglich formu-lieren können: „Manches Gute kommt von unten.“ Jedenfalls besitzt der Hinweis auf die Bedeutung städtischer Infrastruktur unter dem mittlerweile auch windrad- und solar-bestückten Dach der STAWAG weitere 25 Jahre später unverändert Gültigkeit. Gas gilt damals wie heute als umweltverträglicher und preisgünstiger Energieträger, auch wenn es nicht mehr das gleiche Produkt ist wie ehedem und sich seine Anwendungsbereiche ebenfalls verändert haben. Erdgas verdräng-te das früher genutzte Kokereigas in den letz-ten fünf Jahrzehnten - und aus einer neuen Lichtquelle wurde ein universal einsetzbarer Energieträger. Diese Veränderungen deuten

    an, dass 175 Jahre ein Indiz für mehr oder minder permanente Innovationsfähigkeit sind, ohne die sich ein Unternehmen über eine solch lange und wechselhafte Zeit-spanne nicht am Markt behaupten könnte. An dieser Stelle geht es allerdings um eine punktuelle Innovationsanalyse. Es interessie-ren die Zusammenhänge der Einführung der Gasbeleuchtung, denn sie markiert zum Ende der 1830er Jahre das erste breite Anwen-dungsfeld.

    Aachen modernisiert sich

    In Aachen gab der Fortschritt in den 1830er Jahren in vielerlei Hinsicht Gas, um eine Zwischenüberschrift aus „150 Jahre Gas-versorgung“ zu zitieren. Die heutige Euregio Rhein-Maas befand sich seinerzeit in einer Art Aufbruch-, ja Goldgräberstimmung. Der

    Wiener Kongress, der 1815 die Verhältnisse nach der napoleonischen Ära in Europa neu ordnete, hatte letztlich stabile politische Ver-hältnisse geschaffen, während die Wirtschaft im Anschluss an den kriegsbedingten Nach-holbedarf geradezu rasant innovierte und sich ebenso wieder internationalisierte. Es half dabei ungemein, dass Preußen in seiner neuen Rheinprovinz klugerweise auf die Res-tauration alter Standards verzichtet hatte und die französisch revolutionären Errungenschaf-ten in Geltung ließ; ein wesentlicher Wettbe-werbsvorteil, wie sich bald herausstellen sollte. Denn diese Konstellation im Verbund mit der ebenfalls napoleonisch gespeisten Akzeptanz von Modernität und Innovationbereitschaft schuf eine wesentliche Voraussetzung für die Industrialisierung der Wirtschaft, die sich von England aus über das neue Königreich Belgien ihren Weg nach Aachen bahnte.

    Paul Thomes / Mathias Mutz

    Es werde Licht – Die Anfänge der Gasversorgung in Aachen 1838

    Henry Winkles, Aachen, Marktplatz, Stahlstich um 1840

  • geben hätte; ein durchaus bemerkenswerter Spagat.

    Hinter solchen Entwicklungen stehen immer innovationsbereite und -fähige Persönlich-keiten; „Entrepreneure“, wie sie auch damals schon hießen. Stellvertretend seien hier William Cockerill und seine Söhne genannt, die sich von Lüttich aus rasch in der Region vernetzten; und David Hansemann, als Kopf einer Aachener Gruppe aufgeschlossener, auch das Gemeinwohl im Blick habender Un-ternehmer. Und wenn die dampfgetriebenen Cockerill’schen Maschinen 24 Stunden laufen konnten, lag es nahe, die Nacht Schritt für Schritt zum Tage zu machen – mit allen Vor- und Nachteilen. Schließlich wollten die neuen technischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Analog dazu ging die Menschheit in vielerlei Hinsicht daran, scheinbar unverrück-bare naturgegebene Schranken zu überwin-den; eine wahrhaft spannende Epoche.

    Als vorteilhafte Standortfaktoren Aachens erwiesen sich zudem die Steinkohle- und Erzvorkommen, die auskömmliche Verfüg-barkeit von Holz als Allzweckmaterie sowie das ausgeprägte handwerkliche Know-how in den Bereichen Textil- und Metallverarbeitung. Allenfalls die aufgrund der fehlenden Fluss-lage verkehrstechnische Isolation trübte das Aufbruchsszenario; aber diesbezüglich deute-te sich in Gestalt der Eisenbahn verheißungs-volle Abhilfe an. Seit Beginn der 1840er Jahre durchquerte die erste internationale Kontinen-taleisenbahnverbindung die Bäderstadt.

    Unter dem Strich sehen wir einen vielverspre-chenden Mix von Innovationsbedingungen und eine neue Chance für die Wirtschaftsregion mit dem Zentrum Aachen. Gerade die Kaiser-stadt hatte unter der alten Zunftherrschaft gelitten, unter Napoleon kurz Morgenluft gewittert und stand nun bereit für einen neuen Höhenflug. Er ließ sie zum Zentrum des ersten deutschen industriellen Reviers werden, ohne dass sie ihre Kur- und Bädertradition aufge-

    Radierung von Gaspionier Samuel Clegg (1781-1861) von 1835.

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    Carl Wigand Tabor, ein deutscher Gaspionier, berichtete 1822, dass Frankreich im Vergleich zu England der Entwicklung hinterherhinke. In Brüssel seien dagegen nach der Einfüh-rung 1818 bereits ganze Straßenzüge und viele Privathäuser gasbeleuchtet. Und er fuhr wörtlich fort: „In Amsterdam und Rotterdam befinden sich aus England verschriebene Ap-parate. Aachen und Lüttich haben ebenfalls angefangen“.

    Aachen auch vor 1838 nicht im Dunkeln

    Nicht, dass Aachen im frühen 19. Jahrhundert im Dunkeln gelegen hätte des Nachts. Nein, es gab natürlich wie in anderen größeren Städten (groß bedeutet in Bezug auf Aachen etwa 30.000 Einwohner) eine öffentliche Beleuch-tung, in Form von Pech, Talg oder Öl. Und natürlich gingen auch nicht alle Aachener mit den Hühnern ins Bett und standen wieder mit ihnen auf; wenn auch die meisten.

    Verbrennungsmotoren zu befeuern, lässt sich spätestens 1809 nachweisen. Am frühesten brach sich die Technik in England Bahn. 1819 sollen allein in London 51.000 Gaslichter gebrannt haben, bei einer Hauptnetzlänge von rund 300 km.

    Als Vorzüge galten in jener Zeit die hohe Si-cherheit, die sich u.a. in geringeren Brandver-sicherungsprämien niederschlug, und auch die Wärmeerzeugung: ob für das Sieden von Wasser oder die gleichmäßige Beheizung von Galerien. Fernnetze, die von den Steinkohlen-gebieten aus ganz England versorgen sollten, wurden ebenfalls bereits diskutiert. Dennoch gestaltete sich der Weg von der Invention zur Diffusion, von der praxistaugli-chen Umsetzung der Erfindung zu ihrer Ver-breitung, nicht gradlinig. Die napoleonischen Kriege verengten die finanziellen Spielräu-me, und sie lähmten Europa auch generell, ebenso wie die in der Bevölkerung weit verbreitete Zurückhaltung vor dem Neuen.

    Gas bringt Helligkeit und Wärme

    Dazu zählt auch die Erschließung neuer Ein-satzmöglichkeiten von Gas gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Dies geschah in England und Frankreich parallel zueinander und auf Kohle- bzw. Holzbasis. Experimentelle Insel-lösungskonzepte erleuchteten um 1800 erste Häuser, die u.a. gegen Eintritt zu besichtigen waren. Erkannt wurden seinerzeit die leichte Fortleitungsmöglichkeit des Gases, seine einfach regelbare Verteilbarkeit auf diverse Verbrauchstellen sowie seine universelle Einsetzbarkeit.

