2 ArthroskopischeVersorgung einersuprakondylären … · 2020. 12. 4. · wird dann ein retrograder...

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Arthroskopie AGA-Studenten Arthroskopie 2021 · 34:74–79 https://doi.org/10.1007/s00142-020-00422-x Online publiziert: 4. Dezember 2020 © Der/die Autor(en) 2020 Florian Schitz 1,2 · Sebastian Rilk 1,2 · Rudolf Schabus 1,2 1 Sport & Trauma – Wiener Privatklinik, Wien, Österreich 2 Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich Arthroskopische Versorgung einer suprakondylären Femurfraktur bei einliegender Knietotalendoprothese mittels retrogradem Femurnagel Durch das zunehmende Alter der Bevöl- kerung, die daraus resultierende Zunah- me der Implantation von Knietotalendo- prothesen (Knie-TEP) und die dadurch bedingte vermehrte körperliche Aktivität der Menschen im Alter erhöht sich die ab- solute Anzahl an periprothetischen Frak- turen. Rund 75 % aller periprothetischen Frakturen entstehen durch Bagatell- und Niedrigenergietraumen in Zusammen- hang mit lokalen und systemischen Ri- sikofaktoren [14, 16]. Periprothetische Frakturen des distalen Femurs sind in 0,3–2,5% der Fälle mit der Implantation primärer Knie-TEP assoziiert [17, 18]. Das Risiko einer distalen periprotheti- schen Fraktur steigt bei Revisions-Knie- TEP auf 1,6–38% an [5, 17, 18]. Der Anstieg nach Revisionseingriffen dürſte durch einen minderwertigen Knochen- stock bedingt sein [14]. Der Großteil der Frakturen entfällt auf das distale Femur, wobei tibiale Frakturen und Frakturen der Patella seltener sind [1]. Periprothetische Frakturen stellen ei- ne Herausforderung in der erapie dar und bedürfen häufig einer interdiszipli- nären Betreuung. Die meisten Behand- lungsverfahren sind mit großen aufwän- digen Operationen verbunden. Demge- genüber stellt die arthroskopisch unter- stützte Versorgung mittels retrogradem Femurnagel eine weniger invasive und schonendere Technik dar. Die Autoren F. Schitz und S. Rilk haben zu gleichenTeilenzum Manuskript beigetragen. Risikofaktoren für das Auſtreten einer periprothetischen Fraktur sind schlechte Knochenqualität (Osteoporose, Osteo- malazie), ausgeprägte Komorbiditäten und Patienten mit erhöhtem Sturzrisiko. Des Weiteren spielen lokale Faktoren, wie Prothesenlockerung, Infekte (auch Low-grade-Infekte), Osteolysen, Ach- senfehlstellungen und Verschleiß von Prothesenkomponenten eine Rolle [7, 12]. Für die Einteilung periprothetischer Frakturen des distalen Femurs liegen ei- nige Klassifikationen vor, z.B. Su et al. [22] oder Kim et al. [13]. Die am meisten verbreitete ist die von Rorabeck und Tay- lor, welche 1999 publiziert wurde [19]. Diese Klassifikation stellt die Grundlage für die Wahl der erapie dar. Es wer- den drei unterschiedliche Frakturtypen anhand der Faktoren „Dislokation der Fraktur“ und „Prothesenstabilität“ un- terschieden (. Tab. 1; . Abb. 1). Ein entscheidender Faktor für die er- folgreiche erapie ist die richtige Klassi- fikation der Fraktur. Primär ist die Unter- scheidung zwischen einem festen, intak- ten Prothesensitz (Rorabeck Typ I und II) und einer Fraktur mit Prothesenlocke- rung (Rorabeck Typ III) von Relevanz für die erapieentscheidung [15]. Zei- chen für eine Prothesenlockerung kön- nen sein: 4 Beschwerden im Bereich der Prothe- senregion, die bereits vor dem Sturz bestanden haben, 4 im Röntgen sichtbarer Lysesaum im Bereich der Prothese, 4 Einsinken der Prothese in der Rönt- genaufnahme oder Separation von Zement [4]. Ziel der erapie ist die frühzeitige Mobi- lisierung der Patienten und eine Vermei- dung sekundärer Komplikationen. Be- trachtet man insbesondere die bei diesem Patientenkollektiv sowichtige frühzeitige Mobilisation, so ist diese durch eine kon- servative erapie nicht möglich. Daher ist der operative Eingriff in den meisten Fällen die bevorzugte erapiemethode [6, 16]. » Der entscheidende Faktor in der Therapie ist die Klassifikation der Fraktur Im Rahmen der operativen Versorgung kommt eine LCP-Platte („locking com- pression plate“) oder ein retrograder Marknagel zum Einsatz. Weitere e- rapieoptionen stellen die Verwendung Tab. 1 Rorabeck-Klassifikation Rorabeck-Klassifikation Typ I Fraktur undisloziert, Prothese mit festem Sitz Typ II Fraktur disloziert, Prothese mit festem Sitz Typ III Fraktur (un)disloziert, Prothese gelockert 74 Arthroskopie 1 · 2021

