20 3. Dynamik -...

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19 3. Dynamik Ursachen der Bewegung: Kräfte 3.1 Axiome 1. Trägheitsprinzip (lex prima) Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen linearen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird. (ohne Kraft keine Änderung der Bewegungsrichtung oder Geschwindigkeit) „lex prima“ aus den Principia von Isaac Newton, London 1687. Vor Newton (1643-1727) auch schon formuliert von Galilei Galileo (1564-1642). 2. Aktionsprinzip (lex secunda) Die Änderung der Bewegung ist proportional zur einwirkenden Kraft, und geschieht in der Richtung, in der diese Kraft wirkt. Die Proportionalitätskonstante ist die inverse träge Masse des Körpers: 1 t a F m = 20 a m F t = Die Einheit der Kraft ist Newton: [N] = [kg m/s 2 ] Eine Kraft von 1 N beschleunigt 1kg in 1s auf 1m/s. umgeformt: Nachrechnen: 2 m/s 1 s 1 m/s 1 = = = t v a N 1 m/s 1 kg 1 2 = = = a m F t 3.2 Schwere und träge Masse Die Anziehung durch die Erde bewirkt eine Kaft F g auf einen Körper, die proportional zu seiner schweren Masse ist. Auf der Erdoberfläche gilt: g m F s g = Gewichtskraft m s F g

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3. Dynamik

Ursachen der Bewegung: Kräfte

3.1 Axiome

1. Trägheitsprinzip (lex prima)

Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen linearen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird.

(ohne Kraft keine Änderung der Bewegungsrichtung oderGeschwindigkeit)

„lex prima“ aus den Principia von Isaac Newton, London 1687. Vor Newton (1643-1727) auch schon formuliertvon Galilei Galileo (1564-1642).

2. Aktionsprinzip (lex secunda)

Die Änderung der Bewegung ist proportional zureinwirkenden Kraft, und geschieht in der Richtung, in der diese Kraft wirkt.

Die Proportionalitätskonstante ist die inverse träge Massedes Körpers: 1

t

a Fm

=��

20

amF t

��=

Die Einheit der Kraft ist Newton: [N] = [kg m/s2]

Eine Kraft von 1 N beschleunigt 1kg in 1s auf 1m/s.

umgeformt:

Nachrechnen: 2m/s 1s1

m/s1 ===t

va

N 1m/s 1 kg 1 2 === amF t

3.2 Schwere und träge Masse

Die Anziehung durch die Erde bewirkt eine Kaft Fg auf einenKörper, die proportional zu seiner schweren Masse ist. Auf der Erdoberfläche gilt:

gmF sg =

Gewichtskraft

ms

Fg

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Dies bewirkt eine Beschleunigung

g s

t t

F ma g

m m= =

Experimente zeigen, dass die schwere Masse tatsächlichgleich der trägen Masse ist

Experiment: Entkopplung von beschleunigter undKraft erzeugender Masse

m2

m1

Kraft F1 = m1g

beschleunigt Masse m = m1 + m2

Beschleunigung:

21

1

mm

gm

m

Fa

+==

Tabelle:

1/11 g10 m0m0

10/11 gm010 m0

1/2 gm0m0

am2m1

Alle fallenden Körper beschleunigen mit g !

a g=

22

3.3 Vektorielle Addition von Kräften

Kräft haben Richtung und Betrag. Mehrere an einem Punktangreifende Kräfte werden vektoriell addiert:

21 FFF���

+=

2F�

1F�

F�

Hierbei gilt:

21 FFF���

+≤

Die Gesamtkraft ist immer kleiner oder gleichder addierten Einzelkräfte

Beispiele: F�

1F�

2F�

spitzer Winkel:

flacherWinkel:

F�

1F�

2F�

21 FFF���

+≈21 FFF���

+<<

Experiment:

1F�

2F�

3F�

gm04 gm05 gm03

Rechter Winkel wegenPythagoras:

2

2

2

1 FFF���

+=

22 345 +=hier:

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3.4 Aufteilung von Kräften

Ein Kraftvektor kann immer als Summe von Kraftvektorendargestellt werden, die an demselben Punkt angreifen:

=F� 1F

2F�

21 FFF���

+=

Beispiel: schiefe Ebene

�F‖

gmFg

��=

m

�F⊥α

Gewichtskraft wird aufgeteiltin anpressende Kraft und beschleunigende Kraft(„Hangabtriebskraft“)

�F‖

�F⊥

Es ist

Beschleunigung:

a =F‖m= mg sinα

m= g sinα

Entspricht freiem Fall mit verminderter Schwerkraft!

h

l|�F‖| = F‖ = Fg sinα

24

zurückgelegter Weg: 2sin

21

gts α=

Für kleine Winkel α gilt:l

h=≈ αα tansin

Damit: ha g

l=

Bei kleinen Steigungen ist die Beschleunigung gleichErdbeschleunigung mal Steigung!

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3.5 Axiome (Fortetzung)

3. Reaktionsprinzip (lex tertia)

Die Wirkung ist stets der Gegenwirkung gleich, oder dieWirkungen zweier Körper aufeinander sind stets gleich entgegengesetzter Richtung

Kraft gleich Gegenkraft: bei Wechselwirkungen zwischenzwei Körpern wirken Kräfte auf die Körper, welche gleich groß und entgegengesetzt sind

1F�

2F�

2 1F F= −� �

Allgemein: in einem (Inertial-) System ohne äußerenKräfte gilt für die wirkenden Kräfte:

1

0N

ii

F=

=∑�

26

3.6 Kreisbewegung: Kräfte

r�

v�

zpF�

2zpF ma m rω= = −� � �

Zentripetalkraft

x

y

z Kreisbewegung eines Körpersum den Ursprung.

Die Beschleunigung ist

2( ) ( ) ( )a t v t r tω= = −� � �ɺ

Es wirkt also eine Kraft

Die Zentripetalkraft ist die Kraft, die notwendig ist, um die Bewegungsrichtung des Körpersständig zu ändern.

„Mikroskopische“ Betrachtung

Für sehr kleine Zeitintervalle dt istdie Richtung der Kraft konstant. Eswirkt die Beschleunigung

ϕ

v�

dv�

'v�

F�

1a F

m=��

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Dies bewirkt eine Geschwindigkeitsänderung:

1dv adt Fdt

m= =

�� �

Führt zu neuer Geschwindigkeit:

'v v dv= +� � �

mit einem Winkel ϕ gegenüber v�

Es gilt: 1tan

Fdv Fd d dt dt

v m v mvϕ ϕ≈ = = =

��

� �

Fd dt

mvϕ =

d F

dt mv

ϕω = =

also

⇒ F mvω= Zentripetalkraft

Mit v rω= 22 v

F mr mr

ω= =

Beschleunigung

22F v

a rm r

ω= = =

Kraft

28

3.7 ZentrifugalkraftDrehachse

Wagen auf Drehtisch, imSystem des Tischs betrachtet

zfF�

Im rotierenden Systemwirkt auf eine Masse eine Kraft, die radial nachaußen gerichtet ist:

2ZfF m rω ⊥=� �

Führt im rotierenden System zu „künstlicher Schwerkraft“

m

gF�

gesF�

zfF�

g� 'g

2

2( ) '

ges g zfF F F mg m r

m g r mg

ω

ω⊥

= + = +

= + =

� � � � �

� � �

Wie bei normaler Schwerkraft wirktauf alle Körper eine Kraftproportional ihrer Masse (aber nicht in Richtung von )g

Die Richtung der „künstlichen Schwerkraft“ hängt von dem Abstand zu Drehachse ab!