    Der Titel eines 1803 publizierten Buches deutete die Potenziale an: „Die Thermolampe in Deutschland; oder: vollständige, sowohl theoretisch als praktische Anleitung, den ursprünglich in Frankreich erfundenen, nun aber auch in Deutschland entdeckten Universal- Leucht- Heiz- Koch- Sud- Des-tillier- und Sparofen zu errichten“. Die Idee,

  • mehrfach höheren Leuchtkraft und einer sauberen Flamme; es war schlicht ein „schö-nes Licht“. Die wirtschaftlichen Potenziale be-nannte schon der englische Gaspionier Clegg, u.a. Erfinder des Gaszählers: „Die Einwohner können ihren verschiedenen Berufen nachge-hen bei seinem erfreulichen Licht, wobei die Zeitspanne des Nutzens verlängert wird.“

    „Das Gaslicht ist zu rein für das menschliche Auge, und unsere Enkel werden blind werden.“ Ludwig Börne, Journalist und Kritiker, ca. 1824

    Freilich existierten auch Bedenken. Natürlich kamen Widerstände aus der Ecke der Leucht-öl- und Kerzenlobby. Eine andere Frage war, ob die Erleuchtung der Nacht, welche letztere quasi zum Tage machte, nicht leidige gesell-

    Gasbeleuchtung nicht nur in der Gastrono-mie der Bäderstadt buchstäblich ein High-light setzte. Das örtliche „Intelligenz-Blatt“ schwärmte: „Jeder … wird sich überzeugen, daß ein einziges Licht vom Gas dem Licht von zehn Lampen gleich kommt.“ Ein Jahr später ließ der fortschrittliche Fabrikant Kelleter seine neue Tuchfabrikation an der Ecke Löhergraben / Annastraße nicht nur per Dampfmaschine betreiben, sondern ebenfalls mit Gas beleuchten. Dabei handelte es sich um Insellösungen, also entweder um kleine Blockgaswerke, so genannte „Werksgasan-stalten“, oder aber um das in London 1819 patentierte „Portativgas“. In Form tragbarer Gasbehälter mit darauf angebrachten Bren-nern ermöglichte dieses eine lokal-flexible Beleuchtung.

    Bedenken und Hoffnungen

    Der unübersehbare Vorteil der neuen Technik gegenüber den konventionellen Kerzen bzw. Öllampen bestand hauptsächlich in der

    Der Blick in die Literatur und die im Stadtar-chiv erhaltenen Unterlagen zeigt seit 1816 einige Bewegung auf dem Feld der Beleuch-tung. So erneuerte man unter anderem die Öllaternen und erhöhte ihre Zahl. Sie standen an wichtigen Straßen, Plätzen und natürlich an den Stadttoren. Sie leuchteten zunächst nur in den Wintermonaten zwischen dem 20. Oktober und dem 20. März und nicht bei Voll-mond. Spätestens um Mitternacht wurden die Kerzen, außer an den Toren, wieder gelöscht. Dabei übernahm die Stadt diese Aufgabe nicht selbst im Rahmen der Verwaltung, im „Ökonomie-Wege“, sondern ließ sie „im Wege der Entreprise“ ausführen. Das heißt, sie schrieb die Beleuchtung jährlich öffentlich aus. 1821 lagen die Bietergebote beispiels-weise zwischen 1 3/8 und 3 Pfennigen pro Stunde Brenndauer und Flamme.

    Zumindest Privatpersonen setzten seiner-zeit schon Gaslicht ein. So wissen wir, dass am 17. November 1817 das Weinlokal „Zum Klüppel“ in der heutigen Ursulinerstraße per

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    Auszug aus dem Rappard-Plan, Burtscheid

  • Lust auf Licht

    Seit 1829 brannten die Aachener Öllaternen immerhin etwas länger, nämlich zwischen dem 1. Oktober und 31. März, während die Stadtverordneten weitere Änderungen und die Einführung effizienter so genannter „Refraktionslaternen“ diskutierten. Am Ende stand die Entscheidung für eine ganzjährige Beleuchtung. Sie spiegelte sowohl die mit der Industrialisierung wachsenden Spielräu-me als auch die sich ändernden städtischen Bedürfnisse und diejenigen des Kurbetriebes. Einmal mehr gab die Stadt die Aufgabe in Entreprise, sprich: lagerte sie finanzscho-nend und risikominimierend aus. Beginnend mit dem 1. August 1830 schloss sie mit den Herren Schmitz und Wahlen, „Unternehmer der Straßenbeleuchtung“ der Städte Köln, Elberfeld, Düsseldorf usw. einen 20 Jahres-vertrag. Er umfasste 23 Artikel und informiert bestens über die Usancen.

    Es ging um 180 Laternen, die an 200 Tagen und

    Verweilens auf den Straßen, das den Leuten „Schnupfen, Husten und Erkältungen auf den Hals“ zöge; ganz davon abgesehen, dass sich die „Sittlichkeit verschlimmere“. „Die künstli-che Beleuchtung“ verscheuche „das Grauen vor der Finsternis“, das „die Schwachen von manchen Sünden“ abhalte, während die „Helle“ Trinker „in den Zechstuben bis in die Nachthinein“ schwelgen, „verliebte Paare“ sich verkuppeln, Pferde scheuen und Diebe kühn werden ließe. Zu allem Überfluss nage die Gasbeleuchtung am Nationalreichtum, da die Rohstoffe (angeblich) zu importieren sei-en, während sie das Nationalgefühl schwä-che: „Denn je dunkler es ist, umso heller erstrahlt an Festtagen der nationale Gedan-ke“. So behaupteten sich vielerorts die alten Beleuchtungskonzepte. Und so kam es, dass in Gent schon seit 1825, in Berlin, Hannover und Charleroi seit 1826, in Frankfurt seit 1828 Gaslaternen in den Straßen leuchteten, und in Aachen oder Köln eben noch nicht.

    schaftliche Konsequenzen nach sich zöge oder gar frevlerisch in die göttliche Ordnung eingriffe. Ein gern zitierter Beleg des Behar-rungsvermögens ist ein Artikel im Beiblatt der Kölnischen Zeitung vom 26. März 1819. Im Grunde gedacht, die Neuerung zu fördern, listet er sieben Vorurteile im Sinne der Ver-werflichkeit der Gasstraßenbeleuchtung auf.

    Allen voran standen theologische Bedenken, denn gegen Gottes Ordnung dürfe man sich „nicht auflehnen, den Weltplan nicht hof-meistern.“ Andere befürchteten eine indirekte Besteuerung für eine Sache, ohne einen Nutzen oder gar Nachteile davon zu haben. Gesundheitsorientierte Kritiker beschwo-ren die Gefahren von „Gasausdünstungen“ ebenso wie die Folgen des nächtlichen

    „Le gaz a remplacé le soleil.“ Jules Janin, Journalist und Schriftsteller,1839

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    eine ähnliche Situation also wie in Aachen.Es ging um Modernität und Komfort. Statt der bisherigen 200 plante man nun mit 340 Laternen innerhalb des alten Mauerrings und an den Toren. Dies bedeutete in der Tat einen Fortschritt angesichts der Tatsache, dass die Gaslaternen überdies mindestens zehnmal heller leuchteten als die Öllaternen. Angeb-lich ließ sich noch in sechs bis sieben Meter Abstand ein Brief lesen.