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  • ArthroskopieAGA-Studenten

    Arthroskopie 2021 · 34:74–79https://doi.org/10.1007/s00142-020-00422-xOnline publiziert: 4. Dezember 2020© Der/die Autor(en) 2020

    Florian Schitz1,2 · Sebastian Rilk1,2 · Rudolf Schabus1,2

    1 Sport & Trauma – Wiener Privatklinik,Wien, Österreich2Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich

    Arthroskopische Versorgungeiner suprakondylärenFemurfraktur bei einliegenderKnietotalendoprothese mittelsretrogradem Femurnagel

    Durch das zunehmende Alter der Bevöl-kerung, die daraus resultierende Zunah-me der Implantation von Knietotalendo-prothesen (Knie-TEP) und die dadurchbedingte vermehrte körperlicheAktivitätderMenschenimAltererhöhtsichdieab-soluteAnzahl anperiprothetischenFrak-turen. Rund 75% aller periprothetischenFrakturen entstehen durch Bagatell- undNiedrigenergietraumen in Zusammen-hang mit lokalen und systemischen Ri-sikofaktoren [14, 16]. PeriprothetischeFrakturen des distalen Femurs sind in0,3–2,5% der Fälle mit der Implantationprimärer Knie-TEP assoziiert [17, 18].Das Risiko einer distalen periprotheti-schen Fraktur steigt bei Revisions-Knie-TEP auf 1,6–38% an [5, 17, 18]. DerAnstieg nach Revisionseingriffen dürftedurch einen minderwertigen Knochen-stock bedingt sein [14]. Der Großteil derFrakturen entfällt auf das distale Femur,wobei tibiale Frakturen und Frakturender Patella seltener sind [1].

    Periprothetische Frakturen stellen ei-ne Herausforderung in der Therapie darund bedürfen häufig einer interdiszipli-nären Betreuung. Die meisten Behand-lungsverfahren sind mit großen aufwän-digen Operationen verbunden. Demge-genüber stellt die arthroskopisch unter-stützte Versorgung mittels retrogrademFemurnagel eine weniger invasive undschonendere Technik dar.

    Die Autoren F. Schitz und S. Rilk haben zugleichenTeilenzumManuskriptbeigetragen.

    Risikofaktoren für dasAuftreten einerperiprothetischen Fraktur sind schlechteKnochenqualität (Osteoporose, Osteo-malazie), ausgeprägte Komorbiditätenund Patienten mit erhöhtem Sturzrisiko.Des Weiteren spielen lokale Faktoren,wie Prothesenlockerung, Infekte (auchLow-grade-Infekte), Osteolysen, Ach-senfehlstellungen und Verschleiß vonProthesenkomponenten eine Rolle [7,12].

    Für die Einteilung periprothetischerFrakturen des distalen Femurs liegen ei-nige Klassifikationen vor, z.B. Su et al.[22] oder Kim et al. [13]. Die ammeistenverbreitete ist die von Rorabeck und Tay-lor, welche 1999 publiziert wurde [19].Diese Klassifikation stellt die Grundlagefür die Wahl der Therapie dar. Es wer-den drei unterschiedliche Frakturtypenanhand der Faktoren „Dislokation derFraktur“ und „Prothesenstabilität“ un-terschieden (. Tab. 1; . Abb. 1).