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Experiment: rotierende Flüssigkeit

Flüssigkeitsoberflächen sind immersenkrecht ausgerichtet zu denwirkenden Kräften

⇒ Oberfläche zeigt die Richtung derlokalen „Schwerkraft“ an

ω

Flüssigkeit in rotierendem Gefäß

Berechnung der Steigung der Oberfläche

g�

Zfa�α

α

Flüssigkeit2

tan Zfadh r

dr g g

ωα= = =�

h

2dhr

dr g

ω=

⇒2

20( )

2h r h r

g

ω= +

Eine Flüssigkeit in einem rotierenden Gefäß bildeteine perfekt parabelförmige Oberfläche aus!

h

r

Differential-gleichung!

30

Beispiel: Waschmaschine, Schleudergang

1600 Umdrehungen/min:

1600 126.7

60f

s s= =

12 168f

sω π= =

Radius: 0.25 m

Zentrifugalbeschleunigung damit:

227018 715

ma r g

sω= = =

(Menschen überleben kurzzeitig 20 g!)

Die Zentrifugalkraft ist eine „Scheinkraft“, da sie nicht auf derWechselwirkung zwischen Objekten beruht; sie hat aber diegleiche Wirkung wie eine „reale“ Kraft.

Merkregel: bei Beschreibung der Kraft in einem rotierenden System

• Beobachter ruht: Zentripetalkraft

• Beobachte rotiert mit: Zentrifugalkraft

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3.8 Bezugssysteme, Trägheitskräfte

Das Koordinatensystem („Bezugssystem“) zur Beschreibungeines physikalischen Vorgangs ist frei wählbar. Der Wechsel zwischen verschiedenen Bezugssystemen geschieht durch Koordinaten-Transformation.

3.8.1 Galilei-Transformation

Wechsel zwischen Bezugssystemen, die sich gleichförmig zueinander bewegen.

y

z

y‘

z‘

'r�

0r�

v�

0 'r r vt r= + +� � � �

0( ' )r r r vt= − +� � � �

Für die Geschwindigkeit gilt:

'r v r= +� � �ɺ ɺ

Für die Beschleunigung: 'r r=� �ɺɺ ɺɺ

(diese ist gleich in beiden Bezugssystemen!)

Damit gilt für die Kräfte auf einen Körper mit Bahnkurve

bzw. :( )r t�

'( )r t�

' 'F ma mr mr F= = = =� �� � �

ɺɺ ɺɺ

32

Die wirkenden Kräfte in gleichförmig zueinander bewegtenBezugsystemen sind identisch.

Definition: Ein Inerialsystem ist ein Bezugssystem, in dieNewton‘schen Axiome gelten (insbesondereKraft=Gegenkraft, d.h. es gibt keineScheinkräfte)

⇒ alle gleichförmig relativ zu einem Inertialsystem bewegten Bezugssysteme sind auch Inertialsysteme

Experiment:

Kugel

wv�

0 'v�

Bahnkurve im System des Wagens:

20

1'( )

2r t v t gt= +� � �

=

00

v0t− 1

2gt2

Transformiert in das System des Hörsaals:

( ) 0 '( )wr t v t r t= + +� � �

=

(vwt0

)+

00

v0t− 1

2gt2

=

vwt0

v0t− 1

2gt2

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Bahnkurve Wagen:

�rw(t) = 0 + �vwt =

vwt

00

Die x-Koordinaten von Kugel und Wagen sind zu jederZeit identisch ⇒ die Kugel trifft auf den Wagen auch imBezugssytem des Hörsaals. (d.h. der physikalische Vorgang – Kugel entfernt sich vomWagen und kehrt zu ihm zurück – wird in beiden Bezugssystemen korrekt beschrieben)

3.8.2 Linear beschleunigte Bezugssysteme

y

z

y‘

z‘

0v at+� �

Damit ist

20 0

1( ) '( )