    Oberbürgermeister Emundts erklärte demge-mäß: „Es hat indessen nicht die Notwendigkeit, eine Ersparnis herbeizuführen, sondern das Bedürfnis einer besseren Beleuchtung für Aa-chen, welches von so vielen Fremden besucht wird, die an vorzügliche Beleuchtung gewohnt sind, den Wunsch allgemein rege gemacht, die Gas-Beleuchtung, welcher die uns nahegele-genen Städte Belgiens sich erfreuen, auch hier eingeführt zu sehen.“

    Den 1830 geschlossenen Beleuchtungs-

    aktive Verwaltungsfunktionen im Kontext der Beleuchtung. Die Sache wurde mehr denn je zum Politikum. Gleichzeitig drohte die Verwaltung mit der Auflösung des Vertrags und begann Erkundigungen über städtische Gasbeleuchtung einzuholen; so in Antwerpen, Gent, Lüttich, Löwen, Tournai und Verviers, wo ein Lütticher Unternehmen seit 1834 auf Koh-legasbasis tätig war, aber auch in Frankfurt und Dresden. Belgien spielte offenbar auch auf diesem Feld die Pionierrolle, wobei die Stadt Namur eine Anfrage mit dem Hinweis beantwortete, sie sei vertraglich noch bis 1842 an die „ancien mode d’éclairage“, gebunden;

    900 Stunden pro Laterne gemäß einem ver-bindlichen, die jahreszeitlichen Lichtverhältnis-se berücksichtigenden „Beleuchtungskalender“ brennen sollten; in qualitativer Hinsicht, wie es hieß, hell und mit voller Flamme gleich-förmig. Bei Qualitätsmängeln war die Stadt berechtigt, die Zahlungen zu kürzen. Letztere betrugen 3.510 Taler jährlich, davon 387 Taler für die Investitionen in Betriebsmaterialien; zahlbar monatlich postnumerando zu je einem Zwölftel. Besonderes Interesse verdient die zukunftsgerichtete Bestimmung, dass, wenn neue Erfindungen und Verbesserungen bekannt würden, die Unternehmer auf Verlangen der Stadt verpflichtet seien, diese gegen bloße Erstattung der Kosten zu liefern. Die Praxis entwickelte sich dann eher unbefriedigend. Jedenfalls ernannte die Stadt wegen Klagen über mangelhafte Beleuchtung Ende 1834 Wilhelm Kupferath zum Aufseher und Kontrol-leur über die Straßenbeleuchtung. Er erhielt 7,5 Silbergroschen an „Diäten“ pro Tag für seine Dienste. Die Stadt übernahm damit erstmals

    Das vorrangige Ziel der Aachener war nicht Kosten-ersparnis, sondern Ausbau und Optimierung der Beleuchtung.

  • Krimi gleichend. Gleichzeitig spiegeln die Ereignisse die unruhig-optimistische, nach Neuem strebende Aufbruchsstimmung jener Jahre wider, begleitet von Skepsis und Mut gegenüber neuen Lösungswegen, unterschiedlichen Visionen der kommunalen Entwicklung und des Status Aachens als überregional sichtbare Stadt.

    Umstritten waren insbesondere drei auch durchaus aktuelle Aspekte der Innovation; das zu verwendende Gas: Gas auf Steinkoh-le- oder pflanzlicher Basis; das Material des Infrastrukturnetzes: Ton- oder Eisenröhren; die Organisationsform: lokales oder auswär-tiges Unternehmen.

    Am 2. März 1836 publizierte die „Stadt Aachener Zeitung“ einen Aufruf zur „Aktien-Zeichnung“ für ein Unternehmen zur Be-leuchtung öffentlicher Plätze, Fabriken und Privatetablissements „mittels Bildung eines Aktien-Vereins“. Die Veranstaltung fand am 4. März im Ratssitzungssaal statt. Gelockt

    kontrakt ersetzte man Mitte 1835 im beider-seitigen Einvernehmen durch einen der Stadt entgegenkommenden Vertrag, nachdem das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierig-keiten geraten war. Der Einführung der Gas-beleuchtung stand nun nichts mehr im Wege. Konsequent votierte die Stadtverordneten-versammlung am 9.2.1836 unter Hinweis auf Lüttich und Verviers, die qualitative Überle-genheit und die „verhältnismäßige Wohlpfeil-heit“ einstimmig für die neue Lichttechnik. Zugleich bestimmte sie ein Koordinierungs-Komitee. Es setzte sich zusammen aus den Unternehmern P. Kuetgens (Tuchfabrikant), J.H. Kesselkaul (Tuchfabrikant), H.J. Talbot (Marmorhändler und 1838 Mitgründer der bekannten Waggonbaufabrik).

    Wettbewerb um die beste Lösung

    Der Meinungsbildungsprozess repräsentiert ein schönes Beispiel für die Implementierung innovativer Technik. Er verlief in vielerlei Hinsicht spannend, phasenweise fast einem

    Aufruf Aachener Bürger zur Gründung einer Aktien- gesellschaft, Stadt Aachener Nachrichten, 2. März 1836

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    stunde von vier Pfennigen, inklusive der Laternen nebst Zubehör, dem Unterhalt sowie dem Anzünden und Auslöschen. Die Kande-laber sollten zu Lasten der Stadt gehen, die zudem als Betriebsgelände einen Teil des Stadtgrabens in der Nähe des Adalberttors abtreten sollte.Der Oberbürgermeister kritisierte bereits am nächsten Tag den höher als in Lüttich liegen-den Preis sowie die kostenlose Überlassung des Grundstücks und machte eine Gegenof-ferte. Danach würde die Stadt vier Pfennig pro Stunde so lange zahlen, bis das Unter-nehmen Gewinn bringe, und nach Abzug von fünf Prozent für das Aktienkapital ein Viertel des Überschusses der Stadt zu Gute käme bis sich der Preis auf 2,5 Pfennige pro Stunde beliefe. Für das Gelände sei eine billige Pacht zu entrichten.

    Während die Verhandlungen daraufhin ins Stocken gerieten, klopfte erneut das Kölner Unternehmen mit einem konkreten Angebot samt Finanzierung an. Vom 10. Oktober 1836

    Die AGG kam derweil mit ihrer Planung nicht recht vom Fleck. Mitte Mai mahnte der Oberbürgermeister ungeduldig Fortschritte an, worauf man Grundbedingungen für einen Vertrag nach Lütticher Vorbild formulierte und „noch im künftigen Winter eine Probe der Beleuchtung“ in Aussicht stellte.Als Eckpunkte formulierte die AGG eine Ver-tragsdauer von 20 Jahren, mindestens 350 Laternen und einen Preis pro Beleuchtungs-

    wurde mit dem Versprechen, „dass jedem, der in den besagten 2 Stunden unterzeichnet, eine verhältnismäßige Beteiligung an dem Unternehmen, falls es zu Stande kommen sollte, selbst dann gesichert bleibt, wenn die in dem Termine eingezeichneten Summen das mutmaßlich erforderliche Kapital über-steigen würden.“ Die treibenden Kräfte waren Aachener Unternehmer, so dass es interes-sant sein würde zu sehen, wie der Stadtrat deren Interesse mit demjenigen der Bürger in Einklang bringen würde.