    Ein entscheidender Faktor für die er-folgreicheTherapie ist die richtigeKlassi-fikationder Fraktur. Primär ist dieUnter-scheidung zwischen einem festen, intak-tenProthesensitz (RorabeckTyp Iund II)und einer Fraktur mit Prothesenlocke-rung (Rorabeck Typ III) von Relevanzfür die Therapieentscheidung [15]. Zei-chen für eine Prothesenlockerung kön-nen sein:4 Beschwerden im Bereich der Prothe-

    senregion, die bereits vor dem Sturzbestanden haben,

    4 im Röntgen sichtbarer Lysesaum imBereich der Prothese,

    4 Einsinken der Prothese in der Rönt-genaufnahme oder Separation vonZement [4].

    ZielderTherapie istdie frühzeitigeMobi-lisierung der Patienten und eine Vermei-dung sekundärer Komplikationen. Be-trachtetman insbesondere die bei diesemPatientenkollektiv sowichtige frühzeitigeMobilisation, so ist diese durch eine kon-servative Therapie nicht möglich. Daherist der operative Eingriff in den meistenFällen die bevorzugte Therapiemethode[6, 16].

    » Der entscheidende Faktor inder Therapie ist die Klassifikationder Fraktur

    Im Rahmen der operativen Versorgungkommt eine LCP-Platte („locking com-pression plate“) oder ein retrograderMarknagel zum Einsatz. Weitere The-rapieoptionen stellen die Verwendung

    Tab. 1 Rorabeck-Klassifikation

    Rorabeck-Klassifikation

    Typ I Fraktur undisloziert, Prothesemit festem Sitz

    Typ II Fraktur disloziert, Prothese mitfestem Sitz

    Typ III Fraktur (un)disloziert, Prothesegelockert

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    https://doi.org/10.1007/s00142-020-00422-xhttp://crossmark.crossref.org/dialog/?doi=10.1007/s00142-020-00422-x&domain=pdf

  • Abb. 18 Rorabeck-Klassifikation. (© Leonore Schlee)

    Abb. 29 Präope-ratives Röntgena.-p. (a) und seit-lich (b)

    eines Stems oder Sleeves dar. Bei Frak-turen mit stabiler Knie-TEP (RorabeckTyp I und II) kann die Prothese belassenwerden, sofern sich diese intraoperativnicht als gelockert darstellt. Bei Fraktu-ren mit zusätzlicher Prothesenlockerung(Rorabeck Typ III) hat ergänzend zurFrakturversorgungeinWechselderKnie-TEP zu erfolgen.

    Für die präoperative Planung ist so-mit die Kenntnis der Lokalisation derFraktur und Stabilität der einliegendenKnie-TEP essenziell. Auch die Anzahlund Größe der Frakturfragmente solltehierbei beachtet werden. Um sich einenbesserenÜberblick über den Frakturver-lauf und die Fragmente zu verschaffen,ist die Durchführung einer Computerto-mographie (CT) empfehlenswert [2].

    Bei Vorliegen einer Fraktur Typ Rora-beck I und II ist eine Versorgung mittelsLCP-Platte oder retrogradem Markna-gel möglich. Die LCP-Platte kann ent-weder durch direkte Frakturreposition inder Mini-open-Technik, mit der direk-ten Fixation durch Drahtzerklagen oderminimal-invasiv mit indirekter Fraktur-reposition durchgeführt werden. Bei derVersorgung der Fraktur mittels retrogra-demMarknagel ist das Design der femo-ralen Komponente der Knie-TEP ent-scheidend. Knieprothesen, deren femo-rale Komponente eine geschlossene fe-morale Box aufweisen, kommen für dieretrograde Marknagelung nicht in Fra-ge, da der Eintrittspunkt des Nagels inder Notch durch die Prothese verdecktist. Ebenso ist bei einem Prothesende-

    sign mit femoralem Stiel die Nagelosteo-synthese nicht durchführbar. Die Ver-sorgung mittels retrogradem Femurna-gel stellt die weniger invasive Technikdar. Zudem kommt es im Vergleich zurVersorgung mittels LCP-Platte, bei ei-ner teilweise kritischen Weichteilsituati-on, zu einer zusätzlichen Schonung derWeichteile.