2r t r v t at r t= + + +� � � � �

Die Bezugssysteme verändernihre Relativgeschwindigkeit

Für die Geschwindigkeit gilt: 0( ) '( )r t v at r t= + +� � � �ɺ ɺ

und die Beschleunigung: ( ) '( )r t a r t= +� � �ɺɺ ɺɺ

34

Auf einen Körper mit Masse m wirken also die Kräfte

( ) '( ) 'F mr t ma r t ma F= = + = +� �� � � �

ɺɺ ɺɺ

beziehungsweise

'F F ma= −� � �

Im beschleunigten Bezussystem wirkt eine zusätzliche Kraft in Gegenrichtung der Beschleunigung!(Schein- bzw. Trägheitskraft)

Beispiel: Fahrstuhl

Bewegung des Fahrstuhls:

21( )

2r t at=� �

a�

g�

'F�

Kraft auf Person im Bezussystemdes Fahrstuhls:

�F = �Fm�a =

00

−mg

+

00

−ma

Die Gewichtskraft ist scheinbar erhöht!

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3.8.3 Rotierende Bezugssysteme

x

y

z

x‘

z‘y‘

Richtung der Achsen des rotierenden Systems:

' ' ', ,x y ze e e� � �

Transformation ins ruhende System:

' ' '' ' 'x y zr x e y e z e= + +� � � �

1' ' '( , , ) ' 'x y ze e e r R r−= ⋅ =� � � � �

Rotationsmatrix

Also

1 '

'

r R r

r Rr

−==

� �

� �

Falls das gestrichene System mit Kreisfrequenz rotiert, ist:

ω�

' 'x xe eω= ×�� �ɺ (Bahngeschwindigkeit

der Vektorspitze)

Für die Geschwindigkeit im ruhenden System gilt damit:

' ' ' ' ' '' ' ' ' ' 'x y z x y zr x e y e z e x e y e z e= + + + + +� � � � � � �ɺ ɺ ɺ ɺɺ ɺ ɺ

1' ' '' '( ) '( ) '( )x y zR r x e y e z eω ω ω−= + × + × + ×� � �� � � �

ɺ

36

Für die Beschleunigung gilt:

' ' ' ' ' '

' ' '

' ' ' 2( ' ' ' )

' ' '

x y z x y z

x y z

r x e y e z e x e y e z e

x e y e z e

= + + + + +

+ + +

� � � � � � �ɺɺ ɺ ɺ ɺɺɺ ɺɺ ɺ ɺɺɺ ɺ

� � �ɺɺ ɺɺ ɺɺ

1 1' 2( )R r R rω− −= + ×�� �ɺɺ ɺ

' ' ''( ) '( ) '( )x y zx e y e z eω ω ω+ × + × + ×� � �� � �ɺ ɺ ɺ

1 1'' 2( ) '( ( ))xR r R r x eω ω ω− −= + × + × ×� � �� � �

ɺɺ ɺ ɺ

' ''( ( )) '( ( ))y zy e z eω ω ω ω+ × × + × ×� � � �� �ɺ ɺ

1 1'' 2( ) ( )xR r R r eω ω ω− −= + × + × ×� � �� � �

ɺɺ ɺ ɺ

1 1' 'R r R rω− −= + ×�� �ɺ

1' ' '' ( ' ' ' )x y zR r x e y e z eω−= + × + +�� � � �

ɺ

⇒ ' 2( ') ( ')Rr r r rω ω ω= + × + × ×� � �� � � �ɺɺ ɺɺ ɺ

⇒ ' 2( ') ( ')r Rr r rω ω ω= − × − × ×� � �� � � �ɺɺ ɺɺ ɺ

R

Beschl. im ruhenden System

Coriolis-Beschleunigung

Zentrifugal-Beschleunigung

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Kräfte:

' 2 ( ') ( ')F RF m r m rω ω ω= − × − × ×� � � � �� �

ɺ

Im rotierenden System wirken zwei Trägheitskräfte:Zentrifugal- und Corioliskraft.