    Die „Aachener Gas-Erleuchtungsgesellschaft“ (AGG) war in den nächsten zwei Jahren zentraler Akteur in den Debatten. Gleichwohl sondierte die Stadtverwaltung weiter nach allen Seiten. Eine Leuvener Gesellschaft bot Aachen im Falle des Zuschlags eine 20% Be-teiligung an. Auch aus Köln kamen interessier-te Anfragen. Die örtliche Bezirksregierung gab Instruktionen für das Genehmigungsverfahren und verwies auf die Chancen, welche die Mit-versorgung von privaten Haushalten boten.

    Signet der Imperial Continental Gas Association.

  • nen bestand bei der I.C.G.A. aus Eisen, dem innovativsten Werkstoff der Zeit. Der Preis belief sich auf sechs Pfennig pro Stunde, ab einer bestimmten Leuchtdauer sollte er sich halbieren. Daraufhin verstand sich die AGG auf einen Höchstpreis von 5 Pfennig, sah sich aber nicht im Stande, die Kosten eiserner Röhren zu kalkulieren. Als Seitenhieb auf die auswärtige Konkurrenz formulierten die Verantwortlichen: „Nach diesen Erklärungen dürfen wir annehmen, daß dieses gemein-nützige Unternehmen nicht am Vorabende seiner Entstehung in fremde Hände gegeben wird.“ Die Aachener Unternehmer hofften, die lokale Verankerung als Trumpfkarte einset-zen zu können.

    Weichenstellungen

    Die Ereignisse im November und Dezember 1836 glichen einem hektischen Spiel über vier Ecken zwischen Stadtrat, AGG sowie den Bewerbern aus London und Köln. Selbst heute lässt sich die Anspannung jener Tage spüren.

    worden, und es gelang ihr in der Tat rasch, Fuß zu fassen. Seit 1825 betrieb sie ohne substantielle Beanstandungen Gaswerke in Gent, Berlin und Hannover, wobei gerade die letzteren beiden Anlagen für deutsche Interessenten eine hervorragende Referenz bildeten. Nach Aussagen der I.C.G.A. selbst entwickelte sich Berlin zum profitabelsten Geschäft der Gesellschaft überhaupt. Für Aachen wiederum war Gent eine gute Referenz, wo man wiederholt Informationen eingeholt hatte.Aus diesem Grund weilte Drory offenbar auf Akquisitionsreise in Aachen im „Hotel Du Grand Monarque“. Am 13. Oktober informierte er die Stadt über Einzelheiten samt einem zwölf Artikel umfassenden, unterschriftsreifen Vertragsentwurf. Einen Tag später forderten die Stadtverordneten die lokale AGG zu einer Äußerung darüber auf, ob sie die Konditionen der I.C.G.A. bieten könne; eine Chance, Bewe-gung in die Angelegenheit zu bringen.Differenzen gab es bei Preis und Material. Die Ausstattung inklusive Röhren und Later-

    datiert schließlich ein Angebot der Imperial Continental Gas Association (I.C.G.A.) mit Sitz in London, unterzeichnet von George William Drory, dem Chefingenieur des Unternehmens. Die I.C.G.A. war 1824 explizit zur unternehme-rischen Realisierung englischer Gastechnik auf dem europäischen Kontinent gegründet

    Skizze der Gasröhren von 1838

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    fenheit der Röhren schwankte man zwischen billigen Ton- oder teuren Eisenröhren. Beide Systeme waren in Gebrauch, Ton beispiels-weise in Lüttich, wobei es an langfristigen Erfahrungen fehlte. Um sich Klarheit zu verschaffen, unternahm eine städtische Expertenkommission im März 1837 eine In-formationsreise in die brabantischen Städte. Zwischenzeitlich trieben Stadt, Bezirksregie-rung und AGG die Meinungsbildung weiter, indem sie bspw. europaweit Informationen über Gaspreise zusammentrugen und die AGG weiterhin Kapital sammelte.

    Die Entscheidung nahte, wobei die AGG, unter Vorsitz des einflussreichen Textilunterneh-mers Gotthard Startz, letztlich den städtischen Vorstellungen ein gutes Stück näher kam.

    Von den drei technisch-organisatorischen Grundfragen war diejenige der Gasbasis am schnellsten entschieden. Angesichts der ört-lichen Verfügbarkeit der Steinkohle, anders als in Belgien fehlender Einfuhrzollprivilegien und der guten Marktchance für den entgas-ten Koks konnte man hier kostengünstig auf Industriegas zurückgreifen. Bei der Beschaf-

    Ausschreibung der städtischen Beleuchtung,

    Stadt Aachener Zeitung, 1837, Nr. 256

    Die Stadt Aachen beabsichtigt, die Beleuchtung

    ihrer Straßen mittels Anwendung des Steinkoh-

    len-Gases in Entreprise zu geben. Unterneh-

    mungslustigen, welchen das Bedingungsheft im

    Sekretariate der Oberbürgermeisterei von nun

    an zur Einsicht offen steht, werden eingeladen,

    ihre versiegelten Submissionen vor dem 3.

    Dezember des Jahres bei der unterzeichneten

    Stelle einzureichen, und wird noch besonders

    darauf aufmerksam gemacht, daß nur auf

    solche Anerbietungen Rücksicht genommen

    werden kann, in denen zugleich die Verpflichtung

    ausgedrückt ist, zur Leitung des Gases durch die

    Straßen der Stadt, Röhren von Gußeisen verwen-

    den zu wollen.

    Aachen, den 20. Oktober 1837.

    Der Oberbürgermeister, Emundts

    Berliner Gaswerke der I.C.G.A. 1835 nach einem Stahlstich von 1830

  • auch in Elberfeld eine Anlage projektierte. Die AGG passte. Schon seit Ende Juni hatte sich angedeutet, dass sie wegen der Mate-rialfrage von dem Projekt Abstand nehmen könnte, sei es wegen fehlender Expertise sei es aus Angst vor der eigenen Courage. Die örtliche Variante schied damit aus; das erleichterte nun allerdings das Abwägen.

    Zwar lag ein unterschriftsreifer Vertrag der Kölner Firma vor, am 5. Dezember 1837 fiel der Grundsatzbeschluss der Stadtverordne-ten jedoch zugunsten der Imperial Continen-tal Gas Association. Ihr Angebot war günsti-ger und sie hatte ja bereits die Beleuchtung großer Städte zur Zufriedenheit realisiert. Umgehend wurde der Regierungspräsident informiert und die I.C.G.A. gebeten, sich mit diesem in Verbindung zu setzen, um „jedem künftigen Missverständnis vorzubeugen.“Ungemach entstand gleichwohl.

    So sahen sich die Handelskammer und ein Ratsherr zu einem Sondervotum genötigt.

    Ende Mai 1837 erfolgte endlich die zweite Weichenstellung pro eiserne Röhren; zum einen weil sich irdene nicht dicht genug ver-binden ließen und zum anderen wegen ihrer „Gebrechlichkeit“. Gleichzeitig erkor man die AGG zum Vorzugspartner und bestimmte, dass die Londoner I.C.G.A. nur im Falle des Scheiterns der lokalen Lösung in Betracht käme. Der Oberbürgermeister gab sodann ein „Cahier de charges“, also ein Lastenheft, in Auftrag. Es diente als Ausschreibungsbasis und wurde vom Rat Anfang August gebilligt. Diverse Anmerkungen der Bezirksregierung erforderten allerdings Nachbesserungen. Inzwischen zog der zweite Herbst seit der Grundsatzentscheidung ins Land. Erst im Oktober folgte endlich die Ausschreibung in Kölner, Aachener, Lütticher und Brüsseler Zeitungen.