    Die Rorabeck-Fraktur vom Typ IIImit gelockerter Prothese ist eine ein-deutige Indikation für den Prothesen-wechsel. Um bei solch einem Wechselausreichend Stabilität zu erlangen, wirdhierbei zumeist eine langstieligeProtheseimplantiert. Sowohl bei der Einbringungeines retrograden Femurnagels als aucheiner Knieprothese mit langem Stiel istbei der Planung auf das Vorliegen einerHüft-TEP oder eines proximalen intra-medullären Nagels zu achten. Es ist wei-terhin darauf zu achten, dass es zwischendenbeiden Implantaten zu keinerBerüh-rung/Überlappung („kissing implants“)kommt. Um ein erhöhtes Frakturrisikozwischen proximalem und distalem Im-plantat zu vermindern, sollte ein Trans-plantatabstand vonmindestens 3cm ein-gehalten werden [9]. Die endgültige Ent-scheidung zur Therapie der Wahl ist fürjedenPatienten individuell zu treffenundsollte nach den o. g. Überlegungen erfol-gen.

    Fallbericht

    Anamnese

    Eine 80-jährige Patientin stellt sich, nachSturz inderHäuslichkeit,mitderRettungin der Klinik vor. Anamnestisch gibt diePatientin an, im Treppenhaus gestürztzu sein. Seither habe sie Schmerzen imBereich des linken Oberschenkels undkönne nicht mehr auftreten. Des Weite-ren werden Schmerzen im Bereich derlinken Hüfte angegeben.

    Befund und Diagnostik

    InderklinischenUntersuchungzeigt sichüber dem linken Kniegelenk eine Nar-be des medialen parapatellaren Zugangs.Die Knie-TEP links wurde primär 2006bei der Diagnose Gonarthrose implan-tiert. Der linke Oberschenkel präsentiert

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  • sich stark schmerzhaftmit Punctumma-ximum im distalen Drittel. Die Beweg-lichkeit des Kniegelenks und desHüftge-lenks ist schmerzhaft reduziert. Die peri-phere Durchblutung, Motorik und Sen-sibilität zeigen sich im Seitenvergleichohne pathologischen Befund.

    Die Röntgendiagnostik (a.-p. undseitlich) ergibt im Bereich des linkendistalen Oberschenkels eine suprakon-dyläre, schräg verlaufende Fraktur miteiner Achsenabweichung nach lateral(. Abb. 2). Die Knie-TEP zeigt eine re-gelrechte Position und Artikulation derProthesenteile. Im Röntgen der linkenHüfte kann kein sicherer Nachweis füreine rezente posttraumatische Knochen-affektion am Schenkelhals erfolgen.

    Diagnose

    Bei dieser suprakondylären Fraktur han-delt es sich um eine Rorabeck-FrakturTyp II (dislozierte Fraktur mit festemProthesensitz). Hierdurch ergibt sich dieIndikation zur operativenFrakturversor-gung.

    Therapie und Verlauf

    Aufgrund des in der Klinik nicht vor-rätigen retrograden Femurnagels wurdedie primäre Stabilisierung mittels Fixa-teur externe durchgeführt. In Intubati-onsnarkose erfolgt die initiale Repositionder Fraktur mit anschließender Anlagedes Fixateur externe.

    In der durchgeführten CT konntenkeine Lockerungszeichen der Prothesevorgefunden werden. Daher erfolgt nach2TagenpräoperativerPatientenvorberei-tung eine weitere Operation zur arthros-kopischen Einbringung eines retrogra-den Femurnagels. Die Möglichkeit hier-zu besteht aufgrund des Vorliegens ei-nes K-TEP-Designs mit offener femora-ler Box.

    Die Operation wird erneut in In-tubationsnarkose, Rückenlagerung undBeugung des Kniegelenks in 60°, nachDesinfektion des Operationsgebiets undsterilem Abdecken durchgeführt. Nachder vollständigen Entfernung des Fi-xateur externe wird ein mediales undlaterales Arthroskopieportal am Knie-gelenk angelegt. Mit der Kamera wird

    Zusammenfassung · Abstract

    Arthroskopie 2021 · 34:74–79 https://doi.org/10.1007/s00142-020-00422-x© Der/die Autor(en) 2020

    F. Schitz · S. Rilk · R. Schabus

    Arthroskopische Versorgung einer suprakondylären Femurfrakturbei einliegender Knietotalendoprothese mittels retrogrademFemurnagel