3.8.4 Corioliskraft

Anschauliche Herleitung: es gibt zwei Beiträge

1. Orte im rotierenden System haben im ruhenden System eine Bahngeschwindigkeit rω. Bringt man ein Objekt von Radius r2 nach Radius r1, hat eseine höhere Bahngeschwindigkeit als die lokale Bahngeschwindigkeit bei r1 ⇒ es erfährt also einescheinbare Beschleunigung

1r

2r

1v

2v

ω�

Geschwindigkeitsunterschied:

2 1( )v r r rω ω∆ = − = ∆ ⋅

Falls der Vorgang in der Zeit ∆t geschieht, ergibt sich eine Beschleunigung:

r

v ra v

t t

ω ω∆ ∆ ⋅= = =∆ ∆

Radialgeschwindigkeit

38

2. In der Zeit ∆t, in der man das Objekt vonr2 nach r1 gebracht hat, hat sich das System

um den Winkel ω∆t weitergedreht ⇒ die anfängliche Radialgeschwindigkeit vr

ist nicht mehr parallel zum Radius, sondern weicht um den Winkel ∆ϕ=ω∆t davon ab. Dies führt zu einer zusätzlichen Bahngeschwindigkeit von

1r

2r rv

ω�

v∆ϕ∆

sin sinr r rv v v v tϕ ϕ ω∆ = ∆ ≈ ∆ = ∆also einer Beschleunigung von

r

va v

tω∆= =

∆Beide Beiträge zusammen ergeben:

2c ra v ω=

Experiment: Pendel auf Drehtisch

Triviale Behandlung: Pendel merkt nichtsvon der Drehung des Tisches⇒ Pendelebene dreht im rotierenden System mit Tω

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Betrachtung im rotierenden System:

Pendel

∆y

Tω� cF�

v�

Pendelbewegung ohne Corioliskraft

0( ) cos px t r tω=

0( ) sinx p pv t r tω ω= −

⇒ Corioliskraft

2c TF m vω= − ×� � �

= −2m

00ωT

×

vx00

Vereinfacht gerechnet ergibt dies die Ablenkung:

0

0

( ) 2 (1 cos )t

yy T p

Fv t dt r t

mω ω= = −∫

/2

0 0

0

( ) 2p

Ty T p

p

y v t dt r rτ ωω τ π

ω∆ = = =∫

y

x

=

0

2mωT ωp r0 sinωpt0

40

Tatsächlich muß die Rückstellkraft des Pendelsin y-Richtung berücksichtigt werden (reduziert ∆y):

0T

p

y rωπω

∆ =

In der Zeit τp verändert die Pendelebene ihren Winkel um

0

22 T

p

y

r

ωϕ πω

∆∆ = =

Die Winkelgeschwindigkeit der Pendelebene ist also

22

p TE T

p

ω ωϕω π ωτ π ω

∆= = =

Korrekte Winkelgeschwindigkeit auch bei Behandlungim rotierenden System!

Experiment: Foucault-Pendel

Erde Pendelω�

g�

effω�

αBreitengrad

Bei dem Versuch wirktdie auf g projizierteWinkelgeschwindigkeit

sineffω ω α=� �

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In Freiburg (α = 48°) dreht sich die Ebene des Foucault-Pendel mit

6 12sin 54 10

24 3600eff ss

πω α − −= = ⋅⋅

⇒ eine volle Umdrehung in 1.35 Tagenbzw. 0.18° pro Minute

11.1° pro Stunde

3.8.5 Einfluß der Corioliskraft auf die atmosphärische Luftbewegung

Auf der Erdoberfläche bewegen sich die Luftmassen in Richtung von Bereichen niedriegen Drucks; durch dieCorioliskraft werde sie auf der Nordhalbkugel „nach rechts“abgelenkt, auf der Südhalbkugel „nach links“.

⇒ auf der Nordhalbkugel bewegen sich die Luftmasse umTiefdruckgebiete entgegen des Uhrzeigersinns (von obengesehen),

T

Erde