    Das Lastenheft umfasste 24 Artikel, die auch als Vertragsgrundlage dienten. Es gingen nur zwei Submissionen ein; eine von der I.C.G.A. und eine von der Kölner Firma Schmitz, die

    Stadtratsbeschluss pro I.C.G.A., vom 5. Dezember 1837

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    2.000 Stunden ermäßigte sich der Preis auf 3 Pfennig und darüber auf 2 Pfennig; eine auf Expansion setzende, anreizorientierte Regelung. Die tägliche Beleuchtungsdauer variierte zwischen 3 und 11 Stunden, je nach Jahreszeit und Aufstellungsort. Letztere bestimmte die Stadt ebenso wie die Zahl der Laternen, wobei der Regelabstand zwischen 25 und 30 Meter und die Hauptleitungslänge zunächst circa 15 km betragen sollte. Form und Farbe der Laternen bestimmte die Stadt ebenfalls, während das Unternehmen das Material „in gutem Ölanstrich“ zu erhalten hatte.

    Die Flammen selbst sollten weiß, in Fleder-mausform, die den Düsen geschuldet war, und zwar 7 cm lang und 5 cm hoch, bren-nen. Bezüglich der Helligkeit mussten sie „den Wirkungen der in Lüttich und Gent be-stehenden Gasbeleuchtungen wenigstens“ gleichkommen; ein vielsagender, relativer Bemessungsansatz.

    Der Rat befasste sich am 18. Dezember erneut mit der Angelegenheit, hielt aber, ge-stützt auf seine profunde Informationsbasis, an der Entscheidung fest. Um es vorweg zu nehmen: Die Wahl der risikoarmen Variante, ohne Abstriche bezüglich der Technologie zu machen, sollte sich schnell als richtig erwei-sen. Die gründliche Vorbereitung zahlte sich auch im weiteren Verfahren aus. Die Regie-rung erteilte am 22. Dezember die erforderli-che Genehmigung für den Vertragsabschluss. Dies war auch das Datum des Laufzeitbe-ginns des am 24. Februar 1838 notariell geschlossenen und nach zwanzig Jahren mit dem 21. Dezember 1857 endenden Vertrags zwischen der Stadt und dem englischen Unternehmen.

    Ein wohl tarierter Vertrag

    Anfänglich sollten 330 bis 340 Laternen jährlich mindestens 1.400 Stunden lang zu einem Preis von 5 Pfennig pro Stunde und Flamme die Straßen erhellen. Bei 1.400 bis

    Titelseite des Vertrags

    Sie sorgten sich wegen der Kosten des Groß-projekts und brachten erneut die Materialfra-ge aufs Tapet. Auch das Kölner Unternehmen gab sich noch nicht geschlagen.

  • Diese Bestimmungen galten für die gesamte Laufzeit des Kontraktes, wobei der Oberbür-germeister seine Hoffnung notariell protokol-lieren ließ, dass „im Interesse der hiesigen Einwohner“ die Gesellschaft die Preise noch ermäßigte, „um die Teilnahme an der Gas-Beleuchtung recht allgemein zu machen.“ Für Private gab es eine eigene Nutzungsordnung, die auch den offiziellen Namen der Aachener Dependance überliefert: „Gas-Erleuchtungs-Anstalt in Aachen der Imperial-Continental-Gas-Association zu London“.Neben technischen Details geben die Be-stimmungen Einblick in die Arbeitsweise der Stadtverwaltung und des Unternehmens und ihr jeweiliges Selbstverständnis. So enthielt das Vertragswerk Klauseln für die Handhabung von Konflikten sowie Strafen für Abweichungen von den Leuchtzeiten und für verzögert ausgeführte Reparaturen bei Gasaustritt. Die Karenzzeit für letztere betrug sicherheitsbedingt knappe zwei Stunden. Beide Parteien sollten hierfür Aufseher stellen können. Rechnungen musste die Stadt

    Umweltaspekte kamen dabei insofern zur Geltung, als das Gas so zu reinigen war, dass „die Anlage weder unangenehmen Geruch noch schädliche Ausdünstung“ verursachte. Davon abgesehen hatte sich das Unter-nehmen allen polizeilichen Maßregeln zu unterwerfen.

    Einmal mehr zukunftsweisend war die Bestimmung, dass, falls gewünscht, das Unternehmen auch die Beleuchtung von Kirchen, dem Theater, der Redoute und anderen öffentlichen Gebäuden übernehmen sollte. Für den in jeder Hinsicht erwünschten Gasbezug von Privatleuten garantierte die I.C.G.A. auf Drängen der Stadt „für Fabrikan-ten“ einen Maximalpreis von 3 Taler pro 1.000 Kubikfuß. Privatabnehmern garantierte sie für die Standardflamme „eine Heiligkeit wie von 12 Wachskerzen, je 10 und 1/3 Zoll lang … und deren 6 auf ein Pfund gehen“, zu einem Höchstpreis von 18 Taler p.a. für eine Zeit-spanne zwischen einbrechender Dunkelheit und 22 Uhr.

    Einladung zur Grundsteinlegung des Gaswerkes vom 14. April 1838

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    die aktuelle Situation widerspiegelnd, mit Spielraum für die Berücksichtigung künftiger Eventualitäten und damit für beide Seiten das nötige Maß an Sicherheit und Flexibili-tät bietend, das es braucht für eine auf 20 Jahre angelegte Kooperation zweier sich fast unbekannter Partner, die gemeinsam eine bahnbrechende Innovation implementieren wollen.

    Es werde Licht …

    Laut Vertrag sollte die Beleuchtung in den von der Stadtverwaltung benannten Stra-ßen vor Ablauf von drei Jahren auf Gas umgestellt sein. Bis dahin hatte die Gesell-schaft die Ölbeleuchtung zu den Gaspreisen aufrecht zu erhalten, wobei die Stadt die Ausrüstung stellte. Am 12. April 1838 erteilte die Regierung der I.C.G.A. die Konzession für die Gasbeleuchtung. Zwei Tage später, am 14. April, begann der Bau der Gasbehälter.

    Während der Bauphase begegnen einem

    spätestens fünf Tage nach Übergabe zahlen. Als vom Unternehmen zu stellendes Faust-pfand bedang sich die Stadt die gesamte Anlage aus. Die Pacht für das Betriebsgelän-de betrug 335 Taler p.a. Nicht zuletzt gab es verbindliche Regelungen für das Verhalten bei Vertragsablauf. Bei-den Parteien stand ein Kündigungsrecht zu, dessen Frist angesichts der umfangreichen Investition 18 Monate vor Ablauf lag. Die Stadt konnte die gesamte Anlage dann zum gutachterlich festgelegten Marktwert kaufen. Im Falle der Vertragsverlängerung konnten die Gaspreise neu ausgehandelt werden. Bei Nichtverlängerung und Nichtkauf durfte die Gesellschaft die Anlage für die Privatversor-gung zu unveränderten Konditionen weiter betreiben. Im Sinne der Planungssicherheit verlängerte eine später eingehende Kündi-gung die Laufzeit entsprechend.