    ZusammenfassungHintergrund. Durch das stetig zunehmendeAlter der Bevölkerung, die vermehrtenImplantationen von Knietotalendoprothesen(Knie-TEP) und die gesteigerte körperlicheAktivität der Menschen im Alter erhöhtsich dementsprechend die absolute Anzahlperiprothetischer Frakturen. Die Behandlungdieser Frakturen stellt eine Herausforderungdar und kann operativ durch den Einsatzeiner LCP-Platte („locking compressionplate“), eines Stems, eines Sleeves oder einesretrograden Marknagels versorgt werden. Einentscheidender Faktor für die erfolgreicheTherapie ist die richtige Klassifikation derFraktur.Fallbericht. Eine 80-jährige Patientin stelltesich, nach Sturz in der Häuslichkeit, in derKlinik mit einer periprothetischen Fraktur

    vor. Die Röntgendiagnostik ergab im Bereichdes linken distalen Oberschenkels einesuprakondyläre, schräg verlaufende Frakturmit einer Dislokation des distalen Fragmentsnach lateral. Die periprothetische Frakturwurde unter arthroskopischer Sicht mittelseines retrograden Marknagels versorgt.Schlussfolgerung. Die Versorgung distalerperiprothetischer Frakturen stellt weiterhineine Herausforderung für den Operateurdar. Beide Operationsmethoden haben ihreBerechtigung in der Versorgung distalerperiprothetischer Femurfrakturen.

    SchlüsselwörterKniegelenkersatz · Periprothetische Frak-tur · Retrograder Marknagel · Stabilität ·Klassifikation

    Arthroscopic treatment of a supracondylar femoral fracturewithtotal knee arthroplasty and retrograde femoral nailing

    AbstractBackground. Due to a continuously agingsociety, the increasing implantation ofprostheses by total knee arthroplasty (TKA)and the increased level of activity of olderpeople, the absolute number of periprostheticfractures is rising accordingly. Periprostheticfractures are challenging to treat and surgicaltreatment is provided by locking compressionplates (LCP), stems, sleeves or retrogradeintramedullary nailing (RIMN). A decisivefactor for successful treatment is the correctclassification of the fracture.Case report. An 80-year-old female patientpresented with a periprosthetic femoral frac-ture after a domestic fall. The X-ray showed an

    oblique supracondylar periprosthetic fractureof the left distal femur with a lateral axismisalignment. The periprosthetic fracture wastreated by arthroscopically assisted RIMN.Conclusion. The treatment of distal peripros-thetic fractures is still a challenging procedurefor surgeons. Both surgical methods areeligible for the treatment of distal prostheticfemoral fractures.

    KeywordsKnee replacement · Periprosthetic fracture ·Retrograde intramedullary nailing · Stability ·Classification

    zuallererst die Fossa intercondylaris dar-gestellt und ein exakterEintrittspunkt amunterenRand des Femoropatellargelenksausgemacht. Über die gesetzte parapatel-läre Inzision wird ventral, mittels Trokar,in das Kniegelenk eingegangen und einFührungsdraht eingebracht. Mithilfedes Bildwandlers erfolgt die Kontrol-le der Lage des Führungsdrahts, ehedurch einen Markraumöffner der distaleMarkraum interkondylär eröffnet wird.

    Unter Zuhilfenahme eines Zielgerätswird dann ein retrograder Femurnagel(200mm Länge, 10mm Durchmesser;Natural Nail®System, Zimmer®,Warsaw,USA) in das distale Femur eingeschlagen(. Abb. 3).

    Nachder exaktenVersenkungdesNa-gels wird unter Bildwandlerkontrolle diedistale und proximale Querverschrau-bung jeweils mittels zweier Querver-riegelungsschrauben durchgeführt. Eine

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  • Abb. 38Arthroskopisches Einbringen des retrograden Femurnagelsmittels Zielgerät (a–c)

    Abb. 49 Röntgenam11. postoperati-ven Tag, a.-p. (a) undseitlich (b)

    Schrägverschraubung ist durch die Lageder Knie-TEP nicht möglich.

    » Ab dem ersten postope-rativen Tag wird die Patientinmobilisiert

    Das intraoperative Röntgen zeigt stabileVerhältnisse, eine gute Achse und regel-rechte Lage des Implantats. Nach ausgie-bigerSpülungwerdendieStichinzisionenverschlossen.