    Auch aus heutiger Perspektive handelt es sich um einen wohl tarierten Vertrag:

    Nutzungsordnung (Auszug)

  • in den Akten die üblichen Aufregungen, Beschwerden, spontanen Entscheidungen und auch bewundernd-neugierige Anfragen anderer Städte. Angesichts des Umfangs der Maßnahme und der fehlenden Erfah-rungen verlief die Umsetzung erstaunlich reibungslos. Mit dazu bei trug fraglos der Einsatz versierter Facharbeiter. So schrieb der Aachener Oberbürgermeister im Febru-ar seinem Elberfelder Kollegen mit einem gewissen Stolz: „… es scheint mir jedoch die Bemerkung nicht überflüssig, dass die mit der Verbindung der Röhren beauftragten fremden Arbeiter (Engländer und Belgier) in dieser Manipulation eine besondere Fertigkeit besaßen, woher es denn gekommen ist, dass die Legung der Röhren rasch betrieben wor-den, und vorzüglich gut gelungen ist – unsere Gasbeleuchtung lässt nichts zu wünschen übrig.“ Die Stadt Elberfeld führte etwa gleich-zeitig mit Aachen – als erste Städte im Rhein-land - die Gasbeleuchtung ein. Allerdings setzte Elberfeld auf die billigeren Tonröhren, die jedoch schon 1840 nach und nach ersetzt

    Kölner Gaswerke der I.C.G.A. 1842

    175 Jahre Gasversorgung in Aachen20

  • 175 Jahre Gasversorgung in Aachen21

    Die Deckung der Mehrausgaben erfolgte aus den Pachteinnahmen für das Gelände der Gasanstalt, dem Verkauf alter Laternen, der letztlich rund 800 Taler einbrachte, und aus allgemeinen Einnahmen.

    Bereits 1839 wurden die vereinbarten 1400 Leuchtstunden überschritten, im Dezember jenes Jahres brannten 354 Gaslaternen. Eine erste Inspektion durch den Wasserbauin-spektor der Regierung ergab lediglich drei Monita wegen Geruchsbelästigung, Frostge-fahr und Kalklagerung im Freien. Sie ließen sich offenbar rasch abstellen. 1840 resümier-te der Oberbürgermeister die Entwicklung inhaltlich überaus positiv: „Aachen hatte vor zwei Jahren 200 Öllaternen, die während 960 Stunden für 3600 Tlr. p.a. durchschnittlich brannten; momentan brennen 360 Laternen etwa 1500 Stunden und kosten 7300 Tlr.; von November bis Februar wird die ganze Nacht hindurch beleuchtet, ansonsten nur bis Mitternacht, an Sonn und Feiertagen bis 01.00 Uhr. Sämtliche Einrichtungs- und

    men, drückenden Geruch verbreitet, was für sich allein schon ein Vorteil über die damp-fige Öl-Beleuchtung ist. Nochmals unseren Dank!“ Gelungener Start

    Könnte ein Start besser gelingen? Wohl kaum. Stadt, Bürger und Unternehmen waren zufrieden, wie die geringe Zahl der überlie-ferten Beschwerden und auch deren Qualität zeigt; und auch die weitere Entwicklung lässt sich selbst bei kritischer Würdigung nur als erfreulich bezeichnen. Schon Ende Oktober 1838 waren 236 Gaslaternen in Betrieb. Für den Monat Dezember addierten sich die städtischen Beleuchtungskosten auf noch 70 Taler für Öl und 604 Taler für Gas, was den Baufortschritt eindrucksvoll dokumentiert. Davon abgesehen überschritten die Be-leuchtungskosten für 1838 allerdings die auf Ölbasis veranschlagten 3666 Taler um 1289 Taler, also rund ein Drittel. Für 1839 erhöhte die Stadt das Budget deshalb auf 6961 Taler.

    werden mussten. Man hatte in Aachen also alles richtig gemacht. Am 9. September 1838 begann die Gaser-zeugung – früher als erwartet, und doch so erhofft. Am 12. September, es war ein Mittwochabend, erstrahlten Teile der Stadt erstmals im neuen Licht. Die Lokalpresse kommentierte euphorisch: „... an diesem Tage haben wir das Vergnügen gehabt, die Haupt-straßen und Plätze mit dem schimmernden Silberlicht erleuchtet zu sehen. Man muss der Unternehmung Dank wissen, dass sie mit solchem Eifer das löbliche Werk betrieben; und an ihrer Tätigkeit liegt es gewiss nicht, wenn nicht alle Straßen und Gassen der an Bevölkerung und schönen Gebäuden zuneh-menden Kaiserstadt diesen Winter noch mit Gas erleuchtet werden. Wir wollen hoffen, dass sie auf keine Unmöglichkeit stößt, um allen Straßen diesen, auch in polizeilicher Hinsicht großen Vorteil angedeihen zu lassen. Wir sehen ferner schon in vielen Laden das dunkelwolkige, rote Öllicht durch die heitere Gasflamme ersetzt, die nirgends unangeneh-

  • für Kommunen und Private und führte damit auch die Gasnutzung in neue Dimensionen. Das gilt auch für die Liaison mit der „Impe-rial Continental Gas Association“. Sie hielt fast 75 Jahre, bis 1912. In der Hoffnung auf Mehreinnahmen und zusätzlichen Gestal-tungsspielraum gliederte Aachen damals, dem allgemeinen Trend folgend, die Gasver-sorgung den seit Ende des 19. Jahrhunderts schrittweise entstandenen „Städtischen Elektrizitäts- und Wasserwerken“ an. Das er-folgreiche Private Public Partnership Modell, wie es sich heute wohl nennen würde, schien überholt. Wie jede Epoche suchte die Indust-riegesellschaft neue Lösungen für die grund-legenden Infrastruktur-Herausforderungen des Lebens in der Stadt. Die Stadt entwickel-te sich in diesem Prozess mehr denn je zum Dienstleistungsanbieter. Dies aber ist eine andere spannende Geschichte, die an anderer Stelle zu erzählen sein wird.

    Unterhaltskosten inkl. Laternen gehen zu Lasten der Gesellschaft. Der Verbrauch der Laternen beläuft sich auf 5 bis 5,5 Kubikfuß pro Stunde. Die optimale Entfernung für eine gute Beleuchtung beträgt für Plätze und breite Straßen 6,66 bis 8 Ruten [1 Rute = 3,77 m], für gewöhnliche Straßen 9 bis 12 Ruten. Aachen hat über 20 Jahre kontraktiert. Die Kohlepreise sind hier wahrscheinlich günstig mit Auswirkungen auf den Gaspreis.“

    Eine Erfolgsgeschichte

    In den 1840er Jahren begann die Stadt dann, wie im Vertrag ins Auge gefasst, mit der Um-stellung der öffentlichen Gebäude auf Gaslicht. Nur das begrenzte private Interesse trübte die Erfolgsgeschichte der Gasversorgung in der Anfangszeit etwas. Selbst zu Ende der 1850er Jahre brannten in den 3450 Häusern der Stadt erst 770 Gaslampen, während 81 von 114 Straßen gasbeleuchtet waren. In der Folge aber intensivierte sich die Industrialisierung mit Macht, schuf neue Gestaltungsspielräume

    175 Jahre Gasversorgung in Aachen22

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  • 175 Jahre Gasversorgung in Aachen23

    Chronik175 Jahre Versorgungs-infrastruktur für Aachen

  • 175 Jahre Gasversorgung in Aachen24

  • 175 Jahre Gasversorgung in Aachen25

  • 1887-1893 Erneut erkennt die Stadt die Zeichen der Zeit: Am 17. Juli 1887 erstrahlen Rathaus, Dom, Salvatorkirche, St. Peter und die Technische Hochschule im Schein elektrischer Be-leuchtung. Auftragnehmer sind die „Deut-schen Elektrizitätswerke zu Aachen, Garbe, Lahmeyer & Co. AG.“ Um dem Image einer modernen Großstadt gerecht zu werden, ent-scheidet sich die Stadtverwaltung Ende 1891 für die Errichtung eines eigenen Elektrizitäts-werks in der Borngasse. Der Bau erfolgt auf städtische Kosten, den Betrieb übernimmt die „Firma Schuckert & Co. zu Nürnberg“, die das Werk ab 1. Januar 1893 auf 30 Jahre pachtet.