    Ab dem ersten postoperativen Tagwird die Patientin mobilisiert. Weite-re postoperative Behandlungen erfolgenunter Zuhilfenahme von Unterarmstütz-krücken sowie einer täglichen physiothe-rapeutischenTherapie.ZuranalgetischenTherapie erhält die Patientin am erstenpostoperativen Tag Piritramid subkutanverabreicht. Innerhalb der ersten Tageerfolgt eine zusätzliche Schmerzmedi-kationsverabreichung mit Wirkstoffender WHO Klasse I intravenös und oral.Die Nahtentfernung erfolgt bei blanden

    Wundverhältnissen am 10. postoperati-venTag.NachvollständigdurchgeführterMobilisation erfolgt die stationäre Ent-lassung, eigenständig mobil und ohnefortbestehende Schmerzen (. Abb. 4).Die Patientin kommt nach 6 Wochenzu einer Nachsorgeuntersuchung in dieKlinik. Sie präsentiert sich in einem sehrguten körperlichen Zustand und gibtan, den Alltag ohne weitere Problemeselbstständig zu bewältigen.

    Diskussion

    Der retrograde Femurnagelweist imVer-gleich zur LCP-Platte einige Vorteile auf.Erstmalswurdeer1991vonSeligsonet al.beschrieben[10].Durchdiesenminimal-invasiven Eingriff kann das Weichteilge-webe geschont und der Blutverlust mi-nimiert werden. Beides sind Vorteile beidiesem älteren, teilweise multimorbidenPatientenkollektiv. Zusätzlich kann es beider LCP-Platte durch die entsprechendeMaterialdicke zu Irritationen derWeich-teile und damit verbundenen Schmerzenbzw. sekundären Eingriffen (u. a. Mate-rialentfernung) kommen.

    Der proximale Femurnagel hat inbiomechanischen Studien eine erhöhteaxiale Stabilität gezeigt [2], und durchdiese, der LCP-Platte überlegenen axia-len Stabilität, kann postoperativ sofortmit einer schmerzadaptierten Vollbelas-tungdesPatientenbegonnenwerden.Diezusätzliche Möglichkeit der proximalenVerriegelung (Transfixation) des Nagelsführt zu einer Erhöhung der Stabilitätund verbessert dadurch die Heilungs-tendenz metaphysärer Frakturen [3].

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  • AGA-Studenten

    Neben diesen erwähnten Vorteilenkannbei einer stabilenProthesedieKnie-TEP erhalten bleiben, und die Opera-tion wird hierdurch für den Patientenweniger invasiv.

    Die arthroskopische Unterstützungder Operation bringt gleich mehrereVorteile mit sich. Der Prothesensitzkann mittels Tasthaken direkt beurteiltwerden. Darüber hinaus kann der Ein-trittspunkt des Nagels einfacher undgenauer gewählt werden als durch allei-nige Platzierung unter dem Bildwandler.

    Nachteile für das Einbringen einesretrograden Femurnagels sind, dass dieKnie-TEP das passende Design habenmuss und es bei einliegenden proxima-len Implantaten zu interprothetischenFrakturen kommen kann. Bei der prä-operativen Planung ist zu beachten, dassdas Knie-TEP-Design ein Einbringenvon distalen Verriegelungsschrauben(mindestens zwei bikortikale Schrau-ben) ermöglicht. Ebenso kann es beider Operation zu einer Beschädigungvon Prothesenteilen und proximalenImplantaten (z.B. Hüft-TEP) kommenund intraoperative Frakturen auftreten.Da der Zugang für den Nagel durchdas Ligamentum patellae erfolgt, kannes in diesem Bereich postoperativ zuBeschwerden bei knienden Tätigkeitenkommen.

    Im Vergleich zu klassischen, nicht-winkelstabilen Osteosyntheseplatten zei-gen die LCP-Platten und der retrogradeFemurnagel bessere klinische Ergebnisse[8]. So konnte in einem Review von Her-rera et al. gezeigt werden, dass das Risi-ko einer Pseudoarthrose im Vergleich zunichtwinkelstabilen Platten durch retro-grade Femurnägel um 87% und durchLCP-Platten um 57% gesenkt werdenkann [11].

    In einer Metaanalyse von Shin et al.konnte gezeigt werden, dass zwischen re-trograden Femurnägeln und LCP-Plattekein statistisch signifikanter Unterschiedhinsichtlich des klinischen Ergebnisses(Knee Society Score), der Pseudoarthro-se und der Revisionsrate vorliegt [20].Die Autoren der Metaanalyse kommenzu dem Schluss, dass beide Versorgungs-methoden ihre Berechtigung in der Ver-sorgung von distalen periprothetischenFemurfrakturen haben. Die Metaanalyse

    hat durch rein retrospektive Daten unddie durch den Chirurgen gewählte ope-rative Therapie (keine Randomisierung)ihre Limitationen.