    1871-1890Die im Laufe der Jahrhunderte angeleg-ten Kanäle im Stadtgebiet sind inzwischen undicht geworden, die Verseuchung des Bodens und des Trinkwassers entwickeln sich zu einer ernsthaften Gefahr für Leben und Gesundheit der Aachener Bevölkerung. In dieser Situation beschließt die Stadt den Aufbau einer zentralen Wasserversorgung. Nach 9-jähriger Bauzeit gehen am 9. Juni 1880 die erste Wassergewinnungsanlage der Stadt Aachen, der Eicher Stollen und ein 55 km langes Transport- und Versorgungsnetz in Betrieb.

    1838Der Aachener Stadtrat beschließt 1836 mit der Zeit zu gehen: Die Straßenbeleuchtung soll von ÖI- auf Gaslicht umgestellt werden. Den Zuschlag dafür erhält 1837 die Londoner „Imperial-Continental-Gas-Association“. Nach rekordverdächtiger Bauzeit nimmt sie am 9. September 1838 das erste Aachener Gaswerk an der Richardstraße in Betrieb. Am 12. September, es war ein Mittwoch-abend, erstrahlen Teile der Stadt erstmals im neuen Licht.

    1880: Thomas Alva Edison verbessert die Glühlampe, Basispatent Nummer 223898.

    1891: Die Internationale Elektrotechnische Ausstellung in Frankfurt zeigt, dass elektrische Energie über größere Entfernungen transportiert werden kann.

    1840: William Robert Grove entwickelt die erste Platindrahtglühlampe.

  • 1931Da es inzwischen technisch möglich ist, Kokereigas aufzubereiten und zu verwerten, vereinbart die Stadt Aachen in den 1920er Jahren mit dem EBV und den „Thyssenschen Gas- und Wasserwerken“ die Lieferung von Ferngas nach Aachen. Da sich das System der Fremdversorgung bewährt, endet 1931 die Eigenproduktion von Gas in Aachen.

    1912Nachdem die Stadt das Gaswerk übernom-men hat, verwaltet sie nun alle drei Versor-gungsbereiche, Strom-, Gas- und Wasser. Mit immer stärker zunehmendem Energiebedarf wachsen der städtische Betrieb und sein Ver-sorgungsnetz nun unter dem Namen „Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke der Stadt Aachen“.

    1901Die Stadt Aachen macht von ihrem vertrag-lichen Recht Gebrauch und übernimmt die Aachener Elektrizitätsversorgung von der Firma Schuckert & Co. Zusammen mit der Wasserversorgung wird das E-Werk nun unter ihre Direktion gestellt. In den folgenden Jahrzehnten entsteht ergänzend zur eigenen Stromerzeugung ein Stromverbund mit der Heimbacher „Rurtalsperren-Gesellschaft mbH“, mit dem „Hüttenwerk Rothe Erde“, dem „Eschweiler Bergwerksverein“ (EBV) sowie mit der Weisweiler „Braunkohlen Industrie AG Zukunft“ (BIAG).

    1896: In den USA gibt es die endgültige Wende zu Gunsten des Wechselspannungssystems.

    1896: An den Niagarafällen entsteht das erste Groß-Wasserkraftwerk der Welt.

    1901: Der Amerikaner Alva J. Fisher entwickelt die elektrische Waschmaschine.

  • 1959-1963In nur dreieinhalb Jahren wird das bis dato größte Projekt der Stadtwerke erfolgreich über die Bühne gebracht: Der „Energiering“ um Aachen, ein ringförmiges 110-kV-Hoch-spannungsnetz inklusive der dazugehörigen Umspannwerke, Schalt- und Überwachungs-stationen. Über Jahrzehnte hinweg sichert er fortan Transport, Verteilung und Überwa-chung der elektrischen Energie in Aachen. Die Anordnung der Hochspannungsleitung ermöglicht die Weiterversorgung von Gebie-ten, die bei einer Störung von Stromausfall betroffen wären, von einem anderen Punkt der Ringleitung aus.

    1945-1956Nachdem der Zweite Weltkrieg einen Groß-teil der Versorgungsinfrastruktur in Trüm-mer gelegt hat, ist zunächst nicht an einen geordneten Energie- und Wasservertrieb zu denken. Infolge der Währungsreform und der Aufhebung der Gasrationierung 1948 gelingt es den Stadtwerken aber, ihr Versor-gungsnetz Schritt für Schritt zu reaktivieren. Im Frühjahr 1949 findet schließlich auch die Stromrationierung ein Ende. 1956 ist endlich wieder das Vorkriegsniveau erreicht.

    1938Die „Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke der Stadt Aachen“ werden zu einem städtischen Eigenbetrieb, unter der Firma „Stadtwerke Aachen“ zusammengefasst.

    1927: Am Hengsteysee beginnt der Bau eines der ersten großen Pumpspeicherkraftwerke.

    1958 : Als erster Satellit mit Solarzellen startet Vanguard 1 in die Erdumlaufbahn.

    1962: Nick Holonyak entwickelt die erste Leuchtdiode.

  • 1975Die STAWAG nimmt ihre Zentralwarte in Betrieb. Dieses elektronische Kontroll- und Steuerzentrum ist das erste seiner Art in Deutschland. 365 Tage im Jahr, sieben Tage in der Woche, 24 Stunden täglich lassen sich von hier aus alle Versorgungsbereiche zent-ral überwachen und steuern.

    1969/1970Da Gaslieferant Thyssen künftig nur noch Erdgas abgeben wird, es zudem umwelt-freundlicher ist und einen 90% höheren Heizwert aufweist, treibt die STAWAG die Umstellung der Gasversorgung von Kokerei-gas auf Erdgas voran.

    1967Am 24. Oktober 1967 beschließt der Stadtrat, den inzwischen mehr als 200 Mitarbeiter zählenden städtischen Betrieb in ein eigen-ständiges Unternehmen zu überführen: Die „Stadtwerke“ werden am 11. Dezember in eine Aktiengesellschaft umgewandelt - die Geburtsstunde der „STAWAG, Stadtwerke Aa-chen AG“. Das Aktienkapital geht in die Hände der Stadt über, die damit Eigentümerin des Unternehmens bleibt.

    1967: Großbritannien beschließt die Umstellung von Stadtgas auf Erdgas.

    1980: Philips bringt mit der „SL* Lampe“ die erste „kompakte schmalröhrige Leuchtstofflampe“ auf den Markt.

  • 1989Der neue Konzessionsvertrag mit der Stadt Aachen schreibt fest, dass die STAWAG für die nächsten 20 Jahre die Versorgung des gesamten Stadtgebietes mit Strom, Gas und Wasser übernehmen wird. Immer stärker verankert sich das Thema Umweltschutz als Unternehmensaufgabe im Unternehmens-leitbild. Im Bereich erneuerbare Energien entsteht die erste Photovoltaik-Anlage auf dem Dach einer ihrer Werkstätten.

    1987Die STAWAG nimmt regenerative Energien stärker in den Blick. In der Druckregelanlage Schmithof errichtet sie eine Wasserkraft-anlage, die den überschüssigen Druck des Talsperrenwassers in elektrische Energie umwandelt.