    In dem hier beschriebenen Fall hätteder Einsatz von transmedullären Stütz-schrauben (TMS-Schrauben), wie vonStedtfeld et al. beschrieben, zur erleich-terten Reposition der Fraktur in deranatomischen Position führen können[21]. Klinisch ist die Patientin durch dieleichte Fehlstellung des Femurs nichtbeeinträchtigt und kann den Alltag wievor der Fraktur bewältigen.

    In der Praxis hat sich die LagerungderPatientenwährendderOperationmiteinem 40–60° flektierten Bein im Knie-gelenk als sehr hilfreich erwiesen, sodassderEintrittspunktdes retrogradenMark-nagels gut erreicht werden kann und eineEntspannung des M. gastrocnemius er-reicht wird, was die Reposition der Frak-tur erleichtert. Zusätzlichmuss intraope-rativ beim sterilen Waschen eine weitereAssistenz zur proximalen UnterstützungamOberschenkel hinzugezogen werden,damit es durch eine vermehrteDislokati-ondes Beins nicht zu iatrogenen Schädenvon Blutgefäßen oder Nerven kommt.Bei der Aufklärung des Patienten ist ne-ben den standardmäßigen Komplikatio-nenzusätzlichübereinenintraoperativenProthesenwechsel, ein anderes Fixations-verfahren, die Gefahr von weiteren pe-riprothetischen Frakturen oder Beschä-digung der Prothesenkomponenten hin-zuweisen.

    Fazit für die Praxis

    4 Die Versorgung distaler periprotheti-scher Frakturen stellt weiterhin eineHerausforderung für den Operateurdar.

    4 Durch die Zunahme der absolutenFallzahl ist eine Optimierung derVersorgung essenziell, um sekundäreKomplikationen und Reoperationenzu verhindern.

    4 Dies kannmit Hilfe einer ausreichen-den präoperativen Planung und einerinterdisziplinären Betreuung desPatienten erfolgen.

    4 Die Klassifikation der Fraktur nachRorabeck ist eine gute Hilfe bei derTherapiewahl.

    Korrespondenzadresse

    Florian SchitzSport & Trauma – WienerPrivatklinikPelikangasse 15, 1090 Wien,Ö[email protected]

    Funding. Open access funding provided by MedicalUniversity of Vienna.

    Einhaltung ethischer Richtlinien

    Interessenkonflikt. F. Schitz, S. Rilk undR. Schabusgeben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

    Für diesenBeitragwurden vondenAutoren keineStudien anMenschenoder Tierendurchgeführt. Fürdie aufgeführten Studiengelten die jeweils dort ange-gebenen ethischenRichtlinien. Für Bildmaterial oderanderweitigeAngaben innerhalbdesManuskripts,über die Patienten zu identifizieren sind, liegt vonihnenund/oder ihrengesetzlichenVertretern eineschriftliche Einwilligung vor.

    Open Access.Dieser Artikelwird unter der CreativeCommonsNamensnennung4.0 International Lizenzveröffentlicht, welche dieNutzung, Vervielfältigung,Bearbeitung, VerbreitungundWiedergabe in jegli-chemMediumundFormat erlaubt, sofern Sie den/dieursprünglichenAutor(en)unddieQuelle ordnungsge-mäßnennen, einen Link zur Creative Commons Lizenzbeifügenundangeben, obÄnderungen vorgenom-menwurden.

    Die in diesemArtikel enthaltenenBilder und sonstigesDrittmaterial unterliegen ebenfalls der genanntenCreative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbil-dungslegendenichts anderes ergibt. Sofern das be-treffendeMaterial nicht unter der genanntenCreativeCommons Lizenz steht unddie betreffendeHandlungnicht nachgesetzlichenVorschriften erlaubt ist, ist fürdie oben aufgeführtenWeiterverwendungendesMa-terials die Einwilligungdes jeweiligen Rechteinhaberseinzuholen.

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    Arthroskopische Versorgung einer suprakondylären Femurfraktur bei einliegender Knietotalendoprothese mittels retrogradem FemurnagelZusammenfassungAbstractFallberichtAnamneseBefund und DiagnostikDiagnoseTherapie und Verlauf

    DiskussionFazit für die PraxisLiteratur