    1986-1996Die STAWAG beschließt, den Versorgungs-bereich Wärme auf eine breitere Basis zu stellen. Sie übernimmt das Fernwärmenetz der „ebv-fernwärme gmbh aachen“. Energie-effizienz und Umweltfreundlichkeit werden künftig groß geschrieben. Das Heizwerk Rahe in Laurensberg wird 1991 zum ersten moder-nen Blockheizkraftwerk der STAWAG umge-baut. Der energiesparende und umweltscho-nende Prozess der Kraft-Wärme-Kopplung bildet seither einen zentralen Bestandteil der Energiestrategie des Unternehmens.

    1989: Als letzter kommerzieller Kernreaktor der Bundesrepubik geht der Block 5 des Kernkraftwerks Greifswald ans Netz.

    1991: Mit dem Stromeinspeisungsgesetz beginnt der Aufschwung der Windenergie in Deutschland.

  • 1992: Das Schweizer Unternehmen Velocity stellt die ersten marktreifen Pedelecs vor.

    2003Mit der Gründung der „STAWAG Energie GmbH“ etabliert die STAWAG als eines von wenigen Energieunternehmen in Deutschland eine eigene Projektentwicklungsgesellschaft für erneuerbare Energieanlagen, welche die komplette Wertschöpfungskette von der Auswahl geeigneter Standorte über Planung, Entwicklung und Finanzierung bis hin zu Bau und Betriebsführung betreut.

    1999-2004Um sich den Herausforderungen liberalisier-ter Strommärkte gestärkt stellen zu können, gründet die STAWAG zusammen mit anderen deutschen und niederländischen Stadtwer-ken die kommunale Energiehandelsgesell-schaft „Trianel European Energy Trading GmbH“ mit Sitz in Aachen. Dahinter steht die Idee, die Interessen von Stadtwerken und kommunalen Energieversorgern zu bündeln und ihre Unabhängigkeit im Wettbewerb zu sichern. Nach EU-Vorgabe und gemäß der Bestimmungen des „Energiewirtschaftsge-setzes“ (EnWG) müssen Energieversorger zugunsten von mehr Wettbewerb in den Versorgungsbereichen Strom und Gas den Netzbetrieb von den Bereichen Erzeugung und Vertrieb bis spätestens 1. Juli 2007 tren-nen. Die STAWAG reagiert 2004 frühzeitig mit der Gründung der „STAWAG Netz GmbH“, die Pächterin aller Netze wird und alle Aufgaben des Netzmanagements übernimmt.

    1997STAWAG und die „Wasserwerk des Kreises Aachen GmbH“ (WdKA) gründen gemeinsam die „Wassergewinnungs- und -aufbereitungs-gesellschaft Nordeifel mbH“ (WAG), um die Trinkwasserversorgung des Aachener Raums langfristig zu sichern. Der Gründungsvertrag legt fest, dass die STAWAG die Wasservertei-lungsanlagen der WdKA im Stadtgebiet von Aachen aufkauft und den Betrieb zum 30. Juni 1999 übernimmt.

    1998: Der Energiemarkt in Deutschland wird liberalisiert.

    2000: Das Gesetz für den „Vorrang Erneuerbarer Energien“, besser bekannt als „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) tritt in Kraft

  • 2009/2010Auch für die nächsten 20 Jahre übernimmt die STAWAG die Zuständigkeit für die Ver-sorgung des gesamten Stadtgebiets mit Strom, Gas, Wasser und Wärme. Vor dem Super C der RWTH Aachen wird im Mai die erste öffentliche Elektro-Tankstelle Aachens, betrieben von der STAWAG, eröffnet. Bei der Ausstattung ihres Fuhrparks sowie für Botenfahrten im Stadtgebiet legt das Unter-nehmen schon seit den 1980er Jahren Wert auf den Einsatz möglichst emissionsarmer Fahrzeuge.

    2008/2012Die STAWAG und die Stadt Aachen halten ihre Zusammenarbeit im Rahmen des „Ener-gieeffizienzkonzeptes“ vertraglich fest. Das gemeinsam entwickelte Programm gewinnt vier Jahre später den ersten Preis beim Wettbewerb „Energieeffizienz in Kommunen – Gute Beispiele 2012“ der Deutschen Energie-Agentur.

    2006Zum 1. Januar übernimmt die neu gegrün-dete „STAWAG Abwasser GmbH“ den Betrieb der Abwasserkanäle von der Stadt Aachen. Im Bereich regenerativer Energien stellt die STAWAG in Kerpen eine Biomasseanlage zur Biogaserzeugung fertig. Eine weitere Anlage am Niederrhein speist seit Dezember 2006 das erste Biogas in das NRW-Erdgasnetz ein. Für ihr Engagement, erneuerbare Energi-en im eigenen Erzeugungsmix und in der Region voranzubringen, wird die STAWAG im November mit dem „Deutschen Solarpreis“ ausgezeichnet.

    2009: Eine Verordnung der Europäischen Union zum stufenweise Herstellungs- und Vertriebsverbot von Lampen geringer Energieeffizienz läutet das Ende der klassischen Glühbirne ein.

  • 2013Die STAWAG wird Regionalversorger: Erst-mals in ihrer 175jährigen Unternehmens-geschichte beginnt der Energieversorger, auch außerhalb Aachens Strom und Gas zu verkaufen bzw. Netze zu betreiben. Die neuen Tätigkeitsgebiete liegen in der Eifel, aber auch in der Nähe von Köln und Bonn sowie in der Hansestadt Lübeck.

    Zusammengestellt von Michelle Abbas

    2010-2012Die STAWAG forciert ihre umweltorientierte Geschäftspolitik: Seit April 2010 bietet sie ein neues Ökostrom-Produkt an, das zu 100 Prozent aus Wind- und Wasserkraft besteht. Um die Position in der Energiewende weiter zu stärken setzt das Unternehmen stärker denn je auf Erneuerbare Energien. Als neues Wachstumsfeld spielt vor allem die Wind-energie eine immer wichtigere Rolle. Seit der Inbetriebnahme eines eigenen Windparks im Hunsrück 2011 und der Beteiligung an einem Offshore-Windpark auf Borkum soll auch die Windkraft in der Städteregion Aachen einen Schwerpunkt in der Ausbaustrategie einneh-men. Hier stehen die Windparks Düren-Echtz, Aachener Norden sowie Aachener Münster-wald teils vor der Realisierung, teils vor der Genehmigung.

    2011: Nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima beschließt die Bundesregierung den endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie.

  • Prof. Dr. Paul Thomes

    Univ.-Prof. Dr. Paul Thomes leitet das Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Technologie-geschichte an der Fakultätfür Wirtschafts-wissenschaften der RWTH Aachen.

    Dr. Mathias Mutz

    Dr. Mathias Mutz ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Technologiegeschichte und dort verantwortlich für den Schwerpunktbereich Technologie- und Innovationsgeschichte.

    Michelle Abbas M.Sc.

    Michelle Abbas ist WissenschaftlicheMitarbeiterin am Institut für Wirtschafts-,Sozial- und Technologiegeschichte.

    Wir bedanken uns herzlich bei den Autoren

  • Impressum

    HerausgeberSTAWAG Stadtwerke Aachen AGLombardenstraße 12-2252070 Aachenwww.stawag.de

    Gestaltung:wesentlich. Aachen

    Druck: Druckerei Ralf Küster, Aachen